Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 64. Sitzung / Seite 64

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

Erst heute kam ein ungewöhnlicher Brief der VOEST-Alpine mit folgendem Inhalt:

Mit dem zu geringen Angebot an schulischen und vor allem betrieblichen Ausbildungsplätzen öffnet sich für die betroffenen Jugendlichen eine gefährliche Qualifikationslücke. Mehr Angebot an qualitativen Ausbildungsstätten ist dringendst gefordert. Es ist absolut unverständlich, daß außer schönen Reden auf diesem Sektor nichts passiert. – Zitatende.

Die VOEST-Alpine – und nicht aufgebrachte freiheitliche Abgeordnete – haben Drogenkonsum, Alkoholismus, Vandalismus und steigende Radikalisierung beklagt. Das geht in die gleiche Richtung: Es gibt mangelnde Möglichkeiten nach einem Pflichtschulabschluß beziehungsweise ohne diesen Abschluß, eine Berufsvorbildung zu starten. – Bitte, bejammern Sie nicht nur diese Situation, sondern greifen Sie diesbezügliche Vorschläge – auch von unserer Fraktion – aus der Vergangenheit auf und bedenken Sie, daß auch das Angebot eines zehnten Pflichtschuljahres dieses Problem nicht beseitigen wird.

Die Jugend drängt ins Berufsleben hinaus. Sie flüchtet quasi vor der Schule und ist nicht bereit, sich ein weiteres Jahr in die Schule hineinzusetzen, um allgemeinbildende Inhalte zu konsumieren. Eine Berufsvorbildung ist in dieser Altersstufe die einzige Antwort auf das Gesagte.

Noch ein Allerletztes, Frau Bundesministerin: Sie geben in einem Interview in der "GÖD" bekannt: Die Autonomie an den Schulen wird ausgebaut. Ich will nicht den Lehrern ständig sagen, wo es langgeht. – Das ist die eine Seite, und die zweite ist die Erstellung eines Weißbuches zu einem 1999 zu erwartenden neuen Lehrplan.

Ich habe hier das Ergebnisprotokoll aus einer Schule, in der Lehrer, Schüler und Eltern zu diesem Weißbuch Stellung nehmen. Es wird unter Mißachtung der Schulpartnerschaft von oben aufgezwungen, die Lehrer werden zu Handlangern degradiert, obwohl sie nicht einmal in der Lehrplankommission sein dürfen. Die Kommissionen erwecken zwar den Anschein einer demokratischen Vorgangsweise, aber die Experten arbeiten hinter verschlossenen Türen. – Das ist die "Demokratie" im Schulbereich. Ihrer Aussage, Frau Bundesminister: Die Lehrer sollen nicht bevormundet werden, sondern sie sollen selber den Weg finden!, kann ich nur hinzufügen: Sie würden ihn auch finden. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

12.31

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Fuchs. – Bitte.

12.31

Abgeordnete Brunhilde Fuchs (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geschätzte Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Zu dem von den Freiheitlichen eingebrachten Antrag betreffend Begabtenförderung möchte ich festhalten, daß auch ich davon überzeugt bin, daß es bereits eine ausreichende Vielfalt an Maßnahmen und Möglichkeiten gibt, um Begabungen von Kindern in der Schule zu fördern. Beispiele wurden heute schon vielfach genannt. Ich weiß, daß das den Freiheitlichen und auch einigen Kolleginnen und Kollegen von der ÖVP noch zu wenig ist. – Ich bin der Überzeugung, daß hochbegabte Kinder keine Probleme haben, ihr Potential gut auszuschöpfen und optimal einzusetzen. Sie haben meist Eltern, die sich über jene Schulform informieren, die den besonderen Neigungen des Kindes entspricht und diese speziell fördert. Schulbehörden und Schulen bieten Unterstützung an, adäquate Formen zu finden; das ist sicher nicht unser Problem.

Wir Sozialdemokraten müssen jenen 56 000 Repetenten und jenen 5 000 Kindern, die keinen positiven Pflichtschulabschluß haben, verpflichtet sein. In unserem ausgezeichneten Bildungswesen gibt es immer noch schwerwiegendere Probleme zu lösen, bevor wir über die Notwendigkeit einer Eliteschule diskutieren sollten. Besonders glücklich verläuft – das nur so nebenbei bemerkt – die Diskussion in den Medien betreffend Karl-Popper-Schule auch nicht gerade.

Wir sind Volksvertreter und sollten wissen, wo die Probleme unserer Mitbürger liegen. An mich hat sich noch niemand gewendet, weil ein Kind zu wenig Lernangebote hat oder in der Schule unterfordert ist. Genau das Gegenteil ist der Fall: Wir wissen, daß zirka 1,5 Milliarden Schilling an Nachhilfegeldern oft unter großen Entbehrungen von Eltern aufgebracht werden, und das gilt es einzudämmen. (Beifall bei der SPÖ.)


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite