Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 84. Sitzung / Seite 73

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durch Dritte immer tut: nämlich zu Retorsionsmaßnahmen greifen – genauso, wie es die Amerikaner selbst den Europäern vorführen. Wenn Ihnen der Fall der "Dollarbananen" geläufig ist, wissen Sie, wie die Amerikaner ihre eigenen Interessen beim Bananenexport brutal durchgesetzt haben: dadurch, daß sie bereits eine Liste für den Fall erstellt haben, daß sich die europäischen Staaten nicht daran halten, eine Liste, aus der hervorgeht, welche Produkte in Amerika mit Strafzöllen belegt werden, vom Champagner bis hin zum Käse und zum Rotwein, eine vollständige Liste für Retorsionsmaßnahmen.

Wo ist eine derartige Liste in Europa, die dann in Anwendung kommt, wenn die amerikanischen Behörden geltendes Völkerrecht brechen? Davon ist keine Rede! Wohl aber redet man – wie in der Regierungsvorlage – davon, daß die Firmen, die ihrer Meldepflicht nicht nachkommen, wenn sie von den Amerikanern bestraft werden und diese Strafe auch akzeptieren, zusätzlich in Österreich mit einer Million Schilling bestraft werden. Meine Damen und Herren! Es ist unglaublich, wie dabei dem Bruch des Völkerrechtes durch die Amerikaner auch noch Vorschub geleistet wird! Es ist unglaublich, wie Sie mit Ihrer gesamten Europäischen Union zu Lasten der europäischen Unternehmen in die Knie gehen! (Abg. Dr. Graf: Man fordert die Amerikaner auch noch dazu auf!)

Da hat uns die Frau Staatssekretärin im Ausschuß folgendes berichtet: Nun ja, es ist eben so fürchterlich, daß wir derzeit nur eine Weltmacht haben, nämlich die Amerikaner, und gegen diese eine Weltmacht der Amerikaner kann man sich leider nicht zur Wehr setzen. (Abg. Dr. Graf: Das ist eine Einladung!) Man leistet diesen amerikanischen Weltpolizeibestrebungen auch noch Vorschub, indem man die eigenen Firmen mit Strafen bis zu einer Million Schilling bedroht, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Hohes Haus! Sie können doch nicht ernsthaft erwarten, daß so eine Form des Auslieferns eigener Unternehmen an die Behördenpraxis eines Staates, der offenkundig und ungeniert vor der gesamten Weltöffentlichkeit geltendes Völkerrecht bricht, und die Tatsache, daß man dies auch noch in die Verordnung des Rates hineinschreibt, daß also eine solche Vorgangsweise auch nur eine Fraktion des Hauses – es sei denn Ihre eigene, die ja überall mitspielt – auch noch unterstützt! Oder glauben Sie tatsächlich, uns oder sonst jemandem in diesem Land zumuten zu können, Ihre Politik, die Firmen doppelt zu bestrafen – nämlich zum einen auf der amerikanischen Seite und obendrein auch noch auf der österreichischen Seite –, zu unterstützen?

Wir fordern Sie auf, in der Europäischen Union dafür zu sorgen, daß dort Retorsionsmaßnahmen gegen den Bruch des Völkerrechtes ergriffen werden – auch wenn es sich beim Völkerrechtsbrecher um Amerika handelt! (Abg. Dr. Graf: Anständige Firmen werden bestraft!) Wir fordern Sie auf, das zu tun, was die Amerikaner im Fall der "Dollarbanane" und in jedem anderen Fall auch getan haben: daß Sie sich mit Retorsionsmaßnahmen gegen den Bruch des Völkerrechtes zur Wehr setzen, statt österreichische Unternehmen auch noch mit bis zu einer Million bestrafen! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Graf: Das ist eine Einladung zum Völkerrechtsbruch!)

11.36

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Spindelegger. Ich erteile Ihnen das Wort. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 10 Minuten. – Bitte.

11.36

Abgeordneter Dr. Michael Spindelegger (ÖVP): Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Meine Damen und Herren! Auf der heutigen Tagesordnung stehen drei Punkte, die für unsere Zukunft auch eine entscheidende Rolle spielen, nachdem wir Mitglied der Europäischen Union geworden sind. Es geht um die Abkommen mit der Ukraine, der Russischen Föderation und der Republik Moldau. Diese sind Abkommen, die noch nicht ratifiziert wurden und mit gewissen Schatten der Entwicklung in diesen Ländern belastet sind. Deshalb haben wir im Ausschuß darüber diskutiert, ob wir ein Zeichen setzen oder zustimmen sollen trotz mancher Entwicklungen dort, die nicht unseren Vorstellungen entsprechen. (Abg. Dr. Graf: Sie haben kein Zeichen gesetzt!)


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