Bundesrat Stenographisches Protokoll 657. Sitzung / Seite 161

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Diesem Verkehrsexperten der Bahn hat eine Aktion herbe Kritik seitens der Gewerkschaft eingetragen, nämlich daß Herr Draxler beabsichtigt, ehrgeizige Cargo-Pläne zu verwirklichen. Er stellt sich damit in Widerspruch zur Gewerkschaft, die ihm vorwirft, er vernachlässige den Personenverkehr, die Kunden wanderten wegen der schlechten Qualität der Waggons ab. – Das ist dem "Kurier" vom Montag zu entnehmen.

Es steht auch ein Satz darin, der auch bei der Wirtschaft Empörung auslöst, nämlich – ich zitiere wörtlich –: Wenn in Europa über die Schiene nichts mehr geht, dann fahren wir halt auch mit dem LKW. – Und das aus dem Mund eines hochrangigen Eisenbahners, des ÖBB-Chefs! Das ist mehr, als man sich von einer durch Quersubventionierung immer wieder verzerrten Wettbewerbsfront gerne sagen läßt. (Beifall bei der ÖVP.)

Noch einen Hinweis dazu, meine sehr verehrten Damen und Herren, wie es tatsächlich ausschaut – das wird sicher auch die Zuhörer interessieren –: Die Bundesbahnen haben zum Beispiel im Personenverkehr 1998 um 2,4 Prozent weniger befördert als noch ein Jahr zuvor. Auch im Güterverkehr sind die Umsatzerlöse nur um 1,4 Prozent gestiegen. – Also: Mit der Verlagerung auf die Schiene, die uns die Werbung immer weismachen will, ist es bei Gott nicht so weit her.

Eines muß man auch noch sagen: Immer noch zahlt der Steuerzahler 36 Milliarden Schilling aus dem Budget, um dieses System ÖBB-Schienenverkehr zu ermöglichen. Und dieses Defizit steigt! 1991 waren es noch 28 Milliarden, jetzt sind wir bei 36 Milliarden.

Noch eine Tatsache über die wahren Größen der Verkehrsströme: Meine Damen und Herren! Der Transportanteil der Bahn macht beim Güterverkehr in Österreich insgesamt nur 7 Prozent aus – 7 Prozent! Die Bundesbahnen transportieren weiters rund 180 Millionen Personen im Jahr – das klingt hoch –, die Kraftfahrlinien jedoch, die Busse – auch die Bahn-Busse! –, transportieren insgesamt 550 Millionen Menschen, also dreimal so viel, und mit einem marginalen Defizitbeitrag im Vergleich zum Schienenweg. Meine Damen und Herren! Das ist die verkehrspolitische Realität, da nützen die ganze Werbung und das ganze Schönreden nichts!

Zum Schluß noch einen Rat: Wie würde es die Wirtschaft machen, wie würden es jene machen, die von der Bahn immer wieder konkurrenziert werden, da es durch Quersubventionierungen immer wieder auch zu Wettbewerbsverzerrungen kommt? – Wir würden nicht versuchen, durch entsprechende kostenintensive Investitionen zum Ziel zu kommen, sondern mit Dingen, die wenig oder gar nichts kosten: mit einer Verbesserung der Logistik, mit mehr Verläßlichkeit, mit mehr Sorgfalt und Engagement und auch mit einem mentalen Heraus-aus-dem-geschützten-Bereich. Meine Damen und Herren! Vielleicht findet sich dann sogar noch jemand, der es ermöglicht, daß ältere Mitbürger auf den Bahnhöfen aus- und einsteigen können, ohne sich immer davor fürchten zu müssen. (Beifall bei der ÖVP.)

18.29

Präsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Herbert Thumpser. Ich erteile ihm das Wort.

18.29

Bundesrat Herbert Thumpser (SPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Ministerin! Meine geschätzten Kolleginnen und Kollegen! Herrn Kollegen d'Aron möchte ich beruhigen: Sie sind nicht die letzten, die sich um die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der ÖBB bemühen und diese umwerben. (Bundesrat Dr. d′Aron: Schaut aber so aus!) Die Ergebnisse der Personal- und Betriebsratswahlen zeigen ein deutliches Ergebnis. (Bundesrat Dr. d′Aron: Vor diesem Gesetz!)

Ich kann es mir nicht verkneifen, Kollegen Ledolter folgendes zu sagen: Lieber Kollege! Würde die Wirtschaft die ÖBB in die Hand nehmen, würde sie wahrscheinlich auf der West- und auf der Südbahn fahren und die Nebenbahnen, die unprofitabel sind, zusperren. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Der grundsätzliche Fehler ist, daß Sie nach rein betriebswirtschaftlichen Ergebnissen Politik machen (Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen) und weder volkswirtschaftliche noch verkehrspolitische Aspekte gelten lassen.


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