Stenographisches Protokoll

25. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

XX. Gesetzgebungsperiode

 

Donnerstag, 23. Mai 1996

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Stenographisches Protokoll

25. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XX. Gesetzgebungsperiode Donnerstag, 23. Mai 1996

Dauer der Sitzung

Donnerstag, 23. Mai 1996: 9.01 – 23.32 Uhr

*****

Tagesordnung

1. Punkt: Bundesgesetz über die Zusammenarbeit mit den Internationalen Gerichten

2. Punkt: EU-Gesellschaftsrechtsänderungsgesetz – EU-GesRÄG

3. Punkt: Sonderbericht des Rechnungshofes über das Beschaffungswesen des Bundesheeres; Zweiter Teilbericht

4. Punkt: Erste Lesung des Antrages 134/A der Abgeordneten Mag. Dr. Heide Schmidt und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gesetz über Gesellschaften mit beschränkter Haftung, das Bundesgesetz über Aktiengesellschaften sowie das Gesetz über Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften geändert werden

5. Punkt: Erste Lesung des Antrages 143/A der Abgeordneten Mag. Doris Kammerlander und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Wohnungseigentumsgesetz geändert wird

6. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1984 geändert wird

7. Punkt: Bericht über den Antrag 191/A der Abgeordneten Mag. Dr. Josef Höchtl, DDr. Erwin Niederwieser und Genossen betreffend

1. ein Bundesgesetz, mit dem das Schulorganisationsgesetz geändert wird,

2. ein Bundesgesetz, mit dem das Land- und forstwirtschaftliche Bundesschulgesetz geändert wird, und

3. ein Bundesgesetz, mit dem das Pflichtschulerhaltungs-Grundsatzgesetz geändert wird

8. Punkt: Bericht über den Antrag 58/A (E) der Abgeordneten Maria Schaffenrath und Genossen betreffend Aufforderung an den/die Unterrichtsminister/in zur jährlichen Vorlage eines Schulberichtes an den Nationalrat

9. Punkt: Bericht über den Antrag 65/A (E) der Abgeordneten Maria Schaffenrath und Genossen betreffend Erstellung von Rahmenbedingungen zur Ermöglichung einer echten Schulautonomie


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25. Sitzung / Seite 2

10. Punkt: Bericht über den Antrag 63/A (E) der Abgeordneten Maria Schaffenrath und Genossen betreffend finanzielle Gleichstellung der "sonstigen" Privatschulen mit den konfessionellen Privatschulen

11. Punkt: Fünfter Zusatzvertrag zwischen dem Heiligen Stuhl und der Republik Österreich zum Vertrag zwischen dem Heiligen Stuhl und der Republik Österreich zur Regelung von vermögensrechtlichen Beziehungen vom 23. Juni 1960

12. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über äußere Rechtsverhältnisse der Evangelischen Kirche geändert wird

13. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über finanzielle Leistungen an die altkatholische Kirche geändert wird

14. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über finanzielle Leistungen an die israelitische Religionsgesellschaft geändert wird

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Inhalt

Personalien

Verhinderungen 12

Ordnungsruf 91

Geschäftsbehandlung

Verlangen auf Besprechung der Anfragebeantwortung 341/AB gemäß § 92 Abs. 2 der Geschäftsordnung 31

Durchführung einer Debatte gemäß § 92 Abs. 5 der Geschäftsordnung 200

Redner:

Peter Rosenstingl 200

Rudolf Parnigoni 202

Rudolf Anschober 204

Günther Platter 205

Mag. Gilbert Trattner 206

Mag. Reinhard Firlinger 208

Anna Elisabeth Aumayr 209

Bundesminister Dr. Rudolf Scholten 210

Antrag der Abgeordneten Andreas Wabl und Genossen, dem Bautenausschuß zur Berichterstattung über den Antrag 137/A (E) betreffend Aufhebung der Verordnung über den Straßenverlauf der B 146 (Ennsnahe Trasse) gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung eine Frist bis 30. Juni 1996 zu setzen 31

Verlangen gemäß § 43 Abs. 3 der Geschäftsordnung auf Durchführung einer kurzen Debatte im Sinne des § 57a Abs. 2 GOG 31

Redner:

Hannelore Buder 154

Hans Schöll 156

Hermann Kröll 156

Mag. Thomas Barmüller 157

Andreas Wabl 157

Ablehnung des Fristsetzungsantrages 159


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25. Sitzung / Seite 3

Absehen von der 24stündigen Frist für das Aufliegen der schriftlichen Ausschußberichte 154 und 152 d. B. gemäß § 44 Abs. 2 der Geschäftsordnung 31

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z 2 der Geschäftsordnung 32

Feststellungen des Präsidenten MMag. Dr. Willi Brauneder zum Entschließungsantrag der Abgeordneten Wabl und Genossen betreffend Beschaffungswesen des Bundesheeres 75

Feststellung des Präsidenten Dr. Heinrich Neisser betreffend die rechtswirksame Einbringung von Abänderungsanträgen (im Zusammenhang mit dem Abänderungsantrag des Abgeordneten Dr. Udo Grollitsch) 185

Verlesung der vorgesehenen Fassung des Amtlichen Protokolls zum Tagesordnungspunkt 1 dieser Sitzung durch den Präsidenten Dr. Heinz Fischer 211

Genehmigung des verlesenen Teiles des Amtlichen Protokolls 211

Fragestunde (1.)

Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten 12

Dr. Jörg Haider (5/M); Jakob Auer, Dr. Hans Peter Haselsteiner

Dr. Alfred Gusenbauer (1/M); Werner Amon, Mag. Karl Schweitzer, Mag. Doris Kammerlander

Dr. Friedhelm Frischenschlager (8/M); Peter Schieder, Mag. Dr. Josef Höchtl, Herbert Scheibner

Dr. Walter Schwimmer (3/M); Dr. Elisabeth Hlavac, Dkfm. Holger Bauer, Hans Helmut Moser

Mag. Doris Kammerlander (7/M); Dr. Irmtraut Karlsson, Wolfgang Großruck, Herbert Scheibner

Dr. Jörg Haider (6/M); Inge Jäger, Ingrid Tichy-Schreder, Mag. Doris Kammerlander

Peter Schieder (2/M); Dr. Karl Maitz, Dkfm. Holger Bauer, Hans Helmut Moser

Ingrid Tichy-Schreder (4/M); Mag. Walter Posch

Bundesregierung

Vertretungsschreiben 12

Ausschüsse

Zuweisungen 30, 104, 161

Dringliche Anfrage

der Abgeordneten Dr. Friedhelm Frischenschlager und Genossen an den Bundeskanzler betreffend dringende medienpolitische Weichenstellungen (646/J) 109

Begründung: Dr. Friedhelm Frischenschlager 112

Bundeskanzler Dkfm. Dr. Franz Vranitzky 118


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25. Sitzung / Seite 4

Debatte:

Mag. Dr. Heide Schmidt 125

Dr. Josef Cap 128

Mag. Helmut Kukacka 132

Ing. Walter Meischberger 134

Mag. Thomas Barmüller (tatsächliche Berichtigung) 137

Mag. Terezija Stoisits 137

Dr. Volker Kier 141

Dr. Michael Krüger 144

Karl Öllinger 147

Franz Morak 151

Dr. Hans Peter Haselsteiner 153

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits und Genossen betreffend Herstellung und Sicherung der Medienvielfalt in Österreich – Ablehnung 140, 154

Verhandlungen

1. Punkt: Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (102 d. B.): Bundesgesetz über die Zusammenarbeit mit den Internationalen Gerichten (154 d. B.)

Berichterstatter: Wolfgang Großruck 32


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25. Sitzung / Seite 5

Redner:

Dr. Harald Ofner 32

Dr. Andreas Khol 33

Peter Schieder 36

Dr. Michael Krüger 38

Mag. Thomas Barmüller 39

Mag. Doris Kammerlander 40

Bundesminister Dr. Nikolaus Michalek 41

Annahme des Gesetzentwurfes in 154 d. B. 42

2. Punkt: Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (32 d. B.): EU-Gesellschaftsrechtsänderungsgesetz – EU-GesRÄG (133 d. B.)

Berichterstatter: Josef Schrefel 42

Redner:

Dr. Michael Krüger 43

Dr. Willi Fuhrmann 47

Peter Rosenstingl 49

Mag. Dr. Maria Theresia Fekter 50

Mag. Thomas Barmüller 52

Mag. Terezija Stoisits 53

Mag. Dr. Josef Trinkl 54

Bundesminister Dr. Nikolaus Michalek 55

Mag. Helmut Peter 56

Annahme des Gesetzentwurfes in 133 d. B. 58

3. Punkt: Bericht des Rechnungshofausschusses betreffend den Sonderbericht des Rechnungshofes (III-12 d. B.) über das Beschaffungswesen des Bundesheeres; Zweiter Teilbericht (143 d. B.)

Berichterstatter: Dipl.-Ing. Richard Kaiser 58

Redner:

Ute Apfelbeck 59

Anton Leikam 62

Mag. Reinhard Firlinger 65

Dipl.-Vw. Dr. Dieter Lukesch 67

Andreas Wabl 70

Anton Gaál 77

Mag. Herbert Haupt 78

Walter Murauer 80

Hans Helmut Moser 83

Arnold Grabner 85

Herbert Scheibner 86

Georg Wurmitzer 88

Andreas Wabl (tatsächliche Berichtigung) 90

Georg Wurmitzer (Erwiderung auf eine tatsächliche Berichtigung) 90

Mag. Doris Kammerlander 91

Hans Schöll 93

Dipl.-Ing. Leopold Schöggl 94

Rechnungshofpräsident Dr. Franz Fiedler 95

Bundesminister Dr. Werner Fasslabend 97

Kenntnisnahme des Sonderberichtes des Rechnungshofes III-12 d. B. 98

Entschließungsantrag der Abgeordneten Andreas Wabl und Genossen betreffend Beschaffungswesen des Bundesheeres – Ablehnung 76, 93, 98

Entschließungsantrag der Abgeordneten Andreas Wabl und Genossen betreffend Provisionen und Inseratkosten bei Bundesheerbeschaffungen – Ablehnung 76, 98

4. Punkt: Erste Lesung des Antrages 134/A der Abgeordneten Mag. Dr. Heide Schmidt und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gesetz über Gesellschaften mit beschränkter Haftung, das Bundesgesetz über Aktiengesellschaften sowie das Gesetz über Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften geändert werden

Redner:

Mag. Reinhard Firlinger 99

Mag. Cordula Frieser 100

Dr. Willi Fuhrmann 101

Dr. Michael Krüger 102

Mag. Terezija Stoisits 103

Zuweisung des Antrages 134/A an den Justizausschuß 104

5. Punkt: Erste Lesung des Antrages 143/A der Abgeordneten Mag. Doris Kammerlander und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Wohnungseigentumsgesetz geändert wird

Redner:

Mag. Doris Kammerlander 104

Kurt Eder 106

Dr. Walter Schwimmer 107

Hans Schöll 159

Mag. Thomas Barmüller 160

Zuweisung des Antrages 143/A an den Justizausschuß 161


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25. Sitzung / Seite 6

Gemeinsame Beratung über

6. Punkt: Bericht des Unterrichtsausschusses über die Regierungsvorlage (13 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1984 geändert wird (135 d. B.)

Berichterstatterin: Verena Dunst 163

7. Punkt: Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 191/A der Abgeordneten Mag. Dr. Josef Höchtl, DDr. Erwin Niederwieser und Genossen betreffend

1. ein Bundesgesetz, mit dem das Schulorganisationsgesetz geändert wird,

2. ein Bundesgesetz, mit dem das Land- und forstwirtschaftliche Bundesschulgesetz geändert wird, und

3. ein Bundesgesetz, mit dem das Pflichtschulerhaltungs-Grundsatzgesetz geändert wird (142 d. B.)

Berichterstatter: Mag. Dr. Alfred Brader 163

8. Punkt: Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 58/A (E) der Abgeordneten Maria Schaffenrath und Genossen betreffend Aufforderung an den/die Unterrichtsminister/in zur jährlichen Vorlage eines Schulberichtes an den Nationalrat (136 d. B.)

Berichterstatter: Dr. Robert Rada 164

9. Punkt: Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 65/A (E) der Abgeordneten Maria Schaffenrath und Genossen betreffend Erstellung von Rahmenbedingungen zur Ermöglichung einer echten Schulautonomie (138 d. B.)

Berichterstatter: Mag. Dr. Alfred Brader 163

10. Punkt: Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 63/A (E) der Abgeordneten Maria Schaffenrath und Genossen betreffend finanzielle Gleichstellung der "sonstigen" Privatschulen mit den konfessionellen Privatschulen (137 d. B.)

Berichterstatter: Dr. Robert Rada 164

11. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage (101 d. B.): Fünfter Zusatzvertrag zwischen dem Heiligen Stuhl und der Republik Österreich zum Vertrag zwischen dem Heiligen Stuhl und der Republik Österreich zur Regelung von vermögensrechtlichen Beziehungen vom 23. Juni 1960 (152 d. B.)

Berichterstatterin: Dr. Irmtraut Karlsson 164

12. Punkt: Bericht des Unterrichtsausschusses über die Regierungsvorlage (81 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über äußere Rechtsverhältnisse der Evangelischen Kirche geändert wird (139 d. B.)

Berichterstatter: Johann Schuster 165

13. Punkt: Bericht des Unterrichtsausschusses über die Regierungsvorlage (82 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über finanzielle Leistungen an die altkatholische Kirche geändert wird (140 d. B.)

Berichterstatter: Johann Schuster 165


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25. Sitzung / Seite 7

14. Punkt: Bericht des Unterrichtsausschusses über die Regierungsvorlage (83 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über finanzielle Leistungen an die israelitische Religionsgesellschaft geändert wird (141 d. B.)

Berichterstatter: Johann Schuster 165

Redner:

Dr. Susanne Preisinger 166

Mag. Dr. Josef Höchtl 170

Maria Schaffenrath 173

DDr. Erwin Niederwieser 177

Karl Öllinger 179

Fritz Neugebauer 181

Bundesministerin Elisabeth Gehrer 182

Mag. Dr. Udo Grollitsch 183

Dr. Dieter Antoni 185

Klara Motter 187

Karlheinz Kopf (tatsächliche Berichtigung) 189

Dr. Gertrude Brinek 190

Dipl.-Ing. Leopold Schöggl 191

Mag. Walter Posch 192

Johann Schuster 194

Brunhilde Fuchs 194

Mag. Dr. Alfred Brader 195

Dr. Robert Rada 195

Annahme der Gesetzentwürfe in 135, 139, 140, 141 und 142 d. B. 197

Kenntnisnahme der Ausschußberichte 136, 137 und 138 d. B. 199

Genehmigung des Staatsvertrages in 152 d. B. 199

Eingebracht wurden

Regierungsvorlagen 30

103: Zusatzabkommen zum Abkommen zwischen der Republik Österreich und Kanada im Bereich der Sozialen Sicherheit

104: Zusatzabkommen zum Abkommen zwischen der Republik Österreich und den Vereinigten Staaten von Amerika im Bereich der Sozialen Sicherheit

109: Bundesgesetz, mit dem das Versicherungsaufsichtsgesetz geändert wird (VAG-Novelle 1996)

110: Bundesgesetz, mit dem Regelungen über Suchtgifte, psychotrope Stoffe und Vorläuferstoffe getroffen sowie das AIDS-Gesetz 1993, das Arzneimittelgesetz, das Arzneiwareneinfuhrgesetz, das Chemikaliengesetz, das Hebammengesetz, das Rezeptpflichtgesetz, das Strafgesetzbuch und die Strafprozeßordnung geändert werden

150: Bundesgesetz, mit dem das Ärztegesetz 1984 geändert und ein Bundesgesetz, mit dem die Ausbildung zu Tätigkeiten, die durch Rechtsvorschriften auf dem Gebiet des Gesundheitswesens geregelt sind, bestimmten Einrichtungen vorbehalten wird (Ausbildungsvorbehaltsgesetz), erlassen wird

151: Bundesgesetz, mit dem das Arzneimittelgesetz geändert wird (AMG-Novelle 1996)


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25. Sitzung / Seite 8

Anträge der Abgeordneten

Hans Schöll und Genossen betreffend Novellierung des 3. Wohnrechtsänderungsgesetzes (3. WÄG) (212/A) (E)

Klara Motter und Genossen betreffend Haftungsregeln für Freisetzungen gentechnisch veränderter Organismen (213/A) (E)

Dr. Alexander Van der Bellen und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz, mit dem eine Abgabe auf die Lieferung und den Verbrauch elektrischer Energie eingeführt wird (Elektrizitätsabgabegesetz) geändert wird (Art. 60 Strukturanpassungsgesetz 1996, BGBl. Nr. 201/1996) (214/A)

Ing. Monika Langthaler und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Einspeisung von elektrischer Energie aus erneuerbaren Energien und kleinen Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen in das öffentliche Netz geregelt wird (Einspeisungsgesetz) (215/A)

Karl Öllinger und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeiterkammergesetz 1992 geändert werden soll (216/A)

Karl Öllinger und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsverfassungsgesetz geändert wird (217/A)

Dr. Volker Kier und Genossen betreffend Schaffung der Möglichkeit der Teilarbeitslosigkeit (218/A) (E)

MMag. Dr. Willi Brauneder und Genossen betreffend die Ungleichbehandlung von Studierenden an Fachhochschul-Studiengängen mit Studierenden an Universitäten und Kunsthochschulen gemäß den geltenden Bestimmungen des Studienförderungsgesetzes (219/A) (E)

Anfragen der Abgeordneten

Dr. Friedhelm Frischenschlager und Genossen an den Bundeskanzler betreffend dringende medienpolitische Weichenstellungen (646/J)

Ing. Mathias Reichhold und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft betreffend Waldsanierungsprojekte (647/J)

Josef Meisinger und Genossen an den Bundesminister für Arbeit und Soziales über Verbindungen zwischen Arbeiterkammer und Gewerkschaften in Oberösterreich (648/J)

Josef Meisinger und Genossen an den Bundesminister für Arbeit und Soziales über Mitgliederbefragung bei den Arbeiterkammern (649/J)

Klara Motter und Genossen an die Bundesministerin für Gesundheit und Konsumentenschutz betreffend Creutzfeldt-Jakob-Syndrom (650/J)


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25. Sitzung / Seite 9

Dr. Martin Graf und Genossen an den Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten betreffend ein Fest des kurdischen Dachverbandes NEWROZ in der Kurhalle Oberlaa im März 1996 (651/J)

Dr. Martin Graf und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend ein Fest des kurdischen Dachverbandes NEWROZ in der Kurhalle Oberlaa im März 1996 (652/J)

Dr. Martin Graf und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend ein Fest des kurdischen Dachverbandes NEWROZ in der Kurhalle Oberlaa im März 1996 (653/J)

Johann Schuster und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Berücksichtigung der Bevölkerungsentwicklung (654/J)

Dr. Walter Schwimmer und Genossen an die Bundesministerin für Gesundheit und Konsumentenschutz betreffend Einsparungsmöglichkeiten bei Krankenversicherungen (655/J)

Maria Schaffenrath und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend die Leiterbestellung an der Volksschule Zirl/Tirol (656/J)

Sonja Ablinger und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft, Verkehr und Kunst betreffend die Aufnahme weiblicher Orchestermitglieder bei den Wiener Philharmonikern (657/J)

Rudolf Anschober und Genossen an den Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie betreffend Sondermüllverbrennungsanlage Ranshofen (658/J)

Rudolf Anschober und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend Endabrechnung der Pyhrn Autobahn (659/J)

Rudolf Anschober und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft, Verkehr und Kunst betreffend die beabsichtigte Aktivierung von Budgetmitteln in der Höhe von zirka 7 Millionen Schilling und in der Folge von zumindest drei zusätzlichen Planstellen durch die Ausschreibung eines Flächenecholotsystemes mit satellitengestützter Positionierung durch die Präsidialabteilung 5 des Bundesministeriums für öffentliche Wirtschaft und Verkehr für den laufenden Betrieb des Meßwesens an der Donau (660/J)

Rudolf Anschober und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend Weiterbau der Zillertal Schnellstraße (B 169) zwischen Stumm und Fügen (661/J)

Theresia Haidlmayr und Genossen an den Bundesminister für Arbeit und Soziales betreffend neue Förderungsrichtlinien für die "Aktion 8000" (662/J)

Ing. Monika Langthaler und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Kosten der Lawinenschutzbauten (663/J)

Ing. Monika Langthaler und Genossen an den Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie betreffend Tiefenversenkung flüssiger Abfälle durch Rückverpressung in der Sonde "Aderklaa 91" (664/J)

Ing. Monika Langthaler und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft betreffend Tiefenversenkung flüssiger Abfälle durch Rückverpressung in der Sonde "Aderklaa 91" (665/J)

Dr. Volker Kier und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Ausnahme der Einmalzahlungen von der Sozialversicherungspflicht (666/J)

Dr. Volker Kier und Genossen an den Bundesminister für Arbeit und Soziales betreffend Ausnahme der Einmalzahlungen von der Sozialversicherungspflicht (667/J)

Andreas Wabl und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Einnahmen aus Inseratengeschäften (668/J)


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25. Sitzung / Seite 10

Mag. Doris Kammerlander und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft, Verkehr und Kunst betreffend Abschaffung des "Sonderkontingents für Lehraufträge betreffend Lehrveranstaltungen mit frauenspezifischen Inhalten" (669/J)

Mag. Doris Kammerlander und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Bericht über Ausfuhr von Kriegsmaterial (670/J)

Mag. Doris Kammerlander und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Bericht über Ausfuhr von Kriegsmaterial (671/J)

Mag. Doris Kammerlander und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend Bericht über Ausfuhr von Kriegsmaterial (672/J)

Andreas Wabl und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft betreffend Ausgliederung der Österreichischen Bundesforste (673/J)

Andreas Wabl und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft betreffend Schutzwaldsanierung im Bereich der Österreichischen Bundesforste (674/J)


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25. Sitzung / Seite 11

Ing. Monika Langthaler und Genossen an den Bundeskanzler betreffend öffentlich zugängliche Informationsangebote über Online-Datenbanken und elektronische Informationsnetze (675/J)

Ing. Monika Langthaler und Genossen an den Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten betreffend öffentlich zugängliche Informationsangebote über Online-Datenbanken und elektronische Informationsnetze (676/J)

Ing. Monika Langthaler und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend öffentlich zugängliche Informationsangebote über Online-Datenbanken und elektronische Informationsnetze (677/J)

Ing. Monika Langthaler und Genossen an den Bundesminister für Arbeit und Soziales betreffend öffentlich zugängliche Informationsangebote über Online-Datenbanken und elektronische Informationsnetze (678/J)

Ing. Monika Langthaler und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend öffentlich zugängliche Informationsangebote über Online-Datenbanken und elektronische Informationsnetze (679/J)

Ing. Monika Langthaler und Genossen an die Bundesministerin für Gesundheit und Konsumentenschutz betreffend öffentlich zugängliche Informationsangebote über Online-Datenbanken und elektronische Informationsnetze (680/J)

Ing. Monika Langthaler und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend öffentlich zugängliche Informationsangebote über Online-Datenbanken und elektronische Informationsnetze (681/J)

Ing. Monika Langthaler und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend öffentlich zugängliche Informationsangebote über Online-Datenbanken und elektronische Informationsnetze (682/J)

Ing. Monika Langthaler und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend öffentlich zugängliche Informationsangebote über Online-Datenbanken und elektronische Informationsnetze (683/J)

Ing. Monika Langthaler und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft betreffend öffentlich zugängliche Informationsangebote über Online-Datenbanken und elektronische Informationsnetze (684/J)

Ing. Monika Langthaler und Genossen an den Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie betreffend öffentlich zugängliche Informationsangebote über Online-Datenbanken und elektronische Informationsnetze (685/J)

Ing. Monika Langthaler und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend öffentlich zugängliche Informationsangebote über Online-Datenbanken und elektronische Informationsnetze (686/J)

Ing. Monika Langthaler und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft, Verkehr und Kunst betreffend öffentlich zugängliche Informationsangebote über Online-Datenbanken und elektronische Informationsnetze (687/J)

Ing. Monika Langthaler und Genossen an die Bundesministerin für Frauenangelegenheiten betreffend öffentlich zugängliche Informationsangebote über Online-Datenbanken und elektronische Informationsnetze (688/J)

Karl Öllinger und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend pornographischen Inhalt der "Nachrichten der europäischen Bürgerinitiativen zum Schutze des Lebens und der Menschenwürde" (689/J)

Verena Dunst und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft betreffend Verlust des Status des förderungswürdigen Gebietes im Sinne des § 4 des Landwirtschaftsgesetzes für die nunmehr selbständige Gemeinde Moschendorf (690/J)

Ing. Monika Langthaler und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft betreffend Kosten der Lawinenschutzbauten (691/J)

Wolfgang Großruck und Genossen an den Bundesminister für Arbeit und Soziales betreffend die Nachbesetzung der Vertragsarztstelle für Allgemeinmedizin in Grieskirchen (692/J)

Ingrid Tichy-Schreder und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Überwachung der Wiener "Freeparty" (693/J)

Dr. Alexander Van der Bellen und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Datenprobleme und Statistikmängel des Österreichischen Statistischen Zentralamtes (694/J)

Dr. Alexander Van der Bellen und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Datenprobleme und Statistikmängel des Österreichischen Statistischen Zentralamtes (695/J)


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25. Sitzung / Seite 12

Beginn der Sitzung: 9.01 Uhr

Vorsitzende: Präsident Dr. Heinz Fischer, Zweiter Präsident Dr. Heinrich Neisser, Dritter Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder.

*****

Präsident Dr. Heinz Fischer: Meine Damen und Herren! Ich darf Sie bitten, die Plätze einzunehmen.

Ich eröffne die 25. Sitzung des Nationalrates.

Als verhindert gemeldet für die heutige Sitzung sind die Abgeordneten Dr. Partik-Pablé, Mag. Stadler, Ellmauer, Dr. Petrovic und Dr. Mertel.

Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung

Präsident Dr. Heinz Fischer: Für diese Sitzung hat der Bundeskanzler über eine Entschließung des Bundespräsidenten betreffend die Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung wie folgt Mitteilung gemacht:

Bundesminister für Inneres Dr. Einem wird durch die Frau Bundesministerin Dr. Christa Krammer vertreten.

Fragestunde

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen nunmehr zur Fragestunde.

Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten

Präsident Dr. Heinz Fischer: Die 1. Anfrage stellt Herr Abgeordneter Dr. Haider (Freiheitliche) an den Herrn Außenminister. Ich bitte um Formulierung der Frage.

Abgeordneter Dr. Jörg Haider: Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

5/M

Wird Österreich die Anonymität bei Sparbüchern uneingeschränkt aufrechterhalten können?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten Vizekanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Herr Abgeordneter! Ich hoffe es, und zwar aus guten rechtlichen Gründen. Österreich hat den Kampf gegen die Geldwäsche immer sehr ernst genommen. Ich habe übrigens als Außenminister dem Hohen Haus in diesen Tagen zwei internationale Übereinkommen zur Ratifizierung vorgeschlagen, mit denen gerade dieser Kampf gegen Drogengelder und Geldwäsche sehr ernst genommen werden soll.

Wir haben dem Parlament eine Bestimmung vorgelegt, daß mit 1. Juli 1996 keine anonymen Wertpapierkonten mehr eingerichtet werden dürfen, und es gibt ja bereits seit 1987, dann modifiziert und verbessert 1989 und 1992, eine sogenannte Sorgfaltspflichtserklärung aller österreichischen Kreditinstitute, daß sich erstens bei Fremdwährungskonten, auf die mehr als 200 000 S erlegt werden, jeder legitimieren muß und daß beim Auftreten auch nur des leisesten Verdachtes sofort an die Behörden gemeldet werden muß.


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Wir glauben daher, mit diesen Maßnahmen alles getan zu haben, um unter Beweis zu stellen, daß wir den berechtigten Kampf gegen Geldwäsche ernst nehmen, und ich glaube, es gibt überhaupt kein rechtliches und schon gar kein politisches Argument, eine Änderung bei den 25 Millionen anonymen Sparbüchern, die die Österreicher haben und die sich überhaupt nicht zur Geldwäsche, zum Weißwaschen von irgendwelchen Drogengeldern eignen, herbeizuführen.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Bitte.

Abgeordneter Dr. Jörg Haider: Herr Bundesminister! Es hat trotzdem erhebliche Meinungsverschiedenheiten innerhalb der Bundesregierung gegeben. Der Justizminister hat sich für die Aufhebung der Anonymität der Sparbücher ausgesprochen, Staatssekretär Schlögl spricht von der Notwendigkeit einer Einmallegitimation bei den Sparbüchern in der Zukunft.

Wie erklären Sie sich diese Widersprüche, wenn ohnedies alles so einhellig verhandelt worden ist? Gab es bei den Verhandlungen in Brüssel vor dem 12. Juni 1994 keine Gespräche über die Beibehaltung der Anonymität?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten Vizekanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Es gibt natürlich Meinungsfreiheit. Jeder kann seine Meinung haben. Die Linie der Bundesregierung habe ich hier wiedergegeben, und die ist, glaube ich, rechtlich und politisch gut abgesichert.

Übrigens gibt es seit kurzem, seit wenigen Tagen, ein eigenes Gutachten von Universitätsprofessor Markus Achatz über die Vereinbarkeit der österreichischen Anonymität mit der Geldwäscherichtlinie der Europäischen Union. Darin wird eigentlich rechtlich genau unsere Position wiedergegeben. Am Ende wird bei einem rechtlichen Streitfall – wie das in Hunderten anderen Fällen auch schon der Fall gewesen ist – der Europäische Gerichtshof urteilen. Das ist nichts Besonderes. Ich glaube, wir können das gut argumentieren.

Einzelmeinungen gibt es, das ist klar, die können auch abweichend sein, wichtig ist, daß wir eine klare Linie gegenüber Brüssel und gegenüber dem Europäischen Gerichtshof vertreten. (Beifall bei der ÖVP.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Auer. – Bitte sehr.

Abgeordneter Jakob Auer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Ich begrüße sehr dieses klare Bekenntnis zur Beibehaltung der österreichischen Anonymität, trotzdem die Frage: Was geschieht mit den – wie Sie selbst ausgeführt haben – 25 Millionen anonymen Sparbüchern in Österreich?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten Vizekanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Herr Abgeordneter! Ich möchte es noch einmal wiederholen: Ich kann mir nicht vorstellen, daß es irgendeinen vernunftbegabten Mafioso aus Osteuropa, aus Afrika oder von sonstwo gibt, der mit einem Koffer voll anonymer Überbringersparbücher ankommt, die ja eigentlich Geldersatz sind und bar eingezahlt werden müssen. Da gibt es keine elektronischen Banküberweisungen oder irgend etwas; hier muß das Geld physisch genommen und eingezahlt werden. De facto ist so ein Überbringersparbuch – mit oder ohne Losungswort – nichts anderes als Geldersatz. Wenn der mit einem Koffer voll solcher Sparbücher, die im Durchschnitt 80 000 S Einlage haben, glaubt, besonders intelligent zu wirtschaften, dann sollte er seinen Beruf als Mafioso blitzartig zurücklegen, denn dafür ist er ganz sicher ungeeignet. (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP.)

Aber jedenfalls ist es schon rein technisch – und man soll ja immer den Hausverstand einschalten, auch von seiten der Kommission – unmöglich, 25 Millionen bestehende anonyme Sparbücher, von denen man gar nicht wissen kann, wem sie gehören, jetzt zwangsweise zu legitimieren. Das geht gar nicht, daher kann jeder beruhigt sein Sparbuch weiterbehalten. (Bei


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fall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Krüger: Selbstverständlich kann man Überweisungen auf ein Sparbuch durchführen! Das ist doch ein völliger Unsinn, was Sie da sagen!)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Haselsteiner. – Bitte.

Abgeordneter Dr. Hans Peter Haselsteiner (Liberales Forum): Herr Bundesminister! Für den nicht unwahrscheinlichen Fall, daß der Europäische Gerichtshof die Republik verurteilen wird: Sind Sie bereit, durch eine Verschärfung des Bankgeheimnisses die Anonymität überflüssig zu machen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten Vizekanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Ich glaube, beide Dinge sollten eben nicht in einen Zusammenhang gebracht werden. Persönliche Meinung von mir, denn das ist ganz sicher keine Frage, die den Außenminister von der Kompetenzlage her berührt: Ich bin prinzipiell dafür, daß man das Bankgeheimnis in Österreich so verschärft, wie es etwa in Luxemburg oder in der Schweiz heute bereits gehandhabt wird, weil das dem Finanzplatz Österreich sehr guttun würde. (Beifall bei der ÖVP.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir kommen zur 2. Anfrage. Ich rufe Kollegen Dr. Gusenbauer (SPÖ) auf. – Bitte sehr.

Abgeordneter Dr. Alfred Gusenbauer: Danke, Herr Präsident! – Herr Vizekanzler! Meine Frage an Sie:

1/M

Welche speziellen Maßnahmen zur Reduktion der europäischen Arbeitslosigkeit halten Sie im Europäischen Rat für durchsetzbar?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Vizekanzler, bitte.

Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten Vizekanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Herr Abgeordneter! Es gibt ja schon seit mehreren Jahren eigentlich jedes Mal im Europäischen Rat, der mindestens halbjährlich zusammentritt, einen spezifischen Punkt, der sich mit Beschäftigungsfragen befaßt. Das ist gar nicht erst, seit Österreich dabei ist, der Fall, sondern das war schon vorher so; etwa 1994 in Essen ist die Beschäftigung ein großes Thema gewesen.

Man hat sich damals übrigens einige interessante Schwerpunktbereiche vorgenommen. Zunächst einmal die Verbesserung der Beschäftigungschancen, insbesondere bei den Jugendlichen, also Förderung der Berufsbildung, Steigerung der Beschäftigungsintensität des Wachstums, etwa durch eine flexiblere Organisation der Arbeit, durch eine Lohnpolitik, die arbeitsplatzbeschaffende Investitionen begünstigt, Senkung der Lohnnebenkosten – Rufzeichen; von mir hinzugefügt –, Verstärkung der Wirksamkeit der Arbeitsmarktpolitik, Verstärkung der Maßnahmen zugunsten der von der Arbeitslosigkeit besonders betroffenen Gruppen.

Man hat sich damals schon vorgenommen, daß man vor allem die drei Ministerräte – die Finanz- und Wirtschaftsminister und die Sozialminister – besser koordiniert. Man hat dann eine weitere Initiative von seiten der Kommission vorgenommen, nämlich die Transeuropäischen Netze, und es soll eine neue, stabile Struktur geschaffen werden, die auch operational die Dinge viel besser unter Kontrolle bringt.

Jetzt wird in Florenz Präsident Jacques Santer dem Rat eine eigene Beschäftigungsinitiative vorlegen, und ich hoffe sehr, daß sie angenommen wird. Über die Regierungskonferenz werden wir ja vielleicht noch reden.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Bitte sehr.

Abgeordneter Dr. Alfred Gusenbauer: Herr Vizekanzler! Das Problem bei den bisherigen Vorstellungen der Europäischen Union bestand sehr oft in Fragen der Finanzierung. Wie von der


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Kommission vorgeschlagen, war die Wirtschafts- und Währungsunion ein Bein der Europäischen Union, das zweite Bein waren zum Beispiel die Transeuropäischen Netze oder die Förderungsprogramme für die kleinen und mittleren Unternehmungen.

Sehen Sie eine Chance, daß sich der Europäische Rat im heurigen Jahr auch zu einer Finanzierung der bereits auf dem Papier bestehenden Maßnahmen entschließen kann?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten Vizekanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Ich hoffe das sehr, denn sonst bleibt natürlich alles Gutgemeinte, etwa die Schaffung von wichtigen Transeuropäischen Netzen, Rhetorik. Ich glaube, daß es sehr wichtig wäre, daß Europa aus dem Gemeinschaftshaushalt hier mehr als bisher einbringt. Österreich würde natürlich auch durch die Brenner-Achse davon unmittelbar profitieren.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Weitere Zusatzfrage: Kollege Amon, bitte.

Abgeordneter Werner Amon (ÖVP): Herr Bundesminister! Was gedenken Sie zu tun, um die Beschäftigungsfrage im Rahmen der Regierungskonferenz voranzutreiben?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister.

Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten Vizekanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Da gibt es ein eigenes Papier, von seiten Österreichs ausgearbeitet, das auch gute Chancen hat, zumindest in weiten Teilen angenommen zu werden.

Die sehr ehrgeizigen Ziele sind: Wir wollen diesen Begriff, dieses Ziel der Vollbeschäftigung als globales Ziel in den Vertrag aufnehmen. Wir wollen alle Politiken diesem großen Ziel horizontal unterordnen – also auch die Frage der Verkehrspolitik, der Transeuropäischen Netze, bis hinein in die arbeitsbeschaffenden Maßnahmen, die etwa im Rat der Sozialminister diskutiert werden. Wir wollen ein eigenes Beschäftigungskapitel im Rahmen des Europäischen Vertrages einrichten. Es soll eine Überwachung geben, jährliche Berichte mit kritischen Empfehlungen von seiten der Kommission, die dann vom Rat bestätigt werden, sodaß auch international eine größere Aufmerksamkeit für Beschäftigungsfragen geschaffen wird.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke. – Nächste Zusatzfrage: Abgeordneter Schweitzer.

Abgeordneter Mag. Karl Schweitzer (Freiheitliche): Herr Bundesminister! Sie haben mehrfach in Pressekonferenzen erklärt, daß die gemeinsame Währung der Beschäftigung zugute kommen werde. Demgegenüber stehen zahlreiche Aussagen von Wirtschaftsexperten. Stellvertretend zitiere ich Verbandspräsidenten Krüger aus Deutschland, der meint: "Wenn tatsächlich Arbeitsplätze entstehen, dann jedenfalls auf absehbare Zeit nicht bei uns, sondern in den Ländern, deren Zinsen sinken und die durch eine neue, stabile Währung interessant für Auslandsinvestitionen werden. Es sei unseriös, wenn Politiker den Bürgern vorgaukeln, daß die gemeinsame Währungsunion dazu beitragen könnte, die derzeitigen Arbeitsmarktprobleme zu lösen."

Wie stehen Sie zu diesen Aussagen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister.

Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten Vizekanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Herr Abgeordneter! Ich glaube, wir sollten keinen Krieg der Zitate führen, sondern ein bißchen über das reden, worum es geht. Wir wollen eine stabile, harte Europawährung, und zwar für möglichst viele Länder, die dafür die Kriterien erfüllen.

Es gibt heute schon einige europäische Länder, die solch eine Politik machen – das ist Deutschland, das ist Luxemburg, das ist etwa Belgien, das ist Frankreich, das ist Österreich –, und gerade die Länder, die eine stabile Hartwährungspolitik machen, haben gleichzeitig auch die besten Beschäftigungsdaten.


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Daher: Wenn wir das Ziel einer harten europäischen Währung verfolgen, dann hat dies genau den Effekt, daß eigentlich Kosten für die Wirtschaft, für die Exporteure, auch für die Touristen wegfallen, und das würde natürlich unmittelbar, wenn man es richtig und gut macht – und darum kämpfen wir –, den Arbeitsplätzen und dem Standort Europa zugute kommen.

Also hören wir auf mit dem Krieg der Zitate! Wer sich auf das Ziel konzentriert, der wird sofort sehen und erkennen, daß eine stabile, harte Europawährung den Beschäftigungsmöglichkeiten und den Arbeitsplätzen absolut dient. (Beifall bei der ÖVP.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage: Frau Pollet-Kammerlander. – Bitte sehr.

Abgeordnete Mag. Doris Kammerlander (Grüne): Herr Minister! Alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union fahren zurzeit einen sehr rigiden Sparkurs, der nach der Einschätzung der deutschen Wirtschaftsforschungsinstitute zu einer europaweiten Rezession führen könnte. Das könnte in der Folge auch noch weitere Arbeitskräfte freisetzen – trotz der Maßnahmen, die Sie schon aufgezählt haben.

Was gedenken Sie diesbezüglich auf der Ebene der Europäischen Union zu tun beziehungsweise einzubringen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um Beantwortung.

Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten Vizekanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Frau Abgeordnete! Wir haben voriges Jahr nicht gespart, sondern da ist das Budgetdefizit munter in die Höhe gegangen, trotzdem haben wir im Vorjahr mit den Auswirkungen einer europäischen Rezession kämpfen müssen. Also ich bitte wirklich, die Dinge nicht so einfach zu sehen. Es ist wahr: Alle europäischen Länder müssen sparen – auch Österreich –, aber wir sparen ja nicht der Europäischen Union oder dem Euro oder Maastricht zuliebe, sondern wir sparen deshalb, damit unser Schilling hart bleibt, damit die Standortqualität und die Beschäftigung in Österreich sicher bleiben, damit wir einfach wettbewerbsfähig sind und damit wir auf Dauer nicht das Sozialnetz gefährden. Das ist doch der entscheidende Punkt! (Beifall bei der ÖVP.)

Und so gesehen sollte man auch nicht die Auswirkungen der bisherigen gemeinsamen europäischen Politik unterschätzen. Wir haben es immerhin – das wird manchmal vergessen – zustande gebracht, daß die Inflation in fast allen europäischen Ländern auf ein historisches Tief gefallen ist – Gott sei Dank! –, und gerade die kleinen Einkommen profitieren besonders von einer niedrigen Inflationsrate.

Wir haben es durch diese koordinierte Politik fertiggebracht, daß die Zinsen so niedrig sind wie noch nie. Wer profitiert davon? – Die Investitionen, die Arbeitsplätze. Natürlich nicht von einem Monat auf den anderen, aber längerfristig hilft dieser Sparkurs meiner Einschätzung nach auch dem Standort Europa, also auch den Arbeitsplätzen in Österreich.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir kommen zur 3. Frage, die Herr Abgeordneter Frischenschlager (Liberales Forum) stellt. – Bitte sehr.

Abgeordneter Dr. Friedhelm Frischenschlager: Herr Bundesminister! Ich möchte Sie fragen:

8/M

Wie beurteilen Sie im Lichte der Aufnahme des Tatbestandes "Pressedelikte" in das kroatische Strafgesetzbuch und der Verschiebung der Aufnahme Kroatiens in den Europarat die Menschenrechtslage in Kroatien im Vergleich zur Slowakei?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten Vizekanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Herr Abgeordneter! Verzeihen Sie, ich finde die Frage aus meiner Sicht ein bißchen merkwürdig, weil man sich eigentlich mit dem höchsten Standard der Menschenrechte vergleichen sollte, und ich würde sagen, beide Länder hätten in diesem Zusammenhang noch recht viel aufzuholen. Dafür


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müssen wir uns einsetzen: daß in ganz Europa und auf der ganzen Welt der Standard der Menschenrechte so hoch wie nur irgendwie möglich angehoben wird! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage?

Abgeordneter Dr. Friedhelm Frischenschlager: Herr Bundesminister! Der Vergleich ist schon sehr wichtig, und zwar im Hinblick auf Ihre Reaktion bezüglich der Verhältnisse in den beiden Ländern. Sie haben die demokratiepolitischen Einbrüche in der Slowakei massiv kritisiert – ich finde das völlig richtig; die Kritik des Bundeskanzlers in diesem Fall habe ich nicht verstanden –, und meine Frage daher in bezug auf Kroatien:

Sind Sie bereit, ebenso scharf und in der Sache ebenso konkret Kroatien zu kritisieren, wo vom Präsidenten Wahlergebnisse nicht anerkannt werden und die Pressefreiheit zurzeit massiv eingeschränkt wird?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten Vizekanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Herr Abgeordneter! Aber selbstverständlich! Sie waren nur offensichtlich nicht dabei oder haben die Zeitungen nicht gelesen, als ich bei meinem Besuch in Zagreb in Kroatien genau diese Fragen offen, öffentlich, in der Pressekonferenz und auch in den Gesprächen mit Präsident Tudjman, mit Premierminister Madesa, mit Außenminister Grani% immer wieder thematisiert habe. Und ich rechne es uns auch durchaus – und gerade der österreichischen Initiative – sehr an, daß wir es waren, die immerhin für die Aufnahme Kroatiens in den Europarat 26 ganz konkrete Bedingungen formuliert haben, die genau diese Punkte beinhalten.

Also ich bin nicht auf einem Auge blind, im Gegenteil, ich bin stolz darauf, beide Augen weit offen zu haben. (Beifall bei der ÖVP.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage: Abgeordneter Schieder.

Abgeordneter Peter Schieder (SPÖ): Herr Außenminister! Ist es angesichts der Tatsache, daß sich Österreich sehr für die Aufnahme Kroatiens in den Europarat eingesetzt hat und auch Vertreter aller Fraktionen in der Parlamentarischen Versammlung dafür gestimmt haben, angesichts Ihrer erwähnten Stellungnahme, angesichts des Beschlusses des Ministerrates wie auch angesichts der Entwicklung in Kroatien selbst, daß nämlich dieser Tatbestand "Pressedelikte" dazu führt, daß zum Beispiel dieser unselige Plan Tudjmans, auf dem Boden des ehemaligen Ustascha-Konzentrationslagers nun eine Begräbnisstätte für die Ustascha-Offiziere zu errichten ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um die Frage.

Abgeordneter Peter Schieder (fortsetzend): ... ist es angesichts der Tatsache – ich muß den Satz nur zu Ende führen, Herr Präsident –, daß der Chefredakteur der Zeitung, die dies kritisiert hat, nun ins Gefängnis kommen soll, ist es angesichts all dieser Tatsachen nicht notwendig, Kroatien zu sagen, daß bei aller Gegnerschaft von England und anderen im Europarat der größte Gegner für eine Aufnahme Kroatiens in den Europarat im Moment Tudjman heißt und nicht England, Frankreich oder Belgien?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister.

Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten Vizekanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Herr Abgeordneter! Ich zitiere die angesehene "Zürcher Zeitung", die nun wirklich nicht im Verdacht steht, irgendwo einäugig zu sein oder die Dinge nicht wirklich umfassend beim Namen zu nennen, von diesem Montag, wo genau die Frage Pressefreiheit massiv und zu Recht, glaube ich, angesprochen wurde. Aber dort wird zum Beispiel der Sorge Ausdruck gegeben, daß gewisse Kreise der HDZ über eine Verschiebung der definitiven Aufnahme Kroatiens in den


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Europarat keineswegs unglücklich wären, denn den Vertretern des rechten Flügels gingen einige der Auflagen und Verpflichtungen, die das Land erfüllen müßte, zu weit.

Es ist immerhin interessant, daß es gerade durch die klare Linie der Europäischen Union – und ich füge hinzu: auch Österreichs; wir sind stolz darauf, uns als Freund Kroatiens zu bezeichnen, aber als Freund alles offen auszusprechen – möglich gewesen ist, daß sowohl der Parlamentspräsident Kroatiens als auch der Ministerpräsident und der Präsident Tudjman diese 26 Verpflichtungen unterschrieben haben.

Im Lichte dieser Geschichte halte ich zum Beispiel die Verschiebung der Aufnahme Kroatiens für einen großen Fehler, denn damit begibt sich eigentlich die internationale Staatengemeinschaft der Möglichkeit, so rasch wie möglich auf die Erfüllung dieser übernommenen Verpflichtungen wirklich einzugehen und Druck zu machen. (Beifall bei der ÖVP.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Zusatzfrage: Herr Abgeordneter Dr. Höchtl, bitte.

Abgeordneter Mag. Dr. Josef Höchtl (ÖVP): Herr Außenminister! Österreich hat die stolze Tradition, überall Menschenrechtsverletzungen aufzuzeigen, anzuprangern, auch gegenüber Freunden.

Die Frage ist immer die: Wir haben in den vergangenen Jahren beispielsweise Rumänien, beispielsweise Rußland in den Europarat aufgenommen. Wie kann man die Verschiebung der Aufnahme Kroatiens beurteilen, und wie schätzen Sie die Chancen der Aufnahme Kroatiens in den Europarat in den nächsten Monaten ein?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister.


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Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten Vizekanzler Dr. Wolfgang Schüssel:
Herr Abgeordneter! Ich halte genau diese unterschiedliche Behandlung für ein wirkliches Problem, denn man kann nicht unterschiedliche Maßstäbe anlegen. Entweder – wie Herr Abgeordneter Frischenschlager zu Recht gemeint hat – man hat im Bereich der Menschenrechte einen höchstmöglichen Standard vor Augen, dann muß man dies von allen Mitgliedsländern des Europarates mit Fug und Recht und mit hoher moralischer Verpflichtung verlangen. Dann kann man aber nicht einen unterschiedlichen Maßstab an Rußland, an die Slowakei, an Rumänien oder an Kroatien anlegen, sondern das gilt dann für alle.

Der Europarat – und die österreichischen Parlamentarier waren diesbezüglich auch in bemerkenswerter Weise einer Meinung; ich halte es übrigens für sehr wichtig, daß man nicht mit unterschiedlicher fraktioneller Brille an die Dinge herangeht – war und wir waren der Meinung, daß man für die Aufnahme zum Europarat eine gewisse Vorleistung erbringen muß, die dann durch kontrollierbare Verpflichtungen von diesen neuen Mitgliedsländern auch wirklich erst erbracht werden müssen, und davon sollte man auch im Fall Kroatiens nicht abgehen. (Beifall bei der ÖVP.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Zusatzfrage: Herr Abgeordneter Scheibner, bitte.

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche): Herr Außenminister! Sie habe jetzt selbst schon auf die Inkonsequenz hingewiesen, die man in der letzten Zeit bei der Neuaufnahme von Mitgliedern in den Europarat an den Tag gelegt hat.

Meine konkrete Frage wäre: Wenn Österreich die Aufnahme Rußlands, das sich immerhin nach wie vor in einem Kriegszustand mit Tschetschenien befindet, befürwortet hat, welche Maßnahmen und welche Aktionen werden Sie dann als österreichischer Außenminister setzen, daß dieselben Standards, die an Rußland angelegt werden, auch an Kroatien angelegt werden und daß dieses Land möglichst rasch in den Europarat aufgenommen werden kann?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister.

Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten Vizekanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Herr Abgeordneter! Ich kann Ihnen versichern, daß wir uns im Rat der Europäischen Außenminister, aber natürlich auch im Ministerkomitee zum Europarat sehr dafür einsetzen, daß diese Aufnahme erfolgt. Es ist mir in der letzten Sitzung des Allgemeinen Rats auch gelungen, einen gemeinsamen Beschluß sicherzustellen, daß es noch vor dem Sommer ein außerordentliches Ministerkomitee geben wird, das über die Frage der Aufnahme Kroatiens entscheiden kann. Dazu ist nicht mehr ein Konsens erforderlich, sondern dazu genügt die Zweidrittelmehrheit, und ich hoffe, daß auch andere Mitgliedstaaten zum Europarat dem Prinzip zustimmen, daß man nicht unterschiedliche Maßstäbe an Rußland, an Rumänien, an die Slowakei oder an Kroatien anlegen kann. Die Menschenrechte sind für alle gleich und unteilbar. (Beifall bei der ÖVP.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Die 4. Frage wird vom Kollegen Dr. Schwimmer (ÖVP) gestellt. – Bitte sehr.

Abgeordneter Dr. Walter Schwimmer: Herr Vizekanzler! Meine Frage an Sie lautet:

3/M

Welche Möglichkeiten sehen Sie, im Rahmen der Regierungskonferenz zur einer Stärkung der Handlungsfähigkeit der EU zu gelangen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Vizekanzler.

Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten Vizekanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Es läge nahe, jetzt mit einer formalen Antwort zu kommen, daß man die Verfahren vereinfachen will, daß man von – was weiß ich – über 20 Verfahren auf drei kommen will, ich fürchte nur, das wird gerade die Bürger nicht sehr interessieren. Ich glaube, daß die Handlungsfähigkeit und die Akzeptanz der Union sehr davon abhängen, ob und wie weit es uns gelingt, politisch erfolgreich zu sein, nämlich Politikfelder erfolgreich umzusetzen, die den Bürger besonders interessieren.

Zum Beispiel: Gestern war Jürgen Storbeck in Wien – das ist der Koordinator für Europol, der früher im Deutschen Bundeskriminalamt gegen die organisierte Kriminalität gekämpft hat – und hat uns einen Zwischenbericht über den Stand der Arbeiten zu Europol gegeben.

Das halte ich für eines der wichtigsten Anliegen überhaupt in der nächsten Zeit: daß wir ein Europa der Bürger so umsetzen können, daß wirklich jeder – von Spanien bis Österreich oder von Skandinavien bis Griechenland – das Gefühl hat, daß wir nicht mit den Methoden von vor zehn Jahren, was die Polizei betrifft, den organisierten Kriminellen hinterherjagen – quasi unter dem Schlagwort "Kottan ermittelt" – und mit den Justizmethoden wie vor 40 Jahren. Das ist ein wirkliches Problem. Und Europol etwa könnte hier sehr viel koordinieren.

Wir haben auch neue Deliktstypen, auf die es überhaupt keine internationale Antwort gibt, Computerkriminalität beispielsweise. Ein 15jähriger Australier hat voriges Jahr 4 000 Firmen in Europa an einem Wochenende lahmgelegt, indem er einfach als Hacker in die diversen Systeme eingedrungen ist. Es gibt dagegen keine nationale Grenzen übersteigende gemeinsame Aktion.

Wir haben ein wachsendes – und zwar mit Wachstumsraten von 100 Prozent pro Jahr – Schlepperwesen, Menschenhandel, Frauenhandel, unglaubliche Dinge. Zu glauben, daß das ein einfacher Zöllner in Arnoldstein bewältigen kann, ist eine Illusion.

Deswegen Europol! Ich erwähne das deswegen besonders stark, weil jetzt in Florenz wahrscheinlich die Würfel fallen werden, ob sich Europa dazu durchringt, eine gemeinsame Aktion zu setzen, dies endlich umzusetzen und den Parlamenten in 15 Mitgliedstaaten diesen Vertrag zur Ratifizierung vorzuschlagen.

Das gleiche gilt für die Beschäftigungspolitik, über die wir schon geredet haben, das gleiche gilt für eine akkordierte europäische Umweltpolitik, das gleiche gilt für eine ökosoziale Landwirtschaftspolitik, für ein vom Standard her einheitliches Wassermanagement, damit man nicht in


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einem Land die niedrigsten Grenzwerte hat, in Österreich hingegen sind wir Gott sei Dank weit oben. Man soll auf europäischer Ebene gegensteuern.

Und wenn uns das gelingt – von der Sicherheitspolitik bis zu einer gemeinsamen Außenpolitik –, dann, glaube ich, ist die Handlungsfähigkeit der Union auch gegeben. Das, was sich jetzt abspielt – diese Drohgebärden, die drüben auf der Insel unter dem Schlagwort "Not battle for Britain, but cattle for Britain" laufen –, ist aus meiner Sicht ein jämmerliches Schauspiel und pervertiert eigentlich die Idee der europäischen Zusammenarbeit in einem Ausmaß, wie es sich vielleicht manche Regierungen gar nicht vorstellen können.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Kollege Schwimmer.

Abgeordneter Dr. Walter Schwimmer: Herr Vizekanzler! Ich bin sehr froh darüber, daß Sie die Handlungsfähigkeit der Union in den für die Bürger wichtigen Fragen Sicherheit, Beschäftigung, Umwelt stärken wollen. Die Union hat in einer wichtigen Frage für die Konsumenten und für die Gesundheit mit dem Importverbot für das britische Rindfleisch ihre Handlungsfähigkeit unter Beweis gestellt.

Wie beurteilen Sie – Sie haben es schon angedeutet – die Drohung der britischen Regierung, bis zu einer Lockerung oder einer Aufhebung des Importverbotes weitere Entscheidungen der Union zu blockieren?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister.

Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten Vizekanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Ich beurteile sie außerordentlich negativ, und ich sage auch warum, nämlich aus zwei Gründen: Erstens halte ich nichts von dieser quasimilitärischen Sprache, daß ständig irgend jemandem der Krieg erklärt wird. Ich finde, das ist der größte Vorteil der Union, daß seit 50 Jahren niemand dem anderen innerhalb der Union den Krieg erklärt hat, und das soll nicht nur verbal, sondern auch in allen Bereichen so bleiben. Das ist für mich das Wichtigste der Europäischen Integration überhaupt. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Zweitens tun auch die Briten und die britische Regierung den eigenen Konsumenten und den eigenen Rinderzüchtern nichts Gutes. Was heute notwendig ist, sind vertrauensbildende Maßnahmen, denn es hat eine fürchterliche ökonomische Bedeutung, wenn etwa Angst herrscht vor Ansteckung mit BSE bis hinüber dann in eine Übertragungsmöglichkeit zu Menschen, die nicht ganz genau gesichert ist, aber auch nicht ausgeschlossen werden kann.

Daher sind wirksame Maßnahmen auf europäischer Ebene, Schlachtungsprogramme, großzügige Finanzhilfen für die betroffenen Farmer und Produzenten und sicherheitsbildende Maßnahmen für die Konsumenten, so entscheidend. Mit Drohgebärden wird man das Vertrauen der Konsumenten nie zurückgewinnen können. Das muß man wissen.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke. Zusatzfrage? – Frau Dr. Hlavac.

Abgeordnete Dr. Elisabeth Hlavac (SPÖ): Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Es wird im Zusammenhang mit der Handlungsfähigkeit immer auch die Länge der Entscheidungsverfahren angesprochen. Ich habe in Brüssel die Tendenz bemerkt, daß versucht wird, die Schuld daran auch dem Europäischen Parlament zuzuschieben. Das Europäische Parlament hat durch Maastricht das Mitentscheidungsrecht erhalten, das für die Bürger und für die Demokratie sehr wichtig ist.

Ich frage Sie daher: Falls bei der Regierungskonferenz die Tendenz auftreten sollte, die Rechte des Parlaments wieder zu beschneiden, wie wird sich Österreich verhalten?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten Vizekanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Frau Abgeordnete! Die Position Österreichs war immer die, die Rolle des Europäischen Parlaments


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nicht nur nicht zu beschneiden, sondern sogar aufzuwerten, weil wir aufgrund der Tatsache, daß wir ein sehr gutes Verhältnis zu unseren Europaparlamentariern und auch zum nationalen Parlament haben und dabei immer sehr gut gefahren sind, auch wissen, daß es wichtig ist, daß Regierung und Parlamente – ich verwende bewußt den Plural – zusammenarbeiten. Gerade kleine Länder sind natürlich umso erfolgreicher, wenn eben nicht nur die Minister allein irgend etwas vertreten, sondern die Minister oder die jeweiligen Verhandler, die Beamten wissen, daß sie sich dabei auf eine möglichst breite Zustimmung der eigenen Parlamentarier berufen können.

Ich habe auch nie erkennen können, daß das Europäische Parlament irgendeinen Integrationsprozeß gestört hätte. Es gab einen einzigen Fall in der Kodezision, in der Mitentscheidung, wo tatsächlich eine Sache mühsam hin und her gegangen ist, eine Geschichte, die übrigens auch von den Europaparlamentariern sehr bedauert wurde.

Ich glaube, daß man durchaus die Spielregeln verändern kann, sodaß man schneller zu Entscheidungen kommt, auch in der Mitentscheidung, aber ich würde mich gegen eine Abwertung des Europäischen Parlaments sehr zur Wehr setzen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke. – Zusatzfrage: Abgeordneter Dkfm. Bauer.

Abgeordneter Dkfm. Holger Bauer (Freiheitliche): Herr Bundesminister! Meiner Meinung nach krankt die Handlungsfähigkeit der Europäischen Union auch daran, daß sie einfach zu viel zu detailliert zu regeln versucht.

Meine Frage an Sie: Was halten Sie davon, die Handlungsfähigkeit der Europäischen Union dadurch zu stärken, daß man, dem Gedanken des Subsidiaritätsprinzips folgend, Souveränitätsrechte wieder an die Nationalstaaten, an die nationalen Parlamente zurückgibt und sich auf einige wenige Bereiche, aber dort mit konkreten Durchgriffs- und Entscheidungsmöglichkeiten, beschränkt?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Vizekanzler.

Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten Vizekanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Ich halte den Begriff der Subsidiarität, also die Rückverlagerung der Verantwortlichkeit auf die jeweilige Ebene – das muß ja gar nicht die nationale Ebene sein, das können auch die Länder, das können die Gemeinden sein – für sehr wichtig. Das ist auch vom früheren Kommissionspräsidenten Delors sehr unterstützt und – aufgenommen von seinem Nachfolger Santer – zu einem zentralen Thema gemacht worden. Die Erfolge sind bisher bescheiden, das muß man auch offen einbekennen.

Wir Österreicher kämpfen für diese Subsidiarität, wir kämpfen für die Konkretisierung, also für die Kriterien, nach denen so etwas gemacht wird, damit man nachher auch überprüfen kann: Ist wirklich etwas weitergegangen? Wir wollen die Methoden im Vertrag auch in Zusammenhang mit der Regierungskonferenz diskutieren. Wir sind auch das einzige Land, das sich bisher wirksam und laut für eine Stärkung des Ausschusses der Regionen einsetzt.

Ich möchte aber noch einen Gedanken, den Sie nicht erwähnt haben, hinzufügen: Mir ist es auch wichtig, daß wir vermehrt zu Mehrheitsabstimmungen kommen. Nicht in den ganz sensiblen Bereichen wie die Wahl der Energieträger, Raum- und Bodennutzung oder Wasserressourcen, dort bleibt es bei der Einstimmigkeit, desgleichen bei Finanzmitteln oder bei der militärischen Sicherheit, das ist klar, aber es gibt so viele Bereiche, in denen man mit Mehrheitsentscheidungen inhaltlich mehr erreichen kann, sodaß ich auch dieses Thema für sehr wichtig halte. (Beifall bei der ÖVP.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke. – Zusatzfrage: Abgeordneter Moser.

Abgeordneter Hans Helmut Moser (Liberales Forum): Herr Bundesminister! Gerade die Ereignisse am Balkan haben gezeigt, daß die Europäische Union ein großes Handlungsdefizit im Bereich der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik hat.


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Meine konkrete Frage, Herr Minister: Was werden Sie im Rahmen Ihrer Möglichkeiten in der Europäischen Union tun, um den Bereich der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik zu stärken und insgesamt auch zu einer gemeinsamen Verteidigungspolitik der Europäischen Union zu kommen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Vizekanzler.

Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten Vizekanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Vorgestern hat die erste Sitzung der Beauftragten – unser Botschafter Scheich war dort der Vertreter Österreichs – im Rahmen der Regierungskonferenz stattgefunden, wo eben diese Frage diskutiert wurde: Wie soll es mit der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik und Verteidigungspolitik weitergehen? Dabei hat sich die österreichische Linie als absolut mehrheitsfähig erwiesen.

Ich glaube nicht, daß es jetzt schon zu einer Fusion von Europäischer Union und Westeuropäischer Union kommen kann und kommen wird, aber es wird jetzt eine Planungsanalysekapazität aufgebaut, also quasi ein Kern, der diese europäische Politik formuliert. Dort wird man dann auch Finanzmittel für humanitäre Aktionen, für Krisenmanagement, was immer, abrufen können, und man wird von seiten der Europäischen Union in diesen sensiblen und wichtigen Bereichen der Westeuropäischen Union Aufträge erteilen können.

Für uns sehr unbefriedigend ist, daß wir im Rahmen der Westeuropäischen Union bei der Planung dieser Aktionen eigentlich ausgeschlossen sind, weil wir dort ja nur Beobachter sind, und später dann, bei der Durchführung der Aktionen, wiederum eingeladen werden können. Also da entsteht eine gewisse Lücke, die für Österreich absolut nicht befriedigend ist.

Aber ich glaube, bei der Regierungskonferenz wird es in diese Richtung gehen: humanitäre Hilfe, Krisenmanagement, Friedensschaffung, Friedensdurchsetzung im Rahmen der WEU. Die EU als politischer Kreis gibt die Aufträge, die WEU setzt sie um, und Österreich hat sich vorgenommen, im Rahmen des Koalitionsabkommens von Anfang an mit allen Rechten und Pflichten an dieser gemeinsamen Politik mitzuwirken.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Damit haben wir die 4. Frage erledigt.

Die 5. Frage formuliert Frau Abgeordnete Kammerlander (Grüne) .

Abgeordnete Mag. Doris Kammerlander: Herr Vizekanzler! Wir haben bereits in der letzten Sitzung das Ergebnis der Minenkonferenz von Genf kritisiert und bedauert, daß es zu keiner allgemeinen Ächtung aller Antipersonenminen gekommen ist.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Frau Abgeordnete! Die Geschäftsordnung schreibt vor, daß Sie den Text verlesen. Frei kann dann die Zusatzfrage formuliert werden.

Abgeordnete Mag. Doris Kammerlander (fortsetzend): Ich frage Sie:

7/M

Welche Initiativen werden Sie bei der für September von der kanadischen Regierung eingeladenen Minenkonferenz in Ottawa ergreifen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Vizekanzler.

Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten Vizekanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Wir begrüßen diese Einladung der Kanadier. Wir haben uns schon am 3. Mai bei der Revisionskonferenz in Genf dafür eingesetzt, daß man die Möglichkeit prüft, ein internationales Totalverbot auf direktem Weg herbeizuführen. Die Idee wäre, daß man eventuell eine spezielle Konvention über das Verbot aller Antipersonenminen außerhalb des Revisionsprozesses des Minenprotokolls ausarbeitet.


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25. Sitzung / Seite 23

Ich halte es nämlich für ungeheuer wichtig, daß man hier schnell handelt, denn es liegen allein auf dem Balkan 6 Millionen solcher Landminen. Jede Woche passieren schreckliche Unfälle, zwischen zehn und 15 Vorfälle, die meistens mit Todesfällen oder mit schweren Verletzungen enden, und besonders betroffen sind die Kinder.

Daher war und ist Österreich eines jener Länder, das international auf das Totalverbot all dieser Antipersonenminen drängt. Wir werden auch nicht müde werden, international alle Möglichkeiten dazu auszuschöpfen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)


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25. Sitzung / Seite 24

Präsident Dr. Heinz Fischer:
Danke. – Zusatzfrage.

Abgeordnete Mag. Doris Kammerlander: Herr Minister! Kann ich aus Ihrer Antwort entnehmen, daß wir das als einen ersten Schritt in diese Richtung verstehen? Kann ich weiters daraus entnehmen, daß es in einem zweiten Schritt um ein Verbot der Panzerminen beziehungsweise langfristig um ein Verbot der Produktion von Personenminen gehen könnte?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Vizekanzler, bitte.

Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten Vizekanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Ich glaube, daß man sich jetzt vor allem auf die Antipersonenminen konzentrieren muß, durch die wirklich die größte Gefährdung erfolgt. In diesem Bereich müssen wir, glaube ich, auch international versuchen – national geschieht das sehr gut, wir haben hier Zehntausende Unterschriften, die auch eine große Sensibilisierung der österreichischen Bevölkerung bewirkt haben –, Bündnispartner zu finden. Wir waren bisher leider nicht in der Lage, eine internationale Mehrheit dafür zustande zu bringen. Ich werde dies gerne versuchen. (Beifall bei der ÖVP.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke. – Zusatzfrage: Frau Abgeordnete Karlsson.

Abgeordnete Dr. Irmtraut Karlsson (SPÖ): Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Wie Ihnen ja bekannt ist, sind diese Tausenden von Unterschriften, aber auch Stellungnahmen diversester Organisationen über alle politischen Grenzen hinweg – Pax Christi, Rotes Kreuz, UNICEF – für ein Totalverbot eingetreten, nämlich der sogenannten "dummen" und der "intelligenten" Antipersonenminen.

Leider besteht innerhalb der Bundesregierung von seiten der Landesverteidigung noch immer Widerstand, diese "intelligenten" Antipersonenminen auch in das Verbot in Österreich, in den innerösterreichischen Regelungsprozeß, einzubeziehen.

Ich begrüße Ihre positive Haltung und frage Sie: Welche Maßnahmen werden Sie mit Ihren Regierungskollegen setzen, um diese Menschen nicht zu enttäuschen und ein totales Verbot der "dummen" und der "intelligenten" Antipersonenminen in Österreich zu erreichen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister.

Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten Vizekanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Frau Abgeordnete! Irgendwie reißt es mich immer, wenn ich "dumme" und "intelligente Minen" höre. Ich weiß schon, das hat sich im Sprachgebrauch eingebürgert, aber ich finde, daß das eigentlich eine entsetzliche Wortwahl ist. Ich glaube, daß man solche Unterscheidungen nicht wirklich vertreten kann. De facto haben wir in Österreich ein allgemeines Verbot. Es werden diese Minen weder erzeugt noch vertrieben. Im Gegenteil: Wir haben sogar eine wichtige kleine österreichische Firma, die weltweit eine Marktnische entdeckt hat und sehr erfolgreich im Aufspüren von solchen Minen ist. Ich glaube daher, daß es nicht nur nicht genügt, sich für ein Verbot einzusetzen – das Parlament wird letztlich hier auch einen entsprechenden Beschluß zu fassen haben –, sondern daß man sich auch für das Aufspüren der Millionen von Landminen einsetzen muß, die noch Jahrzehnte ganze Landstriche verseuchen werden und die Bearbeitbarkeit des Bodens in Frage stellen, die Kinder gefährden. Man muß hier sehr viel Geld, Know-how und auch politisches Interesse, wie ich glaube, einsetzen. Ich diesem Sinne möchte ich auch meine Arbeit verstehen.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Großruck, bitte.

Abgeordneter Wolfgang Großruck (ÖVP): Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Welche Chancen räumen Sie der österreichischen Initiative bei der kommenden Regierungskonferenz beziehungsweise Minenkonferenz in Kanada ein? Und wie beurteilen Sie in diesem Zusammenhang – ich darf die Frage auch noch wiederholen – den eingebrachten Gesetzentwurf der österreichischen Regierungsparteien?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Vizekanzler.

Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten Vizekanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Es steht mir nicht zu, Initiativanträge zu kommentieren, aber ich sehe sie als eine Plattform, auf der man eine innerstaatliche Regelung diskutieren kann und soll. Das halte ich auch für absolut sinnvoll. Nur, bitte noch einmal: Die Musik spielt sich auf der internationalen Szene ab – damit ja niemand den Eindruck hat, Österreich sei plötzlich ein Land, das Antipersonenminen produziert oder in diesem Bereich irgendwelche Gefährdungen hervorruft. Im Gegenteil: Wir sind ein Land, das derartige Probleme löst.

Ich bin nicht ganz so optimistisch, wie ich es gerne wäre und wie es die Zehntausenden Unterzeichner der Konvention und dieser Unterschriftenlisten gerne wären, weil es international sehr große Bedenken gegen den Totalvorstoß, den Österreich unternommen hat, gibt. Ich fürchte, daß wir, wenn wir in diesem Tempo weiterdiskutieren, noch Jahrzehnte brauchen, bis das Problem wirklich gelöst wird. Daher muß man die Anstrengungen intensivieren und darf sich einfach auch nicht davon beeindrucken lassen. Ich bin aber nicht in der Lage – ich sage das ehrlich –, zu sagen, ja, bei der kanadischen Initiative oder bei der nächsten Revisionskonferenz sehe ich bereits Land, dann wird eine einstimmige Abschaffung von solchen Minen möglich sein. Das ist derzeit nicht der Fall. Wir werden aber weiter darum kämpfen. (Beifall bei der ÖVP.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Scheibner, bitte.

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche): Herr Außenminister! Sie haben sich jetzt für ein absolutes Verbot aller Antipersonenminen ausgesprochen. Das hat mich etwas überrascht, denn der Verteidigungsminister, der auch Ihrer Fraktion angehört, hat diesbezüglich eine etwas differenziertere Haltung. Er ist der Meinung, und das ist durchaus nachvollziehbar, daß die Antipersonenmine grundsätzlich im Konfliktfall gerade für einen Kleinstaat eine wichtige Defensivwaffe wäre. Die Problematik besteht nur darin, was nach diesem Konfliktfall mit dieser Mine passiert. Deswegen wird eben unterschieden zwischen "intelligenten" und "dummen" Minen, wobei ich Ihnen schon recht gebe, daß das ein problematischer Begriff ist.

Stehen Sie hier in einem Widerspruch zu Ihrem Verteidigungsminister, oder sind auch Sie der Meinung, daß diese – unter Anführungszeichen – "intelligenten Minen", die sich nach einer gewissen Zeit selbst zerstören, durchaus zulässig sein sollten?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten Vizekanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Ich wurde um meine Meinung als Außenminister gefragt, und ich kann nicht erkennen, warum es in der Politik nicht üblich sein soll, daß jeder seine persönliche Meinung und auch die Meinung des Ressorts zum Ausdruck bringt. Ich kann keinen Sinn darin erkennen, daß man sich international für ein Totalverbot einsetzt, national jedoch etwas anderes macht. Ich erkenne natürlich die Probleme, die damit verbunden sind, und es ist völlig richtig, daß ein Verteidigungsminister darauf aufmerksam macht. Aber meine Meinung habe ich hier gesagt, und dazu stehe ich. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke.

Die 6. Anfrage formuliert Herr Abgeordneter Dr. Haider (Freiheitliche) . – Bitte sehr.


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25. Sitzung / Seite 25

Abgeordneter Dr. Jörg Haider:
Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

6/M

Aus welchen Gründen hat Österreich Rußland 35 Milliarden Schilling an Verbindlichkeiten erlassen, zumal der österreichischen Bevölkerung ein 100-Milliarden-Schilling-Sparpaket und Steuererhöhungen zugemutet werden?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten Vizekanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Die Frage klingt gut, das hat aber natürlich überhaupt nichts miteinander zu tun, sondern ist glatte Polemik. Das muß ich schon sagen. Das 100-Milliarden-Schilling-Budgetkonsolidierungsprogramm hat mit der russischen Schuldensituation nicht das geringste zu tun, Herr Abgeordneter. Wir haben auch Rußland keinen einzigen Schilling an Schulden ... (Abg. Ing. Meischberger: Wir wollen keine Beurteilung der Frage, sondern eine klare Antwort!) – Ich sage es ja gerade. Haben Sie die Geduld, auch die Antwort zu hören.

Österreich hat Rußland auch nicht einen Schilling an Schulden erlassen, sondern wir haben gemeinsam mit allen anderen Gläubigerstaaten zugestimmt, daß Rußland in einem 25-Jahres-Rhythmus die bisherigen Schulden zurückzahlt, tilgt und jedes Jahr die aufgelaufenen Zinsen, die übrigens in nicht unbeträchtlicher Höhe anfallen, an Österreich zurückzahlt. Das ist, glaube ich, eine sehr gescheite Sache und hat für uns eine Reihe von Vorteilen, auf die ich vielleicht später noch eingehe.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage, bitte.

Abgeordneter Dr. Jörg Haider: Herr Bundesminister! Es wird sehr schön dargestellt, aber in Wirklichkeit ist es so, daß die Republik Österreich auf Geld für Warenlieferungen wartet, die schon längst erfolgt sind. Dafür hat die Bevölkerung relativ wenig Verständnis, weil in einer Situation, in der der Staatshaushalt sehr angegriffen ist, großzügige Vorgangsweisen nicht auf fruchtbaren Boden fallen. Das hat auch Ihr Amtsvorgänger schon einmal artikuliert. Herr Dr. Mock hat am 14. März 1995 anläßlich eines sogenannten Schuldenerlasses in einer viel bescheideneren Dimension im Zusammenhang mit den Entwicklungshilfegeldern ebenfalls von einer Sorglosigkeit – das war an die Adresse des Bundeskanzlers gerichtet – gesprochen. (Abg. Dr. Khol: Wo ist die Frage?)

Erblicken Sie darin nicht eine gewisse Sorglosigkeit der österreichischen Bundesregierung gegenüber dem Steuerzahler, einfach 35 Milliarden Schilling rückzahlbare Darlehen bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag zu verschieben, denn es gibt ja keine Garantie, daß das in Zukunft gezahlt wird?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten Vizekanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Herr Abgeordneter! Es klingt die Zusatzfrage schon ein bißchen anders als die erste Frage. Sie haben jetzt akzeptiert, daß wir Rußland nicht einen Schilling geschenkt haben. Das halte ich für sehr wichtig, und es ist auch gut, daß sich die Zuhörer davon ein Bild machen können, daß Ihre erste Frage überhaupt nichts mit der Wirklichkeit zu tun hat und daß Sie in der zweiten Frage schon sehr viel differenzierter argumentieren.

Es stimmt nur wiederum nicht, daß wir die Schuldenrückzahlung bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag vertagen – es sei denn, Sie sind der Meinung, daß das Jahr 2002, das Jahr, in dem die Schuldenrückzahlung beginnt, der berühmte Sankt-Nimmerleins-Tag ist. Wenn das so ist, dann sollte man ihn auch in den Kalender hineinschreiben. (Beifall bei der ÖVP.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Jäger, bitte.


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25. Sitzung / Seite 26

Abgeordnete Inge Jäger
(SPÖ): Herr Vizekanzler! Die westlichen Industriestaaten haben durchaus sinnvolle Entschuldungsmaßnahmen bei Ländern wie Rußland, Mexiko, Polen durchgeführt. Meine Frage: Wie weit sind die internationalen Entschuldungsmaßnahmen bei den Ärmsten der Entwicklungsländer gediehen?

Als zweite Frage ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, ich kann nur eine Frage zulassen, Frau Abgeordnete.

Bitte, Herr Vizekanzler.

Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten Vizekanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Ich glaube, daß es sehr wichtig ist, bei jeder einzelnen Umschuldung zu beurteilen, ob es im Interesse des Gläubigerlandes ist. Wir haben schon die primäre Verpflichtung, unsere Interessen wahrzunehmen, denn wir sind den österreichischen Steuerzahlern verpflichtet und im Wort, und wir werden ja auch unter diesem Gesichtspunkt kontrolliert.

Zweitens müssen wir überlegen, ob eine bestimmte Maßnahme, nämlich brutal Druck auszuüben und zu sagen: Ihr müßt jetzt etwas zurückzahlen!, nicht genau den umgekehrten Effekt hätte.

Daher gibt es bei den ärmsten Ländern immer wieder gemeinsame Anstrengungen von seiten der Staatengemeinschaft, ihnen echte Hilfe und die Chance zu geben, sich so weit zu erholen, daß sie dann später auch wieder wirtschaftlich angesehene Partner sind. Das ist immer wieder, durchaus in der Mehrzahl der Fälle, erfolgreich praktiziert worden. Es gibt natürlich auch Ausreißer dabei. Aber der Fall Rußland hat damit gar nichts zu tun.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Frau Abgeordnete Tichy-Schreder, bitte.

Abgeordnete Ingrid Tichy-Schreder (ÖVP): Herr Vizekanzler! Gerade nach Rußland hat Österreich sehr viel exportiert, auch seinerzeit aus der österreichischen verstaatlichten Industrie, und die österreichischen Arbeitsplätze und die österreichische Wirtschaft haben von diesen Exporten profitiert.

Ich möchte jetzt Sie fragen, Herr Vizekanzler: Inwiefern hat diese Umschuldungsmaßnahme gesamtwirtschaftliche Auswirkungen auf Österreich?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Vizekanzler.

Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten Vizekanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Ich glaube, daß die Frage deswegen sehr gut ist, weil sie die Chance gibt, zu sagen, daß diese Umschuldung auch für Österreich sehr wichtig ist und auch für uns eine Reihe von Vorteilen hat.

Der erste große Vorteil ist, daß wir Geld sehen und Rußland ... (Abg. Böhacker: Wann? Glauben Sie das wirklich?) – Na sicher. Entschuldigen Sie, Herr Abgeordneter! Darf ich Ihnen vorlesen – Sie wissen das offensichtlich gar nicht, was schade ist, denn eigentlich sollte sich ein Abgeordneter dafür interessieren –, was Rußland vierteljährlich immer wieder bezahlt?

Rußland hat beispielsweise im Jahr 1994 eine halbe Milliarde Schilling an Österreich gezahlt, im Jahr 1995 bereits 800 Millionen. (Weiterer Zwischenruf des Abg. Böhacker. ) Hören Sie zu, das ist doch keine verletzende Antwort, die ich Ihnen gebe! Ich versuche aufzuklären, daß Rußland ordnungsgemäß zahlt, und hoffe, daß Sie das freut, wenn ich Ihnen als Volksvertreter sage, daß Rußland ordnungsgemäß seine Zinsen zahlt. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Bereits im ersten Quartal 1996 hat Rußland wiederum eine halbe Milliarde Schilling bezahlt. Das heißt, dieses Umschuldungsabkommen gibt uns auch die Sicherheit, daß die Russen ihren Zinsverpflichtungen weiterhin nachkommen, denn auf diese Art und Weise – das ist ein zweiter Vorteil – ... (Zwischenruf des Abg. Dkfm. Holger Bauer. ) Schreien ersetzt nicht die Argumente,


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25. Sitzung / Seite 27

Herr Abgeordneter Bauer! Nehmen Sie das zur Kenntnis – und mit Mikrophon bin ich lauter als Sie! (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Scheibner. ) Das ist schon möglich, aber das ist nicht immer ein gutes Argument, Herr Abgeordneter. (Abg. Scheibner: In der Demokratie schon!) Aber Sie sind nicht die Mehrheit da herinnen. (Abg. Scheibner: Gegenüber Ihnen aber schon!) Ja, mir gegenüber, ich bin ein einzelner, aber ich nehme an, daß die Mehrheit des Hauses auf meiner Seite ist. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Aber zurück zum Ernst der Sache, und diese Sache ist ja wirklich ernst und sollte offen und sachlich – sachlich, Herr Abgeordneter Holger Bauer! – ausdiskutiert werden. Es ist doch so, daß Österreich auch nach Rußland liefern, exportieren will, mit Rußland Joint-ventures machen will. Das ist doch ein Riesenmarkt mit weit über 150 Millionen Konsumenten und Wirtschaftstreibenden. Warum sollen wir denn darauf verzichten? Und dieses Umschuldungsabkommen bietet uns die Möglichkeit, auch neue Geschäftsbeziehungen mit einem sehr kontrollierten Risiko, von der Österreichischen Kontrollbank gestützt und mit Garantien des Staates versehen, abzuwickeln. Das hilft wiederum österreichischen Arbeitsplätzen. Vielleicht haben Sie es jetzt verstanden. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Dkfm. Holger Bauer: Ich glaube, Sie haben es nicht verstanden!)


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25. Sitzung / Seite 28

Präsident Dr. Heinz Fischer:
Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Kammerlander, bitte.

Abgeordnete Mag. Doris Kammerlander (Grüne): Herr Vizekanzler! Österreich hat in der Vergangenheit immer wieder – auch im Sinne einer aktiven Neutralitätspolitik – Bedacht genommen auf Ausgewogenheit in den wirtschaftspolitischen Beziehungen zwischen Ost und West. Das scheint sich nun nach dem Zusammenbruch des Eisernen Vorhanges zu ändern.

Können Sie uns sagen, wie hoch die österreichischen Investitionen in Rußland im Vergleich zu jenen in den asiatischen Ländern sind?


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25. Sitzung / Seite 29

Präsident Dr. Heinz Fischer:
Herr Vizekanzler.

Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten Vizekanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Frau Abgeordnete! Seit dem Zusammenbruch des Eisernen Vorhanges haben sich die österreichischen Warenlieferungen und die österreichischen Direktinvestitionen in Mittel- und Osteuropa mindestens verdoppelt, wenn nicht sogar verdreifacht. Bitte nicht böse sein, aber da kann ich überhaupt keinen Zusammenhang erkennen.

Uns hat der EU-Beitritt geholfen, gewisse Vorteile gebracht: Halbierung der Inflationsrate, 50 Milliarden Schilling neue Investitionen in Österreich, die wir sonst nicht bekommen hätten, 8 Prozent reales Exportwachstum; die Deutschen haben 3 Prozent, die Schweizer nicht einmal 2 Prozent gehabt. Das sind die Vorteile durch den EU-Beitritt, und der Zusammenbruch in Mittel- und Osteuropa hat uns zu einer bedeutend besseren Marktposition in unseren Nachbarstaaten verholfen, und das wird auch so bleiben. (Beifall bei der ÖVP.)


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25. Sitzung / Seite 30

Präsident Dr. Heinz Fischer:
Zur Verlesung der 7. Anfrage erhält Abgeordneter Schieder (SPÖ) das Wort.

Abgeordneter Peter Schieder: Herr Vizekanzler! Meine Frage lautet:

2/M

Wie wird Österreich in der EU verhindern, daß es zu einer institutionellen Abwertung der mittleren und kleineren Mitglieder kommt?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Vizekanzler.

Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten Vizekanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Sehr einfach: indem wir einer solchen Abwertung nicht zustimmen! Und da in der Regierungskonferenz Einstimmigkeit verlangt ist, wird es meine Stimme dazu ganz sicher nicht geben. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Kollege Abgeordneter Maitz, bitte.

Abgeordneter Dr. Karl Maitz (ÖVP): Herr Vizekanzler! Österreich stellt mit Kommissär Franz Fischler ein Mitglied der EU-Kommission.

Meine Frage: Warum ist es so wichtig, daß jeder Staat in der EU jedenfalls ein Mitglied in dieser Kommission stellt?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Vizekanzler.

Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten Vizekanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Ich halte es für entscheidend, daß in jedem Organ der Europäischen Union – ob das der Rechnungshof, das Europäische Gericht, die Kommission, das Parlament, der Rat ist – jedes Mitgliedsland vertreten ist. In der Kommission ist es deswegen so besonders wichtig, weil die Kommission auch eine besondere Rolle hat. Sie hat ein Monopolrecht, Vorschläge an den Rat heranzutragen. Sie hat also das Initiativrecht in der Europäischen Union, sie ist die Hüterin der Verträge, und wer das bewahren will, der muß akzeptieren, daß jedes Land in dieser Kommission Sitz und Stimme hat.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage: Abgeordneter Dr. Bauer, bitte.

Abgeordneter Dkfm. Holger Bauer (Freiheitliche): Herr Bundesminister! Welche Glaubwürdigkeit hat denn Österreich hinsichtlich der Vertretung des Interesses, daß die kleineren und mittleren EU-Mitgliedstaaten nicht abgewertet werden, wenn sich Österreichs Vertreter wie folgt verhalten – ich zitiere –: Politische Beobachter am EU-Sitz haben mit äußerster Verwunderung auf das österreichische Verhalten bei der entscheidenden Sitzung des Ständigen Veterinärausschusses reagiert. Sie heben hervor, daß Österreich in Brüssel ohnehin nicht immer eine herausragende Figur mache und sich dies bei dieser Sitzung neuerlich bewiesen habe?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Vizekanzler.

Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten Vizekanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Ehrlich gesagt, habe ich das Zitat nicht gelesen. Es war, glaube ich, so, daß das zuständige Ministerium nicht durch einen sehr hochrangigen Vertreter vertreten war, aber ich nehme an, es wird ein ausreichend informierter Vertreter gewesen sein.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage: Abgeordneter Moser.

Abgeordneter Hans Helmut Moser (Liberales Forum): Herr Bundesminister! Die Institutionenreform ist ein sehr wichtiges Vorhaben der Europäischen Union, und Sie haben vorhin ausgeführt, daß Sie sich dafür einsetzen werden, daß das Europäische Parlament aufgewertet wird. Nun ist es so, daß, wenn das Europäische Parlament aufgewertet wird, es zu einer Einschränkung der Möglichkeiten der nationalen Parlamente kommt.

Was werden Sie unternehmen, daß es zu keiner Einschränkung der Möglichkeiten der nationalen Parlamente und zu keiner Aushöhlung des Subsidiaritätsprinzipes kommt?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister.

Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten Vizekanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Ich glaube und hoffe auch nicht, daß die Aufwertung des Europäischen Parlaments zu einer Abwertung der nationalen Parlamente führt. Angenommen – das diskutieren wir jetzt –, das Europäische Parlament darf den Kommissionspräsidenten aus einer Liste von Vorschlägen auswählen, das heißt, es hat ein Zustimmungsrecht, dann sehe ich darin überhaupt keine Abwertung der nationalen Parlamente. Wenn das Europäische Parlament stärker eingebunden wird in die Entscheidungen, wenn es Mehrheitsabstimmungen gibt, dann kann ich überhaupt nicht erkennen, warum dadurch die Position der nationalen Parlamentarier beschränkt wird, die doch eher die Stellungnahme der jeweiligen Staaten mit beeinflussen können. Da ist also kein Gegensatz vorhanden, das könnte sich sogar ganz gut ergänzen.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke.

Wir schaffen noch die 8. Frage, die Frau Abgeordnete Tichy-Schreder (ÖVP) verliest. – Bitte, Frau Abgeordnete.

Abgeordnete Ingrid Tichy-Schreder: Herr Vizekanzler! Meine Frage lautet:

4/M

Welche Vorbereitungen trifft Österreich für die EU-Präsidentschaft im Jahr 1998?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Vizekanzler.

Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten Vizekanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Es gibt eine eigene interministerielle Arbeitsgruppe unter der Federführung von Frau Staatssekretärin im Außenamt Dr. Benita Ferrero-Waldner. Ab 1. Juni 1996 werden wir ein eigenes Exekutivsekretariat haben, das von einem österreichischen Diplomaten geleitet wird, der die sehr erfolgreiche spanische Präsidentschaft aus der Nähe erlebt hat und das sehr gut koordinieren wird. Und wir bilden jetzt bereits gemeinsam mit dem Bundeskanzleramt jene Beamten aus, die uns dann in der Troika-Zeit, Beginn 1998 bis Sommer 1999, zur Verfügung stehen werden, koordinieren jetzt schon die verschiedenen Tagungsorte, um auch die Abhaltung von Ministertreffen und Ratstreffen sicherzustellen, und ich glaube, daß das ganz gut laufen wird.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke. – Eine Zusatzfrage.

Abgeordnete Ingrid Tichy-Schreder: Herr Vizekanzler! Ganz wichtig ist es, daß das Land, das die EU-Präsidentschaft innehat, auch inhaltliche Aspekte und Initiativen in die Europäische Union einbringt. Wie wird diese Vorbereitung der inhaltlichen Aspekte, die Österreich einbringen möchte, durchgeführt?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Vizekanzler.

Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten Vizekanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Zunächst einmal: natürlich gemeinsam. Es ist klar, daß hier die gesamte Bundesregierung zusammenarbeiten wird und daß das bewährte Erarbeitungsmodell Bundeskanzleramt/Außenministerium Platz greift, unter Einbindung der anderen Ressorts.

Was inhaltlich Schwerpunktthemen sein werden, kann man natürlich jetzt noch nicht ganz genau abschätzen, denn bis dahin sind es ja doch noch mehr als zwei Jahre. Was sich jetzt schon sagen läßt, ist, daß wir wahrscheinlich in dieser Zeit unter österreichischem Vorsitz mit den Erweiterungsverhandlungen beginnen, sie fortsetzen oder intensivieren werden, daß in dieser Zeit die letzte Phase der Vorbereitung auf die Wirtschafts- und Währungsunion stattfinden wird, daß man versuchen wird, die neuen Finanzregelungen, die Vorschau für die Jahre 2000 bis 2005 umzusetzen, daß die Ratifizierung der Ergebnisse der Regierungskonferenz vor der Tür steht und daß wir uns vor allem in den Bereichen Gesundheit, Umweltschutz, Tierschutz, ökosoziale Landwirtschaft und Beschäftigungspolitik massiv einsetzen werden. Aber, wie gesagt, detailliert werden wir es erst in den nächsten Monaten und Jahren erarbeiten.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke.

Zusatzfrage: Kollege Posch. – Bitte.

Abgeordneter Mag. Walter Posch (SPÖ): Herr Vizekanzler! Ergänzend zu der Frage der Frau Tichy-Schreder betreffend die inhaltliche Position möchte ich Sie gerne fragen: Welche regionalen Schwerpunkte werden Sie setzen? Denken Sie etwa daran, Akzente zu einer neuen Mittelmeerpolitik, zu einer Osteuropapolitik zu setzen, oder welche anderen Akzente gedenken Sie zu setzen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten Vizekanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Die österreichische Außenpolitik ist natürlich einerseits auf die EU-Frage und die Globalisierung unserer Politikmöglichkeiten innerhalb der Europäischen Union und zum anderen in Richtung einer sehr aktiven Nachbarschaftspolitik ausgerichtet. Ich war jetzt als Außenminister seit Ende Februar in 25 Reisen international tätig und habe daher genau diese aktive Nachbarschaftspolitik vorexerziert. Das wollen wir natürlich auch in der österreichischen Präsidentschaft so machen. Daher wird ganz sicher die Frage Mittel- und Osteuropa ein regionaler Schwerpunkt für uns sein.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke.

Weitere Wünsche auf Zusatzfragen liegen nicht vor. Damit erkläre ich die Fragestunde für beendet. – Danke, Herr Vizekanzler. (Beifall bei der ÖVP.)

Einlauf und Zuweisungen

Präsident Dr. Heinz Fischer: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände und deren Zuweisungen verweise ich wie immer auf die einschlägigen Bestimmungen der Geschäftsordnung und die schriftlich verteilte Mitteilung.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A) Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

Regierungsvorlagen:

Bundesgesetz, mit dem das Versicherungsaufsichtsgesetz geändert wird (VAG-Novelle 1996) (109 der Beilagen),

Bundesgesetz, mit dem Regelungen über Suchtgifte, psychotrope Stoffe und Vorläuferstoffe getroffen sowie das AIDS-Gesetz 1993, das Arzneimittelgesetz, das Arzneiwareneinfuhrgesetz, das Chemikaliengesetz, das Hebammengesetz, das Rezeptpflichtgesetz, das Strafgesetzbuch und die Strafprozeßordnung geändert werden (110 der Beilagen),

Bundesgesetz, mit dem das Ärztegesetz 1984 geändert und ein Bundesgesetz, mit dem die Ausbildung zu Tätigkeiten, die durch Rechtsvorschriften auf dem Gebiet des Gesundheitswesens geregelt sind, bestimmten Einrichtungen vorbehalten wird (Ausbildungsvorbehaltsgesetz), erlassen wird (150 der Beilagen),

Bundesgesetz, mit dem das Arzneimittelgesetz geändert wird (AMG-Novelle 1996) (151 der Beilagen).

B) Zuweisungen in dieser Sitzung:

Ausschuß für Arbeit und Soziales:

Zusatzabkommen zum Abkommen zwischen der Republik Österreich und Kanada im Bereich der Sozialen Sicherheit (103 der Beilagen),

Zusatzabkommen zum Abkommen zwischen der Republik Österreich und den Vereinigten Staaten von Amerika im Bereich der Sozialen Sicherheit (104 der Beilagen);

Verkehrsausschuß:

Containersicherheitsgesetz – CSG (146 der Beilagen).

*****


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
25. Sitzung / Seite 31

Ankündigung einer dringlichen Anfrage

Präsident Dr. Heinz Fischer: Die Abgeordneten Dr. Frischenschlager und Genossen haben das Verlangen gestellt, die vor Eingang in die Tagesordnung heute eingebrachte schriftliche Anfrage 646/J an den Herrn Bundeskanzler betreffend dringender medienpolitischer Weichenstellungen dringlich zu behandeln.

Da dieses Verlangen darauf gerichtet ist, die dringliche Behandlung zum frühestmöglichen Zeitpunkt durchzuführen, wird der Beginn der Beratung der dringlichen Verhandlung nach § 93 der Geschäftsordnung auf 16 Uhr festgelegt.

Ankündigung der Besprechung einer Anfragebeantwortung

Präsident Dr. Heinz Fischer: Weiters ist das von 20 Abgeordneten unterstützte Verlangen gestellt worden, daß über die Beantwortung 341/AB der schriftlichen Anfrage 303/J der Abgeordneten Rosenstingl und Genossen betreffend die Einführung einer elektronischen Ökopunkte-Abrechnung durch den Herrn Bundesminister für Wissenschaft, Verkehr und Kunst vor Eingang in die Tagesordnung eine Besprechung stattfindet.

Da für die heutige Sitzung bereits die dringliche Behandlung einer schriftlichen Anfrage verlangt wurde, kann die Besprechung erst am Schluß der Sitzung stattfinden.

Fristsetzungsantrag

Präsident Dr. Heinz Fischer: Weiters teile ich mit, daß Abgeordneter Wabl beantragt hat, dem Bautenausschuß zur Berichterstattung über den Antrag 137/A (E) betreffend Aufhebung der Verordnung über den Straßenverlauf der B 146, Ennsnahe Trasse, eine Frist bis zum 30. 6. 1996 zu setzen.

Es liegt das auf § 43 Abs. 3 der Geschäftsordnung gestützte Verlangen vor, eine kurze Debatte über diesen Fristsetzungsantrag durchzuführen. Diese kurze Debatte wird nach Erledigung der dringlichen Anfrage stattfinden. Die Abstimmung über den Fristsetzungsantrag erfolgt am Schluß der Sitzung.

Absehen von der 24stündigen Aufliegefrist

Präsident Dr. Heinz Fischer: Um die Punkte 1 und 11 der heutigen Tagesordnung in Verhandlung nehmen zu können, ist es gemäß § 44 Abs. 2 der Geschäftsordnung erforderlich, von der 24stündigen Aufliegefrist Abstand zu nehmen.

Bei den Punkten 1 und 11 handelt es sich um den Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz über die Zusammenarbeit mit den Internationalen Gerichten in 154 der Beilagen und den Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über den Fünften Zusatzvertrag zum Vertrag zwischen der Republik Österreich und dem Heiligen Stuhl betreffend vermögensrechtliche Beziehungen.

Wir haben daher über diesen Antrag auf Verzicht auf die Aufliegefrist abzustimmen, und ein solcher Beschluß bedarf der Zweidrittelmehrheit.

Ich bitte jene Mitglieder des Hohen Hauses, die dem Verzicht auf die Aufliegefrist zustimmen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Ich stelle fest, daß dieser Beschluß mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit, nämlich nahezu einstimmig, gefaßt wurde.

Behandlung der Tagesordnung

Präsident Dr. Heinz Fischer: Es liegt mir der Vorschlag vor, die Debatte über die Punkte 6 bis 14 der heutigen Tagesordnung zusammenzufassen. Gibt es dagegen Einwendungen? – Das ist nicht der Fall. Dann ist auch das so beschlossen.


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Redezeitbeschränkungen

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gehen nunmehr in die Tagesordnung ein.

Es wurde vereinbart, 10 Wiener Stunden für die Tagesordnung festzulegen, sodaß sich folgende Redezeiten ergeben: SPÖ 150, ÖVP 140, Freiheitliche 130, Liberales Forum und Grüne je 90 Minuten.

Weiters wurde festgelegt, daß in der Debatte zu den Punkten 1 bis 3 sowie in der gemeinsamen Debatte zu den Punkten 6 bis 14 die Erstredner jeder Fraktion maximal 30 Minuten, alle anderen Redner maximal 10 Minuten Redezeit zur Verfügung haben.

Weiters wurde Übereinstimmung erzielt, daß in der Debatte zu den Tagesordnungspunkten 4 und 5 jeweils ein Redner pro Fraktion mit einer Redezeit von 10 Minuten vorgesehen ist.

Auch dazu bitte ich um eine Entscheidung. Gibt es Einwendungen gegen diesen Vorschlag? – Das ist nicht der Fall. Damit ist dieser Vorschlag beschlossen.

1. Punkt

Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (102 der Beilagen): Bundesgesetz über die Zusammenarbeit mit den Internationalen Gerichten (154 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen zum 1. Punkt der Tagesordnung. Es ist dies der Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz über die Zusammenarbeit mit den Internationalen Gerichten.

Berichterstatter ist Herr Abgeordneter Großruck. Ich bitte ihn, die Debatte einzuleiten.

Berichterstatter Wolfgang Großruck: Herr Präsident! Hohes Haus! Ich berichte aus dem Justizausschuß über die Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz über die Zusammenarbeit mit den Internationalen Gerichten. Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen hat als Maßnahme bei Bedrohung oder Bruch des Friedens nach Kapitel VII der Satzung der Vereinten Nationen mit seinen Resolutionen 827 und 955 Internationale Gerichte für das ehemalige Jugoslawien und für Ruanda geschaffen. Diese Maßnahmen sind für alle Staaten verbindlich und verpflichten sie, mit den Internationalen Gerichten zusammenzuarbeiten. Um den allgemeinen und besonderen Zusammenarbeitsverpflichtungen voll umfänglich nachkommen zu können, ist eine gesetzliche Grundlage erforderlich.

Zur Erfüllung der Verpflichtung der Republik Österreich aus den oben angeführten Resolutionen wird die Einführung eines Bundesgesetzes über die Zusammenarbeit mit den Internationalen Gerichten vorgeschlagen.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Justizausschuß den Antrag , der Nationalrat wolle dem von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwurf (102 der Beilagen) mit der dem schriftlichen Ausschußbericht beigedruckten Abänderung die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Herr Präsident! Ich ersuche, die Debatte fortzusetzen.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich danke dem Herrn Berichterstatter für seine Ausführungen.

Für diese Debatte darf ich noch einmal in Erinnerung rufen: Erstredner 30 Minuten, ÖVP und SPÖ freiwillig 20 Minuten, alle anderen Redner 10 Minuten.

Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Ofner.

10.08

Abgeordneter Dr. Harald Ofner (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! An die Spitze stelle ich die Erklärung: Harald Ofner: freiwillig fünf Minuten.


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Unter dem Titel "Zusammenarbeit mit Internationalen Gerichten" geht es unter anderem um die Auslieferung von Personen, die Kriegsverbrechen verdächtig sind, an ebendiese Internationalen Gerichte, und zwar auch um die Auslieferung von Personen aus Staaten, deren Staatsangehörige sie sind. Das heißt, es kann einmal darum gehen, daß auch österreichische Staatsbürger, die verdächtig sind, Kriegsverbrechen begangen zu haben, ausgeliefert werden in andere staatliche Bereiche, in die Gebiete anderer Staaten.

Ich bin dafür, daß Kriegsverbrecher verfolgt werden. Ich bin dafür, daß sie verurteilt werden, wenn es in den Beweisverfahren, die abzuwickeln sind, dazu kommt, daß man ihnen nachweisen kann, daß sie die Verbrechen tatsächlich begangen haben. Es gibt aber einen uralten und bisher in Österreich unerschütterten Grundsatz, daß Österreicher nach dem Universalitätsprinzip für strafbare Handlungen, die sie irgendwo auf der Welt begangen haben, zu bestrafen sind, aber in Österreich und nur in Österreich, wenn sie sich in Österreich aufhalten. Österreicher in das Ausland auszuliefern zum Zwecke der Verfolgung wegen strafbarer Handlungen ist unüblich, wird nicht praktiziert, ist bisher rechtlich und gesetzlich nicht gedeckt, und es scheint mir auch rechtspolitisch bedenklich.

Ich betone, daß ich mit diesen meinen Ausführungen nicht für meine gesamte Fraktion spreche. Es geht mir um meine persönlichen Erfahrungen und um mein persönliches Dafürhalten als Jurist, als Anwalt und auch als Justizpolitiker, wenn Sie so wollen.

Ich glaube, daß wir dafür sorgen sollten, daß Verbrecher – auch Kriegsverbrecher – bestraft werden, daß wir aber danach trachten sollten, daß das immer in Staaten geschieht, in denen sie zu Hause sind, wenn man sie dort erwischt, woanders, wenn man sie woanders erwischt, und daß die jeweiligen rechtlichen, strafrechtlichen Strukturen in diesen Staaten in einen Stand versetzt werden, der das auch ermöglicht, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wie die Dinge in der Praxis ausschauen, hat man schon erkennen können: Von einem staatsähnlichen Gebilde ist ein serbischer Offizier ausgeliefert worden, von dem man schon anläßlich seiner Auslieferung gesagt hat: Er ist so schwer krank, lang wird er nicht sitzen, und einen Prozeß wird man nicht abführen können. – Es war der General Djukic. Ich habe mir damals gedacht, es würde mich sehr wundern – ich möchte dies nicht gerade unterstellen, aber es würde mich sehr wundern –, wenn man nicht schon vorher Zusicherungen gehabt hätte, daß er nicht lang sitzen wird. Tatsächlich war es auch so. Mittlerweile ist er gestorben.

Wir konnten in den Medien Bilder sehen, auf denen der ausgelieferte, aber damals schon todkranke Djukic im Sarg transportiert wird. Der wichtigste Sargträger rechts vorne ist ein anderer Kriegsverbrecher, dessen Auslieferung beantragt ist, nämlich Mladic. Aber er ist nicht todkrank, er müßte wirklich ein Verfahren über sich ergehen lassen, und daher wird er auch nicht ausgeliefert. Er trägt den Sarg des seinerzeit Ausgelieferten und mittlerweile Verstorbenen.

Das zeigt, wie fragwürdig solche Bestimmungen sind. Ich glaube, daß man sie nicht als Alibihandlungen gegen alle Grundsätze in strafrechtlichen Dingen beschließen sollte. Ich wiederhole es noch einmal: Wer Verbrechen begeht, soll bestraft werden. Aber es ist ein eherner österreichischer Grundsatz in Strafrechtsdingen, daß Österreicher in Österreich vor Gericht gestellt werden – egal, wo sie etwas angestellt haben – und daß sie nicht zum Zwecke der Strafverfolgung in andere Länder ausgeliefert werden.

Ich habe daher persönliche, rechtliche, politische Bedenken gegen die Bestimmungen, die in dieser Richtung in der heutigen Vorlage enthalten sind. Ich werde dagegen stimmen. Es werden es nicht alle aus meiner Fraktion mir gleichtun. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

10.13

Präsident Dr. Heinz Fischer: Der nächste Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Khol. Er hat das Wort.

10.13

Abgeordneter Dr. Andreas Khol (ÖVP): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Rechtsanwalt und Abgeordneter Dr. Ofner hat in der Tat einen kritischen Punkt dieser Vorlage aufge


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zeigt. Das Revolutionäre an diesem Gesetz, das wir heute beraten, besteht nämlich darin, daß Kriegsverbrecher auch dann, wenn sie Staatsbürger des eigenen Staates sind, vor eine internationale Gerichtsbarkeit sollen und daß nicht gilt, Herr Dr. Ofner, was wir nach dem Zweiten Weltkrieg gesehen haben, nämlich daß das vae victis, das Wehe den Besiegten, angewendet wird und nur die Kriegsverbrecher der Besiegten vor Gericht gestellt werden und die Kriegsverbrecher der Sieger – ich sage das ganz bewußt –, zum Beispiel diejenigen, die im Zweiten Weltkrieg die Bombardierungen, die Flächenbombardierungen auf deutsche Städte gegen jedes humanitäre Völkerrecht angeordnet haben, nicht bestraft werden.

Aus einem ethischen Gesichtspunkt heraus verstehe ich Ihre Bedenken, Herr Ofner, aber ich glaube, daß das vae victis, das Wehe den Besiegten, ein überwundener Rechtsgrundsatz ist und daß alle zivilisierten Staaten dieser Welt mit den Gerichten der Völkergemeinschaft zusammenarbeiten sollten, damit Kriegsverbrecher überall bestraft werden, und daß niemand glauben soll, einen sicheren Hafen zu haben, in dem er überwintern kann. (Beifall bei der ÖVP und Beifall des Abg. Schieder. )

Es ist ja gerade der Umstand, auf den Sie hingewiesen haben, daß Staaten, in denen es Kriegsverbrecher gibt, sehr oft aus politischen Gründen diese Kriegsverbrecher nicht verfolgen, der es notwendig macht, ein Internationales Gericht zu schaffen. Die Gründer der Vereinten Nationen hatten im VII. Kapitel nach den Erfahrungen des Zweiten Weltkrieges ein internationales Strafgericht vorgesehen, damit eben Kriegsverbrecher überall bestraft werden. Gerade deswegen, weil die Staaten das nicht wollten, weil die Engländer ihre Leute nicht bestrafen wollten, welche die Flächenbombardierungen der deutschen Städte, der Zivilbevölkerung angeordnet haben, ist aus diesem Programm der Vereinten Nationen bis heute nicht Recht geworden, sondern es ist toter Buchstabe geblieben, und das lehnen wir ab. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Nach den Greueln des Zweiten Weltkrieges, nach den Bestialitäten der Konzentrationslager des Nationalsozialismus, nach den Kriegsverbrechen, die auf allen Seiten begangen wurden, haben wir eigentlich geglaubt, daß sich das nicht mehr wiederholen wird; wir wurden in Jugoslawien – leider – eines Schlechteren belehrt. Es haben sich nicht in diesem Ausmaß, aber mit ähnlichen Begründungen und mit ähnlichen Mitteln die Bestialitäten des Zweiten Weltkriegs wiederholt. Es haben sich aus rassischen und religiösen Gründen die Konzentrationslager wiederholt, obwohl man das natürlich in keiner Weise mit der Shoah und mit dem Holocaust vergleichen kann, aber im Leiden ist es das gleiche Instrument. Es haben sich die Mißhandlungen, die Vergewaltigungen, die Brutalitäten gegen die Zivilbevölkerung wiederholt. Und es hat sich gezeigt, daß Ingeborg Bachmann mit ihrem traurigen Wort recht hat: Die Geschichte lehrt ununterbrochen, nur findet sie keine Schüler.

Daher müssen wir auf Grundlage der Erfahrungen auf dem Balkan und auf Grundlage der Erfahrungen in Afrika, in Ruanda, wo die gleichen Bestialitäten aufgrund rassischer Gründe vorgekommen sind, wo Millionen hingeschlachtet wurden, diesen Rechtsgrundsatz "Wir liefern keinen Österreicher einer internationalen Strafgerichtsbarkeit aus" verlassen, um in eine bessere Zukunft zu gehen, in der überall Kriegsverbrechen auch dann geahndet werden, wenn es eigene Staatsbürger sind. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Dr. Ofner. – Abg. Mag. Haupt: Darf ich einen Zwischenruf machen?) Beide dürft ihr einen Zwischenruf machen. (Abg. Mag. Haupt: Glauben Sie nicht, daß ..., solange das Vetorecht im Sicherheitsrat bestehen bleibt?)

