Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 40. Sitzung / Seite 53

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Republik, das am häufigsten novelliert wurde – nicht weil es schlecht ist, sondern weil die wirtschaftliche, gesellschaftliche, soziale und technische Entwicklung ständig neue soziale Bedürfnisse schafft. Das ist der Grund für diese oftmalige Novellierung. Auch das muß man einmal sehr, sehr deutlich sagen!

Es ist in der Demokratie nicht die Verantwortung der Mehrheit, zu erklären, warum etwas nicht geht, wie das die Opposition tut, sondern zu erklären, wie es geht, wie man gestaltet und wie man Politik macht! Das heutige Gesetz ist eine Problemlösung, meine Damen und Herren, die zweifellos nicht der Weisheit letzter Schluß ist. Und ich sage Ihnen voraus: Natürlich wird es auch in Zukunft Novellen zu Sozialversicherungsgesetzen geben, aber diese Regelung, die wir heute beschließen, ist allein schon dadurch ein wesentlicher Fortschritt, daß es einigermaßen unbestritten ist, daß durch die Erhöhung der Grenze auf 7 000 S ungefähr zwei Drittel aller Fälle wieder wegfallen, die von der alten, noch geltenden Regelung betroffen sind: Zwei Drittel aller Fälle werden allein durch die Anhebung der Geringfügigkeitsgrenze von 3 600 S auf 7 000 S wegfallen. – Wenn das kein Fortschritt ist, meine Damen und Herren, dann weiß ich nicht, was ein Fortschritt ist: Zwei Drittel sind nicht mehr betroffen von dieser Regelung! (Beifall bei der ÖVP.)

Eines muß man auch sehr deutlich sagen: Die von mir gerade angesprochene wirtschaftliche, gesellschaftliche und vor allem technologische Entwicklung – Stichwort Telearbeit – zeigt in der Praxis die Grenzen auf: Was ist ein Arbeitsvertrag, was ist ein Werkvertrag, ein echter, ein unechter, was ist ein dienstnehmerähnlicher Vertrag, was ist ein freier Arbeitsvertrag? – Die Grenzen werden immer fließender.

Ich weiß schon: Die einfachste Lösung wäre – und ich gebe zu, ich habe selbst einige Zeit damit geliebäugelt – die berühmte große Lösung, die da lautet: Entweder bist du Arbeitnehmer, dann bist du eben ASVG-versichert, oder du bist nicht Arbeitnehmer, dann bist du eine Art Selbständiger, dann bist du im GSVG versichert. – Wunderbar. Nur, meine Damen und Herren: Was heißt das? – Das heißt, daß der Kreis der dann Betroffenen mindestens vier- bis fünfmal so groß wäre als der Kreis, der jetzt davon betroffen ist. Den Wirbel schaue ich mir an, den es geben wird, wenn wir in einigen Jahren vielleicht diese große Lösung beschließen werden, meine Damen und Herren! (Zwischenruf des Abg. Mag. Peter. )

Es schaut alles gut aus, solange es nicht konkret ist. Wenn es dann konkret wird und die betroffenen Gruppen draufkommen, was das für sie bedeutet, dann schaut es ganz anders aus, Herr Kollege Peter. Dann schaut es ganz anders aus! Dann kommt man mit billiger Polemik nicht mehr über die Runden. Dann kommt die Stunde der Wahrheit.

Und eines, glaube ich, muß man auch sehr deutlich sagen, meine sehr geehrten Damen und Herren: Diese Regelung – und ich bin überzeugt, wir werden über diese Materie weiterhin diskutieren müssen, genauso wie wir über das gesamte Sozialrecht weiterhin diskutieren müssen –, die wir heute beschließen, ist ein Schritt in die richtige Richtung, daher kann ich guten Gewissens, ohne meinen Ruf zu gefährden, dieser Regelung zustimmen. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Wir haben uns diese Entscheidung nicht leichtgemacht, glauben Sie es mir, aber wir tragen die Verantwortung der Mehrheit, zu gestalten – und nicht nur zu kritisieren. (Beifall bei der ÖVP.)

14.07

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist nun Herr Abgeordneter Dr. Haselsteiner. – Bitte, Herr Abgeordneter.

14.07

Abgeordneter Dr. Hans Peter Haselsteiner (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich muß gestehen, daß ich eigentlich mit einem gewissen Frust hier zum Rednerpult gekommen bin, um zu einer Endlosdebatte auch noch einen Beitrag zu leisten. (Abg. Dr. Schwimmer: Sie können auch wieder reingehen!) Mit einem gewissen Frust deshalb, weil ich glaube, daß in diesem Hohen Haus niemand – auch Sie nicht, Herr Stummvoll – überzeugt ist, daß das, was wir beschließen werden – besser gesagt: was Sie


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