Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 149. Sitzung / 53

Antrag unsere Zustimmung verweigern, weil wir glauben, daß dieser Antrag nicht vollinhaltlich und auch nicht in unserem Interesse umgesetzt worden ist, und wir uns gewünscht hätten, daß die entsprechende arbeitsmedizinische und Sicherheitsbetreuung in den Betrieben von den von der AUVA erhobenen statistischen Materialien über die Unfallhäufigkeit in unterschiedlichen Berufen abhängig gewesen wäre, damit nicht eine lächerliche Mindestanzahl von Begehungen pro Jahr – sowohl für die Betriebe unter 11 als auch für die Betriebe von 11 bis 50 Mitarbeiter und, wenn der ÖVP-Abänderungsantrag durchgeht, bei Lehrlingsbetrieben bis 53 Mitarbeiter – vorgesehen wird.

Wir erachten auch nach wie vor den Mißstand als gegeben, daß im Bereich des Arbeitnehmerschutzes eine krasse Diskrepanz zwischen öffentlicher Wirtschaft und Privatwirtschaft besteht. Ich bin den Ministerialmitarbeiterinnen dafür dankbar, daß sie uns im Ausschuß mitgeteilt haben, daß das Finanzministerium frühestens im nächsten Jahr – und wie ich das als gelernter Österreicher kenne, dann vermutlich erst 5 Minuten vor der nächsten Wahl – den entsprechenden Vorschlag für die öffentlichen Körperschaften – den Bund, die Länder und die Gemeinden – vorlegen wird. Damit wird für diesen Bereich wieder keine zeitgerechte Beschlußfassung im Rahmen dieser Legislaturperiode möglich sein.

Daher werden dann in Österreich drei Arten von Arbeitnehmerschutz bestehen, was meiner Ansicht nach untragbar ist. Die öffentliche Hand, die Länder und die Gemeinden werden keinen oder nur einen sehr stark gelockerten Arbeitnehmerschutz haben, aber teilweise mit den Bauhöfen der Gemeinden und des Landes oder anderen Betrieben der Privatwirtschaft Konkurrenz machen; jene Betriebe, die in der Großindustrie angesiedelt sind, werden einen Arbeitnehmerschutz haben, der auch nach internationalen Standards als gut qualifizierbar ist; und Betriebe im Kleinbereich werden nunmehr gezwungen sein, Arbeitnehmerschutzbeauftragte beziehungsweise Mediziner in Anspruch zu nehmen, die ihnen die AUVA zugesteht.

Denn wer glaubt ernstlich daran, daß es sich jemand für seinen Betrieb dann, wenn die AUVA die Kosten trägt, im heutigen Konkurrenzkampf um die Betriebs- und Lohnnebenkosten leisten können wird, für seine 10 oder 20 Mitarbeiter einen ihm und seinem Betriebsrat sympathischeren, besseren und vielleicht auch nähergelegenen, leichter erreichbaren Arbeitsmediziner zu nehmen und nicht den von der AUVA kostenlos zur Verfügung gestellten?

Wir haben daher im Ausschuß einen Abänderungsantrag eingebracht, damit auch bei Bezahlung durch die AUVA freie Arztwahl in diesem Bereich möglich gewesen wäre. Dieser Antrag wurde von den Regierungsfraktionen, ÖVP und SPÖ, leider abgelehnt. Ich denke, in diesem Zusammenhang sollte noch nicht das letzte Wort gesprochen sein. Denn wenn freie Arztwahl in allen Bereichen in Österreich verfassungsmäßige Gültigkeit haben soll, ist mir nicht klar, warum das im Arbeitnehmerschutzbereich auf einmal nicht mehr gelten sollte. (Beifall bei den Freiheitlichen und des Abg. Mag. Peter.)

11.56

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Walter Guggenberger. – Bitte.

11.56

Abgeordneter Mag. Walter Guggenberger (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es war im Frühjahr dieses Jahres: Da kam die Mutter eines sechsjährigen Kindes in das Bundessozialamt für Tirol. Dieses sechsjährige Kind ist Opfer eines sexuellen Mißbrauches geworden. Es liegt auf der Hand, daß ein kleines Kind so etwas nicht verkraften und nicht verarbeiten kann, ohne daß ihm professionelle Hilfe zuteil wird.

Diese professionelle Hilfe hat aber ihren Preis. Wir mußten im Bundessozialamt für Tirol dieses Ansuchen im heurigen Frühjahr noch ablehnen. Derzeit ist noch die Gebietskrankenkasse für derartige Fälle zuständig, und jeder weiß, daß sie nur einen Teil der tatsächlichen Kosten bezahlen kann. Aber mit der heutigen Gesetzesnovelle schaffen wir nun Abhilfe. Ab 1. Jänner des kommenden Jahres werden Opfer von Verbrechen auch Anspruch auf psychotherapeutische Hilfe haben. Das ist eine außerordentlich wichtige Sache, und es freut uns sehr, daß wir dieses Gesetz heute beschließen können! (Beifall bei der SPÖ.)


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