Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 48. Sitzung / Seite 25

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Bundesminister für Justiz Dr. Nikolaus Michalek: Grundsätzlich stehe ich zu der derzeitigen Situation. Ich halte die Möglichkeit der Weisungserteilung für unverzichtbar, jedenfalls im Rahmen der staatsanwaltschaftlichen Behörden, aber auch im Hinblick auf die politische Verantwortung durch den Bundesminister, wobei ich doch darauf hinweisen möchte, daß es sehr selten zu Weisungen kommt – und wenn, dann in aller Regel eine Weisung, die gegen die Oberstaatsanwaltschaft die Meinung der Staatsanwaltschaft erster Instanz wiederherstellt. Also insofern ist, so meine ich, das Ministerium oft ein Schiedsrichter zwischen den unterschiedlichen Meinungen der staatsanwaltschaftlichen Behörden darunter.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke. – Frau Dr. Petrovic.

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Herr Bundesminister! Ohne Zweifel muß es Maßnahmen des Konsumentenschutzes und wohl auch des Strafrechtes geben, um kriminelle Machenschaften im Zusammenhang mit Kettenbriefen und ähnlichen Vorkommnissen zu verhindern. Doch wie soll sichergestellt werden, daß nicht die – unter Anführungszeichen – "kleinen Beteiligten", die sich hier vielleicht eine Gewinnchance erhoffen, möglicherweise kriminalisiert werden?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister.

Bundesminister für Justiz Dr. Nikolaus Michalek: Ich glaube, es ist gelungen, in der in das gestern beschlossene Strafrechtsänderungsgesetz im Zuge der Ausschußberatungen aufgenommenen Strafbestimmung des neuen § 168a über Ketten- oder Pyramidenspiele diesen Weg in dem von Ihnen aufgezeigten Sinne zu gehen. Wir wollen mit dieser Bestimmung das Problem an sich erfassen, insbesondere unabhängig von der Bezeichnung dieser Spiele, oder wie immer es organisiert ist.

Es kommt uns entscheidend darauf an, ob ein Spiel vorliegt, bei dem Gewinn oder Verlust ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängt. Wir wollen alle auf dem Schneeballsystem beruhenden Einsatz- und Gewinnerwartungssysteme mit dem Erfordernis einer progressiven Beteiligung weiterer Teilnehmer erfassen, nicht aber den kleinen Mitspielenden, der selbst zum Opfer des Spieles geworden ist.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Abgeordneter Mag. Barmüller.

Abgeordneter Mag. Thomas Barmüller (Liberales Forum): Herr Bundesminister! Wie groß ist jetzt eigentlich die tatsächliche Zahl von solchen Pyramidenspielen? Ist das etwas, was sich schon so ausgewachsen hat, oder ist es nur so gewesen, daß es einzelne gegeben hat, die so quasi aufgetaucht sind, und daß man hier vorbeugend reagiert hat, oder ist das bereits zu einem flächendeckenden Problem geworden?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Justiz Dr. Nikolaus Michalek: Es hat immer wieder derartige Spiele gegeben, nicht nur dieses eine große, es hat auch immer wieder Verfahren gegeben. Wir haben Erhebungen gemacht, und in aller Regel wurden für das großangelegte Ingangsetzen und Vorantreiben derartiger Spiele Verfolgungen nach § 146 ff., also nach schwerem und gewerbsmäßigem Betrug, durchgeführt und auch Menschen verhaftet.

Wir haben auch dann, nachdem der Oberste Gerichtshof kürzlich seine bekannte Entscheidung getroffen hat, wonach es sich bei solchen Spielen um Glücksspiele handelt, die Oberstaatsanwaltschaften angewiesen, diese Verfahren zu untersuchen und eventuell weitere Anklagen vorzunehmen. Also ich meine, es ist das doch nicht nur eine Einzelerscheinung gewesen.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke. – Ich schlage vor, daß wir noch mit kurzen Fragen und kurzen Antworten die Frage des Kollegen Schwimmer absolvieren. – Bitte, Herr Abgeordneter.


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