Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 40. Sitzung / Seite 59

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Viele haben es bis jetzt geschafft, gerade noch über die 3 600-S-Grenze zu kommen, um sozialversicherungsrechtlich abgesichert zu sein. Durch die Erhöhung auf 7 000 S wird das in Zukunft für viele nicht mehr möglich sein, sondern sie werden wieder in der Abhängigkeit von ihren Männern, von stationären Einrichtungen, von ihren Eltern sein. Und das wollten Sie anscheinend bewußt erreichen.

Ich habe Ihnen von der SPÖ, von der ÖVP und auch von der FPÖ noch nie zugestanden, daß Sie besonders frauenfreundlich sind, auch beim Liberalen Forum habe ich mein Problem damit. Es ist auch nie zur Diskussion gestanden, daß Sie besonders viel für behinderte Menschen übrig haben, aber daß Sie uns jetzt so fallenlassen und uns so untergehen lassen, das ist ungeheuerlich, das ist menschenverachtend, das ist menschenunwürdig!

Meine Damen und Herren! Ich fordere Sie auf: Wenn Sie auch nur ein Stück Bekenntnis zu den Frauen mit geringem Einkommen, zu behinderten Menschen, zu Tagesmüttern und allen anderen Menschen, die wenig verdienen können, haben, dann stimmen Sie heute diesem Entschließungsantrag nicht zu, denn eine Zustimmung bedeutet, daß Sie sich von diesen sozial schwachen Menschen in Zukunft noch mehr verabschieden und sie völlig allein im Regen stehenlassen!

Die vom Liberalen Forum vorgeschlagene Lösung, daß jeder schauen soll, sich eine Sozialversicherung zu suchen, die ihn dann auch absichern kann, ist nicht möglich. Sie alle wissen, daß gerade behinderte Menschen oder Menschen, die krank sind, von keiner einzigen Versicherungsanstalt genommen werden. Sie haben keine Chance, sich eine Versicherung zu erkaufen, weil ab 50 Prozent Behinderung jeder behinderte Mensch vom Dachverband abgewiesen wird. Es ist nicht leicht, sich selbst zu versichern und für sich selbst zu regeln, daß man halbwegs eine Absicherung erhält. Das geht nur für jene, die springen können und gut drauf sind – mit "gut drauf" meine ich, daß sie viel verdienen und körperlich gesund sind –, aber all jene Menschen, die das nicht haben und für die das nicht möglich ist, sind weg, sind jetzt völlig hinausgeflogen aus dem sozialen Netz.

Herr Minister! Sie müssen mir erklären, was Sie den behinderten Menschen, den Tagesmüttern und den Menschen mit geringem Einkommen zu sagen haben, wie es für sie jetzt weitergehen soll, damit sie die Möglichkeit haben, eine Pension zu erwerben, damit sie die Möglichkeit haben, selbst sozialversicherungsrechtlich abgesichert zu sein, selbst in die Pensionsversicherung, in die Arbeitslosenversicherung einzahlen zu können, wenn sie erst einmal 7 000 S verdienen müssen, um überhaupt in den Genuß einer sozialen Absicherung zu kommen. Welche Alternativen haben Sie für Menschen, die ein Einkommen von 7 000 S nicht erreichen können? Wenn Sie eine Alternative haben, dann sagen Sie sie mir! Aber Sie haben keine.

Für mich gibt es nur eine einzige Möglichkeit, allen Menschen eine soziale Sicherung zu geben, nämlich dadurch, daß sie bei einer Erwerbstätigkeit automatisch sozialversichert sind. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Solange Sie nicht bereit sind, allen erwerbstätigen Menschen eine soziale Absicherung zu geben, sondern ganz im Gegenteil die Geringfügigkeitsgrenze von 3 600 S auf 7 000 S hochschrauben, stellen Sie Ihre soziale Kompetenz in Frage, Herr Minister, denn damit haben Sie diese Menschen, die dieses Einkommen niemals erreichen können, im Regen stehenlassen und Ihre soziale Verantwortung abgegeben – abgegeben auf Kosten dieser Menschen, denen es bis heute ohnehin noch nie gut gegangen ist. (Beifall bei den Grünen.)

14.36

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zum Wort gemeldet ist nunmehr Herr Bundesminister Hums. – Bitte, Herr Bundesminister.

14.36

Bundesminister für Arbeit und Soziales Franz Hums: Sehr geehrte Frau Abgeordnete! Ich glaube, ich muß nochmals Irrtümer berichtigen und klarstellen. Diese Neuregelung soll gerade dem Zweck dienen, daß Menschen nicht aus der Sozialversicherung hinausgedrängt werden können. Daher habe ich auch nicht verstanden, warum gerade die grüne Fraktion, die sich sehr


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