Bundesrat Stenographisches Protokoll 719. Sitzung / Seite 38

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Firma bezahlt gemäß tschechischen Kollektivverträgen und entrichtet ihre Abgaben nach tschechischem Sozialversicherungs- und Steuerrecht. Die Firma schickt auch noch Busse nach Bosnien, klappert die Dörfer ab, um Fahrer zu rekrutieren, die dann in Tschechien eine Arbeitsbewilligung bekommen.

Man könnte meinen, es sei ein Einzelfall. Ich habe aber bereits das Explodieren der Arbeitslosenzahlen in den Verkehrsberufen in einigen Bezirken Oberösterreichs wie Braunau, Linz-Land und so weiter erwähnt, in denen auffälligerweise größere Trans­portunternehmen ihren Firmensitz haben. Das ist also übliche Praxis, und es fehlen Begleitmaßnahmen der Bundesregierung, die von uns immer wieder urgiert wurden. Die Bundesregierung könnte die Finanzbehörden veranlassen, diese Firmen zu über­prüfen, ob nicht eine Umgehung gesetzlicher Bestimmungen vorliegt. Wenn tschechi­sche Berufskraftfahrer am Sonntagabend ihren LKW in Österreich besteigen und auch dort wieder abliefern, dann ist die Betriebsstätte wohl offensichtlich nicht in Tschechien. Es handelt sich tatsächlich um einen Fall der Umgehung österreichischer Gesetze, der in diesem Gewerbe offensichtlich nicht unüblich ist und keinen Einzelfall darstellt.

Wir wissen, was uns blüht, wenn die völlige Freigabe des Arbeitsmarktes in sieben Jahren, mittlerweile in sechs Jahren kommt und die entsprechenden Begleitmaßnah­men nicht getroffen werden. Zuschauen ist zu wenig! Mit den beiden Abkommen wer­den einigen Dutzend Betroffenen halbwegs geregelte Bedingungen gesichert. Das ist auch der Grund, warum wir zustimmen. Wir benützen jedoch die Gelegenheit, um auf die noch offenen Hausaufgaben aufmerksam zu machen. Es wäre beispielsweise eine Hausaufgabe der Bundesregierung, dem Präsidenten der Europäischen Kommission, Barroso, ins Wort zu fallen, wenn er erklärt, dass es im Moment wichtiger sei, die Marktentwicklung zu fördern, als das soziale Europa in den Vordergrund zu stellen. Es wäre notwendig, Minister Bartenstein von seiner Unterstützung der Dienstleistungs­richtlinie mit dem Herkunftslandprinzip abzubringen, und es wäre notwendig, sich in Europa für einheitliche Sozial- und Steuerstandards stark zu machen.

Europa soll ein Bollwerk des Friedens werden. Dazu gehört auch der soziale Friede. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

12.16


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Ing. Kampl. – Bitte.

 


12.17.12

Bundesrat Ing. Siegfried Kampl (Freiheitliche, Kärnten): Sehr geschätzte Frau Prä­sident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Lieber Kollege Gumplmaier! Deine Schlussworte sind, denke ich, richtig angekommen, und zwar so angekommen, dass wir uns gemeinsam darum bemühen: 60 Jahre Frieden in Europa – das war nicht selbstverständlich, 50 Jahre Staatsvertrag – der war nicht selbstverständlich, zehn Jahre EU – das haben wir uns erarbeitet, und mit allem Positiven und Negativen sollten wir auch dazu stehen.

Vielleicht ist es auch richtig, wenn du, Herr Doktor, gemeint hast, es sei an der Zeit für notwendige Instrumente. Es ist richtig, dass vieles noch nicht so ist, wie wir gemeinsam es haben wollen, aber ich bin auch davon überzeugt, dass die Bundesregierung, die ÖVP-FPÖ-Bundesregierung vieles getan hat, aber auch noch vieles zu tun hat, um einige berechtigte Forderungen umzusetzen und beweisbare Negativentwicklungen, wie sie hier angesprochen wurden, abzustellen. Es gibt leider in diesem großen Europa verschiedene kriminelle Elemente, die alles versuchen, um über Hintertüren, durch Möglichkeiten, die die noch nicht voll demokratische Arbeit der noch nicht voll demo­kratischen Einrichtungen bieten, vieles zu hintergehen, was dann letzten Endes den


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