Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 38. Sitzung / Seite 87

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Oder: Ein Dachdecker darf nicht aufs Dach. Allerdings nur wenn er Lehrling ist, denn wenn ein Gleichaltriger Hilfsarbeiter ist, darf er hinauf.

Frau Wurm! Wirtschaftsfreundlich sind diese Bestimmungen nicht. (Abg. Haigermoser: Arbeitsplatzvernichtend!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Wirtschaft ändert sich täglich. Daraus ergeben sich auch Aufgaben für den Gesetzgeber. (Abg. Haigermoser: Aber die Abgeordneten wissen das nicht!) Wir müssen praxisfremde Vorschriften so anpassen, daß man den Betrieben die Ausbildung wieder ermöglicht und daß der Unternehmer nicht ständig Angst vor dem Arbeitsinspektor haben muß.

Grundsätzlich hinterfragen sollten wir meiner Meinung nach, wenn wir das Problem diskutieren, den Anwendungsbereich des Kinder- und Jugendbeschäftigungsgesetzes. Wir müssen zur Kenntnis nehmen, daß sich die Gesellschaft in den letzten 40 Jahren verändert hat. Ein 18jähriger wird heute grundsätzlich als Erwachsener betrachtet. Er darf Auto fahren, er darf wählen, er darf zum Bundesheer, ja er darf, wie wir gestern gehört haben, seinen eigenen Pornofilm kaufen (Abg. Haigermoser: Mitspielen darf er nicht!) , und er darf selbst für seine Alimente aufkommen, nur arbeiten darf er nicht wie ein Erwachsener, das heißt, er darf schon – vorausgesetzt er ist kein Lehrling. Auch diese Bestimmung stößt auf Unverständnis bei Betrieben und Beschäftigten, und man tut auch den jungen Leuten nichts Gutes damit. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Dr. Khol. – Abg. Haigermoser: Das müßt ihr ändern! Ihr seid in der Regierung! – Abg. Dr. Khol macht eine Geste in Richtung SPÖ.)

Wir sollten den Mut haben, auf solche gesellschaftlichen Veränderungen einzugehen. Im übrigen entspricht das auch voll der EU Richtlinie. (Abg. Haigermoser: Trinkl, du kannst das gleich beweisen!) Wir werden das beweisen, wir werden uns sehr bemühen. (Abg. Haigermoser: Du kannst gleich deinen Mut beweisen und mit uns mitstimmen!) Nur, in der ersten Lesung stimmen wir nicht ab, Herr Kollege. (Abg. Haigermoser: Der Kollege Peter macht auch mit, und dann ...!) Dann sind wir zu dritt. Jawohl! (Lebhafte Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP. – Abg. Haigermoser: Du zeigst Mut nur vor dem eigenen Spiegel!)

Das wohl schwerwiegendste Problem für viele Ausbildungsbetriebe sind die starren Arbeitszeitregelungen. Es ist heute geradezu unmöglich, einen Lehrling auf eine Baustelle mitzunehmen, meine Damen und Herren, weil er andere Arbeitszeiten hat als ein Erwachsener. Wie soll er aber ein guter Facharbeiter werden, wenn er sein erlerntes Wissen nicht anwenden kann? Es ist heute weder eine Durchrechnung noch das Einarbeiten von Feiertagen möglich.

Wir müssen einfach zur Kenntnis nehmen, daß die Anforderungen für die einzelnen Branchen unterschiedlich sind. Es ist ein Unterschied, ob jemand im Handel tätig ist oder in einem Industriebetrieb, in dem Schichtbetrieb herrscht. Flexibilität sollte kein Schlagwort sein, und ich bitte auch den Sozialpartner und auch den Koalitionspartner, hier ein wenig an Flexibilität zur Anwendung zu bringen. (Beifall bei der ÖVP.)

Wenn wir die Betriebe bewegen wollen, wieder Lehrlinge aufzunehmen, dann müssen wir zeitgemäße Rahmenbedingungen geben. Ich bin der Meinung, wir sollten es tun. Im Interesse unserer Jugendlichen! – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

14.39

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es ist niemand mehr zu Wort gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ich weise den Antrag 239/A dem Ausschuß für Arbeit und Soziales zu.

3. Punkt

Erste Lesung des Antrages 6/A der Abgeordneten Mag. Helmut Peter und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Öffnungszeitengesetz 1991 (BGBl. Nr. 1992/50) aufgehoben wird


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