Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 27. Sitzung / Seite 108

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Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Professor Van der Bellen. Laut Computer maximale Redezeit: 26 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

15.09

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Im Rahmen des Sozialberichtes ist selbstverständlich viel von Verteilung der Einkommen, Verteilung der Arbeit, Verteilung von Lebenschancen die Rede, aber dazu gibt es nicht nur den Sozialbericht als Quelle, dazu gäbe es eine weitere wesentliche Studie, die im Auftrag des Nationalrates erarbeitet, diesem bis heute aber nicht zugewiesen wurde.

Diese Studie betrifft die Auswirkungen der öffentlichen Budgets, also der Einnahmen und der staatlichen Ausgaben auf die privaten Haushalte. Ich erlaube mir, hier kurz aus den Stenographischen Protokollen der XVIII. Gesetzgebungsperiode, aus der Sitzung vom 21. März 1991, zu zitieren – ich sage Ihnen dann schon, von wem die Rede ist, aber vorläufig noch nicht. Es handelte sich um die Debatte zum Budget 1991, und ein Abgeordneter sagte damals:

"Und ich glaube, es ist sicher wichtig, daß wir zur Versachlichung unserer Budgetdebatte versuchen, noch mehr Informationen auch von der Wirtschaftsforschung über die Wirkung des Staatshaushaltes zu erlangen, und ich bringe folgenden Antrag ein: (...) Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird ersucht, die Erstellung einer neuen umfassenden Studie über die Wirkung der öffentlichen Einnahmen und Ausgaben auf die Verteilung, Allokation und die Erfüllung öffentlicher Aufgaben im Zeitablauf und im internationalen Vergleich in Auftrag zu geben."

Der Abgeordnete setzte fort: "Ich glaube, wenn uns diese Studie bei der nächsten Debatte" – gemeint war die nächste Budgetdebatte – "zur Verfügung steht, wird es möglich sein, einige Irrtümer auszuräumen." Und das Protokoll vermerkt: "(Beifall bei ÖVP und SPÖ.)"

Der Redner war Dr. Johannes Ditz, damals Abgeordneter. Und der Antrag war ein gemeinsamer Antrag von Dr. Nowotny, SPÖ, Dr. Ditz, ÖVP, Mag. Schreiner, FPÖ und Dr. Petrovic von den Grünen über die Verteilungswirkungen des öffentlichen Sektors. Dieser Entschließungsantrag ist naturgemäß damals einstimmig in der gleichen Sitzung beschlossen worden. Das war 1991.

Der Abgeordnete Ditz hat damals gemeint, es wäre schön, wenn die Ergebnisse dieser Verteilungsstudie schon für die nächste Debatte zur Verfügung stünden – also 1992. Das war natürlich etwas kurzfristig. 1992 stand die Studie nicht zur Verfügung. Aber sie stand auch nicht 1993, nicht 1994, nicht 1995 und auch nicht für die Budgetdebatte über die Jahre 1996 und 1997 zur Verfügung – das wäre vor einigen Monaten gewesen.

Sie ist noch halb unter Verschluß, Herr Kollege Trattner. In den Zeitungen konnte man schon einiges darüber lesen, und wenn man sich bemüht, kann man sie auch bekommen. Man kann nur nie ganz sicher sein: Ist es die endgültige oder fast endgültige Fassung, wurden noch Korrekturen vorgenommen oder nicht? – Ich kann mich jedenfalls daran erinnern, daß die Abgeordnete Petrovic im Jahre 1995 bei jeder Gelegenheit den Finanzminister – damals Lacina – ermahnt hat, die Studie doch endlich zu präsentieren. Er war zum Schluß schon ganz grantig über diese ständigen Vorhalte und sagte, sie möge doch zur Kenntnis nehmen, daß die Studie unwiderruflich im Herbst 1995 – nicht einen Tag früher, aber auch nicht später – dem Parlament zugewiesen werden wird.

Das ist nun leider nicht eingetreten, und den ehemaligen Finanzminister Lacina können wir auch nicht mehr dafür prügeln.

Tatsache ist, daß die Studie tatsächlich einigermaßen zeitgerecht abgeschlossen wurde. Hier ist sie. (Der Redner zeigt eine Studie.) Sie ist datiert mit November 1995, aber man weiß nie so genau: Ist das die endgültige Fassung oder nicht? Angeblich hat das Finanzministerium angeregt, den einen oder anderen Passus noch zu ergänzen, zu korrigieren, was weiß ich.


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