Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 27. Sitzung / Seite 216

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Eigenmittel der gemeinnützigen Bauvereinigungen noch verschärft werden. – Das heißt auf gut deutsch: Wenn jemand 25, 30 Jahre in einer Wohnung gewohnt hat, dann auszieht und ein anderer neu einzieht, bekäme der auf einmal die Wohnung nach einer kurzen Miete geschenkt. – Das ist Ihr Antrag, das ist Unsinn, und dem kann man nicht zustimmen.

Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Wie bereits erwähnt, wird sich die Sozialdemokratie ernsthaften Gesprächen über eine Weiterentwicklung der Wohnungsgemeinnützigkeit sicher nicht verschließen. Wir haben das nie getan. Die Betonung liegt aber auf "ernsthaft" und auf "Weiterentwicklung" und nicht auf "vordergründig" und "Abschaffung", wie es in Ihrem Antrag der Fall ist. In diesem Sinn wird es in nächster Zeit auch von uns zu konkreten Vorschlägen hinsichtlich der Auslaufgewinne der gemeinnützigen Bauvereinigungen kommen. Auch über die Gestaltung von Verfügungsrechten, etwa in Wien, sollte diskutiert werden.

Aber bei all diesen Überlegungen darf auf die Leistung und aktuelle Daseinsberechtigung der gemeinnützigen Bauträger nicht vergessen werden. Immerhin – ich nenne jetzt auch ein paar Zahlen – haben die gemeinnützigen Bauträger 1995 nicht weniger als 22 000 neue Wohnungen fertiggestellt, was eine Steigerung gegenüber dem Vorjahr um rund 20 Prozent bedeutet. – Zeigen Sie mir einmal einen privaten Bauträger, der im Wohnbereich das kann, gemacht hätte oder gemacht hat. Im Vergleich zu 1990 ist die Zahl der übergebenen Wohnungen um nicht weniger als 70 Prozent angewachsen. 22 000 Wohnungen bedeuten – das sage ich zur Illustration – eine Stadt in der Größe von St. Pölten.

Eine ähnlich bedeutende Entwicklung läßt sich für das laufende Jahr absehen. Immerhin hat dies auch die Sicherung von etwa 60 000 Arbeitsplätzen zur Folge. – Da frage ich Sie: Wenn die Privaten so wild und so günstig bauen, wie Sie das behaupten, warum müssen dann die Gemeinnützigen überhaupt noch so viel bauen? Offenbar gelingt dies den Privaten aber nicht, und daher haben wir Gott sei Dank die gemeinnützige Wohnwirtschaft, die die Bevölkerung mit Wohnungen ordentlich und preisgünstig versorgt und gleichzeitig Arbeitsplätze schafft. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Mag. Firlinger .) Herr Kollege Firlinger! Das sind die Fakten. Die müssen Sie zur Kenntnis nehmen, ob Sie wollen oder nicht!

Bevor man die Gemeinnützigkeit direkt oder indirekt in Frage stellt, sollte man sich vor Augen halten, daß gemeinnützige Bauträger unter anderem gesetzlich zur Erfüllung von Aufgaben des Gemeinwohls verpflichtet sind. Es handelt sich bei ihnen nicht um freie Unternehmer, sondern eben um gemeinnützige Bauträger. Sie errichten Wohnraum für einen zu begünstigenden Personenkreis und entfalten ihre Bautätigkeit auch in wirtschaftlich schwachen Regionen, wo kein privater Investor sich engagiert, weil dort nämlich die Bevölkerung finanzschwach ist. Ihnen ist völlig Wurst, wie die Leute dort wohnen, uns ist das aber nicht Wurst! Den Vertretern des Liberalismus war es und ist es offenbar immer noch Wurst! So verhält es sich offensichtlich!

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben es in diesem Zusammenhang mit einem Vorschlag des Liberalen Forums zu tun, dem wir sicher nicht die Zustimmung geben können. Die Vertreter des privaten Wohnungsmarktes, meine Damen und Herren, haben gerade in den letzten Jahren eindrucksvoll unter Beweis gestellt, daß sie nicht in der Lage sind, dem Wohnungsuchenden, der über nicht besonders hohe Finanzmittel verfügt, ähnliche Sicherheiten zu bieten wie die Gemeinnützigen. Seien wir im Interesse einer verantwortungsvollen und sozialen Gesellschaftspolitik daher vorsichtig, und werfen wir unter dem Oberbegriff der Liberalität diese Grundwerte nicht über Bord! – Ich danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

23.08

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Der nächste Redner ist Herr Abgeordneter Kampichler. – Bitte, Herr Abgeordneter.

23.08

Abgeordneter Franz Kampichler (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Bei oberflächlicher Betrachtung erscheint der Antrag des Liberalen Forums auf Änderung des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes plausibel. Wenn die Hypothekardarlehen abgezahlt sind, soll die Mietwohnung in das Eigentum des Mieters übergehen. Die Miete fällt damit weg, und es fallen nur mehr geringfügige Erhaltungs- beziehungs


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