Also das Vetorecht im Sicherheitsrat ist sicherlich bei der Durchsetzung eines Urteils eine weitere Hürde, aber ich nehme an, daß die internationale Friedensordnung, die sich ja entwickelt, mit dieser Gerichtsbarkeit Schritt hält. – Herr Kollege Ofner, bitte. (Zwischenruf des Abg. Dr. Ofner. ) Schon angebracht. Ich nehme die Geschäftsordnungsreform der Zwischenrede vorweg. (Abg. Dr. Ofner: Verfolgen schon, aber der österreichischen, der guten österreichischen Tradition entsprechend im eigenen Land! Denn ich gehe davon aus, daß Rechtsstaaten das immer tun werden, ...!) Kurze Zwischenrede! (Abg. Dr. Ofner: ... aber daß andere Länder, in denen man es nicht so genau nimmt, das nicht so tun werden! Daher habe ich diesen Vorbehalt!)


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Ja, ich verstehe das. Wären alle Staaten der Welt Rechtsstaaten, selbst mit allen Mängeln wie der unsrige, so könnte ich Ihrem Gedanken folgen. Aber gerade weil wir wissen, daß Serbien kein Rechtsstaat ist, und weil wir wissen, daß Kroatien kein Rechtsstaat ist, und weil wir wissen, daß Ruanda kein Rechtsstaat ist, deswegen müssen wir mit gutem Beispiel vorangehen und erwarten, daß sich die internationale Staatengemeinschaft durchsetzt. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Ofner: Man sollte eher schauen, daß sich die Rechtsstaatlichkeit durchsetzt!)

Meine Damen und Herren! Recht ohne Macht ist Illusion und Romantik. Das war bisher die Schwäche der UNO, das war die Schwäche des humanitären Völkerrechtes. Die großen Konventionen der UNO, die Menschenrechtskonventionen der UNO, sind deswegen totes Recht, toter Buchstabe, weil es kein Gericht gibt, vor dem sich der Rechtsbrecher verantworten muß und von dem er eine Sanktion gewärtigen muß. Recht ohne Macht ist Illusion. Macht ohne Recht, meine Damen und Herren, ist Tyrannei. Beides haben wir am Balkan erlebt.

Wir haben die Macht ohne Recht mit den Konzentrationslagern und den Massenmorden erlebt, und wir haben das Recht ohne Macht erlebt, nämlich in Gestalt der Völkergemeinschaft, der UNO, die dieses Massenmorden, diese Greuel nicht verhindern konnte. Daher muß es unsere Zielsetzung sein, dem Recht Zähne zu verleihen, dem Recht zum Durchbruch zu verhelfen, und dafür braucht es vor allem ein Gericht.

Meine Damen und Herren! Hätte es eine mit Waffen bewehrte Völkergemeinschaft gegeben, so hätte der Gewalteinsatz, der militärische Einsatz, der brutale Einsatz in Jugoslawien, hätte der ganze Krieg in Jugoslawien – das serbische Wort dafür ist "rat", das kroatische auch; es zeigt die Aggressivität des Ganzen – vermieden werden können. Die Völkergemeinschaft hätte, wenn sie ihre Machtmittel rechtzeitig eingesetzt hätte, diesen furchtbaren Krieg verhindern können und müssen.

Es blieb das Recht ohne Macht. Man hat sich sehr spät entschlossen, Gewaltmittel einzusetzen. Erst als die UNO die NATO beauftragte und die NATO die Vereinigten Staaten ins Spiel brachte, bekam das Recht Zähne, und der Friedensvertrag von Dayton wurde letztlich geschlossen. Daraus müssen wir lernen!

Auch die individuelle Verantwortung ist angesprochen, meine Damen und Herren. Solange Folterknechte – seien sie in Uniform oder nicht in Uniform – die Gewißheit haben, daß der eigene Staat sie schützt, daß sie nicht zur Verantwortung gezogen werden, wird es immer Folterknechte geben. Weil wir aber keine Folterknechte wollen und weil wir wollen, daß auch präventiv eine abschreckende Wirkung ausgestrahlt wird, stimmen wir von der Volkspartei diesem – und da stimme ich mit Herrn Ofner überein – qualitativ neuen Schritt zu. Wir glauben, daß das im Interesse des Rechtes und im Interesse der Menschlichkeit ist. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Peter Handke hat in seinem Buch "Eine winterliche Reise zu den Flüssen Donau, Save, Morawa und Drina" aus seiner Sicht, die ich in vielem nicht teile, in bewegender Weise viele Fragen gestellt. Auf Seite 121 findet sich die folgende Passage: ",Du willst doch nicht auch noch das Massaker von Srebrenica in Frage stellen?‘, sagte dazu S. nach meiner Rückkehr. ,Nein‘, sagte ich, ,aber ich möchte dazu fragen, wie ein solches Massaker denn zu erklären ist. Begangen, so heißt es, unter den Augen der Weltöffentlichkeit und dazu nach über drei Jahren Krieg, wo, sagt man, inzwischen sämtliche Parteien, selbst die Hunde des Krieges, tötensmüde geworden waren, und noch dazu, wie es heißt, als ein organisiertes, systematisches, lang vorgeplantes Hinrichten. Warum solch ein tausendfach Schlachten? Was war der Beweggrund? Wozu?‘" – Das sind die dichterischen Fragen dazu. Wir werden am 3. Juni hier im Parlament den Dichter selbst hören, und ich trete dafür ein, daß wir ihn hören und daß wir uns mit ihm auseinandersetzen.

Ein Beitrag dazu, daß solche Fragen vielleicht eine Antwort bekommen, ist die Beschlußfassung über das heutige Verfassungsgesetz. (Beifall bei der ÖVP.)


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10.24

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Schieder. Er hat das Wort.

10.24

Abgeordneter Peter Schieder (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Mit dem vorliegenden Bundesgesetz – es wurde schon darauf hingewiesen – werden in Österreich aktuelle völkerrechtliche Verpflichtungen umgesetzt. Wir tragen damit in unserem Bereich zur Durchführung der Resolution 827/93 des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen bei, worin nach Kapitel VII der Satzung der Vereinten Nationen die Schaffung eines Internationalen Gerichtes zur Verfolgung von Personen beschlossen wird, die für die schweren Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht verantwortlich sind, welche seit 1991 im ehemaligen Jugoslawien begangen wurden.

Gleichzeitig handelt es sich aber auch um die Resolution 955/94. Ich bin froh, daß auch Kollege Khol schon darauf hingewiesen hat, und man soll es auch besonders erwähnen, daß durch die Tatsache der Nähe des Balkankonfliktes nicht andere gewalttätige Auseinandersetzungen, wie eben die zwischen den Volksgruppen der Hutu und Tutsi im Frühjahr 1994 in Ruanda, verdrängt werden dürfen, bei denen selbst nach vorsichtigsten Schätzungen mehrere 100 000 Menschen ihr Leben lassen mußten.

Daß, meine Damen und Herren, dieses Tribunal eingerichtet wurde, ist auch zahlreichen Menschenrechtsorganisationen mit zu verdanken, die unablässig auf diese Notwendigkeit hingewiesen haben. Ich unterstreiche die Bedeutung dieses Instruments. Bei aller Bedeutung dieses Instruments dürfen wir aber nicht zu enthusiastisch sein. Viele Staaten hielten sich von Anfang an zurück, auch bei der Finanzierung – auch westeuropäische Staaten. Die Unterlagen wurden anfangs nicht einmal von der UNO zugänglich gemacht und in der Folge auch nur halbherzig zur Verfügung gestellt. Man hat auch kein Verfahren zur Ergreifung der künftigen Angeklagten entwickelt.

Es ist also nicht der große internationale Durchbruch gelungen, sondern es wurde das Bestmögliche erreicht, das unter den gegebenen Umständen zu erreichen war. Unser Ziel – ich möchte das unterstreichen – muß es weiterhin bleiben, daß es zu einem ständigen internationalen Strafgerichtshof kommt, wie er im Rahmen der Vereinten Nationen angestrebt wird. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Bei den Verbrechen, die verfolgt werden, nämlich den schweren Verstößen gegen das humanitäre Menschenrecht, handelt es sich um Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Nicht untersucht werden Verbrechen gegen den Frieden, wie sie im Abkommen vom August 1945 enthalten waren, das zum internationalen Militärtribunal und zum Nürnberger Prozeß führte. Ohne hier im einzelnen auf den Nürnberger Prozeß einzugehen, der für mich auch den schweren Mangel hatte, daß er Todesstrafen verhängte, sollten wir uns in diesem Zusammenhang die Worte des Hauptanklägers Robert Jackson bei der Eröffnung dieses Prozesses auch heute ins Gedächtnis rufen. Er sagte:

"Die moderne Zivilisation gibt der Menschheit unbegrenzte Waffen der Zerstörung in die Hand. Jede Zuflucht zu einem Krieg, zu jeder Art von Krieg, ist eine Zuflucht zu Mitteln, die ihrem Wesen nach verbrecherisch sind. Der Krieg ist unvermeidlich eine Kette von Tötung, Überfall, Freiheitsberaubung und Zerstörung von Eigentum. Die Vernunft der Menschen verlangt, daß das Gesetz sich nicht genug sein läßt, geringfügige Verbrechen zu bestrafen, die sich kleine Leute zuschulden kommen lassen. Das Gesetz muß auch die Männer erreichen, die eine große Macht an sich reißen und sich ihrer mit Vorsatz und in gemeinsamem Ratschlag bedienen, um ein Unheil hervorzurufen, das kein Heim in der Welt unberührt läßt. Der letzte Schritt", so schließt er, "periodisch wiederkehrende Kriege zu verhüten, die bei internationaler Gesetzlosigkeit unvermeidlich sind, ist, die Staatsmänner vor dem Gesetz verantwortlich zu machen."

In diesem Zusammenhang hat kürzlich das Mitglied der ungarischen Akademie der Wissenschaften István Deák, Professor für Geschichte an der Columbia University in New York, der uns durch seine Tätigkeit beim "Institut für die Wissenschaft vom Menschen" bekannt ist, auf die paradoxe Situation hingewiesen, daß zur Erreichung eines Waffenstillstandes und des Friedens die Vereinten Nationen und die europäischen Mächte regelmäßig mit Personen verhandeln


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müssen, die in Wahrheit auf serbischer wie auf kroatischer Seite Spitzenanwärter für die Rolle der Hauptangeklagten sind.

Die ganze Situation wurde auch durch die Mitteilungen der letzten Tage beleuchtet. Es ist tragisch, daß die Bereitschaft, mitzuhelfen, die Ziele dieses Tribunals zu erreichen, leider generell nicht vorhanden ist. Das Ministerkomitee des Europarates hat in seiner Stellungnahme zum Aufschub der Aufnahme Kroatiens, über den heute schon gesprochen wurde, darauf hingewiesen – so hat es der Sprecher nachher erklärt –, daß mit ein Grund für den Aufschub war, daß die Regierung in Zagreb die diesbezüglichen Beschlüsse so zögerlich umsetzt und – ich suche das wörtliche Zitat – nicht genügend Kooperation in der Frage dieses Kriegsverbrechertribunals zeigt.

Gestern hat der amerikanische Sprecher Cornblum den serbischen Präsidenten Milosevi% zu Recht gedrängt, die Auslieferung von Karadýi% und Mladi% voranzutreiben, und hat darauf hingewiesen, daß es eigentlich empörend ist, daß Mladi% einen öffentlichen Auftritt hatte, im Fernsehen und auf Photos in Belgrad gezeigt, aber nicht festgenommen wurde. Es wurde also einer derer, die eigentlich vor dem Tribunal als Angeklagte sitzen müßten, in Uniform während einer Beerdigung fotografiert, blieb aber auf freiem Fuß. (Zwischenruf des Abg. Dr. Ofner. )

Das sind Verhaltensweisen, die nicht zu tolerieren sind, auf serbischer Seite nicht, auf kroatischer Seite nicht, auf keiner Seite, wo sie stattfinden. Wir – als Österreich – sollten die Rolle wahrnehmen, das allen Beteiligten deutlich zu sagen, denn es geht darum, daß der Frieden nur dann wirklich entstehen kann, wenn diese Dinge bewältigt sind, und zwar international und national bewältigt sind. (Abg. Dr. Haider: Wenn die sich an Verträge halten! Wenn Milosevi% sich an Verträge hält!) Beide Seiten müssen sich an die Verträge halten! Auch Kroatien, auch Tudjman ist aus denselben Gründen kritisiert worden.

Mich hat allerdings in diesem Zusammenhang gestört, daß gestern gleich zwei einander widersprechende Äußerungen von internationaler Seite abgegeben wurden. Der Kommandant der IFOR-Truppen in Bosnien, der britische General Walker, hat gesagt, daß die IFOR nicht angeklagte Kriegsverbrecher nicht aktiv verfolgen werde. Am selben Tag hat NATO-Generalsekretär Solana gesagt – ich zitiere wörtlich –, die IFOR werde schon bald dafür sorgen, daß sich mutmaßliche Kriegsverbrecher in Bosnien-Herzegowina nicht mehr frei bewegen können.

Ich glaube, neben dem, was wir von den kriegsbeteiligten Staaten verlangen, müssen wir auch von uns selbst verlangen, daß die internationale Handlungsweise, das gemeinsame Vorgehen eindeutiger und auch besser koordiniert wird.(Abg. Dr. Ofner: Das ist die alte Achse London – Belgrad! Die Briten, die englischen Kommandanten, waren immer auf seiten der Serben!)

Die alten Achsen stören mich in diesem Zusammenhang in jeder Richtung. Ich glaube auch, daß da ein gedanklicher Fehler der Betroffenen vorliegt. Ich weiß nämlich nicht, ob es für einen Staat besser ist, alte Achsen zu Lasten anderer fortzusetzen, oder ob es nicht für einen Staat gescheiter ist, wenn er alte Schulden begleicht, alte Feindschaften begräbt und alte Gräben zuschüttet. (Beifall bei der SPÖ.) Ich glaube, das dient Staaten in unserer heutigen Zeit viel mehr!

Was den Vortrag Peter Handkes betrifft, so bin auch ich sehr froh, daß er im Parlament stattfindet. Ich habe gehört, Peter Handke war sehr betrübt über das Publikum, das er in Wien gefunden hat. (Abg. Dr. Haider: Das Publikum war auch betrübt über seine Ausfälle!) Ich meine, er hätte eigentlich genauso betrübt sein müssen über den frenetischen Beifall, den er in Belgrad gefunden hat. Beides gibt Anlaß zur Sorge. Vielleicht ist der Vortrag im Parlament eine Gelegenheit für ihn, daß eine inhaltliche Auseinandersetzung mit seinem Beitrag stattfindet.

Ich finde das Buch hochinteressant. Ich finde auch den Titel ausgezeichnet, er stammt übrigens nicht von ihm, sondern wurde von der Zeitung gewählt. "Gerechtigkeit für Serbien" ist natürlich etwas, was wir auch ausüben müssen. Wir müssen Gerechtigkeit für alle betroffenen Völker und Staaten in diesem Gebiet entwickeln, und wir müssen auch an die Zukunft denken – nicht im Sinne von Vergessen der Vergangenheit, denn dem Nichtvergessenwerden dient auch diese Vorlage. Wir müssen aber bereit sein, mit den Völkern, mit den Menschen beider Seiten weiter


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zusammenzuarbeiten, denn die Menschen in diesem Gebiet können vielfach nichts für das, was ihre Führer, ihre Armeechefs in diesem furchtbaren Krieg angestellt haben! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

10.36

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Krüger. Er hat das Wort.

10.36

Abgeordneter Dr. Michael Krüger (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Unser Justizsprecher hat in seinem Debattenbeitrag bereits darauf hingewiesen, daß die Frage der Zustimmung zu dieser Regierungsvorlage in unserer Fraktion differenziert gesehen wird. Diese differenzierte Sicht ist auch durch die Problematik, die dahintersteht, indiziert. Wir sehen uns nämlich inmitten eines Spannungsfeldes, das darin besteht, eine profunde Interessenabwägung unter Bedachtnahme einerseits auf den Gedanken der Souveränität und andererseits auf die Verpflichtungen aus der internationalen Staatengemeinschaft durchzuführen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Rechtsstaatlich ist eines klar: Der Verzicht auf ein Strafverfahren durch die Republik Österreich, wie er nach § 4 Abs. 2 dieser Regierungsvorlage vorgesehen ist, ist nichts anderes als die Teilaufgabe eines souveränen Anspruches eines Staates. Denn strafrechtlich gilt noch immer das Universalitätsprinzip, das davon ausgeht, daß die Republik Österreich einen Strafanspruch und einen Strafvollziehungsanspruch hinsichtlich aller Verbrechen erhebt, ganz egal, in welchem Winkel der Erde diese Verbrechen begangen wurden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auf der anderen Seite verkenne ich aber nicht die Verpflichtungen, die die Republik Österreich durch den Beitritt zu den Vereinten Nationen übernommen hat. Die Charta der Vereinten Nationen sieht nämlich die Einrichtung von Internationalen Gerichtshöfen bei schweren Verstößen gegen das humanitäre Völkerrecht vor. Das heißt mit anderen Worten, daß das Internationale Gericht, das jetzt ins Leben gerufen wurde, um die schrecklichen Verbrechen im ehemaligen Jugoslawien abzuhandeln, rechtsstaatlich legitimiert ist. Meine Damen und Herren! Sie wissen, es hat in der Vergangenheit das eine oder andere Tribunal gegeben, das keine derart fundierte Rechtsgrundlage hatte. Das gegenwärtige Internationale Gericht, das jetzt eingerichtet wird, hat diese Rechtsgrundlage aufgrund der Charta der Vereinten Nationen. Nach einer sehr sorgfältigen Abwägung zwischen diesen beiden Polen und des besonderen Spannungsverhältnisses zwischen der Teilaufgabe der Souveränität, nämlich dem Verzicht auf den Strafvollzugsanspruch der Republik Österreich, und den Verpflichtungen aus der Staatengemeinschaft komme ich zum Ergebnis, daß ich für das zweitere eintrete, daß ich die Republik Österreich zurücknehme, und zwar sowohl im Interesse der internationalen Staatengemeinschaft als auch im Interesse daran, Schwerstverbrecher, die gegen das humanitäre Völkerrecht verstoßen haben, vor einem internationalen Gerichtshof aburteilen zu können.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Diese Regierungsvorlage und die Bestimmungen über die Einrichtung des Internationalen Gerichtes sind meines Erachtens auch im Sinne zumindest des Versuches einer Kriegsprophylaxe zu sehen. Denn wer die Nachrichtensendungen der vergangenen Wochen genau verfolgt hat, wird erkannt haben, daß die Tatsache der Einrichtung des Internationalen Gerichtes und die Tatsache, daß der bosnische Serbenführer Radovan Karadýi% steckbrieflich gesucht wird, doch eine politische Auswirkung auf dessen Status im serbischen Teil von Bosnien hatten, wenngleich er jetzt offensichtlich nur einmal nach außenhin zurückgenommen wurde. Aber es ist doch klargeworden, daß sich ein Staat oder ein Volk auf Dauer einer internationalen Gerichtsbarkeit und einer internationalen Ahndung von schweren Verbrechen gegen das Völkerrecht nicht entziehen kann.

Herr Kollege Schieder hat das Buch von Peter Handke angesprochen. Wir wissen ja, daß das Parlamentspräsidium Herrn Handke die Möglichkeit eingeräumt hat, hier eine Lesung durchzuführen. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, wir sollten schon sehr genau zu


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unterscheiden wissen auf der einen Seite hinsichtlich des Anspruches auf literarische Freiheit im Sinne von Freiheit der Kunst nach Artikel 17a Staatsgrundgesetz, die selbstverständlich zu gewähren ist und selbstverständlich auch zugunsten des Herrn Peter Handke zu gewähren ist, aber auf der anderen Seite sollten wir uns keiner realistischen Sicht der Dinge verschließen. Und diese realistische Sicht ist doch so, daß die "Gerechtigkeit für Serbien", die Peter Handke literarisch sieht, nichts anderes ist als eine grobe Ungerechtigkeit für die Bosnier. Das muß auch einmal, glaube ich, ganz klar ausgesprochen werden. Ich spreche nicht für oder gegen Herrn Peter Handke, aber ich meine, auch ein Literat dieses Ranges sollte nicht nur bemüht sein, Applaus in Belgrad zu ernten, sondern durchaus auch bemüht sein, Applaus von Menschenrechtsvereinigungen zu erhalten. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Insgesamt vertrete ich die Ansicht, daß diese Regierungsvorlage ein Schritt in die richtige Richtung ist, eine Anerkennung des Internationalen Gerichtes, eine Anerkennung des Strafvollzugsanspruches der internationalen Staatengemeinschaft, hinter die allfällige Teilaufgaben der Souveränität der Nation Österreich zurückstehen sollten. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

10.44

Präsident Dr. Heinz Fischer: Der nächste Redner ist Herr Abgeordneter Barmüller. Er hat das Wort.

10.44

Abgeordneter Mag. Thomas Barmüller (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Von seiten der Liberalen möchte ich insbesondere den für uns wesentlichen – wenn auch wertungspolitischen – Grund in den Vordergrund stellen, daß es endlich dazu kommen soll, daß schwere Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht auch wirklich sanktioniert werden. Das ist etwas, was bisher nicht der Fall gewesen ist, und wir meinen, daß es sinnvoll ist, nicht nur irgendwelche Zusammenhänge über das allgemeine Strafrecht herzustellen, sondern ganz dezidiert und klar zu sagen, daß solche Verstöße in Zukunft auch wirklich sanktioniert werden.

Insofern möchte ich auch Herrn Abgeordneten Schieder sagen, daß für uns nicht nur die Umsetzung der jüngsten Resolutionen wesentlich ist, sondern daß es auch um das geht, was bereits in den Genfer Abkommen festgehalten worden ist, nämlich daß nicht nur eine allgemeine Einhaltung dieser Verträge gefordert, sondern auch gesagt wird, daß die Durchsetzung von den jeweiligen Staaten sicherzustellen ist. Das ist eine allgemeine Verpflichtung, sie findet aber in bezug auf die schweren Verletzungen der Genfer Abkommen die Ausformung, daß diese auch wirklich strafrechtlich zu ahnden sind.

Meine Damen und Herren! Wenn es um die konkrete Aufzählung der Tatbestände der schweren Verletzungen geht, die als Kriegsverbrechen definiert werden, ist es so, daß in Österreich selbst mangels eines internationalen Strafgerichtshofes, wo das bisher geahndet werden konnte, eine Herstellung dieses Zusammenhanges nur über das allgemeine Strafrecht möglich war. Und das ist in der konkreten Situation einfach zuwenig.

Es muß ganz klar gesagt werden, daß solche Verbrechen in Zukunft dezidiert bestraft werden. Dabei muß man auch darüber nachdenken, wie man solcher Personen habhaft werden kann. Es wird einfach notwendig sein, von der internationalen Gemeinschaft her auch einen entsprechenden Druck zu entwickeln, um an diese Personen heranzukommen. Insofern ist diese Vorlage der richtige Weg.

Meine Damen und Herren! Zusammenfassend bleibt für uns festzustellen, daß wir die Zusammenarbeit, die hier auf internationaler Ebene festgeschrieben wird, begrüßen.

Noch einmal: Man darf nicht übersehen, daß die Verstöße, die geahndet werden sollen, schwere Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht sind, daß die Anlässe – das geht dezidiert auch aus der Vorlage hervor – räumlich eingegrenzt sind. Es geht um das ehemalige Jugoslawien, es geht um Ruanda. Die schweren Verstöße, die in diesen Gebieten gemacht worden sind, sind auch noch zeitlich eingeengt, nämlich in Jugoslawien, so sie seit dem 1. Jänner 1991 stattge


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funden haben, und in bezug auf Ruanda, so sie in der Zeit vom 1. Jänner 1994 bis zum 31. Dezember 1994 stattgefunden haben.

Wir meinen daher, daß jene Bedenken, die auch Herr Abgeordneter Ofner angeführt hat, im Gesamtzusammenhang zurücktreten, weil es nicht um eine Auslieferung an eine einzelne fremde Macht geht, sondern um die Auslieferung an einen internationalen Gerichtshof. Hier ist die Zuständigkeit sehr eng, sehr vorsichtig gewählt worden. Da es zeitlich und räumlich eingeschränkt worden ist, wird auch jeder neue Anlaß eines eigenen Beschlusses hier im Hause bedürfen. Daher sehen wir darin keinen Bruch eines Grundsatzes, sondern wir sehen darin einen wichtigen Fortschritt in der Durchsetzung und Verbindlichkeit des Völkerrechts. Und dem stimmen die Liberalen gerne zu. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

10.47

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Kammerlander. Sie hat das Wort.

10.47

Abgeordnete Mag. Doris Kammerlander (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Kolleginnen und Kollegen! Auch wir unterstützen diese Gesetzesvorlage. Ich möchte die Gelegenheit nutzen, dazu noch ein paar Worte auch in Ergänzung dessen zu sagen, was einige meiner Vorredner bereits erwähnt haben.

Wir denken, daß die Ahndung von Kriegsverbrechen eine sehr wichtige Voraussetzung für einen Friedensprozeß ist, wie er jetzt in unserem Nachbarland, im ehemaligen Jugoslawien, in Ansätzen in Angriff genommen wird. Verschiedene Menschenrechtsorganisationen und -aktivisten und -aktivistinnen haben immer wieder darauf hingewiesen, wie wichtig die Ahndung von Kriegsverbrechen, die Verfolgung der Kriegsverbrecher selbst für den Aufbau des zivilen Lebens, aber auch für die Glaubwürdigkeit der Rechtsstaatlichkeit ist. Das alles sind wiederum Voraussetzungen für die Wiedererrichtung eines demokratischen Staates und eines eben zivilen Lebens. Aber es besteht auch die berechtigte Hoffnung, daß solche Vereinbarungen, solche Internationalen Gerichte, solche Kriegstribunale auch präventiven Charakter haben für alle möglichen zukünftigen Fälle, daß deutlich wird, daß Kriegsverbrechen eben geahndet werden, verfolgt werden und nicht ungesühnt bleiben.

Erlauben Sie mir, bei dieser Gelegenheit doch noch eines zu bemerken und hinzuzufügen: Wir sollten allerdings nicht so weit gehen, zu glauben, daß all diese Probleme nun durch diese Regelung im Fall Exjugoslawien und Ruanda ausgeräumt sind und damit allein im Hinblick auf den Komplex Kriegsverbrechen genug getan ist. Denn hier besteht noch immer eine große Gefahr der Doppelmoral; eine Gefahr, der auch Österreich in den vergangenen zwei, drei Jahren immer wieder erlegen ist.

Das ist die Kehrseite: Es gibt auch die Opfer der Kriegsverbrecher. Es gibt die unzähligen Opfer, vor allem auch die vergewaltigten Frauen. Und was passiert mit jenen an den Grenzen, die flüchten, zum Beispiel nach Österreich? Wie schauen unsere Asylverfahren aus? Wie schaut hier die Durchlässigkeit des österreichischen Staates aus?

Das heißt, es ist genauso wichtig, die Frage zu stellen: Wie können auch auf dieser Ebene Vorkehrungen getroffen werden? Was ist mit den Deserteuren, mit jenen jungen Männern, die sich nicht am Krieg, an diesen Greueln und Verbrechen beteiligen wollen und keine andere Möglichkeit sehen, dem zu entgehen, als daß sie fliehen? Diese haben in Österreich überhaupt keinen Rechtsstatus in einem Asylverfahren erhalten.

Aber noch einmal zurück zu den vergewaltigten Frauen. Wir haben in diesen Tagen über die Medien die Entwürfe zu einem neuen Asylgesetz vermittelt bekommen. Ich habe große Bedenken und sehe große Gefahren, wenn, wie wir lesen, diese Asylverfahren in Zukunft an der Grenze abgehandelt werden sollen, wie in diesem Fall mit Kriegsflüchtlingen und vor allem, wie gesagt, mit den Opfern von solchen Kriegsverbrechen umgegangen wird beziehungsweise wie deren Fälle behandelt werden. Im österreichischen Strafrecht gibt es die Möglichkeit für Frauen, die Opfer solcher Verbrechen geworden sind, die Opfer von Vergewaltigungen geworden sind,


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zu einem gesonderten Verfahren. Zumindest das sollte der Status für jene Frauen sein, die vor den Greueln, vor den Verbrechen eines Krieges flüchten, daß sie keiner unwürdigen Prozedur an der Grenze ausgesetzt werden, daß sie nicht in eigens errichteten Lagern inhaftiert gehalten werden, bis über ihr Asylverfahren entschieden wird.

Wenn wir einer solchen Regierungsvorlage zustimmen, wenn wir das im Falle Exjugoslawiens und Ruandas tun, dann sollten wir, wie gesagt, daran denken, daß es leider auch noch andere Fälle, andere Länder gibt, in denen bürgerkriegsähnliche Zustände existieren, in denen es Kriege gibt, die in diesem Gesetz nicht erfaßt sind, weder was die Verfolgung der Kriegsverbrecher noch was deren Opfer betrifft.

Ich appelliere an Sie, wenn wir in den nächsten Wochen über das neue Asylverfahren diskutieren werden, dann auch diesen Aspekt der Kriegsverbrechen zu berücksichtigen und entsprechend in die Vorberatungen im Ausschuß einzubeziehen. (Beifall bei den Grünen. )

10.53

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich erteile jetzt dem Herrn Bundesminister das Wort. Dann werden wir über den Text, der eine Verfassungsbestimmung enthält, was für das Quorum wichtig ist, abstimmen. – Bitte, Herr Bundesminister.

10.53

Bundesminister für Justiz Dr. Nikolaus Michalek: Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn auch in der Vergangenheit alle Staaten immer wieder beteuert haben, daß Völkermord und andere Verbrechen gegen die Menschlichkeit auch nach ihrem Recht mit schwerer Strafe bedroht sind und sie Verdächtige entweder ausliefern oder selbst verfolgen werden, hat doch in vielen Fällen eine tatsächliche Strafverfolgung dieser Täter durch ihre nationalen Gerichte nicht stattgefunden.

Es bedurfte der schrecklich leidvollen Erfahrungen der jüngsten Vergangenheit in Südosteuropa, aber ebenso in Afrika, daß die Völkergemeinschaft endlich zu einer Einigung bei der Ächtung dieser Verbrechen gefunden hat und erstmals in der Geschichte der Vereinten Nationen zwei Internationale Gerichte errichtet werden konnten. Hier werden nicht Sieger über Besiegte richten, sondern übt als ultima ratio die Völkergemeinschaft das Strafrecht aus. Die Verantwortlichen für diese Straftaten, in welchen Stellungen sie sich auch immer befunden haben oder befinden, müssen damit rechnen, daß die Staatengemeinschaft solange nicht ruhen wird, bis die eingesetzten Internationalen Gerichte über sie geurteilt haben. Sicher wird dies auch eine präventive Wirkung gegenüber Verstößen gegen das humanitäre Völkerrecht für die Zukunft nicht verfehlen.

Es wird von einer weitestgehenden Unterstützung aller Staaten abhängen, ob sich die Internationalen Gerichte bewähren werden, ihre Aufgabe frei von politischen Einflüssen erfüllen können und damit auch Wirkung für die Zukunft entfalten.

Diese Überlegung liegt auch dem gegenständlichen Gesetzentwurf zugrunde. Wir haben bei der österreichischen Umsetzung weitgehend auf Förmlichkeiten und Bedingungen für die Zusammenarbeit mit dem Internationalen Gericht verzichtet und ihm auch eine gewisse selbständige Erhebungstätigkeit in Österreich gestattet. Wo aber Grundrechte des einzelnen oder übergeordnete Interessen Österreichs betroffen sind, muß der traditionelle Rechtshilfeweg beschritten werden.

Schon die bisherigen Erfahrungen mit dem Internationalen Gericht haben gezeigt, daß dieses im besonderen Maße bemüht ist, die Grundsätze des fairen Verfahrens zu beachten. Wir konnten daher mit gutem Gewissen auf das sonst übliche Auslieferungsverfahren und die zwischen den Staaten sonst üblichen Gründe für die Ablehnung der Auslieferung verzichten. Insbesondere ist es deshalb auch vertretbar, auch österreichische Staatsbürger zur Strafverfolgung an das Internationale Gericht auszuliefern – ganz abgesehen davon, daß die Resolutionen des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen keinen Zweifel offenlassen, daß eine völkerrechtliche Verpflichtung zur Überstellung auch eigener Staatsbürger besteht und daß ohne deren Erfüllung das ganze Vorhaben wirkungslos bleibt.


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Sehr geehrte Damen und Herren! Durch die Errichtung dieser beiden Internationalen Gerichte für das ehemalige Jugoslawien und Ruanda haben die schon seit Jahren bestehenden Bemühungen zur Errichtung eines ständigen Strafgerichtshofes neuen Auftrieb erhalten, wenn auch der Abschluß dieser Arbeiten und das Inkrafttreten eines entsprechenden Übereinkommens derzeit leider nicht absehbar sind.

Wenn es in Zukunft darum geht, andere zu ermahnen, ihren Verpflichtungen zur Zusammenarbeit mit den Internationalen Gerichten nachzukommen, so muß Österreich darauf verweisen können und wird dies aufgrund dieses Gesetzes auch tun können, daß es den Gedanken der internationalen Verfolgung von Verbrechen gegen die Menschlichkeit uneingeschränkt unterstützt hat und auch weiterhin unterstützen wird. – Danke. (Beifall bei SPÖ, ÖVP, dem Liberalen Forum und den Grünen.)

10.58

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke, Herr Bundesminister.

Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Wir stimmen daher ab .

Der Herr Berichterstatter hat auch kein Schlußwort verlangt.

Wir stimmen ab über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 102 der Beilagen unter Berücksichtigung der dem Ausschußbericht 154 der Beilagen beigedruckten Abänderung.

Da der vorliegende Gesetzentwurf Verfassungsbestimmungen enthält, stelle ich zunächst im Sinne des § 82 der Geschäftsordnung das erforderliche Quorum fest.

Ich bitte nun jene Damen und Herren, die dem Gesetzentwurf, wie ich ihn gerade beschrieben habe, ihre Zustimmung erteilen, sich von den Sitzen zu erheben. – Das ist mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit beschlossen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich darf bitten, daß jene Damen und Herren, die dem Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, ein diesbezügliches Zeichen geben. – Ich stelle fest, daß der Gesetzentwurf auch in dritter Lesung mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit beschlossen wurde.

Damit ist der 1. Punkt der Tagesordnung erledigt.

2. Punkt

Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (32 der Beilagen): EU-Gesellschaftsrechtsänderungsgesetz – EU-GesRÄG (133 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen nun zum 2. Punkt der Tagesordnung. Es ist dies der Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (32 der Beilagen): EU-Gesellschaftsrechtsänderungsgesetz.

Berichterstatter ist Herr Abgeordneter Schrefel. Ich bitte ihn, die Verhandlungen einzuleiten. (Präsident Dr. Neisser übernimmt den Vorsitz.)

Berichterstatter Josef Schrefel: Herr Präsident! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Ich bringe den Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (32 der Beilagen): Bundesgesetz über Änderungen des Handelsgesetzbuchs, des Aktiengesetzes, des Gesetzes über Gesellschaften mit beschränkter Haftung, des EWIV-Ausführungsgesetzes, des Firmenbuchgesetzes, des Gerichtskommissärgesetzes, der Jurisdiktionsnorm, des Genossenschaftsverschmelzungsgesetzes, des Gerichtsgebührengesetzes, des Bankwesengesetzes, des Sparkassengesetzes und des Versicherungsaufsichtgesetzes zur EU-bedingten Anpassung des Handels- und Gesellschaftsrechts sowie über die Spaltung von Kapitalgesellschaften und über


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die Umwandlung von Handelsgesellschaften (EU-Gesellschaftsrechtsänderungsgesetz – EU-GesRÄG).

Der Gesetzentwurf dient im wesentlichen der Anpassung des österreichischen Handels- und Gesellschaftsrechts an die gesellschaftsrechtlichen Richtlinien der EU.

Der Justizausschuß hat die Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 14. Mai 1996 in Verhandlung genommen.

Bei den Änderungen in den Z 4, 5 und 6 handelt es sich um die Richtigstellung von Schreibfehlern beziehungsweise redaktionelle Ergänzungen.

Um Übergangsschwierigkeiten in der Praxis und wirtschaftliche Härten zu vermeiden, sieht die Regelung des Abs. 6 eine entsprechende Übergangsbestimmung vor.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Justizausschuß den Antrag, der Nationalrat wolle dem dem schriftlichen Ausschußbericht angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Herr Präsident! Für den Fall, daß Wortmeldungen vorliegen, bitte ich, die Debatte fortzusetzen.

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Ich danke dem Herrn Berichterstatter für seine Ausführungen.

Für diese Debatte wurde festgelegt, daß der Erstredner jeder Fraktion nicht länger als 30 Minuten, die weiteren Redner nicht länger als 10 Minuten sprechen werden.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Dr. Krüger. – Bitte, Herr Abgeordneter.

11.02

Abgeordneter Dr. Michael Krüger (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Verabschiedung der Regierungsvorlage samt den eingebrachten Abänderungsanträgen betreffend das EU-Gesellschaftsrechtsänderungsgesetz ist ein umfangreiches Begutachtungsverfahren vorausgegangen. Das Bedürfnis nach Schaffung eines derartigen Gesetzes gibt es nicht erst seit kurzem. Es wurde schon vor einigen Jahren das Umgründungssteuergesetz geschaffen, um Umgründungen gesellschaftsrechtlicher Natur zu begünstigen.

Damals sind allerdings nur die steuerlichen Voraussetzungen geschaffen worden, die im wesentlichen darin bestanden haben, daß bei einer Umgründung nicht ein sogenannter Liquidationstatbestand vorliegt, der zu einer Besteuerung aller stillen Reserven führt. Jetzt wird handelsrechtlich teilweise das nachvollzogen, was steuerlich durch das Umgründungssteuergesetz schon vor einigen Jahren geschaffen wurde. Ich denke da etwa an die Betriebsaufspaltung und ähnliches.

Im Ergebnis ist dieses EU-Gesellschaftsrechtsänderungsgesetz aus meiner Sicht zu begrüßen, weil damit Bedürfnissen der Unternehmen in Österreich Rechnung getragen wird, etwa dem Bedürfnis nach Schaffung einer sogenannten Einmann-GmbH. Der Ansatz des Gesetzes war der, daß eine GmbH in erster Linie einmal eine Gesellschaft ist und daß eine Gesellschaft logischerweise nur dann bestehen kann, wenn es mindestens zwei Gesellschafter gibt. In der Praxis hat man dieses Hindernis einer damals Einmann-GmbH dadurch überbrückt, daß bei der Gründung einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung ein sogenannter Gründungshelfer aufgetreten ist, oftmals auch in der Person eines Notars oder eines Rechtsanwaltes oder eines Steuerberaters, der den Gesellschaftsvertrag mit dem Hauptgesellschafter abgeschlossen hat und nach der Eintragung der Gesellschaft mit beschränkter Haftung in das Firmenbuch durch einen Abtretungsvertrag wieder ausgeschieden ist. Dieser Vorgang war naturgemäß mit Kosten verbunden. Doch ich glaube, wenn sich eine Rechtsordnung dazu bekennt, Gesellschaften mit beschränkter Haftung zu ermöglichen und auch steuerlich, wie es bisweilen geschehen ist, zu begünstigen, dann muß man sich auch konsequenterweise dazu bekennen, daß auch ein Ein


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zelunternehmer, also ein Alleingesellschafter, rechtsgeschäftlich und unternehmerisch in der Rechtsform einer GmbH auftritt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Rechtspolitisch ist das – das gebe ich durchaus zu – nicht ganz unbedenklich. Wir wissen aus der Praxis, daß viele Gesellschaften mit beschränkter Haftung nur zu dem Zweck gegründet und geführt werden, daß die Haftung des einzelnen Gesellschafters auf das Stammkapital, auf die Geschäftseinlage beschränkt bleibt und keine persönliche Haftung besteht.

Dies hat allerdings in der Vergangenheit, wie wir wissen, zu einer Gründungslawine von kleinen Gesellschaften mit beschränkter Haftung geführt, der wiederum eine Insolvenzlawine nachgefolgt ist.

Um dieser Tatsache entgegenzuwirken, wurde jetzt durch das EU-Gesellschaftsrechtsänderungsgesetz eine verschärfte Publizität eingeführt. Diese verschärfte Publizität hat man deshalb eingeführt, weil es eine entsprechende Richtlinie der Europäischen Union gibt, die innerstaatlich umzusetzen ist. Ich glaube, daß diese Richtlinie auch rechtspolitisch durchaus ihre Berechtigung hat, denn vermehrte Publizität muß natürlich auch unter dem Gesichtspunkt einer Insolvenzprophylaxe gesehen werden.

Es ist allerdings nicht zu verkennen, daß die Erfüllung des Bedürfnisses der Wirtschaft nach vermehrter Publizität unter Umständen mit einer Erhöhung der Kosten, auf jeden Fall aber mit größerem buchhalterischem Aufwand für die einzelnen Gesellschaften verbunden wäre. Nach dem neuen, heute zur Beschlußfassung anstehenden EU-Gesellschaftsrechtsänderungsgesetz wären dann aber auch sogenannte kleine Gesellschaften mit beschränkter Haftung zur vollen Publizität verpflichtet. Das heißt, daß sie dann nach den Bestimmungen des Gesetzes über Gesellschaften mit beschränkter Haftung handelsrechtlich beziehungsweise gesellschaftsrechtlich verpflichtet wären, den Jahresabschluß nicht nur binnen fünf Monaten mit einer anschließenden kurzen Verlängerungsfrist aufzustellen, sondern ihn auch binnen einer Frist von insgesamt neun Monaten bei Gericht zur Publizität einzureichen.

Das ist sicher kein Allheilmittel, keine geeignete Insolvenzprophylaxe, denn – ich weiß, Papier ist geduldig – die Ansätze, die zu einem Jahresabschluß herangezogen werden können, sind naturgemäß sehr unterschiedlich zu sehen. Es ist auch so, daß nach der Gesetzesvorlage die Steuerbilanz einzureichen ist und nicht etwa ein Vermögensstatus, der klarerweise den Vorteil hätte, daß stille Reserven bei den Aktiva, aber auch bei den Passiva zu berücksichtigen wären. Aber es wäre – das ist überhaupt keine Frage – ein unzumutbarer Aufwand, wenn man jetzt eine Vorschrift machen würde, nach welcher jede Gesellschaft, auch eine kleine Gesellschaft, nicht nur einen steuerlichen Jahresabschluß vorzulegen hätte, sondern darüber hinaus auch einen Vermögensstatus einzureichen hätte.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dieses Thema führt mich zwangsläufig zur Diskussion über Verbesserungen des Insolvenzrechtes. Es haben die Sozialpartner in den vergangenen Tagen einen Vorschlag zur Reform des Insolvenzrechtes eingebracht. Ich erinnere daran, daß die Wirtschaftskammer und die Arbeiterkammer einen gemeinsamen Vorschlag erstattet haben. Dieser wurde in den Medien einer kritischen Würdigung unterzogen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich will Ihnen meinen klaren Standpunkt zu diesem Vorschlag aus der Sicht des Praktikers nicht verhehlen. Ich glaube, meine Meinung wird teilweise auch vom Justizminister und von den Beamten im Justizministerium geteilt, aber auch vom Chef des Kreditschutzverbandes. Vielleicht nicht in dieser drastischen Sicht der Dinge: Ich vertrete nämlich die Auffassung, meine sehr geehrten Damen und Herren, daß dieser Vorschlag der Sozialpartner, wie man das Insolvenzrecht reformieren sollte, glatter Humbug ist; und zwar deshalb, weil dieser Vorschlag der Sozialpartner daran knüpft, eine Art geheimes Sanierungsverfahren bei Gericht einzuleiten, zu dem nur das Gericht, ein Sanierungsbeauftragter und die Banken zugelassen werden sollen, nicht aber die Lieferantengläubiger. Es ist also alles vorzukehren, daß dieses Sanierungsverfahren quasi unter der Tuchent stattfindet. Es ist doch


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rechtspolitisch ein Wahnsinn, daß da eine Gruppe, nämlich die Lieferantengläubiger, völlig ausgeschaltet werden soll!

Denken Sie etwa daran, daß ein Lieferantengläubiger eine Bonitätsanfrage bei einer Bank macht, die selbst ein Betroffener ist. Oder denken Sie daran, daß eine Bonitätsanfrage bei einem Kreditschutzverband, beim KSV oder beim AKV, gemacht wird, der natürlich über diese sogenannten Geheimverfahren Bescheid wissen muß. Dieser würde dann in logischer Folge dazu verpflichtet, die Tatsache eines Sanierungsverfahrens gegenüber den eigenen Mitgliedern und gegenüber den Lieferantengläubigern rechtlich legitimiert zu leugnen. Das ist doch ein unhaltbarer Zustand! Wer macht solch eine Gesetzesvorlage? Das ist doch ein Laientheater: davon auszugehen, daß ein Gerichtsverfahren teilweise geheim abzuführen ist!

Aber es kommt noch etwas dazu, das ist ja nicht der einzige Unsinn, der diesem Sozialpartner-Vorschlag anhaftet. Die Überlegung, ein Sanierungsverfahren zwingend einzuleiten, wenn die Eigenkapitalquote unter 5 Prozent sinkt oder wenn die Eigenkapitalquote, die sich zwischen 5 und 10 Prozent bewegt hat, in den letzten Jahren um 2 Prozent sinkt, ist doch auch ein kompletter Unsinn. Wenn man das als Sanierungsgrund oder als Grund für die Einleitung eines gerichtlichen Sanierungsverfahrens heranziehen würde, dann müßten – das garantiere ich Ihnen – 10 000 Unternehmen in Österreich sofort in dieses Sanierungsverfahren eintreten. Die Gerichte wären überfordert, der Wirtschaftskreislauf würde zusammenbrechen. Ich garantiere Ihnen das, ich weiß das aus meinen Erfahrungen in der Praxis, und meine Damen und Herren Kollegen aus den wirtschaftsberatenden Berufen werden mir recht geben, daß sehr, sehr viele, nämlich Tausende Unternehmen in Österreich nicht über eine Eigenkapitalquote über 10 Prozent verfügen.

Ich sehe auch die schematische Betrachtung dieser Haltung nicht ein, diese 10 Prozent. Ich habe bereits angeführt, daß es auf der einen Seite einen Jahresabschluß gibt, der dem Erfordernis der Bundesabgabenordnung Rechnung trägt, und auf der anderen Seite einen handelsrechtlichen Status, und diese beiden Bilanzen, nämlich Steuer und eine Art realistische Handelsbilanz im Sinne von Status, können erheblich differieren.

Ich garantiere Ihnen: Wenn man heute die Steuerbilanz als Parameter für die Einleitung eines derartigen Verfahrens heranziehen würde, würden Tausende Unternehmen sofort von diesem Sanierungsverfahren betroffen werden. Andererseits müßte man, wenn man sagen würde, die Steuerbilanz hat nichts oder sehr wenig oder nur bedingt mit der wirtschaftlichen Situation eines Unternehmens zu tun, von jeder Gesellschaft, also auch von einer kleinen Gesellschaft, zwingend verlangen, einen Status aufzustellen, eine Auflösung der stillen Reserven durchzuführen, jedes einzelne Wirtschaftsgut nicht nach dem buchhalterisch-finanztechnischen Wert zu bewerten, sondern nach dem tatsächlichen wirtschaftlichen Wert. Das wäre ein ungeheuer großer Aufwand. Außerdem wäre das sicher ein Beitrag zur weiteren Verdünnung der Kapitaldecke und zur weiteren Verdünnung der Liquidität. Auch das ist kompletter Unsinn!

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir von den Freiheitlichen haben uns auch Gedanken darüber gemacht, wie man das Insolvenzrecht wirklich verbessern könnte. Dazu gibt es einige Ansätze, etwa die Unanfechtbarkeit von Sanierungskrediten. Die Praxis im Insolvenzrecht ist doch die, daß von den Banken keine Sanierungskredite mehr gewährt werden, weil die Bankdirektoren und Prokuristen glauben, selbst bald der Beihilfe zur fahrlässigen Krida oder der Beihilfe zur Konkursverschleppung angeklagt zu werden. Sie verlieren die Nerven, wie es etwa bei Maculan der Fall war, und drehen den Kredithahn zu, obwohl sie grundsätzlich bereit wären, nach einer nüchternen Analyse noch weiterzufinanzieren und die Talsohle durchzutauchen.

Daher wäre es wichtig, das Anfechtungsrecht so zu modifizieren – dieses ist ja bekanntlich auch in der Konkursordnung geregelt –, daß Kredite, die zur Sanierung eines angeschlagenen Unternehmens gewährt werden, im Sinne der Gesamtgläubigerschaft nicht mehr angefochten werden könnten und daß auch die Bankmanager dann gezwungen wären, nach dem Prinzip der vorsichtigen Haltung – man kann es auch Feigheit nennen – den Kredithahn zuzudrehen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)


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Ein weiterer Ansatzpunkt würde meines Erachtens und auch der Meinung meiner Fraktion nach darin bestehen, ein einheitliches Insolvenzverfahren zu schaffen. Ich gestehe durchaus zu, daß auch die Arbeiterkammer ein einheitliches Insolvenzverfahren vorschlägt, denn ich stehe auf dem Standpunkt, daß nicht alles Unsinn sein muß, was von der Arbeiterkammer kommt.

Es sollte nicht mehr unterschieden werden zwischen einem Ausgleichsverfahren und einem Konkursverfahren, sondern es sollte ein einheitliches Insolvenzverfahren, einen einheitlichen Insolvenztatbestand geben. Das hätte meines Erachtens den Vorteil, daß man eine Entstigmatisierung der Konkurse herbeiführen würde, denn das Wort "Konkurs" bedeutet in Österreich die gesamte wirtschaftliche Ächtung einer Gebarung, und das ist meistens der Anfang vom Ende. Dazu kommt noch, daß der Konkurs fast automatisch mit einer Betriebsstillegung oder einer Betriebsschließung verbunden ist, weil ja niemand das Risiko einer Sanierung auf sich nehmen könnte. Wir sind also für ein einheitliches Insolvenzverfahren, und die Beschränkungen der Geschäftsführer müßten dann im Einzelfall festgelegt werden.

Weiterer Ansatzpunkt im Rahmen eines einheitlichen Insolvenzverfahrens: Es sollte zu einer Reduktion der Ausgleichsquote kommen. Sie wissen, daß es im Ausgleichsverfahren eine Mindestquote von 40 Prozent gibt und daß im Zwangsausgleichsverfahren, also in jenem Verfahren, das dann im Zuge eines Konkursverfahrens durchgeführt wird, eine 20prozentige Mindestquote existiert. Es wäre sinnvoll, in einem einheitlichen Insolvenzverfahren eine einheitliche Ausgleichsquote von 30 Prozent zu schaffen. (Abg. Dr. Fekter: Warum soll das einheitlich sein?) Frau Kollegin Fekter! Wir können uns dann an anderer Stelle – vom Praktiker zur Theoretikerin – sehr gerne darüber unterhalten, und ich werde Ihnen das dann erklären.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ein weiterer Punkt ist die Einführung einer analogen Bestimmung zum Chapter Eleven. Wir wissen aus dem amerikanischen Insolvenzrecht, daß sich diese Norm, nämlich Chapter Eleven, durchaus bewährt hat. Da geht es darum, daß ein angeschlagenes Unternehmen ein bestimmtes, kurz bemessenes gesetzliches Moratorium bekommt und daß sich innerhalb dieses offenen Moratoriums – und nicht etwa unter der Tuchent, so wie es die Sozialpartnerschaft vorschlägt –, innerhalb dieses gesetzlichen Moratoriums die Spreu vom Weizen trennt und das Unternehmen entweder wieder auf Kurs gebracht wird oder dann endgültig dem Untergang preisgegeben ist.

Ein weiterer Unsinn im Insolvenzrecht beziehungsweise in den Nebengesetzen des Insolvenzrechts besteht meines Erachtens bei der Administration und bei der legistischen Ausgestaltung des Pleitenfonds. Vor einigen Tagen ist Kollege Vavrovsky, ein Salzburger Anwalt, der sich auf Insolvenzrecht spezialisiert hat, befragt worden, und seine Stellungnahme war die, daß, als er Ausgleichsverwalter bei Hallein war, die Quoten der Mercedesankäufe des lokalen Hallein Mercedeshändlers sprunghaft angestiegen sind. Worauf ist das zurückzuführen? – Auf den doppelten Bezug. Und das ist wirklich nicht einzusehen! Wir Freiheitlichen stehen auf dem Standpunkt, daß die Ansprüche der Arbeitnehmer in gar keiner Weise geschmälert werden dürfen. Aber es ist doch nicht einzusehen, daß ich, wenn ich heute Angestellter eines Betriebes bin, der insolvent wird, vorzeitig aus diesem austrete, die gesamte Kündigungsentschädigung beziehe, am nächsten Tag in die Auffanggesellschaft eintrete und ein doppeltes Gehalt beziehe. Das ist Unsinn, meine sehr geehrten Damen und Herren, der auch noch beseitigt gehört! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Zum Schluß darf ich noch darauf verweisen, daß wir von den Freiheitlichen dem EU-Gesellschaftsrechtsänderungsgesetz grundsätzlich durchaus positiv gegenüberstehen, daß wir im wesentlichen dieser Beschlußfassung zustimmen werden, daß wir aber selbstverständlich, wie wir das auch im Ausschuß praktiziert haben, getrennte Abstimmung zu Ziffer 20 verlangen, denn diese Ziffer 20 sieht eine Beschränkung der Ausschüttung vor. Es ist dies eine Norm, die eingeführt werden mußte, um das Strukturanpassungsgesetz handelsrechtlich abzusichern. – Meines Erachtens ist es kompletter Unsinn, zunächst irgendeine steuergesetzliche Norm, die überhaupt nichts mit betriebswirtschaftlichen Zuständen zu tun hat, zu schaffen und erst dann eine handelsrechtliche Norm künstlich einzuführen.


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Dazu werden Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren, unsere Zustimmung nicht finden. Das ist nur folgerichtig, denn wenn wir mit gutem Grund gegen das Strukturanpassungsgesetz gestimmt haben, werden wir in diesem Punkt sicher nicht zustimmen. Wir werden also bei der getrennt durchgeführten Abstimmung gegen diesen Punkt stimmen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

11.21

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Fuhrmann. – Bitte. (Abg. Dr. Haider: Da werden Sie es schwer haben! – Abg. Dr. Fuhrmann: So schwer nicht!)

11.21

Abgeordneter Dr. Willi Fuhrmann (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren des Hohen Hauses! Abgeordneter Haider hat, als ich hier heruntergegangen bin, gemeint, ich werde es jetzt schwer haben, worauf ich ihm geantwortet habe: So schwer auch wieder nicht! – Ich hätte es schwerer gehabt, wenn Kollege Krüger seinen letzten Satz nicht noch gesagt hätte. Ich hatte nämlich die ganze Zeit darüber nachgedacht, warum er eigentlich als Kontraredner gemeldet ist, wo doch im Ausschuß er selbst und die Kolleginnen und Kollegen von der "F"-Fraktion zugestimmt haben und (Zwischenruf des Abg. Dr. Krüger ) – Herr Kollege Krüger, lassen Sie mich ausreden, hören Sie bitte zu! – wo auch seine Ausführungen mit Ausnahme des letzten Satzes eigentlich alle pro gewesen sind. Aber jetzt weiß ich, warum das eine Kontrameldung war. (Abg. Dr. Graf: Ändern Sie jetzt Ihre Rede?) Die Ausführungen des Kollegen Krüger zu dieser Gesetzesvorlage – mit den anderen Ausführungen werde ich mich noch auseinandersetzen – sind wegen der Ziffer 20 kontra.

Da fällt mir übrigens auf, daß Sie im Ausschuß wegen der Ziffer 4 getrennte Abstimmung verlangt haben. (Abg. Dr. Krüger: Das ist ja die Ziffer 20!)

Herr Abgeordneter Krüger! Ich habe Ihnen mit viel Geduld und mit großer Aufmerksamkeit zugehört, als Sie den Hauptteil Ihrer Rede dazu verwendet haben, sich mit einer Materie zu befassen, durchaus diskussionswürdige Argumente einzubringen, die aber leider Gottes nichts oder nur am Rande oder nur dem Thema nach mit der Regierungsvorlage zu tun haben. All das, was Sie betreffend das Insolvenzrecht, die Konkursordnung, die Ausgleichsordnung, die Anfechtungsordnung und darüber, was wir diesbezüglich in der näheren Zukunft zu diskutieren haben werden, gesagt haben, werden wir inhaltlich sicher zu besprechen haben.

Ich habe einige Punkte Ihrer Ausführungen nicht nur als diskussionswürdig, sondern durchaus auch als logisch nachvollziehbar empfunden. Nur, seien Sie mir bitte nicht böse: Wir diskutieren heute hier nicht über eine neue Konkursordnung. Wir diskutieren heute hier nicht über ein neues Insolvenzrecht. Daher muß ich schon sagen, lieber Kollege Krüger ... (Abg. Dr. Graf: Aber den inneren Zusammenhang werden Sie doch nicht leugnen!)

Lieber Kollege Krüger und lieber Kollege Graf, Sie mögen vielleicht Großmeister in der Wissenschaft dieser Gesetze sein (Abg. Dr. Graf: Das hat niemand behauptet!) , aber erlauben Sie mir den bescheidenen Hinweis: Nicht nur der Krüger und der Graf haben mit diesen Sachen auch beruflich zu tun, auch der Fuhrmann. (Abg. Dr. Graf: Es hat niemand etwas anderes behauptet!) Also gestehen Sie mir bitte zu, daß ich auch ein bißchen etwas von diesen Angelegenheiten verstehe. Punkt. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Graf: Das gestehen wir Ihnen doch zu!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren des Hohen Hauses! Dies gesagt und dem Kollegen Krüger zugesagt habend, daß wir all das in der Insolvenzrechtsfrage sehr ausführlich miteinander diskutieren werden müssen, im Interesse der österreichischen Wirtschaft, im Interesse der Selbständigen und der Unselbständigen, die dort ihr Geld verdienen, möchte ich mich jetzt wieder dem EU-Gesellschaftsrechtsänderungsgesetz zuwenden und für jene Kolleginnen und Kollegen des Hohen Hauses, die sich nicht so intensiv mit dieser Materie befaßt haben wie wir Mitglieder des Justizausschusses, noch einmal erwähnen, warum wir das heute beschließen wollen: Deshalb, weil wir seit 1. Jänner 1994, dem Inkrafttreten des EWR-Vertrages, die Verpflichtung übernommen haben, die Bestimmungen über das Gesellschafts


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recht an die Richtlinien gemäß dem Anhang XXII des EWR-Abkommens binnen zwei Jahren anzupassen und in innerstaatliches Recht umzusetzen.

Worum geht es dabei, meine sehr geehrten Damen und Herren? – Es geht erstens um die Umsetzung der Publizitäts- und Zweigniederlassungsrichtlinie. Wir hatten zwar mit dem Firmenbuchgesetz schon einen großen Schritt in diese Richtung gesetzt, aber es waren jetzt noch Ergänzungen vorzunehmen, welche wir uns damals ganz bewußt aufgehoben haben. Es ist dies also kein Versäumnis, sondern wir haben damals gesagt, das machen wir dann gemeinsam mit dem Gesellschaftsrechtsänderungsgesetz, nämlich die Neuregelung der Nichtigkeitsgründe, für die Kapitalgesellschaften Offenlegung inländischer Zweigniederlassungen von ausländischen Kapitalgesellschaften.

Es handelt sich zweitens, meine Damen und Herren, um die Umsetzung der Kapitalrichtlinie, wodurch gleichwertige Voraussetzungen des Gläubiger- und Aktionärsschutzes in allen Mitgliedstaaten geschaffen werden sollen. Das hat zu tun mit den Vorgängen bei der Gründung, bei Sacheinlagen, Kapitalerhöhungen und Änderungen.

Drittens: Verschmelzungsrichtlinie – also die Frage der Verschmelzung von Kapitalgesellschaften: Aktiengesellschaft mit Aktiengesellschaft beziehungsweise Aktiengesellschaft mit Gesellschaft mit beschränkter Haftung.

Viertens: Bilanzkonzern- und Bilanzprüferrichtlinie. Diesen Bereich betreffend haben wir, meine sehr geehrten Damen und Herren, hier bei uns in Österreich im wesentlichen durch das Rechnungslegungsgesetz die notwendigen Bestimmungen bereits geschaffen und können daher davon ausgehen, daß diese Richtlinie schon umgesetzt ist. Wir haben auch hier noch einige Adaptierungen, einen Feinschliff vorgenommen; unter anderem bei der Festschreibung der Einteilung der Kapitalgesellschaften in kleine, mittelgroße und große. Das ist gar keine so kleine Veränderung, da wird mir Kollege Rosenstingl – ja, der nickt – beipflichten. (Abg. Rosenstingl: Ich habe nicht genickt!) Haben Sie nicht genickt? Okay. Dann bitte ich um Entschuldigung. Ich wollte Ihnen nicht schaden, indem ich Sie verdächtige, daß Sie mir zustimmen. (Abg. Rosenstingl: Aber es ist so!) Sie stimmen mir zu. Geht in Ordnung.

Das ist also eine durchaus wesentliche Sache, die wir jetzt hier mit diesem Gesellschaftsrechtsänderungsgesetz schaffen.

Wir haben die Spaltungsrichtlinie umzusetzen, auch noch genauer. Wir haben seit dem Jahr 1993 das Spaltungsgesetz, das sich nach Aussage aller Fachleute, die damit zu tun haben, bewährt hat, und wir haben in Zukunft auch die Möglichkeit, nicht nur einstimmige, sondern auch mit Mehrheit beschlossene Spaltungen durchzuführen, wobei natürlich die flankierenden Bestimmungen zum Schutz jener, die überstimmt worden sind, einzuführen sind.

Letztlich haben wir, das hat Krüger schon ausgeführt – das hat er zu dieser Gesetzesvorlage ausgeführt –, die Einpersonengesellschaftsrichtlinie, womit wir in Österreich jetzt sinnvollerweise und vernünftigerweise die Strohmannpraxis nicht mehr brauchen, die wir in der Vergangenheit immer gebraucht haben. Es hat halt irgend jemand den zweiten Gesellschafter abgegeben und ist dann binnen kürzester Zeit wieder verschwunden. Das ist sicher ein Kostenfaktor, der diesen Unternehmerinnen und Unternehmern jetzt nicht mehr auf den Kopf fällt. Nichts ist umsonst, und daher ist das sicher eine vernünftige Sache und paßt etwas an die Realität des Lebens an. (Abg. Meisinger: Das ist wieder typisch: Nichts ist umsonst! – Zwischenruf bei den Freiheitlichen.) Jawohl, Herr Kollege. Nicht einmal der Tod ist umsonst, denn der kostet das Leben, wie Sie sicher wissen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist, wie sich ... (Zwischenruf des Abg. Dkfm. Holger Bauer. ) Bauer! Ich würde jetzt als Holger Bauer, wenn sich die Zwischenrufe in diese Richtung zu entwickeln beginnen, ein bißchen vorsichtig sein und mich, Fuhrmann, nicht provozieren. Okay? (Abg. Dkfm. Holger Bauer: Das war nicht ernst gemeint!) Ausgemacht, geht in Ordnung.

Meine Damen und Herren! Die Umsetzung all dieser Richtlinien hat eine umfangreiche Änderung der österreichischen Rechtslage betreffend Handels- und Gesellschaftsrecht bedingt.


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Wenn ich nur kurz auflisten darf, welche Gesetze da geändert werden: Handelsgesetzbuch, Aktiengesetz, GesmbH-Gesetz, EWIV-Ausführungsgesetz, Firmenbuchgesetz, Gerichtskommissärsgesetz, Jurisdiktionsnorm, Genossenschaftsverschmelzungsgesetz, Gerichtsgebührengesetz, Bankwesengesetz, Sparkassengesetz, Versicherungsaufsichtsgesetz. Es ist das daher in der Tat die größte Änderung des österreichischen Handels- und Gesellschaftsrechtes seit fünf Jahrzehnten. (Abg. Dr. Graf – auf die Bankreihen zeigend –: Deswegen ist das Interesse so "groß"!)

Das ist vielleicht wirklich eine Materie, die für Insider, die damit zu arbeiten haben, von höchstem Interesse ist, aber für andere, die sich nicht ohne Grund in diesen Fragen der Dienste der rechtsberatenden Berufe bedienen, kann ich mir vorstellen, ist das vielleicht eine ein bißchen sperrige Materie, die sie nicht so sehr interessiert und in die sie sich vorher noch einlesen müßten.

Aber – zum Schluß kommend –: Diese riesengroße Änderung des österreichischen Handels- und Gesellschaftsrechtes – es ist dies die größte seit fünf Jahrzehnten, seit dem Zweiten Weltkrieg – wird unser Gesellschaftsrecht europäischen Standards anpassen. Das ist für diejenigen, die dieses österreichische Gesellschaftsrecht in ihrer wirtschaftlichen und beruflichen Situation anzuwenden haben, sehr wichtig, weil damit auch auf diesem Gebiet – "Waffengleichheit" ist vielleicht zu dramatisch – Gleichheit des Werkzeuges geschaffen wird. Daher meine ich, daß man bei dem gewaltigen Umfang dessen, was da zu machen war, nicht über die eingetretene Verspätung mosern muß. (Abg. Scheibner: Das "Mosern" ist gefährlich!) Nicht "mosern" im Sinne des in diesem Raum ohnehin im Moment nicht Anwesenden, das war kein Hinweis auf Kollegen Moser vom Liberalen Forum.

Aber wenn es Herrn Scheibner stört, daß ich "mosern" gesagt habe (Abg. Scheibner: Ich habe gesagt, das ist gefährlich!), dann verbessere ich mich und sage: Es ist nicht notwendig, zu nörgeln, daß wir die Zweijahresfrist, die wir durch den EWR-Vertrag einzuhalten gehabt hätten und die mit Jänner 1996 abgelaufen ist, nicht eingehalten haben. – Nun gut, wir haben jetzt Mai, aber ich glaube, es war es wert, diese paar Monate noch gebraucht zu haben, um auch einige von den Betroffenen und Rechtsunterworfenen eingebrachte Bedenken und Gedankengänge vernünftigerweise noch einzuarbeiten.

Ich meine daher, daß das eine sehr positive Sache und wirklich eine Vorlage ist, der man guten Gewissens zustimmen kann. (Beifall bei der SPÖ.)

11.34

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Rosenstingl. – Bitte.

11.34

Abgeordneter Peter Rosenstingl (Freiheitliche): Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dieses Gesellschaftsrechtsänderungsgesetz ist in vielen Bereichen sinnvoll; meine Vorredner haben ja schon einiges angeführt, für das das zweifellos zutrifft. Ich möchte mich ganz kurz mit einigen Bestimmungen auseinandersetzen, die, wie ich meine, hinsichtlich der kleinen Gesellschaften doch etwas kritischer zu betrachten sind: Ich meine damit die Offenlegungsbestimmung auch für die kleinen GesmbHs, die nach § 278 HGB jetzt dazu verpflichtet werden, die Bilanz beim Firmenbuchgericht einzureichen.

Wir müssen uns die Frage stellen, wie sinnvoll das sein wird. Wird damit tatsächlich ein positiver Effekt erzielt werden, oder bedeutet das nur zusätzlichen bürokratischen Aufwand für solche kleinen Gesellschaften? – Ich glaube, daß der Hintergedanke, der damit zweifellos verbunden ist, nämlich daß die Hinterlegung ein Gläubigerschutz sein soll, nicht in Erfüllung gehen wird, und zwar deswegen, weil ich aus der Praxis weiß, daß solche Hinterlegungen äußerst spät oder zum spätestmöglichen Zeitpunkt erfolgen werden. Ich nehme auch an, daß in vielen Fällen die Frist von neun Monaten – obwohl sie natürlich Gesetz ist, das weiß ich – überschritten werden wird. Es wird daher wahrscheinlich so sein, daß eine Einschaumöglichkeit durch einen Gläubiger oder einen Geschäftspartner erst ein Jahr nach dem Bilanzstichtag erfolgen kann – wir alle wissen, daß das dann für die Betroffenen nicht mehr sehr aussagekräftig sein wird.


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Es wird meiner Meinung nach für einen Unternehmer auch unmöglich sein, daß er sagt: Jetzt habe ich die Möglichkeit, dort Einschau zu halten, jetzt schaue ich mir alle Geschäftspartner im Firmenbuch an. Das wird schon aus Zeitgründen nicht gehen. Man wird sich weiterhin, was Gläubigerschutz und Bonität betrifft, auf andere Möglichkeiten verlassen müssen, auf Bankauskünfte und dergleichen, um die Kreditwürdigkeit von Geschäftspartnern festzustellen. Es ist zu befürchten, daß allein der zusätzliche Bürokratieaufwand für diese kleinen Gesellschaften übrigbleibt.

Ich glaube auch, daß es gar nicht so sicher ist, daß das Firmenbuchgericht überhaupt in der Lage ist, alle Hinterlegungspflichten nachzuvollziehen beziehungsweise lückenlos zu überprüfen.

In diesem Zusammenhang müssen wir daher in diesem Haus auch die Strafregelungen, die damit verbunden sind, kritisch betrachten, da sie insbesondere für die kleinen Gesellschaften, wenn sie eine Verzögerung haben oder einmal etwas vergessen, doch etwas zu hoch sind. Ich möchte daher durchaus vor dem Hintergrund, daß dieses Gesellschaftsrechtsänderungsgesetz in Zukunft ein wesentlicher Bestandteil für die rechtlichen Angelegenheiten ist, bitten, drei Punkte in diesem Zusammenhang zu beachten.

Herr Bundesminister! Sie würde ich bitten, dafür Sorge zu tragen, daß es zumindest in einer Übergangszeit bei Verspätungen, Verzögerungen oder beim Vergessen des Einreichens nicht gleich zu Strafvorschreibungen kommt, denn es ist das eine neue Materie, an die sich auch die Unternehmer gewöhnen müssen. Wir wissen ja aus der Praxis, daß, obwohl wir die Bestimmung haben, daß man jedes Jahr im Firmenbuch eine Gesellschafterliste vorlegen muß oder eine Nullmeldung, wenn sich nichts verändert hat, dies, insbesondere wenn es eine Nullmeldung ist, nicht geschieht. Es wird also auch das eines Gewöhnungszeitraumes bedürfen. Ich würde daher bitten, in dieser Hinsicht mit Strafvorschreibungen wirklich vorsichtig umzugehen.

Außerdem ersuche ich alle Kolleginnen und Kollegen in diesem Haus, daß wir uns gemeinsam die Praxis dieser Hinterlegungspflicht für kleine GesmbHs und den Effekt, der daraus entstehen soll – ob es überhaupt etwas bringt –, vielleicht auch in einem Beobachtungszeitraum von zwei Jahren anschauen, uns anschauen, ob das wirklich sinnvoll war. Wenn wir dann zu dem Schluß kommen, daß das, was der einzige Hintergedanke sein kann, nämlich Gläubigerschutz oder Insolvenzvorbeugung, durch diese Hinterlegung nicht gegeben ist, dann, würde ich vorschlagen, sollten wir uns zusammensetzen und überdenken, ob man einen solchen Paragraphen, der keine Praxiswirkung hat, vielleicht wieder total streicht. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Als dritten Punkt möchte ich hier festhalten – es ist mir wirklich wichtig, daß das im Protokoll steht –: Herr Kollege Fuhrmann hat Kosten angeschnitten. Ich und meine Fraktion setzen voraus, daß diese Hinterlegungspflichten – wie lange auch immer sie bestehen bleiben; ob für ewig oder nicht – nie zu Kostenbelastungen in der Form führen dürfen, daß irgendwann eine Regierung kommt und sagt, in Zukunft ist auch die Hinterlegung mit einer Stempelmarke oder mit Kosten in der Höhe von 0,1 Prozent des Stammkapitals oder sonst einer Gebühr verbunden. Wir müssen wirklich dafür Sorge tragen – wir als Gesetzgeber –, daß es in diesem Bereich nie zu Gebührenvorschreibungen kommt.

Im Interesse einer praxisorientierten Gesetzgebung bitte ich Sie alle, diese drei Punkte zu beachten. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

11.40

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Dr. Fekter. – Bitte, Sie haben das Wort.

11.40

Abgeordnete Mag. Dr. Maria Theresia Fekter (ÖVP): Herr Minister! Herr Präsident! Hohes Haus! Das Gesellschaftsrechtsänderungsgesetz ist eine sehr trockene Materie, wiewohl es eines der umfangreichsten und dicksten Gesetze ist, die der Justizausschuß jemals beschlossen hat. Ich glaube auch, daß dessen Bedeutung für das österreichische Wirtschaftsleben außergewöhnlich ist, wiewohl sich natürlich dann die Wirtschaftstreuhänder, Steuerberater und Sachverständigen am meisten mit diesem Gesetz auseinandersetzen werden.


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Daß das Gesetz unser Wirtschaftsleben beeinflussen wird, erkennen Sie daran, daß 86 000 GesmbHs davon betroffen sein werden, ebenso wie alle AGs und Kapitalgesellschaften. Es ist geleitet vom Prinzip des Gläubigerschutzes, des Anlegerschutzes – insbesondere für Kleinanleger – und der Fairneß bei ungleichen Machtverhältnissen – insbesondere im Fall der Verschmelzung, Spaltung oder Umwandlung.

Im Interesse des Gläubigerschutzes – und das ist heute schon von einigen Vorrednern erwähnt worden – soll es zu einer verbesserten Transparenz der Bilanzen kommen. Eine neue Publizitätspflicht erlaubt erstmalig einen Einblick in Geschäftsdaten über das Firmenbuch.

Ich stimme Herrn Kollegen Rosenstingl nicht zu, wenn er meint, das wäre nur eine Hülse, die nicht wirklich auf dem Markt genützt wird. Ich habe selber in meinem Unternehmen erlebt, daß Asphaltaufträge in Millionenhöhe auf einem Lagerplatz noch durchgeführt wurden, obwohl drei Tage später der Konkurs angemeldet wurde. Auskunfteien und Bankauskünfte konnten mir damals nicht helfen, weil eben keine Daten vorlagen.

Ich bin überzeugt davon, daß speziell bei Bankauskünften und Auskunfteien in Hinkunft durch diese Offenlegungspflicht ehrlichere Zahlen auf dem Markt kolportiert werden, die offenlegen, wie es dem Unternehmen tatsächlich geht. Ich werde mich hüten, für ein Unternehmen, das bereits über drei, vier Jahre seine Bilanzen dem Firmenbuch entweder gar nicht vorgelegt hat beziehungsweise dessen Bilanzdaten so aussehen, daß ich fürchten muß, das Geld nicht zu bekommen, für ein solches Unternehmen Aufträge in Millionenhöhe ohne Sicherheiten durchzuführen.

Ich bin daher im Hinblick auf den Gläubigerschutz sehr froh darüber, daß wir hier EU-konform vorgehen und daß es neue Publizitätspflichten gibt, die auch per Strafe erzwungen werden können. Diese Strafe ist natürlich schmerzvoll, insbesondere wenn es kleine Gesellschaften betrifft, aber ich halte dies im Hinblick auf den volkswirtschaftlichen Schaden, den große Pleiten anrichten, für gerechtfertigt. Ich halte es auch für gerechtfertigt, diese Neun-Monate-Frist einzufordern, während der die Bilanz an das Firmenbuch zu übersenden ist, denn es entspricht einem ordentlichen Kaufmann, daß er einen Überblick über seine Zahlen hat.

Kleine GesmbHs haben eine vereinfachte Publizitätspflicht ihrer Bilanz. Als klein gelten vor allem jene GesmbHs, die zwei der folgenden drei Merkmale im Zeitraum von zwei Jahren aufweisen: 37 Millionen Schilling Bilanzsumme, 74 Millionen Schilling Umsatz beziehungsweise 50 Arbeitnehmer.

Wir wissen aus Erfahrungen, die in Deutschland gemacht wurden, wo es schon seit Jahren ähnliche Vorschriften gibt, daß sich die Unternehmen – publizitätsscheu wie sie sind – nicht daran halten. Die EU hat daher in Deutschland ein Rügeverfahren eingeleitet und die Bundesregierung in Deutschland aufgefordert, der Umsetzung dieser Richtlinie, dem Vollzug dieser Gesetze nachzukommen. In der Stellungnahme Deutschlands wird darauf verwiesen, daß die deutsche Bundesregierung die Rechtsauffassung vertritt, daß, wenn man diesen Publizitätsvorschriften nicht nachkommt, die Beschränkung der Haftung hinfällig ist.

Ein Damoklesschwert, das sich Österreichs Geschäftsführer und Eigentümer von GesmbHs vor Augen halten sollen: Wenn sie diese Vorschriften nicht einhalten, können sie unter Umständen in die Haftung miteinbezogen werden, und dann wirkt die beschränkte Haftung einer GesmbH nicht mehr. Es ist das wohlgemerkt noch nicht ausjudiziert, es ist aber ein Rechtsstandpunkt, den man sehr wohl vertreten kann.

Neben der Offenlegungspflicht im Hinblick auf den Gläubigerschutz ist für mittlere Gesellschaften – das sind jene zwischen den vorhin genannten Kriterien und 150 Millionen Schilling Bilanzsumme, 300 Millionen Schilling Umsatzerlös und 250 Arbeitnehmer, ab diesen Zahlen spricht man von großen Kapitalgesellschaften – sowie für große Kapitalgesellschaften in Hinkunft auch ein Abschlußprüfungsvermerk durch einen Buchprüfer notwendig. Es muß also wohlgemerkt nicht nur der Steuerberater die Bilanz absegnen, sondern ein Bilanzprüfer muß einen Abschlußbestätigungsvermerk erteilen.


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Wie erwähnt, kann diese Offenlegungspflicht durch Strafen von 50 000 S und einer weiteren von noch einmal 50 000 S erzwungen werden. Ich halte das für gerechtfertigt, weil es dem Schutz auf dem Markt dient, wenn es diesbezüglich hier zu mehr Transparenz kommt.

Im Hinblick auf die Pleitewelle, die wir derzeit erleben, ist diese Strafe – wenn sie für kleine GesmbHs auch sehr hoch erscheint – vermeidbar, wenn man sich daran hält und binnen neun Monaten die Bilanz an das Firmenbuch übermittelt.

Auch im Aktienrecht soll künftig ein klareres Bild der tatsächlichen Verhältnisse und der wirtschaftlichen Situation der Unternehmen gezeichnet werden, zum Beispiel durch eine Beschränkung des Erwerbs von eigenen Aktien mit 5 Prozent; da steht der Anlegerschutz im Vordergrund. Dem Anlegerschutz dient auch eine Beschränkung der Inpfandnahme von eigenen Aktien.

Detaillierte Vorschriften bezüglich der Bilanzlegung, wie zum Beispiel ein Wertaufholungsgebot, Abschreibungsregelungen und Rücklagendefinitionen, ergänzen das bei uns bereits geltende Rechnungslegungsgesetz und sollen österreichische Bilanzen gemäß den EU-Richtlinien einerseits vergleichbar machen und andererseits soll die tatsächliche Situation der wirtschaftlichen Verhältnisse EU-konform wiedergegeben werden.

Zum Prinzip der Fairneß bei ungleichen Machtverhältnissen gehen wir hier in Österreich einen von der EU abweichenden neuen Weg. Wir haben ein Modell in das Gesetz eingebaut, das die Überprüfung von Umtauschverhältnissen auf eine ganz neue Art und Weise regelt. Wir setzen ein Gremium zur Überprüfung ein, das einerseits ein Gutachten für das Gerichtsverfahren erstellen, andererseits auch zur Streitschlichtung generell herangezogen werden kann.

Wir kennen die Drittwirkung bei solchen Überprüfungsverfahren, das heißt, es soll nicht zu einer Prozeßflut kommen, weil sich jeder das Recht selber erstreiten muß, sondern das Ergebnis der Anfechtung über das Umtauschverhältnis soll Drittwirkung für alle entfalten. Da ist einerseits dem Anlegerschutz, andererseits aber auch dem Unternehmen gedient, daß rasch Klarheit herrscht, wie diese Fairneß bei ungleichen Machtverhältnissen zu gelten hat, und daß die Unternehmen, die einer Verschmelzung oder Umwandlung unterlegen sind, rasch wissen, wie sich ihre Verhältnisse darstellen.

Es ist weiters in diesem neuen Modell auch die Möglichkeit vorgesehen, zu entscheiden, wer anfechten darf. Da sind wir im Hinblick auf eine gewisse Höhe des Grundkapitals beziehungsweise der Besitzverhältnisse im Nominale einen Mittelweg gegangen.

Man wird sehen, wie sich dieses Modell bewährt. Es soll helfen, die Korruption hintanzuhalten beziehungsweise die Mächtigen im Verhältnis zu Kleinanlegern nicht allzu unfair vorgehen zu lassen. Es ist weiters vorgesehen, daß ein bereits einmal eingeleitetes Verfahren auch zu Ende geführt wird und man nicht – jetzt sage ich einmal: durch Mit-Geld-Überschütten desjenigen, der sich zuerst beschwert – versucht, Ruhe zu schaffen, sondern wenn die Verhältnisse unklar sind, dann soll das Verfahren auch zu Ende geführt werden.

Es ist das ein sehr moderner, neuer Weg, den die Europäischen Union in diesem Ausmaß nicht kennt. Sie können meinen, ein typisch österreichischer, der auf großen Konsens ausgerichtet ist. Wir werden sehen, wie er sich insgesamt bewähren wird.

Im Wirtschaftsleben wird dieses Gesetz, das ausgesprochen umfangreich ist, mit Sicherheit mehr Transparenz, mehr Gläubigerschutz, mehr Anlegerschutz und mehr Fairneß insgesamt auf dem Markt bringen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

11.52

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Barmüller. – Bitte, Herr Abgeordneter.

11.52

Abgeordneter Mag. Thomas Barmüller (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Als vierter Proredner zu einem Gesetz hat man es nicht


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leicht, auch wenn es umfangreich ist, wie Frau Abgeordnete Fekter gesagt hat. Es ist aber darüber hinaus auch komplex und kompliziert.

Es ist bereits gesagt worden, daß der Grund für diese größte Änderung im Bereich des Handelsrechtes nach dem Zweiten Weltkrieg im Beitritt zur Europäischen Union und in der Anpassung, die damit gegeben ist, liegt, wobei sich der Umsetzungsbedarf hauptsächlich auf die Kapitalrichtlinie, auf die Verschmelzungsrichtlinie und die Spaltungs- und Einpersonengesellschaftsrichtlinie beschränkt.

Es ist dies, meine Damen und Herren – und das sei allen Kritikern der Europäischen Union gesagt –, ein Zeichen dafür, wie stark der Anpassungsdruck einer solchen Gemeinschaft, eines solchen Integrationsprozesses auch über die Grenzen der unmittelbaren Mitglieder hinaus ist, weil nämlich bereits im Rechnungslegungsgesetz, im Firmenbuchgesetz und auch im Gesellschaftsrechtsänderungsgesetz 1993 viele Änderungen vorweggenommen worden sind.

Es hat aber noch Umsetzungsbedarf gegeben, das wurde bereits vom Herrn Abgeordneten Krüger angesprochen, es ist auch bereits Frau Abgeordnete Fekter sehr detailliert darauf eingegangen. Es gibt zu dem, was bereits gesagt wurde, Neuregelungen: eine Neuregelung der Nichtigkeitsgründe für Kapitalgesellschaften, es wird sich auch für die Aktiengesellschaften einiges ändern: im Bereich der Sacheinlagen, bei der Gründung, bei den eigenen Aktien sowie bei den Kapitalerhöhungen.

Umfassende Auswirkungen in der Praxis werden natürlich die neuen Vorschriften haben, die sich aus einer neuen Einteilung der Kapitalgesellschaften ergeben: Es gibt nun nicht nur kleine und große, sondern kleine, mittelgroße und große. Dies wird sich insbesondere im Hinblick auf die Form der Aufstellung, der Prüfung und der Offenlegung des Jahresabschlusses auswirken.

Schön ist auch, daß man endlich dazu übergegangen ist, Einpersonengesellschaften – die ja de facto in der Praxis mit Strohmännern im Bereich der GesmbHs bereits geschaffen wurden – zuzulassen. Das ist endlich eine praxisorientierte Änderung, die notwendig war.

Ich möchte noch kurz darauf eingehen, nachdem bereits sehr vieles dazu gesagt wurde, wie das mit dem § 208 Handelsgesetzbuch war, bei dem im Abänderungsantrag ein Entfall der Absätze 2 und 3 vorgesehen war. Das hat bei uns im Klub zu einer sehr umfangreichen Diskussion geführt. Es ist eigentümlich, aber das liegt vor allem daran, daß, wenn einige Abgeordnete zum Beispiel in den Büros in der Schenkenstraße sitzen, die Zustellung der Berichte etwas länger dauert als sonst. Wir hatten eigentlich bei den Vorbesprechungen – ich habe das damals mitgeschrieben – nur vorgesehen, daß eine Änderung im Bericht gemacht wird und daß ein entsprechender Text vom Bundesministerium für Finanzen vorbereitet wird.

Ich freue mich jetzt, zu hören, insbesondere nach den Bedenken, die geäußert wurden, die auch bei uns in der Fraktion großen Widerhall gefunden haben, daß der § 208 HGB in seiner ursprünglichen Form in der Regierungsvorlage, wie er vorgesehen war, bestehen bleibt.

Daher, meine Damen und Herren, besteht auch von seiten der Liberalen überhaupt kein Grund, dieser Vorlage, die in den wesentlichen Bereichen eine EU-Anpassung ist – und im konkreten Zusammenhang des Entfalls des § 208 Absätze 2 und 3 eigentlich eine Anpassung an das Strukturanpassungsgesetz gewesen wäre –, die Zustimmung zu verweigern. – Danke. (Beifall beim Liberalen Forum.)

11.56

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Stoisits. – Bitte, Frau Abgeordnete.

11.56

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Geschätzter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Dieses doch wirklich umfassende Gesetzeswerk, das im Ausschuß zwar nicht in der Intensität diskutiert wurde, weil auch die Abgeordneten natürlich nicht über das Fachwissen verfügen, um jedes Detail werten zu können, das aber – davon konnten wir uns alle


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überzeugen – in einer wirklich intensiven Auseinandersetzung im Fachjuristenkreis dort bearbeitet wurde, findet selbstverständlich auch bei den Grünen Zustimmung, zumal es sich ja im wesentlichen – trotz einiger davon abweichender Punkte – um eine Anpassung des österreichischen Handels- und Gesellschaftsrechts an diese zwölf Richtlinien der EU handelt.

Ich meine ohnehin, daß es reichlich spät ist, daß man das Mitte des Jahres 1996 macht, obwohl wir ja schon seit 1. Jänner 1995 Mitglied der EU sind, auch wenn es eine Übergangsfrist gibt – aber das heißt ja nicht, daß man das bis zur letzten Minute aufspart. – Mein Kollege Professor Van der Bellen hat hier richtig bemerkt, daß man, wenn man sich in der Regierungsvorlage die Namen derer anschaut, die am Gesetzwerdungsprozeß beteiligt waren, sieht, daß das ausschließlich Juristen beziehungsweise Wirtschaftsjuristen und nicht Ökonomen waren. Was natürlich seltsam erscheint, wenn es sich um ein für die österreichische Wirtschaft, wie Kollegin Fekter gesagt hat, so maßgebliches und wesentliches Gesetz handelt. – Vielleicht könnte man künftig dieses Juristenmonopol bei so wesentlichen Gesetzesänderungen ein klein wenig durchbrechen.

Wir jedenfalls werden diesem umfassenden Gesetz zustimmen, einfach auch deshalb, um dem Anspruch, den wir Österreicher an uns selbst stellen, nämlich europareif zu werden, gerecht zu werden. (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum.)

11.58

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Trinkl. – Bitte, Herr Abgeordneter.

11.58

Abgeordneter Mag. Dr. Josef Trinkl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist schon von meinen Vorrednern auf die Geschichte dieses Gesellschaftsrechtsanpassungsgesetzes hingewiesen worden. Es handelt sich hiebei um ein großes Gesetzeswerk, wobei der Rest von noch zu transformierenden Bestimmungen heute hier beschlossen werden soll.

EU-Richtlinien stellen grundsätzlich einen Mindeststandard dar, den wir umsetzen müssen, gleichzeitig lassen sie dem nationalen Gesetzgeber aber auch noch Spielraum für eigene Regeln. – Und da ist Vorsicht geboten! Wir dürfen nicht der Versuchung erliegen, durch Fleißaufgaben Regelungen einzuführen, durch die unsere Rechtsanwender schlechter gestellt werden als die Rechtsanwender in anderen EU-Ländern.

Wenn es daher um die Umsetzung von EU-Richtlinien geht und wir abweichende Lösungen wählen, so darf das nicht zu mehr Bürokratie und zusätzlichen Kosten für unsere Betriebe führen. Und in diesem Punkt möchte ich dem Abgeordneten Rosenstingl recht geben: Wir müssen sehr genau kontrollieren, wie die neuen Bestimmungen wirken. Ich möchte auch an den Herrn Minister appellieren, am Anfang ein wenig Nachsicht zu üben, wenn die eine oder andere Bestimmung von den Betrieben nicht mit der "Akkuranz" angenommen wird, wie das Gesetz das vorsieht.

Im Mittelpunkt dieser gesetzlichen Regelungen steht der Gläubiger- und der Anlegerschutz, aber auch das Anliegen, den Wirtschafts- und Finanzstandort Österreich zu festigen. Ich möchte Herrn Abgeordneten Krüger – er ist nicht mehr im Saal – die Frage stellen, ob er es für schädlich hält, wenn sich Sozialpartner Gedanken darüber machen, das Insolvenzverfahren vorher abzufangen, also eine Sanierung einzuleiten, bevor es überhaupt zum offiziellen Insolvenzverfahren kommen muß.

Diese Vorgangsweise bringt sehr wohl auch Vorteile für die Betriebe. Sie führt dazu, die Kreditwürdigkeit nicht vorschnell zu verschlechtern, und diese Art einer vorgerichtlichen Sanierung erspart auch teure Anwalts- und Gerichtskosten.

Die Offenlegung der Jahresabschlüsse ist schon erwähnt worden. Es gilt festzuhalten, daß dabei für kleinere GesmbHs auch Erleichterungen vorgesehen sind. Es gilt auch, die Wirtschaftstreuhänder um Verständnis dafür zu bitten, daß es nicht möglich war, ihrem Wunsch auf Ver


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längerung der neunmonatigen Vorlagefrist entgegenzukommen. Ich glaube, daß da der Gläubigerschutz überwiegt.

Noch ein Gedanke dazu: Es geht darum, daß vor allem kleine Betriebe an die Bilanzerstellung betriebswirtschaftliche Überlegungen knüpfen. Es ist daher eine zügige Bilanzerstellung auch aus diesem Grunde sinnvoll.

Als Förderung von Klein- und Mittelbetrieben sehe ich auch die zukünftige Möglichkeit der Einpersonengesellschaft. Es war bisher nur möglich, die Gesellschaftsanteile nachträglich in einer Hand zu vereinigen. In Zukunft wird es aber nicht mehr nötig sein, sich eines Hilfsmannes oder eines Strohmannes zu bedienen, wenn man die Haftung auf ein Vermögen beschränken möchte, das man für eine bestimmte Tätigkeit einzusetzen bereit ist.

Letztendlich konnte auch den Wünschen der Rechtsanwälte entsprochen werden, Firmenbucheintragungen mittels EDV – genauso wie es den Notaren möglich ist – zu erstatten, sobald diese über die nötigen technischen Einrichtungen verfügen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die heutige Vorlage wurde gewissenhaft von vielen Wissenschaftern, Interessenvertretern und Fachleuten vorbereitet. Es galt, EU-Recht auszufiltern und in nationales Recht zu transformieren, aber es gelang auch, zahlreiche Anregungen aufzunehmen, sodaß auch ein deutlich österreichischer Touch bemerkt werden kann.

Wohltuend – das sei abschließend noch bemerkt – ist die Klarheit der Inkrafttretenstermine, sodaß jeder weiß, ab wann das neue Recht anzuwenden ist. Wir können daher mit gutem Gewissen empfehlen, dieser Vorlage die Zustimmung zu erteilen. – Ich danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

12.03

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Dr. Michalek. Ich erteile es ihm.

12.03

Bundesminister für Justiz Dr. Nikolaus Michalek: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die zunehmende wirtschaftliche Verflechtung erfordert zur Sicherung des Wirtschaftsstandortes in einem gemeinsamen Markt eines sich zunehmend integrierenden Europas eine weitestmögliche Angleichung und Harmonisierung der wirtschaftsrelevanten Rechtsvorschriften. Mit dem EU-GesRÄG werden sämtliche bisher noch nicht transformierte handels- und gesellschaftsrechtliche Richtlinien umgesetzt und damit der bisherige Umsetzungsbedarf von EU-Rechtsnormen im Justizbereich abgeschlossen.

Zur Verwirklichung des Grundsatzes der Niederlassungsfreiheit sind einheitliche rechtliche Standards in allen Mitgliedstaaten – insbesondere gleichwertige Bestimmungen des Gläubiger- und Aktionärsschutzes – zur Sicherung und Erhaltung des Unternehmenskapitals notwendig. Dem dient vor allem die Angleichung des Rechnungslegungsrechtes. Die neuen Bestimmungen über die Aufstellung, Prüfung und Offenlegung der Jahresabschlüsse aller Kapitalgesellschaften sollen eine bessere auch internationale Vergleichbarkeit der Einzel- und Konzernjahresabschlüsse ermöglichen.

Die Gewährleistung vergleichbarer Informationen über die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage eines Unternehmens wird zu mehr Aussagekraft und Transparenz führen, sowohl zur besseren und auch früheren Eigeninformation der Unternehmensführung als auch zum Schutz der Gesellschafter und Gläubiger, aber auch der Dienstnehmer des Unternehmens. Es wird damit aber auch ein Beitrag zur Früherkennung und möglichsten Vermeidung von Insolvenzen geleistet.

Zur Frage der Veröffentlichung möchte ich darauf hinweisen, daß die Einhaltung der Verpflichtung zur fristgerechten Offenlegung des Jahresabschlusses von Amts wegen durch die Firmenbuchgerichte erfolgen wird und daß im Interesse der Einsichtswilligen diese Offenlegung durch die Einreichung zum Firmenbuch in dasselbe eingetragen und veröffentlicht werden wird.


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Das ADV-Firmenbuch stellt die technischen Voraussetzungen dafür bereit, daß dies möglichst personalschonend erfolgen kann.

Die – von einem Vorredner angesprochene – Jahresliste gibt es nicht mehr. Die Verhängung einer Zwangsstrafe – das möchte ich zur Beruhigung sagen – ist davon abhängig, daß zunächst eine Aufforderung zur Vorlegung erfolgt, dann eine Androhung der Zwangsstrafe, und erst dann kann eine Zwangsstrafe verhängt werden.

Meine Damen und Herren! Um den Unternehmen eine optimale Anpassung ihrer gesellschaftsrechtlichen Struktur an die betrieblichen Erfordernisse, an die jeweiligen steuerlichen Rahmenbedingungen und an die Anforderungen des größeren Marktes zu ermöglichen beziehungsweise zu erleichtern und damit auch ihre Konkurrenzfähigkeit zu stärken, wurden die Umgründungsvorgänge unter Bedachtnahme auf die Schutzbedürftigkeit der Gesellschafter – insbesondere der überstimmten Minderheitsgesellschafter – durchgreifend neu geregelt.

Die Neuregelungen im Firmenbuchgesetz über die elektronische Anbringung beziehungsweise Entgegennahme und Weiterleitung von Anmeldungen zur Eintragung ins Firmenbuch durch Rechtsanwälte beziehungsweise Notare sowie die damit zusammenhängende generelle Verpflichtung der Rechtsanwälte in der Rechtsanwaltsordnung, für die zu einer zweckmäßigen Parteienvertretungstätigkeit erforderlichen technischen Einrichtungen Sorge zu tragen, sind weitere Schritte auf unserem Weg zur Erneuerung des Justizbetriebes durch den Einsatz moderner Informationstechnik.

Um größtmögliche Rationalisierungseffekte erzielen zu können, bedarf es nicht nur der Reformmaßnahmen innerhalb der Justiz, also bei den Gerichten, sondern auch der Bereitschaft der Rechtsberufe, diese Modernisierungen mitzutragen und daran mitzuwirken. Diese Kooperationsbereitschaft haben die Vertreter des Österreichischen Rechtsanwaltskammertages und der Österreichischen Notariatskammer im Rahmen der Vorbereitungen dieses Gesetzes in hohem Maße gezeigt.

Meine Damen und Herren! Zum Schluß möchte ich nicht ganz ohne Stolz sagen, daß dieses Gesetz die umfangreichste Änderung des österreichischen Handels- und Gesellschaftsrechtes seit 1945 ist. Ihm gehen etwa zweieinhalb Jahre dauernde Vorarbeiten im Bundesministerium für Justiz voraus. Mit den einzelnen Materien haben sich vier Arbeitsgruppen in über hundert Sitzungen befaßt, in welche nicht nur Vertreter der Interessengruppen – darunter keineswegs bloß Juristen – eingebunden waren, sondern auch namhafte Rechtswissenschafter. Ich möchte es nicht verabsäumen, allen hieran Mitwirkenden und an dieser doch sehr spröden Materie Großes Leistenden auch von dieser Stelle aus meinen Dank zu sagen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie Beifall des Abg. Mag. Barmüller .)

12.09

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Danke, Herr Bundesminister. Als vorläufig letzter Redner hiezu ist Herr Abgeordneter Mag. Peter zu Wort gemeldet. – Bitte.

12.09

Abgeordneter Mag. Helmut Peter (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Diese Materie, die der Justizausschuß bearbeitet hat, ist ohne Zweifel eine, die sehr weit in die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen eingreift. Es ist eine neue Regelung, die ich begrüße, die aber die Stunde der Wahrheit für eine Vielzahl von Unternehmungen in Österreich bringen wird. Aus dem Dunkel der Nacht wurde vieles ans Licht gebracht: die Veröffentlichung der wirtschaftlichen Lage der Kapitalgesellschaften.

Das Ganze gewinnt noch eine zusätzliche Dimension, wenn man die nützliche und wertvolle Diskussion der Sozialpartner über die Insolvenzrechtsänderung in die Überlegungen miteinbezieht. Wenn das Eigenkapital einer Firma 5 bis 10 Prozent unterschreitet, soll ein Sanierungsverfahren – ein Chapter-Eleven-Verfahren – in Kraft treten. Der Geschäftsführer wird nach diesem Vorschlag zusätzlich mit der Haftung des doppelten Stammkapitals bedroht, und die Finanzierung der Durchführung früher abgewiesener Konkursanträge soll auf Kosten des Geschäftsführers oder des Gesellschafters erfolgen.


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Ich wage anzumerken: Wenn zum Beispiel eine Einzelfirma in Konkurs geht, gibt es das Instrument des Offenbarungseides. Und jemanden, der nichts hat, kann man auch nicht die Verfahrenskosten einer Insolvenzabwicklung tragen lassen. Die Frage ist also – das werden die Sozialpartner noch beantworten müssen –, wer in diesem Fall die Kosten des Insolvenzverfahrens wirklich trägt.

Ich begrüße diesen Gesetzentwurf, weil er richtig ist, weil er neue Rechtssicherheit, neue Transparenz schafft. Ich frage aber noch einmal: Was heißt das in der Realität für die Unternehmungen dieses Landes?

Die Oesterreichische Nationalbank erhebt die Medianwerte für die Eigenkapitalausstattung verschiedener Branchen in Österreich. Median heißt, daß 50 Prozent der Betriebe besser, aber 50 Prozent der Betriebe schlechter sind als dieser Wert. Beim Handel tendiert die Eigenkapitalausstattung in den letzten Jahren gegen Null. In der Hotellerie liegt die Eigenkapitalausstattung im Durchschnitt bei minus 10 Prozent, in der Gastronomie bei minus 30 Prozent.

Wenn wir jetzt dieses Gesetz in Kraft treten lassen – und wir sollten es tun, weil es ein europäisches Gesetz ist – und gleichzeitig über die Insolvenzrechtsänderung diskutieren, dann heißt das, daß sich von den drei genannten Branchen mindestens die Hälfte, eher zwei Drittel der Betriebe einem Sanierungsverfahren zu stellen haben. Wir sollten also darüber nachdenken, warum das so ist. Warum gab es eine solche Vielzahl von Insolvenzen in Österreich? – Nur dadurch wurden bisher die Probleme ans Tageslicht gebracht. Jetzt wird die bittere Wahrheit schon wesentlich früher aufgezeigt.

1995: 63 Milliarden Schilling Insolvenzvolumen; 5 000 von 250 000 Unternehmungen mußten den Gang zum Konkursrichter antreten. Das sind 2 Prozent der bestehenden Unternehmungen dieses Landes! Für 1996 ist die Tendenz dieser Zahl steigend.

Meine Damen und Herren! Die Gründe dafür können doch nicht nur in der Unfähigkeit der Unternehmer dieses Landes liegen. Es ist ja fast nicht zu glauben, daß das so ist! Da mag es schon zu zu großen Entnahmen, unternehmerischen Fehlentscheidungen gekommen sein: Die Gründe werden wir als Politiker aber auch dort zu suchen haben, wo wir Einfluß haben, nämlich in der Frage der Gestaltung der Rahmenbedingungen in unserem Lande, in der Frage, welche Kostenpositionen wir für unsere Unternehmungen definieren, da in gewissen Branchen – nach diesen Überlegungen der Sozialpartner – weit über 50 Prozent eigentlich heute zum Konkursrichter gehen und ein Sanierungsverfahren beantragen müßten.

Ich möchte nur ein einziges Beispiel herausgreifen, um Ihnen klarzumachen, was ich meine. Dieses Hohe Haus – Sie, meine Damen und Herren – war sehr, sehr großzügig in der Beschlußfassung einer neuen Beauftragtenwelle. In der ersten Hälfte der neunziger Jahre, wurden hier Gesetze beschlossen, die erst jetzt, in der zweiten Hälfte der neunziger Jahre, kostenmäßig wirksam werden: Sicherheitsbeauftragte, Abfallbeauftragte, Lebensmittelbeauftragte, Betriebsärztegesetz und so weiter und so fort.

Was heißt das ganz konkret? – Für jede einzelne dieser Bestimmungen – wie Sicherheitsbeauftragte, Betriebsärztegesetz –, die Sie hier beschlossen haben, kann man natürlich argumentieren, daß sie wichtig und unverzichtbar ist. Aber haben Sie daran gedacht, welche Kosten sie verursachen, welche zusätzlichen Belastungen, damit Benachteiligungen hinsichtlich der Wettbewerbsposition und auch Beeinträchtigung der Beschäftigungslage Sie den Betrieben letztlich damit aufgebürdet haben? – Es muß klar festgehalten werden, daß diese Kostenpositionen nur ein Baustein, nur ein Bestandteil, nur ein Tropfen im überlaufenden Faß von Rahmenbedingungen sind, von Kosten, die Sie den Unternehmungen auflasten, welche sich dann selbstverständlich auf die Eigenkapitalsituation durchschlagen und dann mehr als die Hälfte gewisser Branchen zu Sanierungsfällen machen.

Meine Damen und Herren! Ich begrüße diesen Entwurf wirklich, und ich begrüße auch die Diskussion um die Insolvenzrechtsänderung, aber seien Sie sich dessen bewußt, wenn Sie daran weiterarbeiten, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, an welchem


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Schnürl Sie da ziehen, daß Sie die Spitze eines Eisberges ans Licht bringen! Und überlegen Sie sich, wie Sie politisch darauf reagieren werden!

Handlungsbedarf besteht auf jeden Fall. Handlungsbedarf besteht hinsichtlich Kostensenkungsprogrammen, Entbürokratisierungsprogrammen und des Aufbaues eines Risikokapitalmarktes, der jene Eigenkapitalbasis schafft, die Unternehmungen in Österreich offensichtlich nur in geringem Maße haben. Österreich ist Europa! Wir müssen uns jetzt auch europäischen Standards und Herausforderungen stellen. (Beifall beim Liberalen Forum.)

12.15

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet.

Die Debatte ist geschlossen.

Herr Berichterstatter, wünschen Sie ein Schlußwort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen nun zur Abstimmung.

Ich lasse nunmehr abstimmen über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 133 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Dr. Krüger und Genossen ein Verlangen auf getrennte Abstimmung hinsichtlich Artikel I Z 20 gestellt.

Ich werde daher zunächst über den vom Verlangen auf getrennte Abstimmung betroffenen Teil und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschußberichtes abstimmen lassen.

Wir kommen zur Abstimmung über Artikel I Z 20 in der Fassung des Ausschußberichtes, und ich bitte jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein entsprechendes Zeichen. – Artikel I Z 20 ist mit Mehrheit angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschußberichtes.

Ich ersuche diejenigen Damen und Herren, die zustimmen, um ein entsprechendes Zeichen. – Die restlichen Teile sind einstimmig angenommen worden.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entwurf auch in dritter Lesung stimmen, um ein entsprechendes Zeichen. – Auch in dritter Lesung ist der Entwurf einstimmig angenommen .

3. Punkt

Bericht des Rechnungshofausschusses betreffend den Sonderbericht des Rechnungshofes (III-12 der Beilagen) über das Beschaffungswesen des Bundesheeres; Zweiter Teilbericht (143 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Wir kommen nunmehr zum 3. Punkt der Tagesordnung: Bericht des Rechnungshofausschusses betreffend den Sonderbericht des Rechnungshofes (III-12 der Beilagen) über das Beschaffungswesen des Bundesheeres; Zweiter Teilbericht (143 der Beilagen).

Ich ersuche den Berichterstatter, Herrn Abgeordneten Dipl.-Ing. Kaiser, die Debatte zu eröffnen.

Berichterstatter Dipl.-Ing. Richard Kaiser : Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ich bringe den Bericht des Rechnungshofausschusses zum Tagesordnungspunkt 3.

Der gegenständliche Sonderbericht erfolgt auf Grund des Prüfungsauftrages des Nationalrates.


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Das der nunmehrigen Beschaffungsprüfung zugrundeliegende Verlangen des Nationalrates hat neben der zeitlichen Eingrenzung der zu untersuchenden Beschaffungsvorgänge auch die Prüfungsschwerpunkte klar vorgegeben. Besondere Aufmerksamkeit ist demgemäß

der Einhaltung aller jeweils geltenden Bestimmungen, der Effizienz der Entscheidungsstrukturen, der Effizienz interner und externer Kontrollmechanismen und der Überprüfung von Verdachtsmomenten in Richtung illegaler Zahlungen zu widmen.

Im Besonderen Teil ist die Überprüfung fünf konkreter Beschaffungsplanungen, und zwar hinsichtlich eines Panzerabwehrlenkwaffen-Systems, großkalibriger Munition, Maschinengewehrmunition, Zeitzündern und geländegängiger Sanitätskraftwagen, eingehend dargestellt. In allen Fällen konnten nach Ansicht des Rechnungshofes nach den vorliegenden Unterlagen keine Verdachtsmomente in Richtung illegaler Zahlungen abgeleitet werden.

In den Schlußbemerkungen empfahl der Rechnungshof zukünftige Vorgangsweisen.

Der Rechnungshofausschuß hat den gegenständlichen Sonderbericht, der dem Ausschuß am 29. Februar 1996 zugewiesen wurde, in seinen Sitzungen am 21. März beziehungsweise am 14. Mai 1996 unter Beiziehung von Auskunftspersonen aus den zuständigen Ressortbereichen gemäß § 40 Abs. 1 GOG behandelt.

Mit Stimmenmehrheit wurde beschlossen, dem Nationalrat die Kenntnisnahme des gegenständlichen Sonderberichtes zu empfehlen.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Rechnungshofausschuß somit den Antrag, der Nationalrat wolle den Sonderbericht des Rechnungshofes über das Beschaffungswesen im Bereich des Bundesministeriums für Landesverteidigung, Zweiter Teilbericht, (III-12 der Beilagen) zur Kenntnis nehmen.

Soweit mein Bericht, Herr Präsident.

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Ich danke dem Herrn Berichterstatter für seine Ausführungen.

Für diese Debatte wurde festgelegt, daß die Erstredner jeder Fraktion nicht länger als 30 Minuten, die weiteren Redner nicht länger als 10 Minuten sprechen werden.

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Apfelbeck. – Bitte.

12.21

Abgeordnete Ute Apfelbeck (Freiheitliche): Herr Präsident des Nationalrates! Herr Präsident des Rechnungshofes! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! In meinen acht Jahren hier im Haus habe ich unzählige skandalöse Vorfälle und zahlreiche Skandale miterleben müssen, aber was das Bundesministerium für Landesverteidigung jetzt bietet, das schlägt dem Skandalfaß den bisherigen Boden sicherlich aus.

Der Rechnungshofbericht zeigt eindeutig Fehlleistungen des Bundesministeriums für Landesverteidigung auf. Diese Fehlleistungen scheinen unter anderem ursächlich im Zusammenhang mit der Organisation des Bundesministeriums und der Handhabung der Geschäftsordnung beziehungsweise Kanzleiordnung zu stehen.

Diese Kanzleiordnung ist anscheinend dem Bundesministerium überhaupt nicht bekannt. Der Herr Bundesminister konnte uns auch auf diesbezügliche Anfragen im Rechnungshofausschuß keine Antwort geben; er ist uns die Antwort schuldig geblieben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Neben all den skandalösen Geldverschleuderungen waren Akten, Protokolle, Geschäftsaufzeichnungen einfach weg, einfach verschwunden. Wie groß müssen dort die Unregelmäßigkeiten sein, daß einige Jahre nach Karl Blecha wieder zu solchen Mitteln gegriffen wird, wofür man eigentlich vor dem Richter landen müßte!


