Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 38. Sitzung / Seite 132

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wir, Frau Dr. Schmidt, die Sie in dieser Sache wirklich null Ahnung haben, gut aufgehoben! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

18.00

Präsident Dr. Heinz Fischer: Als nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Monika Langthaler. – Bitte sehr.

18.00

Abgeordnete Ing. Monika Langthaler (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen von der liberalen Fraktion! Wir haben ja sehr oft im Bereich der Grundrechte und auch vieler gesellschaftspolitischer Punkte große Übereinstimmung. Da haben Grüne und Liberale oft ähnliche Vorstellungen und ziehen an einem gemeinsamen Strang. Aber wenn es um Wirtschaftspolitik geht, und im besonderen hier um Ihre Maßnahmen der Liberalisierung, der einseitigen Liberalisierung, wie ich meine, zu Lasten einer guten sozialen Absicherung, trennen uns wirklich Welten. (Abg. Mag. Firlinger: Wo, Frau Kollegin?)

Vor allem die Vorschläge betreffend die grundsätzliche Abschaffung einer Ladenöffnungsregelung in Österreich halte ich für falsch. Ich halte diesen radikalen Wirtschaftsliberalismus, den Sie hier vertreten, für einen der ältesten Irrtümer, und es hat sich bereits vor hundert Jahren gezeigt, in welche Richtung das führt.

Es ist mir deshalb auch unverständlich, weshalb Sie hier sowohl der Regierung als auch den Grünen immer wieder vorwerfen, daß die Regierung und auch wir altmodische Konzepte vertreten, obwohl es doch eigentlich so ist, daß gerade diese Art von Beschleunigung von purem Kapitalismus das ursprünglichste und älteste Konzept war, das ganz einfach auch dazu geführt hat, daß es damals nicht nur zu keiner sozialen Absicherung, sondern vor allem auch zu keiner Weiterentwicklung der Demokratie in Europa gekommen ist.

Demokratische Standards und sozialpolitische Standards sind nicht voneinander zu trennen. Umso mehr verwundert es mich immer, daß dieser Widerspruch bei Ihnen besteht und daß Sie nicht versuchen, die wirklichen Schäden, die durch eine solche Regelung passieren würden, und die Lasten, die es gerade für Frauen in diesem Bereich geben würde, zu sehen und mit uns zu diskutieren.

Eines Ihrer Argumente bei der Diskussion um die Öffnungszeiten ist immer wieder, daß es aufgrund der Flexibilisierung im Bereich der Arbeitsmarktpolitik zu mehr Arbeitsplätzen kommen würde. Die konkreten Beispiele in anderen Ländern zeigen aber, daß das ein Irrtum ist. Sowohl in Großbritannien als auch in den Vereinigten Staaten hat sich gezeigt, daß es nicht zur Schaffung von mehr Arbeitsplätzen gekommen ist, sondern – und da gebe ich Frau Kollegin Hostasch hundertprozentig recht – dazu, daß sich die Arbeitslosigkeit dahinter versteckt hat, daß man hinter den Begriffen von befristeten und geringfügigen sowie Teilzeit-Arbeitsplätzen das Problem wirklich viel zu spät gesehen wurde und daß wir uns damit von einem Ziel, das wir doch hoffentlich alle haben, immer weiter entfernen, nämlich von der Vollbeschäftigung.

Wenn es einen Konsens darüber gibt und wenn es unser politisches Ziel ist, in Österreich und in Europa dafür zu sorgen, daß es Vollbeschäftigung geben soll, dann kann eine generelle Abschaffung der Ladenöffnungszeiten beziehungsweise können Vorstellungen einer radikalen Liberalisierung und Deregulierung, wie Sie sie wünschen, nicht damit in Einklang stehen.

Obwohl ich Ihre persönlichen Erfahrungen auch kenne und teile, sind wir, die wir hier herinnen sitzen, aufgrund unserer Jobs extrem privilegiert. Jeder von uns hat das Erlebnis, daß man um 18 Uhr vor versperrten Geschäften steht und am Wochenende, gerade wenn man als gestreßter Politiker oder Manager – oder was immer – Zeit hätte, uns die Möglichkeit genommen wird, einzukaufen. Wir sind in dieser Weise extrem privilegiert und haben eine völlig andere Wahrnehmung.

Wenn ich dann aber sehr bewußt mit den Kassierinnen oder Verkäuferinnen der verschiedenen Supermärkte in Wien rede, dann erlebe und höre ich einfach, daß es nicht die Ausnahme ist, sondern immer mehr die Regel wird, daß Frauen, die um 4 Uhr früh aufstehen, nach Wien


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