Bundesrat Stenographisches Protokoll 706. Sitzung / Seite 58

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mehr an und es sollen sich gefälligst die Direktoren darum kümmern. Diese sind da­durch einem enormen Leistungsdruck ausgesetzt, was zwar durchaus auch etwas Positives sein kann, aber nur dann, wenn die Umstände passen.

Es entsteht jedoch der Eindruck, dass die Direktoren in ihrem Streben nach Erfolg und auch mangels entsprechender Vorgaben, was zum Beispiel die Profile ihrer Häuser be­trifft, herumirren und einen Großteil ihrer Energien auf die ökonomischen Aspekte ver­wenden müssen. Wir müssen feststellen, dass die Bundesmuseen in zunehmendem Maße auf Ausstellungen mit klingenden Namen setzen. Nur so scheint es möglich zu sein, immer höher werdende Besucherzahlen nachzuweisen. (Bundesrat Ing. Haller: Ist das schlecht?) Geringere Besucherzahlen würden nämlich – und das ist der sprin­gende Punkt – niedrigere Subventionen mit sich bringen.

Die Frage, wie man hohe Besucherzahlen erzielen kann, ist wohl nur so zu beant­worten: mit Künstlern, die bekannt sind, und mit Kunst, die die Leute wollen. Durch die Konzentration finanzieller Mittel auf populistische Ausstellungen wird die Möglichkeit, Ausstellungen zeitgenössischer Künstler – auch jener ohne klingenden Namen – zu veranstalten, enorm eingeengt. Staatliche Kulturpolitik sollte aber den Mut fördern und auch die entsprechenden Möglichkeiten schaffen, neuen, bisher unerprobten Entwick­lungen Raum zu geben. Frau Bundesministerin, dazu wäre es Ihrerseits notwendig, sich aktiver in das Geschehen einzubringen. Es reicht nicht aus, wenn Sie immer wie­der betonen, dass Ihnen Forschung wichtig ist, ohne dass Sie zugleich die Ihnen gege­benen Möglichkeiten nützen und die entsprechenden Impulse setzen.

Frau Ministerin Gehrer, da Sie zugleich Bildungsministerin sind, sollte Ihnen durchaus bekannt sein, dass Museen auch Bildungsinstitutionen sind. (Bundesrat Ing. Haller: Glauben Sie, dass das nicht der Fall ist?) Bildungspolitik ist nicht abkoppelbar von Kulturpolitik. Bildungspolitik ist, wie es der ehemalige Bundeskanzler Fred Sinowatz erst vor wenigen Tagen so treffend formuliert hat, ebenso wie Kulturpolitik Teil einer Gesamtheit. (Bundesrat Hösele: „Alles sehr kompliziert“! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) Und, meine Herren auf der rechten Seite, eben weil Fred Sinowatz diesen Grundsatz in seiner Tätigkeit stets befolgt hat, war er auch ein so erfolgreicher Bil­dungs- und Kulturpolitiker.

Meine Damen und Herren! Die Kulturpolitik dieser Bundesregierung weist große Mängel auf. Sie wird von meiner Fraktion ebenso bekrittelt wie die Inaktivität der Frau Ministerin Gehrer. Wir werden daher aus diesem Grund auch dem Kulturbericht 2002 unsere Zustimmung verweigern.

Ausdrücklich möchte ich aber namens meiner Fraktion betonen, dass wir die Tätigkeit aller im Kulturbereich beschäftigten Menschen anerkennen und auch sehr schätzen. Diese leisten trotz fehlender entsprechender Rahmenbedingungen ausgezeichnete Arbeit! Unter großem persönlichen Einsatz sowie mit Fleiß und Kreativität tragen sie wesentlich dazu bei, dass das kulturelle Leben in unserem Lande in Bewegung bleibt. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

12.09

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Pro­fessor Hösele. – Bitte, Herr Bundesrat.

 


12.09

Bundesrat Herwig Hösele (ÖVP, Steiermark): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bun­desministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kolle­gen! Bundeskanzler Dr. Sinowatz, den ich auch als beachtlichen Zeithistoriker schätze und dem ich in vielerlei Hinsicht eine persönliche Sympathie entgegenbringe und ent­gegengebracht habe, habe ich insbesondere mit zwei Zitaten, die öffentlichkeitswirk-


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