Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 57. Sitzung / Seite 173

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Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Die nächste Wortmeldung liegt von Herrn Abgeordneten Mag. Guggenberger vor. – Bitte.

21.51

Abgeordneter Mag. Walter Guggenberger (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Die österreichische Bundesverfassung ordnet eigentlich den Ländern das Behindertenwesen als Aufgabe zu. Trotzdem haben wir als Bundesgesetzgeber in den letzten Jahren kontinuierlich die Lebensverhältnisse behinderter Menschen verbessert – wenn ich etwa an den Meilenstein Pflegevorsorge oder an die ganz wesentlichen Schritte in Richtung schulische Integration denke. Andererseits aber haben Philosophen wie Peter Singer oder Humangenetiker in erschreckender, bestürzender Weise über das Recht auf Leben und über eine neue Euthanasiepolitik diskutiert – Diskussionen, von denen man geglaubt hat, daß sie seit 50 Jahren ein für allemal der Vergangenheit angehören.

Vor einigen Monaten haben wir in diesem Haus über eine Petition diskutiert, die von 48 000 Menschen in diesem Land unterschrieben wurde. In dieser Petition hieß es unter anderem: "Wir verlangen die verfassungsrechtliche Gleichstellung behinderter Menschen in allen Lebenslagen." Diese Petition wurde unterschrieben von Bundesminister Mag. Viktor Klima. Diese Petition wurde unterschrieben von Dr. Gottfried Feurstein. "Ich unterstütze nachhaltig diese Resolution!", erklärte er. Diese Petition wurde unterschrieben von der damaligen Bundesministerin Maria Rauch-Kallat. Diese Petition wurde unterschrieben vom Bundespräsidenten Dr. Thomas Klestil, der wörtlich sagte: "Es geht um die Festlegung eines Grundrechtskataloges, dessen konkrete Umsetzung rechtswirksam durch die Behinderten eingefordert werden kann. Ich werde mich sehr dafür einsetzen, daß diese Arbeiten an einer verfassungsrechtlichen Festlegung konkret umgesetzt werden."

Wir Sozialdemokraten, die wir diesen Antrag eingebracht haben, haben uns am deutschen Grundrechtskatalog orientiert. "Niemand darf aufgrund seiner Behinderung benachteiligt werden", heißt es dort. Wenn namhafte Funktionsträger dieses Staates, wenn namhafte Vertreter aller in diesem Haus repräsentierten Parteien und nicht zuletzt auch wesentliche Vertreter unseres Koalitionspartners sich mit Brief und Siegel dafür verbürgt haben, daß es zu einer verfassungsrechtlichen Festlegung kommen muß, dann kann das ja wohl kein Problem sein.

Ich darf Sie alle miteinander daran erinnern, daß wir erst vor wenigen Wochen im Rahmen des Hauptausschusses des Nationalrates an die Europäische Regierungskonferenz die Aufforderung gerichtet haben, sich im Rahmen der Europäischen Verträge für ein Diskriminierungsverbot einzusetzen. Das haben SPÖ, ÖVP, Liberale und Grüne gemeinsam beschlossen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir können doch nicht guten Gewissens etwas von der Europäischen Union verlangen, das wir nicht selbst in unserem eigenen Wirkungsbereich zu erfüllen bereit sind.

In diesem Sinne lade ich Sie alle sehr, sehr herzlich ein, unserem Antrag, über dessen konkrete Ausformulierung wir selbstverständlich noch diskutieren werden und diskutieren können, in der Tendenz zuzustimmen. – Ich bitte Sie sehr darum. (Beifall bei der SPÖ.)

21.56

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Onodi. – Bitte, Frau Abgeordnete.

21.56

Abgeordnete Heidemaria Onodi (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Der Umstand, daß in der österreichischen Bundesverfassung weder soziale Grundrechte noch eine verfassungsrechtliche Verankerung als Sozialstaatsprinzip enthalten sind, wird vielfach als Mangel empfunden – obgleich wir hinsichtlich der sozialrechtlichen und arbeitsrechtlichen Standards auf einfachgesetzlicher Basis den Vergleich mit den anderen Staaten durchaus nicht zu scheuen brauchen.


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