Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 37. Sitzung / Seite 171

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also, daß es möglich ist, derartige Verhandlungen erfolgreich zu führen, wenn man sich nicht vor Brüssel fürchtet, wie Schlögl gesagt hat. Mich wundert nicht, daß der Spruch die Runde macht: Denkt er an Brüssel in der Nacht, dann ist er um den Schlaf gebracht.

Meine Damen und Herren! Dieser Spruch stammt nicht von mir, sondern von keinem geringeren als CSU-Chef Stoiber, interessanterweise einem erfolgreichen neokonservativen Politiker, der sehr viel von den freiheitlichen Vorstellungen abkupfert und wie Finanzminister Waigel auch feststellt, daß es bei den Beitragszahlungen der Bundesrepublik nicht mehr so weitergehen könne und daher seitens der Bundesrepublik entsprechende Neuverhandlungen ins Auge gefaßt werden.

Das heißt, meine Damen und Herren, daß Ihr Verhandlungsergebnis eine Katastrophe war. Seinerzeit, am 2. März 1994, hat Häupl gesagt, über die Verhandlungsergebnisse sei er erfreut. Jetzt sind die Posthorntöne des Herrn Häupl eingefroren. Er ist wieder einmal auf dem Trip des Herrn Ettl von der SPÖ unterwegs, der schlußendlich feststellt, daß auch starke soziale Ungereimtheiten im Ergebnis Ihrer Vertragsverhandlung, also in diesen Verträgen, enthalten sind. Dem braucht man nichts hinzuzufügen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

20.31

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Der Entschließungsantrag, den Herr Abgeordneter Haigermoser verlesen hat, ist ausreichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dietachmayr. – Bitte, Herr Abgeordneter.

20.31

Abgeordneter Helmut Dietachmayr (SPÖ): Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Meine Damen und Herren! Ich glaube, in solch einer ernsten Debatte, in welcher es um Beschäftigung, Wirtschaft und Arbeitsplätze geht, sollte doch wieder etwas mehr Sachlichkeit Platz greifen. Daher möchte ich auch grundsätzlich ... (Ruf bei den Freiheitlichen: Da kenne ich mich überhaupt nicht mehr aus!) Naja, wenn man sich nicht mit den Analysen beschäftigt, sondern hier immer nur polemisch argumentiert, dann kann ich mir schon vorstellen, daß Ihnen der Blick auf das Wesentliche und auf die Sache verlorengeht, meine Damen und Herren von den Freiheitlichen. (Beifall bei der SPÖ.)

Die derzeit stattfindenden strukturellen Veränderungen in der Wirtschaft werden weitgehend als krisenhafte Entwicklung empfunden. Altes, Gewohntes ist in seinem Bestand bedroht. Unternehmen sehen sich einem verstärkten Konkurrenz- und Rationalisierungsdruck ausgesetzt, und die Arbeitnehmer sehen ihre Arbeitsplätze gefährdet. Diese Entwicklung gibt es sowohl in Europa als auch in den USA – das ist ja nicht auf ein Land alleine beschränkt –, aber auch in anderen Industrieregionen der Welt ist ein sich rasant beschleunigender Strukturwandel zu verzeichnen.

Wesentliche Kennzeichen dieses Wandels sind die steigende Internationalisierung und Globalisierung der Wirtschaft. Die Produktion, der Ein- und Verkauf von Ressourcen und Waren werden von immer mehr Unternehmungen, insbesondere von großen Konzernen, im weltweiten Maßstab organisiert. Diese Entwicklung und die Anwendung neuer Technologien dringen in alle Produktions- und Lebensbereiche vor und verändern die Organisations-, Arbeits- und Lebensbedingungen radikal. Entsprechend kürzer werden dadurch auch die Lebenszyklen und Herstellungsmethoden von Produkten, und die internationale Arbeitsteilung bewirkt Veränderungen und Sättigungstendenzen auf traditionellen Märkten.

Gleichzeitig wandern Industrien aus den industriellen Zentren in die peripheren Regionen und in die Schwellenländer oder auch in Länder der Dritten Welt ab. Beschleunigt – gerade wir merken das sehr deutlich – wird dieser Prozeß durch die Öffnung der Märkte Osteuropas.

Neben der Abwanderung ganzer Industrien werden verschiedene Produktionsbereiche von Unternehmen ausgelagert, und so wird das Lohngefälle, aber auch die unterschiedlichsten Belastungsniveaus durch Umwelt- und Arbeitsschutzauflagen zur Steigerung der Gewinnsituation ausgenutzt. Das ist zunächst einmal die Analyse.


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