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Was mich zudem empört, meine Damen und Herren – das spreche ich hier offen aus –, ist das Verhalten der ÖVP im Rechnungshofausschuß: Sie mauert und beteuert, daß alles in Ordnung sei, denn es könne dem Bundesministerium für Landesverteidigung nichts nachgewiesen werden.

Das, meine Damen und Herren von der ÖVP, ist der Umgang mit dem Geld der kleinen Leute, mit dem Geld der Steuerzahler! (Beifall bei den Freiheitlichen.) Das, meine Damen und Herren, ist Ihr Verantwortungsgefühl für das, was mit diesem Geld angestellt wird! Das ist Ihre politische "Kultur"!

Auf Seite 8 des Rechnungshofberichtes finden wir folgende Bemerkung – ich zitiere –: "In der Wahrung der Interessen des Bundesministeriums für Landesverteidigung mußte eine nachgiebige Haltung festgestellt werden." – Trotz fehlender Unterlagen konnte der Rechnungshof also nachweisen, daß das Bundesministerium für Landesverteidigung seine Interessen, also die der Steuerzahler, nur sehr nachgiebig vertreten hat.

Wir alle wissen, daß das Rüstungsgeschäft sehr hart ist. – Warum kam es denn zu einer solch nachgiebigen Haltung? Wer trägt denn die Verantwortung dafür, meine Damen und Herren von der ÖVP? Hier stellt sich schon die Frage: Wohin floß da etwas, das nicht hätte fließen müssen beziehungsweise dürfen? (Abg. Dr. Haselsteiner: Ja oder nein?)

Oder: Das Bundesministerium für Landesverteidigung bestellte bei einer inländischen Firma Maschinengewehrmunition, die um rund 13 Prozent teurer als im Ausland gekaufte war. (Abg. Dr. Lukesch: Ihre Mitarbeiter haben Ihnen einen ganz anderen Bericht gegeben! – Abg. Dr. Maitz: Das ist der 84er-Rechnungshofbericht!) Herr Kollege, Sie haben den Rechnungshofbericht nicht gelesen, sonst wüßten Sie das! Aber hören Sie mir zu, Sie werden schon draufkommen, was ich meine! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Daher bot diese inländische Firma an, zum vereinbarten Preis um 13 Prozent mehr Munition zu liefern. – Ob sie gebraucht wird, scheint gar nicht so wichtig zu sein. Wichtig war nur, daß der Steuerzahler um 13 Prozent mehr bezahlt hat, und das ist auch ein besonderer Umgang mit dem Geld der Steuerzahler. Und da sagen Sie, die Vertreter der ÖVP im Rechnungshofausschuß: Es ist eh alles in Ordnung!?

Das heißt, meine Damen und Herren: Wenn sich jemand ein Hemd kaufen will und feststellt, daß es zu teuer ist, bekommt er es nicht billiger, nein, er bekommt dafür ein größeres Hemd. Auch eine Aktion, meine Damen und Herren, die das jetzige Belastungspaket für die Österreicher notwendig gemacht hat. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Hören Sie zu! (Abg. Dr. Maitz: Das ist ja keine Wahlkampfveranstaltung!)

Auf Seite 17 des Rechnungshofberichtes steht: Zur Verringerung der Fehlbestände leitete das Bundesministerium für Landesverteidigung die Beschaffung von mehreren zehntausend Stück einer großkalibrigen Munition an. Dies wurde bei einem österreichischen Unternehmer bestellt und dann im Ausland verpackt. Kosten: 81 Millionen Schilling.

Da stellt sich für mich schon die Frage: Wie groß waren denn die Fehlbestände? Kann unser Heer die Souveränität Österreichs wenigstens einige Minuten verteidigen? Und wie ist es denn jetzt wirklich? Wie ist denn der derzeitige Stand? Für wieviel Kampftage besitzt das Heer großkalibrige Munition? Das würde mich schon als ein zu Beschützender interessieren.

Aber etwas stimmt mich ganz besonders nachdenklich: in Österreich Munition herstellen, dann im Ausland verpacken und dann wieder nach Österreich liefern. Meine Damen und Herren! Dies könnte dem Hauptmann von Köpenick eingefallen sein. Oder wollen Sie unbedingt, daß das Ausland bis zur letzten Patrone genau weiß, was das österreichische Heer, wieviel, wo und sogar wo verpackt, bereitliegen hat? Soll es das wirklich wissen? (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Jetzt stelle ich die Frage: Hat da das Heeres-Nachrichtenamt versagt? Hat da das Heeres-Abwehramt geschlafen? Es stellt sich für mich als Österreicherin aber auch die Frage: Wäre es


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da nicht besser, wir lösten unser Heer auf und begäben uns gleich unter die Schutzherrschaft der NATO?

Der größte Skandal – in mehrfacher Hinsicht – liegt jedoch darin, daß das Bundesministerium für Landesverteidigung an ausländische Firmen dreistellige Millionenbeträge bereits im Jänner 1990 bezahlt hat, obwohl die Kaufpreisrate erst im Jahr 1995 fällig war. Im Rechnungshofausschuß hat uns dann der Herr Bundesminister einzureden versucht, das wäre nur eine budgetäre Umschichtung von Dezember auf Jänner. Das stimmt schon, aber daß fünf Jahre dazwischengelegen sind, hat uns der Herr Bundesminister wohlweislich verschwiegen. Und für die angelaufenen Zinsguthaben von 162 Millionen Schilling liegt noch immer keine Bestellung vor.

Meine Damen und Herren! Da legt ein österreichischer Bundesminister, während die Pensionisten geschröpft werden, während die Erziehungsgelder gekürzt werden, Steuergelder auf ausländischen Firmenkonten an, ohne daß dafür eine Bankgarantie bestehen würde.

Meine Damen und Herren! Das ist der Umgang mit dem Geld der Steuerzahler! – Und Sie von der ÖVP sagen, es ist eh alles in Ordnung, und der Vertreter von der SPÖ sagt, es gibt Mängel und Schwächen.

Ich frage mich nur: Was würde passieren, wenn so eine Firma in Konkurs geht? – Dann sind die 162 Millionen Schilling weg! Wer trägt dann hier die Verantwortung? Wer es bezahlen muß, das wissen Sie, und das wissen wir alle: der Steuerzahler; der muß ungefragt zahlen.

Und da frage ich mich schon: Wo war da das Kontrollamt? – Die ÖVP meinte im Rechnungshofausschuß: Ist eh alles in Ordnung! (Abg. Dr. Lukesch: Es ist ja um etwas ganz anderes gegangen!) Meine Damen und Herren! Das ist Ihr Verantwortungsgefühl für das, was Sie mit diesem Geld der Steuerzahler anstellen!

Es wird immer gejammert, das LV-Budget, das mit nur 0,9 Prozent – wirklich lächerlichen Prozentpunkten – des BIP dotiert ist, reiche nicht aus, Und das derzeitige Bundesministerium für Landesverteidigung schöpft nicht einmal diese 0,9 Prozent aus! Das Bundesministerium für Landesverteidigung kann davon noch locker größere Beträge ins Ausland verschieben (Abg. Dr. Maitz: Jetzt ist es aber genug!) , ohne daß dieses Geld dem Bundesministerium offenbar abgeht, ohne daß ein so geführtes Ministerium ernstlichen Schaden nimmt, meine Damen und Herren.

Ich frage mich wirklich: Warum kürzt man unseren Kindern die Schülerfreikarten, wenn man gleichzeitig unsere Steuergelder auf ausländische Firmenkonten legen kann – ohne Bestellung – und sie dort jahrelang liegenläßt?

Auf Seite 8 des Rechnungshofberichtes lesen wir: Anhaltspunkte für illegale Geldflüsse konnten nicht festgestellt werden. – Das heißt also, der Rechnungshof hat solche vermutet. Das Ministerium hat aber keine ordnungsgemäßen, vollständigen Unterlagen. Auf Seite 12 des Rechnungshofberichtes steht zu lesen: "Bietergespräche konnten mangels entsprechender Aufzeichnungen nicht nachvollzogen werden." – Danach gesucht hat der Rechnungshof, aber aufgrund mangelnder Unterlagen hat er nichts gefunden.

Was heißt denn das? Wieso waren denn keine Unterlagen mehr da? – Weil alle Geldflüsse legal und in Ordnung waren? – Und da sagten Sie von der ÖVP im Ausschuß: Es ist eh alles in Ordnung!

Rechnungshofbericht, Seite 18: Über die Abwicklung und Zahlungen lagen im Bundesministerium für Landesverteidigung keine Unterlagen mehr auf. – Meine Damen und Herren! Es ist ein Skandal, was da verschleiert wurde!

Der Kollege Leikam spricht von unglaublichen Mängeln und Schwächen, und der Kollege Wurmitzer dazu: keine Rede davon! – Stimmt schon, da hat er recht (Abg. Leikam: Wer?), das


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sind nämlich nicht Mängel und Schwächen, sondern das ist ein hausgemachter Skandal! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es ist ein Skandal, daß Akten, daß Protokolle fehlen, daß Geldzahlungen mangels Unterlagen nicht nachvollzogen werden können. – Es ist aber alles in Ordnung, sagen die Vertreter der ÖVP! (Abg. Dr. Maitz: Sie sind ein Skandal! Jetzt haben Sie schon dreimal "Skandal" gesagt! Jetzt reicht es!) Herr Kollege, lesen Sie nach im Rechnungshofbericht! (Abg. Wurmitzer: Das steht nirgends, was ich jetzt gehört habe!) Alles in Ordnung, alles in Ordnung (Abg. Wurmitzer: Wo steht das?), schreiben Sie in einer Presseaussendung, Herr Kollege, alles in Ordnung! Und das sagen Sie als Vertreter einer Unternehmerpartei – Bundesminister Dr. Fasslabend kommt ja auch aus der Privatwirtschaft –, der genau wissen muß, was mit einem Unternehmer passiert, dessen Unterlagen verschwunden sind. (Abg. Dr. Lukesch: Es sind keine Unterlagen verschwunden!)

Herr Kollege, wir wollen uns doch nicht streiten! Lesen Sie doch den Bericht durch! Sie haben nur das herausgelesen, was Sie gerne lesen möchten! Sie vertuschen und Sie verschleiern! Geldflüsse konnten nicht nachgewiesen werden, weil die Unterlagen praktisch nicht da sind, das ist die Realität! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Was würde denn einem Unternehmer bei solchen Beträgen passieren? Der würde vor Gericht kommen! Macht das aber ein Bundesministerium, so sind dies nach Ansicht der SPÖ Mängel und Schwächen, nach Ansicht der ÖVP ist einfach alles in Ordnung.

Das ist Ihr Umgang mit dem Geld der Steuerzahler! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

12.35

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Leikam. – Bitte.

12.35

Abgeordneter Anton Leikam (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Präsident des Rechnungshofes! (Rufe und Gegenrufe zwischen ÖVP und Freiheitlichen.) Die Kollegen sind sehr laut, Herr Präsident!

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Bitte, Herr Abgeordneter, Sie können jetzt beginnen!

Abgeordneter Anton Leikam (fortsetzend) : Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Präsident des Rechnungshofes! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Nationalrat hat im Feber vergangenen Jahres den Rechnungshof beauftragt, eine Sonderprüfung betreffend das Beschaffungswesen des österreichischen Bundesheeres durchzuführen. Der Rechnungshof ist dieser Aufgabe mit großer Aufmerksamkeit, möchte ich sagen, nachgekommen. Wir hatten bereits den Ersten Teilbericht darüber zur Diskussion hier im Parlament, und heute steht der zweite Teilbericht über das Beschaffungswesen des österreichischen Bundesheeres hier zur Diskussion.

Im Ausschuß hat es teils heftige Diskussionen gegeben. Es war mir eigentlich nicht ganz klar, warum die Kollegen des Regierungspartners, die Kollegen von der ÖVP, in Presseaussendungen so scharf auf meine im Ausschuß gemachten Äußerungen reagiert haben. Ich habe im Rechnungshofausschuß nicht mehr getan, als der Präsident des Rechnungshofes in den Schlußbemerkungen im Zweiten Teilbericht für das Beschaffungswesen des Bundesheeres auch getan hat. (Abg. Dr. Lukesch: Schönfärberei, hast du gesagt!)

In seiner Presseaussendung hat Herr Abgeordneter Lukesch gemeint, meine Wortmeldung im Ausschuß sei ein bundesheerfeindlicher Reflex der SPÖ, und wir hätten jede Verantwortung für Österreich und die Menschen in unserem Lande – das hätten meine Ausführungen gezeigt – vermissen lassen.

Herr Abgeordneter Lukesch! Alles, was ich gesagt habe, ist nachzulesen im Rechnungshofbericht, und zwar in den Schlußbemerkungen. Nehmen Sie, Herr Abgeordneter, bitte zur Kenntnis – wir haben gestern hier den Sicherheitsbericht beschlossen –: Für uns Sozial


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demokraten hat die innere Sicherheit genauso wie die äußere Sicherheit ganz große Priorität. Wenn es um die Sicherheit der Bevölkerung und um die Sicherheit unseres Landes geht, werden wir gemeinsam, die wir in dieser Regierung die Verantwortung tragen, alles unternehmen, damit diese Sicherheit auch tatsächlich gegeben ist. Ich sage noch einmal: Sicherheit sowohl nach innen als auch nach außen. (Beifall bei der SPÖ.)

Niemand von uns, niemand von der Sozialdemokratischen Partei hat sich von der Sicherheitspolitik verabschiedet, und es gibt auch keinerlei – wie Sie behauptet haben – bundesheerfeindlichen Reflexe auf unserer Seite.

Worum ist es denn bei dieser Diskussion gegangen? Herr Minister Fasslabend hat – meiner Ansicht nach sehr deutlich – erklärt, warum es gerade bei dem einen, sehr stark kritisierten Auftrag kein Pflichtenheft gegeben habe. – Man habe noch keine Erfahrungen in diesem Bereich gehabt. Kann man, muß man zur Kenntnis nehmen.

Aber wenn dem so wäre, wie Herr Abgeordneter Lukesch in einer Presseaussendung gemeint hat, daß wir Sozialdemokraten uns verabschiedet hätten von der Sicherheitspolitik, dann hätte es doch nicht diese einstimmige Empfehlung im Landesverteidigungsrat für die Anschaffung von Panzerabwehrlenkwaffen gegeben! Eine einstimmige Empfehlung, bitte, hat es dort gegeben! Es kann also wirklich nicht von einer Verabschiedung der SPÖ von der Sicherheitspolitik, von der äußeren Sicherheitspolitik gesprochen werden!

Daß das von mir Gesagte – ich werde ganz kurz noch darauf eingehen – nicht ganz so von der Hand zu weisen war, bestätigt ja auch die Presseaussendung meines Kärntner Kollegen, des Abgeordneten Wurmitzer. (Abg. Murauer: Ein guter Mann!) Ein guter Mann, zweifellos. Deshalb ist er ja auch im Parlament. (Demonstrativer Beifall bei der ÖVP.) Das ist überhaupt keine Frage. Es sind nur gute Leute im österreichischen Parlament, Kollege Murauer! Ich kenne keinen, der hier nicht gut ist. Wenn Sie einen solchen kennen, müssen Sie ihn nennen. (Abg. Murauer: Nein, wenige! Einige schon!)

Wenn nämlich Abgeordneter Wurmitzer in seiner Presseaussendung meinte, daß ohnehin zwei Drittel der Beschaffungsvorgänge in Ordnung und ohne jegliche Beanstandung durch den Rechnungshof geblieben sind, dann heißt das aber auch, Kollege Wurmitzer, daß bei einem Drittel der Beschaffungsvorgänge nicht alles in Ordnung gewesen ist. (Beifall bei der SPÖ und der Abg. Apfelbeck .)

Es ist für mich nicht ganz nachvollziehbar, warum Sie beziehungsweise andere Abgeordnete der ÖVP sagen, daß ohnehin alles eitel Wonne und in bester Ordnung sei.

Wir bemühen uns, und wir bieten Ihnen – genauso wie es Ihre Abgeordneten gestern bei der Debatte über den Sicherheitsbericht getan haben – auch unsere Hilfestellung an, damit künftig auch das eine Drittel, bei dem die Beschaffungsvorgänge nicht so korrekt waren, wie der Rechnungshof feststellte, ganz korrekt abgewickelt werden kann. Diese Mitarbeit im Bereich des Beschaffungswesens des österreichischen Bundesheeres bieten wir gerne an.

Meine Damen und Herren! Der Rechnungshof kommt in seinen Schlußbemerkungen – zusammenfassend – zu folgenden Feststellungen:

Erstens: Die für die Beschaffung maßgeblichen Planungen und die Bestimmungsgrößen für die Produktauswahl sind zeitgerechter zu erarbeiten. – Was heißt das? Das heißt, daß die maßgeblichen Planungen nicht überall zeitgerecht erfolgt sind.

Zweitens: Die für die Einleitung von Beschaffungsfällen maßgeblichen Erwägungen sowie auch die einzelnen Schritte des Vergabeverfahrens sind angemessen und einwandfrei zu dokumentieren. – Das heißt, die Erwägungen für die Beschaffungen und die Schritte des Vergabeverfahrens wurden bisher nicht ausreichend dokumentiert.

Drittens: Die Vergabeentscheidung ist jedenfalls bei größeren und komplexeren Vorhaben aufgrund eines Kosten-Nutzen-Vergleiches vorzunehmen. Das heißt wiederum: Die Vergabe


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entscheidungen wurden nicht immer und nicht überall aufgrund eines Kosten-Nutzen-Vergleiches vorgenommen. (Abg. Dr. Lukesch: Na ja!) So steht es drinnen, ich kann nichts anderes lesen, Kollege Lukesch! Sie haben selbst gesagt, Sie haben diesen Bericht genau gelesen – aber dann müssen Sie auch diese Schlußbemerkungen im Rechnungshofbericht gelesen haben.

Viertens: Zahlungen sind erst bei Fälligkeit zu leisten. – Das war auch ein ganz wichtiger Punkt, den wir im Ausschuß diskutiert haben. Zahlungen sind also erst bei Fälligkeit zu leisten und allfällige, aus vorzeitigen Zahlungen resultierende Zinsenguthaben sind in angemessener Zeit abzurechnen.

Das kann man wieder so formulieren, daß Zahlungen eben nicht regelmäßig beziehungsweise regelmäßig vorzeitig geleistet wurden. Das ist im Rechnungshofbericht klar nachzulesen. Und der Rechnungshof kommt weiters zur Schlußfolgerung, daß dadurch finanzieller Schaden für die Republik entstanden ist.

Sechstens: Die Interessen der Republik sind künftighin im Zuge der Vergabeentwicklung entschiedener zu vertreten. – Das kann man auch so nennen, daß die Interessen der Republik Österreich bisher bei den Vertragsabwicklungen nicht ausreichend vertreten wurden.

Siebenter und letzter Punkt, den Herr Rechnungshofpräsident Fiedler niedergeschrieben hat, lautet: In einzelnen Fällen sei die Bedarfsermittlung zwecks sparsamer Vorratshaltung zu verbessern und man müsse um eine Erweiterung des Bieterkreises bemüht sein. – Da kann man den Schluß ziehen, daß die Bedarfsermittlungen bisher unzureichend erhoben wurden und der Bieterkreis eher regelmäßig eingeschränkt war.

Meine Damen und Herren – noch einmal –: Wir Sozialdemokraten sind zur Zusammenarbeit im Bereich des Beschaffungswesens des Bundesheeres gerne bereit. Wir wissen, daß gerade in bezug auf das Beschaffungswesen des Bundesheeres nicht gerade kleine Beträge über den Tisch fließen, sondern daß es dabei teilweise um Aufträge in Milliardenhöhe geht. Und gerade deshalb, weil es um solch große Aufträge geht, sind wir alle gefordert – alle, die in diesem Hause sitzen und die in diese Beschaffungsvorgänge mit eingebunden sind! (Abg. Wabl: Nicht alle, die im Haus sitzen!)

Es sollte niemals der Verdacht entstehen, daß es bei solch großen Beträgen nicht mit richtigen Dingen zugegangen sei! (Beifall bei der SPÖ.)

Ich bin gerne bereit, hier festzustellen, daß der Rechnungshof zur Erkenntnis gekommen ist, daß alle bisherigen Prüfungen keine – keine, Herr Kollege Wabl! – Rückschlüsse auf irgendwelche illegalen Geldflüsse oder gar Parteienfinanzierungen zuließen. (Demonstrativer Beifall bei der ÖVP.)

Das war ein ganz wesentlicher Punkt vor eineinhalb Jahren, als hier im Hause der Auftrag an den Rechnungshof ergangen ist, diese Sonderprüfung vorzunehmen, denn damals, als diese Debatte hier geführt wurde, sind Behauptungen in dieser Richtung von der Opposition aufgestellt worden, daß nämlich der Verdacht, daß illegale Gelder geflossen seien, gegeben sei – und daher müsse der Rechnungshof prüfen.

Ich wiederhole und betone noch einmal: Der Rechnungshof ist zur Ansicht gelangt, daß in keinster Weise – bei allen bisher geprüften Vorgängen – illegale Geldflüsse festzustellen sind.

Aber, Herr Kollege Wurmitzer, noch einmal: Wenn zwei Drittel der geprüften Vorgänge in Ordnung sind, ein Drittel aber nicht, dann müssen wir uns bemühen, und zwar durch konsequente Zusammenarbeit, daß effizienter und wirtschaftlicher vorgegangen wird und daß vor allen Dingen bei der Planung schon durch klare Vorgaben sicherzustellen ist, daß eben auch das eine Drittel so ist, daß es bei künftigen Berichten des Rechnungshofes heißt, daß alle Beschaffungen ohne jegliche Beanstandung durchgeführt worden sind. (Beifall bei der SPÖ.)

12.46


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25. Sitzung / Seite 65

Präsident Dr. Heinrich Neisser:
Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Firlinger. – Bitte, Herr Abgeordneter.

12.46

Abgeordneter Mag. Reinhard Firlinger (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Präsident des Rechnungshofes! Als es im Vorjahr um die Vorfälle rund um die geplante Beschaffung von Heereshelikoptern ging und Provisionszahlungen unterstellt wurden – ich will das einmal vorsichtig formulieren –, hat sich das Liberale Forum gemeinsam mit anderen Fraktionen ganz klar und eindeutig für die Einsetzung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses ausgesprochen. (Abg. Dipl.-Ing. Schöggl: Wir auch!) Ich sage ja: gemeinsam mit den anderen Oppositionsparteien. – Ich glaube, es hat jede Fraktion einen eigenen Antrag eingebracht, aber wir wollen das einmal so festhalten, Herr Kollege.

Ich darf in Erinnerung rufen – damit man die Zusammenhänge werten kann –, wie sich das damals abgespielt hat. Die SPÖ, von der jetzt sehr wenige Vertreter hier anwesend sind, was mich eigentlich wundert, war damals auf die ÖVP recht sauer. Also das Klima war alles andere als gut. Das sah so aus: Der Herr Kraft ist gleich verschwunden, der Herr Marizzi wurde eine Zeitlang beurlaubt, tauchte dann wieder auf, und die Frau Rauch-Kallat/Mensdorff-Pouilly ging eine Zeitlang ziemlich bleich durch die Gegend. – Das Klima war also nicht sehr gut.

Aus diesem Umstand heraus haben auch Teile der sozialdemokratischen Fraktion überlegt, ob sie nicht doch einem solchen Untersuchungsausschuß zustimmen sollten; jedenfalls stand das eine Zeitlang im Raum. Letzten Endes haben dann die Klubobleute ein Machtwort gesprochen, und die Koalitionsräson hat einmal mehr gesiegt.

Der Kompromiß, der dann gefunden wurde – Sie wissen das, meine sehr geehrten Damen und Herren –, war der Auftrag an den Rechnungshof zur Überprüfung der Beschaffungsvorgänge des Heeres, besser: mehrerer Beschaffungsvorgänge, und zwar über viele Jahre hindurch.

Ich meine noch immer – eineinhalb Jahre danach –, daß das ein schlechter Kompromiß war. Ich glaube – das war auch meine damalige Meinung, die ich hier geäußert habe –, daß ein parlamentarischer Untersuchungsausschuß wesentlich mehr ans Licht gebracht hätte, daß man dort Zusammenhänge hätte besser nachvollziehen können, als das der Rechnungshof imstande war. Dieser Meinung bin ich auch heute noch.

Ich will, Herr Präsident Dr. Fiedler – damit da kein Mißverständnis aufkommt –, damit nicht sagen, daß die Beamten des österreichischen Rechnungshofes bei diesem Bericht oder bei anderen Berichten schlechte Arbeit geleistet hätten. – Das Gegenteil ist der Fall. Ich möchte festhalten: Die Prüfungsmethode, auch der Umfang der Stichproben und so weiter, alles ist in Ordnung. Es gibt keinen Anlaß zu Kritik. Auch die Formulierungen sind durchaus nachvollziehbar und klingen glaubwürdig.

Was mich aber zu der Aussage veranlaßt hat, daß eine Prüfung von auf Papier festgehaltenen Vorgängen und auch von nicht schriftlich festgehaltenen Vorgängen weniger ergiebig sein muß als eine Folge von Hearings, das Anhören von Auskunftspersonen, das Erstellen politischer Wertungen und das Ziehen von Schlußfolgerungen, ist: Es hat mich nach all dem nicht überrascht, daß dieses Resultat herausgekommen ist. Es konnte nämlich keine wirklich nachvollziehbare Beweisführung vorgenommen werden, daß es zu Provisionszahlungen gekommen ist. (Abg. Dr. Lukesch: Es wäre besser, Sie würden das lassen!)

Wieso soll ich das lassen? Ich möchte das jetzt ausführen, Herr Kollege. Seien Sie nicht so empfindlich! Jedesmal, wenn man da etwas tiefer in die Sache geht, geht der ÖVP oder Teilen davon sofort die "Haut durch". Sie sind wirklich ausgesprochen dünnhäutig geworden, Herr Kollege Lukesch – mir fällt das schon seit längerer Zeit auf –, und auch Ihrem Kollegen Wurmitzer geht alle Augenblick der Hut hoch. – So, bitte, nicht! (Abg. Hans Helmut Moser: Wo ist er denn? – Abg. Wurmitzer: Ich bin kein Hutträger!)


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Meine Damen und Herren! Es wurde im Rahmen dieses Prüfungsberichtes ein großes Beschaffungsvorhaben zentral in den Mittelpunkt der Untersuchungen des Rechnungshofes gestellt, nämlich das Panzerabwehr-Lenkwaffensystem 2000. Da hat der doch eine Reihe schwerer Gestionsmängel festgestellt, die Anlaß zum Nachdenken geben müssen – egal, ob Sie das, Herr Kollege, jetzt gerne hören oder nicht!

Ich überlasse es, meine sehr geehrten Damen und Herren, Ihrer persönlichen Wertung und Philosophie, ob Sie sich selbst mit der Verwendung des Begriffes "Mängel" begnügen; das überlasse ich Ihrer persönlichen Phantasie. Auf alle Fälle: Es hinterläßt ein Teil dieser Mängel einen doch recht eigenartigen Eindruck. Daher bin ich ausgesprochen verwundert darüber, daß ein Vertreter der ÖVP, nämlich Kollege Wurmitzer, die doch recht dreiste Anmutung gebracht hat, der Rechnungshof hätte Minister Fasslabend und den verantwortlichen Stellen im Bundesheer ein "gutes Zeugnis" – wie er es nannte – ausgestellt. (Abg. Wabl: Das ist wahrscheinlich seine Deutung!)

Kollege Wurmitzer hat das gesagt, und wenig später hat Herr Präsident Fiedler gemeint, daß es schon Mängel gegeben habe. Kurze Zeit darauf hat er das ausdrücklich festgehalten – und Kollege Wurmitzer ist regungslos dort gesessen; das war ihm nicht recht. (Ironische Heiterkeit bei der ÖVP. – Abg. Wabl: Regungslos! Bleich! Die Stimme ist ihm erstickt!)

Die SPÖ war da ganz anderer Ansicht, meine Damen und Herren. – Heute aber war Herr Kollege Leikam ja regelrecht zahm hier – im Gegensatz zur Ausschußsitzung.

Meine Damen und Herren! Wenn etwa ein deutscher Journalist in unseren Rechnungshofausschuß gekommen wäre, einer, der keine Vorkenntnisse hat – ein Journalist zum Beispiel aus Bayern, aus Düsseldorf, von wo immer –, und sich das angehört hätte, hätte er zwangsläufig den Eindruck bekommen müssen – Herr Minister, Sie werden mir wahrscheinlich beipflichten –: Die ÖVP stellt als Regierungspartei die Alleinregierung, die SPÖ befindet sich gemeinsam mit einigen anderen in Opposition. Dieser Eindruck hätte zwangsläufig entstehen müssen! – Ich muß das sagen, denn es waren ja nicht alle im Rechnungshofausschuß. Es scheint mir wert, das hier festzuhalten, damit das nicht untergeht.

Kollege Leikam hat das dann auch noch ein bißchen auf die Spitze getrieben: Er hat im Ausschuß gesagt, Herr Bundesminister Fasslabend würde sich dilettantischer Vorgangsweisen – so ähnlich jedenfalls, das Wort "dilettantisch" ist gefallen – befleißigen. (Abg. Leikam: Nein, das habe ich nicht gesagt! – Abg. Wabl: Er bediene sich "Basarmethoden", hat er gesagt!) Das Wort "dilettantisch" ist auf alle Fälle gefallen.

Kollege Scheibner war dort auch sehr zahm. Er wollte eigentlich vom Bundesminister etwas ganz anderes hören: Er wollte hören, welche Beschaffungsvorgänge es in Zukunft gibt, ob das ausreichend ist, in welche Richtung das geht und so weiter. Er hat aber eigentlich nicht sehr intensiv nachgebohrt.

Kollege Wabl hat eine Zeitlang abgewartet, was sich da tut. Inhaltlich hat er nicht viel Kritik geäußert, er hat nur manchmal Sie von der ÖVP beleidigt, die Sie, wie gesagt, sehr dünnhäutig sind und darauf gleich empfindlich reagiert haben – und am Schluß hat Kollege Wabl zusammenfassend gemeint, es gebe eine eigenartige Inseratenliste, und er hat dann vorgelesen, wer wo, welcher Rüstungskonzern in welchem Medium inseriert. Darauf haben dann ein paar gesagt: Ja, und? Das war es dann auch! – Also da ist mir schon einiges recht eigenartig vorgekommen.

Die SPÖ ihrerseits hat mehr emotionelle denn inhaltliche Kritik geübt. Anscheinend hat diese Verstimmung von vor eineinhalb Jahren doch noch ein bißchen bis heute angehalten.

Meine Damen und Herren! Ich möchte jetzt aber versuchen, auf einige wenige mir wesentlich zu sein scheinende Merkmale dieses Rechnungshofberichtes einzugehen. (Abg. Wabl: Kürzer!) Wenn im Prüfungsbericht davon die Rede ist, daß das österreichische Bundesheer der Vertragserfüllung vorauseilte, indem es Zahlungen vorzeitig beglichen hat – also vor erfolgter


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Lieferung –, wenn keine Bankgarantie dafür gelegt wurde, würde ich das im günstigsten Fall als "fahrlässig" bezeichnen.

Wenn aufgrund vorzeitiger Zahlungen, wie seitens des Bundesministeriums unter den Spielregeln der Kameralistik argumentiert wurde, Zinsgutschriften zwar erfolgten, diese Zinsgutschriften aber nicht abgehoben beziehungsweise nicht für noch ausstehende Beschaffungsvorgänge umgewidmet wurden, so ist ein solcher Vorfall ebenfalls als sehr merkwürdig, vielleicht auch als fahrlässig zu bezeichnen. Oder man geht einen Schritt weiter und sagt: Da liegt ein eindeutiger Fall von Lieferantenbevorzugung vor.

Wenn einmal offiziell behauptet wird, es hätten grundsätzlich alle Bewerber Chancen, zum Zug zu kommen, kurze Zeit darauf aber sagt man, die Franzosen eigentlich nicht, denn da steckt ein deutsches Unternehmen dahinter – obwohl ein Jahr zuvor in einem anderen Beschaffungsvorgang ein Auftrag so mir nichts, dir nichts an einen deutschen Hersteller vergeben wurde –, so treten da einige Widersprüche zutage.

Wenn die Option nicht wahrgenommen wurde, in Schwedenkronen zu fakturieren, obwohl es angeboten worden war, und dann sinkt – jeder hat das gewußt – die Schwedenkrone, so ist das – im gelindesten Fall – auch fahrlässig, meine Damen und Herren. (Präsident Dr. Brauneder übernimmt den Vorsitz.)

Es gäbe da noch eine Menge anderer Dinge, die jedenfalls Anlaß zum Nachdenken geben. Jeder für sich kann seine eigenen persönlichen Schlußfolgerungen daraus ziehen; das bleibt jedem unbenommen. Ich tue das für meinen Teil; meine Fraktion tut das auch.

Meine Damen und Herren! Provisionszahlungen, die nachvollziehbar wären, hat es keine gegeben, aber es bleiben genug Vorwürfe, die im Ausschuß nicht entkräftet werden konnten. Aus diesen Gründen wird meine Fraktion diesen Rechnungshofbericht nicht zur Kenntnis nehmen, denn, Herr Kollege Lukesch: Zu viele Zweifel gibt es, und wenn man... (Abg. Dr. Lukesch: Vorher kritisieren, und dann nehmt ihr den Bericht nicht zur Kenntnis!) Hören Sie mir zu! Sie müssen ja nur einmal einer Logik folgen, Herr Kollege! Folgen Sie einmal einer Logik! (Abg. Wurmitzer: Das ist aber nicht leicht, deiner Logik zu folgen!) Zu viele Zweifel sind bestehen geblieben, als daß man zur Tagesordnung übergehen könnte. Aber wenn man einen Bericht zur Kenntnis nimmt, dann heißt das im Regelfall, daß er gedanklich sozusagen aus der Beschäftigungsmaterie verschwindet: Man hat sich damit abgefunden, man nimmt das zur Kenntnis und sagt, es ist eigentlich ohnehin alles in Ordnung.

Aus diesem Grund also, Herr Kollege Lukesch, werden wir diesen Bericht nicht zur Kenntnis nehmen. Ich hoffe nur, daß aus diesem Bericht im Bereich des Beschaffungswesens wenigstens die eine oder andere Konsequenz für die Zukunft gezogen wird, damit wir uns vielleicht in Zukunft bei solchen Beschaffungsvorgängen um 30 oder 40 Prozent weniger im Rechnungshofausschuß wiederfinden. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

13.00

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Lukesch. – Bitte, Herr Abgeordneter.

13.00

Abgeordneter Dipl.-Vw. Dr. Dieter Lukesch (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Präsident des Rechnungshofes! Hohes Haus! Herr Kollege Firlinger! Sie haben mich (Abg. Wabl: Schwer enttäuscht!) gerade des Mangels der Logik geziehen. Ich vermag Ihre Logik aber auch nicht nachzuvollziehen (Abg. Mag. Firlinger: Das glaube ich!) , denn Sie sagen auf der einen Seite, der Rechnungshof zeige hier viele kritische Dinge auf, auf der anderen Seite nehmen Sie aber diese kritischen Dinge offenbar nicht zur Kenntnis. (Abg. Mag. Firlinger: Sie haben den letzten Absatz nicht gehört!) Dann wird es so sein, daß Sie auch diese kritischen Dinge hinterfragen und sagen: Es ist eh alles in Ordnung. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Firlinger: Nein! Da haben Sie mir nicht zugehört, Herr Kollege!)


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Ich muß ganz kurz auch auf die Frau Kollegin Apfelbeck eingehen, um einmal die große Linie dieses Rechnungshofsonderprüfungsberichtes in den Mittelpunkt zu stellen. Frau Kollegin Apfelbeck! Seien Sie mir nicht böse, aber was Sie heute gemacht haben, war in Wirklichkeit ein Schildläusezählen, denn den eigentlichen Anlaß, um den es hier geht, haben Sie überhaupt nicht erwähnt. Der eigentliche Anlaß ist nicht in dem Sinne erledigt worden, wie Sie das gerne hätten, und daher gehen Sie jetzt jedem einzelnen Beistrich und jedem durchaus berechtigten Kritikpunkt nach. – So ist es ja wohl.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir müssen uns schon im klaren darüber sein, was die Öffentlichkeit im Zusammenhang mit diesem Zweiten Sonderprüfungsbericht des Rechnungshofes um das Beschaffungswesen des Bundesheeres eigentlich interessiert. Es geht um die politischen Aspekte des Beschaffungswesens, nicht primär um die wirtschaftlichen Fragen, obwohl die auch wichtig sind. Aber die Öffentlichkeit ist natürlich an den politischen Aspekten interessiert, denn die Dinge haben ja eine Vorgeschichte.

Was haben denn Sie von den Oppositionsparteien gemacht? – Sie haben skandalisiert. (Abg. Dipl.-Ing. Schöggl: Das war auch ein Skandal!) Sie sind mit Unterstellungen vorgegangen. Sie haben Vorurteile in die Welt gesetzt und Vorverurteilungen vorgenommen, daß politische Korruption in Österreich im Beschaffungswesen des Bundesheeres in der Regel vorkommt, Sie haben unterstellt, daß da Parteiengelder fließen. (Abg. Dipl.-Ing. Hofmann: Das sind Usancen!) Und Herr Wabl gibt ja nicht auf, zu vermuten, daß es da entsprechende Zusammenhänge gibt. (Abg. Dipl.-Ing. Schöggl: Warum haben Sie den Untersuchungsausschuß abgelehnt?) Das ist doch der zentrale Bestandteil. Das hat auch dazu geführt, daß man, wie schon erwähnt worden ist, einen Untersuchungsausschuß gefordert hat.

Wir sind der Meinung, wenn solche Vorwürfe in den Raum gestellt werden, dann sollen sie tatsächlich mit scharfen Instrumenten untersucht werden (Abg. Wabl: Ja, das genau! Mit scharfen Instrumenten!) , und der Rechnungshof und die Gerichte sind einmal die schärfsten Instrumente, die wir in der Demokratie haben. (Beifall bei der ÖVP.)

Und da ist es schon wichtig und alles andere als Schönfärberei oder Einseitigkeit, wenn der Rechnungshof bei dieser zentralen Frage "illegale Vorgänge" mehrfach in diesem Bericht zu der Erkenntnis, zu dem Ergebnis kommt: Hinweis auf illegale Zahlungen ergaben sich nicht, Anhaltspunkte – noch nicht einmal Anhaltspunkte – für illegale Geldflüsse konnten nicht festgestellt werden.

Ihre Verdächtigungen, meine sehr geehrten Damen und Herren von der Opposition, haben sich als das erwiesen, was sie sind: Vorverurteilungen, politische Untergriffe. Diesen Vorwurf kann ich Ihnen nicht ersparen. (Beifall bei der ÖVP.)

Umgekehrt möchte ich aber dem Rechnungshof schon danken, daß er in einer sehr akribisch durchgeführten, auch wissenschaftlich gestützten Untersuchung ein ganz klares Urteil fällte: Bei mehr als zwei Dritteln der überprüften Beschaffungen waren keine Mängel feststellbar.

Jetzt zu Ihnen, Herr Kollege! Das impliziert logisch, daß der Rechnungshof bei einem Drittel Kritik anbringt. Aber was war denn dieses Drittel? Was war dieses weitere Drittel? Vom Umfang her sicherlich die "PAL 2000". Und deswegen bin ich so zornig geworden, als auf einmal der Abgeordnete Leikam und sein Kollege Grabner sich im Rechnungshof von einer Linie verabschiedet haben, die sie selbst in der gesamten Genesis dieses Beschaffungsvorganges mitgetragen haben, die auch du (zum Abgeordneten Grabner) persönlich mitgetragen hast. Darum ist es gegangen, und deswegen, wie ich glaube, meine durchaus verständliche Erregung.

Ich weise auch die Unterstellungen zurück – Kollege Schnöll und Kollege Haupt, Sie werden das noch einmal bringen (Abg. Schöll: Schöll! Bitte, den Namen richtig auszusprechen!) , Kollege Schöll und Kollege Haupt werden das noch einmal sagen, nehme ich an –, daß hier der Versuch gemacht wird, die Auswahl der Beschaffungsvorgänge, wie sie durch den Rechnungshof durchgeführt worden ist – noch einmal: wissenschaftlich objektive, repräsentative Auswahl –, zu hinterfragen und gar Manipulation zu unterstellen. Und zwar nur deswegen, weil nicht das


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herausgekommen ist, was Sie gerne hätten. Ich weise diese Vorwürfe zurück! (Beifall bei der ÖVP.)

Also: Im ersten politischen Aspekt ist es sehr wichtig für uns, festzuhalten, daß diese Vorwürfe der illegalen Zahlungen trotz intensiver Prüfung in diesem Bericht in keiner Weise verifiziert worden sind. Logik daraus: Sie sind falsifiziert, wenn die Repräsentativität hier einigermaßen eingehalten worden ist. Und das ist sie.

Zweiter politischer Aspekt dieser Sonderprüfung: das Panzerabwehrlenkwaffen-System "PAL 2000". Auch das hat der Rechnungshof zunächst unter wirtschaftlichen Aspekten und in der einen und anderen Dimension durchaus kritisch beurteilt. Aber – und jetzt kommt’s – auch die Beschaffung dieses Lenkwaffensystems ist in einen weiteren Zusammenhang zu stellen, ist in einem außenpolitischen, ist in einem verteidigungspolitischen Zusammenhang zu sehen (Abg. Wabl: Aber es ist nicht nachvollziehbar!) und in einem innenpolitischen, Kollege! (Abg. Leikam: Das schließt ja nicht aus, daß es korrekt durchgeführt wird!) Es ist in einem innenpolitischen Zusammenhang zu sehen, der ganz genau zur Auswahl des schwedischen BILL-Systems geführt hat. Diese Auswahl ist von den gesetzlichen Organen dieser Republik, vom Landesverteidigungsrat und der Bundesregierung insgesamt unter Koordinierung des Bundeskanzlers, einstimmig erfolgt.

Deswegen meine Erregung, Kollege Leikam, daß dieser außenpolitische Zusammenhang, dieser verteidigungspolitische Zusammenhang und dieser innenpolitische Zusammenhang in den ersten Aussendungen der Sozialdemokraten während der Ausschußsitzung nicht gesehen worden sind. (Beifall bei der ÖVP.)

Worum ist es gegangen, meine sehr verehrten Damen und Herren? Es ist darum gegangen, daß zum Zeitpunkt der Diskussion zur Anschaffung von Panzerabwehrlenkwaffen das österreichische Bundesheer im Vergleich zu allen Nachbarländern keine effiziente Verteidigungsstruktur, keine effzienten Verteidigungsmittel aufgewiesen hat. Es können nur diejenigen unter Ihnen – der Herr Oberst (in Richtung des Abg. Hans Helmut Moser) kann das – beurteilen, was es heißt, einem 40-, 50-, 60-Tonnen-Panzerungetüm mit einer geballten Ladung von Handgranaten oder auf 200, 300 Meter Einsatzschußweite mit einer kleinen Gewehrgranate entgegentreten zu sollen.

Hier war Handlungsbedarf gegeben, und es gab die historisch einmalige Chance, obwohl der Staatsvertrag zunächst die Anschaffung und den Besitz von Lenkwaffen verboten hatte, durch die Entwicklungen in der Sowjetunion, durch Perestroika und Glasnost diesen Teil des Staatsvertrages auf seine weitere Anwendbarkeit hin zu hinterfragen. Die österreichische Bundesregierung und der damalige Landesverteidigungsminister haben das entschlossen getan – entschlossen im Dienste der österreichischen Sicherheit, im Dienste der Sicherheit unserer Bevölkerung, aber auch im Dienste unserer Soldaten. (Beifall bei der ÖVP.)

Wenn man die damaligen Systeme Revue passieren läßt, so gab es im Prinzip drei: ein russisches, ein französisches und ein schwedisches. Das russische war nicht lieferbar. Die Russen haben Probleme mit der Geheimhaltung ihrer Technologie gesehen. Das französische wäre anschaffbar gewesen, und der Rechnungshof meint, unter wirtschaftlichen Aspekten und unter Berücksichtigung des Nachfolgeauftrages für die Munition wäre eventuell das französische System effizienter, wirtschaftlicher gewesen. Die Entscheidung, die im Landesverteidigungsrat einmütig – nicht einstimmig, aber einmütig – getroffen wurde und in der Bundesregierung einstimmig gefallen ist, erfolgte zugunsten des BILL-Systems.

Der Grund ist auch klar: Im französischen System waren bundesdeutsche Komponenten in einem Ausmaß enthalten, daß man natürlich befürchten mußte, daß das weitere Widerstände gegen eine ordnungsgemäße Verteidigungsmöglichkeit Österreichs mit sich bringen würde.

Da muß ich jetzt schon sagen, Kollege Leikam: Wenn dieses Drittel dann von dir als nicht in Ordnung bezeichnet wird, dann muß ich ... (Abg. Leikam: Das steht im Rechnungshofbericht!) Der Rechnungshof hat die wirtschaftlichen Zusammenhänge anerkannt. (Abg. Leikam – den Rechnungshofbericht in die Höhe haltend –: Das ist alles hier nachlesbar!) Der Rechnungshof


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hat durchaus auch diese politischen Aspekte anerkannt. Er hat allerdings eingemahnt, daß sie beim Beschaffungsvorgang nicht ausreichend dokumentiert worden sind.

Und das war der Fehler, der da passiert ist (Abg. Wabl: Ein großer Fehler!), daß man bei der Bestellung nicht gesagt hat: Die Bundesregierung hat aus diesen und jenen außenpolitischen Gründen einstimmig und der Landesverteidigungsrat hat eigenmütig beschlossen, das System BILL auszuwählen. Also so groß war der Fehler nicht. Aber ordnungsgemäß hätte auch das in diesem Beschaffungsvorgang dokumentiert gehört.

Man sollte daher nicht, nur um die ÖVP-Landesverteidigungsminister zu schlagen, in eine Kritik verfallen, die natürlich im Zusammenhang mit der politischen Gesamtfrage steht, denn dann entsteht der Eindruck, daß man einen ÖVP-Verteidigungsminister schlägt, aber das Bundesheer meint. Insofern war mein Vorwurf mit dem Pawlowschen Hund durchaus gerechtfertigt. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich fasse zusammen:

Erstens: Die politischen Vorwürfe, daß Beschaffungsvorgänge im Bundesheer, die vom Rechnungshof untersucht worden sind, sich dem Verdacht der Korruption auszusetzen hätten, wurden nicht bestätigt.

Zweitens: Die prinzipielle Entscheidung für das schwedische Lenkwaffensystem BILL ist von den gesetzlichen Organen getroffen worden. Hier sind zwar Fragen nach der Wirtschaftlichkeit dieses Systems durchaus berechtigt, aber Wirtschaft – und das sage ich als Ökonom – ist nicht alles, es gibt auch politische Gründe für eine Entscheidung. Und diese politischen Gründe waren – ich sage es noch einmal –, Österreich in einer prekären Situation, Österreich in seiner Sicherheitssituation zu stärken – und dafür sollten wir den ÖVP-Landesverteidigungsministern dankbar sein. (Beifall bei der ÖVP.)

13.12


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Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder:
Zum Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Wabl. – Bitte, Herr Abgeordneter.

13.12

Abgeordneter Andreas Wabl (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Präsident des Rechnungshofes! Meine Damen und Herren! Kollege Firlinger, der nicht mehr anwesend ist, hat in seinen Ausführungen einen klaren und richtigen Satz gesagt, und zwar ... (Abg. Kiss: Nur einen einzigen! Alle anderen waren unwahr und unrichtig!)

Ich weiß, Sie sollten sich vom Herrn Professor in Sachen Logik unterrichten lassen, denn das wäre ungefähr die Leikamsche Logik. Ich habe nur einen hervorgehoben ... (Abg. Kiss: Das hat mit Logos nichts zu tun! Er hat nur einen richtigen Satz gesagt!) – Wir kommen auf die Wildschweinleberpasteten schon noch zu sprechen, Herr Abgeordneter Kiss, um bei der Logik Ihrer Fraktion zu bleiben. Wir kommen schon noch darauf.

Meine Damen und Herren! Abgeordneter Firlinger hat hier ganz klar gesagt: Die Ausgangslage war diese unappetitliche Affäre im Zusammenhang mit einem Gesprächsprotokoll des Abgeordneten Kraft und des Abgeordneten Marizzi über einen Beschaffungsvorgang für das Bundesheer. Meine Damen und Herren! Da wurde von Provisionen, von Parteigeldern gesprochen. (Abg. Dr. Lukesch: Da wäre ich vorsichtig!) Das ist eindeutig aus den Protokollen zu entnehmen. Herr Abgeordneter Lukesch! Da gibt es nichts zu rütteln und zu deuteln, und das sollten Sie einmal zur Kenntnis nehmen, Herr Professor! Das war Faktum, und das hat auch zu einer Verurteilung des Herrn Abgeordneten Kraft in der ersten Instanz geführt. Den weiteren Verlauf kenne ich noch nicht. (Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Herr Abgeordneter Wurmitzer! Nehmen Sie einmal zur Kenntnis – oder vielleicht habe ich es hier mit einer Meuchelbande zu tun (Abg. Kiss: Herr Präsident! Wer ist denn da eine Meuchelbande? Das ist ja unglaublich! – weitere heftige Zwischenrufe bei der ÖVP) innerhalb der ÖVP, die einen Abgeordneten, der Vorsitzender ...

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Herr Abgeordneter Wabl! Sie sollten sich vielleicht doch einer adäquateren Sprechweise bedienen. – Danke.

Abgeordneter Andreas Wabl (fortsetzend): Herr Präsident! Hier werden der Opposition Diffamierung, Vorverurteilung und, und, und unterstellt, obwohl ein Faktum gegeben ist, das dazu geführt hat, daß die ÖVP den Vorsitzenden des Landesverteidigungsausschusses in die Wüste geschickt hat, der dann vor Gericht gestanden ist und in der ersten Instanz bereits verurteilt wurde. Und dann spricht Professor Lukesch von Vorverurteilungen, von Unterstellungen, von Diffamierungen, Vermutungen und allen möglichen Dingen.

Herr Professor! Nehmen Sie zur Kenntnis: Das war keine Lappalie! Hier hat ein Abgeordneter dieses Haus verlassen müssen ... (Abg. Kiss: Das ist ja ein völliger Blödsinn! – Abg. Dr. Lukesch: Es gibt ein Fehlverhalten eines Abgeordneten!) Ja, selbstverständlich, Herr Abgeordneter Lukesch! Der hat ja mit der ÖVP nichts zu tun gehabt, der war ja bloß Vorsitzender des Verteidigungsausschusses, der hat ja mit Beschaffungsvorgängen nichts zu tun gehabt.

Die Österreicherinnen und Österreicher werden sich folgendes Bild machen: Die ÖVP distanziert sich vom Privatmann Kraft, denn der hat sich ein bißchen fehlerhaft verhalten, und da haben wir ihm halt nahegelegt: Lieber Hermann, sei so nett und bleib zu Hause! Du hast einen Fehler gemacht! Die Unterstellungen der Opposition sind zwar unglaublich, die sind unverschämt, das sind Diffamierungen, Vorverurteilungen, da sind Dinge im Spiel, die wir nicht auf uns sitzenlassen können. Aber, Kraft, du hast dich nicht ganz richtig benommen im Parlament, du hast unanständige Witze mit dem Marizzi gemacht. Laß das in Zukunft sein und leg dein Mandat zurück!

Wenn das eine Lappalie ist, wenn das Vorgänge sind, die nicht untersuchungswürdig sind, dann bitte, Herr Lukesch, erzählen Sie mir, was ein Untersuchungsausschuß eigentlich untersuchen soll? (Abg. Dr. Lukesch: Wir haben das ja untersucht und untersuchen lassen, gerade deswegen, nur das Ergebnis ist null!)

Herr Abgeordneter Professor Lukesch! Sie haben gesagt, wir müssen die schärfsten Waffen einsetzen, um die Dinge aufzuklären, und Sie haben behauptet: Wir haben die schärfsten Waffen eingesetzt, nämlich die Gerichte und den Rechnungshof. (Abg. Dr. Lukesch: Ja, richtig!)

Herr Abgeordneter Lukesch! Ein Messer zu benützen, um etwas zu schneiden, ist vernünftig. Aber wenn man ein Messer dazu benützt, um an einem Steinboden herumzukratzen, dann wird es eine stumpfe Waffe. Und Sie wissen ganz genau: Der Rechnungshof kann im Verteidigungsministerium sämtliche Akten, sämtliche Verwaltungsabläufe prüfen. Er kann die Beamten dort befragen, aber er kann nicht – und das ist das Bezeichnende – den Kollegen Kraft, der sich hier auf den Gängen offensichtlich ein bißchen danebenbenommen hat, befragen. Er kann auch nicht den Herrn Kiss befragen, er kann auch nicht die Frau Umweltministerin befragen, er kann auch nicht den Verteidigungsminister befragen, in einer Art und Weise, wie es nur ... (Abg. Dr. Lukesch: Ich protestiere dagegen, daß du jemanden in Verdacht bringst! Unverdienterweise und ohne jeden Beweis!)

Herr Abgeordneter Lukesch! Ich habe eine ganz bescheidene Bitte: Nehmen Sie zur Kenntnis: Hier hat nicht die Opposition Politiker der ÖVP in Verdacht gebracht, sondern ein Gesprächsprotokoll – an diesem Gespräch war der Vorsitzende des Verteidigungsausschusses beteiligt, und er ist in der ersten Instanz bereits verurteilt worden – hat in dieser Sache Verdachtsmomente aufkommen lassen, daß es sich bei Waffengeschäften um Korruption handeln kann. Und dieses Haus hat versucht, einen Untersuchungsausschuß durchzusetzen, aber Sie haben in alter Manier und in alter Tradition der Vertuschung und in alter Tradition des Zudeckens ein Instrument benützt – ich sage dazu: eigentlich mißbraucht –, das diese Vorgänge, die hier zu untersuchen wären, nicht überprüfen kann. (Abg. Dr. Lukesch: Das stimmt ja gar nicht!)


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Der Rechnungshof hat vorzügliche Arbeit geleistet im Zusammenhang mit vielen Beschaffungsvorgängen im Bundesheer. Und er hat auch – da kommt auch dann noch ein Entschließungsantrag –, wie Herr Abgeordneter Leikam richtig gesagt hat, viele, viele gravierende Mängel aufgedeckt. Aber eines konnte er gar nicht: Er konnte das, was damals politisch zu untersuchen gewesen wäre, nicht überprüfen, und das war von Anfang an klar. Und Sie haben in der Öffentlichkeit mit diesem Manöver versucht, diese Affäre in der ÖVP still und kalt zu bereinigen (Abg. Dr. Lukesch: Überhaupt nicht!), indem Sie einen Abgeordneten vor die Tür setzen und die anderen Vorgänge nicht überprüfen. (Abg. Kiss: Wabl behauptet wider besseres Wissen ...!)

Herr Abgeordneter Kiss! Essen Sie Ihre Schweinsleberpastete in Ruhe, aber überlegen Sie sich, was das für die Kultur dieses Hauses bedeutet, wenn Sie so tun, als ob es eine Lappalie wäre und die Opposition sich völlig zu Unrecht aufregen würde. (Abg. Kiss: Es ist eine Lappalie!) Die ganze Republik hat über diesen Vorfall geredet. Der Herr Marizzi war wochenlang auf Urlaub. Der Herr Kraft war am Ende seiner Karriere, er war verzweifelt, es war eine Tragödie eines Mannes, der jahrzehntelang in diesem Haus gedient hat. – Und Sie sagen: ein kleiner Fehler.

Herr Abgeordneter Lukesch! Ich attestiere Ihnen, daß sich in diesem Rechnungshofbericht keinerlei Hinweise auf Provisionen finden. Aber, bitte, das kann der Rechnungshof in diesem Zusammenhang nicht überprüfen. Sie haben hier ein falsches Manöver inszeniert, damit die Öffentlichkeit den Eindruck hat: Da wird jetzt wirklich geprüft! (Abg. Dr. Lukesch: Er hat überhaupt nichts gefunden!)

Präsident Fiedler hat bereits im Ausschuß festgehalten, was er prüfen kann und was er nicht prüfen kann. Und ich bin dafür dankbar, daß das passiert ist. Aber ich kenne Ihre Methode, wir haben das bei allen anderen Untersuchungsausschüssen ebenso erlebt. Sie haben immer gesagt: Die Gerichte werden das entscheiden, und der Rechnungshof wird das prüfen.

Aber wann dann, wenn nicht in solchen Angelegenheiten, wo politische Implikationen gegeben sind, soll ein Untersuchungsausschuß eingesetzt werden? Wann dann, wenn nicht in diesem Fall, wo der Vorsitzende des Landesverteidigungsausschusses in solcher Weise unter Verdacht gerät? (Abg. Hans Helmut Moser: Kollege Scheibner war der Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, nicht Kollege Kraft!) Kraft war Wehrsprecher der ÖVP. (Abg. Kiss: Ein kleiner Unterschied! Ein kleiner Fehler!) Ja, natürlich ein ganz kleiner Unterschied.

Herr Abgeordneter Lukesch! Sie sagten: Es ist nicht das herausgekommen, was Sie wollten. – Es ist genau das herausgekommen, was Sie wollten – allerdings nicht ganz, denn da hat der Leikam dazwischengefunkt in guter koalitionärer Manier. – Wer bezahlt denn bei einem Geschäft Provisionen? Der, der Waffen einkauft, oder der, der die Waffen verkauft? Sie hätten bei jenen Firmen prüfen müssen, die die Waffen verkaufen. Und wie soll der Rechnungshof dort prüfen? Wie soll er dort seinem Prüfungsauftrag nachkommen? Der kann das gar nicht! (Abg. Dr. Lukesch: Aber ja! Er hat ja die ganzen Unterlagen!)

Herr Abgeordneter Lukesch! Ich sage Ihnen folgendes: Sie haben hier redegewandt versucht, mit diesem Rechnungshofbericht diese Affäre endgültig zu begraben. Das wird Ihnen nicht gelingen. Der Rechnungshof hat die Verwaltungsabläufe im Verteidigungsministerium überprüft. (Abg. Dr. Lukesch: Keine Anhaltspunkte auf illegale Zahlungen!)

Herr Abgeordneter Lukesch! Ich gebe Ihnen durchaus recht im Zusammenhang mit der Beschaffung des BILL-Systems im Vergleich zum französischen MILAN, denn hier gibt es tatsächlich vernünftige Gründe, wenn man in dieser Logik denkt wie Sie, daß man sich ... (Abg. Kiss: Aber! Aber!) – Es geht nicht um ein Aber! Es wäre notwendig gewesen – und das ist auch ganz klar dokumentiert worden –, daß das Verteidigungsministerium für jene, die dann prüfen, nachvollziehbar dokumentiert, was passiert ist, denn sonst bleiben diese Dinge im dunkeln, und das sollte nicht sein, Herr Abgeordneter Kiss! Und dieser Vorwurf hält: Weil aus verschiedensten Gründen viele Vorgänge nicht ausreichend dokumentiert werden, kommt immer wieder Verdacht auf – abgesehen von der wunderschönen, tragischen Geschichte des Abgeordneten Kraft.


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25. Sitzung / Seite 73

Meine Damen und Herren! Ich komme dann zu meinem Entschließungsantrag, zu dem mich Herr Abgeordneter Leikam motiviert hat. (Abg. Grabner: Den hast du noch gar nicht gehört, hast du den Antrag schon fertig gehabt! – Heiterkeit.) Nein, im Rechnungshofausschuß, da hat er so schöne Dinge gesagt. Hier hat er sich ein bißchen zurückgenommen, weil sich die ÖVP auch beim Einem-Beschuß offensichtlich etwas zurückgenommen hat. Da hat er sich gedacht, jetzt muß ich auch ein bißchen bremsen. Er hat heute nicht mehr gesagt, daß es sich hier um Basarmethoden gehandelt hat, daß der Herr Verteidigungsminister sich als Basarhändler betätigt hat. Das hat er heute nicht mehr erwähnt, sondern nur im Ausschuß. Aber im Ausschuß und auch in öffentlichen Erklärungen hat er noch andere Dinge festgestellt. Ich habe das in der Begründung zu meinem Enschließungsantrag festgehalten, damit es Herrn Leikam leichter fällt, diesem auch zuzustimmen. Ich habe das wörtlich zitiert, weil ich das wirklich treffend gefunden habe, was Herr Abgeordneter Leikam gesagt hat, und ich denke mir, wenn ein Mitglied einer Regierungspartei solche Dinge sagt, dann sind sie wohlüberlegt und treffen den Sachverhalt. (Abg. Kiss: Jetzt wollen wir es aber wissen! Was hat er gesagt?)

"Der Zweite Teilbericht des Rechnungshofes über das Beschaffungswesen des Bundesheeres zeigt eine Reihe unglaublicher Mängel und Schwächen auf.

Die Kritik des Rechnungshofes am Beschaffungswesen ist unübersehbar." Also auch für Sie wahrscheinlich, Herr Professor Lukesch. (Abg. Kiss: Wer hat das gesagt?)

"Die Bedarfsermittlungen wurden unzureichend erhoben.

Maßgebliche Planungen sind zu spät oder gar nicht erfolgt."

Planungen sind gar nicht erfolgt! – Ja, das ist ja gleichgültig, es handelt sich ja nur um ein paar Beschaffungsvorgänge, es geht hier nur um ein paar Millionen. Ich weiß schon, es gibt sehr brisante Geschichten, es stehen schon die Panzer vor der Tür, und wir müssen sofort die Abwehrraketen haben. Selbstverständlich, ich verstehe das schon, wir waren im Krieg.

"Der Bieterkreis wurde regelmäßig verkürzt." – Wissen Sie, was das heißt: Der Bieterkreis wurde regelmäßig verkürzt? (Abg. Kiss: Wer sagt das? – Abg. Dr. Graf: Sagt das der Leikam?)

Das sagt der Rechnungshof, und Herr Abgeordneter Leikam, Ihr Partner, bestätigt das.

"Die Bestimmungsgrößen für die Produktauswahl sind nicht zeitgerecht erfolgt.

Die Erwägungen für die Beschaffungen und die Schritte des Vergabeverfahrens wurden nicht ausreichend dokumentiert.

Vergabeentscheidungen wurden ohne Kosten-Nutzen-Vergleich vorgenommen.

Zahlungen wurden regelmäßig vorzeitig geleistet, woraus sich ein finanzieller Schaden für die Republik ergab." – Das sagt der Herr Abgeordnete Leikam, Ihr Partner. (Abg. Leikam: Der Rechnungshof!) – Der Rechnungshof sagt das, behauptet der Herr Leikam.

"Die vorgeschriebenen Vergabearten wurden nicht eingehalten, weshalb gegen die Vergabenormen verstoßen wurde.

Die Interessen der Republik Österreich wurden bei den Vertragsabwicklungen nicht ausreichend vertreten." Das heißt, der Verteidigungsminister vertritt nicht ausreichend die Interessen der Republik Österreich. – Das hat Ihr Partner Leikam gesagt.

"Diese Kritik des Rechnungshofes am Beschaffungswesen des Bundesheeres, die sich seit Jahren ständig wiederholt ..." – Originalzitat Leikam. Die Verteidigungsminister sind ja eigentlich ablösereif, denn das wiederholt sich ja ständig, das ist ja nicht ein einmaliger Fehler aufgrund von besonderen kriegerischen Auseinandersetzungen, die sofort Handlungsbedarf erfordern.

"Es geht nicht an, daß Beschaffungen in Milliardenhöhe vorgenommen werden, die weder aufgrund von umfassenden Planungen erfolgen noch den Vergabenormen entsprechen. ...


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25. Sitzung / Seite 74

Der Nationalrat wolle beschließen:

Bundesminister Fasslabend möge taugliche Grundlagen für die notwendigen Beschaffungen erarbeiten lassen und sich um die Einhaltung der Vergabebestimmungen in seinem Ressort kümmern." (Abg. Dr. Lukesch: Wer sagt das jetzt? Der Leikam oder du?) Das ist der Schluß aus diesen sehr bescheidenen kritischen Anmerkungen des Koalitionspartners von der Sozialdemokratie.

Meine Damen und Herren! Sie brauchen Ihren Partner nicht ernst zu nehmen. Ich denke, das kann nicht ganz falsch sein, denn da hat ja einer behauptet: Alle hier in diesem Haus müssen schauen, daß das ordnungsgemäß abgewickelt wird! Allerdings kam dann die Einschränkung: alle, die bei Beschaffungsvorgängen eingebunden sind! Soviel ich weiß, sind das meistens immer Personen aus ÖVP und SPÖ. Ich habe auch schon einmal erlebt, daß FPÖ-Leute eingebunden sind. Bei den Liberalen vielleicht der Herr Moser, ich weiß es nicht. Bei den Grünen habe ich das noch nicht gehört, daß sie beim Ankauf von Draken und anderen Kriegsgeräten eingebunden worden wären. Also ich glaube, dieser Vorhalt hat sich an Sie selbst gerichtet.

Meine Damen und Herren! Ich habe noch einen zweiten Antrag. Und Kollege Lukesch hat ja in seiner Rede schon befürchtet, daß ich so etwas einbringen werde. Es geht in diesem Antrag um diese Inserate in verschiedenen Publikationen.

Meine Damen und Herren! Ich habe schon im Ausschuß den Herrn Bundesminister gefragt, ob er denn weiß, daß diese großen Rüstungsfirmen in österreichischen Zeitungen inserieren, und ob er das kennt. Er hat gesagt, nein, davon weiß er nichts, das kennt er nicht, davon hat er keine Ahnung. Ich habe dann gefragt: Weiß vielleicht irgendein anderer aus dem Verteidigungsministerium darüber Bescheid? – Keine Antwort. Der Abgeordnete Wurmitzer beschwert sich ständig, daß Leute eingeladen werden, die dann nicht gefragt werden. Ich habe mehrmals nachgefragt – nicht nur beim Verteidigungsminister, sondern auch bei den Beamten des Verteidigungsministeriums. (Abg. Wurmitzer: Das ist die Unwahrheit! Das ist die Unwahrheit!) Herr Abgeordneter Wurmitzer! Ich habe nachgefragt, ob jemandem bekannt ist, daß es Inserate von Rüstungsfirmen gibt, und es wurde immer verneint. (Abg. Wurmitzer: Das ist die Unwahrheit! – Abg. Dr. Lukesch: Das ist ja ein totaler Unsinn!) Man sollte vielleicht im Protokoll nachschauen, sofern eines angefertigt worden ist. In Zukunft werde ich den Präsidenten bitten, daß es von den Sitzungen der Rechnungshofausschüsse Wortprotokolle gibt.

Der Verteidigungsminister sitzt ja hier, er kann ja sagen, was er dazu gesagt hat. Ich habe es mir mitgeschrieben: Davon ist mir nichts bekannt!, hat er wortwörtlich gesagt.

Und auf meine Frage, ob es jemanden anderen gibt, der etwas weiß, ist nichts gekommen. Dann habe ich eine bescheidene Frage an den Verteidigungsminister nachgeschoben: Was macht es für einen Sinn, in einer Zeitung für einen Panzer zu werben? Welche Privatperson, welche Einzelperson kann einen Panzer kaufen? – Ich habe lange darüber nachgedacht, ich habe meine Kollegen und Werbeexperten gefragt. Sie konnten mir den Hintergrund nicht erklären, denn normalerweise wirbt eine Firma in einem Medium, von dem die Firma erwarten kann, daß jene, die diese Produkte auch kaufen (Abg. Kiss: ... potentielle Kunden sind!), dann diese Zeitung lesen und sagen: Sehr interessant, das könnten wir kaufen!

Aber was macht ein normaler Bürger mit einem Inserat "Steyr Pandur 6 x 6, überlegen, vielseitig", oder was macht ein normaler Bürger mit einem Inserat "Flugabwehrsystem schützt wirksam! 35 mm"? Was macht ein normaler Bürger mit solch einem Inserat? Er geht in das nächste Geschäft, nimmt Kiss am Arm und sagt: Diese Waffe kaufe ich mir! So eine gute Waffe in meiner letzten Zeitung! Die muß ich mir kaufen! (Abg. Kiss: Schützt gegen Konicek und Thaler! Schützt gegen Anarchisten! – Abg. Tichy-Schreder: Wenn Ihre Stimme lauter wird, wird es immer schwächer! – Weitere Zwischenrufe.)

Meine Damen und Herren! Herr Kiss nimmt wahrscheinlich auch Frau Abgeordnete Tichy-Schreder mit, weil sie sich bei Vertragserstellungen auskennt, und sagt: Nein, dieses Flugabwehrsystem ist nicht in Ordnung, ich schaue mir ein anderes an. – Meine Damen und Herren! Jetzt frage ich mich ... (Abg. Dr. Graf: Als Steuerabsetzposten vielleicht!) – Ja sicher, sie


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25. Sitzung / Seite 75

machen beliebige Werbeeinschaltungen, damit sie sie dann bei der Steuer abschreiben können. Vielleicht könnten sie bei der Caritas spenden, das kann man auch abschreiben. Das ist einfacher. Damit kann man vielleicht das Image der Firma verbessern. (Abg. Dr. Graf: Ich bin nicht dafür, ich versuche es nur zu begründen! In Ermangelung der Regierungsparteien versuche ich es!) Das ist sehr nett, ich danke Ihnen für die Hilfeleistung. Der Minister konnte mir das nicht erklären, meine Damen und Herren! Es tut mir furchtbar leid. (Abg. Dr. Graf: Er kennt sich halt bei Steuerabschreibungen nicht aus!)

Ich habe noch über andere Dinge nachgedacht, aber darüber will ich jetzt nicht reden, weil sich Professor Lukesch schon so aufgeregt hat und ich Abgeordneten Kiss nicht den Appetit auf seine Wildschweinleberpasteten verderben will.

Aber eines möchte ich trotzdem machen, ich möchte den Entschließungsantrag vortragen betreffend Provisionen und Inseratkosten bei Bundesheerbeschaffungen, eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Rechnungshofausschusses betreffend den Sonderbericht des Rechnungshofes über das Beschaffungswesen des Bundesheeres.

Bei Aufträgen des Bundesministeriums für Landesverteidigung an Rüstungskonzerne werden immer wieder Vertreter zwischengeschaltet, die üblicherweise Provisionen in der Höhe von 2 bis 4 Prozent des Auftragsvolumens erhalten.

Meine Damen und Herren! Das ist keine Erfindung von den Grünen. Ich lese das auch in Anfragen der sozialdemokratischen Fraktion, ich lese das nicht nur in Anfragen von meinem Kollegen Anschober, den die Sache mit den Provisionen auch immer brennend interessiert. (Abg. Dr. Graf: Woher wissen die Sozialdemokraten das?) Ich lese das auch in den Anfragen der Liberalen, und die Freiheitlichen fragen auch manchmal nach. In der kleinen Koalition war es weniger üblich, aber jetzt fragen sie auch wieder nach.

Nur, meine Damen und Herren: Warum brauche ich bei einem Waffengeschäft einen Zwischenhändler, wenn ich zum Beispiel einen Nachfolger des Draken kaufen möchte? (Abg. Dr. Graf: Damit er was verdient!) – Ich denke mir, der Verteidigungsminister sitzt in seinem Büro und denkt darüber nach, wo er diese Flieger kaufen können wird. – Ein schwieriges Unterfangen. Wo sind denn diese Firmen in unserem Land und auf unserem Erdball versteckt? Eine schwierige Sache. Wie kann ich da draufkommen? – Zum Glück klopft jemand an und sagt: Ich bin ein Vermittler, ich führe sie zum besten Flugzeug! (Abg. Dr. Graf: Arbeitsplatzbeschaffung!) Ich glaube, das ist der falsche Weg. Selbst Professor Lukesch wird mir das zugestehen, daß es bei Waffenverkäufen nicht notwendig ist, Vermittler zu engagieren. Dann wird der Verdacht, daß diese Vermittlungsprovisionen irgendwo abgezweigt worden sind, wegfallen, wenn der Minister direkt mit seinen Beamten, die dafür befugt sind, mit den Firmen, die diese Waffen produzieren, Kontakt aufnimmt. (Abg. Dr. Graf: Der Vermittler liest Inserate! Er kümmert sich um die Inserate!) – Der Vermittler inseriert ...


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25. Sitzung / Seite 76

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder:
Entschuldigen Sie, Herr Abgeordneter Wabl! Ich möchte eine Bemerkung zur Geschäftsordnung machen. Sie haben zuerst angekündigt, einen Entschließungsantrag einzubringen, und jetzt wieder. Sie haben beim erstenmal diesen Entschließungsantrag nicht zur Gänze verlesen. (Abg. Dr. Khol: Pfui!) Sie haben zumindest offenkundig – es war nicht nachvollziehbar, da wir ihn hier nicht vorliegen haben – aus der Begründung zitiert und dann eigene Kommentare eingeflochten. Sie haben ihn aber nicht zur Gänze verlesen. Ich fürchte, auch diesmal wird es so sein, sodaß in beiden Fällen der Entschließungsantrag nicht ordnungsgemäß eingebracht wäre. Ich möchte Sie daher bitten, die Entschließungsanträge sicherheitshalber vollständig zu verlesen, wobei die Begründung entfallen kann. – Entschuldigen Sie bitte die Unterbrechung. (Abg. Dr. Khol: Er ist ein fürsorglicher Präsident! Du mußt dich bedanken beim Präsidenten!)

Abgeordneter Andreas Wabl (fortsetzend): Herr Präsident! Ich habe den Entschließungsantrag vollständig verlesen. Wenn Sie ein vollständigeres Exemplar haben, dann bitte ich Sie, mir das zukommen zu lassen. Wenn Sie mich nicht unterbrechen, kann ich auch den zweiten Entschließungsantrag vollständig vorlesen.

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Herr Abgeordneter! Ich stelle fest, Sie haben den ersten nicht vollständig verlesen.

Abgeordneter Andreas Wabl (fortsetzend): Dann muß mir der Heeres-Nachrichtendienst meine Unterlagen vorenthalten haben. (Allgemeine Heiterkeit.)

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Es gibt durchaus auch andere Fehlerquellen, Herr Abgeordneter!

Abgeordneter Andreas Wabl (fortsetzend): Herr Präsident! Ich bin froh, daß Sie auf der Suche nach Fehlern sind. Ich lese den Entschließungsantrag betreffend Provisionen und Inseratkosten bei Bundesheerbeschaffungen weiter vor. Ich war gerade bei den Provisionen.

Darüber hinaus inserieren die Rüstungsfirmen, die Geschäftsbeziehungen mit dem Verteidigungsministerium unterhalten, durchwegs in Publikationen des Verteidigungsministeriums – da wundert es mich, daß der Herr Verteidigungsminister nichts davon weiß –, des Bundesheeres oder in Soldatenzeitungen. – Also da wundert es mich nicht mehr, daß der Verteidigungsminister nichts weiß. – Offenbar wird auch diese Gegenleistung der Rüstungsfirmen vom Auftraggeber erwartet.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Bundesminister Fasslabend möge aus Einsparungsgründen" – das liegt ...

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Entschuldigen Sie bitte: Verlesen, nicht zusätzlich extemporieren! (Allgemeine Heiterkeit. – Abg. Kiss: Bitte auf deutsch, Herr Präsident! – Weitere Zwischenrufe.)

Abgeordneter Andreas Wabl (fortsetzend): Herr Präsident! Dann müssen Sie auch dafür sorgen, daß nicht immer Zwischenrufe sind, diese provozieren ja gerade.

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Verzeihen Sie, der Entschließungsantrag ist vorzulesen. In der Geschäftsordnung ist nicht vorgesehen, daß man ihn auch anhört. (Allgemeine Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP.)

Abgeordneter Andreas Wabl (fortsetzend): Herr Präsident! Ich habe Sie leider akustisch nicht verstanden. Inhaltlich fällt es mir ohnehin immer schwer.

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Wabl, Freundinnen und Freunde betreffend Provisionen und Inseratkosten bei Bundesheerbeschaffungen

Der Nationalrat wolle beschließen:

Bundesminister Fasslabend möge aus Einsparungsgründen bei der Auftragsvergabe keine Vertreter der Rüstungsfirmen, die Provisionen kassieren, dazwischenschalten sowie ein Rüstungswerbeverbot in allen Medien für Inserate von Rüstungsfirmen erlassen.

*****

(Beifall und Bravorufe bei den Freiheitlichen. )


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25. Sitzung / Seite 77

Herr Präsident! Sollten noch Teile von Entschließungsanträgen beim Heeres-Nachrichtenamt gefunden werden, werde ich sie noch nachreichen. (Heiterkeit. – Beifall bei den Grünen.)

13.38

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Hohes Haus! Der zuletzt verlesene Entschließungsantrag ist als einziger ordnungsgemäß eingebracht, entsprechend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Der erste angedeutete Entschließungsantrag ist nicht ordnungsgemäß eingebracht. Ich stelle das ausdrücklich fest.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Gaál. – Bitte, Herr Abgeordneter.

13.38

Abgeordneter Anton Gaál (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ich muß jetzt wieder Sachlichkeit einkehren lassen. Wie schon bei vielen anderen Anlässen weist auch der Bericht des Rechnungshofes – viele der Diskussionsbeiträge haben das auch gezeigt – zahlreiche Schwachstellen und Mängel auf. Einmal mehr wird hier wieder einmal bestätigt, daß unsere Forderungen nach einer Neuordnung des Bundesheerbeschaffungswesen mehr als berechtigt sind und rasch verwirklicht werden müssen.

Es müssen – Herr Bundesminister, ich habe es immer wieder gesagt – Vorgangsweisen gewählt werden, die ein weitaus höheres Maß an Transparenz, an Nachvollziehbarkeit und an Korrektheit aufweisen, als das in der Vergangenheit der Fall war. Diese Neuordnung muß natürlich auch von einem umfassenden Ansatz ausgehen, da insbesondere wirtschaftliche und industriepolitische Überlegungen eine immer wichtigere Rolle spielen. Das heißt, neben den militärfachlichen Vorgaben müssen auch von Anfang an die politischen und wirtschaftlichen Vorgaben mitberücksichtigt werden, denn die Beschaffung von militärischen Gütern – so meine ich – und Dienstleistungen können nicht losgelöst, sondern nur im Zusammenhang mit dem berechtigten Interesse der österreichischen Wirtschaft und Industriepolitik gesehen werden.

Der Rechnungshofbericht – es ist heute schon gesagt worden – kritisiert ja die Vorgänge um die Anschaffung des Panzerabwehrlenkwaffensystems "PAL 2000". Obwohl die Problematik der Lenkwaffen viele Jahre immer wieder auch öffentlich diskutiert worden war, standen die Anschaffungen plötzlich – für uns unerwartet – unter Zeitdruck. Die Planungen wurden nicht abgeschlossen. Die technisch-taktischen Erprobungen wurden nicht abgewartet. Und der Rechnungshof kritisiert nicht nur das Fehlen jeglicher Dokumentation für die wesentlichen Vergabeschritte, sondern er kritisiert auch die freihändige Vergabe.

Ich möchte es hier nochmals betonen: Der Rechnungshof stellte auch fest, daß sich bei den überprüften Beschaffungsfällen keine Hinweise auf illegale Zahlungen ergeben haben. Ich habe auch keinen Anlaß, daran zu zweifeln, daß es so ist. Aber gerade die Wortmeldung des Kollegen Wabl hat mich zu einer Frage an den Herrn Präsidenten des Rechnungshofes inspiriert. Herr Präsident! In welcher Form und nach welcher Methode wurde dabei vorgegangen? – Ich halte gerade bei solchen Feststellungen Transparenz angebracht, damit keine Mißverständnisse aufkommen können.

Herr Bundesminister! Das Bundesheer denkt jetzt bereits wieder über die nächste Generation der Panzerabwehrlenkwaffen nach, nämlich über das System "PAL 4000". Welche Konsequenzen haben Sie aus den vom Rechnungshof aufgezeigten Unzukömmlichkeiten gezogen, um die erforderlichen Planungsschritte in Zukunft, ohne die Fehler der Vergangenheit zu begehen, sicherzustellen? Gibt es die erforderliche Grundsatzplanung? Können Sie uns ein Panzerabwehrkonzept vorlegen? – All das sind Fragen, die geklärt werden müssen, bevor über die eigentliche Beschaffung gesprochen werden kann.

Wir bekommen in diesem Rechnungshofbericht bestätigt, daß unsere Forderung nach einer militärischen Grundsatzplanung für die Beschaffung berechtigt ist. Das Fehlen eines rüstungspolitischen Konzepts wird als grundsätzlicher Mangel des militärischen Beschaffungswesens bezeichnet.


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25. Sitzung / Seite 78

Herr Bundesminister! Es muß einfach sichergestellt werden, daß in Zukunft bei Beschaffungsvorhaben des Bundesheeres rechtzeitig und umfassend informiert wird. Das setzt voraus, daß es zu einer Reorganisation der Planungs- und Beschaffungsvorgänge im Bundesheer kommt. Der gesamte Planungs- und Beschaffungsapparat ist überbürokratisiert. 1 500 Bedienstete sind mit der Administration der Beschaffungsvorgänge beschäftigt. Dieser hohe Personaleinsatz ergibt sich aus den bestehenden Doppel- und Mehrgleisigkeiten und auch aus den unklaren Kompetenzabgrenzungen.

Aber auch das angewendete Bewertungsverfahren bildet eine entscheidende Rolle für die Wirtschaftlichkeit bei der Beschaffung. Das derzeitige Verfahren hat den eklatanten Nachteil, daß es letzten Endes auf eine Einkaufspreisbewertung hinausläuft und die Gesamtkosten eines Systems, die im Zuge der Lebensdauer anfallen, also diese Lifecycle-Kosten, nicht berücksichtigt. – Herr Bundesminister! Hier herrscht Handlungsbedarf im eigenen Haus. – Das ist die eine Seite.

Zum anderen müssen – ich werde das immer wieder einfordern – die politischen Verantwortungsträger die entsprechenden Analysen vorlegen. Ich meine damit Analysen, aus denen klar und deutlich nachvollziehbar der Bedarf für die militärischen Rüstungsgüter hervorgeht. Daher müssen endlich diese umfassenden militärischen Grundsatzplanungen in den Bereichen Operation, Ausbildung und auch Beschaffung durchgeführt werden. Der dafür erforderliche Apparat ist im Ressort in qualitativer und quantitativer Hinsicht vorhanden. Es bedarf nur, so würde ich meinen, der klaren Anordnungen und Prioritätensetzungen.

Herr Bundesminister! Ich habe es wiederholt gesagt und bringe es auch heute wieder ein: Wir sind zu einer konstruktiven Zusammenarbeit bereit. Aber dieses Miteinander bedeutet auch Mitgestaltung und Mitentscheidung, die Teilhabe an der Mitgestaltung und Mitentscheidung und nicht nur Mitverantwortung. Nur so wird es möglich sein, vernünftige und politisch richtige Festlegungen zu treffen, die auch die notwendige Akzeptanz in der Bevölkerung finden werden. Darum, meine Damen und Herren, soll es uns in dem sehr sensiblen Bereich gemeinsam gehen! (Beifall bei der SPÖ.)

13.46

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Haupt. – Bitte, Herr Abgeordneter.

13.46

Abgeordneter Mag. Herbert Haupt (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine Herren Präsidenten! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Der heute in Diskussion stehende Rechnungshofbericht zum Beschaffungswesen des Bundesheeres kommt immer mehr einer Legendenbildung und einer Faschingssitzung gleich denn einer seriösen, ernstlichen Erörterung, die eigentlich hier im Hohen Hause aus meiner Sicht angebracht wäre.

Ich bin als Parlamentarier immer davon ausgegangen, daß Rechnungshofberichte dazu dienen sollten, daß das Parlament und die Verwaltung des Bundes in entsprechender Form aus diesen Rechnungshofberichten lernen und aus ihnen die Konsequenzen zur Abstellung von Unzukömmlichkeiten ziehen. Es darf auf der einen Seite nicht die ÖVP-Fraktion versuchen, ihren Bundesminister von Fehlern, die teilweise nicht in seinem Bereich, sondern bei seinen Amtsvorgängern und im Bereiche der Verwaltung passiert sind, reinzuwaschen, und auf der anderen Seite dürfen nicht Dinge hineingeheimnißt werden, die zumindest in der Form auch fragwürdig sind, wenn ich die Ausführungen des Kollegen Wabl nachvollziehe.

Ich glaube aber, daß es einen trotzdem nachdenklich stimmen muß, wenn von seiten der Regierungsfraktionen mit Beharrlichkeit immer der letzte Satz der Seite 7 in die Diskussion gebracht wird. Denn neben dem letzten Satz der Seite 7, der lautet: "Hinweise auf illegale Zahlungen ergaben sich bei den überprüften Beschaffungsfällen nicht", sollte zumindest auch jenen, die Ökonomen sind, auffallen, daß es durchaus auch andere Zeilen in diesem Rechnungshofbericht gibt, etwa jene auf Seite 18, die Kollegin Apfelbeck zu Recht zitiert hat.


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25. Sitzung / Seite 79

Ich sage Ihnen schon, Herr Professor Lukesch, der Punkt 17 (7) auf Seite 18 wäre auch nachlesenswert. Da heißt es: "Im Mai 1987 wurde schließlich der Auftrag an die österreichischen Unternehmen erteilt. Die Lieferungen erfolgten ordnungsgemäß. Über die Abwicklung der Zahlungen lagen im BMLV keine Unterlagen mehr auf." – Wortwörtlich.

Das ist kein Hineingeheimnissen, das ist keine Vermutung und kein Verdacht, das ist etwas, was in einer Privatfirma bei einer Steuerüberprüfung zu erheblichen Schwierigkeiten, zu einer Einschätzung der Steuern und zu erheblichen Nachzahlungen führen würde. Sie als Nationalökonom wissen das selbstverständlich, Herr Professor Lukesch! Aber Sie glaubten, hier am Rednerpult und im Übereifer einen Minister reinwaschen zu müssen, der gar nicht in Diskussion steht, weil es sich um Beschaffungsvorgänge aus der Zeit seines Amtsvorgängers Lichal handelt. Da vergessen Sie Ihre nationalökonomische Ausbildung und versuchen, diese Dinge zu verdrängen. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenruf des Abg. Dr. Lukesch. )

Sie wissen, Herr Professor Lukesch, man sollte auch hier am Rednerpult durchaus das, was man im Privatleben gelernt hat, nicht vergessen und Bemühungen dahin gehend anstellen, beim Ministerium zu erreichen, daß durch die ausgezeichnete Revisionsabteilung, die beim Bundesministerium angesiedelt ist, solche Unzukömmlichkeiten in Zukunft verhindert werden. Die ausufernden Folgen solcher Randbemerkungen sind heute ja transparent geworden.

Jene, die mit dem Rechnungshofbericht hantieren und das Bundesheer schlagen wollen, haben eigentlich nichts damit am Hut, durch den Rechnungshof die Reform bei den Bundesdienststellen herbeizuführen, sondern diese wollen eher die Landesverteidigung insgesamt in Mißkredit bringen. Das, so glaube ich, ist in der jetzigen Situation unseres Bundesheeres etwas, was wir überhaupt nicht brauchen können! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Mein Bemühen geht eher dahin, daß der Herr Bundesminister mit seinen Dienststellen aus den Fehlern seiner Amtsvorgänger lernen möge und die 0,9 Prozent des Bruttoinlandsproduktes, die ihm zur Verfügung stehen, so sparsam einsetzt, daß sie tatsächlich dem Bundesheer mit jedem Schilling und Pfennig zugute kommen und nicht zu Auslandszahlungen verwendet werden, die noch dazu nicht durch Bankgarantien besichert sind. Das wird zwar entsprechend der Kameralistik verwendet, aber da gibt es meiner Ansicht nach auch sinnvollere Möglichkeiten.

Herr Kollege Lukesch! Auch wenn Sie unzufrieden sind: Es gibt dabei schon auch für uns hier im Parlament einiges zu überlegen. Können wir es uns leisten, trotz ausufernden Staatsdefizits weiterhin Auslandszahlungen zum Ansparen für das Bundesheer zu tätigen, und zwar ohne Bankgarantien an schwedische und amerikanische Firmen, bei denen wir beschaffen werden beziehungsweise vielleicht beschaffen werden? Wäre es nicht gescheiter, uns einmal hier im Rahmen des Finanzausschusses im Parlament zusammenzusetzen und zu prüfen, ob die Kameralistik in diesem Bereich nicht schon längst überholt ist? Wir sollten auch prüfen, ob es nicht besser wäre, eine vierjährige, über die gesamte Legislaturperiode gehende Planung des Beschaffungswesens des Bundesheeres einzuführen, und zwar mit entsprechender Mittelreservierung auch in den nachfolgenden Budgets. Dies auch um den Preis, daß dann vielleicht in dem einen oder anderen Jahr das Bundesheer tatsächlich jenes Geld erhält, das es braucht, nämlich 1,4 Prozent des Bruttoinlandsproduktes, statt eines ewigen Hungerleiderbudgets!

Das sollte auch einmal politisch verantwortet werden. Das wären für mich die Fragen, die aus diesem Rechnungshofbericht abzuleiten sind, die klar sind. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich sehe daher auch ein, daß nicht die Verstimmung des Kollegen Leikam verschwunden ist, sondern daß er heute deswegen moderater ist als in den Ausschüssen, weil die Mitunterschriften der jeweiligen Beamten des sich in SPÖ-Hand befindlichen Finanzministeriums jeweils klar nachvollziehbar auf den einzelnen Überweisungspapieren zu finden waren und die Methode "Haltet den Dieb!" zumindest für die sozialdemokratische Fraktion hier nicht anwendbar ist, denn ohne Finanzministerium und die Unterschriften seiner Beamten hätten diese Auslandszahlungen, die im Ausschuß kritisiert worden sind (Abg. Dr. Lukesch: Unangebracht!), in der Praxis nicht durchgeführt werden können. Mehr Seriosität und mehr in die Zukunft gerichtete


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25. Sitzung / Seite 80

Überlegungen täten dem Bundesheer und, wie ich glaube, auch dem Steuerzahler in diesen Fällen gut.

Etwas, was Kollege Lukesch schon angeschnitten hat, werde ich hier nochmals anschneiden, nämlich die Auswahlkriterien des Rechnungshofes. Es ist gut und schön und auch sehr löblich, daß zwei namhafte Universitätsprofessoren dafür gewonnen werden konnten, dieses System zu erarbeiten und zu verbessern. Diese haben aber auch klar und deutlich gesagt, daß nicht alles in der Politik Wirtschaft ist und die Wirtschaft nicht alles im Bereich des Bundesheeres ist.

Ich sage Ihnen auch eines: Ich glaube, daß dieses System durchaus ein taugliches Gerüst wäre. Als Oppositionspolitiker würde ich mir aber wünschen, daß alle Beschaffungsvorgänge, die durch Anfragen in diesem Hohen Haus zur Debatte gestellt worden sind, automatisch, unabhängig davon, in welche der vier Qualitätskriterienklassen sie nunmehr eingeteilt sind, vom Rechnungshof einer Durchsicht unterzogen werden. Ich glaube, es sind das in einer Legislaturperiode nicht so viele, es sind das immer nur einige wenige. Ich halte das auch für ein Organ des Parlaments für ein Zusatzkriterium, Herr Kollege Lukesch, das durchaus überlegenswert wäre. Das heißt, zu den Klasseneinteilungen, die aus rein ökonomischer Sicht getroffen worden sind, wäre noch eine Klasseneinteilung hinzuzufügen, die die Zahl der Anfragen in der jeweiligen Legislaturperiode oder – wenn am Anfang einer Legislaturperiode geprüft wird – in der vorhergehenden Legislaturperiode als Auswahlkriterium innerhalb der vier Klassen mitberücksichtigt. Dann könnte zum Beispiel auch nicht der Eindruck entstehen, daß gerade Dinge, die der einen oder anderen Fraktion hinterfragenswert waren, sich nicht im entsprechenden Bericht des Rechnungshofes befinden. Dann würde sich die Frage erübrigen, warum diese Dinge vom Rechnungshof nicht mit in die Begutachtung aufgenommen wurden. Das würde auch dem Ansehen des Rechnungshofes durchaus nicht schaden, im Gegenteil, es würde dem Rechnungshof helfen, sich tatsächlich so darzustellen, wie er ist: nämlich objektiv!

Herr Bundesminister! Man sollte Ihnen empfehlen, Ihre Rede vor dem Nationalrat zum traurigen Anlaßfall Kraft – Marizzi nochmals nachzulesen, nämlich die Rede vom 2. Februar 1995. Ich meine, Sie haben darin durchaus einige gute Ansätze zur Neuorganisation des Beschaffungswesens in Ihrem Haus gemacht. Vor allem die Passage – ich zitiere –: "Ausgehend von den Forderungen an das Gerät oder Rüstungsgut werden in einem fortschreitenden Detaillierungsprozeß die erforderlichen taktischen, ausbildungsmäßigen und logistischen Eigenschaften letztlich in einem ,Militärischen Pflichtenheft’ zusammengefaßt", und so fort, erscheint mir im Lichte des vorliegenden Rechnungshofberichtes besonders beherzigenswert, denn es stehen wieder einige größere Beschaffungsfälle vor der Türe, über die die hausinternen Überlegungen auch nicht bis ad infinitum geführt werden können. Es ist daher aus meiner Sicht heute schon wichtig, davor zu warnen, nicht wieder in die gleichen Fehler wie bei den vorliegenden Großbeschaffungsfällen zu verfallen, nämlich die Beschaffung zu einem Zeitpunkt einzuleiten, zu den die Pflichtenhefte und die entsprechenden militärischen Beschreibungen in Ihrem Hause noch nicht endgültig abgeschlossen sind. – Ich danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

13.55

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Murauer. – Bitte, Herr Abgeordneter.

13.55

Abgeordneter Walter Murauer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Präsident des Rechnungshofes! Meine Damen und Herren! Die jetzige Diskussion über den Rechnungshofbericht beziehungsweise über den Sonderbericht zweiter Teil hat schon einige kuriose Facetten. Wenn ich die eine oder andere Rede Revue passieren lasse, dann ist das, wie schon erwähnt, dann und wann in den Bereich des Kabaretts einzuordnen. (Abg. Wabl: Der Kraft ist kein Kabarett!)

Ich möchte nicht nur, aber doch auch zum Kollegen Wabl etwas sagen, der sich in Sachen Bundesheer immer der Lächerlichkeit bedient und versucht, die ganze Thematik ins Lächerliche zu ziehen. Kollege Wabl! Wir sind diese Form der "sachlichen" Auseinandersetzung gewöhnt.


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25. Sitzung / Seite 81

Wenn etwas anders kommt, als man es erwartet hat, wenn etwas einen anderen Verlauf nimmt, wenn man das "Geschenk" eines Skandals nicht erhalten hat, dann reagiert man oft mit Enttäuschung. Sie sind heute ja nicht der einzige gewesen. Frau Kollegin Apfelbeck spricht davon, daß dieser Bericht skandalös ist, ein Skandal dieser Republik. – Ich wünsche dieser Republik keinen anderen "Skandal" als diesen Rechnungshofbericht! (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Wenn ich zum Beispiel an den vorvergangenen Sommer denke und daran, was wir da alles besprochen haben, das durchaus unter "einigermaßen skandalös" einzureihen war, dann darf ich Sie schon an die DDSG erinnern oder vielleicht an die AMAG, wo es um Milliarden gegangen ist, ich darf daran erinnern, was an Spekulationen danebengegangen ist. Jetzt sind das auch für Sie die größten Skandale, weil Sie sich in der Diskussion im Vorjahr gewünscht haben, der ÖVP politisch etwas an den Pelz zu bringen. Sie meinen, da könne man Vorwürfe, Verdächtigungen, Pauschalierungen äußern, die ÖVP der Korruption bezichtigen! Sie glauben, da gibt es etwas, was der ÖVP vielleicht entsprechend zugeordnet werden könnte.

Dann haben wir uns aber entschlossen, den Rechnungshof prüfen zu lassen, und das war Ihnen natürlich nicht recht, Kollege Wabl. Der Rechnungshof ist für Sie nicht jenes Instrument, das dafür zur Verfügung steht, nicht jenes Instrument, das effizient prüft, das uns sonst immer recht ist. – Gerade Herr Präsident Fiedler steht dafür, daß der Rechnungshof unabhängig und unparteiisch prüft – auch wenn Kollege Leikam ihm das in einer Presseaussendung nicht zugestanden hat. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Wabl: Ein Sündenbock war genug! Ein Opferlamm wurde geschlachtet!)

Jetzt ist diese Prüfung für Sie "danebengegangen". Ihre Erwartungen, der Österreichischen Volkspartei etwas unterjubeln zu können, haben sich nicht erfüllt, und die Reaktionen darauf sehen entsprechend aus.

Ich darf aber vorher noch daran erinnern, daß aufgrund dieser politischen Auseinandersetzungen uns natürlich auch das Beschaffungswesen zu interessieren hat, und zwar auch die kleinen Beschaffungen. Wabl möchte internationale Ausschreibungen auch dann, wenn Bleistiftspitzer oder andere wichtige Dinge angeschafft werden, er möchte, daß immer eine entsprechend breite Ausschreibung stattfindet. Es hat uns also die Beschaffung zu interessieren, wie das abgewickelt wird und ob das Kontrollsystem innerhalb des Bundesheeres funktioniert.

Und auch das möchte ich einmal erwähnen: Es funktioniert. Das Bundesheer hat eine eigene Kontrollabteilung, die ihre Arbeit bestens macht. Das gehört auch einmal hier erwähnt! (Beifall bei der ÖVP.)

Der Rechnungshof kommt dem Auftrag gemäß zu folgender zentralen politischen Aussage: Dem Rechnungshof wurden zu allen geprüften Vorgängen alle Rechnungen vorgelegt, den Rechnungshofbeamten wurde Einschau gewährt, nichts wurde vorenthalten. (Abg. Apfelbeck – einen Rechnungshofbericht in die Höhe haltend –: Das stimmt nicht! – Abg. Böhacker: Murauer! Hast du den falschen Rechnungshofbericht?)

Frau Apfelbeck! Da müssen Sie zuhören! Der Herr Präsident Fiedler hat das selbst im Ausschuß gesagt. Vielleicht waren Sie nicht da. Ich habe überhaupt den Eindruck, daß wir unseren Rechnungshofbericht vergleichen müssen. Wenn ich mir Ihre Aussagen noch einmal in Erinnerung rufe, dann glaube ich, daß Sie einen anderen haben dürften. (Beifall bei der ÖVP. – Heiterkeit bei den Freiheitlichen.)

Alle Unterlagen standen also zur Verfügung, Hintergrundinformationen wurden gegeben, Einschau und Unterstützung wurden gewährt. (Zwischenruf bei den Freiheitlichen.) – Kleines Momenterl, ich sage nur den Satz fertig, und dann komme ich sofort zu Ihnen! – Hinweise auf illegale Zahlungen ergaben sich bei den überprüften Beschaffungsfällen nicht.

Natürlich reden weder die Opposition noch Kollege Leikam von den zwei Dritteln, wo es nichts gegeben hat, wo alles in Ordnung war, wo alles nachvollziehbar war, sondern man redet von dem einen Drittel, wo es die eine oder andere Differenz gegeben hat. (Zwischenruf der Abg. Mag. Kammerlander. )


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25. Sitzung / Seite 82

Das Bundesheer hat sich bereit erklärt, das zu ändern, das zu verbessern – auch wenn Sie es nicht glauben, Frau Kollegin, aber das spielt in diesem Zusammenhang nicht die größte Rolle. (Beifall bei der ÖVP. – Weitere Zwischenrufe der Abg. Mag. Kammerlander und des Abg. Koppler. – Abg. Apfelbeck begibt sich auf den unbesetzten Platz des Abg. Stadler und weist auf angestrichene Stellen im Rechnungshofbericht.)

Der Rechnungshof weist auch, und das erscheint mir schon wichtig, auf dieser berühmten Seite 7 nach, daß es keine Anhaltspunkte für illegale Geldflüsse gibt. Jetzt wäre es günstig, wenn Kollege Wabl und seine grünen oder alternativen Kollegen besonders aufpassen würden: Es konnten keine illegalen Geldflüsse festgestellt werden! (Abg. Apfelbeck: Wenn der Rechnungshof nicht alle Belege hat, kann er es nicht feststellen! Schauen Sie her! – Abg. Dr. Khol – zur Abg. Apfelbeck –: Zwischenrufe nur vom eigenen Platz aus!)

Das konnte nicht festgestellt werden! Wenn Sie meinen, dann stimmt eben der Rechnungshofbericht nicht, liebe Frau Kollegin! Ich möchte mich jedenfalls durchaus an den Bericht des Herrn Präsidenten halten!

Kollege Wabl! An und für sich wollte ich nicht näher auf Ihre Äußerungen eingehen. Aber eines muß ich schärfstens zurückweisen. Es kann nicht unwidersprochen bleiben, daß Sie die Österreichische Volkspartei oder Teile von ihr von diesem Pult aus als Meuchlerbande bezichtigt haben. Ich weise das schärfstens zurück! Das ist nicht die Ausdrucksweise dieses Hauses, auch wenn das vielleicht in anderen Klubs oder im grünen Klub so üblich ist. (Abg. Dr. Khol: Skandalös! – Beifall bei der ÖVP. – Weitere Zwischenrufe der Abg. Apfelbeck. )

Ich möchte auch davor warnen, immer hier herauszugehen und zu meinen, man müßte unbedingt einen Skandal konstruieren, den man gerne hätte, aber nicht finden kann. Und dann in Ihrer Enttäuschung, Frau Apfelbeck, sprechen Sie davon, daß Gelder verschoben, keine Unterlagen zur Verfügung gestellt worden seien und ähnlichem mehr, sowie von einem Schaden für die Republik. – Dabei ist gerade dieser "Schaden" bei der Beschaffung des "PAL-2000"-Systems im Bericht mit 130 Prozent Kompensationsgeschäften erwähnt! – Also da von Verlusten oder von Verschiebungen und so weiter zu reden, ist ja wirklich verfehlt, meine Damen und Herren! (Abg. Wabl: Wieso steht Kraft nicht mehr auf der Liste der Abgeordneten, wenn nichts war? War er ein so schlechter Wehrsprecher jahrzehntelang?)

Der Rechnungshof hat es sich nicht leicht gemacht, die Fälle, die er überprüft hat, herauszuholen, sondern hat sich sehr wohl eines besonderen Systems bedient, eines EDV- und wissenschaftlichen Systems bedient. Somit können wir auch die Vorwürfe, daß hier einseitig ausgewählte und besonders günstige Beschaffungsfälle zitiert werden, entsprechend entkräften.

Meine Damen und Herren! Ich komme zum Abschluß, weil leider die Zeit aus ist. Man könnte noch vieles sagen zu diesen Vorwürfen, die von den Oppositionsparteien kommen, aber dann und wann auch leider Gottes vom Kollegen Leikam, dessen Kritik ich überhaupt nicht mitvollziehen kann beziehungsweise welche Überlegungen er dabei hat.

Den Empfehlungen des Rechnungshofes ist Rechnung zu tragen, meine Damen und Herren! Das Verteidigungsministerium hat den Willen dazu bekundet; das ist im Rechnungshofbericht nachzulesen. Der Rechnungshof gibt auch die Bestätigung dafür, daß es keine "großartigen" Ungereimtheiten im Beschaffungswesen gibt, daß es keine illegalen Zahlungen gibt (Abg. Apfelbeck: Das war das falsche Instrument! In den Untersuchungsausschuß hätten Sie das bringen müssen! – Abg. Wabl: Warum gehen Sie nicht auf Frau Apfelbeck ein? Der Untersuchungsausschuß wäre der richtige Ort gewesen!) , daß es keine Provisionsgeschäfte gegeben hat, sondern, daß auch die Beschaffung der "PAL 2000" richtig und notwendig war für die Sicherheit unseres Landes! Auch wenn Sie, Kollege Wabl und Frau Apfelbeck, das nicht wahrhaben wollen! (Beifall bei der ÖVP.)


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25. Sitzung / Seite 83

14.05

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Moser. – Bitte, Herr Abgeordneter.

14.05

Abgeordneter Hans Helmut Moser (Liberales Forum): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Präsident des Rechnungshofes! Meine Damen und Herren! Der Kollege Lukesch hat ja schon angeführt, und ich kann ihm nur beipflichten, daß die Notwendigkeit und die Sinnhaftigkeit der Beschaffung der Lenkwaffe für das Bundesheer wirklich außer Streit steht. Es ist wirklich im Interesse der Sicherheit unseres Landes notwendig, auch in Zukunft entsprechende Beschaffungen zur Modernisierung des Bundesheeres zu tätigen.

Nun zum Rechnungshofbericht. Meine Damen und Herren! Meine Vorredner sind ja im Detail auf die verschiedensten Facetten dieses Berichtes eingegangen, ich möchte mich daher nicht noch einmal damit befassen. Eines ist als Faktum zu sehen: Wie in jedem großen Unternehmen gibt es Mißstände, aber ich gehe davon aus, daß der Herr Bundesminister und die dafür Verantwortlichen diese Mißstände abstellen werden. Aber in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle – das kann ich mit großer Freude sagen – wurden die Beschaffungen äußerst korrekt durchgeführt! Ich glaube, daß das auch hier im Hohen Haus positiv hervorgehoben werden muß.

Was dieser Bericht des Rechnungshofes aus meiner Sicht auch zeigt, ist die Notwendigkeit der Reform des Beschaffungswesens im Bundesheer. Meine Damen und Herren! Diese Reform ist ein Gebot der Stunde, ist ein ganz besonders wichtiges Vorhaben, und, wie ich glaube, eines der prioritären Vorhaben im Rahmen der nächsten Schritte der Heeresreform. Ich finde es nur bedauerlich, daß seit Jahren eigentlich nur darüber gesprochen wird. Herr Bundesminister! Bitte tun Sie es endlich! Es gibt auch einen Anlaß, eine Möglichkeit, das zu realisieren, und zwar deshalb, weil es jetzt wiederum im Koalitionsabkommen angeführt ist. Aber dazu möchte ich sagen – es würde mich allerdings freuen, wenn es nicht stimmen würde –: Die Nachricht hör’ ich wohl, allein mir fehlt der Glaube, daß diese Reform des Beschaffungswesens auch tatsächlich und konkret umgesetzt wird.

Meine Damen und Herren! Eine Reform des Beschaffungswesens haben wir Liberale immer eingefordert. Es geht aus unserer Sicht wirklich nicht an, daß bei jedem Beschaffungsvorgang des Bundesheeres das Bundesheer und der jeweilige Vorgang in die Kritik der Öffentlichkeit kommt, daß darüber eine schiefe politische Diskussion geführt wird, weil die sachlichen Voraussetzungen für eine solche Diskussion nicht wirklich gegeben sind, und auch von den Verantwortlichen nicht in die Diskussion eingebracht werden. Daher hoffe ich, daß mit der beabsichtigten Reform auch tatsächlich all diese Schwachstellen endlich beseitigt werden.

Aus unserer Sicht, meine Damen und Herren, müssen vier Bereiche besonders in Angriff genommen werden: zum ersten die parlamentarische Beratung aller großvolumigen Beschaffungsvorhaben. Ich kann mir vorstellen, daß alle Vorhaben über 200 Millionen Schilling entweder im Landesverteidigungsausschuß oder im Landesverteidigungsrat besprochen und beraten werden. Das ist für mich eine Frage der Transparenz, das ist für mich auch eine Frage der politischen Kontrolle des Budgetvollzugs, aber auch der Konkretisierung der jährlichen Budgetvoranschläge.

Meine Damen und Herren! All das, was das Parlament hier jährlich im Rahmen des Budget, der Voranschläge beschließt, ist, wenn man sich das genauer anschaut, wenig aussagekräftig. Daher ist es sinnvoll und nur legitim, zu verlangen, daß auch konkretere Beschaffungsvorhaben im Parlament, im Ausschuß oder im Landesverteidigungsrat beraten werden.

Meine Damen und Herren! Wenn das in anderen demokratischen Ländern möglich ist, dann wird das auch in der Republik Österreich möglich sein. Wenn das auch in anderen Ländern den jeweiligen Streitkräften nicht schadet, dann wird auch dem Bundesheer eine derartige Beratung im Parlament nicht schaden!

Zum zweiten: Ich verlange einen mehrjährigen Finanzierungsplan und auch einen mehrjährigen Budgetrahmen. Denn eines ist klar: Je sicherer und je langfristiger eine Planung gemacht werden kann, umso billiger, günstiger und ökonomischer kann auch wiederum beschafft werden.


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Ein derartiger mehrjähriger Budgetrahmen und Finanzplan sind eine ganz wesentliche Planungsgrundlage. Ich glaube, es ist notwendig, das auf die Grundlage des Budgetprogramms der Bundesregierung zu stellen, damit eben Sicherheit im Rahmen der Planung, Sicherheit im Rahmen der Beschaffung gegeben ist und damit auch – und das scheint mir auch ganz wichtig zu sein, meine Damen und Herren – die Politik klar sagt, wieviel sie bereit ist, dem Bundesheer an finanziellen Mitteln zur Verfügung zu stellen, damit die Politik klar sagt, in welchem Ausmaß und Umfang Beschaffungen vorgenommen werden können und sollen.

Daher habe ich auch als Mitglied des Landesverteidigungsrates dem Herrn Bundeskanzler einen Brief geschrieben, in dem ich verlangt habe, daß zu diesem Tagesordnungspunkt der Landesverteidigungsrat seine Beratungen aufnehmen soll. Nachdem ich heute die Rede des Kollegen Gaál gehört habe – ich bin in diesem Punkt mit ihm einer Meinung – und da ich auch die Auffassung meiner Kollegen Wehrsprecher von der Österreichischen Volkspartei und von der Freiheitlichen Partei kenne, bin ich optimistisch, daß wir in der Lage sein werden, in dieser Frage zu einer sinnvollen Lösung zu kommen.

