Stenographisches Protokoll

19. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

XXI. Gesetzgebungsperiode

 

Mittwoch, 26., und Donnerstag, 27. April 2000

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Stenographisches Protokoll

19. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXI. Gesetzgebungsperiode

Mittwoch, 26., und Donnerstag, 27. April 2000

Dauer der Sitzung

Mittwoch, 26. April 2000: 10.01 – 24.00 Uhr

Donnerstag, 27. April 2000: 0.00 – 1.21 Uhr

*****

Tagesordnung

1. Punkt: Bericht über das Familien-Volksbegehren

2. Punkt: Bundesgesetz über die Neuordnung der Rechtsverhältnisse der Österreichischen Industrieholding Aktiengesellschaft und der Post und Telekombeteiligungsverwaltungsgesellschaft (ÖIAG-Gesetz 2000)

3. Punkt: Bundesgesetz über die Änderung des Bundesgesetzes über die Einbringung der Österreichischen Postsparkasse in eine Aktiengesellschaft, des Postsparkassengesetzes 1969, des Bankwesengesetzes und des Bundesgesetzes über die Errichtung des Staatsschuldenausschusses

4. Punkt: Bericht über den Bericht der Bundesregierung über die innere Sicherheit in Österreich (Sicherheitsbericht 1998)

5. Punkt: Bundesgesetz über den freien Dienstleistungsverkehr und die Niederlassung von europäischen Rechtsanwälten in Österreich (EuRAG) sowie über Änderungen der Rechtsanwaltsordnung

6. Punkt: Übereinkommen auf Grund von Artikel K.3 des Vertrags über die Europäische Union über das vereinfachte Auslieferungsverfahren zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union samt Erklärungen der Republik Österreich

7. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch (StGB), BGBl. 60/1974 in der Fassung BGBl. I 153/1998, geändert wird (82/A)

8. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Doris Bures und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Mietrechtsgesetz geändert wird (90/A)

9. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Doris Bures und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Konsumentenschutzgesetz geändert wird (91/A)

10. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz über das Grundrecht auf Gesundheit (83/A)


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19. Sitzung / Seite 2

11. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Abfallwirtschaftsgesetz geändert wird (97/A)

*****

Inhalt

Nationalrat

Mandatsverzicht der Abgeordneten Eleonora Hostasch 24

Angelobung der Abgeordneten Mag. Maria Kubitschek 24

Personalien

Verhinderungen 24

Geschäftsbehandlung

Verlangen der Abgeordneten Dr. Alfred Gusenbauer und Genossen, den Selbständigen Entschließungsantrag 133/A (E) der Abgeordneten Dr. Alfred Gusenbauer und Genossen betreffend gemeinsames Vorgehen aller im Nationalrat vertretener Parteien zur Beendigung der Maßnahmen der 14 EU-Staaten dringlich zu behandeln – laut § 57b der Geschäftsordnung nicht möglich 41

Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfragebeantwortung 347/AB gemäß § 92 Abs. 1 der Geschäftsordnung 41

Durchführung einer kurzen Debatte gemäß § 57a Abs. 1 der Geschäftsordnung 142

Redner:

Annemarie Reitsamer 142

Bundesministerin Dr. Elisabeth Sickl 145

Dr. Elisabeth Pittermann 145

Dr. Gottfried Feurstein 147

Mag. Herbert Haupt 148

Karl Öllinger 149

Antrag der Abgeordneten Dr. Elisabeth Pittermann und Genossen gemäß § 92 Abs. 3 der Geschäftsordnung, die Anfragebeantwortung 347/AB zu 332/J nicht zur Kenntnis zu nehmen – Ablehnung 146, 150

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z. 2 der Geschäftsordnung 42

Antrag der Abgeordneten Edith Haller, Ridi Steibl und Genossen, den Bericht des Familienausschusses (70 d. B.) über das Familien-Volksbegehren (1 d. B.) gemäß § 53 Abs. 6 Z. 2 der Geschäftsordnung an den Familienausschuss rückzuverweisen – Annahme 50, 80


