Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 37. Sitzung / Seite 91

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einen Ausgleich!) Richtig. Wir brauchen diese sozialen Standards (Abg. Verzetnitsch: Genau!), um ein Sozialdumping zu verhindern. Wir müssen wissen – und das ist jetzt an die Grünen gerichtet –, daß wir nicht zuerst von einer Sozialunion sprechen können, bevor wir nicht die Wirtschaft und deren Leistungsfähigkeit in die Lage versetzt haben, diese Sozialstandards tatsächlich erfüllen zu können. Das ist der zentrale Punkt. (Beifall beim Liberalen Forum. – Zwischenruf des Abg. Verzetnitsch. )

Das, meine ich, sollten wir uns auch in Erinnerung rufen in bezug auf Sozialstandards, auf Forderungen nach Mindeststandards in der Europäischen Union. Wir in Österreich haben sehr hohe Standards – und die wollen wir erhalten. Dafür müssen wir wirtschaftlicher umso effektiver sein, damit wir sie uns leisten können. Und damit sind wir wieder bei der Aufgabenteilung zwischen der Europäischen Union und der innerstaatlichen österreichischen Eigenverantwortlichkeit für Sozialpolitik, Beschäftigungspolitik und so weiter.

Der entscheidende Punkt ist, daß wir nicht diese Grenzen verwischen zwischen dem, was die EU kann und soll, und dem, wofür wir in unserer Republik in Sachen Beschäftigungs- und Sozialpolitik verantwortlich sind. Diese Grenze versuchen Sie jedoch zurzeit im Wahlkampf zu verwischen – und dagegen wehren wir uns. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Deshalb fordern wir, daß Sie hier in Österreich die Bedingungen für leichteres Wirtschaften, für bessere Beschäftigungsmarktverhältnisse schaffen, daß Sie hier endlich Ihre politische Reformbereitschaft entdecken. Die Liste jener Dinge, die Sie hier versäumen, wo Sie hinten sind, wo Sie bestenfalls etwas versprochen, aber nichts eingehalten haben, diese Liste ist nicht enden wollend. So etwa: Flexibilisierung der Arbeitszeit. Was ist denn geschehen? – Kaum etwas. Was ist geschehen beim steuerlichen Privileg hinsichtlich Überstunden? Das wäre wichtig zur Verteilung von Arbeit. – Nichts ist geschehen. (Präsident Dr. Neisser gibt das Glockenzeichen.) Was ist mit dem Angleichen des Pensionsrechtes, des Sozialrechtes zwischen Arbeitern, Angestellten und Beamten? Nichts! Was ist mit der Gewerbeordnung? – Auch da geht nichts weiter. Was ist mit der Ladenöffnung? – Nichts geschieht! (Präsident Dr. Neisser gibt neuerlich das Glockenzeichen.)

Herr Präsident, mein letzter Satz: Wir sollten hier in Österreich den politischen Reformbedarf, den wir haben, endlich angehen, bevor wir dieses große soziale Problem in die Europäische Union sozusagen zu entsorgen versuchen. Das wäre ein Fehlweg, und den wollen wir verhindern. Wir fordern daher Reformbereitschaft von Ihnen ein! (Beifall beim Liberalen Forum.)

14.40

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Herr Abgeordneter! Ich hoffe, Sie verstehen meine Großzügigkeit bei der Auslegung der Redezeit nicht falsch. Ich möchte Sie darauf aufmerksam machen, daß aufgrund der Geschäftsordnungsreform die maximale Redezeit für jeden einzelnen Redner mit 20 Minuten festgelegt ist und ich in Zukunft eine so großzügige Interpretation nicht handhaben werde. (Abg. Mag. Stadler: Das hat er selbst mitbeschlossen!)

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Nowotny. – Bitte.

14.41

Abgeordneter Dr. Ewald Nowotny (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Der mir sehr sympathische Abgeordnete Frischenschlager hat hier mit großer Vehemenz im wesentlichen offene Türen eingerannt. – Ich glaube, Sie haben durchaus europäische Anliegen, aber ich sehe eigentlich nicht den Unterschied, den Sie herausarbeiten wollten. Was ich aber für richtig halte, ist, daß wir die Chance nutzen, mit dieser Debatte einen Überblick zu geben.

Was hat uns die EU-Mitgliedschaft in der Zeit, die seit dem Beitritt verstrichen ist, gebracht? – Wenn wir die Wirkungen von der ökonomischen Seite her ansehen, so ist vorausgesagt worden, daß der erste Effekt eine deutliche, eine erwünschte Verschärfung der Wettbewerbsintensität sein wird. Diese ist eingetreten, mit dem Effekt deutlich geringerer Inflationsraten. Wir haben heute eine der niedrigsten Inflationsraten der Nachkriegszeit in Österreich überhaupt, was unmittelbar den Konsumenten zugute kommt, damit den Verbrauchern, damit den Familien und damit im speziellen den Beziehern der niedrigsten Einkommen, die davon im besonderen Maß


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