Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 88. Sitzung / Seite 14

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Meine Damen und Herren! Eine weitere weltfremde Unsäglichkeit rund um dieses ArbeitnehmerInnenschutzgesetz ist die Haftung des Arbeitgebers für seinen Arbeitnehmer. Das ist wirklich von Menschen erfunden worden, die überhaupt noch nie in ihrem Leben erfahren haben, was Betriebskultur ist, was Unternehmenskultur ist, was Partnerschaft zwischen Mitarbeitern und Unternehmern im Betrieb sein soll.

Meine Damen und Herren! Ich muß also einen Mitarbeiter nachweislich schriftlich abmahnen, daß er dieses und jenes tut. Wissen Sie, was das heißt: "nachweislich schriftlich abmahnen"? Das heißt, daß ich ihn, wenn er das nicht erfüllt, in Wirklichkeit fristlos entlassen muß, denn eine nachhaltige Nichterfüllung einer dienstlichen Weisung ist ein Grund für eine fristlose Entlassung.

Es kommt dann natürlich noch dazu, daß der Staatsdienst aus dem ArbeitnehmerInnenschutzgesetz ausgenommen wurde – eine besonders "appetitliche" Variante. Dort, wo wir als Verwaltung, als Staat selbst zuständig sind, sind wir nicht bereit, in diese Richtung etwas umzusetzen. Damit sind wir der einzige Staat der Europäischen Union, der das nicht umsetzt.

Lassen Sie mich zusammenfassen – das ist eine Bitte und eine Erkenntnis, meine Damen und Herren, eine Erkenntnis, die schmerzt –: Sie und Ihre Politik setzen in diesem Land Rahmenbedingungen für uns Unternehmer, die uns eine klare Weisung erteilen: Beschäftige so wenige Mitarbeiter wie möglich! Das ist Ihre Politik auf Kosten jener Menschen in diesem Land, die arbeitslos sind und die damit keine Chance haben, Arbeit zu bekommen. (Beifall beim Liberalen Forum.)

11.13

Präsident Dr. Heinz Fischer: In Ergänzung zu den eingangs genannten Namen wurde auch Frau Abgeordnete Dr. Gredler für die heutige Sitzung als verhindert gemeldet.

Zur Abgabe einer Stellungnahme hat sich Frau Bundesministerin Hostasch gemeldet. Die Redezeit soll 10 Minuten nicht übersteigen. – Bitte, Frau Ministerin.

11.13

Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales Eleonora Hostasch: Sehr geschätzter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich bedanke mich anläßlich dieser Aktuellen Stunde dafür, einiges Grundsätzliches zum Arbeitnehmerschutz sagen zu können, und darf gleich da beginnen, wo Herr Abgeordneter Peter auf die Arbeitskosten Bezug genommen hat, auf die Kosten, die der Arbeitnehmerschutz verursacht.

Für mich ist wirksamer Arbeitnehmerschutz nicht nur ein wichtiges Element zur Erzielung von humanitären Zielen, sondern ich glaube beweisen zu können, daß Arbeitnehmerschutz auch ökonomischen Nutzen mit sich bringt, und zwar sowohl aus volkswirtschaftlicher als auch aus betriebswirtschaftlicher Sicht. Dies deshalb, weil die Kosten für Investitionen in präventive Maßnahmen beträchtlich niedriger sind als die Folgekosten, die aufgrund von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten entstehen. Hohe Standards im Arbeitnehmerschutz sind daher nach meiner festen Überzeugung auch entscheidende Faktoren für Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit. (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Abgeordneter Peter! Vor allem Arbeitsunfälle führen zu Wettbewerbsnachteilen – aufgrund der damit verbundenen Ausfallszeiten und auch aufgrund der innerbetrieblichen Kosten, die dadurch entstehen. Es räumt sogar die Europäische Union – "sogar" sage ich, weil wir aus sozialpolitischer Sicht beklagen, daß der Sozialpolitik nach wie vor nicht jener Stellenwert beigemessen wird, wie ich ihn mir wünschen würde – der Vereinheitlichung des Arbeitnehmerschutzrechtes einen ganz besonderen Stellenwert ein: Zwei Drittel der EU-Gesetzgebung im Bereich Arbeit, Beschäftigung und Soziales betreffen den Arbeitnehmerschutz. In der EU sind pro Jahr 5 Millionen Arbeitnehmer Opfer von Arbeitsunfällen, 6 000 Arbeitsunfälle sind tödlich. Von 100 000 Arbeitnehmern sterben in der EU pro Jahr sieben Arbeitnehmer an einem Arbeitsunfall, und im Baugewerbe, einer besonders gefährlichen Branche, erleidet in der EU jährlich jeder zehnte Arbeitnehmer einen Arbeitsunfall.


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