Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 64. Sitzung / Seite 98

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich danke dem Herrn Bundesminister für die Stellungnahme.

Wir beginnen jetzt mit der Debatte. Die Redezeiten betragen jeweils 5 Minuten.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Haselsteiner. – Bitte.

15.10

Abgeordneter Dr. Hans Peter Haselsteiner (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich bin Ihnen, Herr Bundesminister, dankbar, daß Sie in dieser Klarheit ausgedrückt haben, worauf es uns in Wahrheit ankommt. Sie haben gesagt, daß das Angebot, das die Bank Austria nun den Minderheitsaktionären gemacht hat, ein freiwilliges ist. Wir brauchen aber, wenn wir über den Börsenplatz Wien reden, eine klare, für den einzelnen Marktteilnehmer überschaubare und rechtssichere Regelung. Wir brauchen – das wissen Sie so gut wie ich –, gerade was die Finanzgeschäfte und die Finanzdienstleistungen des Landes betrifft, ein psychologisches Moment, das wir in Österreich aber nicht haben, und wir haben – das muß man ja offen zugeben – durch die Insiderproblematik, durch die Tatsache, daß wir unsere Börse als Kammer organisiert haben, und durch verschiedene, an der Grenze der Legalität befindliche Vorfälle in der Vergangenheit – für die Sie nichts können, für die wir aber alle gemeinsam in irgendeiner Form verantwortlich sind – Reparaturbedarf!

Wenn wir heute feststellen, daß wir Eigenkapitalmangel in den österreichischen Unternehmen haben, daß wir für die internationalen Investoren an Attraktivität verloren haben, wenn wir keine Liquidität im Börsenumsatz haben, wenn wir keine "Marketmaker" haben, die unsere Industriewerte einigermaßen fair und im internationalen Vergleich angemessen bewerten, dann ist das die Auswirkung einer Summe von vielen kleinen Dingen, kleinen Fehlern und Versäumnissen, die wir uns geleistet haben. Und eines dieser Versäumnisse – bei weitem nicht das einzige, vielleicht nicht einmal das gewichtigste – ist, daß wir kein moderndes Übernahmerecht haben.

Ich will jetzt nicht auf die Vienna Insider Party und auf verschiedene andere Dinge eingehen, die ja fast als skandalös zu bezeichnen wären, sondern nur auf diesen einen Punkt. Es ist freiwillig, daher nicht rechtssicher und somit für die Wiener Börse nicht förderlich. Das ist festzustellen.

Wenn Sie, Herr Bundesminister und Ihr Vorgänger in der Anfragebeantwortung gesagt haben, es gebe ja noch nicht einmal eine EU-Richtlinie dafür, dann muß ich Sie darauf hinweisen, daß die Richtlinie der EU eine Rahmenrichtlinie sein wird, die nationale Gestaltungsspielräume zulassen wird, und die EU wird – glauben Sie mir das – im wesentlichen nichts anderes machen, als in bereits bestehenden modernen internationalen Übernahmerechten derzeit schon vorgesehen ist – zum Beispiel in den Vereinigten Staaten –, denn sie könnte sich das auch gar nicht leisten, ansonsten würde sie alle Börsenplätze in Europa gefährden. Das ist ja ein internationaler Markt und nicht ein europäischer! Daher wird es eine Rahmenrichtlinie geben, und in dieser haben wir nationalen Gestaltungsspielraum. Wenn es keine Rahmenrichtlinie geben wird – das ist ja noch nicht entschieden –, dann wird es eine bloße Ratsempfehlung sein, die Ihnen noch mehr Gestaltungsmöglichkeiten innerhalb dieses Rahmens gibt.

Herr Bundesminister! Wenn Sie uns heute sagen, es gibt dafür eine Arbeitsgruppe, die im April ein Ergebnis vorlegen wird, dann muß ich entgegnen, Herr Bundesminister: Eine Arbeitsgruppe – zwei Jahre nach dem EU-Beitritt, fünf Jahre nach Maastricht und im Wissen, daß mit 1. 1. 1999 der Euro kommt und damit die Wiener Börse in eine ernste, nach meinem Dafürhalten auch nur mehr sehr, sehr schwer reparierbare Existenzkrise kommen wird?! Wir haben ja keine Zeit für einen Arbeitskreis! Wir haben auch keine Zeit zum Warten, sondern wir können, wenn wir den Börsenplatz Wien retten wollen, nur schnell und unmittelbar dieses Signal an die internationalen Investoren ausgeben: Wir wollen euch gut behandeln, kleine wie große, und ihr könnt euch darauf verlassen, Österreich will und wird auch Minderheitsaktionäre nicht schlecht behandeln! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Nur wenn wir das tun und viele, viele andere Maßnahmen setzen, nur wenn wir die Börse reformieren – ob das nun eine AG ist oder wie das sonst ausschaut –, nur wenn wir all diese


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite