Bundesrat Stenographisches Protokoll 693. Sitzung / Seite 27

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10.41


Bundesrat Albrecht Konecny (SPÖ, Wien): Frau Präsidentin! Frau Landeshauptmann! Ich bin kein Steirer (Bundesrat Gasteiger: Steirische Eiche!), und ich werde auch nicht weit entfernte steirische Vorfahren als allfälligen Konnex zitieren. Ich kann, Frau Landeshauptmann, nur anbieten, um in die Steiermark-Laudatio irgendetwas einzubringen – wenig, aber doch –, dass ich am Samstag zu meinem traditionellen Winterurlaub ins Ausseer Land aufbreche und somit immerhin etwas zur Tourismusbilanz und zur Wertschöpfung des Bundeslandes beitrage. Aber ich gebe zu, das ist ein bescheidener ... (Zwischenruf bei der ÖVP. – Bundesrat Bieringer: Salzburg ist aber nicht Steiermark!) Lass das doch die Steirer sagen!

Meine Damen und Herren! Ich habe mich auch nicht zu Wort gemeldet, um in das Preisen des Bundeslandes Steiermark einzustimmen – so legitim es auch ist –, sondern weil damit zu rechnen war, dass zu den wichtigen Fragen der Neugestaltung des österreichischen Bundes­staates in dieser Debatte etwas gesagt wird und dass dazu Stellung zu nehmen ist.

Meine Damen und Herren! Es ist naturgemäß ein Dauerbrenner, und die Debatten werden durch nicht bewährte, aber eingeschliffene Klischees überwuchert wie von einem Geschwür. Wir müssen drei Dinge klar auseinander halten:

Zum einen: die legitime Diskussion darüber, was überhaupt von der Seite des Staates, ge­samthaft betrachtet, also von öffentlichen Einrichtungen, zu leisten ist und was nicht. Selbst­verständlich ist die dynamische Veränderung unserer Gesellschaft zu einem guten Teil eine, die politische Entscheidungen ermöglicht und angestoßen hat. Dies bedeutet aber auch, dass sich das Bedürfnis der Bürgerinnen und Bürger nach staatlichen Dienstleistungen, aber eben auch nach Regelungsmechanismen verändert. Wer das leugnet, entfernt sich von der Wirklichkeit unseres Landes.

Es ist notwendig, dass wir immer wieder überprüfen, ob das Ausmaß an sozusagen staatlicher Ob- und Fürsorge nicht exzessiv geworden ist. Da heute schon so viele Vorläufer zitiert wurden, möchte ich ausdrücklich Peter Kostelka in diese Debatte hereinholen, nämlich mit seinem Vorschlag, grundsätzlich jede gesetzliche Regelung nur auf zehn Jahre zu beschließen, um so den Gesetzgeber unter Druck zu setzen, in angemessener Zeit die Sinnhaftigkeit und Aufga­benorientiertheit des Rechtsbestandes zu überprüfen.

Die zweite Diskussionsebene ist die Zuordnung von Aufgaben. Auch da gilt: keine Frage, dass eine dynamische gesellschaftliche Wirklichkeit zu Veränderungen zwingt! Das beliebte, auch schon bis zum Überdruss gebrauchte Beispiel, das trotzdem nicht falsch ist – ich weiß nicht, ob ich es in der Geschichte ansiedeln kann, ob es damals notwendig war, aber anzunehmen –, dafür ist: Dass die Wiener beim Besteigen einer der Bauordnung entsprechenden Stiege die Füße weniger hochheben können als die Niederösterreicher, und zwar um genau zwei Zenti­meter, würde ich doch ernsthaft in Zweifel ziehen. Ob neun Bauordnungen wirklich die Inkar­nation des Föderalismus sind, und ... (Bundesrat Ing. Franz Gruber: Das ist eh schon alles im „NEWS“ gestanden!) – Herr Kollege! Ich habe das auch schon gewusst, bevor es im „News“ gestanden ist. Wenn es bei Ihnen anders ist, haben Sie etwas dazugelernt. (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ.)

Es ist zu einer Forderung der Politik geworden, neun Tierschutzgesetze durch eine bundes­einheitliche Regelung zu ersetzen. Ich glaube, dass wir uns darüber inzwischen in partei­politischem Konsens befinden – was nicht immer so war, aber Fortschritte sind zu registrieren. Manchmal haben Zeitungsherausgeber einen beträchtlichen Einfluss auf Parteiprogramme!

Wir werden also dort, wo es um Landesgesetzgebung geht, ganz offensichtlich mit dem Druck konfrontiert, gemeinschaftliche Lösungen, bundeseinheitliche Lösungen zu finden. Die Frage, inwieweit Landesgesetzgebung bleibt, was da an Substrat übrig bleibt, ist sehr ernsthaft zu diskutieren. Aber es ist mit Sicherheit auch eines klar: Wenn wir vier Ebenen der Verwaltung zum Teil – also nicht unbedingt der Gesetzgebung, aber der Verfassung von Ordnungs­vor­schriften – haben, die unterschiedlich organisiert sind – drei davon demokratisch –, dann kann


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