Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 109. Sitzung / Seite 46

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12.27

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Minister! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Heute geht es um Existenzsicherung, heute geht es um sichere Beschäftigungspolitik. Heute soll es auch um die Sicherung unserer Lebensgrundlagen gehen.

Wenn man einer Studie von Emmerich Tálos glaubt, dann steht uns in Österreich leider täglich das Faktum vor Augen, daß an die eine Million Menschen praktisch unter dem Existenzminimum leben – trotz Wirtschaftswachstum, trotz steigender Exportzahlen, trotz Ambitionen, Vorstößen und nationalen Beschäftigungsplänen. Wenn wir anderen Studien glauben – insbesondere dem Institut für Höhere Studien –, dann war im Jahr 1997 jeder fünfte werktätige Österreicher oder jede fünfte Österreicherin einmal von Arbeitslosigkeit betroffen! Das sind Fakten, die studienmäßig belegt sind und die zeigen, wie unsicher die Beschäftigungssituation ist, wie unsicher die Existenz ist und wie unsicher unsere Lebensgrundlagen im Arbeitsbereich insgesamt sind.

Ähnlich unsicher sind unsere Lebensgrundlagen auch im prinzipiellen gesundheitlichen Bereich, im prinzipiellen Überlebensbereich angesichts der Tatsache, daß jetzt 35 Kilometer nördlich der Grenze nahe Haugsdorf und 90 oder 95 Kilometer nördlich von Wien eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt wird über ein Zwischenlager von atomarem Abfall. Dort, 35 Kilometer vor unserer Haustür, sollen atomare Brennelemente 40 Jahre lang gelagert werden, und zwar in Kombination mit vier Reaktorblöcken eines alten, sicherheitsgefährdenden, risikoreichen Atomkraftwerkes in Dukovany. Angesichts dieser Sicherheitsbedrohung und dieser Bedrohung unserer Existenz unweit von Wien – für 40 Jahre ein Zwischenlager, dazu das Höchstsicherheitsrisiko Dukovany – tut die Regierung nichts! (Abg. Dr. Haselsteiner: Das hat aber mit Arbeitsmarktpolitik wenig zu tun!)

Es gibt auf der einen Seite die Untätigkeit der Regierung im Beschäftigungsbereich. Ich möchte nur darauf hinweisen, daß die aktive Arbeitsmarktpolitik der Regierung mit 1,8 Prozent des Bruttoinlandsproduktes im Vergleich mit dem europäischen Durchschnitt eher weiter unten angesiedelt ist. In Finnland, in Schweden oder in Dänemark sind die Prozentsätze viel höher. In Finnland beträgt die aktive Arbeitsmarktpolitik meiner Erinnerung nach sogar 6,7 Prozent des Bruttoinlandsproduktes. Es zeigt sich also die Untätigkeit der Regierung in diesem Bereich, es gibt sie aber vor allem in Sachen Existenzsicherung, in Sachen Parteienstellung und in Sachen Einwendung gegen Dukovany. (Beifall bei den Grünen. – Ruf bei der ÖVP: Was ist da möglich?)

Was ist möglich? – Möglich ist zumindest das, was wir im Jahre 1992 mit Umweltministerin Rauch-Kallat auf die Beine stellen konnten: ein offizieller Protest. Davon ist bisher nichts zu sehen. Klima protestiert nicht, Prammer schickt eine Pressemeldung aus. Was steht in der Pressemeldung? – Sämtliche Schritte werden unternommen, in höchster Verantwortung. Das ist alles: vier Wörter in der APA.

Während diese vier Wörter in der APA stehen, wird gleichzeitig daran geplant, daß für 40 Jahre hochgefährlicher radioaktiver Müll direkt vor unserer Haustür lagert. Das ist verabsäumte Sicherheitspolitik! Jetzt läuft schon der Countdown: 30 Tage beträgt die Einwendungsfrist. Begonnen hat sie am 16. Februar, und jetzt haben wir bereits den 15. Tag. Wir wollen keinen Atommüll! (Die Rednerin entrollt ein weißes Transparent, das überschrieben ist mit "Atommüllager Dukovany", und hält es hoch.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Frau Abgeordnete! Sie stehen beim Gesundheitsthema – zu Recht – auf der Rednerliste. Aber jetzt sind wir bei der Beschäftigungspolitik.

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (fortsetzend): Wir wollen verhindern, daß direkt vor unserer Haustür lebensbedrohendes Material gelagert wird. Der Countdown läuft nur noch 16 Tage, und Sie sind untätig! (Beifall bei den Grünen.)

12.32


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