Bundesrat Stenographisches Protokoll 706. Sitzung / Seite 168

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19.52

Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesrätin Lichtenecker, die Sie zuletzt Ihre Ausführungen ge­macht haben! Sehr geehrte Damen und Herren des Bundesrates! Frau Dr. Lichten­ecker, natürlich gebe ich wunschgemäß Antwort auf das, wozu Sie eine Antwort einge­fordert haben.

Noch einmal: Was die Bundesanwaltschaft anlangt, die Sie, Frau Bundesrätin, wollen, haben wir ein Problem in der Diskussion, denn Sie begründen nicht, warum Sie das wollen und warum das besser sein soll.

Frau Bundesrätin, Sie haben unbestimmte Angst dagegen geäußert, dass der Justiz­minister sein Weisungsrecht missbrauchen könnte. – Gut, das verstehe ich in einem bestimmten Ausmaß. – Prüfen Sie aber die Argumente, die ich bringe und die Ihnen darlegen sollen, weshalb der Minister dieses Weisungsrecht nicht missbrauchen kann.

Ich rede jetzt gar nicht von persönlicher Anständigkeit oder Unanständigkeit, die Sie mit dieser Aussage implizit jemandem absprechen – aber soll so sein, das ist in der Politik eben so –, sondern ich spreche jetzt nur davon, dass die jetzige Einrichtung des Weisungsrechtes eine perfekte und bis ins letzte Detail gehende Kontrolle möglich macht und auch die entsprechende Transparenz gegeben ist.

Ich fordere immer wieder öffentlich dazu auf: Sagen Sie bitte, was Sie noch mehr an Transparenz wollen, und sagen Sie auch, was Sie noch mehr an Kontrolle wollen! Wir werden dem nachkommen, wenn es auch nur irgendwie geht. Jedoch: Man kann eine Behörde nicht durchsichtiger gestalten, als das jetzt schon der Fall ist.

Frau Bundesrätin Auer, Sie haben da etwas zum Ausdruck gebracht, was mich eigent­lich irgendwie erschüttert hat, nämlich: Die neue Weisungsspitze, sagten Sie, wäre dem Parlament verantwortlich. – Was glauben Sie denn, wem ich verantwortlich bin?! Tun Sie doch nicht so, als ob das eine Neuerung wäre, dass der Minister dem Parla­ment gegenüber verantwortlich gemacht werden soll! Es ist meiner Ansicht nach fast unfassbar, dass sich ein Minister in einer Spezialdebatte – bitte vielmals um Entschul­digung! – so etwas vorhalten lassen muss, denn die Änderung, die Sie, Frau Bundes­rätin Auer, gefordert haben, beinhaltet ein Wesensmerkmal, das ja bereits heute Grundlage meiner Tätigkeit und Verantwortlichkeit als Justizminister ist. Es ist – um jedenfalls jegliches Missverständnis auszuschließen – einfach unrichtig, zu glauben oder von der Annahme auszugehen, ein Minister wäre dem Parlament gegenüber nicht verantwortlich! Das ist doch bitte eine Grundlage unseres parlamentarischen Systems!

Noch einmal zurück zum Thema Bundesanwaltschaft. Darüber wurde auch im Konvent diskutiert, und zwar im Ausschuss IX. Lesen Sie bitte die Protokolle darüber nach! – Diese Forderung ist nicht mehrheitsfähig, wie das so schön heißt. Sie können dort niemanden davon überzeugen, und dort sitzen wirklich kritische Leute. Dort sitzt nie­mand – niemand! –, der will, dass irgendein Minister ein unkontrollierbares, ein unrich­tiges Weisungsrecht ausüben könnte. – Diese Debatte, dieser Vorwurf ist unfair, weil eben die gesamte staatliche Verwaltung weisungsunterworfen ist!

Glauben Sie denn wirklich, dass man heute als öffentlich Bediensteter in Österreich nur dann eine korrekte Tätigkeit an den Tag legen kann, wenn man Richter ist?! In Öster­reich haben wir 1 700 Richter und zigtausende Beamte. Sind Ihrer Meinung nach all diese Beamten geknechtet, werden sie alle unterdrückt und mit unrichtigen Weisungen belegt?! – Das stimmt doch nicht!

 


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