Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 58. Sitzung / Seite 61

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

12.14

Abgeordneter Ing. Walter Meischberger (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Da in den letzten Tagen der ORF – wie gewohnt – vor allem dadurch aufgefallen ist, daß er seine Schuldigkeit gegenüber dieser großen Koalition, insbesondere gegenüber der Sozialistischen Partei, getan hat, indem er den neuen Bundeskanzler Klima hochgejubelt und so dargestellt hat, als hätte er keine politische Vergangenheit, als wäre er vorgestern als Meister vom Himmel gefallen, sind wir heute hier dabei, den ORF anhand dieses Rechnungshofberichtes dorthin zu holen, wo auch der zukünftige Bundeskanzler Klima bald wieder landen wird: nämlich auf den Boden der Realität. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Der Bericht an sich ist leider nicht besonders interessant, da er von der Zeit her überholt ist. Der Bericht behandelt den Zeitraum von 1986 bis 1990. Wenn man sich medienpolitisch ein bißchen interessiert, weiß man, daß eine derartige Zeitspanne, über die dieser Prüfungszeitraum geht, praktisch medienpolitische Steinzeit ist.

Ich glaube, den einzigen Bezug zur heutigen Zeit kann man wieder einmal im Proporzbereich herstellen. Der Spitzenkandidat der ÖVP in Wien, Ernst Wolfram Marboe, ist ja letztendlich über seine unappetitlichen Großtuereien und Insidergeschäfte im ORF damals als Unterhaltungsintendant gestolpert. Im vorliegenden Bericht scheint der Bezug auf, auf den der Rechnungshof insofern zurückgreift, als auf den letzten Seiten eindeutig darauf hingewiesen wird, daß man einzelnen Mitarbeitern gegenüber finanziell sehr entgegenkommend war. Der Rechnungshof empfiehlt dem ORF, sich größere Zurückhaltung bei Personalausgaben aufzuerlegen. – Das läßt schon tief blicken.

Die Aktualität zu heute will ich deswegen herstellen, weil ich in Erinnerung rufen möchte, wie lang der Arm des Ernst Wolfram Marboe anscheinend noch ist. Er hat damals Insidergeschäfte gemacht, auch mit seinem Sohn und dem Sohn seines Chefproducers Neuspiel. Und genau dieselbe Firma ist heute in einem der berühmten Sidelettern des Wiener Koalitionsübereinkommens vorgekommen. Man hat genau diese Firma, die Firma Sternstunden, die damals schon für einen Skandal gesorgt hatte, versorgt, indem man die in Zukunft boomende Sparte des Kabelfernsehens bereits im Koalitionsabkommen für die Firma Sternstunden des Marboe-Sohnes und seines Freundes abgesichert hat. Das ist Sechziger-Jahre-Denken, das ist Proporzdenken der schlimmsten Zeit. – Das sei hier vor allem deshalb erwähnt, weil man daran sieht, daß die große Koalition in diesen Fragen absolut nicht lernfähig ist. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wenn man den Bericht – außer im Bereich der hohen Personalkosten und der hohen Pensionsaufwendungen – weiter verfolgt, kommt man vielleicht auch auf die Kritik am Kostenrechnungssystem, das der ORF bisher hatte. Man hatte bereits im letzten Rechnungshofbericht – also 1986 – dieses Kostenrechnungssystem als antiquiert und aus vergangenen Zeiten stammend dargestellt. Dem Kostenrechnungssystem kommt deshalb große Bedeutung zu, weil daraus viele Informationen für die notwendige Geschäftspolitik abzuleiten sind.

Man hat zwar mit 1. 1. 1997 das Kostenrechnungssystem geändert, es bleibt aber trotzdem die Frage offen, warum man dafür zehn Jahre gebraucht hat, nachdem der Rechnungshof dieses System bereits 1986 als antiquiert dargestellt hat. – Es ist das ein sehr fahrlässiger Umgang mit den Vorwürfen des Rechnungshofes aus der letzten Prüfungszeit.

Kritik wird weiters an den unzureichenden Richtlinien im Bereich der Veranlagungsgeschäfte geübt – es wird vor allem darauf hingewiesen, daß eine einzelgeschäftsbezogene Ergebnisrechnung fehlt – und am ORF-Orchester, das anscheinend vor allem ein finanzielles Problemkind für den ORF in Zukunft werden wird. Es ist natürlich schwierig, zu fordern, daß man das ORF-Orchester oder einen derartigen Klangkörper aus finanziellen Gründen auflassen soll, aber man muß sich für die Zukunft diese Frage stellen.

170 Millionen Schilling Gesamtaufwand, davon zirka 78 Prozent Personalaufwand, schlechte Rahmengesetzgebung, schlechte Auslastung, unflexible Orchesterordnung und hohe Kosten – ich weiß nicht, ob sich der ORF in seinem zukünftigen Konkurrenzkampf ein derartiges Hobby


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite