Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 88. Sitzung / Seite 99

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Jetzt werden wieder einige kommen und viele Scheinbehauptungen vorschieben, weil das doch alles nicht sein könne. Meine Damen und Herren! Warum machen Sie dann bei der vorliegenden Beilage eine Ausnahme in den Bereichen Be- und Verarbeitung frischer Lebensmittel? Diese Ausnahme begründen Sie folgendermaßen: Diese Ausnahme ermöglicht auch eine umfassende Ausbildung der Lehrlinge. – Warum gilt das nicht für die Lehrlinge in der Gastronomie und nur in der Sommerzeit bis 23 Uhr?

Sie schreiben im Artikel 1 zur Frage Jugendliche, die im gehobenen Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege tätig sind, daß diese sogar – horribile dictu! – in der Nacht arbeiten dürfen. Anscheinend braucht man das dort für die Ausbildung, aber daß jemand in der Sommerzeit bis 23 Uhr seinen Dienst versieht – selbstverständlich in dieser Zeit auch produktiv ist und dem Betrieb etwas bringt, denn würde er dem Betrieb nichts bringen, könnte er keine Lehrlingsentschädigung und keine entsprechenden Leistungen von diesem Betrieb empfangen –, das geht nicht. Das verhindern Sie, und dann wundern Sie sich, wenn es weniger Beschäftigte und weniger Lehrlinge in diesem Bereich gibt.

Das, was die Bundesregierung jetzt gemacht hat, ist keine strukturelle Reform. Es wurde mit viel Aufwand, den ich immer als kurzfristigen Erfolg bezeichnet habe, versucht, neue Lehrstellen zu schaffen. Frau Reitsamer hat ja die Zahlen genannt. Das große bittere Wehe aber wird nächstes Jahr kommen, wenn die Zugänge zu den Lehrstellen von jenen Lehrlingen, die heuer zusätzlich aufgenommen worden sind, sozusagen verstopft sein werden. Dann wird es wieder genauso viele junge Leute geben, die eine Lehrstelle wollen. Sie haben ja die Rahmenbedingungen für die Lehre insgesamt nicht wirklich verändert. (Abg. Dr. Trinkl: Das wollen wir ja!)

Ich schließe mit einem Zitat aus der "Zeit": "Alle reden von der Dienstleistungsgesellschaft, aber der Durchbruch ist noch nicht gelungen. Die Sozialpartner hängen an ihren Berufstraditionen, an der Kultur von Facharbeitern in der Produktion, und dort wird wohl der Fehler liegen." – Danke schön. (Beifall der Abg. Schaffenrath. )

17.11

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Der eben doch verlesene Abänderungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht, wurde entsprechend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Die nächste Wortmeldung liegt von Herrn Abgeordneten Dr. Trinkl vor. 10 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

17.11

Abgeordneter Mag. Dr. Josef Trinkl (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn in Österreich die Jugendarbeitslosigkeit eine wesentlich geringere Rolle als in den anderen EU-Ländern spielt, so hat die duale Ausbildung zweifelsohne einen wesentlichen Anteil daran. Es finden immerhin 40 Prozent aller jugendlichen Schulabgänger einen Lehrplatz und machen eine Ausbildung im Rahmen der dualen Lehre.

Die Ausbildungsleistungen in den Betrieben sind großartig. Unsere Lehrlinge sind Weltspitze, und wir werden auf der ganzen Welt um dieses System beneidet. Die duale Ausbildung stellt international zweifelsohne den Wettbewerbsvorteil der österreichischen Wirtschaft dar. Aber trotzdem haben wir festgestellt, daß der Anteil zurückgeht. Im Jahre 1990 waren immerhin noch 50 Prozent aller Jugendlichen im Rahmen einer dualen Ausbildung beschäftigt. Wir von der Österreichischen Volkspartei haben schon sehr früh auf diese Entwicklung hingewiesen und auch immer die Gründe für diese Entwicklung genannt.

Man muß – darin gebe ich dem Kollegen Peter wirklich recht –, wenn man ernstlich zusätzliche Lehrplätze schaffen will, auf die Argumente der Betriebe eingehen und sich damit auseinandersetzen, da – und auch darin gebe ich ihm recht – nur florierende Betriebe in der Lage und willens sind, Lehr- und Ausbildungsplätze anzubieten.


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