Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 31. Sitzung / Seite 63

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Präsident Dr. Heinrich Neisser: Wir gelangen nunmehr zu den Punkten 2 und 3 der heutigen Tagesordnung. Es sind dies Erklärungen des Bundesministers für Finanzen sowie des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten zur wirtschaftlichen Lage.

Gemäß § 81 der Geschäftsordnung wird über Verlangen von fünf Abgeordneten im Anschluß an diese Erklärungen eine gemeinsame Debatte stattfinden.

Ich erteile zunächst Herrn Bundesminister für Finanzen das Wort.

13.35

Bundesminister für Finanzen Mag. Viktor Klima: Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich weiß, daß Sie heute sehr viele wichtige und interessante Themen auf der Tagesordnung haben, aber ich erlaube mir trotzdem traditionsgemäß – in Ergänzung zu dem vorliegenden, sehr umfangreichen schriftlichen Bericht der Bundesregierung über das Jahr 1996 – einige Bemerkungen zu machen.

Ich habe vor etwa drei Monaten dem Hohen Haus die Bundesvoranschläge 1996 und 1997 vortragen dürfen. Bereits damals habe ich im Rahmen der Budgetrede darauf hingewiesen, daß sich die Bundesregierung ein über zwei Jahre hinausgehendes Programm erarbeitet hat – mit einem Schwerpunkt: der Beschäftigungssicherung in unserem Lande.

In Ergänzung zu diesen Konsolidierungsbestrebungen wurden daher Maßnahmen vorbereitet und in großem Umfang bereits gesetzt, die in ihrem Gesamteffekt die Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Wirtschaft, die Qualität unseres Wirtschaftsstandortes sicherstellen sollen und damit mittel- bis langfristig für Arbeitsplätze sorgen werden. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dazu zählen Impulse im Bereich der Infrastruktur, des Hochbaus, der Abwasserwirtschaft, der Abfallentsorgung ebenso wie die Unterstützung von Exporten und von Unternehmensgründungen, die Straffung von Behördenverfahren und ähnliches mehr.

All dies wird nicht nur kurzfristig – im Primäreffekt – die Beschäftigung sichern, sondern vor allem im Sekundäreffekt, also mittelfristig, die Qualität unseres Standortes erhöhen und damit die Wettbewerbsfähigkeit sichern.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! In diesem Zusammenhang möchte ich ganz kurz auf die Bemerkungen meines Vorredners eingehen. Ich halte es für unverzichtbar, daß die österreichische Bundesregierung – im Rahmen der Welthandelsvereinbarungen, im Rahmen des WTO-Agreements – die Anliegen vieler europäischer Länder, die Anliegen der Sozialpartner in Europa, die Anliegen der Gewerkschaften unterstützen. Ebenso halte ich es für unverzichtbar, daß wir in dieses Welthandels-Agreement – in Singapur im Herbst dieses Jahres – auch ein Minimum an "core labour standards" aufnehmen, Standards also, welche zum Beispiel Kinderarbeit und Zwangsarbeit verhindern, Standards, welche die Versammlungsfreiheit und die Gewerkschaftsfreiheit sicherstellen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Erlauben Sie mir aber ein offenes Wort: Es ist evident, daß es um die Wirtschaftslage Österreichs derzeit weniger gut steht, als wir es alle gerne hätten. Österreich hat zwar die Rezession des Jahres 1993 dank einer effizienten Wirtschaftspolitik deutlich besser überstanden als die meisten anderen europäischen Länder – unser Wirtschaftswachstum hat sich verlangsamt, ist aber immer noch ein Wachstum! Im Vergleich zu den Mitgliedstaaten der Europäischen Union ist die Wirtschaftsentwicklung in Österreich durchaus besser verlaufen. Das österreichische Wirtschaftswachstum in den neunziger Jahren lag über dem Durchschnitt der anderen westeuropäischen Staaten.

Der wirtschaftliche Aufschwung, der nach 1993 einsetzte, kam allerdings Mitte des vorigen Jahres zum Stillstand. Die Europäische Union mußte ihre Wachstumsprognosen für die Jahre 1995 bis 1997 für nahezu alle Mitgliedstaaten deutlich zurücknehmen.


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