Bundesrat Stenographisches Protokoll 724. Sitzung / Seite 109

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hervorragendes Gesetz, einen hervorragenden Beginn bedanken. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

15.07


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächste Rednerin ist Frau Bundesrätin Konrad. – Bitte.

 


15.07.02

Bundesrätin Eva Konrad (Grüne, Tirol): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Herren Staatssekretäre! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich habe mich vor etwa zwei Monaten mit einer jungen Frau unterhalten, die gerade dabei war, sich eine Eigentumswohnung zu kaufen. Sie hat sich bitter darüber beklagt, dass sie, obwohl diese Wohnung nur im ersten Stock liegt, auch die Kosten für den Lift mitfinanzieren muss, und hat gemeint: Und dann haben mir diese Leute erklärt, es sei wegen der Barrierefreiheit wichtig, dass es diesen Lift gibt. – Dann habe sie gesagt, was interessiere sie das, sie sei ja gesund, sie sei ja nicht alt, sie könne sich das ja dann später, wenn sie alt sei, entsprechend nachfinanzieren.

Dieses Beispiel hat mir sehr gut klar gemacht, dass es offenbar noch ein weiter Weg ist, bis das Bewusstsein in unserer Gesellschaft tatsächlich verankert ist, dass diese Menschen einen Anspruch darauf haben und dass es nicht ausschlaggebend sein darf, ob man körperbehindert oder alt ist, dass man problemlos in seine Wohnung kommen kann. Dieses Bewusstsein ist noch nicht weit genug verankert. Insofern ist es auch keine Überraschung, dass das Gesetz, das wir heute diskutieren, noch nicht weit genug geht, um tatsächlich alle Bedürfnisse abzudecken.

Wir befassen uns in dieser Diskussion mit zwei Punkten: einerseits mit der Änderung der Bundesverfassung, durch die die österreichische Gebärdensprache offiziell aner­kannt wird, und mit dem Behindertengleichstellungsgesetz. Dieser Verfassungsände­rung werden wir natürlich zustimmen. Es ist ein wichtiger symbolischer Akt, dass die Gebärdensprache endlich anerkannt ist, aber leider war es nicht möglich, auch gleichzeitig einen Zeithorizont für die Umsetzung der daraus erforderlichen Maßnah­men festzulegen. Die Anerkennung der Gebärdensprache allein reicht nämlich noch nicht. Im Gesetz steht, die österreichische Gebärdensprache ist anerkannt, das Nähere bestimmen die Gesetze. – Dafür einen Zeitrahmen festzusetzen, wäre ein Zeichen dafür gewesen, dass dieser symbolische Akt auch tatsächlich in absehbarer Zeit zu direkten Ergebnissen führt.

Wenn mein Vorredner gemeint hat, diese Regelung bedeute, dass hörbehinderte Menschen automatisch einen viel besseren Zugang zu Bildung haben, dann muss ich sagen: Nein, leider nicht, denn diese Formulierung alleine bringt noch keine Verbes­serungen. Die muss erst mit tatsächlichen Handlungen gefüllt werden. Ich würde gerne wissen, in welcher Zeit das passiert. Ich konnte leider auch im Ausschuss keine Antwort auf diese Frage bekommen.

Dieses Beispiel zeigt auf, dass das Behindertengleichstellungsgesetz, dieser andere Punkt, mit dem wir uns heute befassen, große Schwachstellen hat. Beispielsweise finden sich in puncto Gebärdensprache keine Richtlinien für die Inanspruchnahme und Finanzierung von Gehörlosendolmetscherinnen und -dolmetschern und deren Aus­bildungsstandards. Zumindest die Ausbildungsstandards halte ich für einen sehr wichtigen Punkt, der gesetzlich festgelegt werden sollte, damit geregelt ist, was die Ansprüche in dieser Ausbildung sind.

In der Frage der Barrierefreiheit wurde schon kritisiert, dass die Übergangsfristen sehr lange sind. Ich finde es auch sehr bedauerlich, dass Universitäten und Bundesmuseen aus dieser Regelung ausgenommen sind.

 


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