Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 141. Sitzung / 75

päischen und nicht nur eines mitteleuropäischen Ausstiegs aus der Kernkraft auch erreichen. Für dieses Ziel wollen wir Sozialdemokraten – und sollten wir alle – gemeinsam arbeiten. (Beifall bei der SPÖ.)

14.17

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Ing. Langthaler. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

14.17

Abgeordnete Ing. Monika Langthaler (Grüne): Herr Präsident! Frau Ministerin! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Wir feiern in wenigen Wochen in diesem Land ein Jubiläum: Am 5. November 1978, also vor rund 20 Jahren, fand in Österreich die Volksabstimmung über die Inbetriebnahme des Kernkraftwerkes Zwentendorf statt, und natürlich ist es erfreulich, daß heute hier ganz anders geredet wird, vor allem auch von seiten der sozialdemokratischen Fraktion, als damals, vor 20 Jahren, vor dieser wirklich historischen Abstimmung.

Es gibt aber noch immer eine nicht nur etwas widersprüchliche österreichische Politik zu diesem Thema, sondern es gibt nach wie vor sehr viele, sehr finanzstarke Lobbies, die ein Ziel verfolgen, das offensichtlich nicht – und Gott sei Dank nicht! – der Mehrheit dieses Hauses und nicht der Mehrheit der Regierung entspricht.

Vor wenigen Wochen – Frau Ministerin, das wäre für Sie auch interessant gewesen, ich möchte nur kurz davon berichten – fand in Wien in einem Hotel eine Veranstaltung der europäischen Atomlobbyorganisation "Framatom" statt, die jetzt auch eine Organisation beziehungsweise einen Ableger in Österreich hat – interessanterweise mit der fast identischen Anschrift wie die Energieverwertung in Niederösterreich. Ich weiß nicht, ob das ein Zufall ist. Jedenfalls haben sie gemeinsam als Atom-Lobbyisten in Wien eine Veranstaltung zum Thema: Wie kann die Atomkraft zur Verringerung des Klimaproblems beitragen? oder so ähnlich durchgeführt. Was wir dort gehört haben, war unfaßbar. Man hat gedacht, es sei die Zeit stehengeblieben. Es wurde erzählt, daß es kein Risiko gebe, daß man jetzt tatsächlich diese Technologie endgültig im Griff habe und daß dem nichts entgegenstehen würde, jedenfalls technologisch, außer offenbar ein paar politischen Träumern, daß man nicht sowohl in West- als auch in Osteuropa eine Großoffensive auf neue Atomkraftwerke starten könnte.

Was ich damit demonstrieren möchte, ist, daß nicht nur in Osteuropa, sondern selbstverständlich auch in Westeuropa einige wirklich finanzkräftige Organisationen nach wie vor nicht nur Projekte am grünen Tisch planen, sondern ganz konkret und mit ganz starken Lobbies versuchen, die Regierungen entsprechend zu beeinflussen. Und da hat natürlich das Wahlergebnis in Deutschland, was die europäische Entwicklung angeht, zu einer drastischen Veränderung und einer ganz neuen Situation geführt.

Frau Ministerin! Was wir Ihnen heute vorwerfen müssen, ist, daß Österreich in seiner Prioritätenliste bei der EU-Präsidentschaft die Frage der Anti-Atompolitik, des Ausstiegs aus der Atomkraft nicht ganz oben gereiht hat. Ich kann als wirklich sehr rege Medienkonsumentin und Zuhörerin bei den Aktivitäten österreichischer Regierungspolitiker in diesem halben Jahr der Präsidentschaft nicht erkennen, wo genau Ihre Ansätze sind, Bündnispartner zu finden. Ich gebe Ihnen ja recht, daß das dringend notwendig ist, denn Österreich als Land mit 8 Millionen Einwohnern wird es nicht schaffen, dieser Großoffensive, die es nach wie vor gerade von der deutschen und der französischen Atomindustrie gibt, etwas Signifikantes entgegensetzen zu können.

Erst vor kurzem hat beispielsweise in London die EBRD ein Seminar über mögliche Kredite für osteuropäische Atomkraftwerke abgehalten. Der ukrainische Umweltminister, der auch anwesend war, hat ganz offen zugegeben, er würde natürlich andere Technologien auch nehmen, aber bisher wurde ihm lediglich für die zwei Reaktorblöcke K2-R4 Geld versprochen – es handelt sich in diesem Fall um kein Fleckputzmittel und auch nicht um einen Berg, sondern das sind zwei sich an verschiedenen Stellen in der Ukraine befindliche Reaktorblöcke. Dafür hat nun die EBRD jedenfalls einen Kredit in der Höhe von 200 Millionen US-Dollar Aussicht gestellt, das Bürgerbeteiligungsverfahren ist dort angelaufen, während die Energieeffizienzprogramme für die Ukraine im gleichen Ausmaß nun einmal auf Eis gelegt worden sind.


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