Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 51. Sitzung / Seite 25

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später eine Enquete im Parlament angeregt. Das ist wirklich sehr blamabel, und ich hätte mir erwartet, daß Sie diesbezüglich schon ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, die Redezeit beachten!

Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (fortsetzend): ...  ein bißchen konstruktiver vorgehen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

11.06

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Kier. – Bitte sehr.

11.06

Abgeordneter Dr. Volker Kier (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Am Beginn meiner Ausführungen möchte ich unmittelbar auf die Ausführungen von Rosemarie Bauer antworten. Wenn meine Kollegin Motter der Meinung war, es wäre nützlich, wenn Aufklärungsmaterial veröffentlicht würde, dann muß ich sagen, daß ich in diesem Ausspruch überhaupt keinen Widerspruch zu den Ausführungen meiner Klubobfrau sehe, die sich in einer bestimmten Weise dem Thema genähert hat, indem sie aufgezeigt hat, daß es Defizite im Bereich der Aufklärung, in dem Feld, von dem wir heute reden, gibt. Daher glaube ich, Frau Kollegin Bauer, daß das eine mißlungene Redevorbereitung war. Sie haben offenbar die Anliegen von Kollegin Motter nicht hinlänglich hinterfragt, und außerdem – das war wahrscheinlich auch im rhetorischen Aufbau Ihrer Rede so vorgesehen – haben Sie es gebraucht, um meiner Klubobfrau den Vorwurf machen zu können, sie sei eine wertlose Gesellin. Denn wenn Sie unterstellen, daß jemand, der zu diesem Thema skeptische Anmerkungen macht, keine Werte vertritt – gerade der Umstand, daß er das tut, ist eine Form des Vertretens von Werten –, dann muß ich das ganz scharf zurückweisen (Beifall beim Liberalen Forum), denn nur dann, wenn man die Menschenwürde in den Mittelpunkt stellt, der Mensch in seiner Würde im Mittelpunkt steht, kann man sich diesem Thema mit der richtigen Distanz und dem richtigen Gefühl nähern.

Es gibt zwei Ebenen, auf denen das Problem läuft: die rationale Ebene – Aufklärung – und die emotionale Ebene – Beziehungsstrukturen. In beiden Feldern haben wir in unserer Gesellschaft schwere Defizite, und diese Defizite wohnen in den Familien. Wir haben ein Problem in den Beziehungsstrukturen, und wenn die Beziehungsstrukturen so schlecht sind, wie sie manchmal sind – auch als Folge von Armut und sozial desolaten Verhältnissen –, dann dürfen Sie sich nicht wundern, wenn freundliche Verführer erfolgreich sind.

Daher bitte ich Sie, zur Kenntnis zu nehmen, daß es überhaupt nur möglich ist, sich hier skeptisch und konstruktiv dem Thema zu nähern, wenn man Werte vertritt. Der politische Liberalismus hat in diesem Bereich viel erkämpft, zum Beispiel die Religionsfreiheit, die Gewissensfreiheit und die Glaubensfreiheit. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Wir sind nicht glücklich, wenn mit dem Vehikel Religionsfreiheit teilweise auch Mißbrauch betrieben wird. Aber es ist die Frage zu stellen: Warum ist das so? – Wir haben im 19. Jahrhundert endlich das Prinzip "Cuius regio, eius religio" – wer herrscht, bestimmt die Religion – überwunden und haben ein Lizenzierungssystem eingeführt, ein System zugelassener Religionsgemeinschaften, wo neben die ursprüngliche Staatsreligion dann sukzessive einzelne Religionen getreten sind. Wir haben sozusagen beschränkte Lizenzen ausgestellt. Ich frage Sie: Ist es notwendig, am Ende des 20. Jahrhunderts für Religionsgemeinschaften überhaupt Lizenzen auszustellen? Ist das überhaupt notwendig, oder kann ich nicht auch positive Definitionen statt negativer machen?

Daher sage ich Ihnen, der Begriff der staatlich anerkannten Religionsgemeinschaft setzt voraus, daß es auch nicht staatlich anerkannte Religionsgemeinschaften gibt. Und damit begehen Sie einmal grundsätzlich den ersten Denkfehler im System, weil das, was uns hier beschäftigt und weswegen solche Broschüren, wenn sie nur besser gemacht wären, günstig wären, betrifft nicht Fragen der Religion, sondern Fragen des Mißbrauchs von Beziehungsstrukturen, des Mißbrauchs von Instrumenten, wie zum Beispiel der Psychologie oder auch psychotherapeutischen Methoden, die da mißbraucht werden. Das sind möglicherweise – wahrscheinlich sogar – straf


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