Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 69. Sitzung / Seite 19

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Von der Abschaffung der Sklaverei bis hin zur zumindest formalen Gleichberechtigung der Frauen war kein sozialer Fortschritt zunächst realistisch, dafür mußte gekämpft werden. Auch in Sachen Ökologie ist der Umweltbewegung nichts in den Schoß gefallen. Die Abstimmung über Atomkraft in Österreich wurde gegen heftige Widerstände errungen.

Frau Bundesministerin, es ist nicht Aufgabe der Politik, es ist auch nicht Ihre Aufgabe, schlechte Realitäten zu beschreiben. Das ist Aufgabe der Statistik, das ist Aufgabe der Geschichtsforschung. Sie sollen Politik machen. Sie sollen die Anliegen der Bevölkerung ernst nehmen, und diese Anliegen werden mit großer Vehemenz zu beiden Volksbegehren vorgetragen.

Frau Bundesministerin, ein Letztes: Auch Ihre persönliche Glaubwürdigkeit steht auf dem Spiel. Wir waren sehr enttäuscht, daß Sie nicht aktiv geworden sind im Rahmen dieser Sondersitzung, daß Sie nicht von sich aus die Gelegenheit ergriffen haben, als Regierungsmitglied Stellung zu nehmen, so wie das bei vielen anderen Sondersitzungen der Fall war – ich sage einmal, auch zu Bereichen, die wahrscheinlich in der Wahrnehmung der Bevölkerung weit weniger wichtig sind. Sie haben sich zurückgezogen, Sie lassen sich befragen. Das ist schon einmal sehr traurig.

Frau Bundesministerin, Sie haben durch diese Provokationen, die auch von Ihnen mitgeduldet wurden, viel an Glaubwürdigkeit verloren. Jetzt, bei dieser Sondersitzung, und dann, im Lichte der Ergebnisse der Volksbegehren, haben Sie wahrscheinlich die allerletzte Chance, Ihre persönliche Glaubwürdigkeit wiederzugewinnen. Frau Bundesministerin, Sie haben Ihre Verbündeten nicht in der Regierung. Wenn Sie sie nicht in der Bevölkerung und woanders suchen, dann werden Sie sehr bald sehr, sehr alleine dastehen und dieses Amt auf Dauer nicht ausüben können. (Beifall bei den Grünen.)

15.22

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zur Beantwortung der gestellten Anfrage hat sich die Frau Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz zu Wort gemeldet. – Bitte, Frau Bundesministerin.

15.22

Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz Mag. Barbara Prammer: Herr Präsident! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Ich habe das Frauen-Volksbegehren – das wissen Sie alle – seit Beginn meiner Funktionsperiode unterstützt, was auch meine Vorgängerin schon getan hat, und zwar finanziell als auch ideell. Ich habe an zahlreichen Veranstaltungen in ganz Österreich teilgenommen und auch in den Medien meine Unterstützung deutlich geäußert. Ich stelle hier klar: Auch die sozialdemokratischen Frauen haben das Volksbegehren von Anfang an unterstützt und bekanntlich im Rahmen der SP-Bundesfrauenkonferenz, die erst vor zwei Tagen stattgefunden hat, einen entsprechenden Beschluß gefaßt, so wie das auch gestern der Bundesparteitag der SPÖ getan hat.

Es ist eine unleugbare Tatsache, daß Frauen in unserer Gesellschaft nach wie vor in vielen Bereichen des öffentlichen und privaten Lebens den Männern nicht gleichgestellt sind, nicht die gleichen Möglichkeiten haben, sondern – im Gegenteil – häufig an der Wahrnehmung ihrer Rechte und Chancen behindert werden. Gleiche Rechte und gleiche Chancen für Frauen zu erreichen war und ist das logische Ziel der Politik einer vor allen Dingen natürlich sozialdemokratischen Frauenministerin; es war das das Ziel meiner Vorgängerinnen und ist selbstverständlich auch meines. Nicht nur, weil Frauenpolitik eine Querschnittsmaterie ist, sondern weil es einer enormen gesellschaftlichen Veränderung bedarf, dieses Ziel zu erreichen, ist die entschiedene Unterstützung und die ernsthafte Zusammenarbeit aller politisch Verantwortlichen erforderlich. (Beifall bei der SPÖ.)

Auch jene konservativen Kräfte, die an der traditionellen Rollenzuweisung der Frauen und damit an der traditionellen Diskriminierung der Hälfte der Menschen festhalten wollen, werden sich zum Umdenken gezwungen sehen, davon bin ich überzeugt. Denn immer mehr Frauen quer durch alle Schichten, quer durch alle Parteien sind nicht mehr bereit, sich mit ihrer Situation abzufinden, weder im Privatleben noch im Berufsleben oder in anderen gesellschaftlichen Bereichen. (Beifall bei der SPÖ.)


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