Der dritte Punkt, Herr Bundesminister: Es wird notwendig sein, heeresinterne Strukturverbesserungen vorzunehmen. Wir brauchen ganz klare Entscheidungskompetenzen. Gerade im Beschaffungswesen brauchen wir rasche und unbürokratische Abläufe, damit eben, wenn seitens der Politik grünes Licht gegeben wird, diese politischen Vorgaben auch rasch umgesetzt werden können.

Ich bedauere es, daß ein Großteil der rüstungspolitischen Zielsetzungen, wie sie in der Empfehlung des Landesverteidigungsrates zur Heeresgliederung Neu festgeschrieben worden sind, bis heute nicht umgesetzt worden sind. Das ist darauf zurückzuführen, daß wir gerade im Beschaffungswesen eine zu aufwendige Bürokratie haben.

Daher ist es drittens wichtig und notwendig, heeresintern die Strukturen in der Beschaffung zu verbessern.

Der vierte Punkt – dieser scheint mir ganz besonders wichtig zu sein – ist der Aufbau einer industriellen militärischen Kooperation, aber nicht nur mit der österreichischen Industrie, meine Damen und Herren, sondern auch im Rahmen der Europäischen Gemeinschaft, im Rahmen der Westeuropäischen Union, weil aus dieser Kooperation heraus für Österreich Beschaffungen für das Bundesheer volkswirtschaftlich wesentlich günstiger gestaltet werden können. Dann ist auch ein entsprechender Informationsfluß in Richtung Industrie, in Richtung Wirtschaft gegeben, und es besteht auch die Möglichkeit, sehr zweckmäßig und optimal die Logistik des Bundesheeres und die industrielle Basis miteinander zu verbinden. Damit ist beiden Seiten gedient: auf der einen Seite der Wirtschaft und auf der anderen Seite auch dem Bundesheer.

Gerade Kollege Wabl hat sehr polemisch über die Frage der Beschaffungen für das Bundesheer gesprochen. Man muß auch eines klar sagen: daß Rüstungsgüter heute High-Tech-Produkte sind mit einem sehr breiten Spektrum auch in den zivilen Bereich hinein. Daher sollten diese Beschaffungen oder der Aufbau einer entsprechenden Wirtschaft nicht verteufelt werden, sondern dies kann sehr wohl auch ein Beitrag sein, den Standort Österreich zu sichern und zukunftsorientiert zu gestalten.

Ich darf daher zum Schluß kommen. Wichtig scheint mir zu sein, daß wir der volkswirtschaftlichen Komponente der Beschaffungen für das Bundesheer in der Politik mehr Bedeutung beimessen, daß anstelle von Polemik mehr Ernsthaftigkeit in der Diskussion an den Tag gelegt wird. Wir brauchen eine sachliche Diskussion. Wir brauchen Transparenz, denn damit ist der Sicherheit im Interesse unseres Landes mehr gedient, und damit sind die Mittel für das Bundesheer auch besser eingesetzt. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)


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14.15

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Grabner. – Bitte, Herr Abgeordneter.

14.15

Abgeordneter Arnold Grabner (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Präsident des Rechnungshofes! Eigentlich kann ich meine Ausführungen sehr kurz halten, weil meine Kollegen bereits alles gesagt haben.

Ich bin derselben Meinung wie Herr Professor Lukesch, daß man nämlich den Rechnungshofbericht in zwei Teilen sehen kann. Einerseits gibt es den politischen Teil, das ist der Auftrag, den der Rechnungshof erhalten hat, und anderseits den wirtschaftlichen.

Was den ersten Punkt betrifft, muß man, glaube ich, sagen: Der Rechnungshof hat festgestellt, daß keine illegalen Zahlungen geflossen sind.

Aber warum ist es eigentlich dazu gekommen? – Es hat Privatparties gegeben, wo viele verantwortliche Personen anwesend waren. Daher ist die Unsicherheit in Österreich gewesen.

Meine Fraktion, meine Partei und auch ich selbst, wir bekennen uns zur Anschaffung der Panzerabwehrlenkwaffen. Aber zur wirtschaftlichen Seite ist zu bemerken, daß der Rechnungshof – und nicht Kollege Leikam, wie immer gesagt wird – festgestellt hat, daß in Zukunft einige Dinge abgestellt werden müssen. Der Herr Bundesminister hat im Rechnungshofausschuß bereits darauf hingewiesen, daß das eine oder andere bereits abgestellt wurde und einiges in Zukunft – so hoffe ich – abgestellt werden kann.

Der Erste Teilbericht des Rechnungshofes stammt bereits aus dem Jahre 1995. Darin hat der Rechnungshof in der Organisation und im Beschaffungswesen im Bereich des Bundesministeriums für Landesverteidigung einige Mißstände festgestellt. Diese Mißstände wurden aber laut Zweitem Teilbericht nicht abgestellt, meine Damen und Herren. Ich hoffe, daß das in Zukunft der Fall sein wird, weil eine wirtschaftliche Anschaffung ... (Zwischenruf des Abg. Dr. Lukesch. ) Ja, Herr Professor Lukesch, das müssen auch Sie zur Kenntnis nehmen. Es sind 2,7 Milliarden Schilling ausgegeben worden, wobei eben einige Fehler gemacht wurden. Das hat nicht der Grabner, das hat nicht der Leikam, das hat nicht die SPÖ festgestellt, sondern das hat der Rechnungshof festgestellt. Und der Präsident des Rechnungshofes gehört nicht der SPÖ an. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Die grundsätzliche Entscheidung für das zu beschaffende Produkt erfolgte unter starkem Zeitdruck. Es fehlte die Erstellung eines Bewertungskataloges, sodaß der Nutzwert der angegebenen Leistung nicht verläßlich beurteilt werden konnte. Der Herr Bundesminister hat im Rechnungshofausschuß auch den Grund dafür genannt. Das möchte ich ausdrücklich sagen. Ich war nicht glücklich über diese Erklärung, und auch nicht zufrieden damit, weil ich doch der Meinung bin, daß man es anders hätte machen können.

Weiters war die technische und taktische Bewertung zur Zeit des Zuschlages noch nicht abgeschlossen. – Zitat aus dem Rechnungshofbericht. Außerdem wurde bereits bei der Anbotseinholung die Grundausstattung festgelegt, ohne allerdings den tatsächlichen Bedarf an Munition zu berücksichtigen.

Ich glaube auch, daß eine Neuordnung des Beschaffungswesens notwendig sein wird. Auch dort werden Fehler vorkommen, die dann im Bericht aufgezeigt werden. Das ist eine klare Sache, aber ich glaube, man sollte versuchen, etliches abzustellen, dies angesichts der Tatsache, daß in nächster Zeit – ich hoffe, wir bekommen es im Verteidigungsausschuß, wie es verlangt wurde –, wie man es in der Zeitung gelesen hat, um 90 Milliarden Schilling Ankäufe getätigt werden sollen, und zwar vom Flugzeug über die Waffe bis zum Panzer.

In diesem Zusammenhang ersuche ich das Bundesministerium für Landesverteidigung, kritisch den Bedarf zu erheben und bei komplexen Vorhaben einen Kosten-Nutzen-Vergleich anzustellen.

Weiters, meine Damen und Herren, sollte jeder Auftrag nach den ökonomischen Grundprinzipien vergeben werden, wobei das Bundesministerium für Landesverteidigung um eine Erweiterung des Bieterkreises bemüht sein soll und muß. Es liegt im Interesse Österreichs und


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besonders des Herrn Bundesministers Fasslabend, wie er selbst im Rechnungshofausschuß gesagt hat, alle Maßnahmen zu setzen, um solche Vergabepraktiken in Zukunft unmöglich zu machen. (Beifall bei der SPÖ.)

14.19

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Scheibner. – Bitte, Herr Abgeordneter.

14.19

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Es ist ja mittlerweile schon eine leidige Tradition, daß wir immer wieder, wenn es um das Beschaffungswesen des österreichischen Bundesheeres geht, und vor allem, wenn es um konkrete Beschaffungsvorgänge des Heeres geht, diese Diskussionen, die wir auch heute führen mußten, haben. Zum Teil werden diese in der Öffentlichkeit geführt, zum Teil anscheinend in irgendwelchen Zirkeln oder – wie hat es Arnold Grabner gesagt? – bei irgendwelchen Parties, wo dann über diese Dinge diskutiert wird.

Nur wir hier im Parlament haben kaum die Möglichkeit – wir haben das ja auch im Ausschuß kritisiert –, hier offen und offensiv über die notwendigen Beschaffungen für das Bundesheer zu diskutieren und auch über die Richtlinien und die Maßnahmen, die notwendig sind, um diese Beschaffungsvorgänge ordentlich auszuführen.

Ich glaube, daß es zwei Ursachen sind, warum gerade das Beschaffungswesen des Bundesheeres immer wieder in die öffentliche Diskussion gezogen wird. Einerseits – und da, meine Damen und Herren von der SPÖ, kann man Sie auch nicht aus der Verantwortung nehmen – verwenden die Bundesheergegner diese Beschaffungsfragen immer wieder als Argument, um gegen die Landesverteidigung, um gegen die militärische Landesverteidigung Stimmung zu machen. In letzter Zeit war es doch immer so, daß Provisionsvorwürfe, Bestechungsvorwürfe erhoben wurden, die sich dann entweder als haltlos herausgestellt haben, oder man hat verhindert, daß diese Vorwürfe untersucht hätten werden können, meine Damen und Herren. Aber man hat jedenfalls das Beschaffungswesen des Bundesheeres insgesamt in ein schlechtes Licht gebracht.

Mittlerweile hat das ja auch dazu geführt, daß man sich von seiten des Bundesheeres schon nicht mehr traut, offensiv Beschaffungsvorgänge in Angriff zu nehmen. Ich erinnere nur daran, daß es jetzt schon elf Jahre dauert, bis das Bundesheer mit ordentlichen Splitterschutzwesten und neuen Helmen ausgerüstet werden kann. Bitte, Herr Bundesminister, tun Sie hier nicht so, als ob das nur eine Frage der Ausschreibung gewesen wäre, daß nicht zumindest nach zehn Jahren – nämlich voriges Jahr oder vor zwei Jahren – diese Beschaffung über die Bühne gebracht werden konnte, sondern dahinter standen ja auch handfeste politische Gründe. Man hat eben wieder einmal Angst gehabt hat, in diesem Fall in die Wahl 1994 hineinzukommen, und weiters die Angst, daß dieser Beschaffungsvorgang, der für unser Bundesheer so notwendig ist, wieder zu einem Politikum gemacht wird.

Aber, meine Damen und Herren von der SPÖ, Sie lassen wirklich keine Gelegenheit vorübergehen, um über diese Diskussionen über das Beschaffungswesen das Heer insgesamt in Mißkredit zu bringen. Sie sagen aber nie dazu, meine Damen und Herren – auch bei Ihrer Kritik, die Rechnungshofermittlungen betreffend –, daß zu all den Beschaffungsvorgängen, die hier teilweise zu Recht kritisiert werden, der Finanzminister seine Zustimmung gegeben hat. Wir kritisieren ja immer, daß das Finanzministerium eine Zustimmungsbefugnis hat bei Dingen, die eigentlich schon im Landesverteidigungsbudget enthalten sind. Aber Sie können jetzt nicht so tun, als ob der Verteidigungsminister allein verantwortlich wäre für Dinge, die auch Ihr Finanzminister unterzeichnet hat, meine Damen und Herren. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Bundesminister! Auf der anderen Seite ist eine der Ursachen, warum diese Beschaffungsvorgänge immer wieder in die politische Diskussion gebracht werden, in Ihrer Geheimniskrämerei zu suchen. Man muß schon eines sagen: Herr Kollege Firlinger, wenn Sie hier große Bewertungen über meine Stellungnahmen im Ausschuß abgeben, dann fragen Sie erstens einmal, warum Ihr Wehrsprecher nicht dabeigewesen ist. Ich habe versucht, in meiner Mitschrift


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Ihre Stellungnahme herauszusuchen, damit ich darauf replizieren kann. Ich habe nichts gefunden, was erwähnenswert gewesen wäre. Also bevor Sie da irgendwelche Bewertungen abgeben, kümmern Sie sich lieber um Ihre eigene Politik im Ausschuß. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Es wäre besser, Sie ließen Abgeordneten Moser dort hingehen – ich weiß nicht, ob Ihre Fraktionsvorsitzende da irgendein Vetorecht hat –, das wäre wahrscheinlich besser, als wenn Sie hier große Kommentare abgeben.

Herr Verteidigungsminister! Wir haben jedenfalls im Ausschuß geglaubt, daß es nur mehr eine Regierungspartei in diesem Land gibt, die für die Landesverteidigung zuständig ist. Wir waren fassungslos, daß wir Sie eigentlich mehr verteidigen mußten als kritisieren konnten, weil Sie so unter dem Druck des Koalitionspartners gestanden sind. Da sind Sie ja mit Noten zensuriert worden: Nicht genügend, hat es da geheißen, Sie werden mit Ihrer Beschaffungspolitik sitzenbleiben. – Also das geht ja genau in die Richtung, in die auch der Herr Bundeskanzler hier schon einmal argumentiert hat. Er ja vor kurzem gemeint, in der Landesverteidigung könne man die ÖVP nicht alleine lassen, und die SPÖ werde schon darauf schauen, daß in diesem Ressort Ordnung gemacht wird. – Aber bitte, das müssen Sie sich untereinander ausmachen; wir kritisieren nur, daß durch dieses schlechte Klima in der Regierung in Wahrheit das Bundesheer zu Schaden kommt.

Die Geheimniskrämerei und die undurchsichtigen Abläufe, die bei fast jeder großen Beschaffung festzustellen sind, erleichtern natürlich den Bundesheergegnern ihre Propaganda. Ergebnis: Sowohl die Beschaffung als auch die Geldaufbringung für diese Beschaffungsvorgänge werden immer schwieriger.

Herr Bundesminister, noch einmal: Warum müssen wir Abgeordnete aller Fraktionen – Ihre Fraktion ist vielleicht besser informiert – über Ihre Beschaffungsvorgänge entweder in informellen Gesprächen oder aus den Zeitungen erfahren? Die Zeitungen sind da immer bestens informiert, wie letztens die "Salzburger Nachrichten". Wenn wir Sie dann damit konfrontieren, was uns die Zeitungen berichten – nämlich auch über den Finanzbedarf, den dieses Parlament in den nächsten Jahren zu genehmigen haben wird –, dann sagen Sie, die Zahlen stimmen nicht, aber Sie sagen eigentlich auch nicht, welche Zahlen stimmen. Sie haben gemeint, das könne man eigentlich nicht sagen, weil sich die Richtlinien so rasch ändern, und vor allem ändern sich die Richtlinien im Beschaffungswesen auch deshalb, weil man ja nicht vorhersehen kann, welches Budget der Nationalrat beschließen wird.

Na wunderbar, Herr Minister! Da treffen wir uns ja hundertprozentig! Wir haben ja immer die Problematik kritisiert, daß Sie beim Bundesheer immer nur schauen, wieviel Geld übrigbleibt, und dann schauen Sie, was Sie auf dem Markt um dieses wenige Geld bekommen. Wir gehen aber nicht den umgekehrten Weg, der notwendig wäre: daß wir einmal ein ordentliches Bedrohungsbild schaffen – nicht schaffen, sondern analysieren; das machen Sie ja, Herr ... (Abg. Dr. Kräuter: Ein Bedrohungsbild schaffen!) Ich weiß schon, für Sie ist Bedrohungsbild natürlich ein Fremdwort, denn Sie sagen ja, es gibt überhaupt kein Bedrohungsbild mehr, wir brauchen kein Bundesheer mehr. Das ist ja Ihre Politik, da brauchen Sie gar keine Zwischenrufe zu machen! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenrufe des Abg. Mag. Posch. )

Ich sage Ihnen noch etwas, Herr Posch und wie Sie alle heißen: Es reicht auch nicht, wenn Ihre Bürgermeister, Ihre sozialistischen Bürgermeister darauf schauen, daß sie Angelobungen in ihre Gemeinden bekommen, daß sie zu militärischen Festakten eingeladen werden, um dort Sonntagsreden zu halten, in denen sie verlangen, daß endlich mehr Geld für das Bundesheer aufgewendet werden muß: Hier, wo es darum geht, diese Gelder zu beschließen, machen Sie mit jenen, die das Bundesheer abschaffen wollen, die hier oben sitzen, gemeinsame Sache. Sie stellen in Frage, ob das Geld auch wirklich benötigt wird, und nehmen somit dem Bundesheer das letzte Brot weg, das es braucht, um die Sicherheit unseres Landes und auch Ihres Landes, Herr Kollege Posch, zu sichern. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Verteidigungsminister! Es wäre eben notwendig, anhand des Bedrohungsbildes die Aufträge an die Landesverteidigung zu formulieren. Das wird ja alles gemacht, aber Sie müßten es auch öffentlich tun. Hier im Parlament müßten wir dann aufgrund der Aufträge den Be


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schaffungsplan diskutieren und das zehnjährige Beschaffungswesen neu organisieren und beschließen. Damit haben Sie für Ihre Budgetverhandlungen auch die Rückendeckung der Volksvertretung.

Wir haben ja auch einen mehrjährigen Budgetplan verlangt, damit die Planungen für die Beschaffung ordentlich und vorausschauend funktionieren können. Ich bin gespannt, ob Herr Wurmitzer, wie angekündigt, wirklich einen gleichlautenden Antrag, wie wir ihn schon eingebracht haben, einbringen wird. Sie werden auch unsere Unterstützung haben. Es ist notwendig, vorausschauend zu planen. Dann wird dieser Nationalrat auch gefordert sein, die notwendigen Geldmittel zur Verfügung zu stellen. Aber Sie können doch nicht verlangen, daß wir nach außen hin – vor allem auch jetzt in diesen Zeiten – Milliardenbeträge beschließen und das auch vertreten können – was wir ja gerne tun wollen –, wenn Sie uns nicht einmal die Richtlinien und die Anforderungen, die an die Landesverteidigung in Zukunft gestellt werden, zur Verfügung stellen können. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Selbstverständlich soll die Typenentscheidung in den Bereich Ihres Ressorts fallen, das soll die unabhängige Bewertungskommission machen. Aber es soll nachträglich eine Kontrollmöglichkeit durch den Landesverteidigungsrat oder den Landesverteidigungsausschuß gegeben sein, damit eben diese öffentlichen Diskussionen, diese Gerüchteküche endlich aufhören.

Herr Bundesminister! Sie haben uns wieder einige Ideen über die Zeitungen mitgeteilt, was Abfangjäger anlangt, was die Nachbeschaffung der M 60 anlangt – Schützenpanzer, Radpanzer, Hubschrauber –: ein Volumen von 100 bis 120 Milliarden Schilling! Herr Bundesminister! Sie werden es nur schaffen, diese Geldmittel aufzubringen, wenn Sie gemeinsam mit dem Parlament, mit allen Fraktionen, die hinter der Landesverteidigung stehen – und Sie sind ja in der guten Lage, daß die überwiegende Zahl der Abgeordneten in diesem Parlament hinter der Landesverteidigung steht –, offen, indem Sie alle Informationen zur Verfügung stellen, für die Landesverteidigung arbeiten.

Mit Geheimniskrämerei und Unter-die-Decke-Kehren werden Sie dieses Geld nicht beschaffen können und werden Sie letztlich auch unserem Bundesheer einen schlechten Dienst erweisen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

14.30

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Wurmitzer. – Bitte, Herr Abgeordneter.

14.30

Abgeordneter Georg Wurmitzer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Präsident des Rechnungshofes! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Als Mitglied des Rechnungshofausschusses bin ich natürlich sehr merkwürdig berührt, wenn ich heute feststelle, daß der Obmann dieses Ausschusses, Herr Abgeordneter Wabl, hier mit massivsten Vorwürfen auffährt, obwohl er im Ausschuß kein Wort dazu gesagt hat. Ich frage mich: Warum hat sich Herr Abgeordneter Wabl im Ausschuß verschwiegen? – Er behauptet heute, daß die Dinge im dunkeln bleiben, obwohl er dort die Gelegenheit gehabt hat, alle Fragen zu stellen. Es waren mehr als zehn der höchsten Offiziere des österreichischen Bundesheeres geladen. Herr Abgeordneter Wabl hat keine einzige Frage an die Offiziere gestellt. Und heute benützt er das Instrumentarium der Unwahrheit und behauptet, er hätte die Beamten des Ressorts befragt. Das ist die Unwahrheit, Herr Kollege Wabl.

Und noch eines: Ich bin lange im parlamentarischen Geschehen tätig, aber daß ein Abgeordneter von diesem Platz aus meine Fraktion als Meuchelbande bezeichnet, ist mir noch nie passiert. Wenn Sie Charakter haben, Herr Abgeordneter, dann gehen Sie heraus und entschuldigen sich für diese Entgleisung. (Beifall bei der ÖVP.)

Sie haben auch von Inseraten gesprochen und haben hier Verdächtigungen in den Raum gestellt, die dahin gingen, daß der Bundesminister quasi der Inseratenkeiler für militärische Zeitungen sei. Ich darf Ihnen sagen, Ihre Partei hat sehr wohl in den staatsfeindlichen Aussendungen des "TATblattes" inseriert, und zwar insgesamt zwölfmal, ich kann sie Ihnen mit genauem


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Datum nennen. Wahrscheinlich vermuten Sie, daß eine ähnliche Vorgangsweise, wie Sie sie einschlagen, auch anderswo Platz greift.

Auch von den Tonbändern sprechen Sie. Herr Abgeordneter Wabl! Ich muß Sie wieder an Ihr eigenes Verhalten erinnern und daran, was Sie sagten, als Tonbänder aus dem Grünen Klub verschwanden. Ich zitiere aus der "Presse" vom 10. Mai. Da sagte Herr Abgeordneter Wabl vor Gericht: Ich persönlich war damals schon sehr schockiert. Wie kann das sein, daß Tonbänder aus dem Grünen Klub verschwinden?

Bei Ihnen ist es offenbar so, daß Tonbänder dann, wenn auf ihnen Dinge gespeichert sind, die Ihnen nicht recht sind, einfach unauffindbar sind. Diese Vorgangsweisen unterstellen Sie auch anderen.

Es liegt natürlich in der Natur der Sache, daß sich die Beschaffung im militärischen Bereich immer in einem Kraftfeld abspielt. Es gibt politische Interessen in diesem Zusammenhang, und es gibt sehr wohl auch geschäftliche Interessen. Das neueste Beispiel liegt mir jetzt vor. Die "Presse" vom 22. Mai schreibt: NATO-Waffen für Osteuropa, aber russische MIG für das Bundesheer?

Es geht also schon wieder los. Man geht von der Annahme aus, daß Beschaffungen notwendig sind, und bereitet bereits jetzt wieder ein Umfeld auf, das jeden Beschaffungsvorgang von vornherein in ein schiefes Licht bringt. Deswegen waren wir dafür, daß der Rechnungshof prüft, und wir sind dem Rechnungshof, seinem Präsidenten und allen Beamten dankbar, daß sie diesen Bericht sofort der Republik vorgelegt haben.

Dieser Bericht enthält fünf Grundsatzfeststellungen, und diese darf ich hier wiederholen.

Zunächst einmal die wichtigste: Anhaltspunkte für illegale Geldflüsse konnten nicht festgestellt werden. Das war nämlich der grundsätzliche Verdacht, von dem diese Prüfung überhaupt ausgegangen ist.

Zweitens, was ebenfalls ganz entscheidend ist: Entscheidungen wurden nicht von Einzelpersonen, sondern von den höchsten kompetenten Gremien dieser Republik getroffen. Es war die Grundsatzentscheidung am 6. Oktober 1987 im Landesverteidigungsrat, Österreich überhaupt mit defensiven Lenkwaffen auszurüsten. Es war die zweite Entscheidung am 15. Juni 1989 im Landesverteidigungsrat, das schwedische System BILL anzukaufen. Und es war die Entscheidung der österreichischen Bundesregierung vom 20. Juni 1989, diese Entscheidung ebenfalls zu befürworten. Denn nach § 14 Abs. 1 des österreichischen Wehrgesetzes sind Grundsatzentscheidungen in wehrpolitischen Fragen Angelegenheit der österreichischen Bundesregierung.

Die dritte richtige Entscheidung – und die haben Sie heute hier nicht zitiert –: Die schwedische Lieferfirma hat den Liefervertrag ordnungsgemäß erfüllt. Das war doch bitte der Sinn der ganzen Sache, daß das österreichische Bundesheer mit einem leistungsfähigen Abwehrsystem ausgerüstet wird. Ich möchte das hier deutlich sagen, daß nach Aussage der militärischen Organe, der höchsten Offiziere, das angekaufte System "PAL 2000" die daran gesetzten Erwartungen erfüllt und damit die Sicherheit für die Republik Österreich erhöht wurde. Das ist doch der zentrale Punkt in der ganzen Angelegenheit. (Beifall bei der ÖVP.)

Der vierte Punkt: Ich zitiere wieder wörtlich aus dem Rechnungshofbericht. Der Rechnungshof hat von der Disposition und vom Einkauf im Heeres-Materialamt ein positives Bild gewonnen und eine weitgehende Bereitschaft zur Verwirklichung seiner Anregungen gefunden. – Positiver kann ein Rechnungshof das Verhalten einer Verwaltungsbehörde nicht beurteilen. (Beifall bei der ÖVP.) Ich würde nur wünschen, daß auch aus anderen Verwaltungszweigen derartiges zu berichten wäre.

Eine problematische Situation ist auch aufgetaucht, und zwar hängt das mit der mehrjährigen Beschaffung im Rahmen des österreichischen Bundesheeres zusammen. Hier gibt es budgetäre Probleme. Denn im österreichischen Staatshaushalt gibt es das Prinzip der Einjährigkeit


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von Budgetansätzen. Das heißt, das Geld muß innerhalb des Verrechnungszeitraumes – und dieser erstreckt sich bis zum 31. Jänner des Folgejahres – ausgegeben werden. Geld, das nicht ausgegeben wird, verliert seine Wirksamkeit beziehungsweise verfällt zugunsten der Verringerung des Abganges. Das ist systemimmanent, und aus dieser Tatsache heraus kann man dem Bundesminister keinen Vorwurf machen. Denn nur das Hohe Haus kann in diesem Zusammenhang Veränderungen herbeiführen.

Es ist also so, daß die Vorauszahlungen, die es im Rahmen dieser Geschäftsabwicklung gegeben hat, ausschließlich auf diesen Umstand zurückzuführen sind, daß das Geld, das nicht im Haushaltsjahr ausgegeben wird, im nächsten Jahr verfallen ist. Daher war man gezwungen, vorzeitige Zahlungen zu leisten. Es bestätigt aber der Rechnungshof, daß diese Vorauszahlungen günstig verzinst wurden und daß dadurch der Republik Österreich kein Schaden entstanden ist.

Die Österreichische Volkspartei wird daher, um in Zukunft solche Dinge auszuschalten, dem Hohen Haus einen entsprechenden Initiativantrag vorlegen, und Sie werden dann auf den Prüfstand kommen, ob es Ihnen wirklich um eine Verbesserung der Zustände geht oder ob Sie sich nur auf billige Kritik beschränken.

Wir jedenfalls sind bereit, Verbesserungen im Rahmen der Sicherheit Österreichs durchzuführen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Scheibner: Warum haben Sie unsere Anträge abgelehnt?)

14.38

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Wabl gemeldet. – Bitte zuerst den zu berichtigenden Sachverhalt und dann die Berichtigung.

14.38

Abgeordneter Andreas Wabl (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Präsident des Rechnungshofes! Herr Abgeordneter Wurmitzer hat hier gesagt, Abgeordneter Wabl habe im Ausschuß an die Beamten des Landesverteidigungsministeriums keine einzige Frage gestellt.

Ich berichtige: Dieser Satz ist falsch. Ich habe sowohl den Verteidigungsminister als auch die Beamten des Landesverteidigungsministeriums gefragt, ob sie von Inseraten wissen und ob sie wissen, in welcher Dimension es diese gegeben hat. Das war meine Frage. Darauf bekam ich keine Antwort. Der Herr Verteidigungsminister hat gesagt, er weiß von nichts, und seine Beamten haben nichts gesagt. (Abg. Haigermoser: Lassen Sie den Wurmitzer in Ruhe, Wabl!)

14.39

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu einer persönlichen Erwiderung hat sich Herr Abgeordneter Wurmitzer gemeldet. Ich mache Sie auf die Bestimmungen der Geschäftsordnung aufmerksam. – Bitte.

14.39

Abgeordneter Georg Wurmitzer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Abgeordneter Wabl! Hohes Haus! Die scheinbare tatsächliche Berichtigung des Abgeordneten Wabl ist für mich der Grund, von der Möglichkeit der persönlichen Erwiderung Gebrauch zu machen. (Abg. Wabl: Das ist geschäftsordnungswidrig!)

Herr Abgeordneter Wabl! Am Schluß der letzten Ausschußsitzung habe ich als Mitglied dieses Ausschusses festgestellt, daß zwar insgesamt mehr als zehn der höchsten Offiziere geladen wurden, daß aber vom Recht ihrer Befragung kein Gebrauch gemacht wurde. Das ist die Wahrheit, und etwas anderes können Sie nicht berichtigen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Wabl: Geschäftsordnungswidrig!)

14.40

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Nein! Das sehe ich schon als durch die Geschäftsordnung gedeckt an.


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Im übrigen: Für die Wortfolge: "habe ich es hier mit einer Meuchelbande zu tun innerhalb der ÖVP", erteile ich dem Herrn Abgeordneten Wabl nach Einsicht in das Protokoll hiermit einen Ordnungsruf .

Zu Wort gemeldet ist nun die Frau Abgeordnete Mag. Kammerlander. – Bitte, Frau Abgeordnete.

14.41

Abgeordnete Mag. Doris Kammerlander (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Herr Präsident des Rechnungshofes! Kolleginnen und Kollegen! Es ist schon spannend, wenn man der Debatte folgt und dann so bemerkt, welche Aufregung immer wieder vor allem durch die Reihen der ÖVP geht. Erstaunlicherweise scheint Sie dieser Bericht doch am meisten von allen Fraktionen zu beunruhigen, und ich denke mir, das hat seine Geschichte, wie wir wissen. (Beifall des Abg. Wabl. )

Denn dieser Rechnungshofbericht ist nur deswegen zustande gekommen, weil es da eine Affäre in diesem Haus gegeben hat, eine Affäre, in die zwei Abgeordnete involviert waren, wo Tonbänder aufgetaucht sind, wo es Protokolle gibt, wo ganz klar hervorgeht, daß es nicht nur um Waffenkäufe in einem "Kraftfeld" geht – wie man das jetzt neuerdings so vornehm ausdrückt, Herr Kollege Wurmitzer –, sondern wo es ganz klar um Geldflüsse gegangen ist oder hätte gehen sollen, die da auch fließen. Da gab es natürlich einen belegbaren Vorfall, der dazu geführt hat.

Und wenn Sie jetzt hier stehen und sagen, es ist nichts, es ist gar nichts in diesem Rechnungshofbericht entdeckt worden, dann ist das auch ganz klar, denn der Rechnungshof und der Rechnungshofbericht (Abg. Dr. Khol: Weil es nichts gegeben hat!) sind die falschen Instrumentarien, wie es die Beamten des Rechnungshofes selber sagen. Sie sind nicht in der Lage, die illegalen, die informellen Geschäftspraktiken und Geldflüsse zu überprüfen. Sie sind nur in der Lage, die ganz formellen offiziellen Geschäftsabwicklungen und Unterlagen zu prüfen. Es ist aber allgemein nicht üblich – wenn man von diesem Fall "Kraft-Marizzi" und von ähnlichem ausgeht –, daß Quittungen und Überweisungen von illegalen und informellen Geldflüssen bei den offiziellen Akten liegen. Das habe ich zumindest bisher noch nicht erlebt, und das hätte mich eher gewundert, hätten die Beamten des Rechnungshofes solche Quittierungen und solche Belege in den offiziellen Unterlagen und Akten gefunden (Abg. Schwarzenberger: Sie sprechen hier von eigenen Erfahrungen!) , sodaß wir hier vielleicht über irgend etwas Beweisbares sprechen könnten. Aber weil eben der Rechnungshof das falsche Instrument für das war, was wir eigentlich prüfen wollten, ist klar, daß in diesem Falle nichts herausgekommen ist.

Ich erinnere Sie daran: Wir haben damals einen Untersuchungsausschuß beantragt. Da ging es um eine ganze Reihe von Anschaffungen, die wir überprüft haben wollten, nicht nur den offiziellen, den tatsächlichen Ablauf im Ministerium, im Amt, sondern natürlich auch die Hintergründe. Und so etwas kann nur ein Untersuchungsausschuß tun. Kein anderes Instrument ist dafür geeignet! Aber mag sein, daß Sie gebrannte Kinder sind nach ein paar Untersuchungsausschüssen, die es hier im Haus schon gegeben hat.

Das ändert aber nichts an der Tatsache, daß Ihre Fraktion offensichtlich Leseschwierigkeiten oder Leseschwächen hat, denn Sie stehen hier und sagen, es hat überhaupt nichts gegeben. Einer sagt dann zwar, naja ein Drittel, mein Gott, ein Drittel ist halt ein bißchen unsauber, aber zwei Drittel waren eh okay. – Ich finde ein Drittel noch immer viel, muß ich Ihnen sagen. Nicht, daß ich das jetzt alles in Bausch und Bogen verurteilen möchte, aber es gibt Anlaß zum Nachdenken.

Aber ich sage Ihnen eines: Jetzt gibt es einen Bericht, und wenn ich nichts anderes tue, als die Zusammenfassung dieses Berichtes herzunehmen – ich gehe gar nicht ins Detail, ich gehe nur auf die Zusammenfassung des zweiten Teils dieses Berichtes ein –, dann fallen mir zwei Dinge auf: Das eine ist: Wesentliche Entscheidungsgründe für das System – steht hier – waren nicht dokumentiert beziehungsweise nicht klar erkennbar. Das heißt, Entscheidungsabläufe, wieso es


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zu solchen Entscheidungen, zu solchen Einkäufen kommt, waren nicht klar dokumentiert und nicht nachvollziehbar, nicht klar erkennbar.

Ein anderes Beispiel ganz unten: "Bei rund 40 Prozent der im Bereich Zentralstelle und bei fast allen im Heeres-Materialamt überprüften Beschaffungsvorgängen nützte das Ressort die Zahlungsziele nicht zur Gänze, wodurch dem Bund Zinsverluste entstanden." – Mag sein, daß das Kleinlichkeiten sind. Das will ich jetzt gar nicht quantifizieren wie einer meiner Vorredner. Aber allein das gibt Anlaß, natürlich dann in die Materie einzusteigen und in den Bericht hineinzugehen.

Herr Kollege Wurmitzer! Sie brauchen offensichtlich wirklich eine Brille, um den Bericht zu lesen, denn hier zu stehen und zu sagen, da ist gar nichts drinnen, das ist die totale Weißwaschung und Reinwaschung von allem und jedem gewesen. Sie haben das entweder gar nicht gelesen oder Sie haben vergessen, Ihre Brille aufzusetzen. Nur so kann ich das interpretieren. (Beifall bei den Grünen.)

Herr Kollege Lukesch! Daß in einem Rechnungshofbericht von illegalen Zahlungen, von illegalen Geldflüssen, von informellen Geldflüssen nichts gefunden wird, ist noch keine Reinwaschung, ist noch kein Beweis dafür, daß es sie nicht gegeben hat. Das bestätigt nur die Tatsache, daß es sie in offiziellen Akten nicht gegeben hat. Aber es ist noch kein Beweis, daß es sie nicht gegeben hat. Wenn ich noch einmal von der Ausgangslage ausgehe, von einem Tonband, von einem Gespräch von zwei Kollegen, wovon es einen nicht mehr gibt, nämlich Ihren, den Kollegen Kraft, dann habe ich allen Anlaß, zu vermuten, daß hier sehr wohl noch etwas zu untersuchen wäre, was noch nicht herausgekommen ist und noch nicht auf dem Tisch liegt. (Beifall bei den Grünen.)

Ich stelle fest, daß der Rechnungshofbericht trotz alledem einen großen Teil der Kritik der Opposition unterstützt. Alle Redner der Opposition, auch zum Teil der Sozialdemokraten, haben das in ihren Reden auch herausgearbeitet; sicher in unterschiedlichen Standpunkten, denn Freiheitliche und Liberale sind nicht nur für ein Bundesheer, sondern auch für die Aufrüstung, wie wir wissen, wenn auch aus einem anderen Standpunkt heraus. Aber die Kritik, die wir anbringen, ist richtig, sie hat sich im Rechnungshofbericht bestätigt und läßt sich zusammenfassen: Es gibt kein Gesamtkonzept, aus dem die diversen Notwendigkeiten bei den Beschaffungen ableitbar wären, jedes Beschaffungsvorhaben leidet an einer mangelnden Planung, es sind keine ableitbaren Richtlinien vorhanden, Entscheidungsfindungen sind nicht nachvollziehbar, Unterlagen über Entscheidungsfindungen oder -schritte sind unzureichend, und Investitionswünsche gehen immer von einer sehr optimistischen Mittelschätzung aus.

Das ist etwas, was wir jetzt wieder gefunden haben. Der Herr Minister teilt uns via "Salzburger Nachrichten" mit, was er denn so anzuschaffen wünscht. So beiläufig lesen wir, wieviel das kosten würde. Es gibt keine Debatte. Der Rechnungshof selbst findet eigentlich keine Gesamtplanung vor. Der Herr Minister hat sie offensichtlich. Mich beruhigt das nicht, denn ich meine, dieses Haus wäre der Ort, darüber zu diskutieren und zu entscheiden. Es geht nicht an, es über die Zeitungen ausgerichtet zu bekommen. (Beifall bei den Grünen.) Genau in diesem Punkt wird unsere Kritik unterstützt.

Und noch etwas: Wenn Sie von der ÖVP sagen, der Minister ist nicht der Inseratenkeiler, so haben wir das auch nicht gemeint. Wir haben uns selbst gewundert, daß er sich zu so etwas hergibt. Aber nicht anders kann ich das interpretieren. Denn was sagen Sie dazu, wenn genau für diese Anschaffungen, für die wir den Untersuchungsausschuß wollten – und wir haben das recherchiert –, massiv Inserate in den Zeitungen, im Gesamtbereich der Landesverteidigung getätigt worden sind? Dann gibt es nur eines (Abg. Dr. Khol: In Ihrem "TATBlatt" werden sie nicht inserieren!): Der Minister ist ein Inseratenkeiler und hat seine Berufsauffassung etwas verändert, ohne uns das mitzuteilen, oder es gibt sehr wohl einen Zusammenhang zwischen der Entscheidungsfindung für diese Firma und den Inseraten in den Zeitungen des Landesverteidigungsministeriums. (Beifall bei den Grünen. – Zwischenruf des Abg. Kiss. ) Sie brauchen sich gar nicht so aufzuregen, Herr Kollege Kiss! Auch Ihr Name ist in diesem Zusammenhang


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wiederholt gefallen! Wiederholt! Und ich verstehe daher Ihre Aufregung und Ihre Farbe im Gesicht. (Abg. Kiss: Sie können im "TATBlatt" inserieren – und das macht nichts?)

Es ist natürlich nicht angenehm, in solchen Zusammenhängen seinen Namen immer wieder in den Zeitungen zu finden. Es ist nur berechtigt, zu sagen: Sparen wir uns das Geld für die Provisionen, ziehen wir das gleich ab, denn was haben wir davon, wenn wir für Provisionen zahlen müßten und das dann bei den Inseraten wieder geschenkt bekommen. (Abg. Dr. Khol: Im "TATBlatt" werden wir nicht inserieren!) Ihre ganze Aufregung täuscht nicht darüber hinweg, daß Kritik bestätigt wurde, daß Mißstände aufgedeckt wurden, im Rechnungshofbericht bestätigt wurden und daß der eigentliche Verdacht noch immer im Raum steht.

Zuletzt möchte ich noch den Antrag meines Kollegen Wabl einbringen, damit er formellerweise eingebracht ist. Er lautet:

Entschließungsantrag

des Abgeordneten Wabl, Freundinnen und Freunde betreffend Beschaffungswesen des Bundesheeres

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Bundesminister Fasslabend möge taugliche Grundlagen für die notwendigen Beschaffungen erarbeiten lassen und sich um die Einhaltung der Vergabebestimmungen in seinem Ressort kümmern."

*****

Wenn Sie sich schon so aufregen, sage ich Ihnen noch eines: Die Anschaffungen des Bundesheeres würden wirklich eine genauere Beleuchtung und Diskussion verdienen. Allein wenn wir in den "Salzburger Nachrichten" lesen, was der Minister alles wünscht und was wir alles schon haben in diesem Zusammenhang, dann kann ich nur sagen, das alles zusammen ist ein bisserl viel, und es ist alles miteinander – und das hat sich bestätigt – wieder komplett unkoordiniert.

Aber vermutlich – und das glaube ich sehr wohl, Herr Kollege Wurmitzer, da haben Sie ja ein wahres Wort gesagt – finden eben solche Entscheidungen tatsächlich in einem uns völlig unbekannten Kraftfeld statt, das nur Sie und einige Ihrer Fraktion genauer kennen, und diese verhindern, daß wir dieses Kraftfeld untersuchen können. (Beifall bei den Grünen. – Lebhafte Zwischenrufe bei der ÖVP.)

14.51

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Der eben verlesene Entschließungsantrag war nun ordnungsgemäß eingebracht, entsprechend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist nun Herr Abgeordneter Schöll. – Bitte, Herr Abgeordneter.

14.51

Abgeordneter Hans Schöll (Freiheitliche): Meine Herren Präsidenten! Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Kollege Wurmitzer! Zunächst möchte ich feststellen, daß Sie es sich ja heute im Ausschuß wieder leicht machen wollten. Sehr wohl sind diverse Fragen an Experten gestellt worden, sowohl an Beamte, die zum Teil nicht erschienen sind und daher keine Antwort geben konnten, als auch ... (Ruf: An wen?) Zum Beispiel der Ministerialbeamte Hillingrathner. Er wurde persönlich vom Kollegen Scheibner befragt. (Abg. Wurmitzer: Wann und wo?) Die Antwort ist er uns leider schuldig geblieben, Herr Kollege Wurmitzer. Und Sie haben ja auch heute wieder im Ausschuß verhindern wollen, daß zahlreiche Experten erscheinen. Wir können ja auch im vorhinein nie wissen, wieweit ihre Aussagen für den jeweiligen Sachverhalt relevant sind oder nicht.


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Geschätzte Damen und Herren! Ich meine, das Resümee der heutigen Debatte ist ja ziemlich triste. Eigentlich sollten wir im Mai 1996 feststellen können: Bei den Beschaffungsvorgängen des österreichischen Bundesheeres ist alles in Ordnung. Aber dem ist nicht so. Dieses lange Register der Verfehlungen wurde ja heute schon von zahlreichen Rednern aufgezählt.

Nur eines muß ich Ihnen sagen, und das betrifft vor allem auch wirtschaftliche Verantwortungen und die wirtschaftliche Sorgfaltspflicht: Wenn wir als Experten in der Privatwirtschaft so manchen Vorgang zu beurteilen hätten, dann kämen wir zu dem Schluß: Nur Gauner oder Dumme würden in der Privatwirtschaft so handeln. Und diesen Vorwurf würden wir als Sachverständige jedem auch bei Gericht machen, wenn sich so etwas ereignen sollte, wie zum Beispiel, daß Skonti nicht abgezogen wurden, daß man sich bei Bezahlungen den schlechteren Weg ausgesucht hat, daß man fast 200 Millionen Schilling Guthaben hat, und die, wie der Herr Bundesminister gesagt hat, auch heute noch nicht eingefordert oder in irgendeiner Form verrechnet worden sind, sondern man läßt sie einfach so stehen. Diese Vorwürfe muß man sich sehr wohl gefallen lassen.

Aber eines zieht sich durch die ganze Debatte. Wir haben das auch heute hier im Haus im Ausschuß gehört und auch in den diversen Pressemeldungen gelesen. Es klingt immer das "L" mit: Leikam gegen Lukesch – oder Lukesch gegen Leikam.

Der eine sagt: Es ist eh alles in Ordnung!, und der andere sagt: Naja, wenn ich das schulisch werten würde, dann müßte ich das mit einem Nichtgenügend werten. Und das ist die ganze Divergenz der Situation hier. (Abg. Koppler: Schöll und Scheibner! Das ist dasselbe!)

Ich verstehe ja eines auch nicht: daß bereits Unruhe entsteht, wenn ich mir als Abgeordneter die Frage im Ausschuß erlaube: Wie ist denn das mit der Bewertung seitens des Rechnungshofes? Wieviel Prozent sind da politische Bewertung? Werten Sie das mit 35 Prozent oder mit 40 Prozent? Wie werden die anderen Beschaffungsvorgänge bewertet?

Ich sehe schon ein, daß bei zigtausend Beschaffungsfällen hinsichtlich der Auswahl und auch der Bewertung ein gewisses Kriterium notwendig ist. Aber warum, Kollege Professor Lukesch, hier gleich eine Nervosität entsteht, wenn man überhaupt nur diese Frage stellt (Abg. Dr. Lukesch: Weil hier manipuliert wird!), verstehe ich nicht. Da muß doch irgend etwas im Hintergrund im Busch sein, geschätzte Damen und Herren, wenn man gleich in einer so nervösen Form darauf reagiert.

Ich wiederhole noch einmal, es geht immer "L" gegen "L". Heute habe ich es ja hier wieder erleben dürfen. Ich glaube, das ist ein ungünstiges Bild, das die Herrschaften hier der Bevölkerung bieten, wenn es um die Landesverteidigung geht. Das ist sicherlich nicht dazu geeignet, das Vertrauen der Bevölkerung ernsthaft zu steigern, und das ist sehr schade, geschätzte Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Abschließend möchte ich noch eine Bitte wiederholen, die Kollege Scheibner auch schon im Ausschuß gestellt hat: Vielleicht ist es doch dem geschätzten Herrn Bundesminister möglich, in Hinkunft über sämtliche – ich verstehe schon, es gibt militärische Geheimnisse – wesentliche Vorhaben, seien sie kurzfristig, mittelfristig oder langfristig geplant, uns, den Abgeordneten, dem Nationalrat hier rechtzeitig Bericht zu erstatten.

Zusätzlich würde ich mir schon wünschen, daß man in Hinkunft wesentlich sorgfältiger, mit wesentlich gründlicherer wirtschaftlicher Umsicht hier vorgeht, um sich künftig entsprechende Vorwürfe, die ja teilweise auch kriminell gewertet werden könnten, zu ersparen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

14.57

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist der Herr Abgeordnete Dipl.-Ing. Schöggl. – Bitte, Herr Abgeordneter.

14.57

Abgeordneter Dipl.-Ing. Leopold Schöggl (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Herr Präsident des Rechnungshofes! Vor einigen Tagen endete die


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Abschlußübung der Militärakademie mit einem Vorbeimarsch in Hartberg. Wir waren ja beide dort.

Es war eigentlich eine Freude, die motivierten jungen Leute zu sehen, die sich gefreut haben, diese Übung positiv und erfolgreich abgeschlossen zu haben. Auf der anderen Seite hat man den Eindruck gehabt, daß das vorbeifahrende Gerät nur mehr aus Sympathie zu den übenden Soldaten funktioniert und sich nur aus deren eigener Kraft über diese Paradestrecke bewegt. Daraus ist zu schließen, daß in nächster Zeit wirklich eine Fülle von Beschaffungsfällen anstehen. (Abg. Wabl ist in eine Diskussion in den Abgeordnetenbänken verwickelt.) Wabl! Horch ein bisserl zu, ich bin ja auch da. Ich weiß schon, daß du als Rechnungshofausschußvorsitzender wichtig bist.

In den Presseaussendungen der letzten Tage wurden diese großen Beschaffungsfälle und diese Wünsche ja auch öffentlich kundgetan. Ich glaube, daß damit allerdings Hoffnungen und Erwartungen geweckt werden, die aufgrund der finanziellen Situation auf weite Sicht unerfüllbar bleiben müssen. Ich glaube, daß man aufgrund dieser Hoffnungen, die man bei den militärischen Stellen und bei den Soldaten weckt, eigentlich einen Mißbrauch des Idealismus dieser Leute betreibt, weil diese Hoffnungen auf weiten Strecken unerfüllt bleiben und daher einen bitteren Beigeschmack und Frustration hinterlassen müssen.

Herr Minister! Wenn ich diesen Rechnungshofbericht nach Studium analysiere und feststelle, daß 20 Prozent der Beschaffungsfälle beanstandet werden mußten, so muß ich sagen, wenn in einer Firma 20 Prozent der Beschaffungsfälle – und ich beschäftige mich beruflich mit Betriebsberatung – beanstandet werden müssen, dann ist das ein unerträglich hoher Prozentsatz. Eine Firma, die so wirtschaften und so einkaufen würde, würde unweigerlich in Probleme geraten. Und diese Probleme wollen wir dem österreichischen Bundesheer ersparen, denn derartige Probleme verdient es nicht! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es handelt sich somit um eine – gelinde gesagt – unprofessionelle Vorgangsweise. Es ist von freihändigen Vergaben die Rede, die eher unüblich sind. Es ist ein Pflichtenheft nicht erstellt worden. Sie akzeptieren auf der einen Seite vorzeitige Zahlung und spätere Liefertermine. Wenn eine Firma Produkte, die sie braucht, vorzeitig bezahlt und sie dafür etwas später geliefert haben möchte, so ist das für einen wirtschaftlich arbeitenden Betrieb nicht möglich.

Zusammenfassend: Ich meine, daß diese Abläufe nicht professionell durchgeführt wurden, und vor allem ist die Dokumentation nicht lückenlos. Es gibt heute in Theorie und Praxis Managementsysteme, die lückenlose Ablaufbeschreibung, Verantwortungsbeschreibung, Entscheidungen, transparente Abläufe fordern. Und das müßte doch auch auf das Bundesheer übertragbar sein. Da ich Firmen gerade in dieser ISO-9000 Serie berate und diese Norm sich dort bewährt, schlage ich vor: Beschäftigen sie eine Stelle mit dieser Norm! Ich bin überzeugt davon, daß diese Normenreihe, die sich in der internationalen Wirtschaft hervorragend bewährt hat und zu einer Effizienz und Produktivitätssteigerung geführt hat, durchaus auch für den militärischen Bereich brauchbare Ansätze liefern würde. (Präsident Dr. Fischer übernimmt den Vorsitz.)

Abschließend: Die Arbeit des Rechnungshofes, die er in diesem Zusammenhang geliefert hat, ist als ausgesprochen positiv zu bezeichnen, ist dankenswert. Man sollte daraus lernen, und man sollte daraus auch Konsequenzen ziehen, damit weitere Beschaffungsabläufe, die ins Haus stehen, reibungslos, fehlerlos und einwandfrei – zum Wohle unserer Landesverteidigung – abgewickelt werden können. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

15.02

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist der Herr Präsident des Rechnungshofes. Ich erteile ihm das Wort.

15.02

Präsident des Rechnungshofes Dr. Franz Fiedler: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Herr Abgeordneter Gaál hat eine Frage hinsichtlich der Auswahlmethode, die der Rechnungshof im Zusammenhang mit der gegenständlichen Prüfung vorgenommen hat, an mich gerichtet.


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Herr Abgeordneter! Ich darf Ihnen dazu folgendes sagen: Bekanntlich hat der Nationalrat am 8. Februar 1995 dem Rechnungshof die Prüfung aller vom Bundesministerium für Landesverteidigung ab 1. Jänner 1987 durchgeführten wesentlichen Beschaffungen aufgetragen.

Die erste Aufgabe des Rechnungshofes – nach Erhalt dieses Auftrages – hat darin bestanden, eine Sichtung vorzunehmen, um wie viele Beschaffungsfälle es sich dabei überhaupt gehandelt hat. Wir sind dabei zur Feststellung gelangt, daß es rund 38 000 Beschaffungsfälle gewesen sind. Es war völlig klar, daß der Rechnungshof nur einen Bruchteil dieser Beschaffungsfälle zur Gänze würde prüfen können. Er mußte daher eine Auswahlmethode anwenden, und zwar eine, die unanfechtbar ist, weil es klarerweise bei der Beschränkung auf einige wenige Fälle unter Umständen dazu hätte kommen können, daß man dem Rechnungshof zum Vorwurf macht, er habe die "falschen" Fälle ausgewählt.

Im Hinblick darauf hat der Rechnungshof sehr bald mit universitären Einrichtungen Kontakt aufgenommen; ihm ist dabei der Unterstützung der Professoren Grün und Mochty zuteil geworden, die auch im Bericht erwähnt sind. Ich möchte hier in Plenum des Nationalrates diesen beiden Professoren seitens des Rechnungshofes nochmals Dank aussprechen, und zwar nicht nur deshalb, weil sie uns wirklich eine sehr brauchbare Methode an die Hand gegeben haben, sondern darüber hinaus, weil sie auch unentgeltlich für den Rechnungshof tätig waren und nicht nur einen Tag für den Rechnungshof geopfert haben – und damit auch für die Tätigkeit, die der Rechnungshof für den Nationalrat zu leisten hatte –, sondern mehrmals mit dem Rechnungshof in Kontakt getreten sind und gemeinsam mit dem Rechnungshof eben diese Methode ausgearbeitet haben. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Es war dem Rechnungshof klar, daß er bei der Auswahl nicht nur wertabhängige Parameter heranziehen konnte, sondern daß er auch wertunabhängige Parameter zur Grundlage seiner Auswahl nehmen mußte. Die wertabhängigen Parameter betrafen insbesondere die Höhe der Bestellwerte. Die wertunabhängigen Parameter waren vielfältig: Einerseits war darauf Bedacht zu nehmen, ob es sich um Neuanschaffungen oder um Wiederbestellungen handelte, andererseits auch darauf, ob es sich um Fälle handelte, die bereits Gegenstand der Kritik oder der Behandlung durch die interne Revision des Landesverteidigungsministeriums waren, oder aber – und das war für den Rechnungshof natürlich ganz besonders entscheidend – ob es sich um Fälle gehandelt hat, die bereits in der Vergangenheit im politischen Bereich einer Diskussion oder Behandlung zugeführt worden waren.

Das war klarerweise für den Rechnungshof von besonderer Bedeutung, weil er ja den Auftrag vom Nationalrat, von einem hochpolitischem Gremium gekommen ist. Der Rechnungshof hat daher ganz bewußt jene Fälle herangezogen, sich ihnen besonders gewidmet, die bereits Gegenstand parlamentarischer Anfragen oder Gegenstand von Diskussionen im Nationalrat, im Landesverteidigungsrat oder im Landesverteidigungsausschuß waren. Der Rechnungshof hat diesem Umstand bei seiner Bewertung ganz besondere Bedeutung beigemessen.

Herr Abgeordneter Haupt hat in diesem Zusammenhang auch die Frage angeschnitten, welcher Stellenwert den parlamentarischen Anfragen in dem Zusammenhang zugekommen ist. – Herr Abgeordneter! Ich darf Ihnen dazu etwas Statistik bringen. Von den 38 000 Beschaffungsfällen, die ich eingangs erwähnt habe, waren insgesamt 162 Gegenstand parlamentarischer Anfragen. Das sind rund 0,4 Prozent aller Beschaffungsfälle.

Der Rechnungshof hat aber – ich habe das bereits erwähnt – Beschaffungsfälle, die Gegenstand parlamentarischen Anfragen waren, einen wesentlich höheren Stellenwert als nur von 0,4 Prozent eingeräumt. Man kann sagen: Rund 10 Prozent aller vom Rechnungshof geprüften Beschaffungsfälle waren Gegenstand parlamentarischer Anfragen.

Des weiteren wurden dann – jetzt darf ich wieder auf die Frage des Herrn Abgeordneten Gaál zurückkommen –, unter Vornahme einer Gewichtung nach Risikopunkten, fünf Risikoklassen festgestellt – wir haben diese im Bericht aufgelistet –, und davon ausgehend wurde mittels Stichprobenverfahren eine Auswahl getroffen.


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Wir haben nach dem ersten Teilbericht diese Methode, die sich als durchaus brauchbar erwies, einer Überprüfung unterzogen, und zwar darauf, ob sie sich bewährt hat – und wir kamen zum Ergebnis, daß wir keine Veranlassung hatten, von dieser Methode abzugehen. Auch dies – darf ich ergänzen – erfolgte wieder in Übereinstimmung und in Zusammenarbeit mit den genannten Universitätsprofessoren.

Wir sehen uns darin durchaus bestärkt, daß wir die richtige Vorgangsweise gewählt haben, und wir werden daher diese Vorgangsweise beibehalten. Diese Methode – es hat sich in der Vergangenheit gezeigt, daß die in diese Methode gelegte Hoffnung durchaus zutreffend war – wird daher auch für die zukünftigen Berichte, die der Rechnungshof im Rahmen der Erfüllung des Gesamtauftrages des Nationalrates vorlegen wird, angewandt werden.

Ich bin jedenfalls überzeugt davon, daß diese Methode dazu beitragen wird, daß wir zur Zufriedenheit des Nationalrates Prüfungen, die uns aufgetragen werden, durchführen werden. (Beifall bei der ÖVP.)

15.08

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke dem Herrn Präsidenten.

Zu Wort ist nun der Herr Bundesminister für Landesverteidigung gemeldet. – Bitte, Herr Bundesminister.

15.08

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Herr Präsident! Herr Präsident des Rechnungshofes! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Rechnungshofbericht, der das Ergebnis einer Sonderprüfung darstellt, ist gleichzeitig Ausdruck dafür, daß es wahrscheinlich – ja sogar mit Sicherheit – in Österreich noch nie ein Ministerium gegeben hat, das so umfassend und intensiv geprüft wurde, wie das eben beim Bundesministerium für Landesverteidigung der Fall war.

Selbstverständlich gibt es im Zuge eines Prüfungsergebnisses auch unterschiedliche Ansatzpunkte. Lassen Sie mich ganz kurz zusammenfassen, was aus meiner Sicht bei der Beurteilung dieses Falles wesentlich war.

Im Zentrum der Überprüfung stand die Anschaffung von Panzerabwehrlenkwaffen Ende dieses letzten Jahrzehntes. Im Rechnungshofbericht wird wortwörtlich ausgeführt: "Nach einem Bericht des Generaltruppeninspektors über die Erprobung der PAL-Systeme empfahl der Landesverteidigungsrat im Juni 1989 der Bundesregierung die Ausrüstung des Bundesheeres mit Panzerabwehrlenkwaffen der schwedischen Unternehmung. Im selben Monat faßte die Bundesregierung einen entsprechenden Beschluß."

Aus der damaligen Sicht haben sich offensichtlich die Mitglieder des Landesverteidigungsrates und die Mitglieder der Bundesregierung über alle Grundlagen der Beschaffung ausreichend informiert gefühlt. Tatsächlich geht aus den Unterlagen des Rechnungshofes eindeutig hervor, daß Leistungsvorgaben vorhanden waren, etwa was die Durchschlagsfähigkeit oder die Störsicherheit betrifft. Es geht daraus auch eindeutig hervor, daß es eine Leistungsvergabe war, die im Wettbewerb erfolgt, ist und daß der Zuschlag erst erfolgt ist, nachdem auch eine faktische Erprobung durchgeführt worden war. Es wird gleichzeitig auch festgestellt, daß nach Angaben des Generaltruppeninspektors damals die technisch eindeutig beste Bewertung für jenes Produkt erzielt wurde, für das es auch den Zuschlag gab.

Der Rechnungshofbericht stellt andererseits fest, daß bestimmte Vorgaben nicht eindeutig nachvollziehbar waren, etwa was die Zeitabläufe, was die Dokumentation oder was Details der Durchführung betrifft.

Dafür gibt es einige ganz gewichtige Gründe. Ich möchte das noch einmal sagen: Es ist aus heutiger Sicht eigentlich unvorstellbar, daß vor sieben Jahren das österreichische Bundesheer wahrscheinlich als einzige Armee der Welt nicht über eine einzige Lenkwaffe verfügte, die eine Reichweite von 2 000 Metern hat – dies deshalb, weil uns der Staatsvertrag keine Möglichkeit


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dazu gab. Deshalb ist auch nachvollziehbar, daß, wie in allen anderen Fällen üblich und wie zu erwarten ist, kein Pflichtenheft in der formalen Aufbereitung vorhanden war, deshalb auch durchaus nachvollziehbar, daß man versucht hat, alle politischen Aspekte, nämlich eine allfällige Zustimmung der Staatsvertragsmächte et cetera, mit ins Kalkül zu ziehen, um überhaupt einmal nach dem Zweiten Weltkrieg eine derartige Beschaffung zu ermöglichen.

Ich ersuche daher, diesen Beschaffungsfall auch im Lichte der damaligen Zeit zu betrachten.

Ich möchte ergänzend dazu noch folgendes sagen: Wir werden selbstverständlich – und das ist seit Beginn 1990 auch der Fall – alle großen Beschaffungen nur auf der Grundlage eines Pflichtenheftes durchführen. Selbstverständlich werden sie nach dem Wettbewerbsprinzip, nach dem Vier-Augen-Prinzip erfolgen, sie werden entsprechend und ausreichend intern kontrolliert und darüber hinaus weiteren Begutachtungen zugeführt.

In diesem Sinne nehmen wir Anregungen des Rechnungshofes zu Verbesserungen gerne entgegen. Wahrscheinlich werden auch in Zukunft da oder dort kleinere Fehler, Versäumnisse oder Mißverständnisse nicht auszuschließen sein. Dort, wo Menschen handeln, werden auch Fehler gemacht. Aber: Die Abläufe sind geregelt, die Kontrollmechanismen sind da. Wenn wir darauf entsprechend achten, dann wird es – davon bin ich überzeugt – im bestgeprüften Ressort des Landes in Zukunft Beschaffungen geben – auch wenn man von außen her noch so viele Kritikpunkte als lobbyistischen Gründen, nämlich deshalb, weil man einen Auftrag bekommen will, hineintragen will –, bei denen man nichts Anfechtbares finden wird, sondern es wird sich immer wieder herausstellen, daß die Abläufe funktionieren und daß das Ergebnis als seriös zu bezeichnen ist. (Beifall bei der ÖVP.)

15.1


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4

Präsident Dr. Heinz Fischer: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Damit ist die Debatte geschlossen.

Vom Berichterstatter wurde kein Wunsch nach einem Schlußwort geäußert.

Wir kommen daher zu den Abstimmungen .

Wir stimmen zunächst ab über den Antrag des Rechnungshofes, den vorliegenden Sonderbericht des Rechnungshofes III-12 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für die Kenntnisnahme dieses Berichtes des Rechnungshofes stimmen, sich von den Sitzen zu erheben. – Die Kenntnisnahme ist mit Stimmenmehrheit beschlossen.

Es liegen noch zwei Entschließungsanträge zur Abstimmung vor.

Wir stimmen zunächst ab über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Wabl und Genossen betreffend Provisionen und Inseratkosten. (Abg. Dr. Khol: Er kann nie genug kriegen!)

Ich darf jene Damen und Herren, die diesem Entschließungsantrag des Abgeordneten Wabl zustimmen, bitten, ein diesbezügliches Zeichen geben. – Das ist die Minderheit . Der Antrag ist abgelehnt . (Abg. Dr. Khol: Der Wabl kriegt keine Provisionen!)

Wir stimmen nun ab über den Entschließungsantrag des Abgeordneten Wabl betreffend Beschaffungswesen des Bundesheeres.

Ich darf jene Damen und Herren, die diesem Antrag beitreten, bitten, ein Zeichen der Zustimmung zu geben. – Das ist die Minderheit . Der Antrag ist daher abgelehnt . (Rufe bei der ÖVP und bei den Freiheitlichen: Nur die halbe grüne Fraktion!)

Damit ist Punkt 3 der Tagesordnung erledigt.

Ich danke dem Herrn Präsidenten des Rechnungshofes.

4. Punkt

Erste Lesung des Antrages 134/A der Abgeordneten Mag. Dr. Heide Schmidt und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gesetz über Gesellschaften mit beschränkter Haftung, das Bundesgesetz über Aktiengesellschaften sowie das Gesetz über Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften geändert werden

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen zum 4. Punkt der Tagesordnung: Erste Lesung des Antrages 134/A der Abgeordneten Dr. Schmidt und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gesetz über Gesellschaften mit beschränkter Haftung, das Bundesgesetz über Aktiengesellschaften sowie das Gesetz über Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften geändert werden.

Es ist vereinbart, daß je Fraktion ein Redner maximal 10 Minuten reden darf.

Wir gehen in die Debatte ein.

Im Sinne der Geschäftsordnung erhält entweder der Antragsteller oder bei mehreren Antragstellern ein von denselben Antragstellern bestimmter Redner das Wort. Das ist im vorliegenden Fall Herr Abgeordneter Mag. Firlinger. – Bitte, Herr Abgeordneter. Redezeit 10 Minuten.

15.17

Abgeordneter Mag. Reinhard Firlinger (Liberales Forum): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich habe mit Freude zur Kenntnis genommen, daß mit der heute vormittag erfolgten Verabschiedung der Anpassungen des österreichischen Gesellschaftsrechtes an das EU-Recht ein wichtiger Schritt in Richtung Vereinfachung und Erhöhung der allgemeinen Rechtssicherheit gesetzt wurde.

Dennoch vertreten wir Liberale die Auffassung, daß das österreichische Gesellschaftsrecht, soweit es Kapitalgesellschaften betrifft, noch einige weitere Reformierungen vertragen würde. Wir wollen mit dem vorliegenden Initiativantrag die Debatte über die Zahl von Aufsichtsratsmitgliedern in Kapitalgesellschaften eröffnen. Ich möchte aber auch nicht verhehlen, daß es sicherlich noch den einen oder anderen Punkt gibt, über den man sprechen sollte, beispielsweise über erweiterte Haftungsbestimmungen oder über die Verschärfung der Haftungen von Aufsichtsratsmitgliedern, weil die bestehende Praxis nicht sonderlich befriedigend ist. Diese Anregungen fanden aber in unserem gegenständlichen Antrag noch keinen Niederschlag. Aber Diskussionsbereitschaft dazu besteht auf jeden Fall.

Meine Damen und Herren! Die bestehenden Regelungen sehen im GmbH- und Aktiengesetz eine Beschränkung auf 10 beziehungsweise auf 20 Aufsichtsratsfunktionen bei natürlichen Personen vor. Für Genossenschaften sind im Gesetz überhaupt keine Höchstgrenzen eingezogen. Abgesehen davon, daß es sich im Fall der Genossenschaft um eine Ungleichbehandlung gegenüber der Rechtsform der Aktiengesellschaft oder der GesmbH handelt, ist auch mit der Ausnahmebestimmung für öffentlich-rechtliche Vertreter, die in die Aufsichtsräte von Aktiengesellschaften und GesmbH delegiert werden, wo dies im Interesse der öffentlich-rechtlichen Körperschaften geboten erscheint, sozusagen ein Problemfall entstanden, weil es sich eindeutig um eine Diskriminierung der privaten zugunsten der öffentlich-rechtlichen Mandatare handelt. Das scheint uns der erste diskussionswürdige Ansatz zu sein.

Es gibt aber einen zweiten Punkt, der zu kritisieren ist. Die bestehenden Publizitätsverpflichtungen von Aufsichtsratsmandaten scheinen uns Liberalen nicht transparent genug zu sein. Es ist für Außenstehende, aber auch für für die Neubestellung von Aufsichtsratsmitgliedern entscheidungsbefugte Personen äußerst mühselig, festzustellen, wie viele derartige Funktionen ein neu zu bestellendes Mitglied bereits ausübt und in welchen Gesellschaften dies der Fall ist. Die Gesellschaft sollte das aber unserer Meinung nach wissen. Sie hat ein Recht darauf, sich schnell und unbürokratisch Kenntnis darüber zu verschaffen.

Bei Genossenschaften ist, wie ich schon sagte, die Situation völlig intransparent. Ich möchte Ihnen das anhand eines kleinen Beispiels darlegen. Ich kenne eine angesehene Person, die


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folgende Aufsichtsratsmandate innehat: vier Mandate in Aktiengesellschaften, fünf Mandate in GesmbHs – die Gesellschaften haben miteinander nichts zu tun, sie sind also im Innenverhältnis konzernmäßig miteinander nicht verbunden –, und zusätzlich übt diese Person drei Aufsichtsratsmandate in Genossenschaften aus; es handelt sich dabei nicht um kleine Genossenschaften, sondern um große Erwerbsgenossenschaften, darunter auch um eine Einkaufsgenossenschaft, und eine dieser Genossenschaften steht in einem mehr oder weniger direkten Konkurrenzverhältnis zu einer der Aktiengesellschaften, in denen die Person ebenfalls ein Mandat ausübt.

In diesem Fall ist die Zahl zehn überschritten worden, es handelt sich insgesamt um zwölf Mandate. Es herrscht auf seiten der Genossenschafter keine Kenntnis darüber, welche Funktionen dieses Aufsichtsratsmitglied anderswo ausübt. Wir würden es aber begrüßen, wenn da völlige Transparenz herrschen würde. Ich glaube, dies wäre im Sinne der Gleichbehandlung auch geboten.

Meine Damen und Herren! Wir haben uns im internen Kreis ausführlich überlegt, ob wir überhaupt eine Regelung brauchen, die eine Obergrenze bei Aufsichtsratsmandaten vorsieht, und zwar deshalb, weil es gilt, die Zahl 10 gegen die Zahl 20 bei den öffentlich-rechtlich ausgeübten Mandaten abzuwägen. Es gibt die eine Möglichkeit, daß man sagt, man schafft eine Angleichung, also zehn und zehn oder 20 und 20, und es gibt die andere Möglichkeit, die Obergrenze überhaupt abzuschaffen.

Wir haben daraufhin einen Vergleich angestellt, wie das in anderen Ländern üblich ist, wie das dort funktioniert, haben uns auch die Publizitätsverpflichtungen in anderen Ländern angeschaut und sind dann zu der ganz klaren Erkenntnis gekommen: Wir brauchen im Grunde genommen diese Obergrenze nicht – allerdings mit der Einschränkung, daß wir die Qualität der Publizitätsverpflichtung in Österreich verschärfen, denn der Aktionär und der Aktionärsvertreter, der Entscheidungsbefugte in den Generalversammlungen, der dann die Bestellungen auch tatsächlich umsetzt und durchführt, soll zum Wohle der Gesellschaft sehr wohl wissen, wer da neu hineinkommt und ob es irgendwelche Konkurrenzverhältnisse gibt.

Wir meinen, daß man diesen erweiterten Publizitätsverpflichtungen dadurch Rechnung tragen kann, daß man die Bestellung eines neuen Aufsichtsratsmitgliedes rechtzeitig veröffentlicht, beispielsweise im "Amtsblatt zur Wiener Zeitung", was schon gängige Praxis ist. Damit wäre sozusagen der Kreislauf wieder geschlossen.

Dem liberalen Grundprinzip der Eigenverantwortung entsprechend soll in Zukunft die Kapitalgesellschaft – und nur sie selbst – bestimmen, welche und wie viele Aufsichtsratsfunktionen ein neu zu bestellendes Aufsichtsratsmitglied ausüben kann. Der Gesetzgeber soll sich aus dieser Regelung zurückziehen.

Meine Damen und Herren! Es würde mich freuen, wenn es bei der zweiten Lesung zu einer fruchtbringenden, interessanten und konstruktiven Diskussion darüber käme. Ich zähle auf Ihre Mitwirkung und Ihre konstruktive Mitarbeit. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum sowie Beifall der Abg. Mag. Stoisits. )

15.25

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Frieser. – Bitte.

15.25

Abgeordnete Mag. Cordula Frieser (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Der Initiativantrag des Liberalen Forums, der in Verhandlung steht, erfüllt meiner Überzeugung nach eine wichtige Grundvoraussetzung: Er verursacht keine Folgekosten! Allein dieser Umstand ist es mir wert, ihn näher zu betrachten. Je nach Standpunkt – das möchte ich nicht verhehlen – bringt er qualitative Verbesserungen in den angesprochenen Gesetzesmaterien.

Aber nun zum Inhaltlichen: Herr Kollege Firlinger, die Unterscheidung, daß es bei privat entsandten Aufsichtsräten eine Obergrenze von zehn und bei öffentlich entsandten Aufsichtsräten


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eine Obergrenze von 20 geben soll, das scheint mir in keiner Weise argumentierbar zu sein. Ich vermute hierin eine Regelung von Beamten für Beamte, denn wir dürfen nicht vergessen, daß sich Ministerialbeamte dadurch ein kleines Zusatzeinkommen verdienen. Vor allem frage ich mich, ob Beamte eigentlich mehr Zeit haben als Private. Möglicherweise haben sie tatsächlich mehr Zeit, weil sie schließlich diese Aufgaben in ihrer Dienstzeit wahrnehmen. In diesem Punkt, Herr Kollege Firlinger, sind wir von der ÖVP sicher auf Ihrer Seite: Wir wollen diese Unterscheidung beseitigen beziehungsweise eine Gleichstellung erreichen.

Was die Publizitätspflicht anlangt, so sind wir prima vista nicht unbedingt Ihrer Meinung, daß das bei der Generalversammlung beziehungsweise bei der Hauptversammlung in bürokratischer und formalistischer Weise geoutet werden soll. Ich halte diesen Vorschlag zum einen für inkonsequent und zum anderen sogar für unlogisch, denn wenn bei einer nachfolgenden Generalversammlung die Aufsichtsratsmandate vorgelegt werden, so ist noch nicht gesagt, daß bei Generalversammlungen, die zeitlich vorgelagert sind, die Kapitalgesellschaften das Aufsichtsratsmandat gegeben hätten, wenn sie gewußt hätten, daß man dann auch bei einer anderen Kapitalgesellschaft ein Aufsichtsratsmandat annehmen wird. – Nur soviel zu diesem Thema.

Wir sind grundsätzlich der Meinung, daß die Kapitaleigentümer die Aufsichtsräte zu entsenden haben – und nicht wie Sie, daß sich die formalen Eigentümergremien wie Generalversammlung beziehungsweise Hauptversammlung die Aufsichtsräte wünschen dürfen. (Abg. Dr. Haselsteiner: Wo ist da der Unterschied?)

Abschließend halte ich fest, Herr Firlinger: Ihr Antrag ist ein sehr konstruktiver und diskussionswürdiger, und so werden wir von der Österreichischen Volkspartei ihn im Justizausschuß auch sehr ernsthaft diskutieren. Wir können damit – und da schließe ich mich wieder Ihrer Meinung an – vielleicht auch andere qualitative Verbesserungen bei den angesprochenen Gesetzesmaterien, wie etwa dem Aktiengesetz, dem GmbH-Gesetz oder dem Genossenschaftsgesetz, erreichen. – Danke vielmals. (Beifall bei der ÖVP.)

15.29

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Fuhrmann. – Bitte, Herr Abgeordneter.

15.29

Abgeordneter Dr. Willi Fuhrmann (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren des Hohen Hauses! Der Antrag des Liberalen Forums enthält einige interessante Gedanken, die es sicher wert sind, daß man sich eingehend darüber unterhält und die Sache miteinander ausdiskutiert. Wenn man, Kollege Firlinger, in die vertiefte inhaltliche Diskussion einsteigt, muß man sich schon etwas genauer anschauen, was der Sinn der gesetzlichen Bestimmung ist, daß es das eine Mal zehn Mandate, das andere Mal aber 20 mandate sind, die jemand ausüben darf. Was war da die Überlegung?

Diese Obergrenzen sind damals eingeführt worden, wenn ich mich richtig erinnere, um sicherzustellen, daß jene Leute, die ein solches Aufsichtsratsmandat annehmen und auch ausüben, die zeitliche, geistige und intensitätsmäßige Kapazität haben, diesem ihrem Auftrag mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmannes, wie es so schön heißt, nachkommen zu können.

Ich bin sehr gesprächsbereit, einmal zu hinterfragen, wieso das bei dieser bestimmten Gruppe bei 20 möglich sein soll und bei der anderen Gruppe nicht.

Ich sage aber schon jetzt, daß die andere Überlegung, die in Ihrem Antrag enthalten ist, für mich nicht so leicht nachvollziehbar ist und daß ich da schon Schwierigkeiten habe, in diesem Punkt auf Sie zuzukommen und da mitzutun. Ich finde es nicht gut, daß man das jetzt zusätzlich verbürokratisiert mit Publizitätsvorschriften. Vielleicht aber habe ich das auch mißverstanden; wir werden noch Gelegenheit haben, darüber intensiver zu reden. Ich meine, daß sich der Eigentümer, also die Hauptversammlung, die Generalversammlung, von den Personen, die sie mit einem Aufsichtsratsmandat ausstattet, sinnvollerweise ein Bild zu machen hat und daß er


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nicht blind irgend jemanden nominieren und schon gar nicht mit der notwendigen Mehrheit wählen wird. Man kann schauen, wie sehr man jetzt diese Kapitaleigentümer vor sich selbst schützen soll, also davor, unvorsichtig zu sein, ich weiß aber nicht, ob es Aufgabe des Gesetzgebers ist, sich jemanden auszusuchen, der den Kriterien vielleicht deshalb nicht entspricht, weil er schon zu viele Aufsichtsratsmandate oder bei einer anderen Gesellschaft eines hat. (Zwischenruf des Abg. Mag. Firlinger. )

Das haben wir schon abgehandelt, Kollege Firlinger, da sind wir nicht so weit auseinander, da sind wir in der Logik durchaus einer Meinung, aber Sie haben ja in Ihrem Antrag auch noch einen zweiten Ansatz, den Sie auch ausgeführt haben und mit dem ich mich jetzt befasse. Sie meinen, es müsse eine Publizitätsvorschrift eingeführt werden, wonach die Öffentlichkeit besser darüber zu informieren sei, wer wo ein Aufsichtsratsmandat innehat. Ich bin mir nicht ganz sicher, daß das der richtige Ansatz ist. Das werden wir noch intensiver miteinander zu diskutieren haben.

Sinn und Zweck einer ersten Lesung ist ja, daß man einmal die jeweiligen Standpunkte sozusagen ein bißchen abklopft, genaueres Inhaltliches wird dann in den Ausschußberatungen zu besprechen sein. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

15.33

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Krüger. – Bitte.

15.33

Abgeordneter Dr. Michael Krüger (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Dem Wunsch des Kollegen Firlinger, im Ausschuß eine konstruktive Diskussion zu führen, können wir schon jetzt in der ersten Lesung gerne entsprechen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Initiativantrag der Liberalen hat zwei Ansätze. Ein Ansatz besteht darin, die Ungleichheit zwischen der Übernahme von Aufsichtsratsmandaten von Privatgesellschaften auf der einen Seite und von Gesellschaften, an denen die öffentliche Hand Anteile hat, auf der anderen Seite, hier aufzuzeigen. Diese Ungleichheit: Zehn Aufsichtsratsmandate sind zulässig für Privatgesellschaften, und 20 Aufsichtsratsmandate sind zulässig, wenn die wirtschaftlichen Interessen einer Gebietskörperschaft oder von Banken vertreten werden. In diesem Punkt bin ich Ihrer Meinung, weil ich der Ansicht bin, daß diese Bestimmung gegen den Gleichheitsgrundsatz verstößt, und weil es auch keine sachliche Rechtfertigung dafür gibt. Ganz im Gegenteil. Die öffentliche Hand hat sogar eine besondere Sorgfaltspflicht, da sie ja nicht Privatvermögen, sondern öffentliches Vermögen verwaltet.

Es würde sich sogar umgekehrt argumentieren lassen: daß man unter Umständen zehn Aufsichtsratsposten in privaten Gesellschaften zuläßt, aber nur fünf, wenn die öffentlichen Interessen zu vertreten sind, weil ja eigentlich in der Verwaltung öffentlichen Vermögens ein erhöhter Sorgfaltsmaßstab gegeben sein müßte.

Mir scheint es aber grundsätzlich verfehlt zu sein, diese Begünstigung im Bereich der öffentlichen Hand zuzulassen. Meines Erachtens handelt es sich hiebei vielmehr um Relikte einer vergangenen Feudalherrschaft, in der es sich die öffentliche Hand herausgenommen hat, für sich mehr Rechte zu beanspruchen, als sie willens war, dem privaten Sektor einzuräumen.

Auch sachlich ist diese Ungleichheit völlig unbegründet, denn wenn die öffentliche Hand Gesellschafterinteressen wahrzunehmen hat, dann üblicherweise nicht bei Kleinstfirmen, bei GmbHs mit Mindeststammkapital, sondern bei Großunternehmen, etwa bei der Österreichischen Straßenbau AG, wo jährlich Milliarden rollen. Und in diesem Bereich 20 Aufsichtsratsmandate für Beamte zuzulassen, ist ganz einfach indiskutabel. Da bin ich völlig Ihrer Meinung, Herr Kollege Firlinger, es ist ein Unding, daß man da der öffentlichen Hand ein Privileg einräumt.

Ich gehe aber mit Ihnen konform, wenn Sie eine unbeschränkte Zahl von Aufsichtsratsposten für zulässig erklärt haben wollen, und zwar aus folgendem Grund: Frau Kollegin Frieser hat davon gesprochen, daß sie dem Initiativantrag Sympathien entgegenbringt, weil er keine Folgekosten


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verursacht. Ganz so ist es aber nicht, denn wenn das Aufsichtsratsmandat nicht entsprechend ausgeübt werden kann, sind die Folgekosten jene der Konkurse, und diese Konkurse treffen wieder die Gemeinschaft, die Banken, die Lieferantengläubiger.

Es ist daher eine sehr verkürzte Sicht der Dinge, nur zu sagen: Das Gesetz ist praktisch, es verursacht keine Folgekosten (Abg. Dr. Fekter: Aber die Kausalität können Sie schlecht erklären!), wenn in der weiteren Folge Firmenzusammenbrüche stattfinden, weil die Aufsichtsratsmitglieder nicht in der Lage waren, der Sorgfalt des ordentlichen Kaufmannes zu entsprechen. Ich glaube, Frau Kollegin, alles andere ist hier nicht argumentierbar. (Abg. Mag. Firlinger: Herr Kollege! Es kann doch sein, daß die Aktiengesellschaft oder die Generalversammlung sagt, wir sind genug ...!)

Herr Kollege! Der einzige Maßstab der Begrenzung der Zahl von Aufsichtsratsmandaten ist durch den Gesetzgeber gegeben, und dieser Maßstab ist, wie mein Vorredner Kollege Fuhrmann schon gesagt hat, daß der Aufsichtsrat oder das Mitglied des Aufsichtsrates die Haftung für die Sorgfalt des ordentlichen Geschäftsmannes zu übernehmen hat. Wenn man jetzt andererseits vom Gesetzgeber erwartet, daß er die Türen öffnet, daß jemand beispielsweise 20, 30, 40 Aufsichtsratsmandate innehaben kann, dann frage ich mich, wie unter diesen Umständen noch mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes vorgegangen werden kann.

Meine sehr geehrte Damen und Herren! Wenn jemand in 20 oder mehr Aufsichtsräten sitzt, dann hat er keine Zeit für einen Beruf. Wenn er aber keine einschlägige Berufserfahrung hat, ist er andererseits nicht der geeignete Mann für Aufsichtsräte.

Ich komme zum Schluß und fasse noch einmal zusammen: Wir sind Ihrer Meinung, was die Beseitigung der Ungleichheit zwischen dem privaten und dem öffentlichen Sektor betrifft, stehen aber unter dem Gesichtspunkt der Einhaltung der Haftung für die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes einer schrankenlosen Übernahme von Aufsichtsratsmandaten ablehnend gegenüber. (Beifall bei den Freiheitlichen. )

15.39

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zum Wort gelangt Frau Abgeordnete Stoisits. – Bitte. (Abg. Dr. Khol: Laku no%!)

15.39

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Herrn Klubobmann Dr. Khol dauert es schon zu lange, er hat schon "Gute Nacht!" zu mir gesagt. (Abg. Dr. Khol: Auf kroatisch!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Geschätzter Herr Bundesminister! Geschätzter Herr Kollege Krüger! Sie können noch so lange hier stehen und reden, es bleibt der Eindruck bestehen, daß Sie krampfhaft versuchen, einen Weg zu finden, um gegen den Antrag, der halt von den Liberalen kommt – das ist nicht gerade eine Fraktion, die Ihnen sympathisch ist –, zu sein. (Abg. Dr. Krüger: Solch ein Blödsinn!)

Seien Sie doch einmal ehrlich und argumentieren Sie so, wie es Ihrem Parteiführer entsprechen würde. Er tritt doch immer für mehr Liberalität, mehr Transparenz, weniger Bürokratie ein. Das wäre in diesem Fall zulässig. Herr Dr. Krüger! Hier haben Sie mit Ihren Argumenten niemanden beeindruckt! (Abg. Dr. Krüger: Wenn ich Sie beeindruckt hätte, hätte ich einen Fehler gemacht, Frau Kollegin!)

Ich bin – zugegeben – keine Spezialistin für Gesellschafts- und Aktienrecht (Abg. Dr. Krüger: Das merkt man!), nichtsdestotrotz halte ich es für angebracht, hier politisch dazu Stellung zu nehmen. (Abg. Dr. Krüger: Wenn man nichts davon versteht, soll man nicht darüber reden!)

Das, was Herr Mag. Firlinger mit seinem Antrag beabsichtigt, ist für mich absolut einsichtig. Zu unterscheiden zwischen Aufsichtsratsmandaten, die sozusagen eine private Verpflichtung darstellen, und Aufsichtsratsmandaten, die ein Bundes- oder Landesmandat sind, dafür gibt es keine Grundlage und keine Argumentationslinie. Herr Dr. Fuhrmann hat das ja vor mir schon erörtert.


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Die zeitliche und geistige Kapazität können es ja nicht sein, die diese Unterscheidung mit sich bringen. Es ist daher meiner Fraktion der Vorschlag der Liberalen, diesbezüglich eine Änderung zu diskutieren und unter Umständen zu beschließen, sehr sympathisch. Wo ich Dr. Fuhrmann, in seiner Argumentation nicht recht geben kann, ist, daß er sich gegen die Abschaffung der Normierung der Höchstzahl ausspricht. Ich verstehe nämlich die Überlegungen von der liberalen Fraktion so, daß sie hier für mehr Publizität und mehr Transparenz eintritt, jedoch nicht, um, wie es der Herr Dr. Fuhrmann gesagt hat, zusätzliche Bürokratie entstehen zu lassen, sondern um mit dem Hebel der Öffentlichkeit das zu erwirken, was bis jetzt nur sehr unbefriedigend gelöst ist.

Die Grünen werden sich, sofern es ernsthafte Überlegungen von seiten der Mehrheit des Nationalrates zur Änderung dieser gesetzlichen Bestimmungen gibt, noch intensiv damit auseinandersetzen. Unsere Sympathie für diesen Ihren Antrag sei Ihnen versichert. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum.)

15.42

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Damit schließe ich die Debatte im Rahmen dieser ersten Lesung ab.

Den Antrag 134/A weise ich dem Justizausschuß zu.

5. Punkt

Erste Lesung des Antrages 143/A der Abgeordneten Mag. Doris Kammerlander und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Wohnungseigentumsgesetz geändert wird

Präsident Dr. Heinz Fischer: Damit kommen wir zum 5. Punkt der Tagesordnung: Erste Lesung des Antrags 143/A der Abgeordneten Kammerlander und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Wohnungseigentumsgesetz geändert wird.

Auch bei diesem Punkt gilt die gleiche Regelung: pro Fraktion ein Redner oder eine Rednerin.

Wir gehen in die Debatte ein. Das Wort erhält die Antragstellerin. – Bitte sehr.

15.43

Abgeordnete Mag. Doris Kammerlander (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Kolleginnen und Kollegen! Sie entnehmen unserem Antrag: Es geht um das Wohnungseigentum. Die Motivation, einen solchen Antrag überhaupt zu stellen, kommt davon, daß es eine Pluralität von verschiedenen Lebensformen gibt – Ehe, Lebensgemeinschaften, Alleinerzieher, Alleinerzieherinnen, Singles, aber auch Mehrgenerationenfamilien –, und weil wir Grüne der Meinung sind, daß wir davor die Augen nicht verschließen sollten, sondern entsprechende konkrete Maßnahmen gesetzt werden sollten, um dieser Vielfalt Rechnung zu tragen.

Schauen wir uns die Zahlen der Entwicklung an, nur im Bereich der Lebensgemeinschaften, die sozusagen mit einer Ehe vergleichbar sind – es handelt sich aber um Paare, die nicht verheiratet sind –: Diese Zahl ist stark im Steigen begriffen und hat im Zeitraum von 1984 bis 1993 um 6 Prozent zugenommen. Das ist aber nur eine der Lebensformen, die wir damit anschneiden wollen.

Es gibt auch noch andere Formen, die durchaus im Steigen begriffen sind, eine davon – ich habe sie schon genannt – ist die Mehrgenerationenfamilie, die Situation, daß Mutter oder Vater mit Tochter oder Sohn oder Großmutter mit Enkelin oder Enkel Wohnungseigentum begründen will.

Wir können davon ausgehen, daß das Wohnungseigentum immer mehr an Bedeutung gewinnt bei der Befriedigung des Wohnbedürfnisses; diesbezüglich sind die Zahlen sogar sehr stark im Steigen begriffen – von 1981 bis 1991 um 36 Prozent. Wohnungseigentum wird aus verschiedenen Gründen immer größere Bedeutung haben, aber sicher auch aus Gründen der


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Investitionssicherheit für jene, die es sich leisten können, die langfristig in diese Richtung gehen. Auf der anderen Seite muß man aber auch sagen, daß außerhalb der Städte, wo kaum andere Möglichkeiten vorhanden sind, das Wohnbedürfnis entsprechend zu befriedigen, das Wohnungseigentum auch eine sehr bedeutende Rolle spielt.

Wir haben es mit einem Wohnungseigentumsgesetz zu tun, das bisher nicht den Fall vorsieht, daß Partner nicht verheiratet sind. In der Novelle 1975 kam zum ersten Mal zum Tragen, daß es überhaupt möglich ist, daß mehr als eine Person, nämlich Ehegatten, also zwei Personen, gemeinsam als Eigentümer im Grundbuch eingetragen werden können, was insofern wichtig ist, als damit eine Reihe von Rechten entsteht, vor allem im Fall der Trennung, des Todesfalles, also hinsichtlich des Eintritts dann in das Wohnungseigentum.

Es gibt aber keine Möglichkeit im Wohnungseigentum, außerhalb der Situation, verheiratet zu sein, gemeinsam mit jemand anderem Wohnungseigentum zu begründen. Unsere Gesetzesinitiative hat nun zum Ziel, daß auch in Lebensgemeinschaft Lebende Wohnungseigentum gemeinsam erwerben können und daß damit die De-facto-Benachteiligung von Frauen in Lebensgemeinschaften – das ist die häufigste Form, die das betrifft – beendet wird, daß das für jene Frauen, die finanziell zum Erwerb und Erhalt des Wohnungseigentums beitragen, aber bisher grundbücherlich nicht abgesichert sind, erreicht werden kann.

Es ist vielleicht noch wichtig, in dem Zusammenhang zu erwähnen, daß auf einer anderen Seite des Wohnungseigentums dieser Situation schon längst entsprochen wurde, nämlich bei der Wohnbauförderung. Beinahe in allen Wohnbauförderungsgesetzen der Bundesländer werden inzwischen Lebensgemeinschaften anerkannt. Das heißt, was den Förderungsanspruch auf Wohnbauförderung betrifft, besteht die Möglichkeit, als Lebensgemeinschafter anzusuchen. Man kann sogar soweit gehen, daß man sagt, die Lebensgefährtin – das ist eben der häufigere Fall – erhöht den Förderungsanspruch des Wohnungseigentümers – in der Regel ist das dann eben der Mann –, ohne selbst Eigentum zu begründen. Es gibt also da auch eine Benachteiligung, wenn man das Wohnungseigentum im Zusammenhang mit der Wohnbauförderung betrachtet.

Worauf wir hinauswollen, ist, daß wir sagen: Es gibt verschiedene Formen von Lebensgemeinschaften. Wir haben hier eine Definition vorgelegt: Lebensgefährten, Lebensgefährtinnen sind zwei Personen gleichen oder verschiedenen Geschlechts, die sich übereinstimmend als solche bezeichnen. Wir stellen nicht auf die Eheähnlichkeit der Situation ab. Das ist sehr wesentlich, allein schon deswegen, weil wir ja auch andere Lebensformen mit dieser Gesetzesinitiative berücksichtigen wollen. Das ist das eine.

Das andere, das wesentlich ist, ist, daß wir in unserem Antrag die Investitionssicherheit in den Vordergrund stellen, wir stellen sie vor die Versorgung, weil wir das eben nicht einer eheähnlichen Gemeinschaft gleichsetzen wollen, sondern von unserer Motivation zu diesem Antrag ausgehen.

Wir haben in der Folge in unserem Gesetzesantrag sozusagen alle möglichen Eventualitäten geregelt: vom Eintritt in das Wohnungseigentum bei Todesfall, bei Trennung, bei Auflösung der Lebensgemeinschaft. Ja selbst für den Fall, wenn dringendes Wohnbedürfnis geltend gemacht wird, haben wir geregelt, was dann in Kraft tritt. Wir haben den Antrag entsprechend ausgearbeitet, sehr umfangreich, sehr genau, und versucht, wirklich jedes Detail zu berücksichtigen, das in einer solchen Situation auftreten könnte.

Ich ersuche Sie, Kolleginnen und Kollegen der anderen Fraktionen, das sehr eingehend zu diskutieren und mit uns im Ausschuß zu beraten, das zu sehen als ein Gleichziehen in einem kleinen Bereich, einer Situation, die nicht nur de facto gegeben ist, wie ich ausgeführt habe, sondern die, wenn wir von der Wohnbauförderung ausgehen, da oder dort schon de jure nachjustiziert ist, wo aber der eigentliche Bereich, dieses Eigentum mitzubegründen, fehlt.

Ich ersuche Sie, bei dieser Debatte auch wirklich die Pluralität der Lebensformen zu berücksichtigen, um die es uns da geht, und auch die entsprechende Großzügigkeit in dem Sinne gelten zu lassen, wie wir es hier definiert und vorgelegt haben, nämlich daß es uns nicht um


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eheähnliches Zusammenleben geht, sondern darum, daß zwei Menschen – egal, welchen Geschlechts und welchen Alters – gemeinsam Wohnungseigentum begründen wollen. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

15.50

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Eder. Er hat das Wort.

15.50

Abgeordneter Kurt Eder (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Der vorliegende Gesetzentwurf sieht eine auf den Bereich des Wohnungseigentumsgesetzes beschränkte Gleichstellung der Lebensgefährten gleichen und verschiedenen Geschlechts mit Ehegatten vor. Dabei wird eine ausschließlich und punktuell für den Bereich des Wohnungseigentumsgesetzes geltende Definition von Lebensgefährten gleichen oder verschiedenen Geschlechts geschaffen, deren relative Unbestimmtheit und Formlosigkeit meines Erachtens immens ist, gleichzeitig aber die Basis für beständige, langfristig wirkende dingliche Rechte liefern soll.

Meine Damen und Herren! Obwohl die allgemeine gesellschaftspolitische Zielvorstellung, die häufig vorkommenden, modernen faktischen Lebensgemeinschaften den eher streng formalen ehelichen Gemeinschaften anzunähern oder gleichzustellen, durchaus sympathisch und unterstützenswert erscheint, ist der hier gewählte rechtstechnische und rechtssystematische Weg meines Erachtens ein ungeeigneter: Die Angleichung der rechtlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen von Lebensgemeinschaften unterschiedlicher Tradition und Beständigkeit im Wege eines punktuell wohnrechtlichen Gesetzes verursacht um ein Vielfaches mehr an Problemen, als sie zu lösen imstande ist. Dies beginnt bei der lapidaren Fragen, die sich an diese Diskussion unweigerlich anschließen: Kann eine Person gleichzeitig mehrere Lebensgefährten haben? Kann eine verheiratete Person eine oder mehrere Personen gleichen oder verschiedenen Geschlechts als ihre Lebensgefährten bezeichnen?

Diese Unbeschränktheit und Formlosigkeit steht auch in einem deutlichen, aber völlig unkommentierten Widerspruch zur Definition der Lebensgefährten in § 14 Abs. 3 des Mietrechtsgesetzes, die als Basis für ein Eintrittsrecht des Lebensgefährten im Todesfall des bisherigen Mieters dient.

Neben der gravierendsten Mangelhaftigkeit des Gesetzesantrages, der hier im Zusammenhang mit der Definition der Lebensgefährten eingebracht wurde, enthält der Antrag darüber hinaus einzelne Bestimmungen mit nicht praktikablen Regelungen, wobei ich nur beispielhaft auf die Losentscheidung bei Aufhebung der Lebensgemeinschaft als primäre Entscheidungsmaxime verweise. Allein diese beiden Beispiele belegen, daß hier versucht wird, mit völlig untauglichen Mitteln das Pferd beim Schwanze aufzuzäumen. Damit lenkt man die Aufmerksamkeit eines wohlwollend kritischen Betrachters auch von den vielen durchaus interessanten und anerkennenswerten Lösungsansätzen ab, die sich in ein Gesamtkonzept der gesellschaftspolitisch durchaus angesagten und wünschenswerten Reform des Personen- und Personenstandsrechtes einfügen ließen.

Alle angestrebten Gleichstellungen der nichtehelichen Lebensgemeinschaften mit den ehelichen Gemeinschaften auf dem Gebiet des Wohnrechtes, des Sozialrechtes oder des Erbrechtes können meines Erachtens nur dann sinnvoll entwickelt werden, wenn eine allgemein anerkannte personenrechtliche Definition der Lebensgemeinschaft geschaffen wird. Soll diese Lebensgemeinschaft von Personen gleichen oder unterschiedlichen Geschlechts auch zum gemeinsamen Träger dinglicher Rechte werden können, so wird wohl ein Mindestmaß an rechtlich verbindlicher Formalisierung dieser Gemeinschaft gefordert werden müssen, ohne die alle darauf aufbauenden wohn-, sozial- oder erbrechtlichen Regelungen dann völlig unpraktikabel wären.

Darüber hinaus, meine Damen und Herren, möchte ich zu bedenken geben, daß eine rechtliche Harmonisierung unter Einbeziehung der nichtehelichen Lebensgemeinschaften so lange völlig übers Ziel schießt beziehungsweise ein Alibivorhaben darstellt, solange es nicht einmal in allen wohnrechtlichen Bereichen zu einer rechtlichen Gleichbehandlung der ehelichen Gemeinschaften kommt. So ist etwa im Kleingartengesetz – wir haben schon darüber gesprochen – ein


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gemeinsames Pachtrecht der Ehegatten, das vor allem dem Schutz der wirtschaftlichen Interessen der verheirateten Frauen dienen würde, ausgeschlossen, sodaß Tausende Ehegatten, vor allem in Wien, an ihren oft ganzjährig als Hauptwohnsitz genutzten Kleingartenhäusern kein gemeinsames Benützungsrecht haben können. Ich plädiere daher für einen Weg der konsequenten Schritte, der rechtlichen und wirtschaftlichen Absicherung der Frauen in allen Formen der Lebensgemeinschaft.

Beginnen wir zum Beispiel mit einer Novellierung des Kleingartengesetzes, die auch Ehegatten als Kleingartenpächter zuläßt, und widmen wir uns anschließend schrittweise einer systematisch sinnvollen Verrechtlichung der nichtehelichen Lebensgemeinschaften. Personen, die in Lebensgemeinschaften leben, haben Anspruch auf Rechtssicherheit bei der gemeinsamen Gestaltung ihrer Wohnversorgung. Gerade diese Rechtssicherheit kann der unausgegorene Gesetzesantrag meiner Vorrednerin nicht gewährleisten. (Abg. Dr. Haselsteiner: Wir können noch einen besseren Vorschlag machen!)

Das auf Dauer als dingliches Recht konzipierte Wohnungseigentum ist für eine gesicherte Wohnversorgung von Lebensgemeinschaften, die nicht notwendigerweise auf lange Dauer eingegangen werden sollen, bei weitem weniger geeignet als zum Beispiel das Mietrecht. (Abg. Dr. Haselsteiner: Das ist ziemlich dasselbe!)

Wir werden selbstverständlich bei den Gesprächen im Ausschuß darüber reden. Ich habe ja nicht gesagt, Herr Kollege, daß er nicht diskussionswürdig ist, aber dieser Vorschlag in dieser Form scheint mir nicht geeignet zu sein – und es ist ja wohl mein gutes Recht, das zu sagen.

Wir haben auch schon verschiedene Vorschläge gemacht, wir werden ja darüber reden – und vielleicht können Sie dann auch mitdiskutieren. (Zwischenruf der Abg. Ing. Langthaler. )

Ich habe ja gar nichts dagegen, Frau Kollegin, daß wir darüber ernsthaft diskutieren, nur: In dieser Form, wie der Antrag hier eingebracht wurde, können wir dem nicht zustimmen. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ.)

15.56

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Schwimmer. – Bitte.

15.56

Abgeordneter Dr. Walter Schwimmer (ÖVP): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Ich will gar nicht bestreiten, daß auf den ersten Blick eine solche Überlegung, daß zwei Leute, die zusammen leben, sich auch gemeinsam eine Eigentumswohnung kaufen wollen, gemeinsam im Grundbuch stehen wollen, gar nicht so abwegig ist.

Das muß sich auch nicht nur auf Lebensgemeinschaften beschränken – solche Überlegungen wurden in der Praxis schon einige Male an mich herangetragen –: Eltern und Kinder wollen gemeinsam eine Wohnung kaufen, aber zum Beispiel auch Arbeitskollegen, die weit entfernt von ihrem Arbeitsplatz wohnen und nicht mehr pendeln wollen, sondern sich gemeinsam eine Wohnung kaufen und dann auch gemeinsam als Eigentümer aufscheinen und im Grundbuch stehen möchten.

Dies ist aber auch dann interessant, wenn man gar nicht gemeinsam darin wohnen will: Drei Väter kaufen für ihre in Wien studierenden Kinder gemeinsam eine Wohnung, oder Oma und Opa, und zwar aus zwei verschiedenen Familien, finanzieren die Wohnung, Oma und Opa kaufen dem Enkelkind gemeinsam die Wohnung, möchten gemeinsam im Grundbuch stehen, weil sie sie ja auch finanziert haben.

All das sind durchaus überlegenswerte Situationen, nur frage ich mich: Warum hat der Gesetzgeber bei der Schaffung des Wohnungseigentums gesagt, es sollte prinzipiell – mit Ausnahme des Ehegatteneigentums, das dann später eingefügt wurde – nur einer als Eigentümer im Grundbuch stehen? – Weil eine Eigentumswohnung prinzipiell einmal dem Wohnbedürfnis dient, und es soll gesichert sein, daß – das ist vielleicht nicht ganz gerecht, aber es geht praktisch gar nicht anders – wenigstens einer am Schluß das Wohnrecht gesichert hat.


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Nach diesem Antrag können sich x-beliebige Personen zu Lebensgefährten erklären. Herr Abgeordneter Eder hat schon gesagt, es kann auch jemand, der verheiratet ist, sich als Lebensgefährte von jemandem anderen bezeichnen, er kann es auch tatsächlich sein, er kann also, Herr Abgeordneter, mit der Freundin die Wohnung kaufen und mit der Frau drinnen wohnen – das geht dann alles nach Ihrem Antrag. Ich weiß nur nicht, ob das wirklich sehr gescheit ist, solche Konstruktionen zu machen, die automatisch zum Streit führen müssen. (Abg. Dr. Haselsteiner: Wieso?)

Ich sehe, Herr Haselsteiner, hier sind die Zwangsbeglücker unterwegs, und daß sich ein Liberaler für Zwangsbeglückung stark macht, verstehe ich überhaupt nicht. Wer die Rechtsfolgen der Ehe haben will, heiratet. Wer die Rechtsfolgen nicht haben will – das ist legitim, dazu kann man niemanden zwingen –, der heiratet eben nicht, und dann hat er auch die Rechtsfolgen der Ehe nicht. (Abg. Dr. Khol: Richtig!)

Er kann es sogar auf andere Art und Weise ausmachen, wie er sich gesichert haben möchte: Das Wohnungseigentum, unbelastet im Grundbuch, bietet vielerlei Möglichkeiten, das Wohnrecht für den zweiten im Grundbuch eintragen zu lassen, ein Vorkaufsrecht für den Partner eintragen zu lassen. Man kann sich also durchaus vernünftig überlegen, was man tut, wenn die Lebensgemeinschaft einmal nicht mehr besteht.

Was ist die Konsequenz dieses Antrages der Grünen, dieses Antrags Kammerlander? – Die Losentscheidung ist ja unheimlich "gescheit", unheimlich "gerecht", unheimlich "intelligent". Werfen wir Kopf oder Adler? Das muß man sich ja auf der Zunge zergehen lassen.

Man braucht erstens eine ganze Seite, einen neuen § 11a betreffend das Wohnungseigentum der Lebensgefährten bei Aufhebung der Lebensgemeinschaft. Bei der Rechtsgemeinschaft der Ehe gibt es im Eherecht im Falle einer Auflösung die entsprechende Vorsorge – auch für die Wohnung –, die sogar sehr unkonventionell ist, weil der Richter nach Billigkeit entscheiden kann, bei wem das größere Wohnbedürfnis vorliegt. Das geht nach Ihrem Antrag nicht. (Abg. Dr. Haselsteiner: Wieso nicht, Herr Schwimmer?) Weil es nicht drinnen steht. Lesen Sie den Antrag, Herr Haselsteiner! Es steht das einfach nicht drinnen. Sie bringen da ganz andere Vorschläge ein als jene, die Sie nun verteidigen. (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP.)

Ich sage ja: Der liberale Haselsteiner entwickelt sich zum Zwangsbeglücker. Zwei Leute wollen nicht heiraten, um die Rechtsfolgen der Ehe zu vermeiden. Haselsteiner meint, die Rechtsfolgen müßten ihnen aufgezwungen werden. Das ist "liberal". (Zwischenrufe beim Liberalen Forum.) Da brauchen wir einen § 11a, der das Wohnungseigentum der Lebensgefährten bei Aufhebung der Lebensgemeinschaft regelt. Und am Schluß steht dann im Antrag Kammerlander: "Erhebt keiner der Lebensgefährten Anspruch auf Übereignung oder übersteigt der Erwerb des Anteils des anderen eindeutig die finanziellen Möglichkeiten beider, hat das Gericht eine öffentliche Feilbietung des gesamten Mindestanteils und des damit verbundenen Wohnungseigentums vorzunehmen."

Eine weitere Zwangsbeglückung durch die Grünen und Liberalen wäre also die Zwangsversteigerung des Wohnungseigentums. Und dazu sagen wir sicher nein. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

16.02

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich unterbreche jetzt die Beratungen zu diesem Punkt.

Ich bitte die Beamten des Hauses, sicherzustellen, daß sich Zeitungskolporteure nicht auf den Couloirs aufhalten, denn dort dürfen sie nicht sein. Wenn das sichergestellt ist, werde ich mit den Beratungen fortsetzen. (Abgeordnete der Grünen betreten als Zeitungskolporteure verkleidet den Sitzungssaal. – Heiterkeit.)

Meine Damen und Herren! Wir setzen also unsere Beratungen fort. Wenn Abgeordnete rein optisch von Kolporteuren nicht unterscheidbar sind, ist das deren Problem und nicht das Problem des Präsidenten. (Beifall bei der SPÖ.)


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Dringliche Anfrage

der Abgeordneten Dr. Friedhelm Frischenschlager, Mag. Dr. Heide Schmidt, Maria Schaffenrath und PartnerInnen an den Bundeskanzler betreffend dringende medienpolitische Weichenstellungen (646/J)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen zur dringlichen Behandlung der schriftlichen Anfrage 646/J. Diese ist inzwischen allen Abgeordneten zugegangen. Eine Verlesung durch den Schriftführer erübrigt sich daher.

Die dringliche Anfrage hat folgenden Wortlaut:

Die Journalistengewerkschaft kündigte am 10. Mai 1996 ein Medienvolksbegehren für den Herbst dieses Jahres an. Dieser Ankündigung ging seit Jahren von zahlreichen JournalistInnen, KommentatorInnen und der kritischen Öffentlichkeit Österreichs die Forderung nach einer intensiven medienpolitischen Diskussion mit dem Ziel der Schaffung von wichtigen gesetzlichen Rahmenbedingungen, die bis heute weitgehend fehlen, voraus.

Aktuelle medienpolitische Situation in Österreich

Österreich weist auf der Ebene der Printmedien den höchsten Monopolisierungsgrad aller westlichen Industrienationen auf. Der Oberste Gerichtshof vertritt in einem aktuellen Erkenntnis die Meinung, daß der aus "Kronen Zeitung", "Kurier" und weiteren Medien gebildeten Mediaprint zumindest am Inseraten- und Vertriebssektor im kartellrechtlichen Sinn eine "marktbeherrschende Stellung" nicht abgesprochen werden kann. Ein zahnloses Kartellrecht fördert die schon dramatisch fortgeschrittene Printmedienkonzentration.

Das im Juli 1993 von SPÖ und ÖVP beschlossene Regionalradiogesetz wurde vom Verfassungsgerichtshof als "verfassungswidrig" eingestuft und harrt seiner Neuformulierung. Der ebenfalls aufgehobene Frequenznutzungsplan sieht – mit Ausnahme von Wien – nur eine regionale Frequenz pro Bundesland vor. Für die lokalen Frequenzen existiert noch immer kein Nutzungsplan. Die Koalitionsparteien haben sich im Arbeitsübereinkommen darüber geeinigt, "die Kompetenzen der Regionalradiobehörde" zu erweitern und "auf den Bereich des Kabelrundfunks auszuweiten", wodurch eine Behörde aufgewertet wird, die seit ihrem Bestehen heftig kritisiert wird.

Seit 1975 wird die "Presseförderung" ausgeschüttet, 1995 zum Beispiel 277 Millionen Schilling. Selbst hochprofitable Häuser wie die "Kronen Zeitung" bekommen Millionen aus dem Steuertopf, Parteiblätter – wie die "Salzburger Volkszeitung" – werden aus parteipolitischen Gründen massiv subventioniert. Andererseits werden Zeitungen in den Sprachen der ethnischem Minderheiten, die wegen der naturgemäß niedrigen Auflage wirklich in ihrer Existenz bedroht sind, aus diesem Ansatz nicht gefördert. 1995 wurde den periodischen Druckschriften für ethnische Minderheiten "wegen zu geringer Verbreitung" sogar Publizistikförderung gestrichen.

Das "unaufschnürbare" Sparpaket wurde im letzten Abdruck doch noch gelockert, um die drohende Sozialversicherungspflicht der Kolporteure abzuwenden. Damit wurden dem wirtschaftlich stärksten Medienunternehmen des Landes finanzielle Lasten erspart – auf Kosten sozialschwächster Arbeitnehmer, die weiterhin die Tarnung "freie Unternehmer" tragen müssen.

Am 28. Juni 1995 kündigte Bundeskanzler Vranitzky für Ende 1995 einen Gesetzentwurf für Privatfernsehen mit vorausgehender Expertenenquete an. Am 8. Mai 1996 gab der Bundeskanzler zu, daß die vom Verfassungsgerichtshof, der die Einschränkungen für die Kabel-TV-Betreiber für verfassungswidrig erklärte, eingeräumte Frist, ein Kabel-TV-Gesetz bis 31. Juli 1996 zu verankern, nicht einzuhalten sein werde.

Auf dem Gebiet des terrestrischen beziehungsweise des via Satelliten ausgestrahlten Fernsehens und der "Neuen Medien" wurden von der Bundesregierung noch keinerlei Initiativen gesetzt.


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Nach dem Arbeitsübereinkommen von SPÖ und ÖVP soll der ORF aus "wirtschaftlichen Gründen" in eine Aktiengesellschaft umgewandelt werden. Bisher ist es den Regierungsparteien allerdings nicht gelungen, klarzumachen, warum die Umwandlung der öffentlich-rechtlichen Anstalt, die sich selbst gehört, in eine Aktiengesellschaft im Eigentum von Bund und Ländern notwendig ist, denn all jene Ziele, die durch eine Umwandlung erreicht werden sollen (Durchgriffsrecht des Generalintendanten, video on demand, on-line-Dienste) können auch umgesetzt werden, indem das bestehende Rundfunkgesetz geändert wird. Es droht die Umwandlung in einen regierungskonformen Staatsfunk.

Schlußfolgerungen

Durch die jahrzehntelange Untätigkeit von SPÖ und ÖVP befindet sich Österreich in einer erschreckenden medienpolitischen Situation. Aufgrund der Ereignisse der letzten Wochen wurden die kritisch denkenden Menschen in diesem Land wachgerüttelt. Das demokratische Österreich bedarf dringend einer kompletten Neuorganisation der medienpolitischen Rahmenbedingungen.

Der Frequenznutzungsplan und das vom Verfassungsgerichtshof aufgehobene Regionalradiogesetz müssen neu ausgearbeitet werden, wobei darauf Bedacht zu nehmen ist, daß sich diese Entwürfe nicht an parteipolitischen Interessen orientieren, sondern der Meinungsvielfalt beziehungsweise dem Recht auf freie Meinungsäußerung dienen und Frequenzen für freies, nichtkommerzielles Radio zur Verfügung stehen.

Weiters müssen umgehend gesetzliche Rahmenbedingungen für den Kabel-TV-Bereich ebenso wie den terrestrischen und Sat-Bereich geschaffen werden. Es muß prinzipiell jedermann Fernsehprogramme produzieren und senden können. Die einzigen Einschnitte stellen kartellrechtliche Unvereinbarkeiten dar.

Die Presseförderung bedarf dringend einer Totalreform. Der Versuch einer Wiederherstellung der Medienvielfalt durch Maßnahmen der Gründungs- und Qualitätsförderung sowie der besonderen Förderungen der Minderheitenpresse ist heute unerläßlich. Aus diesen Gründen fordert das Liberale Forum einerseits die Umwandlung der "Presseförderung" in eine "qualitative Medienförderung" und andererseits ein Vertriebssystem, welches von allen Printmedien, die in Österreich legal erscheinen, zu marktgerechten Preisen genutzt werden kann.

Von größter demokratie- und medienpolitischer Bedeutung ist ein ORF, der weiterhin ohne parteipolitische Einflußnahme agieren kann. Diese Voraussetzung wäre durch die Umwandlung des ORF in eine Aktiengesellschaft, deren Eigentümer Bund und Länder sind, nicht gegeben.

Die dringendste ordnungspolitische Maßnahme im Medienbereich stellt wohl eine Novellierung des österreichischen Kartellrechts dar. Das derzeitige Kartellgesetz ist kein Kartellverhinderungs-, sondern ein Kartellregistrierungsgesetz und widerspricht dadurch jedem Kartellregulierungsgrundsatz.

Weiters ist es nicht nur aus medienpolitischen, sondern auch aus wirtschafts- und arbeitsmarktpolitischen Gründen unerläßlich, umgehend gesetzliche Richtlinien für den Bereich der "Neuen Medien" zu entwickeln. Fragen wie Zugangsmöglichkeit (Grundrecht auf Information, Info-Houses), Bestimmung der Verantwortlichkeiten, Jugendschutz, Urheberrecht et cetera müssen geklärt werden. Nur so wird Österreich den Übergang vom Industrie- ins Informationszeitalter nicht verpassen.

Eine echte Liberalisierung der österreichischen Medienlandschaft erfordert die Errichtung einer unabhängigen Medienanstalt, deren Gremien vor allem aus Fachleuten (MedienexpertInnen, FachjournalistInnen, RichterInnen et cetera) bestehen soll. Sie wird die Aufgabe haben, alle medienpolitisch relevanten Fragen zu bearbeiten, sinnmachende Konzepte für gesetzliche Grundlagen zu erarbeiten und mit einer Kontrollfunktion ausgestattet sein.

Im Zusammenhang mit den längst überfälligen medienpolitischen Weichenstellungen in Österreich stellen die unterzeichneten Abgeordneten daher an den Bundeskanzler folgende


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dringliche Anfrage

1. Sowohl im Arbeitsübereinkommen vom 29. November 1994 als auch in jenem vom 7. März 1996 spricht sich die große Koalition für ein Nebeneinander von einem öffentlich-rechtlichen und privaten Hörfunk- und Fernsehbetreibern aus. Warum hat es Ihre Regierung verabsäumt, geeignete Regierungsvorlagen zu entwickeln, um eine taugliche Rechtsgrundlage für die Erreichung dieses politischen Zieles zu schaffen, wie zum Beispiel ein Kabel-TV-Gesetz oder ein Privat-TV-Gesetz?

2. Sieht die Koalitionsregierung angesichts des dramatischen Konzentrationsprozesses im Bereich der österreichischen Printmedien einen kartellrechtlichen Handlungsbedarf, um bestehende marktbeherrschende Medienkonzerne in einer rechtsstaatlichen Form zu entflechten und zukünftigen Konzentrationstendenzen vorzubeugen?

3. Ist die Regierung bereit, einen Entwurf zu einem Anti-Trust-Gesetz das eine prozentuale Obergrenze am Gesamtmarktanteil von Medienunternehmen bestimmt, vorzulegen? Wenn ja, wann, wenn nein, warum nicht?

4. Mit Erkenntnis vom 27. 9. 1995 hat der Verfassungsgerichtshof den Frequenznutzungsplan und Teile des Regionalradiogesetzes aufgehoben. Dies hat im Kreis der betroffenen Unternehmen großen wirtschaftlichen Schaden verursacht. Eine ähnliche Situation droht nunmehr im Bereich der Kabel-TV-Betreiber. Wie rechtfertigen Sie die von Ihnen selbst angekündigte Fristversäumnis? Sehen Sie die Gefahr, daß durch die Untätigkeit der Koalitionsregierung eine Situation entsteht, in der entweder durch ein späteres Kabel-TV-Gesetz dann bereits im rechtsfreien Raum getätigte Investitionen der Betreiber womöglich zunichte gemacht werden oder der Gesetzgeber womöglich medienpolitisch unerwünschte faktische Verhältnisse nicht mehr ändern kann?

5. Bereits anläßlich der Debatte um das Regionalradiogesetz warnte die Fachwelt davor, die Radiofreiheit auf ein bis maximal zwei Betreiber pro Bundesland zu verengen, was unter anderem auch zur verfassungsrechtlichen Aufhebung führte. Werden Sie dafür Vorsorge treffen, daß alle verfügbaren koordinierten Frequenzen zur Ausschreibung gelangen beziehungsweise daß alle technischen Möglichkeiten für eine Verbreiterung der Frequenzen ausgeschöpft werden und damit mehr Betreiber auf dem Privatradiomarkt auftreten können? Sind Sie bereit, die derzeitigen Innehaber der Frequenzen offenzulegen? Sind Sie bereit, die derzeitige Konstruktion der Regionalradiobehörde, die sich weit überwiegend aus Parteien- und Sozialpartnervertretern und nur wenigen unabhängigen Experten zusammensetzt (eine Konstruktion, die maßgeblich am Regionalradio-Desaster beteiligt war), neu zu gestalten?

6. Hat die große Koalition bereits Vorstellungen, wie sie das Privat-Fernsehen in Österreich gestalten will? Wenn ja, wie sehen diese Vorstellungen aus und wann ist mit einer Regierungsvorlage zu rechnen?

7. Halten Sie – insbesondere im Hinblick auf das in Ihrer Regierungserklärung festgehaltene duale System – die Rechtsform der Aktiengesellschaft für einen öffentlich-rechtlichen Rundfunk für geeignet, obwohl diese Rechtsform speziell auf privatwirtschaftlich betriebene, gewinnorientierte Unternehmen hin konzipiert ist?

8. Der Aufsichtsrat einer Aktiengesellschaft hat zu allererst die wirtschaftlichen Interessen des Unternehmens zu beobachten. Wer kontrolliert die Einhaltung des öffentlich-rechtlichen Auftrages? Falls Sie an einen Publikumsrat oder dergleichen denken sollten: Wie sind die Kompetenzen und die Verantwortlichkeit zwischen Aufsichtsrat und einem solchen Publikumsrat geregelt? Welche Sanktionsmöglichkeiten hat letzterer, und welches Organ entscheidet bei möglichen Zielkonflikten zwischen Publikumsrat und Aufsichtsrat? Wie sind diese zusammengesetzt? Nach welchen objektiven Kriterien sollen die Anteile der einzelnen an der ORF-AG beteiligten Gebietskörperschaften bemessen werden? Und werden diese Anteile zwischen den Aktionären oder überhaupt frei veräußerbar sein?


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9. Das Aktienrecht sieht – wie bei allen privatwirtschaftlichen Unternehmensformen – im Falle der Illiquidität letztlich die Regeln des Insolvenzrechtes vor. Im Falle des ORF entsteht hier eine Diskrepanz zum öffentlich-rechtlichen Auftrag und der Absicht, den ORF in Hinkunft wie einen Marktwettbewerber wirtschaften zu lassen. Können Sie im Falle der Illiquidität eine Nachschußpflicht beziehungsweise Verlustabdeckungspflicht durch die Eigentümer ausschließen?

10. Halten Sie im Lichte des voraussichtlichen Rückganges der ORF-Konsumenten durch die Zunahme der Mitbewerber das System der Gebühren aufrechterhaltbar oder gar Gebührenerhöhungen für denkbar?

11. Sind Sie bereit, die ethnischen Minderheiten im Programmauftrag des ORF ausdrücklich zu verankern? Sind Sie bereit, den ethnischen Minderheiten im Rahmen des Regional- beziehungsweise Privatradiogesetzes und des Frequenznutzungsplanes lokale Frequenzen vorzubehalten beziehungsweise ihnen "Programmfenster" gesetzlich zuzusichern?

12. Sind Sie bereit, das derzeitige System der "Presseförderung", das auch hochprofitablen Printmedienunternehmungen Förderungen in Millionenhöhe zukommen läßt, in Richtung "qualitative Medienförderung" (Förderung von Auslandskorrespondenten und Qualitätsbeilagen, spezielle Förderung der Minderheitenpresse gemäß der Charta für Regionalismus oder Minderheitensprachen) und "Errichtung eines Vertriebssystems" zu ändern?

13. Sehen Sie einen Regelungsbedarf für die rechtlichen Rahmenbedingungen im Bereich der "Neuen Medien" (Internet, Information Highway, on-line-Dienste)?

15. Wie beurteilen Sie – gerade im Hinblick auf die angespannte Arbeitsmarktsituation – das Fehlen gesetzlicher Rahmenbedingungen im Medienbereich als Standortfaktor?

14. Sind Sie bereit, einen Antrag zur Abhaltung einer parlamentarischen Enquete zum Thema "Medienpolitische Weichenstellungen", welche noch vor der parlamentarischen Sommerpause stattfinden soll, politisch zu unterstützen?

*****

Präsident Dr. Heinz Fischer: Erster Anfragesteller ist Herr Abgeordneter Dr. Frischenschlager. Er erhält das Wort zur Begründung der Anfrage, die geschäftsordnungsmäßig nicht länger als 40 Minuten dauern darf, aber auch kürzer sein dürfte. – Bitte, Herr Abgeordneter Dr. Frischenschlager.

16.04

Abgeordneter Dr. Friedhelm Frischenschlager (Liberales Forum): Herr Präsident! Hohes Haus! (Abg. Dr. Khol: Wieso hast du denn kein Kapperl auf?) Herr Bundeskanzler! Ich bin froh, daß Sie es bewerkstelligen konnten, daß Sie bereits bei Beginn dieser dringlichen Anfrage zugegen sind. Ich bedanke mich dafür, und ich meine auch, daß die medienpolitischen Vorfälle, mit denen wir in jüngster Zeit konfrontiert sind, wirklich die Sorge der Demokraten in diesem Land hervorrufen müssen.

Ich erinnere daran, daß der Chefredakteur des "profil" abgesetzt wurde, wahrscheinlich aus Stil- und Inhaltsgründen und Differenzen auf diesem Gebiet. Ich erinnere daran, daß ein kleines Medium, der "Falter", von der Mediaprint mit der juristischen Keule fast an seinen Existenzrand gebracht wird. Und, was uns auch nicht froh macht, ist, daß die Bundesregierung eine ORF-Reform vorhat, die via Aktienrecht die Gefahr heraufbeschwört, daß der öffentlich-rechtliche Rundfunk tatsächlich wieder in völlige Abhängigkeit der Mächtigen in diesem Land, der Bundesregierung beziehungsweise der Landesregierungen gerät.

Herr Bundeskanzler! Vielleicht sind Sie der Auffassung, daß wir hier Gras wachsen hören. Aber Sie sollten auch alarmiert sein, wenn eine Einrichtung wie die Journalistengewerkschaft aus Sorge über die medienpolitische Entwicklung in diesem Lande ein Volksbegehren startet. Sie tut das nicht nur, weil die Journalisten offensichtlich Angst haben, was ihren Beruf betrifft, daß ihre


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Freiheit bei einer fortlaufenden Medienkonzentration in Gefahr kommen könnte, sondern sie haben auch die Sorge, daß es – so wie die Medienpolitik in unserem Lande läuft, nämlich de facto gar nicht – dadurch zu negativen Ergebnissen kommt, und sie tut es auch deshalb, um die Medienpolitik in diesem Lande in Bewegung zu setzen. Da muß auf die direkte Demokratie zurückgegriffen werden.

Herr Bundeskanzler! Medienpolitik ist Machtpolitik. Es geht darum, unser politisches System, unsere Demokratie pluralistisch und offen zu halten. Es geht darum, daß der Medienmarkt sowohl von der Produzentenseite als natürlich auch von der Konsumentenseite offenbleibt, daß es Wettbewerb – denn das ist ein zentraler Bereich unserer demokratischen Verfassung – gibt.

Ich glaube, daß Medienrecht im Hinblick auf die Machtverhältnisse, auf die Dynamik der Demokratie von seiner Bedeutung und von seinem Gewicht her nicht weit weg ist vom Wahlrecht. Und deshalb müssen wir Sorge haben und vorsehen, daß die Mächtigen in diesem Land keinen direkten Zugriff auf die Medien haben. Wir haben aber auch Sorge dafür zu tragen, daß Mediengiganten ihre marktbeherrschende Situation nicht in demokratieabträglichem Maße mißbrauchen. Mit anderen Worten: Wir brauchen Medienmarkt und Medienfreiheit, wir brauchen aber auch die demokratiepolitischen Rahmenbedingungen, die vorsehen, daß es keinen Medienmißbrauch gibt. (Beifall beim Liberalen Forum, bei den Grünen sowie des Abg. Mag. Posch .)

Herr Bundeskanzler! Ich möchte in diesem Zusammenhang auf einige konkrete Problemstellungen eingehen und mich zunächst einmal mit den Printmedien auseinandersetzen. Ich möchte vorausschicken, daß es natürlich nicht darum geht, hier aus Neid den wirtschaftlichen Erfolg eines erfolgreichen Medienunternehmens via Parlament zu schädigen. Wirtschaftlicher Erfolg kann niemals ein Vorwurf sein, der sinnvoll vorgebracht werden kann.

Wenn ein Unternehmer seine wirtschaftliche Erfolgsserie in Marktbeherrschung ummünzen kann, dann ist das nicht ihm vorzuwerfen – er nützt eigentlich nur bestehende Rahmenbedingungen aus –, sondern der Vorwurf, wenn sich der Medienmarkt, die Medienlandschaft in Richtung demokratiegefährdende Konzentration bewegt, muß der Medienpolitik – und in diesem Fall der Medienpolitik der großen Koalition – gemacht werden.

Nun zu den Zuständen in unserer Medienlandschaft, zunächst zum Bereich der Printmedien. Da ist es unvermeidbar, sich mit dem Faktum, mit dem Phänomen Mediaprint auseinanderzusetzen. Es gibt dazu zwei Meinungen: Die einen sagen, daß die Mediaprint das Ergebnis wirtschaftlich erfolgreichen Verhaltens ist. Es wäre ganz problemlos, wenn ein Medieneigentümer, wenn ein Konzern in Ostösterreich zum Beispiel 80 Prozent des Medienmarktes de facto beherrscht, österreichweit 47 Prozent der Druckauflagen auf den Markt bringt und 42 Prozent des Werbemarktes de facto besitzt – ein sehr effizientes, wahrscheinlich das einzige wirkliche effiziente Vertriebssystem –, dahinter ein Verlagsimperium, das auch viele andere Medien dieser oder jener Art an sich bindet sowie ein Druckimperium, das sehr bedeutsam ist. Man könnte meinen, daß das alles gleichgültig sei, weil ein derartiges Imperium andererseits konterkariert wurde dadurch, daß es so viele Titel gibt und eine redaktionelle Freiheit, und daher sei das für die Meinungsvielfalt ohne Bedeutung.

Andererseits ist festzuhalten, daß eine derartige marktmäßige und wirtschaftliche Medienkonzentration die Schwierigkeit mit sich bringt, daß andere Konkurrenten nach und nach vor allem durch die Verkettung dieser marktbeherrschenden Bereiche einfach chancenlos sind oder chancenlos werden. Wenn ein derartiges Medienimperium dann knapp davorsteht, auch im audiovisuellen Bereich Marktanteile zu erhalten – das bevorstehende, wenn auch momentan noch abgewehrte "Konen-Zeitung"-Fernsehen! –, tut sich die Politik unendlich schwer, gegen ein derartiges Medienimperium überhaupt noch Politik zu machen, wenn sie im Interessenwiderspruch zu diesem Medienimperium steht, und ist denjenigen der Vorzug zu geben, die davor warnen, daß diese Medienkonzentration letzten Endes eine Gefährdung unserer offenen, parlamentarischen, pluralistischen Demokratie bedeuten würde. (Beifall beim Liberalen Forum, bei den Grünen sowie des Abg. Mag. Posch. )


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Daß das nicht einfach so dahergesagt ist, belegen nicht zuletzt die jüngsten Beispiele in unserer medienpolitischen Landschaft. Ich möchte zunächst einmal auf die beiden Klagen eingehen, die der "Standard" gegen die Mediaprint anstrengt, und zwar in zwei sehr sensiblen Bereichen. Diese machen sehr deutlich, wie medienpolitische und ökonomische Konzentration die Qualität der Medienöffentlichkeit und der Medienpluralität treffen können.

Zunächst zur Klage des "Standard" auf kartellrechtlicher Ebene, der sich dagegen wehrt, daß die Mediaprint durch die Verknüpfung von "Kurier" und "Kronen-Zeitung" in der Lage ist, auf dem Werbemarkt mit Dumpingpreisen zu agieren, die für den direkten Konkurrenten "Kurier" beziehungsweise "Standard" zu einer wettbewerbsmäßig nicht bewältigbaren Situation führt. Wenn man weiß, daß sich die Zeitungen zu 60 Prozent aus Werbeeinahmen, zu 40 Prozent aus anderen Einnahmen finanzieren, dann erkennt man, daß, wenn der Marktmächtige den Konkurrenten in diesem lebenswichtigen Bereich mit Dumpingpreisen unterbieten kann, das eine Gefährung der Medienpluralität darstellt.

Zweitens zur Auseinandersetzung um die Hauszustellung: Wenn es einmal so weit ist, daß durch Tüchtigkeit, durch Organisationstalent, im wesentlichen aber durch Kapital und Wirtschaftskonzentration ein Vertriebssystem existiert, neben dem andere ökonomisch einfach kein eigenes mehr aufbauen können, dann hätte man Sorge dafür zu tragen, daß dieses Vertriebssystem allen Zeitungen im Prinzip offensteht. Der Einwand, das sei heute einmal wirtschaftlich so existent und man werde diesen Bereich nicht für Konkurrenten öffnen, wäre dann medienpolitisch nicht mehr gerechtfertigt. – Wiederum ein Beispiel dafür, wie Marktkonzentration letzten Endes zu einer Behinderung der Medienpluralität führt.

Drittens zur Auseinandersetzung des "Falter" mit der Mediaprint im Hinblick auf Verletzung des Wettbewerbsrechtes. Da geht es darum, daß die Mediaprint dem "Falter" vorwirft, mit Geschenkangeboten Abonnenten zu werben. – Etwas, das ja alle betreiben. Aber das Besondere in diesem Falle ist, daß es der Mediaprint offensichtlich überhaupt nicht darum geht.

Die Mediaprint hat – ich nehme an, nur deshalb, weil der "Falter" die medienpolitische Frage der Medienkonzentration zum Thema gemacht hat; als Konkurrent kann man ihn ja nicht bezeichnen, dazu sind die Unterschiede zu groß – aus rein medienpolitischer Rache diese Klagswelle losgetreten und damit die Existenz einer kleinen Zeitung, einer regionalen Zeitung akut gefährdet. – Wiederum ein Beispiel dafür, wie Macht durch Marktkonzentration die Medienoffenheit und den Pluralismus einschränkt.

Lustig in diesem Zusammenhang ist, daß hier diese Abonnentenwerbung mit Geschenken als Klagsgrund angegeben wird und andererseits dieselbe Mediaprint, und zwar in diesem Fall im Gewande der "Kronen-Zeitung", gerade in diesen Tagen ihre Werbung, die sie auf die Tische der Haushalte in Wien flattern läßt, in folgende Richtung betreibt: "Kronen-Zeitung" für Ihren besten Freund. Vorteile des "Krone"-Abonnements: 72 Dosen Whiskas-Katzennahrung à 400 Gramm um nur 3,90 S je Dose. – Also im selben Augenblick, in dem man den "Falter" mit der juristischen Keule niederknüppelt, ist die "Kronen-Zeitung" natürlich in der Lage (Abg. Ing. Meischberger: Und wer hindert den "Falter", dieselbe Aktion zu machen?) – ohne jegliche Scham, Kollege Meischberger –, mit Katzenfutter dasselbe zu machen. (Beifall beim Liberalen Forum, bei den Grünen sowie Beifall des Abg. Mag. Posch. – Abg. Ing. Meischberger: Den Liberalen ist Katzenfutter im Weg!)

Das ist es, was mich so stört und wo deutlich wird, daß eine Zeitung einerseits völlig schamlos und bedenkenlos eine andere fast in den Ruin treibt und treiben will, sich aber andererseits überhaupt nicht geniert, derartige Werbeaktionen durchzuführen. Meine Damen und Herren! Das ist ein Zeichen von Doppelmoral, die dann bedenklich wird, wenn eine solche Medienmacht dahinter steht.

Damit zum nächsten Punkt, der so bedenklich ist: Die Frage, inwieweit in diesem Land Medienpolitik, insbesondere im Hinblick auf eine derartige Medienkonzentration wie im Fall Mediaprint, überhaupt noch machbar ist. Es gibt genug Untersuchungen, inwieweit aus diesem Zeitungseck ganz bewußt Politik gemacht wird. Das erachte ich zunächst überhaupt nicht für


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bedenklich, das ist eine Sache der Meinungsfreiheit. Wenn das aber soweit führt, daß sich daraufhin sogar eine große Koalition nicht mehr getraut, wirklich Medienpolitik zu machen, dann ist die Grenze überschritten. Da müssen wir mit der entsprechenden demokratiepolitischen Sensibilität vorgehen.

Das eklatanteste Beispiel ist doch die Ausnahme der Kolporteure aus der Versicherungspflicht für Werkverträge. Es ist einfach unglaublich: Man hat ein Sparpaket geschnürt, hat gesagt, man könne jetzt nichts mehr ändern, keine Kleinigkeit, alles sei fest verankert. Wenn man irgendwo anfängt, dann bricht das Ganze in sich zusammen. Die Interessengruppen werden einen Punkt nach dem anderen herausschießen, so wie es beim Sparpaket 1 der Fall war! Es genügt dann aber der Brief eines Herausgebers zu einem Punkt, und blitzartig und ohne große Debatte wird das so fest verschnürte Sparpaket geöffnet und damit eigentlich ein doppelter Skandal inszeniert.

Der eine ist ein sozialpolitischer Skandal: Arbeitnehmern, die eine harte, völlig unselbständige Tätigkeit ausüben, denen nicht einmal hinsichtlich ihrer Kleidung Freiheit bei ihrer unternehmerischen Tätigkeit gewährt wird, die einen beinharten Dienstplan haben, die bei den geringsten Vergehen gefeuert werden, diesen Menschen, die alle Merkmale eines Arbeitnehmers aufweisen, kleidet man in das Tarngewand von Unternehmern und nimmt ihnen damit einfach eine sozialversicherungsrechtliche Absicherung. Das ist ein sozialpolitischer Skandal! (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

Der zweite Skandal ist, daß die gesamte Bundesregierung auf Zuruf sofort agiert und das einfach so macht. Da wird eben sichtbar, was ich soeben gesagt habe: Offensichtlich getraut sich sogar eine sogenannte große Koalition nicht mehr, etwas entgegen den wirtschaftlichen Interessen eines kapitalreichen, gewinnträchtigen Unternehmens zu tun – nicht einmal im Interesse von wirklich armen Teufeln. (Abg. Böhacker: Gewinn ist keine Schande!) Das ist ein politisches Versagen, ein Einbrechen zugunsten einer überkonzentrierten Medienmacht, wie man es klarer nicht darstellen kann.

Herr Bundeskanzler! Das ist einer der Punkte, weswegen wir aufschreien. Wir meinen: Wenn sich die medienpolitische Landschaft so gestaltet, daß Sie sich nicht mehr gegen wirtschaftliche Interessen eines Medienunternehmers zu agieren trauen, dann ist demokratiepolitische Gefährdung gegeben. Und deshalb müssen wir in die Medienpolitik ganz entschieden zuerst mit einer Diskussion und dann mit entsprechenden Entscheidungen eingreifen. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

Herr Bundeskanzler! Ich komme nach den Printmedien zu den audiovisuellen Medien. Da verknüpft sich ganz klar jahrelanges, wenn nicht jahrzehntelanges Nichthandeln mit äußerst gefährlichen Perspektiven.

Wir wissen ja, daß der Österreichische Rundfunk in der Zweiten Republik lange Zeit völlig den Regierungsparteien der großen Koalition ausgeliefert war, bis 1964 bemerkenswerterweise durch ein Volksbegehren diesbezüglich wesentliche Verbesserungen erreicht werden konnten. Aber es blieb natürlich das Monopol aufrecht. Und es ist ein typischer Wesenszug der österreichischen Medienpolitik, daß das Monopol des Österreichischen Rundfunks auf Teufel komm raus gehalten wurde – und sei es auch auf Kosten einer Schädigung der medienpolitischen Zukunftsperspektiven in unserem Lande.

Erst als die technologische Entwicklung das Sendemonopol einfach nicht mehr praktizierbar erscheinen ließ, erst zu dem Zeitpunkt, als auf internationalen Druck über den Europäischen Gerichtshof in Straßburg das Sendemonopol des ORF von einem Gerichtsentscheid betroffen war, hat sich die Bundesregierung langsam aufgerafft und etwas getan. Und das erste, was sie tat, war die Schaffung eines Regionalradiogesetzes.

Diese Vorgangsweise ist wiederum ein Musterbeispiel für ein medienpolitisches Verhalten, das wirklich geradezu grotesk ist, ein Beleg dafür, daß es sich dabei um einen Flop handelt. Man hat nämlich mit diesem Regionalradiogesetz nicht nur keine Marktöffnung herbeigeführt, sondern beinhart für jedes Bundesland eine einzige Frequenz gefunden – in Wien mit Mühe zwei – , hat


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die Lokalradioebene, also die Ebene darunter, überhaupt aufgelassen, was den Effekt hat, daß die Einzelbetreiber ... (Abg. Schieder: Das stimmt nicht, daß das im Gesetz nicht geregelt ist!) Ja, aber keine Frequenzzuteilung! (Abg. Schieder: Ja, die Frequenzzuteilung ist noch nicht drin, aber geregelt ist es!) Ja, richtig.

Aber was ist der Effekt, Kollege Schieder? – Daß, solange keine Frequenzen vergeben werden, jene Lokalradios – Kollege Schieder, du weißt das genau (Abg. Schieder: Geregelt ist es!) –, die welche haben, und das sind einzelne Betreiber, einer pro Bundesland, de facto natürlich die Nase vorn und im Werbebereich Riesenvorteile haben, und wenn die Frequenznutzung vielleicht einmal kommt, haben die Kleinen die Brosamen aus dem Werbebereich aufzuklauben. (Abg. Schieder: Im Gesetz ist es geregelt!)

De facto wurde über diese merkwürdige Regionalradiobehörde erreicht, daß zunächst einmal alles kleinweise ausgehandelt wurde, damit nur ja nicht zuviel Markt entsteht, damit nur ja nicht zu viele Frequenzen auf den Markt kommen, und man hat genau gewußt (Abg. Schieder: Ein Jurist sagt, es ist im Gesetz nicht geregelt!) , welcher Medienbetreiber welche Frequenz bekommen wird. Erst dann, nachdem genau ausgemacht war, wer was kriegt, hat man das Gesetz gemacht und die Behörde eingesetzt.

Diese Vorgangsweise ist planwirtschaftlich und nicht marktwirtschaftlich. Daher muß man sagen: Das wurde medienpolitisch nicht in einer Art und Weise abgehandelt, von der man sagen kann, es ist eine demokratische, pluralistische Medienpolitik. Das wollte ich mit diesem Beispiel ganz klar aufzeigen. Und es ist auf das Versagen der großen Koalition beziehungsweise auf das ganz bewußte Konstruieren dieses Regionalradiogesetzes zurückzuführen, daß nur ganz bestimmte, großkoalitionär handverlesene Medienbetreiber eine Frequenz bekommen. Das ist Faktum, und das halte ich für schlecht! (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

Zum Glück hat in der Folge der Verfassungsgerichtshof dieses Gesetz wieder aufgehoben. Und man sollte denken, daß man sich seitens der großen Koalition sagt: Na gut, das ist schiefgegangen, jetzt machen wir es anständig. – Aber leider, Herr Bundeskanzler, haben Sie bei der Konstituierung des ORF-Kuratoriums angekündigt – und ich zitiere in diesem Fall die APA –: Beim Regionalradio, so Vranitzky weiters, gehe es darum, die Situation rechtlich so zu sanieren, daß das ursprüngliche Konzept möglichst rasch umgesetzt werden kann. – Zitatende.

Ja, genau so stelle ich es mir vor! Herr Bundeskanzler, das klingt verdammt danach, daß man irgendeine verfassungsrechtlich dichte Lösung für dasselbe Konzept sucht. (Abg. Schieder: Also bitte! Das ist ein Pappkamerad!) Dasselbe Konzept wird verfolgt, damit nur ja die existierenden Betreiber – jetzt eben rechtlich abgesichert – zu ihrer De-facto-Monopolstellung im Land kommen – das drückt der Bundeskanzler aus. Wir werden seine Antwort hören. Ich würde mich freuen, wenn es anders ist. Aber, lieber Kollege Schieder, als Gelernter in diesem Haus weiß man, was das heißt.

Mit dem Verfassungsrecht ging die Regierung ja wiederholt nicht sehr behutsam um. Und die Gefahr, daß man das nur wiederum in irgendeiner Weise wasserdicht gestaltet, ist jedenfalls nicht auszuschließen. Du wirst mir zugestehen müssen, daß ich das so sehe. (Abg. Schieder: Daß du das so siehst, ja, aber stimmen tut es nicht!)

Aber es geht ja weiter: Die Bundesregierung hat in der Regierungserklärung – was ich akzeptiere – im Bereich des Fernsehens und des Hörfunks das duale System als weitere Grundlinie der Medienpolitik festgeschrieben – also öffentlich-rechtlicher Rundfunk und privater Bereich. Was jedoch völlig fehlt, sind irgendwelche inhaltlichen Rahmenbestimmungen, die dieses politische Ziel auch tatsächlich effektuieren.

Vom Regionalradiogesetz habe ich schon gesprochen. – Eine besondere Groteske ist auch die Schaffung des Kabel-TV-Gesetzes. Dieses hat der Bundeskanzler für Ende des vergangenen Jahres angekündigt – bis heute gibt es keines. Rechtliche Grundlagen für das Privatfernsehen fehlen überhaupt.


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Insbesondere hinsichtlich des Kabel-TV-Gesetzes droht ja eine besonders pikante Situation. Das Höchstgericht hat klargemacht, daß die jetzigen Verbote für Kabel-TV-Betreiber bis Mitte des Jahres aufgehoben sind, und dann sollte ja eine neue gesetzliche Norm vorliegen. – Die liegt natürlich nicht vor; warum, weiß ich nicht. Ich hoffe, wir hören bei der Anfragebeantwortung den Grund.

Aber was jetzt wirklich so dramatisch ist: Wir haben damit eine völlige Liberalisierung in diesem Bereich, allerdings unfreiwillig, muß man dazusagen. Und was jetzt droht, ist, daß – wie beim Regionalradio – Betreiber auftreten, Investitionen tätigen, sie aber dann womöglich später wieder ein Gesetz trifft, das diese Investitionen sinnlos macht. Diese Gefahr besteht ganz akut. Das ist wirtschaftliche Schädigung. (Abg. Schieder: Und keine Investitionen machen wir!) Ja, das sagt der Kollege Schieder.

Ich meine: Wenn nun jemand das Recht in Anspruch nimmt, was eigentlich selbstverständlich sein sollte, daß er Kabel-TV betreibt, wer eben kann, und wer will, mit seinem Risiko ... (Abg. Schieder: Nicht Kabel-TV, sondern Programm schöpfen im Kabel-TV!) Kabel-TV mit beweglichen Bildern, damit wir uns richtig verstehen. – Wenn da jemand Investitionen tätigt, und nachträglich kommt die Regierung mit einem Gesetz, das diese Investitionen sinnlos macht, dann ist das ein Schildbürgerstreich. Und diesen Schildbürgerstreich haben jene zu verantworten, die es nicht zusammenbringen, rechtzeitig, obwohl sie es lange wußten, ein entsprechendes Gesetz beschließen zu lassen. Das ist das medienpolitische Versagen, das ja nicht wegzudiskutieren ist. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

Damit möchte ich zu meinem letzten Punkt kommen, und das ist die Umgestaltung des ORF in Richtung einer Aktiengesellschaft, also die Umgestaltung im Rahmen des Aktienrechtes.

Begründet wird dies in der Regierungserklärung damit, daß man dem ORF die wirtschaftlichen Möglichkeiten eröffnen will, sich in einem liberalisierten Fernseh- und Hörfunkmarkt eine Marktführerschaft und damit wirtschaftliches Überleben zu sichern.

Dieses Ziel ist zu akzeptieren, aber, Herr Bundeskanzler, es sind eine Fülle von Fragen hiemit verbunden, die vorher geklärt werden sollten und wo ich hoffe, daß sie nicht ohne grundsätzliche Erörterung zum Gesetz werden.

Zunächst einmal ist die Frage an Sie zu richten, Herr Bundeskanzler, warum denn die Form des Aktienrechtes überhaupt notwendig ist, denn all das, was als Begründung für diese Umwandlung angegeben wird – wie gesagt: das Eröffnen neuer Geschäftsfelder, meinetwegen auch das Durchgriffsrecht des Generalintendanten –, könnte genauso mit einer entsprechenden Novellierung des jetzigen ORF-Gesetzes geschehen. Ich sehe also keinen zwingenden Grund.

Gewichtiger ist schon: Das Aktienrecht ist eine Rechtsform für Unternehmen, die auf Gewinnmaximierung ausgerichtet ist. Und das spießt sich doch klarerweise mit einem Unternehmen wie dem ORF, der auch Ihrer Ansicht nach in Zukunft sowohl öffentlich-rechtliche Funktionen und Aufträge hat als auch andererseits wirtschaftlich-ökonomisch handeln können muß.

Aber zwischen diesen beiden Zielen besteht natürlich ein innerer Widerspruch, und das Aktienrecht ist aus diesem Grunde keine von sich aus geeignete Grundlage für den ORF in dieser Form.

Nächster Punkt: Sie sehen vor, daß Eigentümer dieses ORF in Hinkunft – zum Unterschied vom jetzigen ORF-Gesetz – der Bund und die Länder sein sollen und daß sie auch den Aufsichtsrat bilden.

Da stellt sich die nächste Frage – Aufsichtsräte haben selbstverständlich das wirtschaftliche Interesse des Unternehmens wahrzunehmen –: Wer kontrolliert und wer sorgt dafür, daß das wirtschaftliche Unternehmen ORF öffentlich-rechtlichen Aufträgen nachkommt: dem Bildungsauftrag, dem Kulturauftrag, dem Objektivitätsgebot? Sollen das die Aufsichtsräte machen?


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Vielleicht denken Sie an eine umgestaltete Hörer- und Sehervertretung. Da tritt aber das nächste Problem auf: Wie verhalten sich die Kompetenzen zwischen dem Aufsichtsrat und der weiterentwickelten Hörer- und Sehervertretung? Was ist im Konfliktfall, wenn die einen das Ziel Objektivität, Kulturauftrag verfolgen, und die anderen sagen: Das ist nicht wirtschaftlich im konkreten Fall, die Quote spricht dagegen? Wer löst diesen Konflikt? Da zeigt sich, daß da das Aktienrecht nicht sehr gut geeignet ist.

Und schließlich: Was geschieht mit dem Unternehmen, das wirtschaftlich geführt sein will – und hoffentlich auch wird –, wenn aber trotzdem ein Defizit entsteht oder gar Illiquidität des Unternehmens? Wer haftet dann? Gibt es dann für den Eigentümer eine Nachschußpflicht? Muß dann die öffentliche Hand in Bundes- oder Landesgestalt die Verluste abdecken – ja oder nein? Oder sagen wir dann: Na gut, probieren wir es über die Gebühren? Die Gebühren werden aber in einem schrumpfenden Markt des ORF – denn das ist vorauszusehen aufgrund der allgemeinen Entwicklung – wahrscheinlich irgendwann den politischen Sinn verloren haben, irgendwann wird die Gebührenphilosophie zu Ende gehen. – Also auch da wiederum dasselbe Problem, daß die Rechtsform des Aktienrechtes in einem Widerspruch steht.

Weiters: Die Eigentümervertreter sollen vom Bund, also von der Bundesregierung und von den Landesregierungen nominiert werden. – Ich mißtraue allen Beschwörungen, in denen es heißt: Es wird ein unabhängiger Aufsichtsrat sein, ein Aufsichtsrat, der nur das wirtschaftliche Interesse – was mit dem öffentlich-rechtlichen Auftrag ist, ist ein bisserl unklar – im Auge hat, es werden Experten sein und so weiter.

Meine Damen und Herren! Wo immer parteipolitische Gremien Repräsentanten – wie in diesem Fall die Bundesregierung und die Landesregierungen – in einen Aufsichtsrat entsenden, wie er da vorgesehen ist, weiß man, es wird ein parteipolitisches Gremium sein. Und das ist die größte Herausforderung: Diese Entwicklung des ORF, im Gewande des Aktienrechtes an das Eigentum des Bundes und der Länder gebunden, mit den entsprechenden Aufsichtsratstrukturen, ist aufgrund österreichischer Erfahrungen geradezu die Garantie dafür, daß der ORF damit wieder voll an die parteipolitische Kandare genommen wird. Und dem ist mit aller Entschiedenheit entgegenzutreten! (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

Herr Bundeskanzler! Medienpolitische Fragen sind Machtfragen, und Machtfragen sind für uns Demokratiefragen. Wir haben den Eindruck, daß einerseits aus Angst vor den Medienkonzentrationen und andererseits, weil es so praktisch ist, ein doch irgendwo staatlicher und daher parteipolitischen Zugriffen zugänglicher ORF eine für Mächtige in diesem Land ganz praktische Situation ist. Nur für die Demokratie ist es nicht gut. Und vor allem ist es nicht gut, daß hier droht, daß eine große Koalition, wie schon gehabt, sehr rasch und ohne grundsätzliche Diskussion, ohne Aufsuchen von Alternativen eine derartige Entscheidung einfach über den Tisch trifft.

Herr Bundeskanzler! Wir haben diese dringliche Anfrage gestellt, um die dringend notwendige medienpolitische Grundsatzdiskussion einzuleiten und zu verstärken. Wir haben Ihnen eine Reihe sehr, sehr konkreter Fragen gestellt. Ich glaube nicht, daß Sie sagen können, daß sie "wadlbeißerisch" sind oder sonst irgendwas. Es sind drängende medienpolitische Fragen, und wir bitten Sie, sie sehr konkret zu beantworten. Wir werden dafür sorgen, daß in Österreich die demokratiepolitisch wichtige Medienpolitik nicht unter der Tuchent der großen Koalition betrieben wird.

Medienpolitik ist Bestandteil demokratisch-politischer Kultur, und so müssen wir als Parlamentarier damit umgehen. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

16.38

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zur Beantwortung der gestellten Anfrage hat sich der Herr Bundeskanzler zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihm.

16.38

Bundeskanzler Dkfm. Dr. Franz Vranitzky: Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die dringliche Anfrage der Abgeordneten des Liberalen Forums gibt mir Gelegenheit zu einigen grundsätzlichen Anmerkungen zur Medienpolitik.


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Ich habe erst vor wenigen Tagen beim Festakt zum 50jährigen Jubiläum des Österreichischen Zeitschriftenverbandes die Intensivierung der medienpolitischen Diskussion in Österreich begrüßt und mich daran beteiligt. Ich habe alle im Medienbereich Tätigen – die Verleger, die Journalisten, die Radio- und Fernsehmacher, die Kreativen, die Werbeleute und viele andere, die sich dazu berufen fühlen – aufgefordert, sich in diese Diskussion einzubringen.

Ich füge aber heute hinzu, daß wir diese medienpolitische Diskussion nicht um der Diskussion willen, sondern um der Medienpolitik willen führen sollen, um alles zusammenzutragen, was bei den anstehenden medienpolitischen Entscheidungen nutzen kann.

Damit dieses Ziel erreicht wird, muß die medienpolitische Diskussion aber eine Reihe von Voraussetzungen, von Anforderungen erfüllen. In meinen Augen muß sie in erster Linie zielgerichtet sein.

So läßt die Diskussion rund um ein zukünftiges Medienvolksbegehren noch nicht erkennen, was sein eigentliches Ziel ist. Wir kennen weder den Text auch nur in Ansätzen, noch können wir bald damit rechnen, denn wie wir aus Medien wissen, soll das Volksbegehren erst im Herbst abgehalten werden.

Ich möchte Ihnen dagegen hier und heute sagen, was meine Zielrichtung in dieser Diskussion und vor allem bei den Entscheidungen ist, die wir demnächst zu treffen haben.

Ich möchte, daß es angesichts der rasanten technischen Entwicklung und der beschleunigten Internationalisierung und Globalisierung gerade auf dem Mediensektor auch weiterhin konkurrenzfähige und damit in ihrer Existenz gesicherte österreichische Medien gibt. Gerade ein kleines Land als Teil eines großen Sprachraumes mit starken Medienkonzernen darf dieses Ziel nicht aus den Augen verlieren. Und darauf werden wir in der Medienpolitik hinarbeiten.

Ich möchte außerdem, daß diese Diskussion umfassend und vollständig geführt wird. Ich meine damit, daß es nicht darum geht, punktuell Kritik zu üben oder Lösungsansätze aufzuzeigen, sondern die Herausforderungen und die möglichen Lösungen in ihrer Gesamtheit zu diskutieren. So hat es meiner sicheren Auffassung nach keinen Sinn, eine Zeitung wegen ihrer Marktmacht auf nationaler Ebene zu kritisieren, ohne beispielsweise zu sagen, daß es auf regionaler Ebene Blätter gibt, deren Marktmacht um vieles größer ist. Es wird auch keine sinnvolle Mediendiskussion geben, wenn wir uns nur auf den ORF oder auf den Printsektor konzentrieren, ohne die vielfältigen Wechselbeziehungen zwischen elektronischem und Printsektor gleichzeitig mitanzusprechen.

Ich möchte weiters, daß wir diese medienpolitische Diskussion ehrlich führen. Damit spreche ich nicht die moralische Kategorie von Ehrlichkeit oder Unwahrheit an, sondern die intellektuelle Redlichkeit und Bereitschaft, die wirklichen Bedingungen für das Medienmachen in Österreich, seine Probleme und Perspektiven zu besprechen.

Ich möchte an zwei Beispielen erläutern, was ich damit meine:

Eines unserer strukturellen Defizite ist der Umstand, daß bei uns in Österreich pro Kopf der Bevölkerung weniger geworben wird, und zwar noch immer weniger geworben wird als in vergleichbaren anderen Ländern Europas. Gleichzeitig haben wir aber eine Anzeigenabgabe, die verhindert, daß mehr Geld in die Medien fließt beziehungsweise daß für dasselbe Geld mehr geworben werden kann.

Zu dieser Ehrlichkeit gehört aber zum Beispiel auch, in der Diskussion über die Presseförderung nicht nur über Höhe und Aufteilung der 275 Millionen Schilling zu diskutieren, die derzeit für Presse- und Publizistikförderung ausgegeben werden, sondern auch ganz offen zu sagen, daß der begünstigte Transporttarif für Zeitungen, Zeitschriften und andere Druckwerke die österreichische Post nach deren eigenen Angaben in einem Jahr allein 2 Milliarden Schilling kostet – und damit natürlich den Verlegern, den Herausgebern dieser Druckwerke bringt.


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Schlußendlich wäre es gut – und ich werde auf alle Fälle von meiner Seite aus alles dazu einbringen –, daß wir diese Diskussion offen führen. Damit meine ich, daß wir die Interessen klar aussprechen, die hinter dem einen oder anderen medienpolitischen Vorschlag stehen. So hat es keinen Sinn, die geplante Umwandlung des ORF in eine wirtschaftlich umfassend handlungsfähige AG als Verpolitisierung zu brandmarken, ohne gleichzeitig hinzuzufügen, daß durch eine Verkleinerung des zukünftigen Aufsichtsrates gegenüber dem heutigen Kuratorium das Gewicht der von der parlamentarischen Opposition entsandten Aufsichtspersonen natürlich steigen würde. Und es hat auch keinen Sinn, sich an eine medienpolitische Diskussion anzuhängen, wenn der eigene verlegerische Erfolg nicht wunschgemäß ausfällt. Genauso offen sollte man auch sagen, wer die betriebswirtschaftlichen Abgänge einzelner Zeitungen decken soll, wenn nicht der jeweilige Eigentümer.

Meine Damen und Herren! Ich spreche mich also für eine zielgerichtete, umfassende, ehrliche und offene Mediendiskussion in Österreich aus. Das habe ich gemeint, als ich vor wenigen Tagen zum Ausdruck brachte, daß diese Diskussion keine Tabus kennen darf. Ich halte es nicht für zielführend, zur Absicherung der Interessen des eigenen Mediums, zur Absicherung der Interessen des eigenen Sektors das Heil in einer allgemeinen Mediendiskussion zu suchen. Es hat keinen Sinn, sondern es ist gelinde gesagt kontraproduktiv, die einzelnen Medien und die einzelnen Sektoren gegeneinander auszuspielen.

Ich möchte auch, Kollege Frischenschlager, nicht verhehlen, daß Sie für mich heute eine Premiere geboten haben, indem Sie hier im Hohen Haus über einzelne Firmen und einzelne Unternehmungen, über Interna der einzelnen Unternehmungen, Werbekonzepte et cetera gesprochen haben, weil ich meine, daß das nicht zu einer konstruktiven Mediendiskussion beitragen wird. Außerdem ist angesichts der wirklich großen Herausforderungen auf dem Gebiete der Medien doch die Kooperation und nicht das Gegeneinander der einzige Weg, der sicherstellen kann, daß es auch in Zukunft nicht nur lebensfähige, sondern auch schlagkräftige österreichische Medien gibt.

Ich komme nun zur Beantwortung Ihrer Fragen und schicke gleich voraus, Herr Abgeordneter: Es kann nicht in der Natur der technischen Behandlung einer dringlichen Anfrage liegen, in der kurzen Zeit, in der man die Fragen lesen und ihre Antworten ausarbeiten kann, alles abzudecken. Das heißt, wenn Ihnen jetzt in meinen sowieso umfangreichen Antworten noch etwas fehlt oder abgeht, bitte ich Sie, das auch so zu verstehen, daß die Diskussion heute nicht aus ist und daß man dann in späteren Phasen noch weiter darüber reden kann.

Zur Frage 1:

Die Regierung hat es keineswegs verabsäumt, geeignete Regierungsvorlagen zu entwickeln, sie ist – im Gegenteil – dabei, diese zu erarbeiten. Ich habe bereits anläßlich der konstituierenden Sitzung des neuen ORF-Kuratoriums Anfang Mai, bei der auch einer der Anfragesteller anwesend war, darauf hingewiesen, daß ich optimistisch bin, daß beim Regionalradio- und beim Kabelgesetz bis zum Sommer dieses Jahres eine politische Einigung erzielt werden kann, sodaß eine Regierungsvorlage noch im Laufe des Sommers zur Begutachtung versendet werden kann. Ich meine, daß eine medienpolitische Einigung auf diesem Gebiet für Kabelbetreiber und private Programmanbieter eine ausreichende Orientierung für zukünftige Investitionen geben müßte.

Zur Frage 2:

Gerade die in der Anfrage angesprochenen Konzentrationsprozesse bei den Medien haben den österreichischen Gesetzgeber, also dieses Hohe Haus, im Jahr 1993 zu einer Novellierung des Kartellgesetzes bewogen. Seit dieser Novelle enthält das Kartellgesetz Bestimmungen über eine präventive Fusionskontrolle samt einer Sonderregelung für Medienunternehmen. Zusätzlich wurden im Kartellgesetz auch medienspezifische Bestimmungen im Rahmen der Mißbrauchsaufsicht über marktbeherrschende Unternehmen verankert. Die im Jahr 1993 beschlossenen Änderungen des Kartellgesetzes und insbesondere die neuen Fusionskontrollregelungen sind aus rechtsstaatlichen Überlegungen nur auf Zusammenschlüsse anwendbar, die nach dem


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Inkrafttreten der entsprechenden Kartellgesetznovelle durchgeführt wurden beziehungsweise werden.

Der Gesetzgeber ging dabei offenbar davon aus, daß im Sinn der einschlägigen Judikatur des Verfassungsgerichtshofes der Schutz des Vertrauens der Unternehmen auf das Fortbestehen einer im wesentlichen seit Jahren oder Jahrzehnten geltenden Regelung geschützt werden muß. Abgesehen von diesen verfassungsrechtlichen Überlegungen müßte man auch die Frage beantworten, wie eine rückwirkende Entflechtung überhaupt zu bewerkstelligen wäre.

Der Gesetzgeber hat sich daher im Gegenzug zu einer stärkeren Mißbrauchsaufsicht entschlossen und eine insbesondere auf Medienunternehmen bezogene Regelung erlassen. Demnach kann das Kartellgericht einem marktbeherrschenden Medienunternehmen unter anderem auch Maßnahmen auftragen, durch die die marktbeherrschende Stellung abgeschwächt oder beseitigt wird.

Zur Frage 3:

Ich kann mir eine prozentuelle Obergrenze für die gedruckte oder die verbreitete Auflage einer periodischen Druckschrift in einer freien Gesellschaft wie der unsrigen nicht vorstellen. Es wundert mich, daß gerade aus dem Lager der Abgeordneten der Liberalen Ideen kommen oder zu kommen scheinen, die Menschen vorschreiben wollen, was sie lesen beziehungsweise kaufen sollen.

Bei dieser Frage scheint man an sich zu übersehen, daß mit Anti-Trust-Regelungen oder mit kartellrechtlichen Regelungen das interne Wachstum eines Unternehmens und die Erringung größerer Marktanteile überhaupt nicht beschränkt werden können. Das ist aufgrund der Technik von Anti-Trust-Regelungen überhaupt gar nicht möglich. Anti-Trust-Regelungen können Fusionen verhindern, sie können Zusammenschlüsse, Firmenzusammenschlüsse und so weiter verhindern, aber sie können und sollen nicht verhindern, daß irgendein Unternehmen – sei es eine Zeitung oder sonst jemand – aus eigener Kraft ein größeres Publikum erreicht.

Zur Frage 4:

Mit dem in der Anfrage zitierten Erkenntnis hat der Verfassungsgerichtshof nicht nur den Frequenznutzungsplan und einige Absätze des § 2 des Regionalradiogesetzes aufgehoben, sondern auch acht der insgesamt zehn erteilten Lizenzen. Gerade der Erfolg und die erheblichen Marktanteile der in Salzburg und in der Steiermark auf Sendung gegangenen privaten Programmveranstalter zeigen, daß das medienpolitische Konzept des Regionalradiogesetzes richtig ist. Der Schaden wurde hier nicht vom Gesetzgeber verursacht: Er hatte seine Ursache in Konkurrenzüberlegungen der nicht zum Zug gekommenen Antragsteller, die das Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof initiiert haben. (Ironische Heiterkeit bei den Grünen.)

Die Situation beim Regionalradio ist mit der beim Kabelfernsehen in keiner Weise vergleichbar. Wie Sie wissen, ist es durch die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs ab 1. August 1996 für die Kabelbetreiber in Österreich möglich, aktiven Kabelrundfunk zu veranstalten, das heißt, eigene Radio- und Fernsehprogramme anzubieten. Ich weise allerdings darauf hin, daß es nach der derzeit gültigen Lage nicht möglich ist, diese privaten Programme oder Programmteile mit eigener Werbung zu finanzieren, sodaß sich die Zahl der ab 1. August zu erwartenden privaten Fernsehprogramme im Kabel wohl in engen Grenzen halten wird.

Es geht aber auch gar nicht um die natürlichen Beschränkungen auf diesem Gebiet, sondern im Gegenteil. Wie ich bereits gesagt habe, wollen wir bis zum Sommer zu einer medienpolitischen Einigung kommen, damit potentielle Programmanbieter im Kabel bereits am 1. August wissen, wie die rechtliche Situation auf diesem Gebiet im kommenden Herbst aussehen kann.

Zur Frage 5:

Vorweg und einleitend weise ich darauf hin, daß die Frequenzplanung beziehungsweise Frequenzallokation nach den aufgehobenen Bestimmungen des Regionalradiogesetzes Auf


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gabe des Verkehrsministers war, und ich gehe davon aus, daß es dabei bleiben wird. Der damalige Bundesminister für öffentliche Wirtschaft und Verkehr hat dem Hauptausschuß des Nationalrates zwei Frequenznutzungspläne vorgelegt. Das Einvernehmen kam aber nur hinsichtlich des ersten Teiles, die Frequenzen für die Regionalradios betreffend, zustande. Der zweite Teil, der die noch verbleibenden Frequenzen – die im übrigen international festgelegt sind – den Veranstaltern von lokalem Hörfunk zur Verfügung gestellt hätte, wurde im Hauptausschuß des Hohen Hauses nicht beschlossen.

Es liegt daher nicht am Verkehrsminister – auch nicht an mir –, daß eine Lizenzierung der Lokalradios nicht in Angriff genommen werden konnte. Ich werde jedenfalls bei der Novellierung des Regionalradiogesetzes dafür eintreten, daß ein einfacheres Verfahren der Frequenzplanung vorgesehen wird.

Die Frage, ob ich bereit bin, die derzeitigen Inhaber der Frequenzen offenzulegen, ist mir unverständlich. In den dem Hauptausschuß des Nationalrates und damit auch Ihnen vorgelegten Entwürfen der Frequenznutzungspläne wurden die einzelnen Frequenzen entweder dem ORF oder eben den privaten – also regionalen oder lokalen – Lizenzen zugeordnet. Im ersten Fall war und ist daher Inhaber der Frequenzen der ORF. Inhaber der den Regionalradioketten in der Steiermark und in Salzburg zugeordneten Frequenzen sind die Veranstalter der Regionalradioprogramme in diesen beiden Bundesländern. Hinsichtlich der anderen Lizenzinhaber kann man erst Aussagen treffen, wenn sie feststehen.

Im übrigen hat der Bundesminister für öffentliche Wirtschaft und Verkehr in den bereits dem Hauptausschuß des Nationalrats vorgelegten Frequenznutzungsplänen selbstverständlich sämtliche verfügbaren und international koordinierten Frequenzen offengelegt beziehungsweise zu Lizenzen zusammengefaßt, und ich gehe davon aus, daß auch der Bundesminister für Wissenschaft, Verkehr und Kultur in gleicher Weise verfahren wird.

Was eine Neugestaltung der Regionalradiobehörde angeht, muß ich darauf hinweisen, daß dies nur durch eine Gesetzesänderung möglich sein wird. Im übrigen wird die Neukonstruktion der Regionalradiobehörde zwischen den beiden Regierungsparteien derzeit verhandelt.

Zur Frage 6:

Wie ich bereits ausgeführt habe, ist die Bundesregierung gerade mit der Ausarbeitung einer Vorlage für ein Kabelgesetz beschäftigt. Damit legt sie logischerweise auch fest, wie ein wichtiger Teil des Privatfernsehens in Österreich in der Zukunft gestaltet wird. Das heißt also, daß mit der Vorlage eines Entwurfs für das Kabelfernsehen diese Frage bereits beantwortet ist.

Zur Frage 7:

Das Arbeitsübereinkommen der beiden Regierungsparteien sieht eine Umwandlung des ORF in eine Aktiengesellschaft vor, wobei auch der öffentlich-rechtliche Auftrag des Unternehmens in der Zukunft gewahrt bleiben muß. Ich gehe davon aus, Herr Dr. Frischenschlager, daß die Rechtsform einer Rundfunkanstalt, was den öffentlich-rechtlichen Auftrag betrifft, neutral ist, und es ist ja auch daran gedacht, die Vorschriften darüber einigermaßen unverändert zu übernehmen. Mit der Umwandlung in eine Aktiengesellschaft soll es dem ORF ermöglicht werden, sich in einem schwieriger gewordenen Umfeld erfolgreich zu behaupten.

Es liegen ja einige Beispiele auf der Hand: So wie derzeit nach dem geltenden Rundfunkgesetz ein Generalintendant des ORF bestellt wird, wird auf der ganzen Welt nicht bestellt, und wir werden gut daran tun, das schleunigst zu ändern, denn ein solches Verfahren wäre bei keinem Industriebetrieb, bei keinem Bankbetrieb, bei keinem Versicherungsbetrieb denkbar.

Mit der Aktiengesellschaft möchten die Regierungsparteien sicherstellen, daß der ORF auch in der verschärften Konkurrenzsituation wirtschaftlich geführt werden kann, vor allem aber auch, daß der ORF – fast im eigentlichen Sinn des Wortes – eine deutlich zu vernehmende Stimme mit österreichischer Stimmfärbung ist. Die duale Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks steht nicht im Widerspruch zur Rechtsform einer Aktiengesellschaft.


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Zur Frage 8:

Die Arbeiten an der gesetzlichen Grundlage für die Umwandlung des ORF in eine Aktiengesellschaft sind derzeit in voller Diskussion, sodaß ich Ihnen zu einzelnen Organen wie einem Publikumsrat oder Publikumsbeirat beim besten Willen nichts sagen kann. Generell halte ich aber fest, daß die Rechtsform eines Unternehmens neutral ist und daher sondergesetzliche Regelungen darüber erlaubt, wie die Zuständigkeiten zwischen einzelnen Gremien verteilt werden.

Was nun die Kriterien der Aufteilung der Anteile der einzelnen Gebietskörperschaften betrifft, weise ich darauf hin, daß der ORF vor dem Jahre 1974 bereits eine Kapitalgesellschaft war. Das Stammkapital der damaligen "Österreichischen Rundfunk Gesellschaft m.b.H." betrug nach dem Gesellschaftsvertrag vom 11. Dezember 1957 insgesamt 115 Millionen Schilling, davon entfielen auf den Bund 114,1 Millionen Schilling oder 99,3 Prozent. Welches Modell für die Aufteilung gewählt wird, ist ebenfalls noch in Diskussion, doch gehe ich davon aus, daß eine Eigentümerschaft von Bund und Ländern das gesamtösterreichische Interesse am öffentlich-rechtlichen Auftrag am besten dokumentiert.

Was die Möglichkeit der Veräußerung von Anteilen betrifft, schlage ich vor, daß die Anteile nicht oder nur zwischen den Aktionären veräußert werden können. Eine Privatisierung würde aus meiner Sicht dem öffentlich-rechtlichen Auftrag widersprechen.

Zu Frage 9:

Aus der Kombination des öffentlichen Auftrags des ORF und seiner besonderen Eigentümerkonstruktion gehe ich davon aus, daß den Eigentümern nicht daran gelegen sein kann, daß der in der Frage 9 erwähnte Fall überhaupt eintritt. Eine Nachschußpflicht oder Pflicht zur Verlustabdeckung der Gesellschafter müßte wohl im Gesetz verankert werden.

Aber auch diesbezüglich stelle ich fest: Bei jeder AG, bei jeder Gesellschaft mit beschränkter Haftung kann jederzeit die Hauptversammlung bei der AG oder die Generalversammlung bei der GesmbH eine Kapitalerhöhung beschließen, an der sich die Gesellschafter, die Aktionäre beteiligen, sodaß ich hier ganz normale gesellschaftsrechtliche Verhältnisse voraussetze und annehme.

Zu Frage 10:

Das im § 20 des Rundfunkgesetzes vorgesehene Programmentgelt ist ein Entgelt, das dem ORF für die Wahrnehmung seines öffentlich-rechtlichen Auftrags gebührt und unabhängig davon ist, ob der Inhaber einer Rundfunk- oder Fernseh-Rundfunk-Hauptbewilligung – also der Hörer oder Seher – das Programm tatsächlich konsumiert.

Wie ich schon mehrfach erwähnt habe, soll sich am öffentlich-rechtlichen Auftrag des ORF nichts ändern. Daraus folgend ist es nur konsequent, wenn auch das Programmentgelt oder – wie Sie formulieren – die Gebühr aufrechterhalten bleibt. In diesem Sinn ist es selbstverständlich auch gelegen, daß eine Anpassung des Programmentgelts aus Gründen der Inflation oder aus anderen Gründen denkbar sein und denkbar bleiben muß.

Zur Frage 11:

Meinem Verständnis nach gibt es das jetzt bereits. Nach § 2 des Rundfunkgesetzes hat der ORF schon jetzt in seinem öffentlich-rechtlichen Auftrag die Verpflichtung, auch auf die Bedürfnisse der ethnischen Minderheiten einzugehen. Eine ausdrückliche Verankerung der ethnischen Minderheiten halte ich deshalb nicht für zweckmäßig, weil das im Umkehrschluß zu der Auffassung führen könnte, daß außer den explizit angesprochenen der ORF andere Minderheiten nicht berücksichtigen müßte. Der öffentlich-rechtliche Auftrag zielt gerade auch auf gesellschaftliche Integration und darf daher nicht nur ethnische, sondern muß auch sonstige Minderheiten erfassen. Und das muß bei der Programmierung berücksichtigt werden. (Präsident Dr. Neisser übernimmt den Vorsitz.)


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Was nun ein ganztägiges Hörfunkprogramm für ethnische Minderheiten betrifft, gehe ich davon aus, daß ein solches Programm im Rahmen des Regionalradiogesetzes als Lokalradio von den Minderheiten selbst veranstaltet werden kann. Im Frequenznutzungsplan für Lokalradios, wie er dem Hauptausschuß bereits vorlag, waren aber Frequenzketten vorgesehen, die für ethnische Minderheitenprogramme geeignet wären. Ich meine, daß auch im künftigen Frequenznutzungsplan ausreichend Vorsorge getroffen werden soll und daß die unabhängige Regionalradiobehörde ethnischen Minderheiten auch die Möglichkeit der Veranstaltung von Regionalradio beziehungsweise Lokalradio einräumen wird.

Zur Frage 12:

Zur Presseförderung weise ich darauf hin, daß wir mit dem derzeitigen System der Presseförderung in Form der besonderen Presseförderung eine qualitative Medienförderung betreiben, wie Sie sie ansprechen. Wir haben außerdem 1992 bei der letzten Änderung des Presseförderungsgesetzes auch die Dotierung der Presseförderung sehr deutlich angehoben. Diese Erhöhung hat sich ganz besonders stark bei der besonderen Presseförderung ausgewirkt, sodaß gerade die mit wirtschaftlichen Schwierigkeiten kämpfenden Zeitungen erheblich stärker gefördert werden als früher.

Ich fürchte allerdings, daß eine Umgestaltung der Presseförderung in der von Ihnen erwähnten Richtung erst recht zu einer vermehrten Förderung hochprofitabler Printunternehmungen führen würde, denn gerade sie wären in der Lage, verstärkt Auslandskorrespondenten einzusetzen oder ihren Produkten Qualitätsbeilagen beizufügen.

Im Hinblick auf die Förderung der Minderheitenpresse weise ich darauf hin, daß das Presseförderungsgesetz 1985 in seinem § 2 Abs. 2 Sonderbestimmungen enthält, die bei Druckschriften, die in der Sprache einer in Österreich lebenden Volksgruppe österreichischer Staatsbürger nichtdeutscher Sprachzugehörigkeit herausgegeben werden, einige Erleichterungen vorsehen, was als eine Art zusätzliche Volksgruppenförderung angesehen werden kann. Über diese Regelung hinaus werden Presseerzeugnisse selbstverständlich auch im Rahmen der normalen Volksgruppenförderung subventioniert.

Zur Errichtung eines besonderen Vertriebssystems weise ich zunächst einmal auf die exorbitanten Kosten eines solchen hin. Ein solches Vertriebssystem ist wohl nur dann vorstellbar, wenn die Medienunternehmen ein solches selbst ins Leben rufen und der Staat allenfalls eine gewisse Unterstützung gibt. Die Errichtung eines Vertriebssystems von staatlicher Seite selbst, wie Sie sie ansprechen, halte ich nicht für zweckmäßig, vielleicht war es auch nicht so gemeint.

Ich habe im übrigen schon darauf hingewiesen, daß der Bund gerade im Weg der begünstigten Zeitungszustellungstarife der Post bereits heute die Printmedien beträchtlich fördert. Der Frage nach dem weiteren Weg, den die Post gehen wird, wird nach der Ausgliederung der Post eine besondere Bedeutung zukommen.

Zur Frage 13:

Ich erinnere Sie daran, daß ich am 13. März dem Hohen Haus in meiner Regierungserklärung dargelegt habe, daß wir der Frage, wie wir mit der weiteren Entwicklung der Informationsgesellschaft umgehen, besondere Priorität zumessen. Ich weise auch darauf hin, daß bereits am 3. Juli 1994 eine Arbeitsgruppe der Bundesregierung zum Thema "Österreichs Weg in die Informationsgesellschaft" unter meinem Vorsitz konstituiert wurde. Gleichzeitig wurden unter der Federführung verschiedener Ressorts, verschiedener Bundesministerien zehn Arbeitskreise eingerichtet, deren Aufgabe es war, unter Einbeziehung von Experten der Sozialpartner, der Wirtschaft und der Wissenschaft die wirtschaftlichen, sozial- und gesellschaftspolitischen Auswirkungen des Einsatzes moderner Informationstechniken zu beurteilen und Vorschläge für notwendige legistische, organisatorische und strukturelle Reformen zu erarbeiten.

Diese Arbeitskreise haben nun ihre Berichte vorgelegt, und das Bundeskanzleramt ist zurzeit mit der Redaktion eines Gesamtberichtes der Bundesregierung beschäftigt, der einerseits eine Bestandsaufnahme der vielfältigen bereits laufenden Aktivitäten darstellen wird, andererseits auch


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einen Aktionsplan über kurz- und mittelfristige Maßnahmen beinhalten wird. Das Thema der neuen Medien wird dabei sowohl hinsichtlich der rechtlichen Rahmenbedingungen als auch der wirtschaftlichen Bedeutung und der Anwendungsmöglichkeiten beleuchtet werden.

Einen besonderen Stellenwert wird vor allem der Zugang zu den neuen Medien haben, der ein möglichst offener, billiger und einfacher sein soll, um regionalen oder sozialen Diskriminierungen wirksam begegnen zu können. Gerade der öffentliche Sektor hat hier wichtige Funktionen zu erfüllen und nicht nur die rechtlichen Rahmenbedingungen anzupassen, sondern auch seine Rolle als größter Anwender von Informationstechnologie neu zu definieren und alle Möglichkeiten auszuschöpfen, öffentlich verfügbare Informationen den Bürgern und Bürgerinnen und der Wirtschaft leichter und schneller zugänglich zu machen.

Zur Frage 14:

Wie Sie wissen, steht die Abhaltung von Enqueten im autonomen Recht des Nationalrates. Die Bundesregierung ist, wie mehrfach erwähnt, gerade mit der Ausarbeitung wichtiger Gesetzesmaterien auf den Gebieten Rundfunkgesetz, Kabelgesetz, Regionalradiogesetz beschäftigt, im Rahmen derer nicht nur Experten und Vertreter der Sozialpartner gehört werden, sondern die im Zuge des Gesetzwerdungsverfahrens natürlich auch breit in der Öffentlichkeit diskutiert werden.

Zur Frage 15:

Die von mir angekündigten Neuregelungen im Medienbereich treffen wir selbstverständlich gerade auch unter dem Aspekt, den Medienstandort in Österreich zu sichern beziehungsweise auszubauen. Es gibt in unserem Land enormes kreatives Potential, das es verstärkt zu nutzen gilt. Die Bedingungen dafür scheinen nicht schlecht, denn die Vielfalt, die die technische Entwicklung bei den traditionellen Medien, aber auch die neuen Medien mit sich bringen, wird die Nachfrage nach Programmen und Programmteilen enorm steigern. Hier kann sich Österreich einbringen, allerdings nur, wenn es eine gewisse Grundnachfrage seitens starker österreichischer Medienunternehmen gibt. Und daran wollen wir arbeiten.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

17.08

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Wir gehen nunmehr in die Debatte ein. Ich mache darauf aufmerksam, daß gemäß der Geschäftsordnung kein Redner länger als 15 Minuten sprechen darf.

Zu Wort hat sich nunmehr Frau Dr. Schmidt gemeldet. – Bitte, Frau Abgeordnete.

17.08

Abgeordnete Mag. Dr. Heide Schmidt (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Staatssekretär! Es ist eine zeitlich durchaus umfassende Beantwortung gewesen, was den Inhalt betrifft, muß man das sehr unterschiedlich sehen, und ich werde mich daher bei den jeweiligen Fragen auch damit auseinandersetzen. Ich werde mich, Herr Bundeskanzler, vor allem damit auseinandersetzen, daß Sie gemeint haben – und da stimme ich Ihnen völlig zu –, daß wir eine Mediendiskussion brauchen, die offen geführt wird, die ohne Tabus geführt wird, daß wir bei der Führung dieser Diskussion intellektuelle Redlichkeit bräuchten und daß es vor allem notwendig ist, diese Diskussion unter einer ganzheitlichen Sicht zu führen, nämlich auch was die Zusammenhänge, Überschneidungen, Verflechtungen und ähnliches zwischen Printmedien und elektronischen Medien, zwischen Hörfunk und Fernsehen betrifft. Ich werde gerade bei Ihrer Art der Beantwortung diese Argumente als Maßstab anlegen, und ich weiß nicht, ob Sie sie dann immer noch aufrechterhalten können.

Bei der Frage 1 haben Sie gemeint, daß es die Regierung keinesfalls verabsäumt hätte, Regierungsvorlagen zu entwickeln. Das ist natürlich ein sehr relativer Begriff. Tatsache ist, daß im ersten Arbeitsübereinkommen – das stammt aus dem November 1994 – bereits diese Absicht festgehalten war. Seither sind eineinhalb Jahre vergangen, wir haben bis heute nichts vorgelegt bekommen. Tatsache ist, daß das Verfassungsgerichtshoferkenntnis vom September 1995


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stammt. Wir haben jedenfalls bis heute nichts vorgelegt bekommen, wie eine Änderung ausschauen könnte. Wobei ich noch dazusagen muß: Auch der November 1994 ist eigentlich schon ein spätes Aufwachen gewesen, wenn man sich vorstellt, daß insbesondere in Deutschland seit 1984 einschlägige gesetzliche Regelungen vorhanden sind. Das heißt, jetzt zu sagen, Sie hätten nichts verabsäumt, ist schon eher eine sehr wohlwollende Ausdrucksweise, die von der persönlichen Befangenheit herrührt. Ich glaube, sie kann einer objektiven Beurteilung nicht standhalten. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

Viel wesentlicher ist aber die Frage 2, und damit komme ich zu etwas, was jetzt vielleicht öfter angezogen werden wird, nämlich zur intellektuellen Redlichkeit. Es wäre schön, wenn Sie diese Maßstäbe, die Sie hier anführen, tatsächlich auch immer an Ihrem politischen Verhalten anlegen würden. Zur Frage 2 sagen Sie, es sei im Jahr 1993 zu einer Novelle des Kartellgesetzes gekommen, um die angesprochenen Konzentrationsprozesse in den Griff zu bekommen. Da muß man schon festhalten, daß das jedenfalls nach Einrichtung der Mediaprint war. Das heißt, alles, was ab diesem Zeitpunkt erfolgt ist, diente offensichtlich der Absicherung der Mediaprint. Das eine hat man einmal voll konzentrieren lassen, alles andere, was nachher kam, hat man zu verhindern versucht, wobei man da noch überlegen muß, ob das überhaupt taugliche Instrumentarien sind.

Bereits bei der Debatte hier im Hohen Haus im September 1993, als es um die Novelle zum Kartellgesetz ging, haben wir genau diese Bedenken angesprochen, und mein Kollege Barmüller hat damals einen Entschließungsantrag eingebracht, in dem wir unter anderem verlangt haben, Maßnahmen nicht nur gegen eine Monopolisierung, sondern vor allem zu einer Entmonopolisierung zu setzen und zu einer schrittweisen Entflechtung bestehender Zusammenschlüsse zu kommen. Das wäre der Anlaß gewesen, damals bereits darüber nachzudenken, in welcher redlichen, rechtsstaatlich korrekten Form das erfolgen kann. Sie haben mit Ihrer Mehrheit diesen Entschließungsantrag niedergebügelt. Sie haben ihn abgelehnt.

Ihre Argumentation, wieso eine Entflechtung nicht möglich wäre, halte ich wirklich für bemerkenswert nach jenen Wochen, die wir hier im Parlament verbracht haben, wo eine rückwirkende Bestimmung nach der anderen beschlossen wurde, und das selbstverständlich mit einer Verfassungsmehrheit, wissend – und der Herr Bundeskanzler hat das ja auch hier festgestellt –, daß der Verfassungsgerichtshof tatsächlich den Schutz des Vertrauens der Unternehmen in das Fortbestehen einer im wesentlichen seit Jahren geltenden Regelung hochhält. Das heißt, als wir das Budget beziehungsweise das Strukturanpassungsgesetz hier besprochen haben, war Ihnen dieser Grundsatz schnurzegal. Sie sind drübergefahren, ob das nun die Verlustabdeckung oder sonst irgend etwas war, haben mit einer Zweidrittelmehrheit rückwirkende Bestimmungen beschlossen, Verfassungsgerichtshoferkenntnis hin, Verfassungsgerichtshoferkenntnis her, völlig egal, ob Treu und Glauben irgend jemand etwas wert sein können, Sie haben ja eine Zweidrittelmehrheit. Und jetzt kommen Sie her – und das kann ich wirklich nur als Scheinheiligkeit bezeichnen – und sagen, daß es gar nicht möglich wäre, etwas zu entflechten, weil das genau jenem Grundsatz widersprechen würde. Das muß man sich auf der Zunge zergehen lassen.

Sagen Sie mir jetzt nicht, daß auch wir mit zweierlei Maß messen, weil wir das eine Mal dagegen waren und uns jetzt für eine Entflechtung aussprechen, denn das ist etwas anderes. Uns geht es jetzt darum, daß wir einen Zeitplan beschließen, innerhalb dessen die Entflechtung stattfindet, das heißt, daß sich eine Unternehmung sehr wohl darauf einstellen kann. Es ist völliger Unfug, zu sagen, daß das für einen Unternehmer unzumutbar wäre, denn er habe seinerzeit in dieses oder jenes investiert. Da muß man eben – und daher wollen wir ja diese Diskussion führen – einen solchen rechtsstaatlich zumutbaren Zeitplan machen, damit sich die Unternehmen darauf einstellen können und das Ziel der Entflechtung erreicht wird. Das ist es, was wir damit wollten. Und wenn Sie, Herr Bundeskanzler, so tun, als wäre der Maßstab, rückwirkende Bestimmungen darf es keine geben, hier anzuwenden, dann ist das einfach ein bewußtes Mißverständnis, weil ich nicht glauben kann, daß Sie das tatsächlich so meinen. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

Ich finde es ja nahezu rührend, wenn dann weiter gesagt wird: Abgesehen von diesen verfassungsrechtlichen Überlegungen – zu denen ich noch einmal sage, daß es uns ein Grundbedürf


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nis ist, sie anzustellen – müßte man sich die Frage stellen, wie eine rückwirkende Entflechtung überhaupt zu bewerkstelligen wäre. – Na genau das ist der Punkt! Diese Frage wollen wir nicht nur stellen, sondern wir wollen sie beantworten. Und das ist der Grund, warum wir endlich eine medienpolitische Diskussion in Gang setzen wollen. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

Sie steigern sich in Ihrer Beantwortung, Herr Bundeskanzler: Bei der Frage 3 kommt eine Argumentationsschiene, die ich wirklich aus Ihrem Munde nicht erwartet hätte. Diese liegt nämlich für mich so auf der Ebene – nur vom gedanklichen Strickmuster her –, wie wenn man sagt: Aha, ihr seid gegen den Lauschangriff? Das heißt, ihr seid für die Mafia. – Das haben Sie selbstverständlich so noch nie gesagt. Das kommt aus anderen Reihen. Das ist ungefähr das Strickmuster: Wenn du gegen das bist, dann bist du offensichtlich für die Verbrecher! Und genau nach diesem einfachen Strickmuster in transponierter Form antworten Sie auf die Frage 3.

Uns geht es um eine prozentuelle Obergrenze der Eigentumsverhältnisse, und Sie unterstellen uns auf eine zynische Art und Weise, daß gerade Abgeordnete, die sich liberal nennen – das würde ich Ihnen so auch nicht sagen, ich unterstelle Ihnen nicht, daß Sie sich nur sozialdemokratisch nennen, sondern ich gestehe Ihnen zu, daß Sie sich auch wirklich so fühlen –, den Menschen vorschreiben wollen, was sie lesen oder kaufen sollen. Das ist doch wirklich nicht Ihr Ernst, daß Sie uns so etwas unterstellen wollen! Auf welcher Ebene wollen Sie diese Diskussion eigentlich führen? Selbstverständlich geht es um die Eigentümerstruktur, selbstverständlich geht es darum, welche Möglichkeiten ein Konsument haben soll und die Konzentrationen zu vermeiden, und nicht darum, die Konkurrenz niederzubügeln. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

Das ist wirklich die unterste Schublade. Ich halte das nahezu für beleidigend.

Als Sie die Prozentzahlen im Regionalradiogesetz festgeschrieben haben, haben Sie sich ja offensichtlich auch nicht gedacht, daß Sie mit diesen Prozentzahlen den Hörern vorschreiben wollen, was sie hören dürfen und was nicht, sondern Sie sind davon ausgegangen, daß es eben einer Regelung bedarf, um besondere Konzentrationen zu vermeiden, und um das gleiche geht es hier auch. Deswegen haben wir Sie gefragt, was Sie sich diesbezüglich vorstellen können. Und wenn Sie dann davon reden, daß Sie sich das in einem freien Staat nicht vorstellen können, so kann ich das wirklich nicht ernst nehmen.

Selbstverständlich soll eine Zeitung aus eigener Kraft ein Millionenpublikum erreichen können – aber wie schaut denn die eigene Kraft im Moment aus? Sie ist ja keine eigene Kraft, sondern es sind jene Instrumente, die zu einer Holzhammermethode und einer Totschlagmethode der Konkurrenz gegenüber führen, und das ist der Punkt, den wir verändern wollen. Das hat nichts damit zu tun – wie Herr Dichand in seiner Zeitung schrieb –, daß man in Österreich vom "Fluch des Erfolges" verfolgt sei. So ein Unfug! Das ist ungefähr die gleiche Argumentationsebene. Wenn er es aus eigener Kraft schafft, gerne, aber nicht auf die Weise, daß mit einem gemeinsamen Vertriebssystem, mit einem gemeinsamen Druckersystem, wie Kollege Frischenschlager es vorhin ausgeführt hat, die Konkurrenz niedergemacht wird, wo man genau weiß, wen man hereinnimmt und wen man draußen läßt und daß diese Monopolsituation so funktioniert.

Die grünen Abgeordneten haben unsere Dringliche zum Anlaß genommen, das Ganze auch optisch deutlich zu machen; das ist eine Stilfrage, wir versuchen es mit inhaltlicher Argumentation, sie legen noch eine optische Komponente drauf. Wenn es dadurch deutlicher wird, bin ich mit allem einverstanden. Aber das ist ja der Ausdruck dessen, wie es wirklich funktioniert. Da sagen Sie, daß sie aus eigener Kraft so groß werden. Wo ist denn die eigene Kraft, wenn Sie eine indirekte Presseförderung von – über den Daumen – 70 Millionen beschließen, indem Sie die Kolporteure aus der Werkvertragsregelung herausnehmen? Das ist das, was wir verhindern wollen und keinen vernünftigen Wettbewerb, denn das, was wir heute haben, ist eben eine Auflösung des Marktes und eine festgeschriebene Verzerrung des Marktes. Deswegen ist dieses Kartellrecht, das wir derzeit haben, marktfeindlich, marktverzerrend, und es läßt keine Konkurrenz zu. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)


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Herr Bundeskanzler! Diese Geisteshaltung kommt auch bei Ihrer Antwort zur Frage 4 zum Ausdruck. Im Zusammenhang damit, daß der Verfassungsgerichtshof Bestimmungen des Regionalradiogesetzes aufgehoben hat, sagen Sie – und das ist wirklich kurios –: Der Schaden wurde hier keineswegs vom Gesetzgeber verursacht, er hatte seine Ursache in Konkurrenzüberlegungen der nicht zum Zug gekommenen Antragsteller. – Das heißt, diejenigen, die sich wehren gegen ein ungerechtes Gesetz, sind dann schuld, daß Bestimmungen aufgehoben werden. Wenn ihr alles akzeptiert, wenn ihr sozusagen die Krot freßt’s, dann ist alles in Ordnung. Aber wenn es einer wagt, sich zu wehren, dann ist er selber schuld. Das ist Ihr demokratiepolitisches Verständnis: Sie sagen, Sie können nichts dafür, der Gesetzgeber, der das mit Mehrheit beschlossen hat, kann nichts dafür, sondern diejenigen, die sich zur Wehr gesetzt haben, sind schuld. Da sehe ich wirklich, wie notwendig es ist, den Menschen den Rücken zu stärken, daß sie sich auch künftig zur Wehr setzen, damit Sie auch wissen, wo es wirklich langzugehen hat. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

Ich komme zur Zeitfrage. Im Hinblick auf meine zu Ende gehende Redezeit bitte ich meine nachfolgenden Kollegen, sich um die weiteren Kapitel zu bemühen, denn bis zum ORF werde ich wahrscheinlich nicht kommen. – Diese eine Überlegung von Ihnen zur Frage 4 muß ich auch analysieren. Sie sagen, daß bis zum 1. August die Programmanbieter wissen sollen, wie die rechtliche Situation auf dem Gebiet im Herbst aussehen wird. Was heißt das? – Da ist übrigens ein Widerspruch: Vorhin haben Sie gesagt, daß vor dem Sommer ein diesbezügliches Gesetz in Begutachtung gehen soll, hier sagen Sie, bis zum 1. August sollen sie wissen, wie das Gesetz im Herbst ausschauen wird. – Also was heißt das?

Erstens: Sie gehen also davon aus, daß es nicht auf das Parlament ankommt, sondern daß es offenbar auf Ihre Regierungsvorlage ankommt. Auch da haben wir wieder ein deutliches Signal dafür, was Sie vom Parlament eigentlich halten und was Sie glauben, wer eigentlich der Gesetzgeber ist.

Wenn es aber nicht so wäre und wenn Sie meinen, daß man hier tatsächlich noch etwas beschließen könnte, so sind noch ungefähr eineinhalb Monate Zeit. Das heißt, Sie haben hier offensichtlich Verhandlungen mit Ihrem Koalitionspartner und glauben, daß Sie in den eineinhalb Monaten Begutachtungsverfahren und Ausschußberatungen unterbringen, damit die anderen wissen, worauf sie sich einlassen können. Bitte, wie ernst ist diese Antwort zu nehmen? Einmal sagen Sie, vor dem Sommer soll das beschlossen werden, dann sagen Sie wieder, vor dem Sommer soll man sich darauf einstellen können. Was wollen Sie mit diesem Parlament eigentlich noch machen? Wie weit wollen Sie es noch entmündigen? Und das sind genau die Punkte, die dazu geführt haben, daß wir eben diese Debatte heute angezündet haben.

Was Sie noch vom Parlament halten, haben Sie bei Ihrer Beantwortung der Frage 5 zum Ausdruck gebracht, nämlich wenn Sie sagen, daß der Hauptausschuß einen Frequenznutzungsplan nicht beschlossen habe und Sie sich daher überlegen und dafür eintreten werden, daß ein einfacheres Verfahren der Frequenzplanung vorgesehen wird. Ich kann das nur so verstehen, daß Sie der Meinung sind, der Hauptausschuß soll nichts mehr dabei mitzureden haben. Das heißt, Sie eliminieren gleich wieder einmal ein Mitspracherecht des Parlaments. Wenn das wirklich das ist, was Sie sich unter einer offenen Mediendiskussion vorstellen, wenn Sie sich das darunter vorstellen, wie eine Diskussion mit intellektueller Redlichkeit geführt wird, dann läßt das Böses erahnen. – Danke. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

17.22

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Der nächste Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Cap. – Bitte, Herr Abgeordneter.

17.22

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Hohes Haus! Ich glaube, es ist positiv, daß es diese kritische Mediendiskussion gibt. Ich glaube, daß diese notwendig ist, und ich glaube, das berührt auch wichtige Strukturen und Fragen unseres Staates, der Machtverhältnisse in diesem Land, der Beziehung zwischen Politik und Medien. Und die Beziehung zwischen Politik und Medien war immer schon spannungsgeladen und ist auch


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konfliktträchtig und besteht ohne Zweifel aus Interessenkonflikten, und hier gibt es unterschiedliche Verhaltensweisen und unterschiedliche Konzeptionen.

Ich glaube, man kann das gar nicht alles diskutieren, wenn man nicht auch die politische Kultur und die mediale Kultur kurz beleuchtet. Ich will das nur zu Beginn meiner Wortmeldung kurz aufarbeiten.

Denken wir doch daran, daß bei einem wachsenden Wechselwähleranteil – im Gegensatz zu den Wahlen der fünfziger und sechziger Jahre – die Bedeutung der Wahlentscheidung, die Wahlbeteiligung und letztlich auch die Wahlentscheidung selbst von der Art der Berichterstattung bestimmt werden. Das heißt, die Wertigkeit der Berichterstattung hat zugenommen – und damit in einem gewissen Sinne auch die Abhängigkeit der Politik. Das muß man wissen, wenn man das diskutiert und wenn man dann den puristischen Standpunkt einnimmt, sich hier herstellt und so tut, als würde die ganze Welt nur aus lauter mutigen Politikern bestehen. – Sie besteht nicht nur aus mutigen Politikern. (Abg. Dr. Haselsteiner: Das haben wir gemerkt!)

Na gut, dann arbeiten wir einmal die verschiedenen Prostitutionsverhaltensweisen auch von Oppositionspolitikern gegenüber mächtigen Medien in Österreich auf. (Beifall bei der SPÖ.) Da brauchen wir uns nur die Zeitgeistmagazine, die Tageszeitungen anzuschauen, wo sich der eine oder andere Politiker am Themensurfing und am Medienstream beteiligt, dem das dümmste Photo nicht dumm genug ist, nur damit es erscheint, dem die platteste Aussage nicht platt genug ist, nur damit sie vorkommt, nur damit er seine jämmerliche Medienpräsenz erhöht, öfters in den Medien vorkommt und dann sagen und vortäuschen kann: Ich habe Gestaltungskompetenz. Ich stehe für etwas. Ich will etwas verändern. – Ob es dann wirklich passiert, ist ihm egal. Dem Medium übrigens auch. Das hat dann seine Auflagenzahl erhöht, das hat seine Einschaltquoten erreicht. Der Politiker hat irgend etwas vorgetäuscht, vorgetäuscht, daß er Politiker ist. Alle beide sind zufrieden, und die Sache ist zu Ende. Das ist auch Politik, das ist in Wirklichkeit Unpolitik.

Das ist eine Art von Politik, die es letztlich auch nicht ermöglicht, daß es ein geschlossenes Vorgehen der Politik gibt, wenn man die Medienlandschaft wirklich gestalten will, und das muß es geben. Aber da sind immer welche, die scharwenzeln und hinterrücks sich die Dinge ausmachen, die berühmten Bristol-Treffen organisieren – und was weiß ich, was es da noch alles geben mag. Das betrifft auch Oppositionspolitiker – dann schaue ich da herüber –, die mit den Unterläufern oder gleich mit den Zentren Kontakt aufnehmen und dann immer gestreichelt werden. Sie können den größten Unsinn sagen – sie werden gestreichelt, weil es halt irgendwo eine Beziehung gibt. Also man sollte wirklich nicht vergessen, daß das auch ein Bestandteil unserer politischen Kultur ist.

Da gibt es dann die Belohnungs- und Bestrafungssysteme: Wenn du brav bist und eine Indiskretion hast laufen lassen, dann kommst du drei Tage später plötzlich vor, und dann heißt es: Was hat dieser seriöse Politiker wieder für eine gescheite Initiative gestartet! – In Wirklichkeit ist sie wahrscheinlich grunddumm, aber dafür wird dann etwas anderes irgendwann einmal berichtet. Da lacht dann ein jeder insgeheim da herinnen, und da will ich keinen Unterschied sehen zwischen den Mächtigen und den weniger Mächtigen; Frischenschlager hat das so diabolisch formuliert, er hat vom "Zugriff der Mächtigen" gesprochen, wo es gleich jeden von uns schüttelt, wenn er das Wort in dem Zusammenhang hört, selbst wenn es vom liberalen Frischenschlager gesagt wird.

Aber das, bitte, sind Dinge, die wir, wenn wir ehrlich diskutieren wollen, nicht vergessen dürfen. Und ich würde den Appell des Herrn Bundeskanzlers wirklich ernst nehmen und sagen: Reden wir einmal ganz offen über unser Verhältnis, das wir zu den Medien haben. Ich sage das auch selbstkritisch. Ich habe auch viel Unsinn gemacht, nur damit ich eine gewisse Medienpräsenz habe. Aber die Rollschuhfahrer, jene, die mit dem Handy brustschwach am Wörthersee herumgefahren sind, alle die sollen sich hier gleich versammeln und sagen: Jawohl, ich habe gesündigt, ich habe mich prostituiert, nur damit ich vorkomme, ich armer Wurm! – Das ist in Wirklichkeit die Geisteshaltung, die da mitschwingt.


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Das geht bis hin zu den "Spielen der Abgeordneten". Ich weiß nicht, wer den Schuh versteckt hat, aber immerhin. Wenn es Methode ist, daß man auf diese Art eine Seite 1 für 2,5 Millionen Leser bekommt, muß man ihm gratulieren. Der Stöckelschuh ist viel wert, das sage ich Ihnen. (Heiterkeit.) Diese Einschaltung, in der Sie da vorkommen, kostet viel Geld. Aber das, bitte, gehört dazu – und der (in Richtung der Freiheitlichen) gehört auch dazu. (Abg. Ing. Meischberger: Wer?)

Ist Ihnen schon aufgefallen, daß der Abgeordnete Haider nur vor den Redaktionsschlußzeiten da ist, wenn noch irgendwie die Chance besteht, ins Programm zu kommen? (Abg. Ing. Meischberger: Das müssen wir von dir gelernt haben! – Abg. Haigermoser zieht seinen Schuh aus und hält ihn in die Höhe.) – Bitte keine Geruchsattacken, sonst kann ich nicht weiterreden! (Beifall bei der SPÖ sowie allgemeine Heiterkeit.)

Ist Ihnen aufgefallen, daß er wirklich nur da sitzt, wenn es medial relevant ist? Wenn wir uns abrackern bis zwei Uhr in der Früh, büselt der schon längst in der FPÖ-Kombüse oder macht sonst irgendeinen Unsinn, um uns am nächsten Tag zu quälen, anstatt daß er da sitzt und aufpaßt, die Hände auf dem Tisch hat und sich auf das konzentriert, was wir hier sagen. Das ist ebenfalls etwas, das wir dabei wirklich berücksichtigen sollten.

Weil sich die Grünen so engagieren, möchte ich ihnen auch ein Scherzel zuwerfen. Die ganze Umweltbewegung beruht nicht unmaßgeblich auch auf den Aktivitäten der "Kronen-Zeitung". Ich denke jetzt nicht an den Bio-Dichand, an den Sohn, der uns die Bioprodukte näherbringt, sondern an die ganze Hainburg-Geschichte, an die vielen Dinge, wo die "Kronen-Zeitung" sich engagiert hineingehaut hat und wo der eine oder andere Grüne – heute sitzen sie ja nicht mehr hier, das waren ja die äratischen Grünen, sozusagen die Urgrünen, die Altgrünen – in der "Kronen-Zeitung" herumgesurft ist.

Jetzt komme ich langsam zu meinem Thema, wenn wir über die Mediaprint reden. In Wirklichkeit sollten wir über die "Kronen-Zeitung" reden und nicht über die Mediaprint und über das Faktum, daß es in Europa ein Land wie Österreich gibt, in dem 2,5 Millionen Leute geil darauf sind, diese Zeitung zu lesen. Und das können wir nicht eskamutieren.

Ich meine auch, daß wir die Frau Abgeordnete Schmidt vorhin wahrscheinlich falsch verstanden haben, und zwar insofern, als ich auch glaube, daß sie nicht für eine Auflagenbegrenzung der "Kronen-Zeitung" plädiert. (Abg. Dr. Schmidt: Das habe ich nicht gesagt!) Das könnte sie sich in Wirklichkeit innenpolitisch gar nicht leisten. Ich spreche diese Formulierung in Ihrer Dringlichen an – Sie sollten den Schreiberling rügen, der das gemacht hat. Denn wenn da steht, daß eine prozentuale Obergrenze am Gesamtmarktanteil von Medienunternehmen festzulegen ist, dann kann man das auch so interpretieren, daß das eine Auflagenbegrenzung sein könnte. Also bitte mehr grammatikalische Sauberkeit in Ihren Reihen, und sorgen Sie dafür, daß wir das nächste Mal, wenn wir eine dringliche Anfrage von Ihnen kriegen, auch wirklich mit Verständnis an die Sache herangehen können, und schütten Sie nicht zu sehr Adrenalin aus, wenn Sie dann die entsprechende Reaktion darauf kriegen!

Ich möchte damit sagen – damit schließe ich jetzt diesen Teil ab –, da ist die politische Kultur und die politisch-mediale Kultur ... (Rufe bei der SPÖ – in Reaktion darauf, daß Abg. Dr. Haider den Saal betritt –: Er kommt! Er kommt!) Wenn ich hier rede, habe ich höhere Einschaltziffern, deswegen kommt er jetzt wahrscheinlich gerade herein. Und es geht sich auch noch knapp aus, es ist 17.30 Uhr, also um in die 18-Uhr-Nachrichten zu kommen, könnte er noch irgend etwas machen, das Sakko fallenlassen oder die Krawatte wegschmeißen oder irgend etwas – die hat er schon weggeschmissen. Also damit könnte er heute vielleicht noch einen Punkt sammeln.

Jetzt möchte ich einmal zum selbstkritischen beziehungsweise überhaupt zum kritischen Teil kommen, denn wenn man mit einer Kritik oder einer Selbstkritik beginnt, müssen auch die nachfolgenden Redner selbstkritisch sein. Und daher, so hoffe ich, wird das eine kritischere Reflexion.

Es hat natürlich auch medienpolitische Sündenfälle gegeben. Ich sage ganz ehrlich, obwohl ich das immer verteidigt habe: Mit der allgemeinen Presseförderung habe ich auch meine Probleme –


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so quasi als Titelprämie –, diese sollte man vielleicht auch einmal überdenken. Die besondere Presseförderung macht wirklich Sinn, aber über die allgemeine sollte man nachdenken.

Die Sündenfälle haben eine lange Geschichte, sie reichen weit zurück. Ich weiß nicht, ob es notwendig war, daß man Druckereiförderungen für kapitalkräftige Medienunternehmer getätigt hat. Man muß einmal kritisch hinterfragen, ob das tatsächlich gescheit war. Ich frage mich bis heute, warum es kein österreichisches Kapitalkonsortium gegeben hat, um den Eintritt der deutschen WAZ und die Bildung der Mediaprint zu verhindern. Das ist nämlich die Wurzel des Problems. Wieso hat es das nicht gegeben? Wieso waren wir alle miteinander nicht imstande, das irgendwie zu erreichen? – Ich könnte mir vorstellen, daß wir damit vielleicht vieles hätten vermeiden können.

Beim Kartellgesetz sind wir unterschiedlicher Auffassung. Ich glaube, das Kartellgesetz sollte einmal ausjudiziert werden. Man sollte einmal versuchen, diese Rechtsbasis zu verwenden, und sich einmal die Frage stellen, ob damit nicht auch Entflechtungsmaßnahmen in Gang gesetzt werden können. Ich finde es auch unerträglich, daß sie die größten Druckereien, das größte Vertriebssystem haben und mit ihren Bündelungstarifen am Anzeigenmarkt natürlich versuchen, die anderen wegzudrücken. Das ist doch keine Frage, darüber brauchen wir nicht zu reden. Aber was dabei entscheidend ist, ist die Frage: Wie kann ich dem entgegenwirken? – Es ist wirklich verzerrend, und man darf das nicht mit einem Anti-"Kronen-Zeitung"-Reflex verwechseln, indem man dauernd indirekt über die "Kronen-Zeitung" redet. Sie ist die erfolgreichste Zeitung, und das muß man einmal zur Kenntnis nehmen. Aber darüber muß man sich Gedanken machen. Ich stelle mir die Frage, ob nicht das vorherrschende Kartellgesetz Basis genug liefert, um das auch zu erreichen – nur hat es eben niemand angewendet.

Bronner vom "Standard" war der erste, der sich hingestellt und versucht hat, das im Bereich des Vertriebes anzuwenden. Jetzt werden wir sehen, was daraus wird, und dann kann man dieses Kartellgesetz doch novellieren. (Zwischenruf der Abg. Dr. Schmidt. ) – Man kann dieses Kartellgesetz doch novellieren, Frau Kollegin Schmidt! Dagegen wehrt sich doch kein Mensch! Wenn man es effizienter machen kann, dann soll man es effizienter machen!

Aber dabei sollte man auch eines nicht vergessen: Ich möchte auch über Ruß in Vorarlberg und über die Herren Murdoch und Leo Kirch reden, über diesen Preistreiber Leo Kirch, so sage ich jetzt einmal. Wenn es mehr Anstalten gibt, wie es Meischberger dauernd will, nämlich private Fernsehanstalten, dann kommt er überhaupt nicht mehr vor. Er glaubt nämlich, daß er bei den privaten Anstalten einen Marktwert hat, aber da wird er sich täuschen. Wenn es sie dann gibt, wird Leo Kirch den Preis hochtreiben können, Meischberger nicht, weil ihn ja keiner will, aber die Produkte von Leo Kirch will dann trotzdem jeder. Das heißt, er wird dann den Preis hochtreiben, und das muß man sehen, und daher muß man sich auch die Frage stellen, welche Initiativen wir auf europäischer Ebene setzen werden, denn das gehört auch dazu. Es gehört auch dazu, daß wir uns dann, wenn die neuen Medien kommen – das sage ich auch jetzt gleich –, Gedanken darüber machen, wie wir Partizipation, Vielfalt und Demokratisierung als die Leitlinien bei der Einführung, Gestaltung und Beherrschung dieser neuen Medien berücksichtigen. Applaudieren die Liberalen? – Bitte. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Ich denke, daß das eine sehr wichtige Sache ist, die wir bei der Medienpolitik im Endeffekt zu berücksichtigen haben. Und da meine ich, es wäre eben wichtig, daß man im Rahmen der politisch Tätigen zu Umgangsformen kommt, die es ermöglichen, daß wir nicht von den einzelnen Medien gegeneinander ausgespielt werden, sondern entsprechend diesen Grundüberlegungen die Medienlandschaft gestalten. Diese müssen sein:

Wir treten gegen marktbeherrschende Konzentrationen quer durch den printmedialen und elektronischen Bereich auf, das ist einmal eine sehr wichtige Sache. Wir führen, wie ich schon gesagt habe, im kartellrechtlichen Bereich, wenn notwendig, Verbesserungen durch. Wir kämpfen darum, daß es den ORF als eine Einrichtung, die für österreichische Kulturidentität steht, gibt.

Wenn sich herausstellt – das werden die Verhandlungen und die Arbeiten erst ergeben –, daß die Rechtsform (im Saal läutet ein Handy) – über die GSM-Geschichte und die Kolporteure


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können wir auch reden, aber ich bin noch bei der möglichen aktienrechtlichen Struktur des ORF – für den ORF eine ist, die Marktführerschaft garantieren kann, die es ihm ermöglicht, daß er sich in der internationalen Konkurrenz besser durchsetzen kann, wenn es möglich ist, daß es dieses Mischsystem zwischen Gebühren auf der einen Seite und Werbeeinnahmen auf der anderen Seite gibt, wenn es möglich ist, daß er öffentlich-rechtlich seinen Kulturauftrag erfüllt und zugleich aber auch Einschaltquoten erreicht, die ihm nicht nur die nötigen Werbeeinnahmen sichern, sondern auch die Legitimation dafür geben, daß er im Endeffekt weiter Gebühren einheben kann, wenn all das gelingt, ohne ein neues Proporzsystem zu begründen – das sage ich auch einmal ganz offen –, dann bin ich für keinen Ausverkauf des ORF! Er soll weiterhin zwei Fernsehprogramme und vier Radiofrequenzen haben. Wenn all das gelingt, dann bin ich wirklich der Meinung, daß wir diese österreichische Kulturidentität, die so wichtig ist, weiter aufrechterhalten können, und das im Zusammenhang mit einer möglichst raschen Einführung des privaten Regional- und Lokalradios; das sage ich dezidiert dazu. Wenn es zu dieser Neugestaltung der Medienlandschaft kommt, in der es auch private Fernsehbetreiber gibt, soll das auch in größtmöglicher österreichischer Eigentümerpräsenz verbleiben.

Das sind Vorhaben, bei denen es notwendig ist, daß wir mit einem fixen Wertekatalog der Vielfalt, der Pluralität und der demokratiepolitischen Verantwortlichkeit an diese Sache herangehen und daß wir uns möglichst alle darum bemühen, diese Ziele zu erreichen. Dann bin ich optimistisch, daß uns das auch gelingen wird nicht nur innerhalb Österreichs, sondern daß auch Österreich dann auf europäischer Ebene dafür sorgen kann, daß wir für diese demokratiepolitischen Prinzipien einstehen, sie garantieren und erfolgreich sind. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

17.37

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Kukacka. – Bitte, Sie haben das Wort.

17.37

Abgeordneter Mag. Helmut Kukacka (ÖVP): Herr Bundeskanzler! Herr Staatssekretär! Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die heutige Debatte ist zweifellos notwendig und sinnvoll, da gebe ich der Opposition recht, auch Kollegen Cap. Viele der angesprochenen Medienprobleme sind vorhanden, sind aber zum Teil verdrängt worden, unter den Teppich gekehrt worden, auch aus Angst – das ist ebenfalls schon gesagt worden – bisher nicht aufgegriffen worden.

Deshalb hat diese Debatte viele Motive: Sie hat ehrenwerte und grundsätzliche Motive, vor allem die Sorge um die Medien- und Meinungsvielfalt in diesem Lande, und das ist eine sehr berechtigte Sorge. Sie hat natürlich auch sehr interessenspezifische Motive – sowohl bei beteiligten wie betroffenen Medienunternehmen als auch bei Journalisten und Politikern.

Denn sagen wir es doch offen: Es geht bei diesen Fragen auch um Marktmacht, es geht um Einfluß auf öffentliche Meinung, es geht um persönliche Interessen, es geht um mediale und politische Zukunftschancen. All das steht bei diesem Thema auf dem Spiel, und deshalb ist dieses Thema auch so diffizil.

Aber es geht selbstverständlich auch um die weitere Entwicklung unserer Demokratie, denn Medien, ihre Inhalte und die Informationen, die sie verkaufen und mit denen sie handeln, sind eben nicht irgendwelche Waren, wenngleich sie zunehmend, wie wir alle sehen, aufgrund der Boulevardisierung schon genauso marktschreierisch angeboten werden. Medien sind nun einmal sensiblere Produkte als Waschmittel. Helmut Schelsky, der bekannte deutsche Soziologe, hat deshalb wohl etwas zuspitzend, aber sehr richtig gesagt: Die Information ist zum entscheidenden Produktionsmittel der Gesellschaft geworden, und die Monopolisierung dieses Produktionsmittels ist die aussichtsreichste Form der politischen Herrschaftsdurchsetzung.

Meine Damen und Herren! Dieser Sachverhalt ist zwar überspitzt, er gibt nur einen Teil unserer politischen Realität wieder, aber er stellt einen sehr wichtigen Aspekt unserer Gesellschaft sehr pointiert dar, und deshalb ist eines klar: Ein Mißbrauch publizistischer Macht kann zum Mißbrauch der Demokratie und damit zur Gefahr für die Demokratie werden. (Beifall bei der ÖVP.) – Deshalb, meine Damen und Herren, ist die Diskussion um Macht und Kontrolle der Medien nicht nur legitim, sondern sie ist notwendig, und wir müssen sie auch führen.


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Und zweifellos haben wir ein Defizit in diesen Fragen der sachorientierten Diskussion. Ich sage das durchaus auch selbstkritisch für die Volkspartei als Regierungspartei.

Eine wichtige Frage ist heute angesprochen worden, und zwar die Frage der Printmedienkonzentration, die durch entsprechende Klagen und Gegenklagen von "Falter" und "Standard" gegen Mediaprint aktualisiert wurde. Ich möchte dazu für die Volkspartei vor allem eines grundsätzlich festhalten: Der wichtigste medienpolitische Grundsatz der Volkspartei ist die Erhaltung und Erweiterung der Medien- und Meinungsvielfalt in unserem Land. Für uns ist klar, daß durch die Vielfalt und durch den Wettbewerb publizistische Macht neutralisiert und die Gefahr der Manipulation und der Bevormundung begrenzt wird. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Die ÖVP lehnt deshalb grundsätzlich jede Art von Medien- und Meinungsmonopol ab. Das gilt sowohl für monopolistische Organisationsformen als auch für die aus Konzentrationsprozessen entstehenden Quasimonopole, wie es sie vielfach auch im Medienbereich gibt. Wir treten also konsequent für die Einhaltung und Anwendung des Kartellrechtes auf dem Mediensektor mit dem Ziel ein, weitere Konzentrationen zu verhindern. Wir sind grundsätzlich bereit, uns mit allen Initiativen ernsthaft auseinanderzusetzen, die hier eingebracht werden, die hier ergriffen werden und die die Medienvielfalt und damit die Veröffentlichungsfreiheit einschließlich der Sicherheit und der Sicherstellung des Vertriebes gewährleisten.

Meine Damen und Herren! Wer so wie wir von der Österreichischen Volkspartei für die Marktwirtschaft ist, wird schon aus ordnungspolitischen Gründen alles tun, um gerade und auch in diesem Medienbereich Wettbewerb und Konkurrenz sicherzustellen. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir bekennen uns aber auch klar zum Eigentum und zur privatwirtschaftlichen Organisationsform der Printmedien. Und Eingriffe wie etwa eine rückwirkende Entflechtung von Printmedien wären für uns so schwerwiegende Eingriffe in das Grundrecht des Eigentums und der Erwerbsfreiheit, daß wir sie nur unter ganz besonderen Voraussetzungen und Verhältnissen ins Auge fassen können. Und diese besonderen, demokratiegefährdenden Verhältnisse kann man derzeit wohl seriöserweise in Österreich trotz Mediaprint nicht konstatieren, und wir sollten sie uns von niemandem, auch nicht von Politikern und Journalisten, einreden lassen! (Beifall bei der ÖVP.)

Auch und gerade die Medien sind selbstverständlich wirtschaftlichen Konzentrationsprozessen ausgesetzt. Nachfrage und Angebot sind auch da ein unerbittlicher Gradmesser für den Markterfolg. Selbstverständlich dürfen diese Kriterien in einer Marktwirtschaft nur unter ganz bestimmten Rahmenbedingungen beeinflußt oder gar aufgehoben werden. Es muß uns klar sein: Staatliche Maßnahmen gegen den wirtschaftlichen Prozeß der Konzentration sind in einer Presseordnung, die auf den Markt abgestellt ist, grundsätzlich systemwidrig und lassen sich deshalb auch nur bedingt durchsetzen. Sie brauchen vor allem einen ganz besonderen, demokratiepolitischen Rechtfertigungsgrund. Auch das muß man zur Kenntnis nehmen, wenn man sich – und da meine ich gerade die Damen und Herren von den Liberalen – ebenfalls zur Marktwirtschaft bekennt! (Beifall bei der ÖVP.)

Ob im konkreten Fall der Klage des "Standard" beziehungsweise des "Falter" gegen die Mediaprint Rechnung getragen wird, ist derzeit nicht primär eine politische, sondern im jetzigen Stadium vor allem eine rechtliche Frage. Man wird sich daher das Urteil des Kartellgerichts beziehungsweise des OGH sehr genau anschauen müssen, vor allem auch seine Begründung. Man wird daraus auch allenfalls dahin gehend Schlüsse ziehen müssen, ob weitere politische Konsequenzen notwendig sind. Wir sind jedenfalls für jede weitere Diskussion dieses Themas offen. Wenn die Opposition etwa eine konkrete Novellierung des Kartellrechtes vorschlägt, dann werden wir uns selbstverständlich offen und vorurteilsfrei damit auseinandersetzen!

Derzeit greift das Schutzsystem des Kartellrechts jedenfalls erst bei wiederholtem, die Medienvielfalt beeinträchtigendem Mißbrauch. Wir werden kritisch prüfen, ob diese Norm zur Erhaltung der Medienvielfalt auch ausreicht. Ich erhoffe mir diesbezüglich Aufklärung durch die derzeit laufenden gerichtlichen Verfahren, die wir sehr genau verfolgen werden. Jedenfalls können selbstverständlich auch Presseunternehmen nicht gänzlich aus ihrer Verantwortung für die Wirt


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schaftlichkeit ihres Produktes entlassen werden, auch nicht durch das beste Kartellrecht und die wirksamste Fusionskontrolle.

Presseunternehmen, deren Überlebensfähigkeit nicht aus eigenem gesichert scheint, erhalten übrigens bereits jetzt die besondere Presseförderung nach Maßgabe eines eigenen Gesetzes, nämlich des Presseförderungsgesetzes. Sie erhalten damit staatliche Zuwendungen, um die ökonomischen Marktgesetze gerade in diesem Bereich zu relativieren. Dazu bekennen wir uns auch, wenngleich wir selbstverständlich auch in diesem Bereich für Reformen und Neuerungen offen sind, wenn sie der Aufrechterhaltung der Medienvielfalt dienen und sie stützen.

Meine Damen und Herren! Natürlich geht es nicht nur darum, die österreichische Szene zu beobachten. Wir müssen selbstverständlich auch die gesamteuropäische Sichtweise einnehmen. Ich richte daher an die Bundesregierung den Appell, innerhalb der Europäischen Union für kartellrechtliche Regelungen und Monopolbeschränkungen zu sorgen und dafür einzutreten, ja sogar sie weiter zu initiieren, um sicherzustellen, daß in Zukunft gerade auch europaweit Meinungsvielfalt und Medienvielfalt gesichert bleiben.

Meine Damen und Herren! Genauso wie die Printmedien in Diskussion sind, ist natürlich auch eine Diskussion über die elektronischen Medien notwendig. Wir von der Volkspartei bekennen uns seit jeher zu einem dualen Rundfunksystem. Das heißt, zu einem Nebeneinander ... (Abg. Ing. Meischberger: "Seit jeher, seit jeher zu einem dualen System"!) – Herr Kollege! Ich habe das als Mediensprecher der Volkspartei schon vertreten, als Sie noch lange nicht hier im Haus waren! Da haben Sie noch gar nicht gewußt, wie man das ausspricht! Das möchte ich Ihnen dazu sagen. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir bekennen uns also zu einem klaren Nebeneinander von öffentlich-rechtlichem Rundfunk und privaten Anbietern von Radio und Fernsehen. Wir wissen, meine Damen und Herren, auch das gestehen wir ein, daß wir in Österreich hinter der europäischen Entwicklung nachhinken und daß leider statt des Parlaments der Verfassungsgerichtshof diesbezüglich die Tonart und das Tempo vorgibt. Wir sind sozusagen im Schlafwagen des europäischen Medienzuges gesessen.

Wir wollen, daß diese Probleme nun rasch beseitigt werden, daß es zu einer Liberalisierung des Hörfunks kommt, selbstverständlich auch unter Einbeziehung des Lokalradios. Das erscheint mir ganz besonders bedeutsam. Aber selbstverständlich wollen wir auch eine rasche Legalisierung des Kabelfernsehens, und zwar ohne daß diese Materien – nämlich für Privatradio und Kabelfernsehen, für die der Verfassungsgerichtshof ja Fristen gesetzt hat – nun mit der Reform des Rundfunkgesetzes junktimiert werden.

Das ist ein Problem, das wir sicherlich noch umfassend diskutieren werden und das man nicht in einigen Wochen erledigen kann. Aber wir sind der Meinung, daß sowohl das Privatradiogesetz wie die Novelle zum Kabelfernsehgesetz noch vor diesem Sommer erledigt werden können.

Meine Damen und Herren! Es gäbe noch viel zu sagen, insbesondere auch zum Thema öffentlich-rechtlicher Rundfunk. Wir als Österreichische Volkspartei sind jedenfalls der Meinung, daß der Rundfunk, auch wenn er als Aktiengesellschaft konstruiert wird, auch in Zukunft ein öffentlich-rechtlicher Rundfunk bleiben soll. Denn alles andere können Privatsender mindestens genauso gut, dafür aber gebührenfrei. Wir sind der Meinung, daß der ORF auch in Zukunft eine nationale Institution bleiben soll, mit der man sich identifizieren kann, weil sie sich als unverwechselbar und auch als unverzichtbar herausgestellt hat! – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

17.51

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Der nächste Redner ist Herr Abgeordneter Ing. Meischberger. – Bitte, Sie haben das Wort.

17.51

Abgeordneter Ing. Walter Meischberger (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Grundsätzlich hat Kollege Cap es begrüßt, wie alle, die hier ans Rednerpult getreten sind, daß wir hier im Nationalrat über Medienpolitik diskutieren. – Ich glaube ihm das nicht ganz. Er hat seinerzeit aktiv eigentlich nur für die Verhinderung der


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Medienpolitik zu sorgen gehabt, und er war einer, der das auch immer gemacht hat und das hervorragend gemanagt hat.

Alles, was aus seiner Zeit beim ORF geblieben ist – im Kuratorium habe ich das gehört –, ist, daß er einfach der gnadenloseste Benutzer der ORF-Kantine während der Sitzungen war. Das ist übriggeblieben. Außerdem war er der begnadetste Verkoster des Caterings dort bei den Sitzungen. Aber ansonsten, glaube ich, hat er hauptsächlich die Interessen der Regierung vertreten, die medienpolitisch nur eine Prämisse hat, nämlich die größtmögliche Einflußnahme auf die österreichischen Medien und die Absicherung dieser Einflußnahme. Das Ergebnis aus dieser Prämisse war, so meine ich, daß es eben zur Nicht-Medienpolitik in diesem Lande gekommen ist.

Es ist erschreckend, welches Bild diese Nicht-Medienpolitik eigentlich in der europäischen Medienlandschaft darstellt. Wenn man die österreichische Medienlandschaft mit der europäischen vergleicht, dann muß das für die Bundesregierung erschreckend sein und für uns hier im Hohen Haus eigentlich peinlich. Wir werden öffentlich vom Verfassungsgerichtshof dafür gerügt, als Nationalrat, als Gesetzgeber gänzlich untätig zu sein. Die Republik ist nach wie vor vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte verurteilt, weil man ein menschenrechtswidriges Monopol seit mehr als drei Jahren aufrechterhält. Man hat in dieser Zeit überhaupt nichts in Bewegung gesetzt, um von dieser wirklich peinlichen Darstellung wegzukommen. Es gibt trotz dieser Verurteilung bis heute kein privates Fernsehen in Österreich, auch nach mehrmaligen Ankündigungen durch den Bundeskanzler nicht.

Hier im Hohen Haus haben wir diese Frage in Wahrheit noch niemals richtig andiskutiert. Bei den Privatradioaktivitäten – auf diese wird Kollege Krüger noch näher eingehen – haben wir die Situation, zwar zwei private Radiostationen zu haben, ansonsten gilt aber das Regionalradiogesetz, das uns der VfGH auch zurückgeworfen hat. Jetzt hat man die Absicht, es so anzupassen mit Hilfe einer Reparatur, daß es den ursprünglichen Intentionen der Bundesregierung entspricht. Das heißt: wenig Pluralität und viel Einflußnahme bei jenen, die man unbedingt zulassen will.

Ich meine, bei der Kabelgesetzsituation ist ja für jeden augenscheinlich, wie in diesem Land Medienpolitik gemacht wird. Jetzt müssen wir wahrscheinlich ein Gesetz akzeptieren, das ohne Begutachtungsverfahren im Husch-Pfusch-Verfahren durchgedrückt wird, weil aufgrund der Aktion des Verfassungsgerichtshofes wieder ein Termindruck entstanden ist, der unter Umständen dazu führt, daß es einen rechtsfreien Raum gibt, in dem wir überhaupt nichts mehr zu sagen haben. Eine ORF-Reform wurde anläßlich der Regierungserklärung dieser großen Koalition andiskutiert. Aber sofort nach der Andiskussion ist man in eine Proporzdiskussion verfallen. Ausschließlich Proporzfragen werden jetzt diskutiert. Und wenn ich heute gehört habe, was der Bundeskanzler dazu gesagt hat, dann glaube ich, daß dieser Reformversuch praktisch schon wieder am Proporz gescheitert ist, obwohl wir dringend eine ORF-Reform benötigen würden. Denn wenn der Markt aufgehen soll und wenn sich der ORF am Markt plazieren können soll, dann braucht er auch die entsprechenden Rahmenbedingungen. Er braucht aber sicher nicht jene Rahmenbedingungen, die uns hinter den Standard der ORF-Politik zurückbringen, hinter das legendäre Portisch-Volksbegehren, was letztlich alles zu nichts anderem führt, als daß der ORF wieder in rote und schwarze Hände getrieben wird.

Was die Presseförderung betrifft, haben wir die Situation, daß diese Förderung eigentlich geschaffen wurde, um die Meinungsunabhängigkeit und die Pluralität der österreichischen Medien zu sichern. Aber genau diejenigen, deren Überleben eigentlich durch diese Presseförderung gesichert ist, sind die größten Förderer und Unterstützer eines Volksbegehrens, das sich wiederum auf die Fahnen schreibt, die Unabhängigkeit und die Meinungspluralität in den Medien abzusichern. Irgend etwas stimmt in diesem System nicht mehr.

Was die offensive Medienpolitik für die Zukunft betrifft, so ist auch noch anzumerken, daß es keinerlei Förderung oder irgendein Programm zur Ansiedlung nationaler oder internationaler Medienunternehmen in Österreich, die im weltweiten oder zumindest im europäischen Wettbe


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werb mithalten können, gibt. Statt dessen gibt es nur Rangeleien und "Konzernbauversuche" hinter den verschlossenen Türen der Großparteien.

Alles in allem steckt Österreich in allen Bereichen in einer Medienkrise, die sich wirklich gewaschen hat. Wir haben keine wettbewerbsfähigen Medienunternehmen in diesem Land. Wir haben keine Rahmenbedingungen, die derartige Unternehmen entstehen lassen könnten. Wir haben falsche Strukturen, aber dafür haben wir sehr viel politischen Einfluß in allen Bereichen der österreichischen Medienlandschaft.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, vor allem von den Grünen und den Liberalen! Die Ursache dafür ist sicher nicht die Allmacht der Mediaprint, die diese Situation angeblich herstellt. Die Ursache ist vielmehr, daß es keine Medienpolitik in diesem Land gibt. Denn wenn auch – vielleicht durch ein Volksbegehren – eine nachträgliche Entflechtung der Mediaprint zustande käme, wäre das noch lange nicht der Start und die Voraussetzung dafür, daß es eine aktive Medienpolitik in diesem Lande gibt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Die Argumentation in der Debatte rund um dieses Volksbegehren ist geradezu lächerlich. Einerseits wünscht man sich europäisch wettbewerbsfähige Konzerne, andererseits soll die Mediaprint, die wahrscheinlich der einzige europäisch wettbewerbsfähige Medienkonzern in Österreich ist, zerschlagen werden, und zwar nur deshalb, weil sich Wettbewerbsunfähige in dieser Medienlandschaft durch den Erfolg der anderen benachteiligt fühlen. Das heißt meines Erachtens: Aus der Sicht dieser Wettbewerbsunfähigen ist internationale Größe in Österreich eine Gefahr für die Meinungsfreiheit. Daher kann die zukünftige Entwicklung unserer Medienlandschaft nicht gestaltet werden.

Man wünscht sich aber auch einerseits wettbewerbsfähige internationale Unternehmungen, die nach einer Liberalisierung des Rundfunkgesetzes vielleicht sogar als Unternehmer im elektronischen Bereich auftreten, andererseits soll die ganze Geschichte wieder verboten werden.

Wir Freiheitliche sehen aus unserer Sicht diese Debatte um die Mediaprint ganz anders: Wir sind nämlich nicht unglücklich darüber, daß es einen derartigen Konzern in Österreich gibt, sondern wir sind unglücklich darüber, daß es nur einen derartigen Konzern in Österreich gibt und daß es nicht möglich ist, einen Wettbewerb auf dieser Ebene zu schaffen (Beifall bei den Freiheitlichen), wo zwei oder mehr starke Medienunternehmen diese Konzentration in sich auflösen könnten.

Was die Auflösung oder die Zerschlagung der Mediaprint betrifft, so möchten wir hier unsere rechtsstaatlichen Bedenken anmelden. Es kann nicht angehen, daß ein erfolgreiches Unternehmen, das jahrelang auf legaler Basis geführt wird und große Erfolge hat, im nachhinein zerschlagen wird!

Dieselben, die – wie die Liberalen und die Grünen – die rückwirkende Gesetzgebung beim Budget sehr richtig – und dies ist auch zu unterstützen – beklagt haben, wollen eine derartige Vorgangsweise, was die Mediaprint betrifft, erlauben.

Ich glaube, daß man die Mediaprint so sehen soll, wie sie ist. Es gibt keinen nachvollziehbaren redaktionellen Zusammenschluß zwischen der "Kronen Zeitung" und dem "Kurier". Es ist ein Vertriebszusammenschluß, es ist ein Nutzen von Synergieeffekten und des Servicebereiches, der sehr erfolgreich ist. Dadurch ist für mich die Meinungsfreiheit nicht gefährdet.

Was die Pluralität in der Medienlandschaft betrifft, so soll man doch auch nicht vergessen, daß gerade die Zusammenführung der Mediaprint zwei nicht unerfolgreiche Zeitungen in Österreich hervorgebracht hat, nämlich "täglich Alles" und auch "Die ganze Woche", was eigentlich für die Pluralität in diesem Land etwas Positives war.

Ich glaube also, daß es auch nicht gut ist, wenn hier der liberale Abgeordnete Frischenschlager der Mediaprint die Katzenfutterwerbung vorwirft. Man soll schon bei den eigentlichen Hintergründen für diese heutige Debatte bleiben. Ich sehe hier Aktionismus der Grünen mit liberaler


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Unterstützung und den Versuch der Rettung der eigenen grünen Parteizeitung, nämlich des "Falter". Man muß schon wissen, daß die grüne Feder Thurnher ihr journalistisches Spiel mit der Mediaprint betrieben hat. Ich will das gar nicht weiter beurteilen. Man soll nur auch in der Öffentlichkeit wissen, daß 60 Prozent des "Falter" dem Unternehmer Kerbler gehören, dessen Geschäftsführer wiederum Pius Strobl ist, der ORF-Kurator der Grünen und der ehemalige Kandidat zur Nationalratswahl, daß Kerbler natürlich auch in geschäftlicher Verbindung mit dem ehemaligen Bundesgeschäftsführer Renkin steht und daß es jetzt anscheinend eine Solidarität der grünen Fraktion und der Liberalen dem "Falter" gegenüber gibt.

Das ist in Ordnung. Ich kann das auch verstehen. Das ist auch legitim, das soll man auch machen, nur soll man es auch sagen. – Das zum einen. Aber ich glaube, die Debatte um ein Volksbegehren beziehungsweise um die Medienpolitik insgesamt ist zu schade dafür, zu wertvoll und zu wichtig, vor allem für Konsumenten und Unternehmer, als daß man sie auf diese Ebene bringen soll. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich sehe die heutige Debatte vielmehr als einen möglichen Startschuß für Medienpolitik in diesem Haus. So wichtig die Initiative für Medienfreiheit und Medienvielfalt in Form eines Volksbegehrens auch ist, umso falscher ist es, das nur an der Mediaprint aufzuhängen. Ich glaube, daß wir hier im Nationalrat selbst, hier in diesem Haus die Medienpolitik wieder aus den Gerichtssälen, aus den Hinterzimmern der Regierungsparteien herausholen sollen. Wir sollten hier in diesem Haus und in einem zu installierenden Medienausschuß aktiv und offen auch mit den Betroffenen diskutieren und wieder aktiv Medienpolitik in diesem Lande betreiben. Es kann auch nur das gemeinsame Interesse aller Oppositionsparteien sein, diese Vorgangsweise zu wählen. Wir können es uns nicht weiter gefallen lassen, daß die Medienpolitik in diesem Lande ausschließlich vom VfGH, von eventuellen Volksbegehren oder schlechten Gesetzesvorlagen der Regierungsparteien, die nur auf Einfluß von Regierungsparteien auf Medien ausgerichtet sind, vorgegeben wird. Wir sollten sie selber gestalten. Wir sollten selber gesetzgebend tätig werden. Es ist höchste Zeit, einen Medienausschuß einzusetzen, sonst werden wir den Zug nach Europa in dieser Frage jedenfalls nicht mehr erwischen. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

18.04

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Herr Abgeordneter Mag. Barmüller hat sich zu einer tatsächlichen Berichtigung zu Wort gemeldet. – Herr Abgeordneter, Sie haben das Wort. Drei Minuten Redezeitbeschränkung.

18.04

Abgeordneter Mag. Thomas Barmüller (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Meischberger hat gesagt, und zwar als Vorwurf und Vorhalt, das Liberale Forum wolle die Mediaprint rückwirkend auflösen. Das ist einfach falsch, und das hat Herr Abgeordneter Frischenschlager auch ganz dezidiert gesagt. Wir wollen nicht die Mediaprint rückwirkend auflösen. Wir wollen, daß diese Entflechtung in der Zukunft Platz greift. Was die Mediaprint in der Zwischenzeit verdient hat, welche Marktstellung sie sich für die einzelnen Unternehmen erarbeitet hat, ist ganz allein ihre Sache. Darum geht es nicht. Der Unterschied ist fein, Herr Abgeordneter Meischberger, aber er sollte für einen normalen Verstand begreifbar sein. – Danke. (Beifall beim Liberalen Forum. – Ruf bei den Freiheitlichen: Bauunternehmen wollen Sie konzentrieren!)

18.06

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gemeldet ist nunmehr Frau Abgeordnete Mag. Stoisits. – Bitte, Sie haben das Wort.

18.06

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Selbstverständlich bedauere ich es, daß der Herr Bundeskanzler nicht mehr da ist, denn es ist noch einiges bei Frau Dr. Schmidt offengeblieben, was zu erläutern notwendig wäre, was seine Anfragebeantwortung angeht.


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Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Medienvielfalt im Sinn einer Vielfalt von Informationen und Meinungen in den Medien, das ist – einige Vorredner haben das gesagt, auch der Herr Bundeskanzler und der Herr Kollege Cap, sogar der Herr Mag. Kukacka – anerkanntermaßen eine demokratiepolitische Notwendigkeit für eine pluralistische Gesellschaft.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Daher ist es doch tatsächlich so, daß eine gesunde Demokratie und eine pluralistische Gesellschaft Medienvielfalt brauchen und daß der – inzwischen abwesende – Bundeskanzler dafür zu sorgen hat und dafür Sorge tragen muß, daß Medienvielfalt in Österreich erhalten bleibt, aber nicht Medienvielfalt durch Monopoleinfalt, wie wir sie jetzt kennen, weiter gefährdet wird. Und das ist das Zentrale, was aus dieser Anfrage der Liberalen herauskommt, aber vor allem, was im Zentrum dieser medienpolitischen Diskussion, die nun einmal in den letzten Jahren nicht geführt wurde, stehen müßte.

Der Großteil der Rede des Kollegen Cap hätte eher in die Kulisse oder ins Vindobona gepaßt, weil seine Rede mehr einer Kabaretteinlage geglichen hat als einer ernsthaften und die Besorgnis über die Entwicklungen in Österreich ausdrückenden Einstellung.

Lieber Josef Cap! Wenn du als Mediensprecher der größten Partei Österreichs und des großen Partners in der Regierung mit einer derartigen Unernsthaftigkeit an die medienpolitischen Herausforderungen der Gegenwart, aber vor allem der Zukunft herangehst, dann habe ich Sorge, daß in den nächsten Jahren nicht wesentlich mehr in der Diskussion herauskommen wird, die der Herr Bundeskanzler – und das hat er ja heute mehrfach hier gesagt – intellektuell redlich, zielstrebig – um ihn noch einmal zu zitieren –, zielgerichtet, umfassend und ehrlich führen möchte.

Eine offene Mediendiskussion hat er uns hier angekündigt, und das kann man wirklich nur als Ankündigung bezeichnen. Denn das, was er in der Substanz heute gesagt hat, läßt diese offene Mediendiskussion in einem für mich nicht optimistischen Licht erscheinen, denn gerade die gegenwärtige Situation und das, was wir in den letzten Wochen und Monaten hier im Hohen Haus erlebt haben, ist es, war mir Sorge bereitet.

Wenn Medienpolitik in Österreich so passiert, daß mittels eines Herausgeberbriefes – ich gebe schon zu, das war nicht der Herausgeber des "Falter" oder der Herausgeber der "Kirchenzeitung", das war halt der Herausgeber der größten österreichischen Tageszeitung – Politik gemacht wird und Gesetze geändert werden, dann ist es traurig. Nicht Meinungsbildung im Hohen Haus, nicht Meinungsbildung innerhalb des pluralistischen Spektrums in der Parteiendemokratie in Österreich ist es, was zu Ergebnissen bei der Änderung des Sparpakets II geführt hat.

Ein schlichter DIN-A-4-Brief eines Mannes hat die einzige substantielle Veränderung in diesem Sparpaket II bewirkt. – Das ist die offene, ehrliche, intellektuell redliche und vor allem zielorientierte medienpolitische Diskussion, die die Bundesregierung führen will. (Die Rednerin bezieht sich auf die leere Regierungsbank.) In Abwesenheit ist das schwer möglich. (Abg. Mag. Kukacka – Bezug nehmend auf die Tatsache, daß sich einige Abgeordnete der Grünen als Zeitungskolporteure verkleidet haben –: Wenn es euch nicht nur um die Show geht, warum kleidet ihr euch so?)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das liegt vielleicht daran, daß man die Dinge, die evident sind, nicht hören will. Und das sind die Dinge, meine sehr geehrten Damen und Herren, für die die Bundesregierung und für die die Koalition in den letzten Jahren keine Zeit, geschweige denn Geld oder politischen Willen gehabt hat, sie auch zu hinterfragen und sie durch Studien zu belegen, um der Öffentlichkeit und dem Hohes Haus auch Informationen zugänglich machen zu können, die der gefährlichen Situation, in der wir uns in den letzten Jahren befunden haben, auch Rechnung tragen.

Die kleinste Oppositionspartei, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist es gewesen, die sich mit dem Thema Marktmacht eines Konzerns beschäftigt und eine Studie in Auftrag gegeben hat, die als einzige hier vorliegt, die Aussagen über die medienökonomischen und publizistischen Analysen, die es in den letzten Jahren gibt, in Form einer wissenschaftlich fundierten Auseinandersetzung trifft.


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Professor Dr. Bruck und seine Mitarbeiter Mag. Selhofer und Mag. Stocker haben in diesem Bericht, in dieser Studie, mit dem Titel "Marktmacht Mediaprint" ganz einfach das aufgezeigt, was der Herr Bundeskanzler – inzwischen vertritt ihn der Herr Staatssekretär auf der Regierungsbank – nicht hören möchte, weil er ja in diesem Spiel mitspielt.

Wenn Kollege Meischberger vorher zum Ausdruck brachte, daß er unglücklich sei über die Tatsache, daß es in Österreich nur einen marktbeherrschenden Konzern und keinen zweiten gibt, dann sagt das ja alles. Kollege Meischberger! Wenn ich jetzt das, was von der FPÖ gekommen ist, in eine gewisse Relation setze zu dem, was der Herr Bundeskanzler gesagt hat, nämlich daß er überhaupt nicht daran denkt, eine Entflechtung der Mediaprint für die Zukunft vorzusehen, dann muß ich sagen, ihr von der "F" und die Bundesregierung seid ja wirklich Geistesverwandte. Da gibt es sehr viel Übereinstimmung, die ich aus den Worten von Regierungsvertretern und von Vertretern der einen Oppositionspartei entnommen habe.

Denn die Wahrheit ist, daß der Mißbrauch der publizistischen Macht, der Tag für Tag durch die "Kronen Zeitung", die größte österreichische Tageszeitung, als ein Produkt aus dem Mediaprint-Konzern passiert, ein Faktum ist und daß diese Zeitung – das schreiben Prof. Bruck und seine Mitarbeiter in dieser Studie ganz klar – die Berufspflichten der Presse – und jetzt zitiere ich aus dieser Studie – mit Abstand am häufigsten und am gröbsten verletzt und das Ansehen der Presse in den letzten Jahren am schwersten geschädigt hat. Das sind Tatsachen, die man halt nicht gerne hört, weil man gerne in diesen Zeitungen vorkommt.

Darum halte ich es ja, gelinde gesagt, für schäbig, wenn Kollege Cap vom "Prostitutionsverhalten der Opposition" in bezug auf Medien spricht. Wen meint er denn da, wenn er von Prostitutionsverhalten spricht? – Den Bürgermeister von Wien? Oder kommt er ihm noch zu wenig oft in jenen Medien vor, bezüglich derer Wissenschaftler vom Mißbrauch der publizistischen Macht sprechen? (Abg. Koppler: Ihr kommt am meisten vor!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das ist die Wahrheit, die sich in diesen Analysen zeigt. Genauso wie es Tatsache und Wahrheit ist, daß Antisemitismus ein essentieller Bestandteil der "Neuen Kronen Zeitung" ist. Prof. Bruck schreibt, daß linguistische und diskurshistorische Studien zu dem Ergebnis kommen, daß in der "Neuen Kronen Zeitung" immer wieder antisemitische Vorurteile verbreitet werden und die NS-Zeit verharmlost wird und daß die "Neue Kronen Zeitung" – man kann das Wort "Neue Kronen Zeitung" hier nicht oft genug sagen – sowohl in der Verharmlosung der NS-Zeit als auch in ihrem antisemitischen Berichterstattungsmuster inhaltliche und strukturelle Kontinuität aufweist.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Von dieser Art von Berichterstattung sind Menschen betroffen, und da gibt es Opfer. Da gibt es Leichen auf dem Weg der "Neuen Kronen Zeitung", die Opfer dieses Stils dieser Berichterstattung geworden sind. Das gilt auch für die Ausländerfeindlichkeit, die in der "Neuen Kronen Zeitung" fast Tag für Tag geschürt wird.

Wenn die Studie, die sich mit der Marktmacht von Mediaprint beschäftigt, davon berichtet, daß die Berichterstattung, in der "Neuen Kronen Zeitung" strukturiert rassistische Einstellungen und Haltungen bringt, zuspitzt, verdichtet und legitimiert wird, indem sie Tag für Tag aufs neue reproduziert, dann, meine sehr geehrten Damen und Herren, macht das Angst. Es macht Angst, wenn man weiß, in welcher Form und in welchem Ausmaß die publizistische Macht dieser Zeitung mißbraucht wird.

Das, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist es, was man in einer zielstrebigen, intellektuell redlichen Diskussion, wie es der Herr Bundeskanzler formuliert hat, im Auge behalten muß.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Da kann ich nur zu einem Schluß kommen, nämlich zu dem Schluß, daß die Mediaprint zerschlagen werden muß (Beifall bei den Grünen) , denn das ist die einzige Möglichkeit, um diesen ausländerfeindlichen Tendenzen, die durch Analysen festgestellt sind, um diesen wiederholten antisemitischen Anwürfen auch entsprechend entgegenzutreten.


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Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn man sich im Konkurrenzkampf – und Markt ist halt Konkurrenz – mit anderen Tageszeitungen dadurch Vorteile verschafft, daß man über Sachverhalte permanent einseitig berichtet, sie falsch darstellt, daß Personen verunglimpft werden, daß sie verächtlich gemacht, diffamiert werden und aus religiösen, rassistischen, nationalen und manchmal gänzlich unverständlichen Beweggründen Personen diskriminiert werden, dann, meine Damen und Herren, müßten die Alarmglocken bei allen Fraktionen dieses Hauses läuten. Daß sie beim Kollegen Meischberger nicht läuten, das wundert mich nicht, aber daß sie beim Herrn Bundeskanzler nicht schon längst läuten, das, meine sehr geehrten Damen und Herren, macht Angst für die Zukunft hinsichtlich dieses Machtmißbrauchs der marktbeherrschenden Stellung, wie wir ihn erleben, nicht wir jetzt allein und persönlich, sondern auch andere Medien.

Denken Sie an den "Falter", der doch wahrlich keine Konkurrenz für die "Kronen Zeitung" ist und wo man mit der Keule der geballten Macht auf die Stadtzeitung "Falter" niederschlägt! Das hat nichts mit Konkurrenz zu tun, das hat einfach damit zu tun, daß man zeigt, wer der Herr im Haus ist, wenn es um Medienvielfalt und publizistische Macht in diesem Land geht.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! In diesem Sinne möchten wir als Beitrag zum Start der medienpolitischen Diskussion hier im Hohes Haus, aber hoffentlich auch außerhalb – und einige Medien haben diesen Start schon vehement eingeläutet – einen Entschließungsantrag einbringen, um diesen Grundsätzen auch auf legistischer Ebene Rechnung tragen zu können:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Stoisits, Freunde und Freundinnen betreffend Herstellung und Sicherung der Medienvielfalt in Österreich

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat bis 1. 1. 1997 konkrete legistische Maßnahmen vorzuschlagen, damit sichergestellt wird,

a) daß in Zukunft eine detaillierte Statistik über den Medienmarkt in Österreich erstellt werden kann;"

- Einschub: Diese Voraussetzungen fehlen völlig. Das ist nicht zufällig, meine sehr geehrten Damen und Herren, das dient den Interessen jener, die Machtmißbrauch täglich üben. Ich setze die Verlesung des Antrages fort: -

"b) daß eine Entflechtung marktbeherrschender Medienunternehmen wie der Mediaprint vorgenommen werden kann;

c) daß in Zukunft eine Verstärkung oder Entstehung einer marktbeherrschenden Stellung von Medienunternehmen bundesweit, aber auch auf regionaler Ebene verhindert wird;

d) daß eine Lizenz im Hörfunkbereich freien nichtkommerziellen Medien – als wichtiger Bestandteil der Medienvielfalt – erteilt werden kann."

*****

(Das rote Licht zeigt schon länger das Ende der Redezeit an. – Abg. Mag. Schweitzer: Das sollte sich ein freiheitlicher Präsident erlauben!)

18.22

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Frau Abgeordnete! Ihre Redezeit ist abgelaufen, der Antrag ist verlesen. (Abg. Mag. Stoisits: Darf ich einen Schlußsatz sagen?)

Nein, Sie können das nicht mehr tun, ich habe die Redezeit jetzt sehr großzügig gehandhabt. Sie haben die Reaktionen schon gehört. Übrigens gab es Großzügigkeit auch einmal bei der


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Verlesung eines Antrages von Ihnen, meine Herren von den Freiheitlichen, bitte hier nur ruhig zu bleiben.

Die 15 Minuten sind abgelaufen. Ich bitte Sie, in Zukunft darauf zu achten, daß bei Verlesung von Anträgen die Verlesung so erfolgt, daß sie innerhalb der vorgesehenen Redezeit durchgeführt werden kann.

Ihr Antrag, den Sie vorgetragen haben, ist ausreichend unterstützt. Er wird in die Behandlung mit einbezogen.

Der nächste Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Kier. – Herr Abgeordneter, Sie sind am Wort. – Bitte. (Abg. Mag. Stoisits: Danke für die Großzügigkeit! – Abg. Ing. Langthaler: Herr Präsident! Es wäre schön, wenn Sie bei SPÖ und ÖVP auch so rigoros wären! – Schlußbeifall bei den Grünen.)

18.23

Abgeordneter Dr. Volker Kier (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Die bisherige Debatte habe ich so erlebt – auch die Debattenbeiträge der Kollegen Cap und Kukacka haben das deutlich gemacht –, daß heute eine Diskussion eröffnet wurde. Diese Diskussion, die heute erst auf Initiative einer Oppositionspartei, nämlich der Liberalen, eröffnet wurde, ist eine Diskussion, die es ganz offenkundig – und das ist auch aus den Debattenbeiträgen hervorgegangen – verdient, fortgesetzt zu werden. Dieses Thema sollte am Ende dieses Tagesordnungspunktes nicht wieder zu den Akten gelegt werden. Daher ist mein Eingangsappell, daß das, was hier schon gesagt wurde – die Bereitschaft, die Diskussion fortzusetzen, hat mich sehr positiv gestimmt –, wirklich ernst genommen wird, daß diese Diskussion wirklich fortgesetzt wird, und zwar in einer öffentlich wahrnehmbaren Weise fortgesetzt wird.

Das Unbehagen, das hinter dem Ganzen schwebt, ist, daß man das deutliche Gefühl hat, daß es schon da und dort in einzelnen Zirkeln Diskussionen gibt, aber eben Diskussionen in der Qualität, wie sie mein Kollege Frischenschlager beschrieben hat, Diskussionen, die dazu geführt werden, um sich zu überlegen, wie man seine unmittelbare Macht besser absichern kann durch eine Konstruktion, die man dann anschließend der Öffentlichkeit als etwas verkauft, was der Medienvielfalt dient. Das ist deswegen sehr unerfreulich, weil es gleichzeitig auch wieder dem Vertrauensschwund gegenüber der Politik Vorschub leistet und der Sache Medienpolitik keinen guten Dienst erweist. Daher versuche ich jetzt, im Rahmen dieser Diskussion noch ein paar wichtige Dinge anzumerken und nachzutragen beziehungsweise auch nachzufragen, denn die Antwort des Herrn Bundeskanzlers war nicht in allen ihren Details wirklich erschöpfend. Ich kann mit diesem Umstand nur deswegen relativ ruhig umgehen, weil ich eben die Hoffnung habe, daß die Diskussion wirklich fortgesetzt wird.

Nicht befriedigend und für mich eigentlich überraschend war der Umstand, daß sich der Bundeskanzler, was die Beschränkung von Machtkonzentrationen, von Agglomerationen im Printmedienbereich betrifft, auf die Seite jener Interpretationsmöglichkeit gelehnt und gesagt hat, das Liberale Forum wolle damit Auflagenhöhen beschränken.

Das Mißverständnis scheint inzwischen ausgeräumt zu sein. Was bleibt aber übrig? Dadurch hat er sich die eigentliche Antwort erspart. Wir haben nämlich präzise gefragt: Sind Sie der Meinung, daß bei kartellartigen Zusammenrottungen der Art der Mediaprint, aber nicht nur dieser, ein gesetzlicher Eingriff möglich sein soll? Diese Frage hat er überhaupt nicht berührt. Er ist daher durch die Fehlinterpretation unserer Frage diese Antwort einfach schuldig geblieben. Das ist für mich das eigentliche Problem.

Es war auch sehr interessant, wie die Kollegen Cap und Kukacka mit demselben Themenkreis umgegangen sind. Kollege Cap hat, mit selbstkritischen Elementen garniert, ausgeführt, das Kartellgesetz solle man erst einmal ausprobieren. Herr Bronner, Herausgeber des "Standard", habe jetzt ohnedies ein Verfahren eingeleitet und da solle man jetzt einmal ausprobieren, ob dieses Verfahren wirke. Gleichzeitig gibt er die Interpretation ab, daß er schon der Meinung ist, daß es tatsächlich hier ein Kartellproblem gibt, aber er meint, man solle das ausprobieren.


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25. Sitzung / Seite 142

Bitte, was ist das für ein Gesetzgeber, wenn man zum Ergebnis kommt, ein Gesetz, das die letzten Jahre nicht gewirkt hat, soll jetzt einer einmal versuchsweise ausprobieren, und wenn er scheitern sollte, ist er vielleicht bereits kaputt, aber erst dann repariert man das Gesetz? (Beifall beim Liberalen Forum. )

Sosehr ich im übrigen gerne dafür eintrete, rechtsstaatliche Verfahren anzuwenden, so sehr bin ich in diesem Fall der Meinung, daß das eine Ausrede des Kollegen Cap war, um Zeit zu gewinnen, um keinen Handlungsbedarf orten zu müssen, um die Diktion des Herrn Bundeskanzlers aufzugreifen. "Erst einmal ausprobieren"! – Soweit Kollege Cap.

Kollege Kukacka hat gemeint, Privateigentum und privatwirtschaftliche Organisationsformen seien wesentlich, die Liberalen müßten das nachempfinden können. Ich sage Ihnen, Herr Kollege Kukacka, wir werden das zu 100 Prozent nachempfinden. Auch wir sind der Meinung, daß das ganz wesentliche Fragen sind und daß alles, was Enteignungscharakter hätte, höchst bedenklich wäre. Aber das Entflechten eines Kartells bedeutet überhaupt nicht Enteignung, sondern es bedeutet nur, daß bestimmte Zusammenballungen von wirtschaftlichen Unternehmungen, eben Zusammenrottungen in der Art der Mediaprint, entflochten werden, aber nicht enteignet. Das heißt, es wird niemandem etwas weggenommen, sondern es wird die Organisationsform über einen gesetzlichen Auftrag verändert. Das würde nicht bedeuten, daß der "Kurier" dann nicht mehr erscheinen darf, daß die "Kronen Zeitung" nicht mehr erscheinen kann und daß all jene Zeitungen, die im Rahmen der Mediaprint veröffentlicht werden, unterbunden werden. Das würde nur bedeuten, daß die kartellartige Konstruktion nicht weiter aufrechterhalten werden darf. Kartellrecht hat es immer an sich, daß es dann, wenn es auf Mißstände stößt, diese durch Auflösung dieser Kartelle behebt. In diesem Sinn kann das gar keinen rückwirkenden Charakter haben, sondern es hat immer nur eine Wirkung in die Zukunft, wenn auch aufgrund von Fehlern aus der Vergangenheit.

Aber wenn wir so weit kämen, daß wir all das, was Fehler aus der Vergangenheit mit Zukunftswirkung behebt, als rückwirkend bezeichnen, dann müßten wir die Gesetzgebung einstellen. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Wenn man jetzt gründlich darüber nachdenkt, warum diese Rückwirkungsargumente so stark kommen – insbesondere bei Kollegen Kukacka ist mir das aufgefallen, aber es gilt an sich eins zu eins für den Kollegen Cap –, dann muß man sich bewußt machen, zu welchem Zeitpunkt dieses Gesetz, das dringend zur Novellierung ansteht, beschlossen worden ist. Es wurde buchstäblich beschlossen, nachdem man abgewartet hatte, bis sich der Mediaprint-Konzern gebildet hat. Es wurde bewußt verspätet beschlossen. Man hat also geradezu gewartet, bis das eigentliche Problem entstanden ist, um dann ein Gesetz zu machen und gleichzeitig zum Ausdruck zu bringen, das, was es jetzt gibt, den jetzt vorliegenden Befund, ändern wir nicht, sondern ab jetzt und für die Zukunft soll so etwas nicht mehr möglich sein.

Daher ist nicht die subjektive Einschätzung der Regierungsparteien die, daß es eine rückwirkende Regelung wäre, wenn sie das jetzt ändern würden. Subjektiv sehen sie das eben so, weil sie sich einfach dessen bewußt sind, daß sie eigentlich vorher absichtlich gewartet haben. Wenn jemand absichtlich wartet, um eine Konstruktion zu ermöglichen, die Mediaprint heißt, dann hat er einen ganz anderen Zugang zum Reformbedarf als jemand, der schon damals gesagt hat, das ist nicht gut, ihr seid zu spät dran, ihr hättet es sofort machen müssen und die Mediaprint überhaupt gar nicht erst zulassen dürfen, denn es hat ja schon damals bei der Schaffung der Mediaprint die Kartelldiskussion gegeben.

Daher ist es mir verständlich, daß die Regierungsparteien dieses Problem ganz anders sehen als jemand, der unbefangen an dieses Reformproblem herangeht. Daher glaube ich, daß wenn wirklich ernst gemeint war, was hier gesagt wurde, nämlich daß eine offene, ehrliche, vorbehaltlose Diskussion geführt werden soll, wir uns zusammensetzen, gemeinsam überlegen und möglichst rasch ein Kartellrecht schaffen sollten, das die Entflechtung solcher Konzentrationen ermöglicht, und nicht erst abwarten, einmal ausprobieren, wie es ausgeht. Es kann dann für eine nicht ganz unwichtige Tageszeitung in diesem Land vielleicht zu spät sein. Und das wäre schade! (Beifall beim Liberalen Forum.)


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Wer sich also dem Vertrauensschutz verpflichtet weiß, braucht nicht zaghaft zu sein im Bereich des Kartellrechtes. Es gibt Möglichkeiten, dem Vertrauensschutz gerecht zu werden und Kartelle aufzulösen, und zwar solche Möglichkeiten, wo nicht enteignet werden muß.

Ich möchte mich jetzt ein paar Überlegungen des Herrn Bundeskanzlers in seiner Anfragebeantwortung zum ORF als Aktiengesellschaft zuwenden. Es ist der ganz klassische Fall, daß sich die Diskussion an einer möglichen Rechtsform festbeißt, und es wurde in der Beantwortung vermieden, die inhaltlichen Fragen zu beantworten. Es mag sich jede mögliche Rechtsform für einen zukünftigen, dem öffentlich-rechtlichen Auftrag entsprechenden Rundfunk eignen. Es mag sich vielleicht sogar die Rechtsform einer Aktiengesellschaft dafür eignen. Es mag sein. Aber es würde mich interessieren: Nach welchen inhaltlichen Mechanismen soll dieser Rundfunk aufgebaut sein? Wer soll welche Kompetenzen haben? Wer soll welche Kontrollrechte haben? Und diese Fragen, die gestellt wurden, wurden nicht beantwortet. Es wurde nur ausgeführt, daß das eben aus Gründen der Lebensfähigkeit des Unternehmens zweckmäßig sei.

Eine Aktiengesellschaft gehorcht aber ganz bestimmten inneren Gesetzmäßigkeiten. Sie ist eine typisierte Form des Handelsrechtes – des Handelsrechtes, nicht des Medienrechtes! – Und sie ist aus dem deutschen Rechtskreis übernommen. Sie ist daher nach dem "Führerprinzip" konstruiert. Der Vorstand einer Aktiengesellschaft ist weisungsfrei und berechtigt zum vollen Durchgriff bis zum letzten Mitarbeiter. Das ist nicht unbedingt das, was ich als Merkmal eines Generalintendanten brauche: Durchgriff bis zum letzten Mitarbeiter und vollkommen weisungsfrei.

Es ist eben die Frage, ob hier nicht auch ein dualistisches System möglich wäre, ob nicht vielleicht die alte Aktiengesellschaft des früheren österreichischen Rechtes besser wäre. Ich deute das jetzt nur einmal an. Es wird zunächst die Rechtsform definiert, und dann kümmert man sich erst um den Inhalt. In der Anfragebeantwortung wurde auf den Inhalt noch dazu nicht eingegangen, aber ich sage ja noch einmal, die Diskussion ist heute eröffnet worden – möglicherweise läßt sie sich zu diesem Inhalt fortsetzen. Es wäre jedenfalls ganz, ganz schlecht, wenn das mit der eröffneten Diskussion, eine Leerformel gewesen wäre, denn wir haben einen dringenden Nachholbedarf. Kollege Kukacka hat deutlich zum Ausdruck gebracht, wir sind – er hat mit "wir" die Bundesregierung gemeint – im Schlafwagen der Medienpolitik gefahren.

Wenn wir als Liberales Forum durch unsere heutige dringliche Anfrage dazu beitragen konnten, daß hier frühzeitig aufgeweckt wurde, dann wären wir froh und würden uns auch freuen. Es wäre vielleicht eine Sternstunde des Parlaments. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Noch ein Aspekt zur Aktiengesellschaft: Der Bundeskanzler hat auf unsere Frage 8 ausgeführt, er denkt sich, die damalige Rundfunk GmbH hatte 115 Millionen Schilling Eigenkapital, und davon hatte 99 Prozent der Bund, und auch in Zukunft wäre die Eigentümerschaft des Bundes und der Länder zweckmäßig. Das sind alles Scheinantworten. Denn die wirklichen Fragen werden nämlich sein, wenn der heutige ORF in eine Aktiengesellschaft umgewandelt wird: Wie führe ich die Vermögen über? Wie bewerte ich? Was wird das wirkliche Stammkapital sein? Was weise ich als Eigenkapital aus? Wie gehen die Dienstrechte über? Was ist mit den Mitarbeitern? Wird das dann vielleicht auch benützt, um eine Restrukturierung auf der Mitarbeiterebene zu machen, oder wird einfach nur umfirmiert? Müssen wieder wie damals in sämtlichen Grundbüchern in Österreich alle Dienstbarkeiten für Sender, alle Eigentumsrechte im Namen geändert werden, weil das Unternehmen anders heißt? Das war damals ein gigantischer Verwaltungsaufwand.

Was ist jetzt der wahre Grund, wenn gleichzeitig zum Ausdruck gebracht wird, die Aktien sollten in Zweifelsfällen nicht oder nur zwischen den Aktionären verkauft werden können? Ja wozu dann Aktien? Aktien sind von ihrem Wesen her Inhaberpapiere, die der freien Verwertung zugänglich sein sollten. Was macht das also für einen Sinn? – Alles Fragen, die nicht beantwortet worden sind, zumal der Bundeskanzler betont hat, eine Privatisierung würde dem öffentlich-rechtlichen Auftrag widersprechen. Man hat also offenbar die Aktiengesellschaft nicht im Auge mit der Absicht, das als ersten Schritt für eine Privatisierung zu verwenden. Daher: Wozu eine Aktiengesellschaft?


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Endgültig – und damit komme ich auch zum Schluß – entlarvend war die Antwort auf die Frage 9. Die Frage 9 hat sich damit beschäftigt: Was passiert im Insolvenzfall? Hier hat der Bundeskanzler ausdrücklich zum Ausdruck gebracht: Es kann den Eigentümern nicht daran gelegen sein, daß dieser Fall überhaupt eintritt. Kann ich nur sagen: No na! Keinem Eigentümer ist daran gelegen, daß das Unternehmen, bei dem er Aktionär ist, insolvent wird.

Gemeint wird er wohl haben – und ich traue mich, das hier zu interpretieren –, der Eigentümer werde kapitalmäßige Mittel und Wege finden, das zu verhindern. Mit anderen Worten: Er wird eine politische Nachschußpflicht haben. Soweit – so gut. Aber wozu brauche ich dann eine Aktiengesellschaft? Das kann man mit jeder anderen Rechtsform auch machen und braucht nicht den falschen Anschein zu vermitteln, es sei jetzt eine wirtschaftlichere Form gefunden worden, wenn man in Wirklichkeit darunter sämtliche Fangnetze des öffentlichen Rechts weiterhin aufspannt.

Wenn er meint, eine Nachschußpflicht der Gesellschafter zur Verlustabdeckung müßte in einem Gesetz verankert werden, kann ich auch nur dazu sagen: No na! Das ist das Wesen des Budgetrechts, daß die Republik Österreich, wenn sie solch finanzielle Verpflichtungen wie einen Nachschuß bei einer Aktiengesellschaft übernehmen würde, das über gesetzliche Vorgänge machen muß. In welcher Form, ist dann nicht ganz so wichtig.

In Wirklichkeit ist hervorgekommen, daß eigentlich nur eines im Vordergrund gestanden sein kann bei der Überlegung Aktiengesellschaft: Suchen wir eine Rechtsform, wo möglichst viele Verschwiegenheitsrechte der Unternehmensorgane für möglichst wenig Transparenz sorgen. Das ist nämlich das Wesen einer Aktiengesellschaft – und bei der echten Aktiengesellschaft durchaus sinnvoll, denn da gibt es Interessenschutz für die Aktionäre, da gibt es Interessenschutz für die Unternehmenszwecke und so weiter. Aber bei einem öffentlich-rechtlichen Rundfunk eine Unternehmensform zu wählen die möglichst viele Verschwiegenheitspflichten der Organe beinhaltet, ist unverständlich! – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

18.38

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Der nächste Redner ist Abgeordneter Dr. Krüger. – Bitte, Herr Abgeordneter.

18.38

Abgeordneter Dr. Michael Krüger (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist jetzt schon über vier Jahre her, daß der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg die Republik Österreich verurteilt hat, weil in unserem Land keine Möglichkeit der Rundfunkveranstaltungsfreiheit besteht. Dieses Straßburger Erkenntnis liegt schon lange zurück – allein es ist nichts geschehen. Lediglich drei kleine Mosaiksteinchen im großen Fenster der Rundfunklandschaft konnten sich herausbilden.

Da ist zum einen der Sender "Antenne Steiermark" ins Treffen zu führen, andererseits "Radio Melody", beides Privatradiogesellschaften. Im Fernsehbereich schaut es überhaupt düster aus. Da gibt es lediglich einen privaten Kabelbetreiber, der das Kabelgesetz mit Erfolg beim Verfassungsgerichtshof angefochten hat und dem die sogenannte Ergreiferprämie zugute gekommen ist: Er darf seither als einziger legal in Österreich Kabelfernsehen betreiben.

Das heißt, umgekehrt gesagt: Es gibt nach wie vor keine Radioveranstaltungsfreiheit und es gibt nach wie vor keine Fernsehveranstaltungsfreiheit. Damit ist klargestellt und bewiesen, daß die österreichische Bundesregierung das Straßburger Erkenntnis nicht umsetzen will. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn, wie es heute bereits angeklungen ist, auch in der Stellungnahme des Herrn Bundeskanzlers, das private Kabelfernsehen ab 1. 8. 1996 zulässig ist, dann nicht etwa durch einen Gnadenakt der Bundesregierung im Dienste der Fernsehfreiheit, sondern ausschließlich deshalb, Herr Bundeskanzler, weil die Bundesregierung durch die Erstellung der beiden Budgets nicht mehr dazugekommen ist, hier das Fenster zuzuhalten.


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Aber selbstverständlich gibt es nach wie vor auch noch nach dem 1. 8. 1996 keine Fernsehveranstaltungsfreiheit, weil das terrestrische Fernsehen nach wie vor nicht möglich ist.

Herr Bundeskanzler! Darf ich Sie konkret und persönlich ansprechen: Ich habe mich schon sehr gewundert, als Sie zum Privatradiogesetz und zum Erkenntnis der Verfassungsgerichtshofes meinten, nicht der Gesetzgeber sei daran schuld, sondern die Konkurrenten seien daran schuld, daß es in Österreich – mit Ausnahme der zwei Gesellschaften "Radio Melody" und "Antenne Steiermark" –, keinen privaten Rundfunk gibt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe mir das Verfassungsgerichtshoferkenntnis von meiner Kanzlei faxen lassen. Ich möchte auch nicht verschweigen, daß ich selbst sieben erfolgreiche Verfassungsgerichtshofbeschwerden gegen das Regionalradiogesetz für sieben Bundesländer eingebracht habe. Herr Bundesminister! Ich darf Ihnen doch in Erinnerung rufen, daß es nicht die Konkurrenten sind, die Radio betreiben wollen und die daran schuld sind, daß es in sieben Bundesländern noch kein privates Radio gibt, sondern daß es einzig und allein der Gesetzgeber und der damalige Verkehrsminister Klima zu verantworten haben, daß es in Österreich kein privates Radio gibt. Sie haben es nämlich deshalb zu verantworten, weil sie dem Hohen Haus ein Gesetz, nämlich das Regionalradiogesetz, und eine Verordnung, nämlich die Frequenznutzungsverordnung, vorgelegt haben, die beide verfassungs- beziehungsweise gesetzwidrig sind. Das Regionalradiogesetz ist verfassungswidrig und der Frequenznutzungsplan gesetzwidrig.

Herr Bundeskanzler! Da kann man es sich nicht so einfach machen und sich hierherstellen und sagen, die Konkurrenten seien daran schuld, die konnten sich nicht einigen. Tatsächlich ist der Gesetzgeber schuld. Er hat ein wirklich dilletantisches Gesetz gemacht, und dieses Gesetz, im konkreten Fall die Bestimmung des § 2 des Regionalradiogesetzes, hat der Überprüfung durch den Verfassungsgerichtshof nicht standgehalten.

Ich darf daran erinnern, daß der Verfassungsgerichtshof ausgeführt hat, daß das Privatradiogesetz nicht vorsieht, in welcher Weise und Intensität der Frequenznutzungsplanung die Aufgaben und Interessen des ORF zu berücksichtigen sind. Es war damals im Privatradiogesetz nicht die Abgrenzung im Wesen des dualen Rundfunks zwischen dem ORF und dem privaten Regionalradiobetreibern festgelegt worden. Andererseits konnten auch keine Anhaltspunkte im Gesetz gefunden werden, für welche Art und Weise der Frequenznutzungsplan für den regionalen Hörfunk die Erfordernisse des lokalen Rundfunks zu berücksichtigen hat, und auch nicht dafür, für wie viele regionale Programmveranstalter pro Bundesland Standorte und Frequenzen vorzusehen sind.

Dies ist der eigentliche Vorwurf, der an den jetzigen Finanzminister und damaligen Verkehrsminister zu richten ist. Er hat es sich einfach zu leicht gemacht. Er hat sich beim Frequenznutzungsplan darauf verlassen, einen Plan des ORF über freie Frequenzen in den Bundesländern zu übernehmen, und hat schematisch diese Frequenzen festgelegt. Herr Kollege Cap! Ich sage Ihnen eines – und ich appelliere in diesem Zusammenhang wirklich an alle Mediensprecher, die jetzt noch herinnen sitzen, hier etwas zu tun –: Solange der österreichische Gesetzgeber nicht alle technischen Vorkehrungen trifft, daß möglichst viele Frequenzen in den einzelnen Bundesländern freigegeben werden, für Privatregionalradio und lokales Radio, solange nicht alle technisch verfügbaren Frequenzen freigegeben werden (Abg. Dr. Cap: Wer sagt das?) – das sagt der Verfassungsgerichtshof –, so lange gibt es keine Rundfunkveranstaltungsfreiheit, weil der duale Rundfunk nicht funktionieren kann. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Herr Kollege Cap, glauben Sie mir das! (Abg. Dr. Cap: Nein, er sagt das Gegenteil! Wer gibt sie nicht frei?)

Der Gesetz- und Verordnungsgeber gibt sie nicht frei. Es gibt pro Bundesland nach der Frequenznutzungsverordnung nur eine Frequenz. Herr Kollege Cap, das müßten Sie doch als Mediensprecher wissen. (Abg. Dr. Cap: Das ist doch eine technische Frage!)


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Selbstverständlich ist das eine technische Frage. Es ist eine technische Frage, daß es zum Beispiel nur vier bundesweite Radioprogramme gibt: Österreich 1, Österreich 2, Österreich 3 und Blue Danube Radio.

Herr Kollege Cap! Sie haben sich heute zum dualen Rundfunk bekannt. D’accord, ich gehe völlig mit Ihnen konform. Wir brauchen einen dualen Rundfunk, wir brauchen auch die Verwirklichung eines Kulturauftrages im öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Aber wo ist denn der duale Rundfunk, wenn der ORF alle technisch verfügbaren Bundesfrequenzen, nämlich alle vier, für sich beansprucht und nicht bereit ist, die vierte Frequenz – Blue Danube Radio – für den privaten Sektor freizugeben? (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Cap: Das ist absurd!) Herr Kollege Cap! Wenn wir uns wirklich sachlich unterhalten wollen, dann müssen Sie doch zugeben: Das ist kein Dualismus!

Meine Damen und Herren! Genauso ist es in den Bundesländern. Der Gesetzgeber wollte möglichst wenig Frequenzen in den Bundesländern freigeben. (Abg. Dr. Cap: Das ist ja absurd! Das stimmt doch nicht!) Es ist aber so, Herr Kollege Cap. Ich gebe Ihnen das Erkenntnis, ich lege es Ihnen hin, lesen Sie es sich durch, und dann werde ich meine Rede fortsetzen! (Der Redner begibt sich zu Abg. Dr. Cap und übergibt ihm die angesprochene Unterlage. – Abg. Dr. Cap: Endlich habe ich es in Händen!)

Herr Kollege Cap! Mir ist schon klar, es gibt verschiedene Zugänge zu einer Sache. (Abg. Dr. Ofner: Du hast doch ein Mikrofon! Laß dich nicht stören! Er will dich doch nur aufhalten!) Man kann alles ins Lächerliche ziehen oder man kann sich sachlich mit einem Problem befassen. Es ist überhaupt keine Frage. Ich garantiere es Ihnen, Sie können bei der Erlassung eines neuen Privatradiogesetzes oder bei der Erlassung einer neuen Frequenznutzungsverordnung machen was Sie wollen: Solange Sie nicht alle freien, verfügbaren Frequenzen dem privaten Sektor zurechnen, so lange wird der Verfassungsgerichtshof die Judikatur in der Form finden, daß die Rundfunkfreiheit nicht eingehalten wird. Das ist überhaupt keine Frage! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Cap: Das ist schon wieder falsch!)

Herr Kollege Cap! Sie haben damals mit beredten Worten – das gestehe ich Ihnen durchaus zu – das Regionalradiogesetz verteidigt, Sie haben damals bei der Gesetzwerdung mit beredten Worten die Frequenznutzungsverordnung verteidigt. Und jetzt kommt mir noch ein Gedanke, Herr Kollege Cap: Ich kann mich noch gut erinnern, es war im Juni, in einer der letzten Sitzungen des Nationalrates, da hat bereits der Verfassungsgerichtshof einen Prüfungsbeschluß gefaßt, und zwar in der Richtung, das Regionalradiogesetz auf Verfassungswidrigkeit zu prüfen und die Frequenznutzungsverordnung auf Gesetzwidrigkeit zu prüfen. Da haben es die Spatzen bereits von den Dächern gepfiffen, daß dieses Gesetz verfassungswidrig ist. Sie haben damals noch in einer mitternächtlichen Debatte – ich kann mich noch gut erinnern – gesagt, daß das alles in Ordnung, alles bestens wäre. Und dann ist selbstverständlich die Prozedur des Beschwerdeverfahrens weitergegangen, und wir wissen, daß im Oktober 1995 der Verfassungsgerichtshof das Regionalradiogesetz und die Frequenznutzungsverordnung aufgehoben hat. (Abg. Haigermoser: Ahnungslos, der Cap!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn man sich zu einem dualen Rundfunk bekennt, dann muß man selbstverständlich auch dem privaten Sektor die Möglichkeit geben, Rundfunk zu betreiben. (Abg. Dr. Cap: Das wird ja getan!) – Das wird ja getan! In zwei Bundesländern. Ich sage es noch einmal für Sie, Herr Kollege Cap: "Radio Melody" in Salzburg und "Antenne Steiermark", das sind die zwei einzigen regionalen Radiobetreiber, und sonst gibt es in Österreich nirgends einen privaten Rundfunk. Das ist überhaupt keine Frage. (Abg. Dr. Cap: Er widerspricht sich ja gerade! In den zwei Bundesländern geht es, in den anderen nicht? – Abg. Dr. Ofner: Michl! Laß ihn reden! Du hast ein Mikrofon, du brauchst keine Rücksicht zu nehmen! Laß dich nicht länger aufhalten!)

Herr Kollege Cap! Ich habe gesehen, es ist sinnlos, sich mit Ihnen über schwierige Fragen zu unterhalten. Wirklich, es ist absolut sinnlos! Nicht böse sein! (Beifall bei den Freiheitlichen.)


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Darf ich nun zu einem anderen Problem kommen, da sind Sie wahrscheinlich firm, und zwar betreffend die Situation des "Falter". Da kennen Sie sich besser aus, darüber können wir reden.

Es ist überhaupt keine Frage, daß durch die UWG-Klage, die eingebracht wurde, die Situation für den "Falter" bedauerlich ist. Aber auf der anderen Seite verstehe ich die Wehleidigkeit nicht ganz. Sie wissen genau, daß der Herausgeber des "Falter" in jeder Ausgabe sein Ceterum censio schreibt. Das ist sein gutes Recht, das soll er ruhig machen, aber dann soll er sich doch nicht wundern, wenn auch seine Werbeaktivitäten von seinem Konkurrenten, für dessen Zerschlagung er eintritt, einer kritischen Prüfung unterzogen werden. Es ist doch nichts Neues, daß Medien gegeneinander prozessieren. Wie Sie wissen, hat die "Kronen Zeitung" eine Vielzahl von Prozessen gegen "täglich Alles" und umgekehrt geführt. 160 laufende Verfahren sind geführt worden, die dann auf einen Schlag bereinigt worden sind. Also tun wir doch nicht so, als ob das ein Markt wäre, wo keiner den anderen klagt, das ist eine rauhe Welt, das ist ein rauher Markt, und da versucht schon einmal der eine dem anderen eins auszuwischen. Herr Armin Thurnher hat ja selbst gesagt: Wir haben die Klage zuwenig ernst genommen!

Wenn Sie das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb kennen – kennen Sie es? –, dann wissen Sie, daß klarerweise eine Unterlassungsklage ja nicht automatisch mit einer Vernichtung der geschäftlichen Existenz verbunden ist, sondern wenn man ein Unterlassungsgebot nicht befolgt, gibt es Beugestrafen. Und wenn man jeden Tag aufs neue verstoßt, dann gibt es halt jeden Tag eine neue Beugestrafe. Und der Herr Armin Thurnher war damals schlecht beraten. Er hat ja selbst gesagt: Wir haben die Sache zu leicht genommen!

Aber ich finde es verfehlt, wenn man sich hier herstellt und sagt: Der arme "Falter" sieht sich einer Klagslawine gegenüber! Es war eine einzige Klage. Nur: Der "Falter" hat jeden Tag gegen das gerichtliche Unterlassungsgebot verstoßen und hat halt jeden Tag einen neuen Exekutionsantrag mit steigenden Geldstrafen bekommen. Also da soll man, glaube ich, nicht so zimperlich sein.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vielmehr scheint mir wichtig zu sein – und ich glaube, daß das in der gesamten Mediendebatte zu kurz gekommen ist –, die innere Medienfreiheit sicherzustellen. Das ist etwas ganz Entscheidendes! Gegen die Zerschlagung der Mediaprint habe selbstverständlich auch ich schwerste rechtspolitische Bedenken. Das ist aber auch nicht notwendig. Das ist doch eine Scheindiskussion, die da geführt wird. Vergleichen Sie doch die "Kronen-Zeitung" und den "Kurier" miteinander! Erkennen Sie da irgendeine mediale Übereinstimmung, erkennen Sie da einen medialen Gleichschritt, wo man die Gegenseite vernichtet? Das sind doch völlig unterschiedliche Blätter mit unterschiedlichen Meinungen. Daß Synergien im Vertriebswesen und in der Anzeigenverwaltung genützt werden, muß das gute Recht der Medien sein.

Wichtig ist aber, die innere Medienfreiheit weiter auszugestalten und anfechtungsfreie Redaktionsstatute zu gewährleisten. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

18.53

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Öllinger. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Der Redner tritt in einer gelben Kolporteurjacke mit der Aufschrift "Neue Böse Zeitung" ans Rednerpult. – Abg. Dr. Cap: Schwach!)

18.53

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Werter Herr Präsident! Hohes Haus! Aus spezial- und generalpräventiven Gründen möchte ich zunächst auf diese Montur eingehen und versuchen, Ihnen klarzulegen, warum wir in diesem Aufzug erschienen sind, beziehungsweise möchte ich allen Anwürfen zuvorkommen, die da lauten, es sei die Würde des Hohen Hauses durch diesen Aufzug verletzt. (Abg. Haigermoser: Hammer und Sichel fehlen noch auf der Seite!) Ich glaube, die Würde des Hohen Hauses ist vielmehr dadurch verletzt worden, daß wir im Budgetausschuß eine Regelung zu den Werkverträgen beschlossen haben, die nicht im Budgetausschuß diskutiert wurde, die auf das Ersuchen eines großen Zeitungsherausgebers überhaupt an den Budgetausschuß herangetragen wurde, die dann beschlossen wurde, und die dann noch dazu, obwohl sie schon


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beschlossen war im Budgetausschuß, noch einmal abgeändert werden mußte, weil sich herausgestellt hat, daß sie in der Formulierung, wie sie vom Budgetausschuß beschlossen wurde, überhaupt keinen Sinn gemacht hätte.

Ich glaube, durch solch ein Vorgehen wird die Würde des Hohen Hauses wesentlich mehr verletzt, als wenn wir in dieser Montur darauf aufmerksam machen, daß, obwohl es höchstrichterliche Urteile gibt, obwohl es einen eindeutigen Willen des Gesetzgebers gibt, gerade wegen der Kolporteure eine Werkvertragsregelung zu machen – das war sozusagen einer der Anlaßfälle, warum Werkverträge eigentlich in irgendeiner Form in die Sozialversicherung einbezogen werden sollten, gerade für diese Regelung mußten die Kolporteure herhalten –, große Gruppen, darunter eben auch die Kolporteure, von dieser Regelung ausgenommen wurden, ohne daß darüber im Ausschuß und dann von seiten der Regierungsparteien im Plenum darüber diskutiert wurde beziehungsweise im vollen Wissen, daß das eine Regelung ist, die verfassungsrechtlich nicht standhält. Das verletzt unserer Ansicht nach die Würde dieses Hohen Hauses wesentlich mehr als das Tragen einer Kluft, die vielleicht nicht den Formgeboten einiger Abgeordneter hier in diesem Hohes Haus genügt. (Beifall bei den Grünen.)

Ich möchte, Herr Kollege Krüger, da Sie das Thema "Falter" angesprochen haben, ganz kurz darauf Bezug nehmen. Sie haben gesagt: Was ist denn schon dabei, wenn sich der "Falter" jetzt in einer kleinen Auseinandersetzung mit der Mediaprint befindet? Schließlich hat es doch auch eine Auseinandersetzung zwischen Falk und Dichand gegeben, und da ist ja auch im wesentlichen dieselbe Sache verhandelt worden, hat es die gleiche Auseinandersetzung gegeben. Herr Kollege Krüger, der große Unterschied ist der: Wenn Falk gegen Dichand streitet, dann streiten zwei Milliardäre, aber wenn Dichand gegen den "Falter" streitet, dann streitet ein Milliardär mit einer Zeitschrift, die von sich aus – und das wissen Sie doch – nicht die wirtschaftliche Potenz besitzt, um diese Auseinandersetzung führen zu können. (Abg. Dr. Krüger: Da unterbinden Sie dann Prozesse!)

Ich meine, gerade das ist ja prototypisch für die Auseinandersetzung auf dem Medienmarkt, daß nämlich jemand mit sehr viel wirtschaftlicher und natürlich pekuniärer Macht versucht, die Wettbewerbsbedingungen der anderen Teilnehmer, auf diesem sehr sensiblen Zeitungsmarkt so zu beeinflussen, daß er sich nicht mehr frei auf diesem Medienmarkt bewegen kann. Selbstverständlich ist es möglich, ein anderes Medium jederzeit mit Klagen einzudecken. Nur: Man macht es nicht. Man macht es nur dann, oder der Herr Dichand, oder sonst wer macht es nur dann, wenn er jemand zeigen will, wer der Herr auf diesem Medienmarkt ist. Und das hat jetzt der Herr Dichand eben einmal gezeigt: Nur: Er hat es am falschen Medium gezeigt. Wenn er sich mit dem Herrn Falk streitet, dann ist das sozusagen die persönliche Angelegenheit von Dichand und Falk, die offensichtlich ihre Trennung voneinander nicht verwinden konnten. Wenn aber Dichand mit Falter streitet, dann geht es um eine Frage der Medien- und Pressefreiheit und Pressevielfalt. Daher, werter Herr Kollege Krüger, meine ich, ist es eine ganz andere Sache.

Ich bemerke, es ist auch der Kollege Krüger nicht mehr da. (Ruf bei den Freiheitlichen: Sei nicht so unfair!) Ich bemerke auch, daß die Ankündigungen, die gemacht wurden, daß wir nämlich heute eine großartige Debatte über die Medienvielfalt führen werden, daß wir in ein neues Kapitel der Auseinandersetzung über die Medien eintreten werden, offensichtlich nicht sehr ernst genommen werden. Denn wenn man sich anschaut, wie kurz diese Debatte insgesamt geführt wird, weiß man, wie sehr sie ernst genommen wird.

Herr Bundeskanzler! Ich kann auch Ihnen den Vorwurf nicht ersparen, daß Sie, obwohl Sie sich dazu bekannt haben, das Ansinnen, das in der dringlichen Anfrage der Liberalen enthalten ist, offensichtlich nicht sehr ernst nehmen. Sie sagten zum Beispiel noch vor Beantwortung der Fragen: So sehe ich in der Diskussion rund um ein zukünftiges Medienvolksbegehren noch nicht, was sein eigentliches Ziel ist. (Präsident Dr. Brauneder übernimmt den Vorsitz.)

Herr Bundeskanzler! Sie wissen so wie ich, was die Ziele des Medienvolksbegehrens sind. Sie wollen sich vielleicht nicht dazu äußern. Das sei Ihnen unbenommen. Es ist Ihnen auch unbenommen, Ihre eigenen Ziele, wie Sie es dann auch tun, zu deklarieren. Nur: Das macht mir eigentlich schon wieder Angst, wenn Sie sagen: Ich möchte, daß es angesichts der rasanten


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technischen Entwicklung und der beschleunigten Internationalisierung und Globalisierung gerade auf dem Mediensektor auch weiterhin konkurrenzfähige und damit in ihrer Existenz gesicherte österreichische Medien gibt.

No na, das wollen wir alle! Wer will das nicht? Es muß also in diesem Satz noch einen tieferen Sinn geben, und ich glaube, daß der tiefere Sinn in diesem Satz folgender ist: Wir brauchen keine kleinen Medien, wir brauchen nicht die Entflechtung, sondern die Verflechtung. Wir brauchen sozusagen starke Medienkonglomerate, die nicht nur im Printmedienbereich, sondern auch in den anderen Mediensektoren tätig sind. Ich kann mir vorstellen, daß Sie das unter Umständen darunter gemeint haben. Aber genau das ist das Problem, dessentwegen wir hier diskutieren, dessentwegen eine dringliche Anfrage gestellt wurde, nämlich weil, wie sich in allen entwickelten Industrieländern zeigt, genau diese Verflechtung, diese Pressekonglomerate, ob man Italien nimmt, ob man Großbritannien nimmt, ob man ganz global die großen Medienmultis nimmt, das Problem der Medienvielfalt und Medienfreiheit darstellen. Ich meine, es muß Ihnen, Herr Bundeskanzler, schon etwas mehr dazu einfallen als ein Bekenntnis zur Medienvielfalt und zur Konkurrenzfähigkeit, die niemand hier bestreitet.

Ich muß zugeben, daß ich mich eigentlich nicht auf den Sektor der neuen Medien, den zu diskutieren sehr interessant und spannend wäre und der heute noch nicht oder nur wenig diskutiert wurde, in meiner Wortmeldung konzentrieren kann und will. Ja, ich gebe zu, ich bin ein Freund der Printmedien. Ich bin mit den Printmedien groß geworden, ich habe ein sinnliches Verhältnis zu den Printmedien.

Ich habe in meiner Jugend – und das ist schon einige Jahre her – die Zeitungen nicht nur durch ihre Druckart, sondern auch am Geruch voneinander unterscheiden können.

Inzwischen ist das alles nicht mehr so einfach. Es ist auf dem Mediensektor alles wesentlich nivellierter geworden. Die Zeitungen verwenden ähnliche Typen, mit denen sie schreiben (Abg. Dr. Graf: Ihre Nase ist nicht mehr so fein!), es haben sich die Buchdruckkunst und auch die Zeitungsdruckkunst etwas verändert. Ich denke, es hat sich vor allem die Vielfalt der Medien in Österreich verändert. Wir können hier die Zeitungen im Printmedienbereich, die schon gestorben sind, Revue passieren lassen: Das "Demokratische Volksblatt", die "AZ", die "Volksstimme", das "Volksblatt", das "Salzburger Volksblatt" – um auch eine Zeitung aus Ihrem Bereich zu erwähnen (der Redner schaut in Richtung ÖVP) –, die "Südost-Tagespost", der "Express", das "Neue Österreich". – All diese Zeitungen sind tot.

Österreich ist dasjenige Land in Europa, das nicht nur die höchste Konzentration von Lesern gebunden an eine Tageszeitung, sondern auch die geringste Medienvielfalt aufweist. Es ist erschreckend, wenn man die Dokumentation des europäischen Zeitungsherausgeberverbandes sieht, wo gesagt wird, daß es 1988 noch 1 381 Tageszeitungen gegeben hat, 1994 immerhin noch 1 320; es sind also in diesem Zeitraum nur 60 Zeitungen in Europa gestorben. Aber Sie können es sich ausrechnen, meine Damen und Herren, wie viele davon auf das Konto Österreichs gehen, wie viele Medien wir in diesem Zeitraum verloren haben. Es ist erstaunlich, wie sehr Österreich Verursacher an dieser Verarmung auf dem Mediensektor ist.

Meine Damen und Herren! Wenn man sich die Entwicklung der Printmedien in Österreich und vor allem das, was in einigen Wortmeldungen sehr verschwommen angesprochen wurde, nämlich die Entwicklung des Verhältnisses von Medien zu Parteien ansieht, dann muß man bis in die Zeit nach 1945 zurückgehen. Das erhellt das Verhältnis, auch wenn es sich seither gründlich verändert hat.

1945, als der Krieg kaum vorbei war, ist im Juli die Pressepolitik in Österreich in die Hand der drei damals staatstragenden Parteien gegeben worden. Die ÖVP, die SPÖ und die KPÖ haben sich damals zusammengesetzt und sich die Presse, die Printmedien aufgeteilt und haben faktisch nicht nur über den Preis, nicht nur über den Lohn, den man den Redakteuren bezahlt hat, sondern über alles, was zu regeln ist, wenn man eine Zeitung herausgibt, bis ins kleinste Detail bestimmt.


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Diese Macht der Parteien von 1945, die auch dadurch charakterisiert ist, daß der Zeitungsherausgeberverband, der im August 1945 gegründet wurde, nicht von den Zeitungsherausgebern und -verlegern bestückt wurde, sondern von den Parteienvertretern. Diese haben ihn begründet. Es sind drei Parteienvertreter drinnen gesessen, und der vierte Platz war leer, der hätte den Zeitungsherausgebern und -verlegern gebührt. Doch der vierte Posten wurde nicht besetzt.

Diese Macht der Parteien über die Medien hat sich in Österreich grundlegend verändert, aber nicht nur in Österreich, doch in Österreich in einer gravierenden und erschreckenden Art, und zwar vor allem deswegen in einer erschreckenden Art, weil dies völlig unreflektiert geschehen ist.

Diese Macht der Parteien hat sich völlig verändert und umgewandelt in eine Macht der Medien über die Parteien. Ich erinnere nur daran – das ist nun ungefähr zehn Jahr her –, daß der jetzige Kommentator von "täglich Alles", Gerd Leitgeb – ich glaube, auch in diesem Medium damals –, geschrieben hat: "Jagen wir die Politiker wie die Hasen!" Ich habe mir damals eigentlich gedacht, es müßte ein Aufschrei von seiten der Politik erfolgen; es müßten doch alle sofort reagieren, wenn da ein Zeitungskommentator sagt: "Jagen wir die Politiker wie die Hasen!" – nicht nur deswegen, weil ich ein besonderes Verständnis von diesem Satz habe, weil die Hasenjagd eine eindeutige Konnotation hat; Kollege Cap, du weißt es. – Dieser Satz erinnert an die "Mühlviertler Hasenjagd", wo es um das KZ Mauthausen gegangen ist. Dieser Satz darf, auch wenn er schon 1985 oder 1986 gesagt wurde, nicht einfach unkommentiert im Raum stehengelassen werden.

Es geht auch darum, meine Damen und Herren, daß nicht nur damals nicht reagiert wurde, sondern daß seither auch nichts geschehen ist, um dieses Verhältnis zu den Medien von seiten der Politik neu zu definieren.

Ich erinnere daran, daß wir nicht nur die Variante Leitgeb zu diskutieren haben, sondern daß wir als Politiker möglicherweise auch die Variante "Hürriyet" zu diskutieren haben. Die Tageszeitung "Hürriyet" hat vor wenigen Monaten eine Inselbesetzung gemacht und damit einen starken Konflikt zwischen Griechenland und der Türkei heraufbeschworen. Es wurde von der Zeitung "Hürriyet" in der Ägäis eine Insel besetzt, und dann wurde erklärt, indem man die türkische Fahne dort aufgezogen hat: Das ist jetzt Bestandteil der Türkei. Dann ist man hingefahren, hat nicht über die Printmedien, sondern über die zum "Hürriyet"-Konzern gehörigen TV-Medien das abgefilmt, worauf natürlich der politische Konflikt eskaliert ist.

Das ist eine Möglichkeit, wie Politik betrieben wird. Und ich sage Ihnen: So drastisch das am Beispiel "Hürriyet" auch charakterisiert wird – so weit sind wir davon nicht weg. Wir haben in Österreich die Wahl zwischen "Hürriyet" und der Variante Leitgeb.

Meine Damen und Herren! Wenn wir hier nicht dieses Verhältnis definieren – und da geht es nicht darum, was in der Macht und in der Verantwortung von Redakteuren liegt –, wenn wir hier nicht als selbstbewußte Partner und nicht als solche, die den Medien hineinregieren wollen, den Medien gegenübertreten, wenn wir hier nicht klare Bedingungen schaffen, wenn wir hier nicht für kartellrechtliche Entflechtungen eintreten, wenn wir hier nicht – und da bin ich durchaus Ihrer Meinung, Herr Kollege Krüger – auch für klare Redaktionsstatuten, für die Autonomie von Redakteuren eintreten, wenn wir hier nicht eine Presseförderung entwickeln und betreiben, die diesen Namen verdient, die eine Presseförderung sein kann und sein muß, die die Medienvielfalt entwickelt – und das kann man bei der bestehenden Presseförderung nicht sagen –, wenn wir all diese Maßnahmen nicht setzen, dann werden wir in wenigen Jahren möglicherweise tatsächlich über "Hürriyet" und über Leitgeb ...


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Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder:
Den Schlußsatz bitte, Herr Abgeordneter.

Abgeordneter Karl Öllinger (fortsetzend): ... dann werden wir in wenigen Jahren tatsächlich über "Hürriyet" oder das Beispiel Leitgeb ernsthaft weiterdiskutieren müssen. (Beifall bei den Grünen.)

19.10

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist nun Herr Abgeordneter Morak. –Bitte, Herr Abgeordneter.

19.10

Abgeordneter Franz Morak (ÖVP): Ich habe noch im Ohr: selbstbewußt auftreten den Medien gegenüber. Cap meinte, das wäre völlig sinnlos: Wir sind so, wie wir sind. Volker Kier meinte, er hätte das Parlament frühzeitig aufgeweckt.

In Beschäftigung mit der Dringlichen und dem Thema des Antrages des Liberalen Forums bin ich auf einen Artikel gestoßen, den ich vor ewigen Zeiten geschrieben habe – damals für den ORF; ich war Kolumnist und hatte eine Kolumne, die "Minus-Perspektive" hieß.

Das Zitat: 23. April 1988: Am 3. April dieses Jahres wurde die "Westdeutsche Allgemeine Zeitung", kurz "WAZ", 40. Das mußte gefeiert werden, ohne Rücksicht auf die Kosten. Die Feier schlug mit 3 Milliarden Schilling zu Buche, das sind etwas mehr als 400 Millionen Mark – so klingt es freundlicher. Dafür war der Geburtstagskuchen aber auch mit vielen Lichterln geschmückt: mit dem "Basta"-Lichterl, dem "Kronen"-Lichterl, dem "profil"-, "Kurier"- und wie sie alle heißen – Lichterl. Da muß schon ordentlich geblasen werden, damit es auf diesem Kuchen finster wird.

Ähnliche Wortmeldungen gab es – natürlich viel seriöser – von Helmut Kukacka, Heribert Steinbauer, Erhard Busek, Michael Graff und Heinrich Keller. Ich habe es mir angetan, Herr Dr. Frischenschlager, mir Ihre Wortmeldungen zwischen Jänner 1988 und Dezember 1990 aus dem Archiv zu klauben. Stichwort: Medienkonzentration und ausländische Beteiligungen. – Es gab keine Wortspende!

Es finden sich in unserem Computer 1 170 Wortmeldungen Ihrerseits, nur: Zum genannten Thema habe ich nichts gefunden. (Abg. Mag. Barmüller: Damals war er nicht zuständig!) Also ich nehme zur Kenntnis, daß Ihre Wortmeldung heute erfolgt ist – wie Sie zugeben, mit einiger Verspätung –, aber wahrscheinlich ist sie auf folgenden Punkt der "Schlußfolgerungen" in Ihrer Anfrage zurückzuführen: "Aufgrund der Ereignisse der letzten Wochen wurden die kritisch denkenden Menschen in diesem Land wachgerüttelt." (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.) – Das bedingt, daß Sie geschlafen haben, was ich nicht glaube, denn sonst wären Sie ja nicht kritisch.

Trotzdem meine ich, daß diese dringliche Anfrage wichtig ist. Sie ist so spät, wie sie wichtig ist.

Es ist richtig: Es wurden Fehler gemacht. Es gibt Nachholbedarf bei den Lizenzen und bei den gesetzlichen Bestimmungen für private Radio- und TV-Anbieter. Das ist durchaus eine Folge davon, daß der ORF viel zu lange wie unter einem Glassturz stand, daraus resultieren auch das Defizit an Diskurs über dieses Medium, das uns heute immer mehr bewußt wird, und die Fehleinschätzung der Rasanz dieser Entwicklung im elektronischen Bereich – das war die Urschuld. Man kann nicht das Nachdenken über elektronische Medien, deren Verbreitung und Entwicklung inklusive Frequenzplänen dem einzigen elektronischen Medium überlassen. – Aber eigentlich waren wir alle dabei. Man koexistierte friedlich nebeneinander.

Der Werbekuchen war paktiert zwischen den Partnern Printmedien, elektronischen Medien und Hörfunk. Man kam sich nicht ins Gehege, und vor allem: Es gab keine Wellen. Dabei wurde der ORF immer größer, bis er schließlich 3 200 Angestellte hatte, mit einer von allen Journalisten und Journalistinnen beneideten FBV, und keiner hatte Interesse, daß sich am Status quo irgend etwas verändert. – Nur, plötzlich ist alles anders: Das Schlaraffenland ist abgebrannt!

Wie immer schleicht man sich in diesem Land über die falsche Diskussion an das Thema heran. Beispiel: Ablöse des "profil"-Herausgebers. Betrachten wir es nüchtern: Daß der Eigentümer den Herausgeber entläßt – das kann kein Problem der Legislative eines Landes sein, genauso wenig, wie wenn der Herausgeber eine namhafte Kulturjournalistin entläßt.

Der Generalsekretär des Mehrheitseigentümers meinte dazu: "Was von anderen in Wirtschaft und Politik wortgewandt in Leitartikeln und Kommentaren eingefordert wird, bleibt in eigener


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Sache ausgespart, insbesondere die Aufforderung, das Unternehmen auch wirtschaftlich zu führen."

In diese Richtung geht auch die Aussage von Peter Michael Lingens, der bestätigt, daß die Hauptkritik des Eigentümers der wirtschaftlichen Gestion der Zeitschrift gegolten hat. Zitat: Es ist dem Eigentümer nicht in Permanenz zuzumuten, Verluste zu machen."

Es ist also nicht schlüssig, das Thema "profil" zum Thema "die redaktionelle Unabhängigkeit ist in Gefahr" zu machen, außer man erwartet Applaus, den es immer gibt, wenn der Kleine den Großen prügelt. Aber natürlich muß man auch dazusagen, daß immer irgendwo irgend jemand auf eine Marktverschiebung, auf einen Marktgewinn wartet.

Wer von Zerschlagen und Entflechten redet, sollte gleichzeitig sagen, wie das gehen soll; also wie die Enteignungsbestimmungen für die Eigentümer ausschauen, das umfassende Kartellrecht, die Abgrenzungsbestimmungen für ausländischen Besitz, selbstverständlich EU-konform, und sämtliche weitere Kaufbeschränkungen für potentielle Betreiber – wenn wir nur wüßten, wo sie im elektronischen Bereich sind.

Mit einem Wort: Man soll nicht so tun, als wären die Alternative zu "WAZ", KroKuWAZ, Mediaprint und ORF tausend Rosen. Die riesigen Medienkonzentrationen auf der ganzen Welt sprechen eine entscheidend andere Sprache.

Bestimmung hin, Bestimmung her: Wie will man in Zukunft multinationale bis weltumspannende Medienkonzerne regulieren? – Es ist doch einfach lächerlich, zu glauben, daß wir hier etwas beschließen und der Mediengigant Walt Disney steht stramm und hält sich daran. Oder wie wollen Sie verhindern, daß morgen der größte Provider im Internet-Bereich Bill Gates heißt?

Im Leitartikel zum "profil" dieser Woche, der, wie ich meine, nachgerade ein Beleg für den Standard des unabhängigen Journalismus in diesem Lande ist, schreibt Josef Votzi: "Der ehemalige Mediensprecher der ÖVP, Heribert Steinbauer, plädierte kürzlich in einem Gastkommentar für den ‚Standard‘ zu Recht dafür, schon jetzt über mögliche Grenzen zwischen Printbereich und elektronischen Medien zu diskutieren."

Im Sinne meines anfänglichen Plädoyers, daß man nämlich nicht den Sack schlagen soll, wenn man den Esel meint, könnte man weiter zitieren: Tatsache Nr. 2 ist, daß der österreichische Markt – Zitat Steinbauer – mit etwas über 2,5 Millionen Haushalten immer noch und trotz Mediaprint ein guter Zeitungsmarkt ist. Das ebenfalls traditionelle Jammern mancher Zeitungsherausgeber dient zwar der Erhaltung der Presseförderung, es kann aber nicht leugnen, daß die täglich verkaufte Stückzahl, die solide Existenz der großen Bundesländerzeitungen und das Phänomen der Neugründung von Tageszeitungen, "Der Standard" und "täglich Alles", eine relativ gesunde Struktur für Österreich in der Welt von Fernsehen und Internet ausweisen.

Zur Elektronik – geschenkt! –: Der Frequenzplan ist fehlerhaft, mehr als fehlerhaft, er wird repariert werden.

Im Bereich der Kabelveranstalter hinkt der Gesetzgeber der Realität nach – auch das wird repariert werden.

Es gibt Vorschläge für eine ORF-Reform, zu seiner Gesellschaftsform, zu seiner Strukturreform und hoffentlich auch zu seiner Programmreform. Auch da sind sich alle einig: Da muß etwas passieren, sonst passiert etwas!

Klar scheint also für alle zu sein der öffentlich-rechtliche Auftrag der größten Medienanstalt dieses Landes. Die Umsetzung dieses Auftrages ist für mich überhaupt die zentrale Frage des Weiterbestehens des ORF. Wie schwierig das zu definieren ist, zeigte sich in einer Sitzung des Kuratoriums, in der der grüne Vertreter meinte, daß Ö 3 durchaus dem öffentlich-rechtlichen Anspruch entspräche. Ich möchte damit dokumentieren, wie groß die Bandbreite der Interpretation von "öffentlich-rechtlich" ist.


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Dazu erwarte ich mir aber vom ORF wesentlich markantere Signale in dieser Diskussion und Diskussionsansätze. SRG und ZDF argumentieren immer stärker und mit steigender Vehemenz den öffentlich-rechtlichen Auftrag; der ORF diskutiert immer noch über Quoten und Reichweiten.

Zweitens: Klar ist auch: Der ORF soll sich über Gebühren und Werbung finanzieren. Bei zu hohen Kosten des Personals, die die Programmschöpfung immer schwieriger machen, und als Folge der schrumpfenden Werbeeinnahmen muß eine moderne – das ist zwingend –, straffe Unternehmensstruktur gefunden werden. In Frankreich ist das eine AG, bei der BBC eine Sonderrechtsform, beim ZDF wird überlegt, eine AG daraus zu machen. Mir ist alles recht, was die Unabhängigkeit, die Finanzierbarkeit und den öffentlich-rechtlichen Auftrag festigt und ausbaut. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Eines kann ich mir zum Schluß nicht verkneifen. Dr. Frischenschlager fordert dringend eine komplette Neuorganisation der Medienlandschaft (Abg. Dr. Frischenschlager: Richtig!), und er legt eines nach, indem er sagt, er braucht einen turn-around. Das klingt gut. Wie soll das gehen? Zuallererst braucht dieses Land eine unabhängige Medienanstalt, deren Gremien vor allem aus Fachleuten, Medienexpertinnen und -experten, Fachjournalistinnen und -journalisten, Richterinnen und Richtern bestehen. – Also wissen Sie, Herr Doktor, das klingt sehr nach einer Kommission (Abg. Dr. Frischenschlager: Sie haben es nicht verstanden, das ist das Problem!) , und die ist ein Synonym in diesem Land für die bewußte lange Bank, die wir alle kennen. Und soviel Zeit – glauben Sie mir das! – haben wir nicht mehr. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

19.22

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Haselsteiner. – Bitte, Herr Abgeordneter.

19.22

Abgeordneter Dr. Hans Peter Haselsteiner (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Da ich nicht für mich in Anspruch nehmen kann, ein Medienexperte wie Kollege Morak zu sein, und auch noch nie die Ehre hatte, im ORF-Kuratorium zu sitzen, wollte ich eigentlich schon darauf verzichten, zu dieser dringlichen Anfrage noch zu sprechen. Nur: Die Herausforderung war jetzt einfach zu groß, wenn ein Abgeordneter der ÖVP herausgeht und sagt, ich habe schon im Jahr 1988 als Kolumnist mahnende Worte gefunden – sogar sehr witzige, wie ich gefunden habe; im übrigen auch zutreffende gegen die "KroZoWAZ" oder wie das Ding heißt – gegen diese Übernahme und habe schon damals gewarnt, und ihr, die Opposition, die ihr heute diese dringliche Anfrage sozusagen vom Zaun brecht, habt damals geschwiegen!

Herr Morak! Das ist ein Witz. Denn Sie vergessen dabei völlig, daß zum damaligen Zeitpunkt Ihre Fraktion in Regierungsverantwortung war und es in der Hand gehabt hätte, sich nicht darauf ausreden zu müssen: Leider Gottes können wir rückwirkend kein Kartellgesetz beschließen, denn das verstößt gegen rechtsstaatliche Grundsätze. Daher müssen wir die Mediaprint als Konglomerat nun einmal akzeptieren, wiewohl wir das sehr bedauern – siehe Beantwortungsausführungen des Herrn Bundeskanzlers.

So einfach, lieber Herr Kollege Morak, können Sie es sich nicht machen. (Beifall beim Liberalen Forum und des Abg. Wabl. ) Ihre Fraktion ist ebenfalls in diesem Haus in Regierungsverantwortung gesessen und hat das staatliche Rundfunk- und Fernsehmonopol zementiert, als schon Dutzende erstklassige Fachleute aller ideologischen Lager davor gewarnt und schon festgestellt haben, daß zu einer einseitigen Medienpolitik führen wird.

Ich erinnere mich daran: Als ich noch Student war, hat es mich schon geärgert, daß es in Österreich einen Staatsrundfunk gibt.

Sie haben sich ja nur durch ein Rundfunk-Volksbegehren zwingen lassen, wenigstens die Mindestvoraussetzungen und die Mindeststandards zu erfüllen, damit man einigermaßen aus dem Geruch einer reinen Parteienmedienanstalt kommt. Meine Damen und Herren, das wissen Sie doch ganz genau! (Beifall beim Liberalen Forum. – Abg. Schieder: Herr Kollege! Würden


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Sie sich in der Bauwirtschaft ein rückwirkendes Kartellgesetz gefallen lassen?) Ich komme dann gerne zu Ihnen, Herr Schieder, aber ich habe dem Herrn Staatssekretär versprochen, daß ich meine Ausführungen kurz halte.

Ich würde gerne mit Ihnen darüber diskutieren, und es ist mir bewußt, was Machtkonzentration und Kapitalkonzentration sind, aber bitte, Herr Kollege Morak, den Disney-Konzern mit Herrn Dichand zu vergleichen, ist ein mehrfacher Witz. Dichand ist im Vergleich dazu Gott sei Dank noch eine Mickymaus.

Aber eines ist viel wesentlicher: Beim Walt-Disney-Konzern gibt es kein Individuum, das Interesse hätte, in irgendein Politikfeld – nicht einmal in ein so wichtiges wie die Wahl des amerikanischen Präsidenten – einzugreifen. Es gibt dort auch eine andere Ethik eines Berufsstandes, der freier Journalist heißt. Ein amerikanischer Journalist würde sich eine solche Bevormundung durch den Herausgeber, wie das in Österreich gang und gäbe ist, niemals gefallen lassen. Und das ist ein sehr wesentlicher Unterschied! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Jetzt komme ich zu noch etwas: Wenn wir alle die mangelnde Vielfalt beklagen, und Herr Cap ... (Abg. Schieder: Darum ist ein Schauspieler Präsident geworden!) Ja, Herr Schieder, ist ja recht. Ich muß ... (Abg. Schwarzenberger: Jetzt ist er sprachlos!) Das war ja ein wirklich witziger und geistvoller Zwischenruf.

Herr Abgeordneter Cap! Wenn Sie sagen, daß sich die Politiker dieses Landes in einem schwierigen Verhältnis zu den Medien befinden und daß sie sich prostituieren, dann sprechen Sie bitte für sich, sprechen Sie für Ihre Fraktion und für Ihre Freunde, wenn Sie wollen, aber sprechen Sie zum Beispiel nicht für mich! Ich würde das als Beleidigung empfinden! (Beifall beim Liberalen Forum.)

19.26

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist daher geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Stoisits und Genossen betreffend Herstellung und Sicherung der Medienvielfalt in Österreich.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist daher abgelehnt.

Kurze Debatte über Fristsetzungsantrag

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Wir gelangen nun zur Durchführung einer kurzen Debatte betreffend den Antrag des Abgeordneten Wabl, dem Bautenausschuß zur Berichterstattung über den Antrag 137/A (E) betreffend Aufhebung der Verordnung über den Straßenverlauf der B 146 (Ennsnahe Trasse) eine Frist bis 30. Juni 1996 zu setzen.

Nach Schluß dieser Debatte wird die Abstimmung über den gegenständlichen Fristsetzungsantrag stattfinden. Wir gehen nun in die Debatte ein.

Ich mache darauf aufmerksam, daß nach der Geschäftsordnung kein Redner länger als 5 Minuten sprechen darf.

Zu Wort gemeldet ist die Frau Abgeordnete Buder. Ich erteile es ihr.

19.28

Abgeordnete Hannelore Buder (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die unendliche Geschichte über die ennsnahe Trasse findet heute im Hohen Hause ihre Fortsetzung. 25 Jahre Planungs- und Verfassungsprozeß – seit 1971! Die Trasse wurde 1990 verordnet, nachdem 30 Untersuchungen und Studien über die Verkehrslösungen durchgeführt


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waren. Die Planungskosten beliefen sich bis 1993 schon auf 49,5 Millionen Schilling und sind nun schon auf 60 Million angestiegen.

Der gegenständliche Entschließungsantrag der Grünen enthält auch Teile über die schützenswerte Roßwiese. Tatsache ist, daß diese schützenswerte Roßwiese schon im vorigen Jahr und auch heuer zum Teil als Maisacker benutzt wurde und wird. In diesen schützenswerten Teilen der Roßwiese, die zirka 25 Hektar groß ist, wovon für die ennsnahe Trasse aber nur 5 Hektar benötigt werden, soll sich der Wachtelkönig befinden, der laut Vogelschutzrichtlinien als "besonders schützenswert" eingestuft ist. (Abg. Wabl: Er ist schon ausgerottet!) Der Wachtelkönig braucht aber, wurde ausgerechnet beziehungsweise erforscht, eine Mindestfläche von 100 bis 200 Hektar. In Stainach und auch in Wörschach sagte man mir, daß der Wachtelkönig bisher nur gehört, aber noch nie gesehen wurde.

Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist abzuwägen, was uns wichtiger ist: das öffentliche Interesse an einer Straße, der Anrainer, der Verkehrsteilnehmer, der Wirtschaft und des Tourismus oder eine geschützte Wiese mit einem Wachtelkönig, den man nicht sieht, sondern unter Umständen nur hört, ob uns die Menschen wichtiger sind, die dort leben, wohnen und dort auch ihren Lebensunterhalt verdienen müssen. (Beifall bei der SPÖ.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich habe hier einen Brief des Bürgermeisters von Stainach; Stainach ist der Ort, der am meisten davon betroffen ist, wenn diese Straße nicht gebaut wird. Er befürchtet, daß sich nun nach der Öffnung der Autobahnverbindung zwischen Agram und Belgrad die Verkehrsbelastung noch verstärken wird.

Denn es sind heute schon 15 000, zum Teil sogar bis zu 30 000 Kraftfahrzeuge, die täglich durch Stainach rollen. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das ist ein Stundenmittel von 625 bis 1 250 Autos. Es ist daher kein Wunder, daß die Kinder zum Teil nicht einmal mehr über diese Straße gehen können.

Für die ersten Einzelprojekte, die Sallabergbrücke und die Wanne Stainach, wurden 100 Millionen Schilling investiert. Die Gesamtkosten würden 900 Millionen Schilling betragen, und das würde gerade auch für die Bauwirtschaft und die Arbeiter, die in der Bauwirtschaft beschäftigt sind, in einem Bezirk mit mehr als 12 Prozent Arbeitslosen ein besonders wichtiger wirtschaftlicher und beschäftigungspolitischer Effekt sein. (Beifall bei der SPÖ und des Abg. Dr. Haselsteiner . – Abg. Wabl: Ja, Haselsteiner!?)

Entgegen den Behauptungen der Grünen sind diese Sallabergbrücke und auch die Wanne Stainach kein Schwarzbau, denn die wasserrechtlichen Bewilligungen lagen vor, sie wurden auch vom Landwirtschaftsministerium bestätigt. Der Verwaltungsgerichtshof hat diese Bestätigungen des Landwirtschaftsministeriums im Oktober 1995 formell aufgehoben, da nicht alle Gutachten verglichen wurden. Aber nun wird nach Aussage des steirischen Landesrates Hirschmann noch in dieser Woche der positive Naturschutzbescheid für die ennsnahe Trasse ergehen. Laut Beantwortung meiner Anfrage an den Herrn Bundesminister Molterer wird der Berufungsbescheid über die wasserrechtliche Bewilligung für den Trassenverlauf und die formalen Mängel, die zu beheben sind, noch im Juni erlassen werden. Wenn man schon 25 Jahre auf diese Straße wartet, dann wird man auch noch ein Monat darauf warten können.

In dem Entschließungsantrag der Grünen heißt es auch, diese Trasse wäre in der Bevölkerung in höchstem Maße umstritten. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bei der Volksbefragung in den Gemeinden Pürgg-Trautenfels, Stainach, Wörschach, Weißenbach bei Liezen und Liezen haben insgesamt 72 Prozent für die ennsnahe Trasse gestimmt. Die Trassengegner möchte ich schon bitten, einmal so fair zu sein und dieses Abstimmungsergebnis anzuerkennen. Wir wollen und wir brauchen keine Einmischung von außen. Ich glaube, die Bevölkerung kann vor Ort entscheiden. (Beifall bei SPÖ, ÖVP sowie dem Liberalen Forum.)

In der Steiermark gibt es einen politischen Konsens zwischen SPÖ und ÖVP ...

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Frau Abgeordnete, den Schlußsatz bitte.


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Abgeordnete Hannelore Buder
(fortsetzend) : Landesrat Schmid hat sich im Vorjahr in einem offenen Brief dazu bekannt, und auch der dritte Landtagspräsident German Vesko sagte mir am vergangenen Sonntag, daß er für den Bau der Trasse ist, und auch die Liberalen in der Steiermark sind dafür.

Ich glaube, die Grünen haben das Recht, dagegen zu stimmen, aber sie sollten auch Mehrheiten anerkennen. Meine Fraktion lehnt den Entschließungsantrag 137/A (E) betreffend die Aufhebung der Verordnung des Straßenverlaufes der B 146 ab. Danke. (Beifall bei SPÖ, ÖVP sowie dem Liberalen Forum.)

19.34

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Schöll. – Bitte, Herr Abgeordneter.

19.34

Abgeordneter Hans Schöll (Freiheitliche): Herr Präsident! Hohes Haus! Geschätzte Frau Kollegin! Ich glaube, Sie haben verwechselt, daß es heute hier nur um eine Fristsetzung geht und daß wir die sachlichen Pro und Kontras eigentlich dort noch einmal – wenn notwendig – diskutieren sollten, wo sie hingehören: nämlich im Bautenausschuß.

Sie können dafür oder dagegen sein. Sie haben durchaus recht, daß diese Angelegenheit uns in der Steiermark bereits ein gutes Vierteljahrhundert beschäftigt, es hat uns auch schon stundenlang im Rechnungshofausschuß beschäftigt, es hat uns hier im Hohen Haus stundenlang beschäftigt. Es handelt sich also durchaus um eine Materie, die auch vielen Damen und Herren des Hohen Hauses bereits geläufig ist.

Schon alleine aus prinzipiellen Gründen, weil wir der Meinung sind, es sollte sich der Bautenausschuß als zuständiges Gremium mit diesem Entschließungsantrag beschäftigen, stimmt die freiheitliche Fraktion für die Fristsetzung. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

19.35

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist nun Herr Abgeordneter Kröll. – Bitte, Herr Abgeordneter.

19.35

Abgeordneter Hermann Kröll (ÖVP): Herr Präsident! Verehrte Damen und Herren des Hohen Hauses! (Abg. Dr. Graf: In der Kürze liegt die Würze!) Der Entschließungsantrag der Grünen betreffend Befristung zur Aufhebung der Verordnung über den Straßenverlauf der B 146, Ennsnahe Trasse, ist natürlich, Kollege Schöll, das eine. Auf der anderen Seite muß man es verstehen, daß Frau Kollegin Buder und auch ich – schon deswegen, weil wir dort zu Hause sind – an sich sehr dankbar sind, daß wir über dieses Thema sprechen können, weil wir das ablehnen müssen. Man kann nicht in der Begründung Gesetzwidrigkeiten pauschal hier in den Raum stellen und auch nicht die Behauptung, daß das Ganze in der Bevölkerung nicht durchsetzbar ist. (Zwischenruf des Abg. Wabl. )

Verehrter Herr Kollege Wabl! (Abg. Wabl: Jeder Häuslbauer wird sofort bestraft!) Es ist schade, denn Sie haben ursprünglich dazu beigetragen, daß wir einen Konsens finden. – Da ich nur fünf Minuten Zeit habe, kann ich darauf nicht eingehen. (Abg. Wabl: Sie bauen ohne Wasserrecht, ohne Naturrecht! Jeder Häuslbauer würde sofort bestraft!) Es muß Ihnen gesagt werden, daß inzwischen klar ist, daß es eine positive Naturschutzbewilligung gibt – lesen Sie die "Kleine Zeitung" von heute und informieren Sie sich! (anhaltende Zwischenrufe des Abg. Wabl – Präsident Dr. Brauneder gibt das Glockenzeichen) –, daß wir bis zum Sommer rechnen können, daß die zweite Instanz über den Wasserrechtsbescheid entscheidet. Sie wollen jetzt schon das alles ausräumen, haben aber keine Lösung anzubieten, während das Tal, die Menschen, die dort leben, sowie die Wirtschaft, wir alle das brauchen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Nehmen Sie bitte zur Kenntnis, daß in den fünf Hauptgemeinden, die betroffen sind, wo die heutige Straße durchgeht, über 70 Prozent aller befragten Bürger – genau 72 Prozent – dafür sind. Es ist richtig: In einer Demokratie muß viel diskutiert werden, man muß verschiedene


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Varianten berücksichtigen, aber irgendwann muß auch einmal entschieden werden. Wir warten auf die Entscheidung! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Es gehört das entschieden, und daher müssen wir ablehnen, was Wabl hier verlangt. Wir müssen alles tun, damit wir endlich zum Bauen kommen (Abg. Dr. Haselsteiner: Jawohl!) , vorausschauend, mit Verantwortung, und einem 25jährigen Anliegen der Ennstaler Bevölkerung wirklich gerecht werden.

So gesehen ist es gut, daß wir heute zu dieser Thematik auch inhaltlich Stellung nehmen können. Ich bitte daher, daß wir nicht nur den Antrag der Grünen ablehnen, sondern daß auch in allen befaßten Ministerien und auch im Land Steiermark alles getan wird, damit endlich Taten folgen, sodaß wir zu bauen beginnen können. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Wabl . – Ruf bei den Freiheitlichen: Kollege Haselsteiner! Bauen ja, aber mit österreichischen Bauarbeitern, gelt? – Gegenrufe beim Liberalen Forum.)

19.37

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist nun Herr Abgeordneter Mag. Barmüller. – Bitte, Herr Abgeordneter.

19.37

Abgeordneter Mag. Thomas Barmüller (Liberales Forum): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! (Anhaltende Rufe des Abg. Dr. Haselsteiner in Richtung der Freiheitlichen.) Ruhe in der liberalen Fraktion! Der Abgeordnete Haselsteiner ist ganz aufgeregt, das ist aber nicht notwendig, denn Abgeordneter Kröll hat es völlig richtig gesagt: Eine Entscheidung gehört her, es muß endlich eine politische Entscheidung gefällt werden, und dem andauernden Hin-und-Her muß ein Ende gesetzt werden. Im Grunde genommen liegt es ja an Ihren Parteikollegen in der Steiermark, daß es hier keine Entscheidung gibt. Herr Landesrat Hirschmann ist ja derjenige, auf den in diesem Zusammenhang alle warten – aber er rührt sich nicht.

Eines, Herr Abgeordneter Kröll, möchte ich Ihnen schon auch sagen: Die Begründung dieses Entschließungsantrages der Grünen steht nicht zur Diskussion, sondern ausschließlich der Text der Entschließung, und diese verlangt eine Entscheidung.

Frau Abgeordnete Buder hat gesagt, die Debatte über den Bau der ennsnahen Trasse findet heute hier ihre Fortsetzung. Viel zu oft, Frau Abgeordnete, ist das schon geschehen. Diese Debatte muß endlich ein Ende finden, und deshalb werden wir von seiten der Liberalen diesem Antrag zustimmen, weil wir auch in der Steiermark dafür eintreten, daß hier endlich eine Entscheidung gefällt wird, in die eine oder in die andere Richtung – aber eine Entscheidung gehört her. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

19.39

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist nun Herr Abgeordneter Wabl. – Bitte, Herr Abgeordneter.

19.39

Abgeordneter Andreas Wabl (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bürgermeister und ÖVP-Abgeordneter Kröll meint, daß sich die Demokratie endlich durchsetzen muß. – Herr Bürgermeister Kröll, ich bin ganz bei Ihnen. Aber wir haben aufgrund der Demokratie in der Steiermark und in Österreich bestehende Gesetze (Abg. Dr. Fekter: Gott sei Dank!) , und Ihre Verwaltung, Ihre Landeshauptfrau Klasnic, Ihr Landeshauptmann Krainer und Ihr Landesrat haben die Gesetze in der Steiermark gebeugt und Schwarzbauten errichtet. Das ist Sache in der Steiermark!

Und da kommt noch dazu: Warum gibt es denn jetzt einen Baustopp, Herr Kröll? – Weil es keine Bewilligungen gibt. Sie als erste Bauinstanz in Ihrer Gemeinde müßt wissen, daß jeder Häuselbauer sofort bestraft wird, sobald er ohne Genehmigung, ohne daß Sie Ihren Stempel draufgegeben haben, etwas macht. Und die Frau Klasnic, der Herr Krainer und die anderen haben geglaubt, sie könnten das im Schnellverfahren hinter der Türe machen. Das ist Ihre Art,


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Politik zu machen – ähnlich wie der Pühringer in Oberösterreich. (Abg. Kröll: Es gibt einen positiven Bescheid!)

Von wegen positiver Bescheid: Sie haben dort einen Schwarzbau errichtet. Wo ist denn die wasserrechtliche Bewilligung? Zeigen Sie sie mir! Wo ist sie denn? Wer hat sie denn gebracht, Herr Kröll?

Ich sage Ihnen noch etwas: Die Baufirmen, die dort tätig waren – Herr Haselsteiner, hören Sie weg! –, wurden in ein Projekt hineingezerrt, für das es kein behördliches Genehmigungsverfahren gibt. Und dann verlangen Sie, daß der Demokratie zum Durchbruch verholfen werden muß!

Herr Kröll, ich sage Ihnen eines (Zwischenrufe des Abg. Kröll ): Der steirische Landtag hat im Jahre 1993 unter der Nummer 374 einen Mehrheitsbeschluß gefaßt, daß, wenn die Trasse rechtlich nicht durchsetzbar ist, Alternativvarianten geschaffen werden müssen. Sie haben weitere drei Jahre verschlafen, weil Sie nicht zur Kenntnis nehmen, daß Sie keine rechtlichen Bewilligungen haben. (Abg. Tichy-Schreder: Warum schreien Sie denn so?) Wissen Sie, warum ich mich darüber so aufrege? – Der Herr redet von Demokratie! Die Bauern, die dort widerrechtlich enteignet worden sind, werden jetzt von der Frau Klasnic geklagt (Abg. Mag. Mühlbachler: Geh!) – die Täterin wird zur Klägerin! Das ist Sache! (Beifall bei den Grünen.)

Jetzt sage ich Ihnen noch etwas dazu: Ich war kein Freund dieses EU-Beitritts, weil ich meinte, daß es für vieles noch zu früh war. Aber Sie wollen jetzt auch noch EU-Recht beugen. Es ist Ihnen völlig gleichgültig, jetzt sind Sie plötzlich keine Europäer mehr. Die Frau Buder hat sowieso immer nur an ihre Sallabergbrücke und ihren Beton gedacht. Herr Haselsteiner, Sie brauchen sich keine Sorgen zu machen, die Bestandstrasse sichert dort auch die Arbeitsplätze. Nur diesbezüglich wollen offensichtlich der Herr Kröll und Frau Buder und andere keine Schritte setzen, weil nicht sein darf ... (Abg. Kröll: Dort werden Sie wieder demonstrieren!) Herr Kröll! Sie wollen nicht zur Kenntnis nehmen, daß Ihre Macht Grenzen hat, nämlich dort, wo die Gesetze, die österreichischen und steirischen Gesetze, wirken. Darüber können Sie sich nicht hinwegsetzen, auch nicht, wenn Sie eine Mehrheit von 90 Prozent haben. (Beifall bei den Grünen und des Abg. Wenitsch .)

Noch gibt es ein Gesetz in Österreich, und jetzt gibt es sogar noch EU-Recht, Herr Kröll, und das ist Ihr Problem.

23 Jahre waren Sie an der Macht mit Ihrer Partei und haben keine Lösung zustande gebracht. Und jetzt sagen Sie: Fristsetzung? – Nein, bitte nein! Wir wollen keine Entscheidung! Daß der Riedler Angst hat, weil er Angst hat, daß sein Freund Getzinger, der Umweltsprecher der SPÖ ist und massiv gegen die ennsnahe Trasse ist – die leisten sich immer so einen Luxus in der SPÖ, die haben immer Figuren drinnen, die die Umweltfragen immer groß im Vordergrund halten ... (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Entschuldigung, der Getzinger ist ein anständiger Kerl, aber seine Partei hat offensichtlich Probleme.

Das eigentliche Problem in diesem Haus ist: Sie haben nicht den Mut, eine Entscheidung zu treffen, entsprechend den Gesetzen, die in Österreich und in der EU gelten. Das ist Ihr Problem, Herr Kröll, und da können Sie in Ihrer Gegend erzählen, was Sie wollen. Sie machen nach wie vor eine Vogel-Strauß-Politik, und so werden Sie weder unserer Heimat dienen noch dem Rechtsstaat, noch der Demokratie. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

19.44

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort ist nun niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist daher geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag, dem Bautenausschuß zur Berichterstattung über den Antrag 137/A (E) betreffend Aufhebung der Verordnung über den Straßenverlauf der B 146 (Ennsnahe Trasse) eine Frist bis 30. Juni 1996 zu setzen.


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Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist daher abgelehnt.

Fortsetzung der Tagesordnung

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Hohes Haus! Ich nehme nun die Verhandlung über den 5. Punkt der Tagesordnung betreffend erste Lesung des Antrags 143/A der Abgeordneten Mag. Kammerlander betreffend Änderung des Wohnungseigentumsgesetzes wieder auf.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Hans Schöll. Ich erteile es ihm.

19.45

Abgeordneter Hans Schöll (Freiheitliche): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf Sie nach dieser Kurzaufarbeitung eines Teiles der steirischen Geschichte und den mächtigen Medien wieder in die Höhen und Tiefen des Wohnungseigentumsrechtes zurückführen und Sie, da Frau Kollegin Kammerlander sicherlich nach wie vor zu ihrem Antrag steht, auch mit diesem etwas beschäftigen.

Die freiheitliche Fraktion ist immer aufgeschlossen, wenn es darum geht, den Eigentumsbegriff und das Eigentum breiten Bevölkerungsschichten zu erschließen und das Eigentumsrecht auf möglichst viele Österreicherinnen und Österreicher auszudehnen. Ich freue mich auch, daß sich die grüne Fraktion so sehr mit dem Wohnungseigentum auseinandersetzt und dafür eintritt. Das ist beachtenswert und begrüßenswert.

Allerdings möchte ich schon kritisch anmerken, daß es im Wohnungseigentumsrecht eine ganze Reihe wesentlicher Dinge seit der Beschlußfassung des dritten WÄGs gibt, die nicht erledigt wurden. Damals – ich bringe in Erinnerung – ist vor allem ein kleiner Schritt in Richtung Verbesserung der Situation dadurch erfolgt, daß beschlossen wurde, an Substandardwohnungen kein Wohnungseigentum zu begründen.

Aber es gäbe eine ganze Reihe wesentlicher Dinge, die hier auch aufzuarbeiten wären. Ich denke an Bereiche wie ordentliche und außerordentliche Verwaltung, Minderheitsrechte, Schutz der Minderheiten, Abrechnungsprobleme et cetera, die es durchaus wert wären zu diskutieren, um mehr Administrierbarkeit ins Wohnungseigentum zu bringen.

Nun zum gegenständlichen Antrag: Grundsätzlich sind wir dafür, daß weitere Teile der Bevölkerung ihr Wohnungseigentum erwerben können, jedoch nicht unter den Bedingungen dieses Antrags – wie schon die Vorredner anderer Fraktionen ausgeführt haben –, weil hier der Teufel doch im Detail liegt. Der Begriff der Gemeinschaft, die Wohnungseigentum erwerben soll, ist zu weit gesteckt und zuwenig definiert. Ich könnte sonst ja auch sagen, ich und meine Angehörigen beziehungsweise ich und meine Verwandten sollen Wohnungseigentum erwerben können. (Abg. Mag. Kammerlander: Zwei Personen, nicht Verwandte!)

Ich gebe Ihnen schon recht, Frau Kollegin, es ist nur von zwei Personen gleichen oder ungleichen Geschlechts die Rede. Allerdings: Es ist in keiner Weise sichergestellt, daß dann nicht entsprechende Schwierigkeiten in der Durchführung entstehen könnten. Es ist keine Rede davon, wie diese doch eher vage Erklärung der Wohn- oder Lebensgemeinschaft hier umgesetzt wird. Wird das in Form einer Urkunde geschehen? Was für Voraussetzungen sind notwendig? Was sollen dann die Grundbuchsführer machen, wenn es hier eigentlich nur simple Erklärungen geben soll? Wie weit diese auch verbindlichen Charakter haben, ist ja nicht ganz genau definiert. Daß sie nur eine reine Absichtserklärung abgeben sollten, erscheint mir doch als eher vage und riskant.

Unter anderem ist natürlich auch die Kostenfrage zu erwähnen. Da steht schlicht und einfach: Kosten werden keine anfallen. – Das glaube ich nicht. Wenn man sich damit auseinandersetzt, wie viele zusätzliche Behördenschritte hier notwendig werden, sei es bei den Gerichten, sei es bei den Verwaltungsbehörden, um zu solchen Ergebnissen zu kommen, kann man nicht glauben, daß es zu keinen Mehrkosten kommen soll.


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Stenographisches Protokoll
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Wir sind durchaus gesprächsbereit, wenn es Verbesserungen geben soll, und auch aufgeschlossen, hier die Diskussion, die angeschnitten wurde, entsprechend fortzuführen. Allerdings: Glücksspielcharakter – wie schon einige Kollegen erwähnt haben –, Losentscheid, aber auch nur unter bestimmten Bedingungen, wenn halt keine besonders gravierenden Dinge vorliegen wie Altersunterschiede, Krankheiten et cetera – daß man in solchen Fällen die Entscheidung den Richtern überläßt, finde ich noch viel zuwenig ausgereift und viel zuwenig ausdiskutiert.

Daher könnte ich mir durchaus vorstellen, daß wir die Angelegenheit in nächster Zeit im Justizausschuß etwas detaillierter behandeln und vielleicht so manche Verbesserungen vor allem bezüglich der Lebensgemeinschaft herbeiführen. Denn es bleibt ja sonst der Phantasie juristischer Profis überlassen, inwieweit und in welcher Art die Lebensgemeinschaft dann wirklich im Grundbuch zu interpolieren sein wird. Die Auseinandersetzung, wenn eine solche Lebensgemeinschaft aufgehoben würde, wäre ja sicherlich auch nicht sehr lustig in der derzeit dargestellten Form. Das erinnert mich an die sogenannte "Häferlverordnung", das ist die 6. Durchführungsverordnung zum Ehegesetz. Rechtsanwälte und Gerichte sind mitunter wirklich jahrelang beschäftigt, wenn es um die Auseinandersetzung über die Aufteilung des gemeinsamen Hausrates geht.

Ich hoffe, daß es uns möglich sein wird, durch konkretere Vorschläge hier zu einem positiven Ergebnis zu kommen. Aber ich möchte nochmals unterstreichen: Es gibt eine ganze Reihe von wesentlichen Angelegenheiten im Wohnungseigentumsrecht, die wir bei dieser Gelegenheit dringend mit behandeln sollten. Und ich hoffe, daß das zumindest in absehbarer Zeit möglich sein wird. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

19.52

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Barmüller. – Bitte.

19.52

Abgeordneter Mag. Thomas Barmüller (Liberales Forum): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich stimme dem Abgeordneten Schöll zu, wenn er sagt, es gibt noch ganz andere Probleme im Bereich des Wohnungseigentumsgesetzes, die mit einem solchen Antrag behandelt werden könnten. Aber Faktum ist, daß von den verschiedenen Fraktionen einzelne Bereiche, weil sie unterschiedlich wichtig erscheinen, herausgegriffen werden.

Es liegt ein Antrag vor, in dem es im wesentlichen darum geht – und das ist für mich die eigentlich entscheidende Frage –, ob auch Lebensgemeinschaften Wohnungseigentum gemeinsam erwerben können. Das ist die entscheidende politische Frage, die dahintersteht.

Ich teile nicht die Auffassung des Herrn Abgeordneten Eder, der sagt: Beginnen wir mit dem Kleingartengesetz, weil da können die Ehegatten nicht Eigentum erwerben, sondern nur einzelne Personen, da brauchen wir auch nicht über die Lebensgemeinschaften zu reden, sondern nur darauf zu schauen, daß das im Bereich der Ehe etabliert wird.

Herr Abgeordneter Eder! Es hindert Sie niemand daran, einen solchen Antrag vorzulegen, wenn Sie das als ein wirklich vordringliches Problem sehen. Aber Faktum ist wohl, daß durch die Veränderung der Formen des Zusammenlebens im Wohnungseigentumsgesetz ein größerer Handlungsbedarf besteht, als das offensichtlich beim Kleingartengesetz der Fall ist.

Ihnen, Herr Abgeordneten Schwimmer, möchte ich folgendes entgegenhalten: Sie haben gemeint, der Gesetzgeber hätte sich ja etwas dabei gedacht, als er zuerst nur eine Person im Wohnungseigentumsgesetz festgeschrieben hat und es erst 1975 auch Ehegatten ermöglicht hat, gemeinsam Wohnungseigentum zu erwerben. Ich sage Ihnen: Wenn 1949 beginnend nur eine Person Wohnungseigentum erwerben durfte und konnte und 1975 dann auch die Ehegatten, was hindert uns daran, 1996 ein Wohnungseigentumsgesetz zu schaffen, das auch Lebensgefährten diese Möglichkeit bietet? (Abg. Dr. Schwimmer: Die Gründe, die ich aufgezählt habe, wo Sie aber nicht zugehört haben!) Ich habe Ihnen sehr genau zugehört. Das waren ja keine Gründe, denn richtig ist, daß man sich darüber einig sein muß, was eine


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Lebensgemeinschaft ist, und die rechtliche Ausgestaltung dieses Antrages, Herr Abgeordneter, ist natürlich diskussionswürdig. (Abg. Dr. Khol: Dann haben Sie es nicht verstanden!)

Aber in einer ersten Lesung geht es um die Grundzüge, und daher muß man sich fragen: Wollen wir, angepaßt an die sich ändernden Zusammenlebensverhältnisse, mit denen wir in unserem Land konfrontiert sind, auch in einzelnen Rechtsmaterien Vorkehrungen treffen? – Das ist die eigentlich größere und vor allem die politische Dimension dieses Antrages.

Aber eines stimmt, das muß diskutiert werden: Was ist eine Lebensgemeinschaft? Wie ist sie verwaltungstechnisch zu erfassen? Reicht es, wenn zwei Personen sagen, sie sind eine Lebensgemeinschaft? Sind sie dann tatsächlich eine Lebensgemeinschaft? – All das sind Fragen, die zu diskutieren sind, aber von der grundsätzlichen Ausrichtung her bin ich überzeugt davon, daß es richtig ist, zu überlegen, in welchen Rechtsmaterien wir Lebensgemeinschaften, die eben immer häufiger werden, auch bestimmten rechtlich verpflichtenden Regelungen unterwerfen. Das ist die eigentlich entscheidende politische Frage, und das sollten wir so schnell als möglich auch im Justizausschuß diskutieren. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

19.55

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort ist nun niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist damit geschlossen.

Ich weise den Antrag 143/A dem Justizausschuß zu.

6. Punkt

Bericht des Unterrichtsausschusses über die Regierungsvorlage (13 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1984 geändert wird (135 der Beilagen)

7. Punkt

Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 191/A der Abgeordneten Mag. Dr. Josef Höchtl, DDr. Erwin Niederwieser und Genossen betreffend

1. ein Bundesgesetz, mit dem das Schulorganisationsgesetz geändert wird,

2. ein Bundesgesetz, mit dem das Land- und forstwirtschaftliche Bundesschulgesetz
geändert wird, und

3. ein Bundesgesetz, mit dem das Pflichtschulerhaltungs-Grundsatzgesetz geändert wird
142 der Beilagen)

8. Punkt

Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 58/A (E) der Abgeordneten Maria Schaffenrath und Genossen betreffend Aufforderung an den/die Unterrichtsminister/in zur jährlichen Vorlage eines Schulberichtes an den Nationalrat (136 der Beilagen)

9. Punkt

Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 65/A (E) der Abgeordneten Maria Schaffenrath und Genossen betreffend Erstellung von Rahmenbedingungen zur Ermöglichung einer echten Schulautonomie (138 der Beilagen)


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10. Punkt

Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 63/A (E) der Abgeordneten Maria Schaffenrath und Genossen betreffend finanzielle Gleichstellung der "sonstigen" Privatschulen mit den konfessionellen Privatschulen (137 der Beilagen)

11. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage (101 der Beilagen): Fünfter Zusatzvertrag zwischen dem Heiligen Stuhl und der Republik Österreich zum Vertrag zwischen dem Heiligen Stuhl und der Republik Österreich zur Regelung von vermögensrechtlichen Beziehungen vom 23. Juni 1960 (152 der Beilagen)

12. Punkt

Bericht des Unterrichtsausschusses über die Regierungsvorlage


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(81 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über äußere Rechtsverhältnisse der Evangelischen Kirche geändert wird (139 der Beilagen)

13. Punkt

Bericht des Unterrichtsausschusses über die Regierungsvorlage (82 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über finanzielle Leistungen an die altkatholische Kirche geändert wird (140 der Beilagen)

14. Punkt

Bericht des Unterrichtsausschusses über die Regierungsvorlage (83 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über finanzielle Leistungen an die israelitische Religionsgesellschaft geändert wird (141 der Beilagen)

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder : Wir gelangen nunmehr zu den Punkten 6 bis 14 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Es sind dies Berichte des Unterrichtsausschusses

über die Regierungsvorlage (13 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz geändert wird (135 der Beilagen),

über die Anträge

191/A der Abgeordneten Dr. Höchtl, DDr. Niederwieser und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem Schulorganisationsgesetz geändert wird, ein Bundesgesetz, mit dem das Land- und forstwirtschaftliche Bundesschulgesetz geändert wird und ein Bundesgesetz, mit dem das Pflichtschulerhaltungs-Grundsatzgesetz geändert wird (142 der Beilagen),

58/A (E) der Abgeordneten Schaffenrath und Genossen betreffend Aufforderung an den/die Unterrichtsminister/in zur jährlichen Vorlage eines Schulberichtes an den Nationalrat (136 der Beilagen),

65/A (E) der Abgeordneten Schaffenrath und Genossen betreffend Erstellung von Rahmenbedingungen zur Ermöglichung einer echten Schulautonomie (138 der Beilagen) und

63/A (E) der Abgeordneten Schaffenrath und Genossen betreffend finanzielle Gleichstellung der "sonstigen" Privatschulen mit den konfessionellen Privatschulen (137 der Beilagen),

über die Regierungsvorlagen

(81 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über äußere Rechtsverhältnisse der Evangelischen Kirche geändert wird (139 der Beilagen),

(82 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über finanzielle Leistungen an die altkatholische Kirche geändert wird (140 der Beilagen),

(83 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über finanzielle Leistungen an die israelitische Religionsgesellschaft geändert wird (141 der Beilagen) sowie

der Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage (101 der Beilagen): Fünfter Zusatzvertrag zum Vertrag zwischen dem Heiligen Stuhl und der Republik Österreich zur Regelung von vermögensrechtlichen Beziehung vom 23. Juni 1960 (152 der Beilagen).

Berichterstatterin zu Punkt 6 ist Frau Abgeordnete Dunst. Ich ersuche sie, die Debatte zu eröffnen und den Bericht zu geben.

Berichterstatterin Verena Dunst: Herr Präsident! Hohes Haus! Ich erstatte den Bericht des Unterrichtsausschusses über die Regierungsvorlage: Bundesgesetz, mit dem das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1984 geändert wird (13 der Beilagen).

Die gegenständliche Regierungsvorlage enthält Regelungen, die im Zusammenhang mit dem Besoldungsreform-Gesetz 1994, BGBI. Nr. 550/1994, für Landeslehrer in Geltung treten soll.

Der Unterrichtsausschuß hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 14. Mai 1996 in Verhandlung genommen.

Bei der Abstimmung wurde der in der Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf unter Berücksichtigung eines Abänderungsantrages des Abgeordneten Dr. Josef Höchtl und DDr. Erwin Niederwieser in der dem schriftlichen Ausschußbericht beigedruckten Fassung mit Stimmenmehrheit angenommen.

Ein von den Abgeordneten Maria Schaffenrath und Karl Öllinger eingebrachter Abänderungsantrag fand nicht die Mehrheit des Ausschusses.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Unterrichtsausschuß somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem dem schriftlichen Ausschußbericht angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Herr Präsident! Ich bitte Sie, mit Ihren Ausführungen fortzufahren.

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Berichterstatter zu den Punkten 7 und 9 ist Herr Abgeordneter Dr. Brader. – Herr Abgeordneter, ich bitte um Ihre Berichte.

Berichterstatter Mag. Dr. Alfred Brader: Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Minister! Ich erstatte den Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 191/A der Abgeordneten Dr. Josef Höchtl, DDr. Erwin Niederwieser und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Schulorganisationsgesetz geändert wird, ein Bundesgesetz, mit dem das Land- und forstwirtschaftliche Bundesschulgesetz geändert wird, und ein Bundesgesetz, mit dem das Pflichtschulerhaltungs-Grundsatzgesetz geändert wird

Bei diesem Gesetz geht es um die Schulraumüberlassung.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Unterrichtsausschuß somit den Antrag, der Nationalrat wolle

1. dem dem schriftlichen Ausschußbericht angeschlossenen Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Schulorganisationsgesetz geändert wird,

2. dem dem schriftlichen Ausschußbericht angeschlossenen Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Land- und forstwirtschaftliche Bundesschulgesetz geändert wird, und


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3. dem dem schriftlichen Ausschußbericht angeschlossenen Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Pflichtschulerhaltungs-Grundsatzgesetz geändert wird, die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Weiters erstatte ich den Bericht des Unterrichtsausschusses über den Entschließungsantrag 65/A(E) der Abgeordneten Maria Schaffenrath und Genossen betreffend Erstellung von Rahmenbedingungen zur Ermöglichung einer echten Schulautonomie.

Bei der Abstimmung fand der gegenständliche Entschließungsantrag keine Mehrheit.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Unterrichtsausschuß somit den Antrag, der Nationalrat wolle diesen Bericht zur Kenntnis nehmen.

Falls Wortmeldungen vorliegen, bitte ich, die Debatte fortzusetzen.

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Berichterstatter zu den Punkten 8 und 10 ist Herr Abgeordneter Dr. Rada. – Herr Abgeordneter, ich bitte um Ihre Berichte.

Berichterstatter Dr. Robert Rada : Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Ich erstatte den Bericht des Unterrichtsausschusses über den Entschließungsantrag 58/A(E) der Abgeordneten Maria Schaffenrath und Genossen betreffend Aufforderung an den/die Unterrichtsminister/in zur jährlichen Vorlage eines Schulberichtes an den Nationalrat. Der Unterrichtsausschuß hat den gegenständlichen Entschließungsantrag [58/A(E)] in seiner Sitzung am 14. Mai 1996 in Verhandlung genommen.

Bei der Abstimmung fand der gegenständliche Entschließungsantrag keine Mehrheit.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Unterrichtsausschuß somit den Antrag , der Nationalrat wolle diesen Bericht zur Kenntnis nehmen.

Ich erstatte auch den Bericht des Unterrichtsausschusses über den Entschließungsantrag [63/A(E)] der Abgeordneten Maria Schaffenrath und Genossen betreffend finanzielle Gleichstellung der "sonstigen" Privatschulen mit den konfessionellen Privatschulen.

Der Unterrichtsausschuß hat den gegenständliche Entschließungsantrag [63/A(E)] in seiner Sitzung am 14. Mai 1996 in Verhandlung genommen.

Bei der Abstimmung fand der gegenständliche Entschließungsantrag keine Mehrheit.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Unterrichtsausschuß somit den Antrag , der Nationalrat wollen diesen Bericht zur Kenntnis nehmen.

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Berichterstatterin zu Punkt 11 ist Frau Abgeordnete Dr. Karlsson. – Bitte, Frau Abgeordnete, um Ihren Bericht.

Berichterstatterin Dr. Irmtraut Karlsson : Ich erstatte den Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage (101 der Beilagen): Fünfter Zusatzvertrag zwischen dem Heiligen Stuhl und der Republik Österreich zum Vertrag zwischen dem Heiligen Stuhl und der Republik Österreich zur Regelung von vermögensrechtlichen Beziehungen vom 23. Juni 1960.

Infolge der privilegierten Stellung der Katholischen Kirche in Österreich muß die Erhöhung finanzieller Zuwendungen mittels Zusatzvertrag erfolgen.

Der Außenpolitische Ausschuß hat den gegenständlichen Staatsvertrag in seiner Sitzung am 22. Mai 1996 in Verhandlung genommen.

Bei der Abstimmung wurde einstimmig beschlossen, dem Nationalrat die Genehmigung des Abschlusses dieses Staatsvertrages zu empfehlen.


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Im vorliegenden Fall hält der Außenpolitische Ausschuß die Erlassung eines besonderen Bundesgesetzes gemäß Art. 50 Abs. 2 B-VG zur Erfüllung des Staatsvertrages für entbehrlich.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Außenpolitische Ausschuß den Antrag , der Nationalrat wolle beschließen:

Der Abschluß des Staatsvertrages: Fünfter Zusatzvertrag zwischen dem Heiligen Stuhl und der Republik Österreich zum Vertrag zwischen dem Heiligen Stuhl und der Republik Österreich zur Regelung von vermögensrechtlichen Beziehungen vom 23. Juni 1960 (101 der Beilagen) wird genehmigt.

Ich bitte, die Debatte fortzusetzen.

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Berichterstatter zu den restlichen Punkten 12 bis 14 ist Herr Abgeordneter Schuster. – Herr Abgeordneter, ich bitte um Ihre Berichte.

Berichterstatter Johann Schuster: Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Ich bringe den Bericht des Unterrichtsausschusses über die Regierungsvorlage: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über äußere Rechtsverhältnisse der Evangelischen Kirche geändert wird (81 der Beilagen).

Die gegenständliche Regierungsvorlage sieht vor, daß zufolge des am 21. Dezember 1995 abgeschlossenen Fünften Zusatzvertrages mit der Katholischen Kirche der in § 20 Abs. 1 lit. a des Bundesgesetzes über äußere Rechtsverhältnisse der Evangelischen Kirche vorgesehene Fixbetrag nach dem Grundsatz der Parität ebenfalls in demselben Ausmaß von etwa 21,52 Prozent angehoben werden soll.

Der Unterrichtsausschuß hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 14. Mai 1996 in Verhandlung genommen.


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Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Unterrichtsausschuß somit den Antrag , der Nationalrat wolle dem von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwurf (81 der Beilagen) die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Ich referiere weiters zum Bericht des Unterrichtsausschusses über die Regierungsvorlage: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über finanzielle Leistungen an die altkatholische Kirche geändert wird (82 der Beilagen).

Die gegenständliche Regierungsvorlage sieht ebenfalls vor, daß über finanzielle Leistungen an die altkatholische Kirche der vorgesehene Fixbetrag nach dem Grundsatz der Parität ebenfalls in demselben Ausmaß von etwa 21,52 Prozent angehoben werden soll.

Der Unterrichtsausschuß hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 14. Mai 1996 in Verhandlung genommen.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Unterrichtsausschuß somit den Antrag , der Nationalrat wolle dem von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwurf (82 der Beilagen) die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Weiters berichte ich über die Regierungsvorlage: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über finanzielle Leistungen an die israelitische Religionsgemeinschaft geändert wird (83 der Beilagen).

Es geht dabei um ein Bundesgesetz über die finanziellen Leistungen an die israelitische Religionsgemeinschaft. Der vorgesehene Fixbetrag soll nach dem Grundsatz der Parität ebenfalls in demselben Ausmaß von etwa 21,52 Prozent angehoben werden.

Der Unterrichtsausschuß hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 14. Mai 1996 in Verhandlung genommen.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Unterrichtsausschuß somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Herr Präsident! Da zum gesamten Unterrichtspaket eine Reihe von Wortmeldungen vorliegt, ersuche ich um den Aufruf der Redner.

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Ich danke den Berichterstatterinnen und Berichterstattern für die Ausführungen.

Für die Debatte wurde eine Redezeitbeschränkung wie folgt festgelegt: Erstredner jeder Fraktion nicht länger als 30 Minuten, weitere Redner nicht länger als 10 Minuten.

Zu Wort gemeldet ist nun Frau Abgeordnete Dr. Preisinger. – Bitte.

20.08

Abgeordnete Dr. Susanne Preisinger (Freiheitliche): Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Die vorliegende Novelle zum Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1984 enthält als zentrales Element den versuchsweisen Ansatz – ich betone: den versuchsweisen Ansatz – zu einem annähernd objektiven Verfahren bei der Bestellung von Lehrern und Schulleitern unter Einbeziehung des Schulforums und des Schulgemeinschaftsausschusses.

Generell ist festzuhalten, daß diese Novelle dazu beiträgt, die ohnehin bestehende Unübersichtlichkeit des Landeslehrer-Dienstrechtes noch zusätzlich zu verstärken. Dies steht eindeutig und klar im Widerspruch zu der mit dem Strukturanpassungsgesetz beabsichtigten Deregulierung.

Diese Feststellung stammt nicht ausschließlich von mir, sondern sie entspricht auch der Stellungnahme der Tiroler Landesregierung vom 20. Juni vorigen Jahres. Ich zitiere: "Wie dieses Gesetz enthält auch die nunmehrige Novelle wiederum Übergangsbestimmungen, die zum Teil über Jahre hindurch eine Parallelität von alter und neuer Rechtslage bewirken. Die damit einhergehende weitere Verkomplizierung führt nicht zuletzt zu zusätzlichen Kosten bei der Vollziehung, die die Länder belasten und die in den Erläuterungen in keiner Weise erwähnt sind." – Immerhin ein Argument, das man nicht einfach vom Tisch fegen darf.

In Summe handelt es sich hierbei – auch das sei erwähnt – um die 29. Änderung dieses Gesetzes seit dem Jahr 1984. Allein die Tatsache, daß es sich hierbei schon um die 29. Novelle handelt, läßt die Wiederverlautbarung des Gesetzes wünschenswert erscheinen.

Auch das Amt der Kärntner Landesregierung stellt fest, daß sich tendenziell eine Art Anlaßgesetzgebung abzeichnet und man sich so auch im Schulbereich laufend auf geänderte Rechtsvorschriften als Grundlage für die Tätigkeit einstellen muß. – Das generell zum Gesetz an sich.

Lassen Sie mich jetzt noch auf ein paar wesentliche Punkte dieser Novelle eingehen. Die auf den ersten Blick als gut erkennbaren Ansätze in der Novelle – ich sage auf den ersten Blick; bei näherer Betrachtung erweisen sie sich dann jedoch als äußerst problematisch – ließen allerdings schon seit Jahren auf sich warten. Ich erinnere daran, daß bereits in der Regierungserklärung des Jahres 1990 – jetzt schreiben wir 1996 – Änderungen in der öffentlichen Verwaltung als eine unabdingbare Zukunftsrealität in Aussicht gestellt wurden. Damals schon ging es prinzipiell und grundsätzlich um diese Dinge, die jetzt versuchsweise Platz greifen sollen. Mittlerweile schreiben wir, wie erwähnt, das Jahr 1996, und wir haben bereits die dritte Regierung. Und auch in diesem Fall kommt die Tiroler Landesregierung wieder zu dem Schluß, daß jetzt Aufgaben, die seit vielen Jahren ohne Ergebnis diskutiert wurden, auf die Länderebene abgewälzt werden sollen.

Einer der zentralen Punkte in dieser Novelle ist die Leiterbestellung auf Zeit, und zwar auf die Zeit von vier Jahren. Die von den Freiheitlichen seit Jahren erhobene Forderung der Ernennung von Schulleitern auf Zeit – wobei wir aus einem bestimmten Grund immer fünf Jahre als eine Maßzahl angenommen haben – verfolgte die politische Absicht, den Schulleiter nach Ablauf


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seiner Direktorentätigkeit wieder mit der konkreten Arbeit im Klassenzimmer zu konfrontieren, um quasi den Bezug zum Schulalltag und zur Schulrealität nicht zu verlieren.

Hingegen bestand unsererseits niemals die politische Absicht – und dazu bekennen wir uns bis zu heutigen Tag –, ausgerechnet einen Schulleiter nur auf einen bestimmten Probezeitraum zu ernennen und ihn nach dieser Bewährungszeit dann so quasi auf ewig und immer mit einem Freibrief auszustatten. Es erscheint auch – wenn man sich die Schulpraxis ansieht – unwahrscheinlich, daß ein Schulleiter, dem nicht grob rechtswidriges Handeln vorgeworfen oder nachgewiesen werden kann, nach vier Jahren von seiner Funktion abberufen wird und in weiterer Folge dann überhaupt nicht mehr.

Fünf Jahre haben wir deswegen vorgeschlagen, weil internationale Erfahrungen vorliegen und uns zeigen, daß dem Job-Rotations-Prinzip zufolge fünf Jahre inklusive Vorbereitungs- und Einarbeitungszeit ein hervorragender und ein geeigneter Zeitraum für eine optimale Umsetzung der Persönlichkeit eines Managers sind. Und Manager, das ist es ja, was wir im Schulbereich wollen. Wir wollen keine politisch besetzten Posten, wir wollen keine Beamten, die ausschließlich einer politischen Parteidoktrin nachkommen, sondern wir wollen Manager, wir wollen Menschen in Leiterfunktionen, die den Anforderungen der heutigen Zeit gerecht werden. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Selbstverständlich – das ist eine Notwendigkeit – muß die Möglichkeit gegeben sein, daß jemand, der sich fünf Jahre lang bewährt hat und seine Sache gut gemacht hat, dies weitere fünf Jahre tun kann, und nach diesen fünf Jahren ebenso, aber es muß immer wieder die Möglichkeit gegeben sein, das Bild zu korrigieren und nicht eine Art Freibrief auszustellen.

Zu diesem Zweck bringe ich einen Abänderungsantrag mit folgendem Inhalt ein:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Preisinger und Kollegen zur Regierungsvorlage eines Bundesgesetzes, mit dem das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1984 geändert wird (13 der Beilagen) in der Fassung des Ausschußberichtes des Unterrichtsausschusses (135 der Beilagen)

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die im Titel genannte Regierungsvorlage in der Fassung des Ausschußberichtes wird wie folgt geändert:

1. § 26a Abs. 2 wird wie folgt geändert:

"(2) Ernennungen von Schulleitern sind auf einen Zeitraum von fünf Jahren wirksam. In diesen Zeitraum sind bis zu einem Höchstmaß von zwei Jahren Zeiten der Betrauung mit der Funktion eines Schulleiters einzurechnen. Bei entsprechender Bewährung verlängert sich die Funktionsperiode um jeweils weitere fünf Jahre."

2. § 26a Abs. 3 wird wie folgt geändert:

"(3) Voraussetzungen für die Verlängerung der Funktionsperiode nach Abs. 2 ist die Bewährung als Schulleiter und – während der ersten Funktionsperiode – die erfolgreiche Teilnahme am Schulmanagementkurs – Berufsbegleitender Weiterbildungslehrgang. Wird dem Inhaber der leitenden Funktion nicht spätestens drei Monate vor Ablauf der Funktionsperiode gemäß Abs. 2 mitgeteilt, daß er sich auf seinem Arbeitsplatz nicht bewährt hat, verlängert sich die Funktionsperiode aus dem Grunde der Bewährung kraft Gesetzes. Ein Ausspruch der Nichtbewährung ist nur aufgrund von Gutachten sowohl zumindest der Schulbehörde erster Instanz als auch des Schulforums oder des Schulgemeinschaftsausschusses zulässig."

*****

In diesem letzten Punkt decken wir uns mit der Regierungsvorlage.


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Doch lassen Sie mich jetzt noch einiges zur Objektivierung feststellen, um die es dieser Regierungsvorlage ja als zentrales Element geht. Ich sage – und ich sage es bewußt und mit Überzeugung –, daß es sich hierbei ausschließlich um eine Scheinobjektivierung handelt, weil in dieser Form unscharf und unklar ist, was ein Schulleiter alles können muß, und weil zu viele Möglichkeiten in dieser Vorlage enthalten sind, quasi durch die Hintertürln, die das Gesetz aufmacht, im alten Schema, in den alten Gleisen, im alten Schema der proporzmäßigen Vergabe von Leiterfunktionen zu bleiben. Nach dem Prinzip: Nach außenhin machen wir es optisch recht schön, aber hinten sind die kleinen Rettungsanker gegeben, damit sich die Situation nicht ändert. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Worin äußert sich dieses? – Bei der Bestellung von Lehrern und Leitern sollen die Länder die Möglichkeit erhalten, für den Bereich des jeweiligen Bundeslandes die näheren Bestimmungen über das Verfahren und die Auswahlkriterien von Bewerbern durch die Landesgesetzgebung festzulegen. Aber auch die Festlegung zusätzlicher Auswahlkriterien – also der Kenntnisse oder Fähigkeiten – soll möglich sein. Was heißt das? – Das heißt schlicht und einfach nichts anderes, als daß damit die Möglichkeit gegeben ist, mit einem bestimmten Zuschnitt auf eine bestimmte Personengruppe oder eine bestimmte Person, die gleichsam den politischen Gegebenheiten entsprechen, genau jene Kandidaten zu erhalten, die man sich sowieso vorstellt und die man haben möchte. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Aber auch zu diesem Punkt unserer Kritik gibt es eine sehr klare Stellungnahme, die seitens der Tiroler Landesregierung abgegeben wurde. Ich darf hier wörtlich zitieren: "Es ist davon auszugehen, daß die Möglichkeit, bereits in der Ausschreibung zusätzliche fachspezifische Kenntnisse und Fähigkeiten festzulegen, zumindest dem Anschein nach die Gefahr von auf bestimmte Personen abgestellten Ausschreibungen in sich birgt."

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Viel klarer und präziser – nicht einmal durch die Blume, sondern ganz direkt ausgesprochen – ist es wohl nicht mehr zu sagen. Es ist ziemlich klar und liegt offen auf der Hand, daß alles beim alten bleiben soll.

Und noch etwas: Die Zielsetzung, eine transparente und objektive Verleihung von Leiterstellen zu gewährleisten, meine sehr geehrten Damen und Herren – das ist der klassische Umkehrschluß –, impliziert natürlich schon auch das Eingeständnis, daß die derzeit in den Bundesländern angewendeten durchaus unterschiedlichen Verfahren weder die Attribute objektiv noch transparent verdienen. Denn wenn wir jetzt objektive Kriterien und eine Objektivierung einführen, was ist denn dann eigentlich bis jetzt passiert, sehr geehrte Frau Bundesministerin? War das jetzt nicht objektiv, war es objektiv, wie schaut das aus?

Sie selbst, Frau Bundesministerin, haben im Ausschuß natürlich bestritten, daß es bisher keine Objektivierung gegeben habe. Ich möchte jetzt durchaus nicht in Abrede stellen, daß es Fälle gegeben hat, wo nach klaren objektiven Richtlinien vorgegangen wurde. Aber auch das ist Schulrealität und Schulalltag, daß es jede Menge Beispiele gibt, wie man es auch anders machen kann.

Ich darf zum Beispiel gerade aus dem Bundesland, das Ihnen, sehr geehrte Frau Bundesministerin, politisch nahesteht, nämlich aus Niederösterreich, das ja ÖVP-dominiert ist, einen Fall zitieren. Da gibt es das Bundesgymnasium und Bundesrealgymnasium Tulln, in dem es darum ging, die Leiterstelle neu zu besetzen. Das Ganze hatte bereits im November 1995 ein politisches Vorspiel oder Vorgeplänkel, als es darum ging, wer die geeigneten Kandidaten sind und wer das jetzt werden soll. Dazu gibt es – Sie erlauben mir, daß ich den Namen nicht nenne – das Zitat eines ÖAAB-Funktionärs, der sagt: "Das muß einer von uns werden" – Herr Kollege Höchtl –, "ansonsten spucken uns ja die Leute auf der Straße an." (Abg. Trenk: Das ist ja unglaublich! – Weitere Zwischenrufe.) Ein Mann, der wirklich einmal die Wahrheit ungeschminkt ausspricht!

Und wie ging das weiter? – Am 13. und am 14. Dezember vorigen Jahres hat dann tatsächlich das Hearing dieser zehn Kandidaten im Landeschulrat Niederösterreich stattgefunden. Damals erklärte der ÖVP-Landesschulratspräsident Stricker, daß die Resultate dieses Hearings


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frühestens Ende des Jahres, aber eher zu Beginn des kommenden Jahres 1996 zu erwarten seien, da die Personalberatungsfirma Zeit brauche, um diverse Unterlagen fertigzustellen. – Bis jetzt noch nichts Außergewöhnliches.

Aber die erste Überraschung kam ein paar Tage später, nämlich am 21. Dezember, als – man muß sich das ein wenig zu Gemüte führen – an diesem Bundesrealgymnasium Tulln bereits inoffiziell eine Qualifikation der Kandidaten verkündet wurde und – das ist ja wirklich das, was dem Faß den Boden ausschlägt – die Liste der drei Bestgereihten bereits schriftlich angeschlagen wurde! Und das zu einem Zeitpunkt, zu dem die Personalberatungsfirma ihre Beratungen ja noch lange nicht abgeschlossen hatte. (Abg. Dr. Höchtl: Eine schaurige Geschichte!) Eine schaurige Geschichte! (Abg. Haigermoser: Eine Moritat!)

Diese Reihung wurde natürlich auf Anfrage beim Herrn Präsidenten Stricker als absolut unzulässig abgetan, aber das Kuriose, das weiter folgt, ist, daß genau diese Reihung exakt der endgültigen entspricht.

Meine Damen und Herren! Jetzt frage ich Sie: Ist das Zufall, ist das höhere Gewalt oder Schicksal, oder sind da doch irgendwelche Kriterien im Spiel, die offensichtlich stärker sind als die Objektivierung?

Tatsächlich war es dann so, daß Anfang dieses Jahres die Personalberatungsfirma ihre Arbeit abgeschlossen hat und genau zu diesem Ergebnis gekommen ist, wie es schon Ende des vorigen Jahres, also noch vor Abschluß der Tätigkeit, öffentlich publiziert wurde.

Noch ein interessantes Detail: Von diesen drei Kandidaten sind zwei, nämlich jene, die die Qualifikation "besonders geeignet" erhalten haben – und das ist auch nicht besonders verwunderlich –, gestandene ÖAAB-Männer. Auch das mag vielleicht ein Zufall sein, höheres Schicksal, ein Wink, man weiß es nicht. Jedenfalls ist es auffallend, und es wird erlaubt sein, dies hier auch anzumerken.

Wie ist das nun? Ist hier tatsächlich eine Objektivierung gegeben? Ist es bloßer Zufall, daß es genau immer jene Leute trifft, die politisch die richtige Farbe haben und die politisch besetzte Positionen einnehmen sollen? (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es gibt noch jede Menge solcher Beispiele, aber aufgrund der Knappheit der Zeit beschränke ich mich auf das eine doch sehr signifikante.

Frau Bundesministerin! Noch eines zu dieser Geschichte: Sie haben im Ausschuß davon gesprochen, daß die Welt bei der Bestellung von Schuldirektoren an sich in Ordnung ist, und sind von dem Beispiel des kleinen Dorfes ausgegangen. Sie haben ein hübsches, wirklich liebliches Bild gezeichnet, wo man froh ist, daß man einen gestandenen Schuldirektor hat, der seine Sache gut macht. Das sei nicht in Abrede gestellt, aber das, Frau Bundesministerin und meine sehr geehrten Damen und Herren, ist wirklich nicht der Regelfall. Ganz anders sieht es im städtischen und großstädtischen Raum aus.

Das Bild der Schulrealität, wie man es vielleicht in einem Heimatfilm der fünfziger Jahre finden kann, entspricht wirklich nicht der heutigen Realität, und ich bitte Sie, Frau Bundesministerin: Lösen Sie sich in Ihrer Sichtweise vom dörflichen Idyll! Die Verhältnisse im österreichischen Schulwesen und die parteipolitische Einflußnahme und Machtausübung, die darüber läuft, die unweigerlich natürlich zu einer Demotivation der Lehrer und aller davon Betroffenen führt, ist wirklich alles andere als eine Idylle. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Zwei Worte noch zu den Anträgen des Liberalen Forums. Wir befürworten die Vorlage eines Schulberichtes, weil auch wir es für notwendig und durchaus wünschenswert halten, gerade angesichts der laufenden Einsparungen im Schul- und Bildungsbereich, daß ein umfassender Schulbericht vorgelegt wird.

Betreffend den Antrag auf finanzielle Gleichstellung der sonstigen Privatschulen möchte ich sagen, daß wir den durch die Übernahme der Personalkosten entstehenden Mehraufwand an


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Kosten als problematisch ansehen, weshalb wir das auch ablehnen werden, auch angesichts der budgetären Situation im Unterrichtsbereich und der ständigen Einschränkungen. (Abg. Dr. Haselsteiner: Die Gleichstellung!) Die Gleichstellung beinhaltet aber auch die Übernahme der Personalkosten. (Abg. Dr. Haselsteiner: Oder alles nach unten!) Das ist im Antrag nicht drinnen. Das ist in der Form nicht präzisiert. (Weiterer Zwischenruf des Abg. Dr. Haselsteiner. )

Dann hätte es im Antrag anders definiert oder klarer, präziser formuliert werden müssen. Ich kann nur von dem ausgehen, wie es schriftlich vorliegt.

Zum Antrag Schulautonomie: Auch wir haben sehr klare Vorstellungen von Schulautonomie und sind mit dem, wie sie sich momentan darstellt und wie sie gehandhabt wird, sicherlich nicht glücklich. Wir haben diesbezüglich andere Vorstellungen, doch die Idee einer Schulregierung, einer Art Kuratorium, das aus gewählten Vertretern, Lehrern, Eltern und Schülern, besteht, ohne Einbeziehung des Schulleiters, der für uns doch eine wesentliche Funktion hat – den kann man doch nicht ganz einfach vor der Türe stehenlassen –, erscheint uns ein bißchen zuwenig durchdacht. Ebenso erscheint es uns zuwenig durchdacht, daß diese Schulregierung auch die pädagogische Gestalt der Schule bestimmen kann, was vielleicht vom Grundansatz her nicht so schlecht ist, aber angesichts der Schwierigkeiten hinsichtlich der Durchlässigkeit des Schulsystems, die dadurch entstehen, eher problematisch wird. Man stelle sich vor, was ein Schulwechsel eines Kindes von einer Schule in die andere für ein Verwirrspiel nach sich zieht, wenn es plötzlich eine unterschiedliche pädagogische Gestalt, was auch immer darunter zu verstehen ist, vorfindet. Das, glaube ich, könnte eher zu einer Verwirrung in diesem Bereich führen.

Abschließend: Wie gesagt, auch wir sind für eine echte Schulautonomie. Dazu gehören eben unter anderem Möglichkeiten budgetärer Eigenständigkeit – allerdings nicht so, wie es das Gesetz bezüglich der Schulraumüberlassung vorsieht, mit dem sich dann in weiterer Folge mein Kollege Grollitsch befassen wird, sondern in einem wesentlich weiter gefaßten Maße – ebenso wie der Umstand, daß Möglichkeiten und Initiativen der Lehrer nicht an Schulzwängen der Verwaltung scheitern dürfen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

20.26

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Der zuvor verlesene Abänderungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht, entsprechend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist nun Herr Abgeordneter Dr. Höchtl. – Bitte, Herr Abgeordneter.

20.26

Abgeordneter Mag. Dr. Josef Höchtl (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich verstehe natürlich, daß eine Opposition nie etwas als positiv empfinden kann, was eine Regierung oder Regierungsparteien vorlegen, aber, Frau Kollegin Preisinger, eines sei Ihnen gesagt (Abg. Dr. Haselsteiner: So ein Blödsinn! Legen Sie etwas Gescheites vor und nicht so einen Schmarren!): In diesen Vorlagen, seien es Initiativanträge oder Regierungsvorlagen, sind so viele Verbesserungen für die Schule, für die Pädagogen und selbstverständlich für die betroffenen Schüler enthalten, daß es Ihnen gut anstehen würde, hier auch mitzugehen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Dr. Haselsteiner: Und für die ÖAABler!) Herr Kollege! Was Bestellungen anlangt, sage ich Ihnen eines: Wir haben zweifellos in den vergangenen Jahrzehnten die Objektivierung sämtlicher Bestellungen systematisch vorangetrieben. (Zwischenruf des Abg. Dr. Haselsteiner. ) Objektivierung ist genauso ein Prozeß, wie Demokratie ein Prozeß ist, und eines kann ich sagen: Wir sind stolz auf das, was in vielen Bundesländern sehr, sehr objektiv gemacht wird. Und ich sage Ihnen auch: Jemand, der bei der ÖVP, bei der SPÖ oder bei einer anderen Partei ist, darf nicht deswegen einen Nachteil haben, weil er sich zu einer Partei bekennt. Auch das muß einmal ausgedrückt werden! (Beifall bei der ÖVP und demonstrativer Beifall des Abg. Dr. Haselsteiner. )

Das, was in den vielen Fällen an sehr intensiven Diskussionen durchgeführt wird, ist in einem hohen Ausmaß objektiv, und das Liberale Forum ist immer dazu aufgerufen, noch bessere Vorschläge zu bringen. Nur sehe ich sie nicht, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf beim Liberalen Forum.)


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Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich kann mich natürlich nicht andauernd mit dem Liberalen Forum beschäftigen. Wir haben hier neun Punkte in einem großen Paket für die Bildung in Österreich zu behandeln. Es sind markante Fortschritte, markante Verbesserungen in diesem Paket enthalten, und ich glaube, es gilt auch, das, was wirklich an Verbesserungen durchgeführt worden ist, heute in dieser Diskussion darzubringen.

Herr Kollege und Sitznachbar! Ich werde Ihnen jetzt ganz genau sagen – damit Sie es wenigstens jetzt erfahren, wenn man Sie in Ihrer Fraktion nicht darüber informiert haben sollte –, was es wirklich an Verbesserungen gibt. (Abg. Haigermoser: Jawohl, Herr Oberlehrer!)

Ich bin immer für eine Diskussion sehr offen, meine sehr verehrten Damen und Herren. Wir haben eine sehr intensive Diskussion über das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz geführt, und es steht heute erstmals nach jahrelanger Diskussion – und ich glaube, das ist einzigartig im öffentlichen Dienst – eine Maßnahme zur Beschlußfassung, die vorsieht, daß die Schulleiter zunächst einmal auf vier Jahre, quasi auf Probezeit, bestellt werden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das ist das Resultat eines sehr intensiven Prozesses der Diskussion, und ich glaube, daß wir uns dazu – weil diese Diskussion auch mit den Vertretern der Betroffenen geführt worden ist – durchaus bekennen sollen und stolz darauf sein sollen, daß es Schritt für Schritt immer wieder Verbesserungen gibt.

Das ist eine dieser Maßnahmen, die in diesem Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz als positiv herauszustreichen sind: Wenn in diesen vier Jahren eine Bewährung des ernannten Schulleiters erfolgt und wenn er auch die nötigen Managementkurse absolviert, dann wird er definitiv bestellt. Ich glaube, das sind doch Dinge, die man auch positiv hervorheben soll. Es soll in einer Diskussion nicht so sein, daß alles, was gemacht wird, negativ beschrieben wird. Das ist nicht Politik. Politik hat jeweils die Verbesserungen, das qualitativ Höhere als Ziel. Wir glauben, mit dieser heutigen Diskussion und mit den Diskussionen, die zu diesem Ergebnis geführt haben, einen Beitrag dazu geliefert zu haben. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Graf: Aber die letzten 30 Jahre, wie habt ihr da Schulleiter bestellt?!)

Zweiter Bereich, meine sehr verehrten Damen und Herren: Die beiden Regierungsparteien haben einen Initiativantrag eingebracht, in dem es darum geht, der einzelnen Schule mehr Möglichkeiten zur Erzielung von Einnahmen zu verschaffen. Wir haben erstmals die Möglichkeit eröffnet, daß die einzelnen Schulen Teile ihrer Liegenschaften für nichtschulische Zwecke vermieten können. Erstmals ergibt sich die Möglichkeit, daß solcherart erzielte Einnahmen der Schule dienen, und zusätzlich wird noch die Chance geboten, daß diese Einnahme nicht unbedingt in dem Jahr, in dem sie erzielt wird, ausgegeben werden muß, sondern auch für die darauffolgenden Jahre gespart werden kann.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das ist eine Möglichkeit, die bisher nicht genützt worden ist. Auch hier also eine Verbesserung, auch hier eine positive Maßnahme, die durchaus auch so dargestellt werden soll.

Darüber hinaus haben wir bei dieser Vermietung eine Differenzierung vorgenommen. Wir haben festgelegt, daß all jenen Zwecken, die der sportlichen Ertüchtigung, der Erwachsenenbildung, dem Volksbüchereiwesen, der Kunst Rechnung tragen, Vorrang eingeräumt werden und höchstens der Mehraufwand in Rechnung gestellt werden soll, während für alle anderen auftretenden potentiellen Mieter natürlich der ortsübliche Preis nach Angebot und Nachfrage verrechnet werden soll.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube, das ist einerseits positiv, weil damit zusätzliche Geldeinnahmen für die Schule erschlossen werden, und andererseits positiv, weil eine sinnvolle Differenzierung zugunsten jener Vereinigungen erfolgt, die sich eben sportlichen Belangen, der Erwachsenenbildung und ähnlichen Dingen widmen, denen der Vorrang eingeräumt wird, eine wesentlich günstigere Chance des Einmietens zu ergreifen. Ich glaube, das soll als positive Maßnahme heute ebenfalls erwähnt werden. (Beifall bei der ÖVP.)


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Zum dritten: Wir haben in diesem Block vier einzelne Regierungsvorlagen behandelt, die eine Erhöhung der Fixbeiträge für die einzelnen Kirchen behandeln, für die katholische, für die evangelische, für die altkatholische und für die israelitische Religionsgemeinschaft, wonach die Beiträge, die diesen Kirchen gegeben werden, insgesamt um über 20 Prozent angehoben werden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn man dieses Paket an schulischen Maßnahmen betrachtet, dann kann man wahrlich nicht sagen, daß nichts darin enthalten ist, sondern es ist so, daß das Resultat einer vielfältigen systematischen Arbeit nun zur Beschlußfassung vorliegt. Ich möchte das nur anhand eines Punktes besonders herausstreichen, nämlich anhand der Autonomie.

Aus grundsätzlichen Überlegungen haben wir uns vor Jahren – diese Diskussion hat Ende der achtziger Jahre begonnen – zu mehr Gestaltungsmöglichkeit für die kleinere Einheit, in diesem Fall für die einzelne Schule, bekannt. Wenn wir nur ganz kurz diesen Ablauf der Autonomieentwicklung verfolgen, so sehen wir, daß der einzelnen Schule immer mehr an derartigen Möglichkeiten eingeräumt worden ist.

Wir haben im Jahre 1993 anläßlich der damaligen 14. Schulorganisationsgesetz-Novelle die Chance gegeben, daß ein Teil der Lehrpläne autonom in der Schule gestaltet werden kann, daß also ein Teil der zur Verfügung stehenden Stunden mit einem eigenen Profil, mit einem eigenen Schulprofil zur autonomen Entwicklung der Schule ausgestattet werden kann.

Ich glaube, es ist eine positive Entwicklung, daß nicht alles vorgegeben wird, sondern der einzelnen kleineren Einheit die Chance auf eine eigene Entwicklung gegeben wird. Es ist dies ein Bekenntnis zur kleineren Einheit, denn nicht alles muß auf Bundes-, nicht alles muß auf Landesebene entschieden werden. Dazu sollen wir uns auch heute nochmals ausdrücklich bekennen. (Beifall bei der ÖVP.)

Ein zweites wesentliches Element wurde mit der 16. Schulorganisationsgesetznovelle verwirklicht. Damals haben wir die Chance gegeben, daß in der Schule entschieden wird, ob eine Nachmittagsbetreuung gewollt wird oder nicht und ob mit dieser Nachmittagsbetreuung eine Tagesheimschule oder eine Ganztagsschule ermöglicht wird. Auch hier: Entscheidungsmöglichkeit für die kleinste Einheit, ein Mehr an Autonomie, ein Mehr an Gestaltungsmöglichkeiten für die kleinere Einheit.

Ein weiteres Beispiel: Im vergangenen Jahr haben wir mit dem Schulzeitgesetz die Möglichkeit gegeben, über Fünf- oder Sechs-Tage-Woche an der Schule entscheiden zu lassen und die Vergabe von fünf schulfreien Tagen autonom entscheiden zu können.

Oder: Vor einiger Zeit ist von Frau Unterrichtsministerin Gehrer initiiert worden, in ganz Österreich 24 Modellschulen mit einer wesentlich weitergehenden Autonomie auszustatten und sie quasi im Übungsprozeß rund zwei Jahre arbeiten zu lassen, um dadurch Erfahrungen zu sammeln, wie man ein Höchstausmaß an personeller, finanzieller, organisatorischer und auch pädagogischer Autonomie erreichen kann.

Was meine ich damit, meine sehr verehrten Damen und Herren? – Es ist ein Prozeß – und ich glaube, das ist das Wichtige, das wir zu betonen haben – des möglichst hohen Ausmaßes an Entscheidungen für die kleinere Einheit, nämlich für die einzelne Schule, eingeleitet worden. Dieser Prozeß ist eine schrittweise Verwirklichung der Intention, möglichst viele Entscheidungen der Schule, dem Schulforum, dem Schulgemeinschaftsausschuß zu übertragen, nicht alles zentral zu regeln, sondern der einzelnen überschaubaren Einheit zu überlassen. Ein positiver Prozeß! Das kann man jedoch nicht übers Knie brechen. Ein Dienstleistungsbetrieb, wie das österreichische Schulsystem einen darstellt, mit rund 120 000 Pädagogen und fast 1,2 Millionen Schülern ist ein umfassender, ein sehr komplexer Bereich, für den man nur Schritt für Schritt die eine und die andere Verbesserung anstreben kann.

Wir können zweifellos sagen, daß wir mit dem Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, mit dem Schulorganisationsgesetz und mit den verschiedenen anderen Punkten, die wir heute nach Abschluß


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der Diskussion dem Nationalrat zur Beschlußfassung vorlegen werden, eine systematische Arbeit weitergeführt haben. Wenn das überdies im Geiste einer großen Übereinstimmung geschieht, dann umso besser, weil wir alles daranzusetzen haben, ein möglichst hohes Ausmaß an Qualität an den Schulen zu garantieren, um damit das von uns angepeilte Ziel zu erreichen, nämlich möglichst zufriedene Schüler, zufriedene Lehrer und auch zufriedene Eltern. Wenn uns das mit diesen Fortschritten gelingt, dann haben wir sicherlich einen positiven weiteren Beitrag zur Bildungspolitik geleistet. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

20.39

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist nun Frau Abgeordnete Schaffenrath. – Bitte, Frau Abgeordnete. (Abg. Dr. Fuhrmann: Machen Sie das auch so lang, Frau Kollegin? – Abg. Schaffenrath – auf dem Weg zum Rednerpult –: Länger! Ich mache es für mich, Herr Kollege!)

20.39

Abgeordnete Maria Schaffenrath (Liberales Forum): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Höchtl! Die Opposition kritisiert nicht nur um des Kritisierens willen. Uns ist die Schule ein echtes Anliegen, und wir wollen, daß die Entwicklung in die richtige Richtung geht, und zwar in großen Schritten in wesentlichen Bereichen und nicht bruchstückhaft und in vielen Bereichen konzeptlos.

Wenn Sie glauben, wir seien heute schon in der richtigen Richtung unterwegs, wenn es um die Zufriedenheit von Eltern, um die Zufriedenheit von Schülern und um die Zufriedenheit von Lehrern geht, dann muß ich Sie leider enttäuschen. Da sollten Sie sich mehr umhören bei Lehrern, Eltern und Schülern, denn wenn ich heute der Tagespresse entnehme, daß die Kosten für Nachhilfe bereits 1,4 Milliarden Schilling betragen, dann kann es um die Qualität unserer Schule wohl nicht so gut bestellt sein. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Für mich ist es gerade im Unterrichtsausschuß in der vergangenen Woche besonders deutlich geworden, von welchen Unzulänglichkeiten und Unfähigkeiten eigentlich die Situation der österreichischen Schulpolitik derzeit geprägt wird. Da wird ein ausführliches Gesetz zum Landeslehrerdienstrecht auf die Tagesordnung gesetzt, ein Gesetz, das bereits seit einem Jahr in Diskussion ist – der Entwurf stammt immerhin schon aus dem Mai 1995 –, dann wird am Ausschußtag ein umfangreicher Abänderungsantrag eingebracht, der einerseits ganz offensichtliche Mängel in dieser Regierungsvorlage noch korrigieren soll, andererseits aber auch noch wesentliche inhaltliche Korrekturen vorsieht. Gleichzeitig ist man aber nicht einmal in der Lage, gleiche Voraussetzungen für Bundeslehrer und für Landeslehrer zu schaffen, sodaß wir jetzt einmal mehr diese kuriose Situation haben, daß Bundeslehrer und Landeslehrer in gleichen Bereichen unterschiedliche rechtliche Voraussetzungen vorfinden. (Abg. Neugebauer: Das werden Sie immer haben!) Aber nicht, wenn es um die Schulleiterbestellung geht. Und Sie wissen wahrscheinlich genausogut wie ich, daß auch im Bereich der Bundeslehrer eine umfassende Änderung zu vollziehen sein wird.

Die Oppositionsparteien werden darüber hinaus wenige Tage vor diesem Ausschuß darüber informiert, daß die Tagesordnung durch einen Initiativantrag betreffend das Schulorganisationsgesetz ergänzt werden soll. Herr Kollege Höchtl hat dieses Gesetz gerade in höchsten Tönen gelobt. Ich bezeichne dieses Gesetz als eine Husch-Pfusch-Aktion. Hier soll einmal mehr nur der Begriff der Schulautonomie beschworen werden, von einer Umsetzung in die Realität kann ich leider nur sehr wenig bemerken.

Es besteht zudem wirklich keine Bereitschaft und auch keine Flexibilität, Anträge der Opposition trotz sachlicher Rechtfertigung ernsthaft zu diskutieren und sich ernsthaft damit auseinanderzusetzen und darauf einzugehen. Darüber hinaus betrachte ich es als eine zumindest eigenartige Vorgangsweise, wenn für eine im Schulbereich relativ nebensächliche Angelegenheit wie die individuelle Regelung von Semesterferien in einem einzelnen Bundesland ein Unterausschuß eingesetzt wird, während man bisher keine Bereitschaft gezeigt hat, komplexe Materien des Unterrichts, pädagogische, didaktische, strukturelle Reformen in Unterausschüssen wirklich ernsthaft und ausführlich zu diskutieren.


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Es ist gerade dieser Unterrichtsausschuß und die Vorbereitung dazu, es sind genau diese angesprochenen Vorgänge, die eigentlich zeigen, woran die Schulpolitik der Regierungsparteien krankt. Sie krankt meiner Meinung nach an der Unfähigkeit zu einer seriösen und zu einer fachlich kompetenten Vorbereitung von Schulgesetzen, die dann in diesem Hause beschlossen werden sollen, an der unzureichenden Koordination zwischen den Regierungsparteien, ganz zu schweigen von einer rechtzeitigen Einbeziehung der Opposition und von der Schaffung von Möglichkeiten für die Opposition, sich ebenfalls einzubringen. Diese Schulpolitik ist nicht einmal fähig, vergleichsweise geringe Anforderungen wie die parallele Reform von Landeslehrer- und Bundeslehrerdienstrecht gleichzeitig durchzusetzen, und ich glaube, sie krankt vor allem auch daran, daß Reformen in sehr wichtigen Bereichen, wie eben zum Beispiel im Bereich der Schulautonomie, ohne Konzept und nur bruchstückhaft erfolgen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Daß die Koalitionsparteien die Schulautonomie nicht wirklich ernst meinen, zeigt sich genau in diesem bruchstückhaften Vorgehen beim heute zur Diskussion stehenden Schulorganisationsgesetz. Hier sollen nämlich jetzt Schulleiter als Einzelpersonen über die Vermietung von Turnsälen und anderen Schulräumlichkeiten entscheiden, und diese Vermietung von Schulräumlichkeiten soll der Beschaffung von Geldmitteln dienen.

Was hierbei aber ganz entscheidend fehlt, das sind eben jene notwendigen Rahmenbedingungen und jene notwendigen Überlegungen über die Auswirkungen und über die Konsequenzen für Einrichtungen der Erwachsenenbildung, für Einrichtungen der beruflichen Weiterbildung, denn gerade diese Institutionen werden im "Jahr des lebenslangen Lernens" bei ihren ohnehin schon knappen Budgetmitteln noch zusätzlich belastet werden.

Es sind auch keine Rahmenbedingungen vorgesehen, die das eigenmächtige Handeln einzelner Personen verhindern könnten. Es ist nicht vorgesehen, daß auch – vielleicht gemeinsam mit dem Schulleiter – die anderen Schulpartner entscheiden, um eben solche Eigenmächtigkeiten verhindern zu können. Allein schon aus diesem Grunde glaube ich nicht, daß die vielbeschworene Mitbestimmungsmöglichkeit der Schulpartner im Bereich der Vorlagen der Regierungsparteien in ausreichendem Maße vorgesehen ist. Es gibt hier ein konzeptloses und, wie ich glaube, auch unüberlegtes Vorgehen. (Beifall beim Liberalen Forum und des Abg. Öllinger .)

Gerade aus diesen Überlegungen heraus haben wir einen Entschließungsantrag eingebracht, um die Regierung, um die Ministerin aufzufordern, ein dringend notwendiges Konzept für die Herstellung einer wirklichen Autonomie bereitzustellen. Wir wissen natürlich, daß Autonomie ein Prozeß ist, wir wissen natürlich, daß Autonomie nicht radikal eingeführt werden kann, aber die Schritte, die in Richtung von Autonomie führen, dürfen nicht konzeptlos sein, und sie dürfen auf keinen Fall orientierungslos erfolgen.

Wenn Autonomie ernstgenommen wird, dann müssen Sie den öffentlichen Schulen diese Autonomie zunächst einmal ermöglichen. Selbstverständlich hat der Staat jene Rahmenbedingungen genau zu definieren, die soziale Gerechtigkeit, die soziale Fairneß und Chancengerechtigkeit für unsere Schüler gewährleisten, aber innerhalb dieser Rahmenbedingungen ist den Schulpartnern eine wirkliche Mitbestimmungsmöglichkeit einzuräumen. Die Mitbestimmungsmöglichkeiten, die jetzt gewährt werden, beschränken sich ja nur auf einige wenige und, wie ich glaube, unwesentliche Bereiche.

Diese Entscheidungsfreiheit muß im pädagogischen Bereich und in Fragen der inneren Organisation möglich sein, sie muß im finanziellen Bereich möglich sein – hierfür ist eine Rechtsfähigkeit für Schulen zu schaffen –, sie muß vor allem aber auch im personellen Bereich möglich sein, wobei sich Frau Kollegin Preisinger über die Problematik der Mitentscheidung von Schulpartnern im personellen Bereich eigentlich schon recht ausführlich geäußert hat.

Wo können denn derzeit Schulpartner mitentscheiden bei der Lehrereinstellung? Wo gibt es denn endlich eine Wahl der Schulleiter auf Zeit? In Ihrem heute zur Diskussion stehenden Landeslehrerdienstrecht übertragen Sie die wirklichen Kompetenzen nur auf eine andere Ebene, auf die Ebene der Landesbehörden, und das ist, wenn wir von Schulautonomie sprechen, die falsche Ebene. Der wahre Grund für Ihr Sträuben wird wohl nur darin zu finden sein, daß Sie


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letztendlich an dieser parteipolitischen Aufteilung festhalten wollen und daß Sie parteipolitische Machtstrukturen aufrechterhalten wollen.

Herr Kollege Höchtl! Wenn Sie hier die objektive Vorgangsweise bei der Bestellung von Schulleitern beschwören, dann frage ich Sie wirklich, ob Sie die Berichte der Volksanwaltschaft nicht lesen, die seit Jahren die Mißstände in diesem Bereich deutlich macht und beklagt, die seit Jahren die Aufhebung des verfassungsmäßig verankerten Proporzes an den Kollegien der Landesschulräte fordert, weil es hier immer wieder zu Mißständen kommt. Frau Kollegin Preisinger hat ein ausführliches Beispiel hierfür gebracht.

Wenn es Ihnen wirklich ernst wäre mit mehr Demokratie an den österreichischen Schulen, hätten Sie wirklich Möglichkeiten, das zuzulassen, denn wir brauchen eine demokratische und autonome Schule für die Heranbildung von mündigen und von selbstbestimmten jungen Menschen. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Aber unsere Schulpartner haben an und für sich ja kein wirkliches Mitbestimmungsrecht. Wenn Sie jetzt den Schulleiter sozusagen erst nach dieser Probezeit definitiv stellen, also auf unbeschränkte Zeit bestellen, dann ist das meiner Meinung nach eine Alibiaktion. Was hindert Sie denn daran, von dieser unbefristeten Leiterbestellung endlich abzugehen? – Wenn Sie, sehr geehrte Frau Ministerin, sagen, der Schulleiter als pädagogischer Leiter einer Schule brauche diese Sicherheit und die Gewißheit der unbefristeten Bestellung, damit er kreativ werden kann und damit er gestalterisch tätig werden kann, so teile ich diese Meinung nicht. Wo gibt es denn das in der Privatwirtschaft? – In der Privatwirtschaft gibt es viele Menschen in Leitungsfunktionen, die sich nicht auf dieser Sicherheit ausruhen können, die sich selbstverständlich immer wieder neu bewähren müssen und sich immer wieder dem Wettbewerb stellen müssen. Und ich glaube, was Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen in der Privatwirtschaft zumutbar ist, das muß wohl für die Schule in besonderem Maße selbstverständlich sein. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Einen diesbezüglichen Abänderungsantrag wird Frau Kollegin Motter noch einmal einbringen. Und weil wir gerade von diesem Abänderungsantrag sprechen: Ich war heute eigentlich sehr verwundert oder auch erfreut über den Abänderungsantrag, der von den Freiheitlichen – Frau Kollegin Preisinger ist gerade hinausgegangen – eingebracht wurde, denn er ist geradezu identisch mit unserem Abänderungsantrag, den wir schon im Laufe der Beratungen des Unterrichtsausschusses eingebracht haben. Leider haben uns die Freiheitlichen dort ihre Zustimmung zu einem wirklich identischen oder so gut wie identischen Abänderungsantrag versagt.

Meine Damen und Herren! Wenn wir Autonomie ernst meinen, dann dürfen wir Autonomie nicht nur den öffentlichen Schulen ermöglichen, sondern dann müssen wir auch für die jetzt schon autonomen Schulen unter den Privatschulen endlich einmal jene fairen Bedingungen schaffen, die ihren Weiterbestand sicherstellen und die die Entwicklung einer bunteren pädagogischen Landschaft, einer Vielfalt und Pluralität in unserem Schulbereich neben den öffentlichen Schulen ermöglichen. Es sind nämlich gerade diese autonomen Schulen, die uns zeigen, daß eine effizientere Mittelverwendung möglich ist: Die Kosten pro Schüler an diesen Schulen betragen in etwa nur die Hälfte im Vergleich zu den Kosten pro Schüler an öffentlichen Schulen. An diesen Schulen gibt es wirklich Schuldemokratie, dort wird wirklich ganz selbstverständlich durch die Schulpartner bestimmt, und es funktioniert auch.

Sehr geehrte Damen und Herren! Diese Privatschulen, und zwar alle Privatschulen, sollten auch aus wirtschaftlichen Überlegungen gefördert werden, denn nicht zuletzt hat die Frau Unterrichtsministerin sich im Rahmen einer Anfragebeantwortung ganz dezidiert hierzu geäußert – ich zitiere –: "Grundsätzlich aber kann festgestellt werden, daß die Führung von Privatschulen sicherlich von Vorteil für den Bund ist, da gesetzlich nur die Übernahme der Lehrerpersonalkosten normiert ist, die Kosten für Schulbetrieb, Verwaltungspersonal et cetera jedoch vom privaten Schulerhalter getragen werden."

Darüber hinaus gibt es für die im Privatschulgesetz verankerte Ungleichbehandlung von konfessionellen und anderen Privatschulen keine sachliche Rechtfertigung. Es gibt keine sachliche


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Rechtfertigung dafür, daß konfessionelle Privatschulen rechtlich zugesichert einen vollen Ersatz ihrer Personalkosten erhalten, während andere Privatschulen, mit Öffentlichkeitsrecht eventuell, nur auf Zuwendungen im Rahmen des Budgets hoffen können. Wenn es den Eltern schon möglich gemacht wird, eine Schulwahl nach ihrer Konfession oder nach ihren konfessionellen Vorstellungen zu treffen, dann muß es auch möglich gemacht werden, daß sich Eltern nach Maßgabe der pädagogischen Anschauung entscheiden können.

Dieses ungleiche Verhältnis wird ganz besonders deutlich, wenn man sich die Zahlen näher anschaut: Es gibt einfach keine sachliche Rechtfertigung dafür, warum die Republik für rund 60 000 Schüler, die an konfessionellen Privatschulen unterrichtet werden, mehr als 3 Milliarden Schilling aufwendet, während sie für 20 000 Schüler, die an anderen Privatschulen unterrichtet werden, nur relativ wenige Millionen Schilling aufbringen kann.

Meine Damen und Herren! Sie haben unseren Entschließungsantrag auf Gleichstellung – nicht auf Abschaffung von konfessionellen Schulen, sondern auf Gleichstellung – aller Privatschulen abgelehnt, aber wir Liberalen werden weiterhin für den Wettbewerb der Pädagogik unter fairen Bedingungen stehen, und wir sind überzeugt davon, daß eine Befreiung des Schulsystems aus dieser staatlichen Monopolisierung nur zu einer Verbesserung der Schulqualität und zu einer Weiterentwicklung unseres Schulsystems führen kann. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Eine der letzten großen Studien über die österreichischen Bildungsausgaben stammt zwar aus dem Jahre 1978, aber ich glaube, sie hat immer noch Gültigkeit – ich zitiere –: "Keine Verwaltungsstelle einer österreichischen Gebietskörperschaft kann gegenwärtig einen Überblick über die Gesamtsituation der Bildungsfinanzen aller öffentlichen Ebenen besitzen." – Das ist eine Facette. Andererseits geht aus der öffentlichen Diskussion der letzten Zeit genauso wie aus den Anfragebeantwortungen der Unterrichtsministerin deutlich hervor, daß der Informationsstand des Bundesministeriums lückenhaft und unzureichend ist. Namhafte Bildungsökonomen weisen immer wieder darauf hin, daß nur über gesicherte und ausreichende Daten eine sinnvolle, eine ertragreiche, eine ernsthafte Diskussion über Bildungsfinanzierung möglich ist.

Auch eine im Auftrag des Bundesministeriums für Unterricht und Kunst und des Bundesministeriums für Finanzen erstellte sehr aktuelle Studie aus dem Dezember 1994 macht das deutlich. Ich möchte Ihnen nur einige kurze Zeilen daraus vorlesen, zum Beispiel: Es sind verbesserte Planungsgrundlagen für die Finanzierung der weiteren Schulentwicklung notwendig. Es braucht eine erhöhte Transparenz. Es gibt keinen Überblick über die Kostenentwicklung im Schulwesen, insbesondere bestehen nach wie vor im Bereich der Bundesländer ganz grundlegende Informationslücken.

Genau diese Fakten haben uns eigentlich dazu geführt, einen Antrag auf Erstellung dieses Schulberichtes zu stellen, weil eben nur über eine ausführliche Darstellung und eine Analyse der Ist-Situation sowohl in qualitativer wie auch in quantitativer Hinsicht ernsthaft über die Weiterentwicklung der Schule diskutiert werden kann und weil wir einfach einen guten Überblick über die finanziellen Aspekte des Schulwesens brauchen, damit wir auch bildungsökonomische Diskussionen sinnvoll durchführen können.

Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Es war nur ein kleiner Zwischenfall im Unterrichtsausschuß, der es zumindest für mich sehr wahrscheinlich erscheinen läßt, daß eigentlich nicht Sie die Ursache für die Ungereimtheiten der österreichischen Schulpolitik und für diese völlige Unflexibilität sind. Es war für mich wirklich überraschend, es hat sich so offensichtlich dargestellt, und ich habe es persönlich als peinlich empfunden, daß Sie, gerade Sie, über diese, wie ich glaube, außerordentlich wichtige Studie nicht einmal Bescheid gewußt haben, weil Ihnen Beamte Ihres Ministeriums offensichtlich Informationen in diesem Bereich vorenthalten haben. Aber, sehr geehrte Frau Ministerin, für Ihr eigenes Ministerium kann Ihnen niemand die Verantwortung abnehmen. – Ich danke Ihnen. (Beifall beim Liberalen Forum.)

20.58


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Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder:
Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Niederwieser. – Bitte, Herr Abgeordneter.

20.58

Abgeordneter DDr. Erwin Niederwieser (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Relativ spät, aber doch diskutieren wir heute eine Reihe von Gesetzen aus dem Schul- und Unterrichtsbereich. Daß es etwas später ist, ist vielleicht nicht ganz so dramatisch, weil Schule ja alle interessiert. (Abg. Dr. Höchtl: Abendschule!) Immerhin geht es um rund 1,2 Millionen Schülerinnen und Schüler, von denen wahrscheinlich viele jetzt bei den Hausaufgaben sitzen oder zu Hause für die letzten Prüfungen vor dem Schulschluß lernen, es geht um rund 120 000 Lehrerinnen und Lehrer, und es geht um sehr, sehr viele Eltern.

Heute setzen wir ein paar wichtige Schritte, Kollegin Schaffenrath. Wir können darüber streiten, wie groß sie sind oder wie viele Schritte es sind, aber du hast eingefordert, sie müßten in die richtige Richtung gehen, und du hast darüber hinaus gesagt, es müssen große Schritte sein. (Abg. Schaffenrath: Mutige Schritte!) Ich sage nicht, daß es große Schritte sind, sie gehen aber jedenfalls in die richtige Richtung, und sie sind wichtig. Es sind Schritte, die in anderen Bereichen – auch des öffentlichen Dienstes – erst einmal gegangen werden müssen. Dort sind sie nämlich noch nicht gegangen worden, während wir jetzt im Schulbereich bereits diese Vorschläge und diese Neuerungen durchführen. (Beifall bei der SPÖ und des Abg. Dr. Höchtl .)

Es geht um die Schulraumüberlassung, es geht auch um sonstige Drittmittel – nicht nur um die Schulraumüberlassung, über die immer geredet worden ist –, es geht um den Schulleiter oder die Schulleiterin auf Zeit, und es geht um Fragen der Objektivierung, der Dienstbeurteilung bis hin zu Fragen der Entlassungen.

Denn das ist bis jetzt in der Diskussion kaum erwähnt worden, und das war auch im Ausschuß kein Thema, obwohl es Teil dieses Landeslehrer-Dienstrechtsgesetzes ist, daß es in Zukunft, wenn jemand offensichtlich nicht fähig ist, die Leistungen zu erbringen, die für den Unterricht notwendig sind und die wir unseren Kindern schuldig sind, leichter sein wird, auch eine Entlassung auszusprechen. Ich glaube, das ist auch etwas, was der Qualität unserer Schule sehr guttun wird. (Präsident Dr. Neisser übernimmt den Vorsitz.)

Neben dem, was in den Berichten bereits nachlesbar ist oder von meinen Vorrednern schon gesagt wurde, möchte ich mich nur auf ein paar Dinge konzentrieren. Der Direktor, die Direktorin auf Zeit. – Hier gibt es zwei unterschiedliche Anträge. Es ist nicht euer Antrag, den die Freiheitlichen hier gebracht haben, wenngleich es mich auch etwas wundert, daß wir im Ausschuß nichts davon gehört haben. Jetzt auf einmal kommt der Vorschlag mit fünf Jahren. Also der Unterschied – wenn ich das richtig mitgehört habe – ist: zunächst für fünf Jahre und dann auf Dauer. Es geht also um ein Jahr. Wo hier die Verbesserung liegt, das müssen Sie mir erst einmal erklären. Wo wir uns aber unterscheiden, das ist, daß wir in der jetzigen Phase jenen Schritt gehen, den wir auch mit den zuständigen Gewerkschaften aushandeln konnten, deren Zustimmung auch vorliegt, wo es darum geht, daß in der ersten Phase, in der man feststellen kann, ob jemand als Direktorin oder als Direktor geeignet ist – in diesen vier Jahren muß man das feststellen können –, auch zu entscheiden sein wird, ob eine Verlängerung erfolgt. Wenn diese Bewährung als Direktor nicht stattgefunden hat, dann gibt es eben keine weitere Verlängerung.

Das, so meine ich, ist doch ein qualitativer Schritt, und ich möchte jenen Bereich des öffentlichen Dienstes kennen, der diesen Schritt bereits gegangen ist. Es gibt ihn nämlich nicht. Der Vergleich mit der Privatwirtschaft, liebe Kollegin Schaffenrath, hat etwas für sich, aber es ist wirklich ein typisch hinkender Vergleich. Dann zahlen wir den Direktoren auch das, was ein Bankdirektor einer kleinen Filiale irgendwo auf dem Land bekommt, und dann geben wir ihnen auch die Abfertigung, wenn es nicht zu einer Verlängerung kommt. Dann bin ich gespannt, was die Bevölkerung dazu sagen wird, ob das besser ist oder ob diese Lösung nicht als erster Schritt durchaus passabel und gut ist. (Beifall bei der SPÖ.)


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Was beklagt wurde – was ich auch akzeptiere –, das ist, daß der Abänderungsantrag zum LDG spät gekommen ist. Da gibt es auch nichts zu entschuldigen. Das war sehr spät, speziell dann, wenn man eine Einbindung erreichen will. Aber was unbestritten geblieben ist, war, daß dieser Abänderungsantrag Verbesserungen gebracht hat, Verbesserungen zum Beispiel hinsichtlich der Rechte der Schulpartner. Jetzt heißt es im Gesetz, daß die Schulpartner in die Direktorenbestellungen einzubinden sind. Das steht im Bundesgesetz drinnen. Damit ist auch einem dieser Einwände Rechnung getragen worden, die die Kollegin Preisinger zitiert hat. Es geht um einheitliche demokratische Standards im Schulbereich in ganz Österreich, und die sind mit dieser Bestimmung bei der Mitwirkung drinnen.

Darüber hinaus ist es gängige Praxis, daß in den Landesschulräten verschiedene Objektivierungsmodelle erarbeitet wurden, in der Steiermark ein anderes als in Oberösterreich, in Oberösterreich ein anderes als in Wien. Da gibt es verschiedene Modelle, und diese sollen auch weiterhin bestehen bleiben können.

Worauf wir auch noch Wert legen – ich möchte das hier extra erwähnen –, das sind die Schulmanagementkurse, das Leitungsmanagement, die innerhalb dieser vier Jahre zu absolvieren sind. Da stellen wir uns vor – das ist im Gesetz nicht näher ausgeführt, wie das aussehen könnte –, daß neben den Kursen am Pädagogischen Institut, an den Pädagogischen Akademien, an den Universitäten, wahrscheinlich im Bereich der Lehrerausbildung, auch andere Anbieter auftreten können, auch andere, die sagen: Wir bieten einen ausgezeichneten Kurs im Schulmanagement an. Was dafür notwendig sein wird, ist, daß man in der ersten Phase jedenfalls eine Art Zertifizierung macht, daß man sagt, das Unterrichtsministerium überprüft, ob diese Qualität erreicht wird. Aber wir haben jedenfalls die Vorstellung, daß sich der Schulleiter oder ein potentieller Schulleiter auch aussuchen kann, wo er diese Schulmanagementkurse besuchen will. Darauf würden wir großen Wert legen.

Das Beamten-Dienstrechtsgesetz wurde von meinen Vorrednern bereits erwähnt. Ja, das ist richtig: Das Beamten-Dienstrechtsgesetz ist noch ausständig. Wenn es gelingt, letzte Unebenheiten zu beseitigen, dann wird das noch im Juni im Verfassungsausschuß beschlossen werden können, einschließlich der Bestimmungen über die Schulleitung und dergleichen. Wir werden sehr, sehr darauf achten, daß das auch geschieht, weil das auch eine der wichtigen Voraussetzungen für uns gewesen ist, daß hier kein zu großes Auseinanderklaffen zwischen den Pflichtschullehrern und den anderen Lehrern besteht.

Ein paar Worte noch zu dem zweiten Teil: Freiraum und Verantwortung für die Schulen im Bereich der Schulraumüberlassung, einschließlich der Geräte. Dadurch dürfen wir aber nicht die Zielsetzung anderer Gesetze zunichte machen, wie etwa in der Erwachsenenbildung, in der Kunstförderung oder im Bereich der Bundessportförderung. Es wäre ja widersinnig, daß wir hier Gesetze über Förderungen beschließen, auf der anderen Seiten aber auch ein Gesetz, mit dem diese Förderungen wieder reduziert werden. Daher sind sie begünstigt aufgenommen worden. Hier ist maximal nur der Mehraufwand einforderbar. Es kann aber auch eine kostenlose Überlassung sein. Ich glaube, es ist wichtig, in einem Erlaß diese Bestimmungen festzulegen.

Kollegin Schaffenrath! Ich wundere mich schon ein bißchen über deine Forderung, wir sollten all diese Dinge ins Gesetz hineinschreiben. Ich meine, dafür, daß wir den Schulen diese Möglichkeit geben, ist das Gesetz lang genug mit diesen mehreren Paragraphen. Alles andere muß man diesen Freiräumen überlassen. Durch einen Erlaß des Ministeriums soll nur eine gewisse erste Richtlinie festgelegt werden. Wenn wir all diese Rahmenbedingungen in ein Gesetz hineinschreiben wollen, dann haben wir ein Gesetz mit 20 Paragraphen oder noch mehr.

Klar ist auch, daß Aktivitäten im Rahmen der Schulpartnerschaft, alles, was im Schulunterrichtsgesetz drinnen steht als Aufgabe der Schulgemeinde, von dieser neuen Form der Vermietung ausgenommen sind, weil sie Teil des Schullebens sind und weil hier natürlich nicht zusätzlich Miete oder Aufwandsabgeltung verlangt werden kann.

Die Drittmittel, die auch hier enthalten sind, sind wichtig im Zusammenhang mit dem, was die österreichischen Schulen zunehmend machen, nämlich sich an europäischen Projekten zu


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beteiligen, an Projekten wie "Leonardo" oder ähnlichem, wo bisher das Problem immer darin bestanden hat, daß hier auch ein Finanzaustausch stattfindet, daß man im Rahmen dieser Projekte auch Gelder zu verwalten hat. Diese Gelder können die Schulen jetzt selbständig verwalten. Über diese Drittmittel, die über solche Projekte hereinkommen, können sie selbständig verfügen. Oder: Wenn eine höhere technische Lehranstalt eine Kooperation mit irgend jemandem im Rahmen einer Ausbildungspartnerschaft eingeht, dann kann dieses Geld auch wieder in der Schule verbleiben.

Alles in allem meinen wir doch, daß wir mit diesen Gesetzen einige entscheidende Schritte nach vorne gegangen sind. Es ist nicht das Ende oder das Endziel an Autonomie, das ist keine Frage, aber es ist ein wichtiger Schritt, den die Schulen auch imstande sind nachzuvollziehen, der sie in dieser Richtung nicht überfordert. Daher sind wir überzeugt davon, daß wir ab dem Herbst dieses Jahres in den österreichischen Schulen ein Stück mehr an Verantwortung, ein Stück mehr an Freiheit und auch ein Stück mehr an Qualität erreichen werden können. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

21.09

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Öllinger. – Bitte, Herr Abgeordneter, Sie haben das Wort.

21.09

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Frau Ministerin! Hohes Haus! Wenn sich die Schulforschung in einem wahrscheinlich ziemlich einig ist, dann darin, daß für die Qualität der Schule das Schulklima das entscheidende Moment ist. Wenn es aber so ist wie bei uns in Österreich, daß der Klima das Klima an den Schulen negativ beeinflußt, dann haben wir ein Problem, und dieses Problem spiegelt sich genau in dem wider, was Sie, Frau Ministerin, hier uns zu verkaufen, zu versprechen versuchen als Fortschritt, als Strukturreform, was aber gleichzeitig in wesentlichen Momenten geprägt ist von der Einsparung.

Das Problem äußert sich darin, daß man, wenn man an den Schulen mit Pädagogen spricht – und ich habe in den letzten Wochen und Monaten sehr viel mit Lehrern darüber gesprochen –, den Eindruck gewinnt, daß die Lehrer hoffnungslos überfordert sind, und zwar nicht nur deswegen, weil die Anforderungen des Schulbetriebes so groß sind, sondern auch deswegen hoffnungslos überfordert sind, weil sie nicht wissen, wohin die Schulpolitik geht.

Das ist das Problem, das wir haben. Sie haben nur das Gefühl, und ich glaube, das Gefühl ist nicht unberechtigt, daß fast alles das, was hier unter einem guten Vorwand vertreten und verkauft wird – in Richtung Autonomie, in Richtung Verbesserung, in Richtung Mitbestimmung der Schulen –, nicht getragen ist von dem Aspekt, daß hier tatsächlich etwas besser werden soll, sondern daß die Mängel einfach verwaltet werden sollen. Wenn Sie uns nämlich das, was an schulautonomen finanziellen Verbesserungen möglich werden soll, an Mitbestimmung oder an Möglichkeiten für die Schule geschaffen werden soll, um hier Gelder hereinzubekommen, unter dem Aspekt näherzubringen versuchen, daß hier für die Schule etwas geschaffen werden kann, daß hier für die Schule ein Fortschritt erreicht werden kann, Frau Minister, dann müssen Sie daran erinnert werden, daß innerhalb dieser Schule nach wie vor der Direktor entscheidet, der Direktor bestimmt, ob und wie sozusagen etwas an Geld hereinkommt oder nicht beziehungsweise auch in weiten Bereichen, was mit dem Geld geschieht.

Wenn ich mir ansehe – und diesbezüglich hat meine Vorrednerin, die Kollegin Schaffenrath, schon einiges gesagt –, wie die Veränderung in diesem Gesetz, diese Novellierung also, zustande gekommen ist, dann habe ich ernsthaft Zweifel, ob die Qualität, mit der das gemacht wurde, in ihrer Genesis sozusagen nicht wieder auf die Qualität der Schulen negativ durchschlagen wird. Denn, Frau Ministerin, mir konnte nicht hinreichend klargemacht werden – auch wenn hier die Beteuerung nochmals wiederholt wurde, selbstverständlich seien die Schulpartner ausgenommen –, daß die Schulpartner tatsächlich in einem ausreichenden Ausmaß davor geschützt sind, daß sie nicht auch noch für die Finanzierung der Schulen herangezogen werden.

Ich nehme Ihr Versprechen und das des Kollegen Niederwieser zur Kenntnis. – Gut, soll sein. Möglicherweise wird es nicht dazu kommen, daß einzelne Direktoren sich sozusagen an der


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Schulautonomie und an den Möglichkeiten, irgendwie auch jemanden am Gängelband zu haben, wie beispielsweise den Elternverein, vergreifen. Ich hoffe es, ich wünsche es mir, daß das ein Schritt nach vorne ist und nicht ein Schritt in die weitere parteipolitische Gängelung.

Frau Ministerin! Nur muß eines auch gesagt werden – bei allen Versprechungen in diesem Zusammenhang: Es verschafft möglicherweise den Schulen etwas mehr finanziellen Spielraum, aber da wir wissen, daß beispielsweise die Sportvereine nur dadurch leben können, daß sie staatlich finanziert werden, wird das, was den Schulen auf der einen Seite an Spielraum geschaffen wird, wahrscheinlich in gleichem Ausmaß durch stärkere Finanzierung der Sportvereine wieder kompensiert werden müssen.

Dies gilt auch für den Bereich der Erwachsenenbildung. Denn auch für die Betreuung der Erwachsenenbildung sind unter anderem auch Sie federführend. Ich kann, was das Ressort betrifft, was das Bundesbudget betrifft, das, was man sich an Einsparungen dadurch erhofft, jetzt nicht in diesem Umfang erkennen. Aber sei’s drum, vielleicht ist es ein Schritt, der uns vorwärts bringt in Richtung Autonomie.

Nur beim zweiten wesentlichen Gesetz, das ich behandeln möchte, beim Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, habe ich wesentlich mehr Probleme, auch wenn es solche Aspekte von Autonomie beinhaltet. Irritiert hat mich jetzt das, was gesagt wurde in bezug auf das Ausverhandeln mit der Gewerkschaft, was der Kollege Niederwieser angesprochen hat. Er hat gesagt, weiter konnten wir bei der Direktorenbestellung nicht gehen, weil die Gewerkschaft nur bis zu diesem Punkt gegangen ist. Ich bin deswegen irritiert, weil sich für mich einmal mehr gezeigt hat, daß die Gewerkschaft Öffentlicher Dienst sich zwar offensichtlich vehement einsetzt, wenn es um die Rechte oder die mögliche Verletzung von Rechten, von erworbenen Rechten von Direktoren geht, daß sie aber keinen Mucks darüber gesagt hat, daß im Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz die sozialen Verhältnisse bei der Pragmatisierung weggefallen sind. Das interessiert offensichtlich die Gewerkschaft nicht in einem so besonderen Ausmaß wie die Tatsache, daß die Direktoren in Zukunft einmal auf Zeit bestellt werden dürfen.

Und das halte ich schon für ein Problem, daß man nicht nur die sozialen Verhältnisse wegfallen hat lassen bei der Pragmatisierung, sondern daß man insgesamt – und damit bin ich beim entscheidenden Überblick, wieder bei dem, was man als Schulklima bezeichnen könnte – bei den Lehrern keine Klarheit schaffen will und schaffen kann, in welche Richtung es geht. Geht es in die Richtung Ende der Pragmatisierung, Aufhebung der Pragmatisierung – oder geht es in Richtung Verfestigung der Pragmatisierung beziehungsweise für Direktoren befristete Verhältnisse auf Zeit und dann unbefristete Verhältnisse? Da ist keine Klarheit, da ist keine Perspektive dahinter.

Es gibt nach wie vor die Ungleichheit zwischen den Landeslehrern und den Bundeslehrern. Es gibt auf der anderen Seite ein Bundesarbeitnehmergesetz, das in Vorbereitung ist, das sozusagen diese Verhältnisse zwar als bestehende unbeeinflußt lassen würde, aber im Prinzip insgesamt eine Revolutionierung der Beschäftigungsverhältnisse zum Bund bedeuten würde. Das interessiert natürlich die Leute an den Schulen, das wollen sie wissen. Sie wollen wissen, wie es weitergeht, und sie haben das Recht, das zu erfahren.

Natürlich ist es nicht möglich, alles in einem großen Wurf zu bringen, um hier zu sagen: Jetzt zeigen wir euch die Etappen auf, im Jahr 1997 kommt das, 1999 das, und im Jahr 2001 kommt dann dieser Schritt. Aber ungefähr sollte man wissen, in welche Richtung der Dampfer abfährt. Man hat leider bei all diesen Punkten das Gefühl, daß es nicht klar ist. Wenn Sie ganz groß von der Autonomie sprechen und sagen, wir wollen den Schritt in Richtung finanzieller, pädagogischer Autonomie gehen, auf der anderen Seite bei den Privatschulen, bei deren Recht auf Gleichstellung – das ja auch Sie, Frau Ministerin, zugesagt haben – aber wieder so zurückziehen, daß sozusagen nicht einmal ein Minimum übrigbleibt, dann ist nicht erkennbar, wo hier die Perspektive einer Gleichstellung, einer Autonomie oder Autonomisierung der Schulen, ihrer gleichen Behandlung untereinander liegen soll und erkennbar werden soll. Es wäre notwendig, in groben Konturen den Leuten, die an der Schule unterrichten, auch den Schülern, auch den Eltern, den Staatsbürgern insgesamt klarzumachen, in welche Richtung es gehen soll.


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Meine Damen und Herren und Frau Ministerin! Diese groben Konturen sind nicht in dem Umfang erkennbar, daß Sie tatsächlich zu einer Verbesserung des Klimas an den Schulen beitragen könnten. Ich verweise darauf, daß es genügend Untersuchungen gibt, daß das ein äußerst sensibler Bereich ist, nicht nur die Schule an und für sich, sondern auch der Zeitpunkt, zu dem diese Reformen stattfinden. Wenn diese Reformen an den Schulen unter diesem Zwang von Minister Klima stattfinden und das Klima an den Schulen so massiv beeinflussen, dann müssen Sie damit rechnen, daß Sie innere Widerstände vor allem bei den Lehrern hervorrufen, daß sie sich dem verweigern, was durchaus ein legitimes und meinetwegen von uns allen gemeinsam angestrebtes Ziel sein kann.

Frau Minister! Die Art, wie Vorlagen uns, der Opposition, präsentiert werden – meine Kollegin Schaffenrath hat es schon angesprochen –, hat wirklich nicht das Niveau, das diese Vorlagen eigentlich verdienen würden. (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum.) Es ist wichtig und notwendig, daß auch eine Opposition informiert wird, so wie es wichtig und notwendig ist, daß die Lehrerinnen und Lehrer an den Schulen informiert werden, daß die Bürger in diesem Land informiert werden, wohin es mit der Schulpolitik gehen soll.

Meine Damen und Herren und Frau Ministerin! In diesem Sinn werden wir Teile Ihrer Vorlagen unterstützen, aber unsere Unterstützung für Ihre Absichten insgesamt können Sie so lange nicht haben, solange sie nicht erkennbar sind. (Beifall bei den Grünen.)

21.19

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Neugebauer. – Herr Abgeordneter, Sie haben das Wort. Von nun an gilt eine Redezeitbeschränkung von 10 Minuten.

21.19

Abgeordneter Fritz Neugebauer (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Kolleginnen und Kollegen! Offensichtlich sind es drei Schwerpunkte aus den Materien, die heute zur Beschlußfassung vorgelegt werden, die besonderes Interesse erwecken. Der eine Punkt sind Personalentscheidungen: Ich denke, daß wir alle miteinander darin übereinstimmen können, daß Personalentscheidungen von der Priorität "Qualität" getragen sein müssen und daß gerade im Bildungsbereich parteipolitische Einflußnahmen bei Personalentscheidungen zurückgedrängt und ausgeschaltet werden müssen. (Beifall bei der ÖVP.) Und diese Vorlage ist ein wesentlicher Beitrag dazu. Wenn die Kollegin Dr. Preisinger meint, daß hier die Entscheidungen auf die Länder abgewälzt werden, dann darf ich in aller Bescheidenheit feststellen, daß es sich hier ganz einfach um diensthoheitsrechtliche Angelegenheiten der Landeslehrer und damit der Landesregierungen und Landesschulräte handelt. Das ist für mich vielmehr Ausdruck der Subsidiarität und einer Dezentralisierung, es haben sich eben in den einzelnen Bundesländern unterschiedliche Kriterien und Methoden der Transparenz und Objektivierung bei der Personalauslese herauskristallisiert. Ob da etwa vor 17 Jahren ein Punktesystem in Oberösterreich entwickelt worden ist oder erst kürzlich Frau Kollegin Dr. Preisinger in Wien in einem strukturierten Interview – Sie werden das von Ihrem Vizepräsidenten Rudolf sicher kennen – Vorstellungen entwickelt hat, dieses Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz bildet den Überbau über die verschiedenen Möglichkeiten, Personalentscheidungen zu objektivieren. – Das tut auch diese Novelle. Und sie gibt auch vor, daß auch die innerschulische Sozialpartnerschaft, also Eltern, Lehrer und Schüler, mit eingebunden werden soll.

Daß die Bundeslehrer mit einer eigenen Novelle des Beamten-Dienstrechtsgesetzes in wenigen Wochen hier nachziehen werden, ist selbstverständlich. Nur die Qualität dieser Bestimmung wird eine andere sein, weil dort die einzelnen Kriterien für das gesamte Bundesgebiet dezidiert aufgezählt werden müssen.

Zum zweiten Punkt: Daß Schulleiter zunächst für vier Jahre bestellt werden, bevor sie in eine definitive Funktion einrücken, hat seinen guten Grund und seinen Sinn. Wer sich mit dem § 56 des Schulunterrichtsgesetzes und den dort formulierten Anforderungen an die Qualitäten eines Schulleiters auseinandersetzt, muß zugestehen, daß es durchaus eine solche Vorlaufzeit geben kann. Vorredner haben moniert, daß man doch ein Rotationssystem in einem gewissen Zeitraum für diese Leitungsfunktionen zur Anwendung bringen soll.


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Ich halte dem nicht nur dienstrechtliche Fragen des gesamten öffentlichen Dienstes entgegen, ich zitiere einen verdienten Schulpolitiker der siebziger Jahre, den steirischen Abgeordneten Harwalik, der damals schon zu den Überlegungen einer solchen Rotation den Begriff von der "Fristzange" gewählt hat. Damit war Abhängigkeit gemeint, in immer wiederkehrenden Zeiträumen vielleicht Kniefälle vor den politischen Mandataren machen zu sollen, um wiedergewählt zu werden. Das ist eine große Gefahr. (Abg. Rosenstingl: Das wollen wir ja nicht!) Ich erachte, liebe Kolleginnen und Kollegen, bei aller Anerkennung der Wichtigkeit der Verwaltungstätigkeit, die pädagogische Führungsaufgabe eines Schulleiters und das pädagogische Profil auf Dauer als unbedingt notwendig. (Beifall bei der ÖVP.)

Zum dritten Punkt, meine Damen und Herren, zur Autonomie: Mit der Initiative der Kollegen Dr. Höchtl und Dr. Niederwieser wird in einem Segment der Autonomie, nämlich in der finanziellen Autonomie, ein weiterer Schritt, Drittmittel lukrieren zu können, beschritten. Wir haben Autonomie bereits erreicht, etwa im Sinne des § 6 des Schulorganisationsgesetzes, bei Fragen der Lehrplanbeweglichkeit. Wir haben sie im § 8a des Schulorganisationsgesetzes bei den Eröffnungs- und Teilungszahlen. Und wir werden nicht aufhören, diese Autonomie zu verdichten. Frau Bundesministerin! Ich rege an, daß wir möglichst bald in einer Arbeitsgruppe versuchen sollten, das Schulunterrichtsgesetz dahin gehend zu durchforsten, wie wir ganz einfach Hindernisse in der Kommunikation zwischen Pädagogen, Schülern und den Eltern beseitigen können. Ich denke, daß diese Politik – Schritt für Schritt – eine gute Tradition im Schul- und Bildungswesen in Österreich hat, weil das eine Tradition ist, die nicht von revolutionären, sondern von evolutionären Prozessen begleitet ist.

Frau Kollegin Schaffenrath hat uns am Ende ihres Beitrages mit einer Information von hohem Neuigkeitswert bedacht, nämlich daß die Frau Ministerin für ihr Ressort verantwortlich ist. Ich sage: Gott sei Dank! (Beifall bei der ÖVP.)

21.25

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort hat sich Frau Bundesministerin Gehrer gemeldet. – Bitte, Frau Minister.

21.25

Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten Elisabeth Gehrer: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Parlament! Meine politische Tätigkeit wird von besonderem Anliegen im Bereich des Föderalismus geprägt. Ich halte es für besonders wichtig, daß Entscheidungen dort fallen, wo die Zuständigkeit liegt. Ich meine auch, das, was die kleine Einheit selbst machen kann, darf ihr nicht von einer Oberbehörde abgenommen werden.

Meine Damen und Herren! Genau so ist es mit diesem Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz. Dieses Gesetz ist ein Überbau, ist ein gemeinsames Ziel, ein gemeinsames Haus. Es sollen jedoch in den Ländern selber die näheren Bestimmungen festgelegt werden. Es soll in den Ländern selber das Auswahlverfahren durchgeführt werden. Ich glaube, es ist gut so, daß wir nicht jede Kleinigkeit, jedes kleine Detail in einem zentralen Gesetz festlegen. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich verstehe das Bestreben von manchen Abgeordneten in diesem Haus nicht, daß man jede Kleinigkeit festlegen muß. Ich meine, man sollte doch ein bißchen Zutrauen zu den Ländern haben, zur kleinen Einheit, zur einzelnen Schule, auch selber etwas zu entscheiden. Das gilt genauso auch für die Autonomie. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich meine, daß gerade unsere Arbeit im Bereich der Autonomie aufzeigt, daß wir verantwortlich und mit Planung vorgehen. Wir haben 24 Modellschulen für die Autonomie angeworben. Sie werden von einem Managementbüro begleitet. Die ersten Ergebnisse liegen bereits auf dem Tisch.

Meine Damen und Herren! Dieser Initiativantrag, von dem einige meinen, es sei ein Husch-Pfusch-Antrag – ich weiß nicht, wenn etwas lange dauert, sagt man, die Leute tun nichts, die Politiker erbringen keine Arbeit, und wenn man etwas schnell macht, dann ist es Husch-Pfusch; es ist wirklich schwer, die Sache recht zu machen –, ist ein Ergebnis dieser Modellprojekte,


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denn es wurde dort ganz klar festgehalten, daß die Schulen die Möglichkeit haben sollen, Einnahmen zu haben und Ausgaben tätigen zu können. Ich erkläre hier ganz klar: Die Schulen erhalten ihr transparent zugeteiltes Schulbudget. Wenn sie darüber hinaus etwas einnehmen, durch Mieten, durch Sponsoring, dann können sie es auch für besondere Dinge wieder ausgeben, für besondere Anliegen, zum Beispiel für eine verstärkte Schulprofilbildung, für eine verstärkte Teilnahme an EU-Projekten. Das ist doch eine Möglichkeit, eine Chance, eine Herausforderung, und das sollten wir auch so sehen. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Lehrer und Lehrerinnen, die sich mit Schule beschäftigen, wissen ganz genau, auf welchem Weg wir sind. Sie kennen die Ziele. Wir reden mit ihnen über diese Ziele. Diese Ziele werden mit ihnen kommuniziert. Ich kann es Ihnen auch ganz genau sagen, was wir in den nächsten Jahren tun werden: Wir werden die Autonomie weiterführen. Es soll eine echte Teilrechtsfähigkeit geben, eine Reduzierung der Bürokratie. Wir werden die Gesetze durchforsten. Wir werden die bürokratischen Abläufe durchforsten. Die Landesschulbehörden erhalten eine völlig neue Aufgabe: Sie sind die Bildungsdrehscheiben der Länder. Die Schulaufsichtsorgane erhalten eine neue Aufgabe: Sie müssen helfen, die Schulen zu entwickeln, sie müssen Hilfestellungen leisten bei der Schulprofilbildung und sie müssen evaluieren. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir werden die innere Schulreform vorantreiben, die Lehrpläne in Kernbereiche und Erweiterungsbereiche einteilen. Die Schlüsselqualifikationen werden wichtiger denn je sein. Wir werden die Schulen durch eine gezielte Information verstärkt zur Teilnahme an EU-Programmen motivieren, mit der wir im September 1996 beginnen werden. Es wird 1996/97 einen Musikschwerpunkt geben.

Meine Damen und Herren! Diese beiden Gesetzesmaterien, die wir heute beschließen, sind ein erster Schritt, um das große Ziel zu erreichen: weg von einer Schulverwaltung hin zu einem echten Bildungsmanagement! (Beifall bei der ÖVP.)

21.30

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Dr. Grollitsch. – Bitte, Herr Abgeordneter, Sie haben das Wort.

21.30

Abgeordneter Mag. Udo Grollitsch (Freiheitliche): Hohes Präsidium! Verehrte Frau Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ihr Wort in Gottes Ohr! Ich glaube, daß nur der Herrgott helfen kann und nicht jene Gesetze und Regulative, denen die Schule derzeit unterliegt.

Das Sparpaket 1995 brachte starke Reduktionen bei den Neigungsgruppen und unverbindlichen Übungen in Österreichs Schulen. Das Lehrangebot wurde zweifellos dadurch ärmer. Die Begeisterung für die Schule seitens der Schüler und Lehrer hält sich noch mehr in Grenzen als zuvor.

Besonders hart traf dieses Bildungsbremspaket den österreichischen Schulsport, und das in Zeiten, in denen die Schulärzte und die Orthopäden wegen der bedrohlichen Zunahme der Haltungsschäden nach der täglichen Turnstunde rufen.

Ein weiterer bedauerlicher Verlust in der Folge der überfallsartig hereingebrochenen Sparwelle I betrifft die Schulsportwochen und die Schikurse. Eine scheinbare Bagatelle. – Der Herr Bürgermeister von Schladming entfernt sich, es werden aber die gastronomischen Betriebe in seiner Umgebung zu dieser Frage ein sehr gewichtiges Wort einbringen.

Ich möchte hier nur aus dem Schreiben eines von vielen Gastronomen die Schlußfolgerung zitieren, wo er sehr beklagt, daß die Schulsportwochen im letzten Jahr unter ein Drittel der Zahl von vorher gefallen ist. Es ist daher durchaus nachvollziehbar, daß der volkswirtschaftliche Schaden weitaus höher ist als die durch die kurzsichtigen Maßnahmen erzielten Einsparungen. – Das sagt ein Gastronom aus Kärnten als einer von vielen. (Abg. Dr. Khol: Herr Kollege, darf ich Ihnen etwas sagen als Vater von Kindern: Diese Schulwochen sind sehr teuer und bringen sehr wenig! Sie müssen die Kinder einkleiden und so weiter!)


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Die Schulwochen sind sehr teuer und bringen sehr wenig, meint Vater Khol zu dieser Frage. (Abg. Dr. Khol: Ich weiß das!) Das deckt sich mit den Erfahrungen der Pädagogen in keiner Weise, auch nicht mit den Erfahrungen der Schüler selbst. (Abg. Dr. Khol: Die fahren gerne hin!) Wenn man gerade den Bereich der pädagogischen Auswirkungen dieses außerschulischen Beieinanderseins der Kinder nachvollzieht und hier ein bissel Einblick in diesen Bereich gewinnt, dann kann man nicht nur den Aspekt des zahlenden Vaters – in diesem Fall eines, der es sich vermutlich auch leisten kann – sehen, sondern man muß hier schon die Kinder und Lehrer auch fragen.

Aber sei´s drum, das Sparpaket hat damit aufgeräumt. Es ist offenbar auch diesbezüglich in Ihrem Sinne erfolgt, lassen wir die Zukunft darüber urteilen. (Abg. Dr. Khol: Das ist ein aufgeklärter Standpunkt, den ich teilen kann!)

Heute folgt ein weiterer Anschlag insbesondere auf Österreichs sporttreibende Jugend. Ob Ihnen auch das recht ist, Herr Khol, werden wir wohl erfahren. Nicht ganz so überfallsartig wie das erste Sparpaket bringt die zweite Spar- und Belastungswelle in Form einer Geldbeschaffungsaktion, daß es unter dem Deckmantel der Schulautonomie den Schulleitern nun genehmigt wird – was ja bisher in Einzelfällen auch geschah –, Zuwendungen für die Vermietung von Bundesschulen zu verlangen.

Im Grunde sind diese Autonomiebestrebungen und die Vorbereitung einer wirtschaftlichen Denkungsweise in den Schulen begrüßenswert. Doch ob man hier den richtigen Zahler gefunden hat, wage ich zu bezweifeln. Außerdem ist zu bezweifeln, ob der zur Diskussion stehende Antrag in der Tat Autonomie bringt, ist er doch letztendlich von Einschränkungen gespickt.

Worum geht es? Ein gut Teil – ich schätze, es sind 90 Prozent – der Schulraumvermietung erfolgt über die Sportanlagen oder über die Schulturnsäle. Fast sämtliche von den Schulen nicht selbst beanspruchten Turnsaalzeiten werden von Sportvereinen, vom Mutter-Kind-Turnen bis zum Senioren-Turnen, vom Studentensport bis zu den freien Übungsgruppen, beansprucht.

Dies geschah, von kleinen Aufwendungen für Schulwarte abgesehen, bisher weitgehend kostenlos und wurde als stille Subvention zur Volksgesundheit aufgefaßt und konsumiert. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Nunmehr sollen die Sportler, ob Baby, Student, ob Senior oder sonst einer, zur Kasse gebeten werden.

Es gibt in der "Bösen-Zeitung", wie sie seit heute heißt (hebt eine Seite einer Nummer der "Kronen-Zeitung" in die Höhe) , von Sport-Ombudsmann Kuhn – durchaus kein Freiheitlicher – eine Headline: "Sparpaket auf Kosten des Sports". Wenn man sich den Inhalt anschaut: Kühn hat er bei seiner Recherche festgestellt, daß künftig aufgrund dieser jetzt zu beschließenden Gesetze Kostenvorschreibungen für Turnsäle von – man beachte! – 10 S bis 1 000 S pro Stunde für die Normturnhalle erfolgen sollen und diese Beiträge auch eingenommen werden. Ein Verhältnis 1 zu 100! (Abg. Dr. Schwimmer: Der Grollitsch hat die Uhr nicht gelernt! Er weiß nicht, wie spät es ist, weil er so lange redet!)

Der Kollege Höchtl hat uns jetzt angeboten, daß es zwei verschiedene Möglichkeiten dieser Bezahlung gibt, die geförderten und die nicht geförderten. (Demonstrativer Beifall bei der ÖVP.) Gefördert werden genau jene – und das ist das Markante –, die unter das Sportförderungsgesetz fallen. – Man beachte: Wer fällt unter das Sportförderungsgesetz? – Der, der dem Dachverband angehört. (Abg. Dr. Höchtl: Das ist ja nicht wahr!) Und wer gehört dem Dachverband an? – Der, der einen politisch organisierten Handstand-Überschlag macht. Und der, der das nicht tut, der Nichtorganisierte... (Abg. Dr. Höchtl: Kollege Grollitsch, das weißt du nicht! Das ist nicht der Dachverband! Das ist jeder Fachverband, und das ist jeder Verein!) Die Fachverbände, lieber Kollege Höchtl, sind nur dann, wenn sie den Dachverbänden angehören, dem allgemeinen Sportförderungsgesetz zuzuzählen. (Abg. Dr. Höchtl: Nein!)

Sei´s drum. Feststeht, daß in dem zu beschließenden Gesetz eindeutig festgehalten wird, daß jene, die unter das Sportförderungsgesetz fallen – sind wir uns soweit einig? –, die Förderung für eine begünstigte Benützung der Turnsäle bekommen.


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Warum ich das so präzisiere, hat damit zu tun, daß die weitaus größte Gruppe derer, die diese Turnsäle, vor allem in der Abendzeit, benutzen, die Studentensportler sind. Und die Studentensportler, Kollege Höchtl – ob Sie nun wollen oder nicht –, die haben Sie vergessen, auf die wurde im Zuge dieses Gesetzes verzichtet, die werden zur Kasse gebeten – ein weiteres Mal im Zusammenhang mit den Sparpaketen. (Abg. Dr. Höchtl: Es sind Verträge vorhanden!)

Ich habe im Ausschuß einen Abänderungsantrag angeboten und wiederhole ihn jetzt; leider kam es zu keiner Mehrparteieneinigung in diesem Zusammenhang.

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Udo Grollitsch und Kollegen zum Antrag 191/A der Abgeordneten Dr. Josef Höchtl, DDr. Erwin Niederwieser und Kollegen in der Fassung des Ausschußberichtes des Unterrichtsausschusses (142 der Beilagen)

Der Nationalrat wolle beschließen, daß der § 128a Abs. 1 im letzten Satz erweitert wird, daß neben den aufgezählten vorrangig zu behandelnden auch der Universitätssport im Sinne des UOG 1993 dazukommt.

Die Begründung: Der Universitätssport als eine besondere Form des Schulsportes wird an den Universitätsstandorten in erster Linie in den Sportanlagen der Bundesschulen betrieben. Wir sprechen von 1 200 Wochenstunden für 35 000 Studentensportler.

*****

Und die haben Sie im Zusammenhang mit diesem Gesetz vergessen. Ich bitte Sie, diesem Antrag zuzustimmen und hier eine Schadensbegrenzung vorzunehmen. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

21.39

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Herr Abgeordneter! Ich möchte Sie schon darauf aufmerksam machen, daß nach der Geschäftsordnung der volle Wortlaut des Gesetzestextes zu verlesen ist. Herr Abgeordneter Grollitsch, nach der Geschäftsordnung ist der volle Wortlaut des Gesetzestextes zu verlesen. Sie haben zwar den Kern des Abänderungsantrages hier mit Worten vorgetragen. Ihre Redezeit ist schon abgelaufen. Ich nehme jetzt den Antrag als ordnungsgemäß eingebracht an, bitte aber, in Zukunft darauf zu achten.

Der Antrag ist ausreichend unterstützt und wird in die Verhandlung mit einbezogen.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Antoni. – Bitte.

21.40

Abgeordneter Dr. Dieter Antoni (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Geschätzte Damen und Herren! Lassen Sie mich zuerst eine Vorbemerkung zu meinem Vorredner machen.

Kollege Grollitsch! Alles ist schlechter geworden. Das Sparpaket ruiniert unsere Schule, ruiniert unsere Kinder. Die sportliche Erziehung ist gefährdet. – Ich glaube nicht, daß es so ist. Mehr Geld, meine Damen und Herren, heißt nicht automatisch die bessere Schule.

Ich glaube, wir müssen auch zur Kenntnis nehmen, daß in den vergangenen zwei Jahrzehnten die Schülerzahl in unserem Staat um rund 300 000 zurückgegangen ist, die Lehrerzahl um etwa 50 000 angestiegen ist und das Unterrichtsbudget sich verdreifacht hat.

Wir haben nach wie vor das Gratisschulbuch, wir haben nach wie vor die Schülerfreifahrt.

Im Wissen all dieser Dinge zu sagen, uns fällt nichts mehr ein, wir wissen keine Antwort auf das Sparpaket, das ist, glaube ich, eine maßlose Übertreibung, beziehungsweise stimmt es einfach nicht.


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Zu dem Antrag, den der Kollege Grollitsch eingebracht hat, kann ich nur sagen, meine Damen und Herren: Die Universitätssportinstitute, um die es hier geht, haben heute schon Verträge mit den Schulen. Hier existieren Verträge, und ich bin überzeugt, daß diese Institute auch in Hinkunft in der Lage sein werden, mit den Schulen abermals Verträge auszuverhandeln und solche abzuschließen. Es ist damit sichergestellt, daß auch der Universitätssport nicht zu kurz kommen wird.

Aber lassen Sie mich, geschätzte Damen und Herren, zu dem vor uns liegenden, wie ich meine, doch sehr großen Unterrichtspaket auch jene zwei Bereiche herausgreifen, die schon mehrfach angesprochen wurden. Es geht um den § 26a, der regelt, daß in Zukunft die Ernennung von Schulleitern zunächst einmal auf vier Jahre befristet sein soll.

Ich glaube, daß hier zwei wesentliche Aspekte anzusprechen sind. Zum einen der Aspekt, daß der Schulgemeinschaftsausschuß oder das Schulforum eingebunden wird und damit mehr an Demokratie, mehr an Objektivität und natürlich auch mehr an Autonomie des jeweiligen Schulstandortes in diese Entscheidung mit einfließt.

Was aber meines Erachtens noch wichtiger ist, das ist die vierjährige Probezeit. In allen Bundesländern ist es in den vergangenen Jahren zu Entwicklungen gekommen, insbesondere was das Bemühen um Objektivierung anbelangt. (Zwischenruf bei der ÖVP.) Ich fasse mich sehr kurz, Herr Kollege! – Diese Objektivierungsverfahren waren sicherlich ein erster Fortschritt. Heute ist es so, daß wir schon zur Kenntnis nehmen müssen, daß jedes Hearing, jedes strukturierte Interview, jedes Abfragen von Qualifikationen stets nur eine Momentaufnahme der jeweiligen Situation des Bewerbers sein kann. Der Bewerber bereitet sich vor und entspricht in der Regel.

Aber, meine Damen und Herren, für einen gewissen Zeitraum – und hier geht es um vier Jahre – persönliches Engagement, Durchsetzungsvermögen, Konfliktlösungsqualität, Teamfähigkeit, Motivationsfähigkeit und vieles andere mehr, was eben gerade einen Schulleiter ausmacht, abzuchecken, das ist in einer Momentaufnahme nicht möglich. Da braucht man eine Phase der Erprobung, eine Phase der Beobachtung, begleitet von dem Besuch von Kursen, begleitet von vielen anderen Dingen mehr.

Ich glaube, das ist in der Tat ein ganz, ganz wichtiger und bedeutsamer Schritt in eine richtige Richtung. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Wir werden diesem Teil des Gesetzes zustimmen. (Abg. Schwarzenberger: Das überrascht uns! – Abg. Dr. Khol: Gott sei Dank stimmen Sie zu!) Ja.

Keine Zustimmung, meine Damen und Herren, können wir dem Entschließungsantrag der Kollegin Schaffenrath geben (Abg. Dr. Khol: Da haben Sie recht!) , wo sie Rahmenbedingungen zur Ermöglichung einer echten Schulreform fordert.

Frau Kollegin! Wir liegen zwar tendenziös absolut auf der gleichen Schiene. Auch wir wollen mehr Schulautonomie in den Schulen haben. Nur, wir glauben, daß ein anderer Weg zu gehen ist. Ihre Forderung, ein Kuratorium einzurichten, eine Schulregierung aufzubauen, den Schulleiter in der Schule wählen zu lassen, das ist für mich eine phantastische pädagogische Landschaft, die hier entstehen kann. Aber, meine Damen und Herren, wir sind doch noch nicht soweit, und wir würden viele Lehrer, Eltern und Schüler maßlos überfordern, wenn wir diesen Schritt auf einmal durchziehen müßten.

Für uns Sozialdemokraten muß bei jedem Schritt, der Schulentwicklung vorsieht, Ausgangspunkt – auch für Autonomie – die jeweils gegebene Situation der Schule sein. Alle Maßnahmen müssen von den in der Schule tätigen Personen ausgehen. Sie müssen von ihnen mitgetragen und mitentschieden werden. Und Autonomieentwicklung – und um das geht es ja im besonderen – muß begleitet sein von Fortbildung für die Lehrer, muß begleitet werden von Experten, muß begleitet werden von der Schulaufsicht. All das, was hier mühsam im pädagogischen Feld von Schule und von Unterricht geschieht, muß mit den Betroffenen diskutiert und abgesprochen sein.


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Wir glauben daher, daß es gut und richtig ist – so wie wir es jetzt machen –, daß wir Autonomie einfach zulassen, daß wir sie anregen, daß wir Lehrer dazu motivieren. Und das geschieht – wenn ich ein Beispiel nennen darf, im Lehrplan der Volksschule, das geschieht im Lehrplan der Hauptschule, im Lehrplan der AHS. Und ich glaube, es kommt in der Phase, in der sich die Schule derzeit befindet, ganz besonders auf das Können, auf das Wollen und auf die Kompetenz der Lehrer an.

Ich glaube, wir sind auf dem richtigen Weg, und wir werden das Ziel – mehr Schulautonomie – auf diesem Weg eher erreichen. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

21.47

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächste Rednerin ist die Frau Abgeordnete Motter. – Bitte, Frau Abgeordnete, Sie haben das Wort.

21.47

Abgeordnete Klara Motter (Liberales Forum): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Meine Damen und Herren! Ich bringe als erstes einen Abänderungsantrag der Liberalen und der Grünen ein. (Abg. Dr. Khol: Aha!) Ja. Das ist ganz etwas Neues, Herr Klubobmann Khol.

Wir halten nämlich die Einbeziehung des Schulforums beziehungsweise des Schulgemeinschaftsausschusses bei der Vorbereitung der Schulleiterbestellung wie auch die allfällige Feststellung der mangelnden Bewährung in der Leitungsfunktion für einen wichtigen Beitrag zur Verstärkung der Schulautonomie. Wir sind aber der Auffassung, daß dies bundeseinheitlich verpflichtend geregelt werden sollte und nicht, wie jetzt vorgesehen, der jeweiligen Landesgesetzgebung überlassen bleiben sollte.

Ebenso stellt der einmalige Bewährungszeitraum von vier Jahren eine Verbesserung des Status quo dar. Er ist jedoch aus unserer Sicht für eine kontinuierliche Bewährung zu kurz gewählt. In unserem Abänderungsantrag wird daher von der Praxis einer unbefristeten Leiterbestellung abgegangen, um dem Schulforum beziehungsweise dem Schulgemeinschaftsausschuß die Möglichkeit einzuräumen, jeweils vor Ablauf einer vierjährigen Funktionsperiode über die Bewährung und damit über die Funktionsverlängerung des Schulleiters zu befinden.

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Maria Schaffenrath, Klara Motter und Karl Öllinger zur Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1984 geändert wird (13 der Beilagen)

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Z 10 wird ersetzt:

Nach 26 wird folgender § 26a eingefügt:

Ernennung von Schulleitern

§ 26a. (1) Zusätzlich zu den Erfordernissen gemäß § 26 sind die Bewerbungen der die Erfordernisse erfüllenden Bewerber vor der Reihung gemäß § 26 Abs. 7 dem Schulforum und/oder dem Schulgemeinschaftsausschuß der Schule, für die die Bewerbungen abgegeben wurden, zu übermitteln. Das Schulforum beziehungsweise der Schulgemeinschaftsausschuß hat das Recht, binnen drei Wochen ab Erhalt der Bewerbungen eine begründete schriftliche Stellungnahme abzugeben.

(2) Ernennungen zu Schulleitern sind für eine Funktionsperiode von vier Jahren wirksam. In diesen Zeitraum sind bis zu einem Höchstausmaß von zwei Jahren Zeiten der Betrauung mit der Funktion eines Schulleiters einzurechnen. Bei entsprechender Bewährung verlängert sich die Funktionsperiode um jeweils weitere vier Jahre.


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(3) Voraussetzung für die Verlängerung der Funktionsperiode nach Abs. 2 ist die Bewährung als Schulleiter und – während der ersten Funktionsperiode – die erfolgreiche Teilnahme am Schulmanagementkurs – Berufsbegleitender Weiterbildungslehrgang. Wird dem Inhaber der leitenden Funktion nicht spätestens drei Monate vor Ablauf der Funktionsperiode gemäß Abs. 2 mitgeteilt, daß er sich auf seinem Arbeitsplatz nicht bewährt hat, verlängert sich die Funktionsperiode aus dem Grunde der Bewährung kraft Gesetzes. Ein Ausspruch der Nichtbewährung ist nur aufgrund von Gutachten sowohl zumindest der Schulbehörde erster Instanz als auch des Schulforums oder des Schulgemeinschaftsausschusses zulässig.

(4) Endet die Leitungsfunktion gemäß Abs. 1 und verbleibt deren Inhaber im Dienststand, so ist er kraft Gesetzes auf jene Planstelle übergeleitet, die er zuletzt vor der Ernennung unbefristet innehatte. In diesem Fall richtet sich seine Lehrverpflichtung nach seiner tatsächlichen Verwendung.

(5) Hatte der Inhaber der leitenden Funktion im betreffenden Dienstverhältnis zuvor keine andere Planstelle inne, so ist er mit dem Ende der Funktion kraft Gesetzes auf eine Planstelle eines Lehrers ohne Leitungsfunktion in jener Verwendungsgruppe übergeleitet, der er als Inhaber der Leitungsfunktion angehört hat.

(6) Ferner endet die Innehabung der leitenden Funktion im Falle eines diesbezüglichen Disziplinarerkenntnisses, bei Privatschulen auch im Falle der Abberufung durch den Privatschulerhalter."

*****

Meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir noch ganz kurz einige Worte zu einem Verhalten im letzten Unterrichtsausschuß, das ich nicht nachvollziehen kann. Ich war nicht anwesend, aber als Vorarlbergerin habe ich mich sehr dafür interessiert, was dort geschah.

Für zwei Anträge, die sich mit einer Änderung des Schulzeitgesetzes befassen und die Semesterferien für 1997 in Vorarlberg neu regeln sollten, wurde ein Unterausschuß eingerichtet. Somit wurde eine berechtigte Forderung – zwar nur eines Bundeslandes – auf die lange Bank geschoben, und im schlechtesten Fall ist sie bereits "gestorben", denn wir kennen bereits die Taktik, die die Einsetzung von Unterausschüssen mit sich bringt. Selbst wenn die Regierungspartner sich noch auf eine Erledigung einigen, wird ein Beschluß kaum vor dem Herbst möglich sein, und die Lösung wird dadurch für den nächsten Winter wohl reichlich spät kommen.

Meine Damen und Herren! Im besonderen möchte ich jetzt die Vorarlberger Abgeordneten der ÖVP ansprechen. Ich sehe nur den Herrn Kollegen Kopf, aber es gilt genau so für den Herrn Kollegen Dr. Feurstein.

Die Vorarlberger Tourismuswirtschaft, der Familienverband, der Elternlandesverband, die Lehrervertretung und der Landesschulrat sind enttäuscht – Herr Kollege Kopf, bitte hören Sie mir jetzt zu; ich möchte Sie nämlich ganz persönlich ansprechen – und verstehen nicht, wie sie von seiten der Vorarlberger Abgeordneten der ÖVP im Stich und im Regen gelassen worden sind. (Abg. Kopf: Wo?) Ich habe es genau ausgeführt. Es geht um den Antrag, den Sie eingebracht haben. (Abg. Dr. Höchtl: Das ist ein völliger Käse, was Sie jetzt gebracht haben!) Das ist kein Käse! Das ist kein Käse, sondern das ist eine Tatsache! (Abg. Schwarzenberger: Wenn es kein Käse ist, dann ist es ein Topfen!) Sie aus der Landwirtschaft kennen ja nichts anderes als Topfen! Oder? (Beifall beim Liberalen Forum.)

Besonders bemerkenswert ist, daß eben diese Abgeordneten einen einstimmigen Regierungsbeschluß der Vorarlberger Landesregierung – ihres Bundeslandes, das sie ja vertreten – völlig ignoriert haben. Sie haben zwar einen Antrag eingebracht, versprachen mit großem Tamtam in den Vorarlberger Medien eine sofortige zufriedenstellende Lösung, waren allerdings – und das müssen Sie zugeben – nicht in der Lage, ihre Kolleginnen und Kollegen von der ÖVP bundesweit zu überzeugen. (Rufe bei der ÖVP: Wo?) Ja hätten Sie aufgepaßt, dann wüßten Sie, daß es um die Ferienordnung in Vorarlberg geht! (Beifall beim Liberalen Forum.) Sie wissen


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ja nicht einmal, was Sie abstimmen oder wo Sie zustimmen! (Abg. Schwarzenberger: Sie waren ja gar nicht im Ausschuß!) Das habe ich ja gesagt, aber ich habe es verfolgt.

Auf Ihre Rechtfertigung, Herr Kollege Kopf und Herr Kollege Feurstein, bin ich neugierig. Denn jetzt die Schuld... (Abg. Dr. Khol: Der Antrag ist zugewiesen! Er ist in einem Unterausschuß, und er wird rechtzeitig beschlossen werden!) Das glauben Sie, aber ich nicht (Abg. Dr. Khol: Das ist Ihr Problem!) und die Vorarlberger auch nicht! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Ich glaube, jetzt der SPÖ die Schuld zuzuschieben, wie es getan wird und wie es nachlesbar ist, das ist wohl die einfachste Methode! Das nimmt Ihnen aber in Vorarlberg niemand ab! (Beifall beim Liberalen Forum.) Sie haben gesagt, es wird so schnell wie möglich geregelt. Aber es kann gar nicht geregelt werden! (Abg. Dr. Khol: Aber da kann ich nur sagen: Warten Sie ein bißchen!)

Meine Damen und Herren! Es ist bezeichnend, denn die Misere hat sich bereits im Vorjahr, als die Ferienordnung beschlossen wurde, abgezeichnet. Sie wissen ganz genau, daß damals unsere Kollegin Schaffenrath einen Antrag eingebracht und die Situation vorausgesehen hat. Denn hier wurde bereits alles wieder an den Bund zurückgeholt, was den Ländern die Möglichkeit gegeben hätte, sich in der Ferienordnung für ihre Anliegen zu entscheiden.

Es tut mir leid, meine Zeit ist leider um. (Abg. Dr. Khol: Ihre Zeit ist schon um, Frau Motter?) Aber ich glaube, Frau Ministerin, hier wäre der Föderalismus angesagt, den Sie vorher propagiert haben! Sie wissen als Landesschulrätin ganz genau, wie die Situation in Vorarlberg ist, welche Ferienordnung besonders im Februar 1997 auf uns zukommt. (Abg. Mag. Steindl: Der Beschluß der Landeshauptleute kann das nicht umschmeißen! Das geht nicht!) Aber dann dürfen die Abgeordneten in Vorarlberg nicht solche Hoffnungen erwecken! Um das geht es mir heute! (Beifall beim Liberalen Forum.) Und da sollen Sie schauen, wie Sie das regeln können!

Auf Vorarlberg kommt eine Situation zu, die nicht erträglich ist. Auch die Familien sind nicht einverstanden mit dieser Ferienordnung, die in eine Zeit fällt, in der Hochsaison ist in der Tourismuswirtschaft, in der die Eltern umso mehr zahlen müssen, wenn sie Schiurlaub machen wollen. Und das wurde ihnen versprochen. Es wurden Hoffnungen geweckt, und die sind zu Grabe getragen worden mit dem Beschluß, für eine solche Lappalie einen Unterausschuß einzusetzen! (Beifall beim Liberalen Forum.)

21.57

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Der Herr Abgeordnete Kopf hat sich zu einer tatsächlichen Berichtigung zu Wort gemeldet. – Herr Abgeordneter, bitte beginnen Sie mit dem Sachverhalt, den Sie berichtigen wollen.

21.57

Abgeordneter Karlheinz Kopf (ÖVP): Herr Präsident! Hohes Haus! Die Kollegin Motter hat soeben behauptet, daß der von mir und dem Kollegen Feurstein eingebrachte Antrag zur Verlegung der nächstjährigen Semesterferien von meiner Partei nicht unterstützt würde.

Ich berichtige tatsächlich, daß das falsch ist. Dieser Antrag wird selbstverständlich von der ÖVP geschlossen mitgetragen. Frau Kollegin! Du verwechselst hier offensichtlich zwei Farben und zwei Parteien miteinander. Wir sind nicht die SPÖ (Abg. Schaffenrath: Eben!) , wir sind die ÖVP. Wir sind nicht die Roten, sondern die Schwarzen da herinnen. (Abg. Schaffenrath: Das haben wir erwartet!)

Und nehmen Sie bitte zur Kenntnis: Gescheitert ist die Beschlußfassung nur daran, daß sich leider unser Koalitionspartner bisher nicht zu einer Zustimmung entschließen konnte. Wir hoffen weiterhin, daß die SPÖ diesem Antrag noch zustimmen und ihn einer positiven Erledigung zuführen wird. An uns liegt es nicht! (Beifall bei der ÖVP.)

21.58

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Herr Abgeordneter! Bitte, der Schlußteil war keine tatsächliche Berichtigung mehr! Das war keine tatsächliche Berichtigung mehr!


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Der Abänderungsantrag, den die Frau Abgeordnete Motter verlesen hat und der ausreichend unterstützt ist, wird in die Verhandlung mit einbezogen.

Als nächste ist zu Wort gemeldet die Frau Abgeordnete Dr. Brinek. – Bitte, Sie haben das Wort.

21.58

Abgeordnete Dr. Gertrude Brinek (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Es sei mir nur ein Satz zur Frau Motter gestattet. Wenn eine Kollegin tatsächlich nicht dem Ausschuß und der dort herrschenden Diskussion beiwohnt, in so einer sensiblen Debatte von außen den Fortgang der Diskussion beurteilt und den dort eingesetzten Unterausschuß als ehrliches und strategisch keinesfalls unwirksames Instrument nicht ernst nimmt, dann beleidigt das alle parlamentarisch denkenden und handelnden Personen! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Khol: So ist es!) Also zuerst nicht kommen und dann die Diskussion nicht ernst nehmen, das geht überhaupt nicht! (Anhaltender Beifall bei der ÖVP.)

Lassen Sie mich zur heutigen Debatte noch etwas in Erinnerung rufen, damit sich das Mißverständnis in bezug auf mehr oder weniger Autonomie vielleicht aufklärt.

Was war denn der Anfang? – Die Angst vor Marktversagen, die Vorstellung von sozialer Gerechtigkeit und der Chancengleichheit für alle Menschen waren die Eckpfeiler der Konstruktion unseres Schul- und Hochschulwesens. Fragen der Bildungsökonomie bis hin zu makroökonomischen Zusammenhängen wurden und werden teilweise noch immer nicht genügend berücksichtigt und die Dimension der effizienten Ressourcenallokation unter Berücksichtigung bestimmter bildungs- und sozialpolitischer Ziele weitgehend ausgeklammert.

Ich erinnere daran, daß in Zeiten der Prosperität auf der Folie des weltweiten Trends zum verstärkten Einsatz von Bildungsmitteln – ich erinnere nur an Georg Pichs Warnung vor 30 Jahren – das Schulwesen immer nur linear, und zwar sowohl was die Mittel als auch was die Strukturen anlangt, ausgeweitet wurde.

Wir befinden uns heute in einer Zeit des Gleichhaltens der Mittel beziehungsweise des Abflachens der Ausgabenkurve. Die Regierung und die Volksvertretung sind vor entscheidende Aufgaben gestellt, das heißt, eigentlich vor einen Kurswechsel. Ordnungspolitische Maßnahmen sind daher mit besonderer Sorgfalt und keineswegs überhastet und keineswegs ferndiagnostisch kommentiert zu stellen.

Mit den heutigen Vorlagen lassen wir diese Sorgfalt walten und interpretieren damit praktisch und theoretisch Autonomie weiter. Ministerin Gehrer hat mit ihrem Programm ein Programm der Sorgfalt, des Augenmaßes und des Mutes vorgestellt; es folgen ihr in diesem Haus sehr, sehr viele, und zwar über die Koalitionsparteien hinaus.

Wir müssen aber davon ausgehen, daß wir in einer Zeit leben, in der wir keine definitiven Aussagen über die Zukunft machen sollen und daß keiner mehr zu sagen wagt: "more of the same", auch strukturpolitisch nicht. Wir können allenfalls Szenarien und ein wenig von dem entwickeln, was uns zugängig ist an Daten und Fakten.

Da muß ich auch wieder meine Vorredner korrigieren. Diese Studie aus 1978 – so, denke ich, hat die Kollegin gesagt – zu Bildungsökonomie und Bildungsfinanzierung ist bei Gott nicht die letzte; sie ist aber sowohl der Ministerin als auch im Ministerium bekannt. – Also da irrte die Vorrednerin, da ist diese nicht gut informiert. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich muß auch zur Rednerin des Liberalen Forums zu diesen Tagesordnungspunkten sagen: Man kann nicht mehr Autonomie predigen und eigenmächtiges Handeln dabei befürchten. Autonomie gefordert und gewünscht kann nicht Regulierung verlangt heißen. Man muß sich auch auf diesem Wege entscheiden, was man möchte. Wir haben diese Diskussion im Ausschuß geführt, und ich denke, wir sollten sie wirklich sorgfältig und differenziert weiterführen.

Es ist hier auch ein Mißverständnis in bezug auf die FPÖ aufzuklären. Man kann natürlich in einem System, in dem man zum Beispiel Professoren auf Zeit hat, auch mit gutem Grund das


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pragmatische, das heißt das definitive Dienstverhältnis legitimieren. Man kann daher auch hier nicht von einem notwendigen radikalen Entweder-Oder sprechen.

Herr Öllinger! Ich freue mich, daß Sie aufgeklärt wurden, sowohl darüber, was uns schulpolitisch seitens der Ministerin beziehungsweise des Ministeriums als auch seitens des Hohen Hauses ins Haus stehen wird. – Sie brauchen sich nicht zu fürchten!

Diesen absurden Einwand des Abgeordneten Grollitsch möchte ich zurückweisen: Er meinte nämlich, der Schulsport wäre mit dieser Regelung am Ende angelangt. – Absurditäten bringen die vermeintliche Wahrheit nicht eher zu einem Ergebnis.

Ich darf abschließend sagen: Ich begrüße diese heutigen Novellen. Die ÖVP, die SPÖ, viele weitere Abgeordnete, ebenso die Ministerin haben keine Angst vor dem Markt als Ordnungsprinzip im Bildungswesen. Sie haben auch keine Angst vor Management, vor Effizienzkriterien. Ich glaube, daß diesem Mutkonzept, diesem Entschlossenheitskonzept, diesem offensiven Konzept hier nicht nur viele Abgeordnete folgen werden, sondern viele Tausende Lehrer und noch mehr Tausende Eltern und Schüler. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

22.04

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Schöggl. – Bitte.

22.04

Abgeordneter Dipl.-Ing. Leopold Schöggl (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte Sie von dieser schultheoretischen Diskussion jetzt wieder ein bißchen in die Niederungen des alltäglichen Schulproporzes führen.

In meinen Augen gehören Schulleiter überhaupt zu den wichtigsten Personen in unserer Gesellschaft. Sie tragen erstens pädagogische Verantwortung, Sie sollten Managementqualitäten haben, und – was meiner Ansicht nach besonders wichtig ist – sie müssen die Kinder und die Jugend ins Herz geschlossen haben und diese lieben. Das heißt, wir brauchen Schulleiter aus Berufung – und nicht Schulleiter mit einer Parteibuchkarriere. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren von SPÖ und ÖVP! Eben diese Parteibuchkarriere haben Sie verfassungsmäßig verankert. Ich zitiere aus der Schrift "Strukturreform im österreichischen Schulwesen", vorgelegt von den Amtsführenden Präsidenten der einzelnen Landesschulräte, in dem es heißt:

Österreich hat den Parteienproporz im Vollzugsbereich des Schulwesens verfassungsrechtlich verankert: Artikel 81a Bundes-Verfassungsgesetz. Und dieses Desaster tritt um so verläßlicher ein, je stärker der parteipolitische Einfluß auf den operativen Teil der Betriebe ist. Auch diese Erkenntnis teilen die verstaatlichten Betriebe mit dem Schulbetrieb, und so geht es weiter.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Intention des zu diskutierenden Landeslehrer-Dienstrechtsgesetzes soll in Richtung Objektivierung gehen. Aber als gelernter Österreicher liest man eben auch zwischen den Zeilen. Und da es nun möglich gemacht wird, daß durch Festlegung besonderer Qualifikationen bereits vor der Ausschreibung einer Schulleiterposition bestimmte Qualitätsmerkmale festgelegt werden, kann natürlich diese Ausschreibung auf bestimmte Personen zugeschnitten werden. So kann man es natürlich wieder schaffen, daß man genau den gewünschten Proporzkandidaten in die gewünschte Leiterstelle hievt.

Wir Freiheitliche fordern eine tatsächliche Objektivierung der Vergabe von Schulleiterposten. Die moderne Personalwirtschaft bietet ja eine Reihe von Modellen zur Objektivierung dieser Postenvergabe an.

Sehr geehrte Frau Minister Gehrer! Im Zuge Ihrer Reformprojekte möchte ich Sie auf ein in der Praxis vorkommendes Kuriosum hinweisen. Es hat ursprünglich in Volksschulen und Hauptschulen Knaben- und Mädchenschulen mit jeweils getrennten Direktoren gegeben. Inzwischen –


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die Zeit ist fortgeschritten, man ist moderner geworden – werden Knaben und Mädchen gemeinsam erzogen. Was aber übriggeblieben ist, daß es noch immer zwei Schulen mit zwei Direktoren, die proporzmäßig besetzt sind, und was besonders kurios ist – das ist in meiner eigenen Heimatgemeinde der Fall –: Es sind diese beiden Schulen sogar in einem Haus untergebracht.

Ich denke, daß da wirklich genug Einsparungspotential da wäre – ich kenne das von der Steiermark –, und glaube, daß auch Einsparungen in anderen Bundesländern möglich wären, sodaß eben Maßnahmen zur Zusammenlegung solcher Schulen gesetzt werden sollten.

Wenn das jedoch geschieht – wie zum Beispiel in einer meiner Nachbargemeinden –, führt das sozusagen zu einem Proporzdesaster: Da sind zwei Schuldirektoren gewesen, proporzmäßig besetzt: ein Roter, ein Schwarzer, und jetzt versucht man mit wirklich wilden Methoden – man bezeichnet das heute als "mobbing" –, einen aus dem Rennen zu werfen. Ich glaube, Kollege Seidinger kennt diese Schule persönlich, die ich jetzt meine. Der eine Schuldirektor ist übrigens ein Maturakollege von mir. Ich kenne ihn persönlich sehr gut. (Abg. Seidinger: Bist du sein Anwalt?) Ich bin nicht sein Anwalt. Er ist ÖVP-Mitglied, nicht bei uns.

Abschließend dazu: Man sollte da wirklich in Richtung Objektivierung gehen.

Ein Beispiel noch: In Bruck an der Mur ist eine Schulleiterposition zu besetzen. Und da ist es interessant – das ist eine deklariert "rote" Schule –, daß beim Hearing der Erstgereihte ÖAAB-Mitglied ist; der Zweitgereihte, der Drittgereihte und der Viertgereihte sind SLÖ-Mitglieder. Dieses Hearing hat stattgefunden, und ich bin neugierig, wieweit es tatsächlich eine Objektivierung geben wird – oder ob nicht die Behörde und die weiteren Schulgremien das Ergebnis dieses Hearings wieder in Richtung ... (Abg. Parnigoni: Wir glauben, daß das Richtige herauskommt! Der Beste wird es werden! Der Erstgereihte!) Wir hoffen, daß der beste Mann auf den besten Platz kommt. Da sind Sie genau auf der Linie von uns Freiheitlichen. Und das werden wir weiterzuverfolgen versuchen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Bereits in der Lehrerausbildung beginnt das; ich kenne das: An der PÄDAK wird diesbezüglich bereits katalogisiert. Da wird man gefragt: Wohin willst du als Lehrer? Wenn du in den Bereich Leoben willst, gehst du zum LSÖ, willst du hingegen in eine ländliche Gemeinde, muß du zum "Lehrerbund" gehen. (Abg. Parnigoni: Wichtig ist, er geht nicht zur FPÖ!)

Sehr geehrte Frau Minister! Ich meine, daß es wirklich an der Zeit ist, in Richtung echte Objektivierung zu gehen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Abschließend – es wäre wirklich spannend, weiter von diesen Geschichten zu erzählen – darf ich mir erlauben, einen Hilferuf aus der Stadt Bruck hier zu deponieren. Kollegin Huber war schon dort. – In Bruck an der Mur gibt es eine von der Schließung bedrohte Modeschule, die derzeit von den Kreuzschwestern betrieben wird. Dort werden 70 Mädchen unterrichtet, die auf das Berufsleben und auf ihre Selbständigkeit vorbereitet werden. Es ist das in dieser Gegend die weit und breit einzige Chance, eine derart gediegene Ausbildung zu erhalten.

Und diese Schule mit dieser hochqualifizierten Ausbildung soll geschlossen werden – und das, obwohl Sie ständig das Wort "Qualifikationsoffensive" im Munde führen.

Ich bitte Sie im Namen dieser Mädchen und ihrer Eltern zu prüfen, welche Möglichkeiten es gibt, den Fortbestand dieser Schule und damit die Existenz und die Weiterbildung dieser Mädchen zu sichern. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

22.11

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Abgeordneter Mag. Posch. – Bitte.

22.11

Abgeordneter Mag. Walter Posch (SPÖ): Herr Präsident! Frau Minister! Hohes Haus! Ich möchte mich nicht mit den Ausführungen meiner Vorredner langweilen und auf die Details der


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autokratischen Herrschaft der FPÖ und deren Auswirkungen auf das Schulregime in Kärnten in der Zeit ihrer Herrschaft eingehen (Beifall bei der SPÖ.) Wie gesagt: Es ist das schon ziemlich langweilig und abgedroschen. Es ließe sich ziemlich nachvollziehen, wie das vor sich gegangen ist, aber das ist hier, glaube ich, nicht notwendig. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Sehr oft, Herr Abgeordneter, aber darauf will ich nicht eingehen.

Frau Minister! Positiv ist die Änderung des Landeslehrer-Dienstrechtsgesetzes, weil eine Reihe von Regelungen in Anlehnung an die Bundeslehrer betreffend Ernennung, Definitivstellung und so weiter getroffen wurde. Ich möchte es ganz kurz machen. Positiv finde ich, daß neben der persönlichen und fachlichen Eignung sowie der Wartezeit nunmehr die Landesgesetzgebung dazu aufgerufen ist, nähere Ausführungsbestimmungen zu erlassen und zusätzliche Auswahlkriterien festzulegen, weil damit mehr Dezentralisierung und Regionalisierung erreicht wird. Positiv finde ich auch die Verlängerung des Zeitraumes für die Umwandlung des definitiven Dienstverhältnisses von vier Jahren auf sechs Jahre – nicht nur, weil es die Planstellen entlastet, sondern weil auch eine längere Erprobungsphase damit erreicht wird. Positiv ist auch die zweimalige negative Leistungsfeststellung, die in der Praxis ohnedies sehr selten vorgekommen ist, aber doch mehr Handhabe für Maßnahmen gibt, wenn ein Lehrer nicht entspricht.

Was den § 26 anlangt, die drei Bewerber eines Besetzungsvorschlages, so wurden bisher die Leistungsfeststellung, der Vorrückungsstichtag, die Verwendungszeit und die sozialen Verhältnisse berücksichtigt. Hier möchte ich ein wenig kritisch bemerken, daß die Berücksichtigung der sozialen Verhältnisse gestrichen wurde. Ich denke, daß das durchaus ein Kriterium ist, das man da in Betracht ziehen kann, wenngleich ich begrüße, daß die zusätzlichen fachspezifischen Kenntnisse, die jetzt gefordert sind, sowie die näheren Auswahlkriterien in der Landesgesetzgebung die ganze Geschichte wesentlich objektivieren werden.

Was die Ernennung der Schulleiter betrifft, denke ich, daß die jetzige Regelung ein Fortschritt ist; mir persönlich nicht weitgehend genug, aber doch ein Fortschritt. Zum einen finde ich es gut, daß die Landesgesetzgebung beschließen kann, daß das Schulforum und der Schulgemeinschaftsausschuß binnen drei Wochen eine begründete schriftliche Stellungnahme abgeben können und somit de facto ein Einspruchsrecht erhalten. Das erscheint sinnvoll, weil die Schule vor Ort und die schulunmittelbaren Gremien vor Ort am besten die Person des Lehrers einschätzen können.

Zum zweiten stimme ich zu, daß die Schulleiter in Zukunft zunächst einmal auf vier Jahre beschränkt gewählt beziehungsweise bestellt werden, daß sich der Schulleiter in diesem Zeitraum zunächst einmal bewähren muß und daß erst danach eine Wiederbestellung unbegrenzt möglich ist.

Der Schulleiter muß außerdem einen Schulmanagementkurs absolvieren, dessen Inhalte eben Schulrecht, Schulverwaltung, Schulorganisation, Leitung und Mitarbeiterführung, Kommunikation und Kooperation, Konfliktmanagement, Unterrichtsbeobachtung, Lehrerberatung, Beurteilung und Schulentwicklung sind. Das alles ist im Hinblick auf die bessere Ausbildung, auf die bessere Bewährung der Schulleiter ein positiver Schritt.

Ich persönlich hätte es vorgezogen, wenn die Wiederbestellung trotzdem alle vier Jahre immer wieder erfolgen würde, weil die Schulleiter mehr gefordert würden, sich weiterzubilden, weil sich die psychische Struktur, die Altersstruktur der Schulleiter ändert. (Demonstrativer Beifall der Abg. Schaffenrath .) Insofern ist das ein erster Schritt in die richtige Richtung.

Ich glaube, daß wir dahin kommen müssen, das sich die Schulleiter alle vier Jahre bewähren und stellen müssen. Das würde ich für den nächsten Schritt halten. Aber insgesamt beinhaltet das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz mehr Objektivität, mehr Transparenz und ist ein Schritt in die richtige Richtung. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)


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22.15

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Johann Schuster. – Bitte.

22.15

Abgeordneter Johann Schuster (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Die Schule ist für manche ein Reizwort, für andere eine schöne Erinnerung an eine Zeit, in der noch Platz und Raum war für vieles, das uns mit der Entwicklung zum Erwachsenwerden abhanden gekommen ist.

Wir diskutieren heute über eine Reihe von Punkten, die uns sehr maßgeblich im Unterricht, in der Bildung betreffen.

Meine Damen und Herren! Schule und Bildung sind Vorbereitung und Basis für die Bewältigung der Aufgaben des Lebens. Schulstatistiker sagen uns, daß es im Schuljahr 1995/1996 1,177 Millionen Schülerinnen und Schüler gibt. – Herr Abgeordneter Antoni hat bereits darauf hingewiesen, daß in den letzten zwei Jahrzehnten die Zahl der Schüler um rund 300 000 zurückgegangen ist, parallel dazu aber die Zahl der Lehrer gestiegen ist, und zwar um 50 000. Wie ist das überhaupt möglich? – Dazu muß gesagt werden: Das Ganze geschieht auf gesetzlicher Basis und ist nicht willkürlich geschehen. Die heutige Diskussion gibt uns aber auch die Möglichkeit, auf die positive qualitative Entwicklung hinzuweisen: In diesen letzten zwei Jahrzehnten, in denen der Anstieg der Zahl der Lehrpersonen so groß war, wurde viel erreicht, was zum Wohle der Kinder, zum Wohle der Familien ist.

Erstens: Die vorschulische Betreuung wurde in der Volksschule institutionalisiert. Zweitens: In der Hauptschule wurde das Leistungsgruppensystem ermöglicht und der Förderunterricht generell ausgebaut. Drittens: Die Integrationsmaßnahmen haben kosten- und dienstpostenintensiv gewirkt.

Meine Damen und Herren! Zu dieser kostenintensiven Wirkung bekennen wir uns aber, und ich meine, Integration wäre heute nicht mehr wegzudenken. (Beifall bei der ÖVP.)

Hohes Haus! Zur Regierungsvorlage betreffend das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz – einige meiner Vorredner haben ja fast alles bis ins kleinste Detail erläutert – sei es mir gestattet, nur zwei kleine Punkte herauszupicken. Der "Direktor auf Zeit" kommt. Ein Schulleiter, der sich in diesen vier Jahren nicht qualifiziert und nicht bewährt, muß gehen.

Ein zweiter wesentlicher Punkt wird sein, daß in Zukunft mehr Objektivität und Transparenz bei der Bestellung von Lehrern und Schulleitern Platz greifen wird. Ich hoffe, daß die Achse Schulerhalter, Lehrer, Schüler, Eltern, Schulgemeinschaftsausschuß und Elternverein von diesen heute von uns zu beschließenden Gesetzesvorlagen positiv betroffen ist – und daß das zum Wohle unserer Schülerinnen und Schüler geschieht. (Beifall bei der ÖVP.)

22.19

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Fuchs. – Bitte, Frau Abgeordnete.

22.19

Abgeordnete Brunhilde Fuchs (SPÖ): Werter Herr Präsident! Geschätzte Frau Ministerin! Sehr verehrte Damen und Herren! Auch ich meine, daß die heute vorliegenden Novellen wichtige Schritte in Sachen Schulautonomie darstellen. – Ich möchte nun einige Sätze zur Schulraumüberlassung sagen.

Abgesehen von etwaigen Einnahmen von Mieten, die schulautonom verwaltet werden können, bedeutet diese Gesetzesänderung auch eine Reihe von mehr Möglichkeiten hinsichtlich Nachmittagsbetreuung, beispielsweise von Eltern selbst organisiert. Es bedeutet dies weiters ein Mehr an Erwachsenenbildung, die Ausübung künstlerischer Betätigung und neue Optionen für das Volksbüchereiwesen.

Vor allem aber wegen des breiteren Angebotes an Sportmöglichkeiten in der Schule begrüße ich diese Neuerung ganz besonders. Staatlich geförderte Sport- und Kulturorganisationen beziehungsweise Einrichtungen der Erwachsenenbildung sind vorrangig zu behandeln und gelten als besonders bevorzugte Einrichtungen. Daher werden viele Sportvereine weiterhin und ver


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stärkt als Mieter von Schulliegenschaften sicher sehr interessiert sein; und umgekehrt werden sicher auch Schulen verstärkt an Mietern interessiert sein; die Auslastung wird optimal sein.

Ich hoffe aber, daß in einem Erlaß genau geregelt sein wird – das muß geschehen –, was der Mehrkostenaufwand alles beinhalten darf. Es darf nicht sein – das sage ich jetzt in meiner Funktion als Präsidentin des größten Sportdachverbandes in Wien –, daß durch diesen Kostenersatz die Existenz von Sportvereinen beziehungsweise Sportgruppen gefährdet wird. (Beifall bei der SPÖ.)

Im Gegenteil: Es sollte durch die Nutzung von Schulräumen für Sportaktivitäten seitens der Vereine beiden Seiten geholfen sein: Die Schulen erschließen sich Einnahmequellen und somit die Möglichkeit der Finanzierung von Projekten, die bisher nicht im Schulbudget vorgesehen waren – und die Vereine können in einer gut ausgestatteten Umgebung ihre sportlichen Aktivitäten österreichweit und flächendeckend anbieten. Das bringt zwei positive Aspekte mit sich, nämlich eine gute Auslastung der Turnsäle und Sportplätze, und über den Nutzen im Bereich der Volksgesundheit gibt es, glaube ich, wirklich keine divergierende Meinungen, da sind wir uns ja alle einig.

Der Eigeninitiative sind also keine Grenzen gesetzt. Ich glaube daher, daß dieses Angebot der Öffnung der Schulräumlichkeiten für Dritte gerne angenommen werden wird. Ich stehe dieser Entwicklung in Richtung mehr Schulautonomie sehr positiv gegenüber. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der SPÖ.)

22.22

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Brader. – Bitte.

22.22

Abgeordneter Mag. Dr. Alfred Brader (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Eine meiner Vorrednerinnen hat heute vom lebenslangen Lernen gesprochen. Ich habe mir gedacht, dieses Wort "lebenslang" klingt so negativ. – Lebenslang zuhören ist auch nicht gerade angenehm, und deswegen erlauben Sie mir, in aller Kürze zwei Überlegungen hier darzulegen.

Herr Abgeordneter Öllinger hat heute von total überforderten Lehrern gesprochen, die nicht mehr wüßten, wo es langgeht, die völlig fertig seien. – Mag sein, daß es fallweise Kolleginnen und Kollegen gibt, die wirklich nicht mehr aus noch ein wissen. Ich bekenne mich dazu, daß man ihnen in einem solchen Fall spezielle Hilfen anbietet. Ich betone jedoch: Der Großteil der österreichischen Lehrerinnen und Lehrer weiß ganz genau, was verlangt wird, nämlich Eigenständigkeit und Engagement.

Ich kann Ihnen sagen – ich kenne die Schule wirklich gut –: Diese Tugenden werden gelebt und praktiziert. Ich möchte daher heute diese Gelegenheit dazu nutzen, ein großes Dankeschön an die Kolleginnen und Kollegen in den österreichischen Schulen auszusprechen. (Beifall bei der ÖVP.)

Die Kolleginnen und Kollegen haben auch in diesem Schuljahr wirklich gute Arbeit geleistet. – Ich meine, sie bräuchten mehr Zuspruch – und nicht diese ewige Krankjammerei. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

22.24

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Der vorläufig letzte Redner hiezu ist Herr Abgeordneter Dr. Rada. – Entschuldigen Sie, Herr Abgeordneter: Bevor Sie beginnen, möchte ich darauf aufmerksam machen, daß wir dann eine Serie von Abstimmungen haben werden, wobei aufgrund verfassungsrechtlicher Bestimmungen ein qualifiziertes Quorum erforderlich ist.

Herr Abgeordneter! Sie sind jetzt am Wort. – Bitte.

22.24

Abgeordneter Dr. Robert Rada (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Sehr geschätzte Damen und Herren des Hohen Hauses! Diese doch relativ lange Diskussion zu


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diesem Schulblock auf der Tagesordnung des heutigen Tages hat gezeigt, daß die Bestellung von Lehrern zu Schulleitern ein hochgradig sensibles Thema ist – und vermutlich so lange eines gewesen ist, seit es solche Bestellungen in Österreich gibt.

Ich begrüße daher heute die im LDG vorgeschriebenen Maßnahmen, in denen für die Landesgesetzgebungen impliziert wird, daß diese in ihren Ausführungsbestimmungen zusätzliche Maßnahmen ergreifen und festschreiben sollen, die der Objektivität und Transparenz dienen. Ich kann es mir nicht verkneifen, Frau Abgeordneter Preisinger zu widersprechen, wenn sie genau diese Maßnahmen dahin gehend anprangert, daß dadurch Bewerber bevorzugt würden.

Da Frau Abgeordnete Preisinger hier ein Beispiel aus Niederösterreich gebracht hat, möchte ich einmal darstellen, wie derzeit in Niederösterreich im Pflichtschulbereich die Leiterbestellung erfolgt.

Nach einer entsprechenden Bewerbung, wobei die objektiven Qualifikationen und sonstigen Fortbildungsmaßnahmen aufgelistet werden, und nachdem das Schulforum eine Stellungnahme abgegeben hat, gehen diese Bewerber zu einem sogenannten Hearing. Und dort wird vor einer Kommission unter Einbeziehung eines Personalberatungsbüros eine objektive Reihung vorgenommen. Diese Reihung wird dann Kollegialorganen der Bezirkschulbehörde und des Landesschulrates vorgelegt.

Wenn Sie, sehr geschätzte Frau Abgeordnete Preisinger, nun sagen, daß in Tulln jene drei Bewerber, die als die besten in der Objektivierung dargestellt wurden, dann von den Organen auch gereiht wurden, so zeigt das, daß dieses Objektivierungsmodell voll gefruchtet und funktioniert hat. Zu denken gibt mir allerdings, wenn das dann nicht eingehalten wird, wenn Leute objektiv als bestqualifiziert bezeichnet werden, die Entscheidungsträger diese objektiven Kriterien jedoch ignorieren und den Schlechterqualifizierten dann zum Schulleiter ernennen.

Daß das nicht Phantasie von mir ist, ist beweisbar, denn es ist das vor drei Tagen im Bundesland Niederösterreich passiert, nämlich an der Sonderschule in Hainburg und an der Hauptschule Blindenmarkt. Es wurden nicht die objektiv Bestbewerteten, sondern die schlechteren ernannt. Und diese Entscheidung wurde von der letzten Kommission getroffen, von der sogenannten Landeslehrerkommission. (Abg. Dr. Stippel: Wer hat denn dort die Mehrheit?) Vermutlich wird diese Entscheidung auch noch die Höchstgerichte befassen, und dann werden wir sehen, was Objektivierung tatsächlich wert ist. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Ich möchte zum Schluß auch noch einen anderen positiven Aspekt der heutigen Beschlußfassungen hervorstreichen, nämlich die Tatsache, daß im Pflichtschulerhaltungs-Grundsatzgesetz den Schulerhaltern im Pflichtschulbereich die Möglichkeit eingeräumt wird, Schulliegenschaften unbürokratisch zu vermieten.

Es gab das bisher auch, aber es war ein bürokratischer Spießrutenlauf über Bezirksverwaltungsbehörden, mit Stellungnahmen der Schulleiter, mit Stellungnahmen der Klassenlehrer, mit Stellungnahmen der Bürgermeister und mit Stellungnahmen der Schulaufsichtsbeamten. Und bis diese bürokratischen Hürden genommen waren, war es in vielen Fällen für Einzelveranstaltungen nicht mehr notwendig, diesen Schulraum anzumieten, denn dann war diese Veranstaltung bereits vorbei. Ich begrüße es daher, daß die Schulerhalter in Hinkunft im Zusammenwirken mit den Schulleitern diese Räumlichkeiten unbürokratisch vermieten können. (Beifall bei der SPÖ.)

22.28

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Frau Berichterstatterin, wünschen Sie ein Schlußwort? – Das ist nicht der Fall.

Meine Damen und Herren! Ich habe es schon erwähnt: Wir haben jetzt mehrere Abstimmungen durchzuführen, und ich bitte Sie daher, sich auf Ihre Plätze zu begeben. (Unruhe im Saal. – Prä


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sident Dr. Neisser gibt das Glockenzeichen.) Bitte, vielleicht kann man mit etwas mehr Aufmerksamkeit am Abstimmungsvorgang teilnehmen.

Wir gelangen jetzt zur Abstimmung , die ich über jeden Ausschußantrag getrennt vornehme.

Zunächst kommen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 135 der Beilagen.

Hiezu liegt ein Abänderungsantrag der Abgeordneten Schaffenrath, Öllinger und Genossen vor.

Weiters haben die Abgeordneten Dr. Preisinger und Genossen einen Abänderungsantrag eingebracht.

Ich lasse zunächst über die von den erwähnten Abänderungsanträgen betroffenen Teile des Gesetzentwurfes abstimmen, danach über diese Teile in der Fassung des Ausschußberichtes und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschußberichtes.

Die Abgeordneten Dr. Preisinger und Genossen haben einen Abänderungsantrag betreffend Z 10 § 26a eingebracht.

Jene Damen und Herren, die dafür sind, ersuche ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Ebenso haben die Abgeordneten Schaffenrath, Öllinger und Genossen einen Abänderungsantrag eingebracht, der sich auf Z 10 § 26a bezieht.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit. Dieser Antrag ist abgelehnt.

Wir kommen daher zur Abstimmung über die Z 10 § 26a in der Fassung des Ausschußberichtes.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Schließlich lasse ich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschußberichtes abstimmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Die Fassung des Ausschußberichtes ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wer diesem Gesetzentwurf auch in dritter Lesung seine Zustimmung gibt, möge das kundtun. – Der Entwurf ist in dritter Lesung mit Mehrheit angenommen .

Dem Ausschußbericht 142 der Beilagen sind drei Gesetzesanträge angeschlossen.

Zur Abstimmung steht daher zunächst der Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Schulorganisationsgesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 142 der Beilagen.

Hiezu liegt ein Abänderungsantrag der Abgeordneten Dr. Grollitsch und Genossen vor.

Ich lasse daher zunächst über den vom erwähnten Abänderungsantrag betroffenen Teil des Gesetzentwurfes abstimmen, danach über diesen Teil in der Fassung des Ausschußberichtes und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile samt Titel und Eingang.

Der vorliegenden Entwurf beziehungsweise Abänderungsantrag kann im Sinne des Art. 14 Abs. 10 Bundes-Verfassungsgesetz nur in Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Mit


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glieder und mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen beschlossen werden.

Ich stelle somit zunächst die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen Zahl der Abgeordneten fest.

Die Abgeordneten Dr. Grollitsch und Genossen haben einen Abänderungsantrag betreffend § 128a Abs. 1 letzter Satz eingebracht.

Diejenigen Damen und Herren Abgeordneten, die dafür sind, ersuche ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Dieser Antrag ist abgelehnt.

Wir kommen daher zur Abstimmung über § 128a Abs. 1 letzter Satz in der Fassung des Ausschußberichtes.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. – Ich stelle ausdrücklich die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.

Schließlich lasse ich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschußberichtes abstimmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein entsprechendes Zeichen. – Auch diese Abstimmung bedeutet eine mehrheitliche Annahme. – Ausdrücklich stelle ich auch hier die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen .

Ich stelle ausdrücklich die verfassungsmäßig vorgesehene Zweidrittelmehrheit fest.

Nunmehr kommen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Land- und forstwirtschaftliche Bundesschulgesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 142 der Beilagen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf ihre Zustimmung erteilen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Der Entwurf wurde mit Mehrheit in zweiter Lesung angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wer hier zustimmt, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung mehrheitlich angenommen .

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Pflichtschulerhaltungs-Grundsatzgesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 142 der Beilagen.

Auch dieser Entwurf kann im Sinne des Art. 14 Abs. 10 Bundes-Verfassungsgesetz nur in Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Mitglieder beschlossen werden.

Ich stelle zunächst einmal die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeordneten fest.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf ihre Zustimmung erteilen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit, wobei ich ausdrücklich auch hier die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit feststelle.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.


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Wer dem Entwurf in dritter Lesung zustimmt, möge ein entsprechendes Zeichen geben. – Das ist die Mehrheit . – Ebenso stelle ich hier das Vorhandensein des verfassungsmäßigen Quorums fest.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Antrag des Unterrichtsausschusses, seinen Bericht 136 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diese Kenntnisnahme sind, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit . Der Antrag des Unterrichtsausschusses ist mehrheitlich angenommen .

Wir kommen nunmehr zur Abstimmung über den Antrag des Unterrichtsausschusses, seinen Bericht 138 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer dafür ist, möge ein entsprechendes Zeichen geben. – Auch dieser Bericht ist mit Mehrheit angenommen .

Ich lasse jetzt über den Antrag des Unterrichtsausschusses abstimmen, seinen Bericht 137 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer dafür ist, möge ein entsprechendes Zeichen geben. – Dieser Bericht ist mehrheitlich angenommen .

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Antrag des Außenpolitischen Ausschusses, dem Abschluß des gegenständlichen Staatsvertrages in 101 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Wer für die Erteilung der Genehmigung ist, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Die Genehmigung erfolgt einstimmig .

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über äußere Rechtsverhältnisse der Evangelischen Kirche geändert wird, samt Titel und Eingang in 81 der Beilagen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein entsprechendes Zeichen. – Auch dieser Entwurf ist mehrheitlich angenommen. (Abg. Schwarzenberger: Nur der Haupt ist dagegen!)

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wer diesem Entwurf in dritter Lesung zustimmt, möge das durch ein Zeichen kundtun. – Der Entwurf ist auch in dritter Lesung mehrheitlich angenommen . (Abg. Schieder: Gegen die Altkatholiken, Herr Kollege?)

Nunmehr kommen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über finanzielle Leistungen an die altkatholische Kirche geändert wird, samt Titel und Eingang in 82 der Beilagen.

Jene Damen und Herren, die für diesen Entwurf sind, bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dieser Entwurf ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Diejenigen Damen und Herren, die in dritter Lesung dafür sind, bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Der Entwurf ist auch in dritter Lesung einstimmig angenommen .

Ich lasse schließlich über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über finanzielle Leistungen an die israelitische Religionsgesellschaft geändert wird, samt Titel und Eingang in 83 der Beilagen abstimmen.


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Ich ersuche jene Mitglieder des Hohen Hauses, die dafür eintreten, um ein entsprechendes Zeichen. – Dieser Entwurf ist einstimmig angenommen.

Wir kommen zur dritten Lesung.

Wer dem Entwurf in dritter Lesung zustimmt, möge bitte eine entsprechendes Zeichen geben. – Der Entwurf ist auch in dritter Lesung einstimmig angenommen .

Die Tagesordnung ist erschöpft.

Besprechung der Anfragebeantwortung 341/AB

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Wir gelangen nunmehr zur verlangten Besprechung der Anfragebeantwortung des Bundesministers für Wissenschaft, Verkehr und Kunst mit der Ordnungszahl 341/AB.

Die Anfragebeantwortung ist bereits verteilt worden. Eine Verlesung durch den Schriftführer erübrigt sich.

Wir gehen in die Debatte ein, wobei ich darauf aufmerksam mache, daß nach § 92 Abs. 5 der Geschäftsordnung kein Redner länger als 15 Minuten sprechen darf. (Abg. Scheibner: 5 Minuten hätten auch gereicht!)

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Rosenstingl. – Bitte, Herr Abgeordneter.

22.41

Abgeordneter Peter Rosenstingl (Freiheitliche): Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der EU-Beitrittsvertrag verpflichtet Österreich, bis 1997 eine elektronische Öko-Punkte-Abrechnung einzuführen. Wir haben daher eine Anfrage gestellt, wie es mit den Vorbereitungsmaßnahmen zu diesem System steht, wie die voraussichtliche Abwicklung sein wird und wie die Kontrollmöglichkeiten bei einem elektronischen Abrechnungssystem vonstatten gehen können.

Herr Bundesminister! Es ist schön langsam peinlich, wie Sie und Ihre Regierungskollegen Schönfärberei betreiben und sich nicht den Probleme stellen, die es in Österreich in den verschiedensten Bereichen gibt. Herr Bundesminister, Ihre Antworten zu dieser Anfrage sind oberflächlich und ausgesprochen falsch (Beifall bei den Freiheitlichen) , genauso falsch wie die Ausgangsbasis und die Grundannahmen waren, als seinerzeit der Transitvertrag abgeschlossen wurde.

Herr Bundesminister! Weil Sie und Ihre Kollegen in der Regierung die Probleme nicht erkannt haben, sind seit dem Transitvertragsabschluß immer mehr Transitfahrten in Österreich zu verzeichnen. Ihre Politik hat es zu verantworten, daß die Zahl der Transitfahrten dramatisch ansteigt. – Ihre Anfragebeantwortung zeigt – und ich befürchte das auch –, daß das weiter so sein wird.

Herr Bundesminister! Ist Ihnen eigentlich bewußt, daß Sie mit Ihren Antworten zu dieser Anfrage im totalen Widerspruch zum EU-Protokoll des Ausschusses Öko-Punkte vom 30. November 1995 stehen? Ich möchte Ihnen das an einigen Beispielen erläutern:

Wir wollten zum Beispiel bei Frage 10 wissen: "Auf welche Art kann mit dem System zwischen bilateralen und Transitfahrten unterschieden werden?" – Ihre Antwort, Herr Minister, zeugt von einer gewissen Naivität diesem Problem gegenüber: Sie haben – sinngemäß – gemeint, daß alles sei kein Problem, die Unterscheidung sei gegeben und sichergestellt.

Herr Bundesminister! In diesem EU-Protokoll, das ich genannt habe, ist ausführlich dargestellt, wie schwierig die Unterscheidung zwischen Transit- und bilateralen Fahrten ist. Es ist weiters dargestellt, wie schwer die Kontrolle ist, wodurch es sehr, sehr schwer ist, Transitfahrten oder Schwarzfahrten zu erkennen.


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Sie, Herr Bundesminister, wollen das aber nicht zur Kenntnis nehmen! Sie tun so, als gäbe es dieses Problem überhaupt nicht. Sie müßten doch ganz genau wissen – und auch das ist im Protokoll angemerkt und steht im Widerspruch zu Ihrer Anfragebeantwortung –, daß Schwarzfahrten erst dann festgestellt werden können, wenn der LKW kurz vor der Grenze steht, beziehungsweise wäre überhaupt erst beim Überschreiten der Grenze, bei der Ausfahrt erkennbar, daß es sich um eine Schwarzfahrt handelt.

Jetzt wissen Sie aber, Herr Bundesminister – ich hoffe, Sie wissen das –, daß Sie an der Grenze überhaupt nicht kontrollieren können. Sie können in Zukunft die LKW nicht wie bisher an der Grenze anhalten und kontrollieren, ob sie eben tatsächlich Öko-Punkte abgebucht haben. Das ist in Zukunft verboten.

Sie haben in Ihrer Anfragebeantwortung gesagt, daß eine Kontrolle im Inland möglich sei. – Im Inland ist ein Kontrolle jedoch vollkommen zwecklos, weil ein eventueller Schwarzfahrer auf jeden Fall behaupten kann, es handle sich um eine bilaterale Fahrt.

All das ist auch im EU-Protokoll angeführt, aber Sie, Herr Minister, sind in Ihrer Anfragebeantwortung nicht auf diese Probleme eingegangen, sondern haben nur immer wieder gesagt: Alles ist möglich, alles ist gesichert. Ihre Antworten lassen die Befürchtung aufkommen, daß Sie nicht fähig sind, dieses Problem wirklich zu erkennen – und damit natürlich auch nicht fähig sind, dieses Problem zu lösen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Der beste Beweis dafür sind Ihre Antworten bezüglich Straffolgen. Sie haben auf unsere Fragen 11 und 14, in denen es um die Straffolgen geht, geantwortet, die Bestrafung und Strafverfolgung sei gesichert. Sie gehen sogar so weit, daß Sie behaupten, daß die Verfolgung von Schwarzfahrern in den jeweiligen Heimatländern überhaupt kein Problem sei. Herr Bundesminister! Das Gegenteil ist der Fall, und auch das ist im EU-Protokoll festgehalten.

Wir müssen also feststellen: In Österreich kann, wenn überhaupt, nur selten bestraft werden. Im EU-Protokoll ist aber weiter festgehalten, daß es den anderen Mitgliedstaaten nicht möglich ist, Frächter zu verfolgen, die in Österreich ein Delikt begangen haben.

Herr Bundesminister! All Ihre Antworten auf unsere Fragen betreffend Straffolgen sind ganz einfach falsch und zeugen von einer ungeheuerlichen Unkenntnis! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie haben bei der Strafverfolgung eventueller Schwarzfahrer nur die Möglichkeit, diese auf eine Liste zu setzen und zu versuchen, sie beim Wiedereintritt zu belangen. Aber auch darüber steht im EU-Protokoll, daß das wahrscheinlich nicht möglich sein wird, weil ziemlich sicher feststeht, daß ein LKW wegen eines Deliktes dann nicht aufgehalten werden kann, wenn dieser LKW bei der Wiedereinfahrt nach Österreich mit einem anderen Fahrer besetzt ist, weil man natürlich einen Fahrer nicht dafür bestrafen kann, daß vielleicht ein anderer Fahrer mit demselben LKW vor einigen Monaten schwarz durch Österreich gefahren ist.

Also auch dafür, Herr Bundesminister, haben Sie keinerlei Lösungsansätze, und Sie haben somit unsere Anfrage überhaupt nicht beantwortet. Alle Antworten bezüglich Kontrolle und Strafverfolgung sind falsch. Es ist zu befürchten, daß, wenn wirklich ein solches System eingeführt wird und nicht vorher entsprechende Vorsorgen getroffen werden, die Transitbelastung in Österreich wesentlich steigen wird.

Sie haben nicht erkannt, meine sehr geehrten Damen und Herren von der Bundesregierung beziehungsweise von den Regierungsparteien, daß mit der Zusage im EU-Beitrittsvertrag, daß ab 1997 dieses elektronische Öko-Punkte-Abrechnungssystem eingeführt wird, eine große Gefahr auf Österreich zukommt. Wenn nämlich dieses System nicht sinnvoll eingeführt werden kann – nach dem heutigen Stand gibt es keinerlei Anzeichen dafür, daß dem so ist; das beweist auch Ihre Anfragebeantwortung, weil Sie eben das Problem überhaupt nicht erkennen –, dann wird – auch das steht im EU-Protokoll, Herr Bundesminister – die EU politische Konsequenzen auf höchster Ebene ziehen. Das heißt nichts anderes, als daß ab 1997 die Gefahr besteht, daß der Transitvertrag hinfällig wird. Und das bedeutet dann uneingeschränkten Transit durch


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Österreich, Herr Bundesminister! – Es ist wirklich ungeheuerlich, wie wenig Sie sich mit diesem Problem beschäftigen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Bundesminister! Es ist Ihnen gelungen, eine von 19 Fragen richtig zu beantworten, nämlich die Frage 19. Da haben Sie zugegeben, daß 15 Prozent der Öko-Punkte in der Verteilungsbürokratie verschwinden – und das, Herr Bundesminister, ist der beste Beweis dafür, daß der Transitvertrag unwirksam ist. Es ist das auch ein Hinweis darauf, daß, wenn dieses Problem behoben ist – und das wäre durch die Einführung einer elektronischen Abbuchung behoben –, eine gewaltige Steigerung des Transits durch Österreich stattfände, weil sich dann diese 15 Prozent natürlich automatisch erhöhen.

Herr Bundesminister, ich möchte abschließend zwei Dinge feststellen. Erstens: Sie haben es zusammengebracht – das hat vor Ihnen kaum ein Minister geschafft –, von einer Anfrage mit 19 Fragen nur eine einzige richtig zu beantworten – alle anderen Fragen sind falsch und oberflächlich beantwortet.

Das ist – zweitens – schon nach einigen Wochen Ihrer Zuständigkeit für das Verkehrsressort der beste Beweis dafür, daß Sie völlig unfähig sind, dieses Ressort zu führen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

22.51

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Parnigoni. – Bitte, Herr Abgeordneter.

22.51

Abgeordneter Rudolf Parnigoni (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich halte fest, daß die Anfrage ausreichend beantwortet ist. (Abg. Rosenstingl: Weil du dich auch nicht auskennst!) Kollege Rosenstingl, ich stelle fest, daß Ihre Behauptung, daß die Ausgangsbasis für die Berechnung der Öko-Punkte falsch ist, unrichtig ist, denn (Abg. Rosenstingl: Das ist doch schon bewiesen!) – das ist überhaupt nicht wahr! –, sehr geehrte Damen und Herren, es ist doch so, daß für die Berechnung der Öko-Punkte seitens des Gutachters, den Sie hier zitieren (Abg. Rosenstingl: Ich habe die EU zitiert! Ich habe ein EU-Protokoll zitiert! Ihnen fehlt die EU-Schulung!) , davon ausgegangen worden ist, daß die Typen die Basis sind. – Laut Experten ist aber in Wirklichkeit der COD-Wert das Entscheidende für die Basis der Berechnung der Öko-Punkte.

Zum zweiten sind bei der Basis der Berechnung der Öko-Punkte die Leerfahrten, die allein 150 000 Fahrten ausmachen, nicht mitgerechnet gewesen. Die statistische Differenz macht weitere 100 000 Fahrten aus. – So gesehen kommt natürlich, wenn man dann die Multiplikation anstellt, ein verzerrtes Bild heraus. Daher ist Ihre Behauptung falsch! (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Überdies, meine Damen und Herren, stimmt es ganz einfach nicht, daß der EU-Transit insgesamt zunimmt, er nimmt – das ist richtig – am Brenner zu. Dafür gibt es eine ganz klare Begründung, nämlich die Jugoslawienkrise, die dazu geführt hat, daß viele Fahrten nicht mehr quer durch Österreich, sondern über den Brenner erfolgen (Abg. Dr. Graf: Das hat der Klima verhandelt!) , und weiters sind die skandinavischen Staaten dazugekommen ... (Abg. Dkfm. Holger Bauer: Über die Logik denk einmal nach! Einmal nur!)

Das haben Sie nicht verstanden, Kollege Bauer, das ist das Problem. Es ist eben so, daß die Behauptung falsch ist, daß der Transit angestiegen sei. Das stimmt nicht, er ist nur am Brenner angestiegen, und auch wenn Sie ... (Abg. Dkfm. Holger Bauer: Sie haben gesagt, es ist eine Verlagerung! Denken Sie einmal nach, was Sie sagen! Aber vorher, bevor Sie es hier von sich geben! – Präsident Dr. Neisser gibt das Glockenzeichen.) Herr Kollege Bauer! Regen Sie sich doch nicht so auf!

Es ist ganz einfach so, daß die Behauptung, die Kollege Rosenstingl hier aufgestellt hat, falsch ist. Er hat behauptet, die Anfrage 10 sei unrichtig beziehungsweise nicht beantwortet worden. Die Anfrage 10, meine Damen und Herren, lautet – ich zitiere –: "Auf welche Art kann man mit


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dem System zwischen bilateralen und Transitfahrten unterscheiden?" – In der Antwort heißt es, Kollege Rosenstingl:

"In den Ausschreibungsunterlagen wird auf das Erfordernis der Unterscheidung zwischen bilateralen und Transitfahrten eingegangen."

Das haben Sie gesagt, aber auch gemeint, das sei Ihnen zuwenig. Sie haben nämlich nicht den nächsten Satz gelesen, in dem es heißt: "Eine nähere Ausführung zu diesem Thema erscheint im Vorstadium der Ausschreibung nicht zweckmäßig."

Das ist auch ganz klar! Man kann doch nicht, wenn man sich im Stadium einer Ausschreibung befindet, nunmehr das, was Inhalt ist und wofür die Unternehmen ein entsprechendes Angebot erstellen sollen, der Öffentlichkeit mitteilen. (Zwischenruf des Abg. Rosenstingl .) Lieber Kollege Rosenstingl! Mit einem Wort: Mit dieser Behauptung sind Sie wieder einmal aufs Eis gestiegen und ausgerutscht. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Rosenstingl: Nein, nimm zur Kenntnis, was im EU-Protokoll steht!)

Sie haben weiters behauptet, Schwarzfahrten könne man nicht kontrollieren, nicht überprüfen, man dürfe die Fahrer nicht bestrafen. – Dahinter steckt eine gewisse Wahrheit (Abg. Mentil: Danke, Herr Kollege!), daher ist die Lösung die, daß wir sehr rasch zu einer elektronischen Kontrolle der Öko-Punkte kommen müssen, denn dann haben wir die Möglichkeit, dieses Problem in den Griff zu bekommen. Zu diesem Ergebnis kommt auch eine Expertengruppe. (Abg. Rosenstingl: Gerade dann ist es schwierig! Du verstehst das nicht! Jetzt geht es ja leichter!)

Des weiteren haben Sie behauptet, die Antwort auf die Fragen 11 und 14 zeige, daß man eine Verfolgung der Schwarzfahrer in den jeweiligen Heimatländern nicht erreichen könne. – Die Antwort ist ganz eindeutig und klar: Es ist nicht richtig, daß eine Verfolgung in den jeweiligen Heimatländern kaum möglich ist (Abg. Rosenstingl: Lies das EU-Protokoll! Du kennst das gar nicht!) – weiter zuhören! –, da vorgesehen ist, daß die Mitgliedstaaten einander Amtshilfe leisten, und die Staaten zudem verpflichtet sind, gegen Unternehmen, die gegen das Öko-Punkte-Regime verstoßen haben, entsprechende Maßnahmen zu treffen. (Abg. Rosenstingl: Nein! Im EU-Protokoll steht genau das Gegenteil! Lies bitte das EU-Protokoll!) Genau das ist die Tatsache; deine Behauptungen sind nicht richtig!

Meine Damen und Herren! In Wirklichkeit – und damit komme ich zum Schluß (Abg. Aumayr: Zum Schluß? Ja, das ist gut!) – stellt diese Anfrage der FPÖ eine Provokation dar, die Sie sich da leisten. Ihnen geht es nämlich überhaupt nicht um die Sache, Ihnen geht es überhaupt nicht um ökologische Aspekte im Verkehr, Ihnen geht es überhaupt nicht darum, das Problem des Transits und der Öko-Punkte in den Griff zu bekommen, sondern Sie wollten nichts anderes bezwecken, als Minister Scholten von einer wichtigen Diskussion in Innsbruck, die er heute abend gehabt hätte, abzuhalten. Das war Ihr einziger Hintergrund, und daher ... (Ironische Heiterkeit bei den Freiheitlichen. – Abg. Trenk: Das ist der größte Blödsinn! – Abg. Rosenstingl: Wenn es eine Verkehrsdiskussion gewesen wäre, dann wäre es eh besser! – Abg. Trenk: Das ist ein Blödsinn! – Präsident Dr. Neisser gibt das Glockenzeichen.)

Schauen Sie, Herr Kollege aus dem südlichen Niederösterreich: Bleiben Sie dort, wo Sie Ihre Geschäfte sonst machen – oder bedienen Sie sich eines Tones, der dieses Hauses würdig ist. Das wäre angebrachter! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Ich möchte es noch einmal deutlich sagen: Die Freiheitliche Partei hat in letzter Zeit, glaube ich, zehn oder zwölf Sondersitzungen provoziert, sie hat eine Fülle von dringlichen Anfragen provoziert (Abg. Dolinschek: Das war ja notwendig! Gott sei Dank, daß es eine Partei gibt, die diese Dinge aufzeigt!) , und sie weicht jetzt in die Taktik und Möglichkeit der Anfragebesprechungen aus. Und was kommt dabei heraus? – Fast jedesmal oder beinahe ausschließlich fallen Sie auf die Nase und haben keinen politischen Erfolg damit. Es geht in Wirklichkeit ... (Abg. Rosenstingl: Herausgekommen ist beispielsweise, daß der Parnigoni das nicht versteht! Scholten und Parnigoni verstehen nichts davon! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)


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25. Sitzung / Seite 204

Ich komme zu meinen allerletzten Bemerkungen. In Wirklichkeit stellt sich heraus, meine Damen und Herren von der Freiheitlichen Partei, daß Sie in irgendeiner Art und Weise ein großes Problem haben, denn wenn Ihr Klubdirektor Moser – so heißt er, glaube ich; ich habe das in der Zeitung gelesen – die Forderung aufstellt, die Abgeordneten sollten nach ihrer Anwesenheit, nach ihrer Dienstleistung im Hohen Haus, nach ihrer Mitarbeit in den Ausschüssen entlohnt werden (Abg. Grabner: Da müßte doch der Haider ein Geld bringen!) , dann – da gebe ich dem Abgeordneten Grabner völlig recht – wäre es eigentlich so, daß der Abgeordnete Haider an das Parlament einen massiven Refundierungsbedarf hätte (Abg. Trenk: Sie aber auch! – Abg. Aumayr: Bei Ihrer Rede müßte man noch Schmerzensgeld kriegen!), oder er müßte seine Gage aufteilen auf jeweils den, der da in der ersten Reihe zum Haider mutiert. Beim vorigen Debattenpunkt ist der Herr Haider verweiblicht; es ist ihm eigentlich ganz schön angestanden. (Abg. Trenk: Heute waren drei Stunden lang nur drei Leute von Ihnen da! – Weitere lebhafte Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Ich halte fest: Sie betreiben nichts anderes, als hier ganz einfach ein Theater abzuziehen, Sie machen hier Show (ironische Heiterkeit und Zwischenrufe bei den Freiheitlichen), Sie haben keine andere Absicht, als einen Minister von einer wichtigen Diskussion fernzuhalten. Und so wie Sie da Ihre Politik betreiben, werden Sie hoffentlich in der Zukunft genausowenig erfolgreich sein wie bei der letzten Nationalratswahl. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

23.00

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Anschober. – Bitte, Herr Abgeordneter.

23.00

Abgeordneter Rudolf Anschober (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es wäre schon so schön ruhig gewesen in diesem Hohen Haus, aber dann kam Kollege Parnigoni, provozierte unsere freiheitlichen Kameradinnen und Kameraden, und jetzt ist es wieder so lebendig. (Zwischenruf des Abg. Parnigoni. )

So schwierig ist es nicht, daß man Sie provoziert. (Präsident Dr. Fischer übernimmt den Vorsitz.)

Die grundsätzliche Thematik dieser Anfrage beziehungsweise dieser Anfragebesprechung ist eine enorm wichtige und eine zentrale Thematik. Kollege Parnigoni! Man würde fast provoziert sein, daß man dir jetzt in einzelnen Details widerspricht. Ich habe allerdings das Gefühl, daß das nicht so ganz der richtige Zeitpunkt – der richtige Platz schon – für diese umfassende Auseinandersetzung zum Thema Transit und Ökopunkteabrechnung ist, schon deshalb, weil ich Ihnen zweitens mitteilen muß, daß um 23 Uhr 30 mein letztes öffentliches Verkehrsmittel nach Linz aufbricht. Da ich nicht die Absicht habe, Transit zu verursachen, sondern ein öffentliches Verkehrsmittel benutze, möchte ich nur vier Sätze zu diesem Thema sagen.

Erstens. Kollege Parnigoni! Du hast wirklich in vielen Bereichen nicht recht gehabt, wir werden hier noch eine massive Diskussion führen müssen.

Zweitens: Die Anfragebeantwortung war für mich als Beantwortung in weiten Bereichen – außer der Frage 10 – korrekt.

Drittens: Wir werden über diese Frage in allernächster Zeit hier eine zentrale Auseinandersetzung zu führen haben.

Viertens: Ich habe dem Kollegen Grabner versprochen, wenn ich zu reden aufhöre, erwähne ich ihn noch einmal, um seine Konzentrationsfähigkeit zu erhöhen. – Das ist jetzt geschehen, und deswegen Gute Nacht, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Grünen.)


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25. Sitzung / Seite 205

23.02

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Platter. Er hat das Wort.

23.02

Abgeordneter Günther Platter (ÖVP): Sehr verehrter Herr Präsident! Herr Minister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Als Tiroler Abgeordneter ist man bei allen Themen, die den Verkehr betreffen, insbesondere den Transitverkehr, sehr wachsam (Abg. Scheibner: Erwähnen Sie doch einmal die Wiener Südosttangente! Dort fahren zehnmal soviele LKW!) – bitte warten Sie einmal zu, hören Sie einmal zu, das wird gescheiter sein! –, weil gerade das Land Tirol und die Bürger unseres Landes sehr unter dem enormen Verkehrsaufkommen leiden.

Das Ökopunktesystem entspricht vom Grundsatz her einer zeitgemäßen verkehrspolitischen Regelung, weil erstmals eine ökologische Komponente miteinbezogen wurde, um zu gewährleisten, daß innerhalb von zwölf Jahren der Schadstoffausstoß um 60 Prozent reduziert wird.

Als zweite Absicherung zur Verhinderung einer ungebremsten Güterverkehrszunahme wurde ein Plafonds hinsichtlich der Zahlen eingezogen, wobei die Obergrenze der Fahrzahlen jene des Jahres 1991 einbindet, die eine 8 prozentige Toleranz zuläßt.

Sehr verehrter Herr Minister Dr. Scholten! Sie haben freilich gerade in bezug auf das Ökopunktesystem eine Erbe Ihres Vorgängers zu übernehmen. – Mit Sicherheit kein angenehmes Erbe, weil das Ausgangsniveau bei der Berechnung der Ökopunkte zweifellos um 35 bis 40 Prozent überhöht war. Damit erklären sich auch die hohen Güterverkehrszuwächse seit Abschluß dieses Transitabkommens.

Wir hatten im Jahre 1995 eine Erhöhung im Bereich des Güterverkehrs; man spricht sogar von einer Erhöhung um 13,5 Prozent.

Etwas erfreulicher ist die Entwicklung heuer: Vom Jänner bis April dieses Jahres hatten wir in Tirol gegenüber dem Vorjahr eine Verminderung des Transitverkehrs um 6,4 Prozent. Im März 1996 war es sogar ein Minus von 10,8 Prozent.

Sehr verehrter Herr Minister Scholten! Ich habe in diesem Zusammenhang, was die Ökopunkte anlangt, eine sehr konkrete Frage an Sie. Im letzten Jahr sind dem Land Tirol doch eine beträchtliche Zahl an Ökopunkten übriggeblieben. Und es ja ist bekannt, daß das Land Tirol diese Ökopunkte nicht zurückgegeben hat. – Herr Minister! Trifft es zu, daß deshalb die Länder beziehungsweise das Land Tirol heuer weniger Ökopunkte bekommen werden? Es würde mich sehr interessieren, wie sich das auswirkt.

Meine Damen und Herren! Noch konkret zu dieser Anfragebesprechung. In der Praxis werden durch die Exekutive alle transitierenden Fahrzeuge bei der Ein- und Ausreise kontrolliert. (Abg. Rosenstingl: Ab 1997 wird das nicht mehr geschehen! Da wird das nicht mehr möglich sein!) Sehr verehrter Herr Kollege! Ich rede vom derzeitigen Zeitpunkt. Bitte hören Sie mir zu! Ich komme auch auf die Zukunft zu sprechen, Sie müssen nur einmal auch etwas warten können!

Mit der Kontrolle sind die Zollwachebeamten befaßt, die derzeit eine lückenlose Kontrolle machen. Diese Tätigkeiten üben sie wirklich ausgezeichnet aus. Diese Kontrollmöglichkeit durch die Zollwachebeamten an der Grenze ist durch die Europäische Union bis zum 31. Dezember 1996 beschränkt. Deshalb wurde im ersten Halbjahr 1995 ein Pilotversuch mit einem Elektrosystem der Firma Kapsch für den Streckenabschnitt Kiefersfelden bis Schönberg durchgeführt.

Grundsätzlich ist dazu zu sagen – ich habe mich in Tirol darüber erkundigt –, daß dieses angebotene elektronische System durchführbar wäre. Bei dieser Debatte ist jedoch zu berücksichtigen, daß die Mitgliedstaaten der Europäischen Union Ende März 1996 im Transitausschuß verlangt haben, parallel zu diesem elektronischen Ökopunktesystem auch das derzeitige Markensystem aufrechtzuerhalten. – Dieses Verlangen der Mitgliedsstaaten der Europäischen Union bewerte ich, und zwar aus Kostengründen, sehr kritisch.

Wenn das Bundesministerium für öffentliche Wirtschaft und Verkehr mit den notwendigen EU-weiten Ausschreibungen beginnen wird, ist davon auszugehen, daß mit 1. Jänner 1997 das


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elektronische System nicht zur Verfügung stehen wird, zumal für den Aufbau der notwendigen Infrastruktur ein Vorlauf von etwa einem Jahr erforderlich ist.

Herr Minister! Als Tiroler Abgeordneter möchte ich diese Gelegenheit wahrnehmen und folgende konkrete Forderungen an Sie stellen.

Erstens: Ich erwarte mir im Interesse der Bürger des Landes Tirol, daß auch ab dem 1. Jänner 1997 eine lückenlose Kontrolle der Ökopunkte – in welcher Form auch immer – durchgeführt und gewährleistet wird.

Zweitens erwarte ich mir, daß die Wegekostenrichtlinien, die demnächst bekanntlich in der Europäischen Kommission verhandelt werden, in sensiblen Gegenden – und zweifellos ist das Land Tirol eine solche – so erhöht beziehungsweise adaptiert werden, daß die gewünschte Reduktion des Schadstoffausstoßes um 60 Prozent erreicht werden kann.

Herr Minister! Das erfordert wahrlich Ehrgeiz. Ich wünsche Ihnen jedenfalls guten Erfolg, einen besseren jedenfalls, als ihn Ihr Vorgänger hatte. (Beifall bei der ÖVP.)

23.09

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Trattner. – Bitte.

23.09

Abgeordneter Mag. Gilbert Trattner (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Minister! Kollege Parnigoni hat, glaube ich – er ist jetzt nicht mehr da –, ein bißchen etwas mißverstanden. Die Kritik des Ökopunktekomitees in Brüssel geht dahin, daß es erst durch die elektronische Überwachung möglich sein wird, sogenannte Schwarzfahrten durch Österreich durchzuführen. Durch das jetzige System, wo die Ökopunkte von den Zollorganen, wie es mein Vorredner gesagt hat, ausgegeben beziehungsweise verteilt werden, sind Schwarzfahrten fast auszuschließen. Aber beim elektronischen System – und das sagt auch das Ökopunktekomitee in Brüssel, nachzulesen im Protokoll vom 30. November 1995 –, bei dem von Österreich ausgewählten System, hat die Kommission Bedenken, daß dieses System es den Behörden der übrigen Mitgliedstaaten nicht erlauben würde, Schwarzfahrer zu bestrafen.

Welche Möglichkeiten haben wir? – Es gibt zwei Möglichkeiten: entweder die schwarzen Listen, oder es gibt eine Möglichkeit einer Kaution, bevor jemand nach Österreich kommt. Jetzt hat man sich für die schwarzen Listen entschieden. Wir können diese Leute nur dann bestrafen, wenn sie wieder nach Österreich hereinkommen, aber Mitgliedstaaten werden uns dabei keine helfen, und diese Kontrollen der Schwarzfahrer werden natürlich durch dieses elektronische Überwachungssystem um einiges teurer werden als das bisherige System, wo alles an der Grenze passiert.

Herr Bundesminister! Sie haben in der Beantwortung der Frage 16 genau das Gegenteil behauptet: Sie haben gesagt, die Kosten für eine zusätzliche Überwachung werden nicht höher sein als beim derzeitigen System. – Das ist nicht wahr! Die Kosten werden um einiges höher sein! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wir Tiroler sind ja, was die Versprechungen diverser Verkehrsminister angeht, schon einiges gewohnt. Sie sind ja erst kurz im Amt, Herr Verkehrsminister Scholten, aber wir haben einen Verkehrsminister Streicher erlebt, der der Tiroler Bevölkerung im Jahre 1988 oder 1989 versprochen hat, daß sich die Zahl der Transitfahrten im Jahre 1991 halbieren wird, weil der Straßengütertransit auf die Bahn verladen werde.

Was geschah aber wirklich? – Es ist zu keiner Verlagerung von der Straße auf die Bahn gekommen. Das einzige, was passiert ist: Es ist zu einer Erhöhung des Transitverkehrs auf den Tiroler Transitrouten gekommen. Da wurde ein Transitvertrag ausgehandelt. Man ist von ganz falschen Zahlen ausgegangen. Sogar die Beamten der Bundeswirtschaftskammer sagen das. Ich zitiere da Herrn Roderich Regler, der feststellte:


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Im Transitvertrag war eine positive Interpretation enthalten. Man hat nicht die tatsächliche Zahl der Österreich-Transitfahrten zugrundegelegt, sondern es war das eine politische Interpretation, um die EU-Beitrittsverhandlungen nicht zu gefährden.

Man sieht es ja jetzt ganz genau: Es wurde von der Situation ausgegangen, daß es einen Ausstoßwert von 15,8 Gramm an Stickoxiden gibt. Man hat auf Basis dieses Ausstoßwertes 15,8 Gramm gerechnet, obwohl man genau gewußt hat, daß die Ausstoßwerte bereits zu diesem Zeitpunkt bei 13,8 Gramm gelegen sind und sich die Durchschnittswerte in den nächsten Jahren bis auf 9 und darunter reduzieren werden. Es gibt derzeit bereits durchschnittliche Ausstoßwerte – je nach Fahrzeugtyp – zwischen 9 beziehungsweise 9,5 Gramm.

Herr Verkehrsminister! Das sind Dinge, die damals nicht berücksichtigt wurden, indem Sie der EG gegenüber zu großzügig waren.

Solche Versprechungen gab es mehrere. Bei den EU-Beitrittsverhandlungen hat dann der Herr Verkehrsminister Klima gesagt, es gebe kein Rütteln an diesem EU-Vertrag. – Als es jedoch zu Beitrittsverhandlungen gekommen ist, hat man sehr wohl am Transitvertrag gerüttelt, ja man hat diesen sogar reduziert.

Wir Tiroler sind ja, wie gesagt, einiges an solchen Versprechungen gewohnt. Beim EU-Beitritt hat der Tiroler Landeshauptmann gesagt: Wenn die EU keine Bahn durch das Unterinntal baut beziehungsweise für den Bau einer Eisenbahntransversale nicht die finanziellen Mittel zur Verfügung stellt, gibt es von seiten Tirols kein Ja zum EU-Beitritt. (Abg. Dr. Lukesch: Das betrifft die Bundesregierung!)

Was ist denn herausgekommen, Herr Kollege Lukesch? (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Dr. Lukesch. )

Wenn Sie auch noch soviel hier herausrufen: Ihre Behauptungen werden deshalb nicht wahrer! Sie sind immer unwahr gewesen bei dieser Transitfrage, und auch Sie sind dafür zur Verantwortung zu ziehen, daß die Tiroler Bevölkerung sowohl vor der Landtagswahl als auch vor dem EU-Beitritt belogen wurden. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

"Herausgekommen" ist folgendes: Die EU stellt keine Finanzierungsmittel zur Verfügung, sondern maximal 10 Prozent des gesamten Investitionsvolumens. Das einzige, womit Sie versuchen, sich hinüberzuretten, Herr Kollege Lukesch – hören Sie mir einmal gut zu! –, ist eine Beteiligung der EU an der Planungsgesellschaft, und zwar mit 50 Prozent und in einer Größenordnung von 400 Millionen Schilling.

Was Sie vorhaben, wird nicht gehen, daß Sie nämlich dann mit Landeshauptmann Weingartner vor der Landtagswahl irgendwo ins Unterinntal fahren, einen Spatenstich machen und dann sagen: Jetzt wird die Eisenbahntransversale ohnedies gebaut. – Das werden wir uns nicht gefallen lassen! Da werden wir Sie in die Ziehung nehmen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Die Tiroler Bevölkerung hat ja der Österreichischen Volkspartei bereits bei der letzten Nationalratswahl für die Unwahrheiten, die ihre Vertreter im Zuge des EU-Beitritts beziehungsweise im Zusammenhang mit einer Eisenbahntransversale im Unterinntal vorgebracht haben, die Rechnung präsentiert: Die ÖVP ist in Tirol abgestürzt, und zwar so, daß es für Sie ein Nationalratswahlergebnis in Tirol gab, das wirklich beschämend war! Sie haben die Tiroler Bevölkerung hinters Licht geführt, und zwar sowohl in der Transitfrage als auch in der Frage Grundverkehr und Raumordnung. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie von der ÖVP haben der Tiroler Bevölkerung Dinge versprochen, diese jedoch nicht eingehalten. Sie haben die Rechnung bereits bekommen, und Sie werden bei der nächsten Landtagswahl wieder eine solche präsentiert bekommen! Ein Spatenstich im Unterinntal wird Sie vor dem nächsten Wahldebakel bei der Landtagswahl in Tirol nicht retten! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

23.16


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25. Sitzung / Seite 208

Präsident Dr. Heinz Fischer:
Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Firlinger. Er hat das Wort.

23.16

Abgeordneter Mag. Reinhard Firlinger (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren – zu später Stunde! Kollege Rosenstingl! Ich habe mir diesen Antrag zweimal durchgelesen. (Abg. Rosenstingl: Du bist so weich heute!)

Nein, ich bin nicht weich. Ich bin nur nicht als Kontraredner gemeldet. Wissen Sie, warum? – Diese Anfrage und die Antwort darauf gehen an der eigentlichen Problemstellung vorbei.

Sie hätten nämlich an den Bundesminister eine Anfrage bezüglich Einhaltung des Transitvertrages richten müssen. (Abg. Scheibner: Sie können sich vorstellen, was wir da für eine Antwort bekommen hätten! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Ihr wollt keine Debatte mehr haben, ihr wollt nur mehr blödeln; das nehme ich zur Kenntnis. (Anhaltende Zwischenrufe bei den Freiheitlichen. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.)

Machen wir es ganz schnell: Hiebei handelt es sich um die Beauftragung eines Modelles; dieses soll erprobt werden. Der Auftrag wurde erteilt, und wenn Sie, Herr Kollege Rosenstingl, jetzt sagen, der Minister sei völlig ungeeignet für die Bewältigung seiner Aufgabe, so geht mir das einfach zu weit. Herr Minister Scholten ist bitte seit zwei Monaten im Amt. (Zwischenrufe des Abg. Rosenstingl. )

Ich gebe Ihnen sogar recht, wenn Sie das Problem Transitvertrag thematisieren, aber dann bitte anständig und ordentlich – und nicht sozusagen im Bypasseffekt und bei einem anderen Thema! (Beifall beim Liberalen Forum und bei der SPÖ.)

Kollege Rosenstingl! Seien Sie doch einmal ein bißchen seriöser! Fragen Sie das, was es abzufragen gilt. Und wenn Sie darauf keine ordentliche Antwort bekommen, machen Sie eine Anfragebesprechung. So halten wir das jedenfalls, Kollege! (Abg. Rosenstingl: Sie müssen das machen, was die Heide Schmidt sagt!)

Herr Kollege, Sie werden mir keine Belehrungen zu später Stunde geben können, was ich tue oder was die Heide Schmidt tut, oder was sonst irgend jemand macht. Nein, Herr Kollege, dieses Niveau ist mir etwas zu tief! (Beifall beim Liberalen Forum und bei der SPÖ. – Abg. Rosenstingl: Du müßtest erst einmal wissen, was wir wollen!)

Ich weiß, was Sie wollen: Sie wollen sich zu später Stunde Gehör verschaffen, Sie wollen, daß alle hier noch ein bißchen damit beschäftigt sind, sich Ihre Ausführungen anzuhören. Ich weiß das, aber Sie erzählen mir damit nichts Neues. (Anhaltende Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Meine Damen und Herren! Ich mache einen Vorschlag zur Güte: Wir hören ein paar Minuten dem Kollegen Firlinger ruhig zu und dann gleich lang die Kollegin Aumayr ruhig an! – Bitte, Herr Kollege.

Abgeordneter Mag. Reinhard Firlinger (fortsetzend): Die Kollegin Aumayr kann mich dann fürchterlich zerfetzen! – Danke, Herr Präsident!

Es geht um die Problemstellung Schwarzfahrer. Schwarzfahrten haben teilweise mit dem Transitvertrag zu tun, das gebe ich zu, aber: Warum billigt man dem Ministerium jetzt nicht zu, daß dieser Pilotversuch einmal abgewartet wird? Warum sagt man nicht: Schauen wir uns in Ruhe an, was dabei herauskommen wird!?

Wenn dann die technischen Voraussetzungen zur Abbuchung des Ökopunktesystems nicht funktionieren, so ist das selbstverständlich Anlaß zu Kritik. Man kann jedoch nicht ein technisches System starten, ohne zumindest gewisse Minimaluntersuchungen zu machen.


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Darum geht es mir. (Abg. Rosenstingl: Das ist ja schon gemacht worden!) Wenn sich dann herausstellen sollte, daß die Bundesregierung diesbezüglich auf dem falschen Dampfer ist, dann können Sie solche Anfragen machen, dann können Sie den Bundesminister kritisieren, aber nicht jetzt, wo er neu in seinem Amt ist. – Aber Sie haben ja eigentlich Herrn Klima und nicht Herrn Scholten gemeint.

Wir sollten uns angewöhnen, die Diskussion diesbezüglich zu versachlichen. Wenn jedoch technische Pannen passieren, dann wird es sicherlich auch Kritik von unserer Seite geben.

So aber sicher nicht! Auf ein solches Niveau will ich mich zu dieser Stunde und in dieser Debatte nicht einlassen. (Beifall beim Liberalen Forum und bei der SPÖ.)

23.21

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zum Wort gelangt Frau Abgeordnete Aumayr. – Bitte.

23.22

Abgeordnete Anna Elisabeth Aumayr (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ich stehe noch völlig unter ... (Abg. Mag. Firlinger: Schock!) Nein, Herr Kollege Firlinger! Es hat nichts mit Ihnen zu tun. Ich werde auch mit keinem Wort auf Ihre Rede eingehen.

Ich stehe noch völlig unter Schock aufgrund einer Meldung in der "ZiB 2". Die EU hat heute beschlossen, daß gentechnisch veränderte Pflanzen in Österreich angebaut werden dürfen, und zwar ab sofort. Beim Interview hat Frau Ministerin Krammer gesagt, es tue ihr leid, aber sie könne jetzt nichts mehr dagegen machen. Sie hoffe nur, meinte sie, daß keine österreichischen Bauern für den Anbau solcher Produkte Flächen zur Verfügung stellen werden.

Das ist die EU-Politik dieser Regierung! – Und mit der EU-Politik dieser Regierung hat auch die heutige Besprechung der Anfragebeantwortung etwas zu tun. Herr Kollege Firlinger! Was hat die Bundesregierung, was hat denn Minister Klima vor dem EU-Beitritt versprochen? Wie hat sich doch die Bundesregierung für diesen Transitvertrag feiern lassen! Sie haben uns auch versprochen, daß es durch die Ökopunkteregelung zu keiner Mehrbelastung durch EU-LKWs kommen werde. Minister Klima und vor ihm Minister Streicher haben geradezu so getan, als ob sogar der LKW-Verkehr, der Transitverkehr aufgrund der Ökopunkte weniger werden würden.

Wie schaut die Realität aus? Bereits im Jahre 1995 kam es zu einer dramatischen Steigerung des grenzüberschreitenden Transitverkehrs. Herr Kollege Parnigoni! – Er ist leider Gottes nicht im Saal ... (Widerspruch bei der SPÖ.) Entschuldigung, Herr Kollege Parnigoni!

Nicht nur am Brenner ist der Transitverkehr mehr geworden – verstecken Sie sich nicht da hinten, Herr Kollege Parnigoni, Sie sollen ruhig die Wahrheit hören! –, auch im Jahresbericht der Passauer Grenzpolizei heißt es, daß gegenüber 1994 alleine am Grenzübergang in Suben in Oberösterreich die Zunahme an LKW in einem Jahr um 46 Prozent ausmacht! 46 Prozent!

In diesem Jahresbericht wird außerdem noch eine gewaltige Steigerung im Kriminalitätsbereich festgestellt – aber das nur nebenbei. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Das steht im Jahresbericht der Polizei Passau. Grenzen weg! – Freie Fahrt für Brummer – und freie Fahrt für die Kriminellen! Neben den katastrophalen Auswirkungen für die Gesundheit sind auch die wirtschaftlichen Folgen dieser Zunahme des LKW-Verkehrs enorm. Sie müssen wissen, daß die Beanspruchung der Straße bei einem LKW so ist, als ob 10 000 PKW darüberfahren würden. Das muß man sich einmal vorstellen! Die Reparaturen unserer Autobahnen zahlt aber natürlich der Steuerzahler.

Dazu kommt, daß mit den Ökopunkten viel zu großzügig umgegangen wurde. Voriges Jahr sind überschüssige Ökopunkte aus Österreich von Minister Klima und von den zuständigen Landesräten gesammelt worden. Nur ein einziger Landesrat hat sich zur Wehr gesetzt und hat die Ökopunkte seines Bundeslandes nicht abgeführt. (Ruf bei der SPÖ: Wer denn?) Das war Herr Landesrat Dr. Thaler aus Salzburg.


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Diese eingesammelten Ökopunkte hat man den Frächtern aus Italien, aus Deutschland und aus Frankreich gegeben. Diese sind dann mit den österreichischen Ökopunkten durch unser Land durchgebraust – und unsere Frächter hatten keine mehr. Das ist im Jahre 1995 wirklich passiert! Das muß man sich vorstellen! – Jetzt ist es so, daß Europa sozusagen in Ökopunkten schwimmt. Die Frächter geben jetzt schon freiwillig mehr Ökopunkte her, damit es dann nicht reduziert werden müßte, wenn jemand draufkommt, sie haben zuviel. Mit Öko hat das überhaupt nichts zu tun. Das ist ein aufgelegter Öko-Schmäh! Das ist eine der größten EU-Lügen, die sich die Regierung erlaubt hat! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie können demnächst ein Plakat auf die Plakatwände kleben: Was glauben Sie, warum der LKW-Verkehr seit 1. Jänner 1995 um 40 Prozent gestiegen ist? – Weil Klima & Co die Österreicher mit dem Öko-Schmäh hereingelegt haben. – Das wäre ein gutes Plakat. (Bundesminister Dr. Scholten spricht mit Abg. Mag. Ederer. – Abg. Rosenstingl: Herr Minister! Hören Sie zu! Das ist auch für Sie interessant!)

Das ändert aber sicherlich nichts an der Beantwortung durch den Herrn Minister hier. Die Antwort wird wahrscheinlich so ausfallen wie die "Anfragebeantwortung", die er Herrn Kollegen Rosenstingl gegeben hat. Er wird "leuchten" mit null Wissen.

Österreich hat die Verpflichtung, am 1. Jänner 1997 auf elektronische Kontrolle umzustellen. –Jetzt, Herr Minister, gibt es dieses EU-Dokument, das auch Herr Kollege Parnigoni anscheinend nicht kennen dürfte. Aber Sie müßten es doch zumindest kennen, nämlich das Dokument 1740, 1741 ... (Abg. Mag. Ederer: 1742!)

Schauen Sie einmal, daß Sie Ihre 1 000 S für die österreichischen Familien aufbringen! Schauen Sie einmal, daß Sie wenigstens dieses Versprechen erfüllen! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Mag. Ederer zeigt die Titelseite des "Kurier", auf der es heißt, daß sich die österreichischen Familien durch den EU-Beitritt 1000 S ersparen.) Das ist wieder ein aufgelegter Schmäh. Nur: Die Österreicher werden Ihnen nicht mehr hereinfallen auf diesen Schmäh! Das können Sie mir glauben! (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Herr Minister Scholten! Das Problem bei der elektronischen Kontrolle ist, daß man kaum in der Lage ist, zu kontrollieren, aber noch viel weniger, Schwarzfahrer zu strafen. Sie wissen genau: Wenn jemand eine Übertretung begeht, jedoch keine Strafe zu befürchten braucht, so wird dem Mißbrauch Tür und Tor geöffnet. Bisher wurden die Ökopunkte bei der Einreise abgegeben. Das entfällt per 1. Jänner 1997 infolge des Schengener Abkommens. Wenn aber diese elektronische Kontrolle bis 1. Jänner 1997 nicht installiert ist beziehungsweise nicht funktioniert, dann ist der Transitvertrag in Gefahr. Das heißt, es kann sein, daß der Transitvertrag einfach obsolet wird.

Herr Bundesminister! Sie leugnen in Ihrer Anfragebeantwortung all diese Probleme. Diese Probleme sind aber durch das EU-Dokument belegt. Herr Bundesminister! Damit reihen Sie sich – leider Gottes! – wirklich nahtlos in die Reihen Ihrer Vorgänger Streicher und Klima ein. Beide haben in verantwortungsloser Art und Weise, nur damit Österreich möglichst rasch der EU beitritt, die Gesundheit der Österreicher gefährdet. Da wurde mit gezinkten Karten gespielt.

Herr Bundesminister Scholten! Und Sie spielen dieses Spiel leider Gottes weiter! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

23.30

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zum Wort gemeldet hat sich der Herr Bundesminister. Ich erteile es ihm.

23.30

Bundesminister für Wissenschaft, Verkehr und Kunst Dr. Rudolf Scholten: Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte nur eine kurze Mitteilung machen, damit diese späte Stunde sozusagen auch eine Neuigkeit erfährt.

Wir hatten für heute nachmittag vorbereitet, die Ausschreibung für die elektronische Öko-punktekontrolle zu versenden. Ich habe gebeten, diese Ausschreibung noch bis morgen früh


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25. Sitzung / Seite 211

liegenzulassen, weil ich a conto der Ankündigung der heutigen Debatte angenommen habe, daß möglicherweise ein Aspekt auftauchen könnte, der in der Vorbereitung nicht ausreichend beachtet wurde.

Ich darf Ihnen die erfreuliche Mitteilung machen, daß ich – beruhigt über die Qualität der Vorarbeiten – morgen die Ausschreibung aussenden werde. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

23.31

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Niederwieser. Er hat das Wort. – Auf die Ausführung wird offenbar verzichtet.

Damit ist die Rednerliste erschöpft. Die Besprechung der Anfragebeantwortung ist beendet.

Verlesung eines Teils des Amtlichen Protokolls

Präsident Dr. Heinz Fischer: Meine Damen und Herren! Es liegt mir das schriftliche Verlangen von 20 Mitgliedern dieses Hauses vor, das Amtliche Protokoll dieser Sitzung hinsichtlich des Punktes 1 zu verlesen, damit dieser Teil mit Schluß der Sitzung als genehmigt gilt und dem Bundesrat übermittelt werden kann.

Punkt 1 des Amtlichen Protokolls lautet:

"Der Gesetzentwurf betreffend ein Bundesgesetz über die Zusammenarbeit mit den internationalen Gerichten wird gemäß dem Ausschußantrag in 154 der Beilagen bei Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeordneten in zweiter und dritter Lesung mit Stimmenmehrheit, und zwar mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit, angenommen."

Erheben sich Einwendungen gegen die Fassung des Amtlichen Protokolls zu Punkt 1 der Tagesordnung? – Das ist nicht der Fall.

Damit ist dieser Teil des Amtlichen Protokolls mit Schluß der heutigen Sitzung genehmigt.

Einlauf

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich gebe bekannt, daß die Anträge 212/A (E) bis 219/A (E) und die Anfragen 646/J bis 695/J eingelangt sind.

Ich bitte Sie, nicht zu erschrecken, wenn ich noch zu einer weiteren Sitzung einberufe, einer Sitzung, die jedoch nur kurz sein wird.

Die Sitzung ist geschlossen.

Schluß der Sitzung: 23.32 Uhr