Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 166. Sitzung / 27

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Gestatten Sie mir die Behauptung, daß es, obwohl es nicht Ihre Meinung ist, sondern Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, ein wenig zynisch anmutet, wenn man heute Menschen, die sich dem Krieg entziehen wollen, so behandelt. Ich beziehe mich nicht nur auf Deserteure oder stellungsflüchtige jugoslawische Staatsangehörige, die Serben sind, sondern ich denke in erster Linie an Minderheitenangehörige in Jugoslawien: an Ungarn in Jugoslawien, Roma in Jugoslawien, Angehörige von Volksgruppen im Sandschak.

Ich richte folgende Frage an Sie: Glauben Sie, daß es im Rahmen der Möglichkeiten in Ihrem Ressort eine Trendumkehr geben könnte? – Ich meine, das Bundesasylamt ist eine weisungsgebundene Behörde, die Ihnen unterstellt ist. Tun Sie etwas? Gedenken Sie, etwas zu tun?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Minister, bitte.

Bundesminister für Inneres Mag. Karl Schlögl: Sehr geehrte Frau Abgeordnete! Ich gehe davon aus, daß es Aufgabe der Behörden ist, streng nach den Gesetzen zu agieren. Ich gehe davon aus, daß das Bundesasylamt als erste Instanz einerseits nach der bisherigen Spruchpraxis des Verwaltungsgerichtshofes vorgeht, andererseits natürlich in seiner Beurteilung die aktuelle politische Situation, die aktuelle weltpolitische Organisation und im speziellen natürlich auch die aktuelle Situation, die derzeit im und rund um den Kosovo herrscht, zu berücksichtigen hat. Von diesem Gesichtspunkt aus betrachtet wird natürlich die Beurteilung differenzierter sein, als sie in anderen Fällen ist.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Dr. Kier, bitte.

Abgeordneter Dr. Volker Kier (Liberales Forum): Herr Bundesminister! Ich bin an sich fast geneigt, die Zusatzfrage der Kollegin Stoisits noch einmal zu wiederholen, halte aber folgendes fest: Es herrscht im Kosovo Krieg, und wir sollten doch jetzt die Frage beantwortet bekommen: Bekommen Menschen, die sich diesem Krieg entziehen, indem sie den Wehrdienst an der Seite des Milošević verweigern, die sich nicht einberufen lassen, ob sie jetzt zum Beispiel Angehörige der ungarischen Minderheit sind oder auch nicht, Asyl – ja oder nein, auch vor dem Hintergrund der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes? Werden Sie diesen politisch wichtigen Schritt setzen, indem Sie eine Anweisung an die Ihnen weisungsunterstellte erste Instanz geben, daß das ein Asylgrund ist, um den Krieg dort "auszutrocknen"?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Inneres Mag. Karl Schlögl: Erstens möchte ich nochmals betonen, daß es nicht die Aufgabe des Innenministers ist, Asylentscheidungen per Weisung zu geben. Meine Aufgabe ist es, den entsprechenden gesetzlichen Rahmen zu schaffen, damit die Behörden die entsprechenden Entscheidungen treffen können.

Wenn Sie im konkreten Fall meine persönliche Meinung hören wollen, dann sage ich sehr wohl: So, wie Sie den Fall geschildert haben, ist das für mich ein Grund, daß man aufgrund der jetzigen politischen Situation, zum jetzigen Zeitpunkt entsprechend Asyl gewährt. Das ist aber eine Entscheidung, die zum jetzigen Zeitpunkt gilt, und das ist für mich sehr wichtig. Das kann in einem Monat ganz anders aussehen, und darum betone ich: zum jetzigen Zeitpunkt!

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Zusatzfrage: Abgeordneter Dietachmayr, bitte.

Abgeordneter Helmut Dietachmayr (SPÖ): Herr Bundesminister! Aufgrund der herrschenden Situation in Teilen Europas, aber auch in Teilen der Welt ist eben anzunehmen, daß die Zahl der Asylanträge zunimmt.

Wie ist die Entwicklung im heurigen Jahr? Wie viele Asylanträge, aufgeschlüsselt nach Nationalitäten, wurden bisher im Laufe dieses Jahres gestellt?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Minister.


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