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19. Sitzung / Seite 3

Wortmeldung des Abgeordneten Dr. Peter Kostelka betreffend Ausführungen der Bundesministerin Dr. Elisabeth Sickl in der Debatte über Tagesordnungspunkt 1 53

Wortmeldung der Abgeordneten Mag. Dr. Maria Theresia Fekter in Bezug auf die Ausführungen des Abgeordneten Dr. Peter Kostelka 54

Wortmeldung des Abgeordneten Harald Fischl ebenfalls im Zusammenhang mit den Ausführungen des Abgeordneten Dr. Peter Kostelka 54

Feststellung des Präsidenten Dr. Heinz Fischer betreffend Geschäftsordnungskonformität von Debattenbeiträgen 54

Verlangen auf Durchführung von namentlichen Abstimmungen 140, 175, 178

Unterbrechungen der Sitzung 140, 176, 178

Aktuelle Stunde (6.)

Thema: "Die zivil- und strafrechtliche Verantwortung eines Obmannes einer Partei im Krida-Fall"

Redner:

Ing. Peter Westenthaler 25

Bundesminister Dr. Dieter Böhmdorfer 27

Dr. Peter Kostelka 28

Mag. Dr. Maria Theresia Fekter 30

Mag. Gilbert Trattner 31

Mag. Werner Kogler 32

Dr. Johannes Jarolim 34

Mag. Dr. Josef Trinkl 35

Dr. Harald Ofner 36

Dr. Peter Pilz 38

Bundesregierung

Vertretungsschreiben 24

Ausschüsse

Zuweisungen 39, 80, 226, 231, 237, 242, 244

Unvereinbarkeitsangelegenheiten Dritter Bericht des Unvereinbarkeitsausschusses 41

Dringlicher Antrag

der Abgeordneten Dr. Andreas Khol, Mag. Karl Schweitzer und Genossen betreffend "Konsens in Rot-Weiß-Rot" (132/A) (E) 99

Begründung: Dr. Andreas Khol 101

Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel 105

Debatte:

Ing. Peter Westenthaler 109

Dr. Alfred Gusenbauer 112

Dr. Michael Spindelegger 114

Dr. Alfred Gusenbauer (tatsächliche Berichtigung) 117

Dr. Peter Pilz 117

Mag. Karl Schweitzer 120

Peter Schieder 122

Dr. Gertrude Brinek 124

Mag. Ulrike Lunacek 126

Dr. Josef Cap 132

Karl Öllinger 134

Werner Amon 135


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19. Sitzung / Seite 4

Helmut Haigermoser 137

Peter Schieder (tatsächliche Berichtigung) 139

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Alfred Gusenbauer und Genossen betreffend gemeinsames Vorgehen aller im Nationalrat vertretenen Parteien zur Beendigung der Maßnahmen der 14 EU-Staaten – Ablehnung 124, 142

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Ulrike Lunacek und Genossen betreffend Verurteilung ausländerfeindlicher, rassistischer, das NS-Regime verharmlosender Äußerungen von FPÖ-PolitikerInnen – Ablehnung 129, 142

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Ulrike Lunacek und Genossen betreffend Verurteilung verunglimpfender Äußerungen von FPÖ-PolitikerInnen gegenüber der EU und von Politikern aus den Staaten der EU sowie die Hetzkampagne gegen Superintendentin Gertraud Knoll – Ablehnung 130, 142

Annahme des Selbständigen Entschließungsantrages 132/A (E) [(E 8)] (namentliche Abstimmung) 140

Verhandlungen

1. Punkt: Bericht des Familienausschusses über das Familien-Volksbegehren (1/70 d. B.) 42

Redner:

Mag. Barbara Prammer 42

Ridi Steibl 44

Karl Öllinger 47

Edith Haller 49

Bundesministerin Dr. Elisabeth Sickl 51

Gabriele Binder 54

Rosemarie Bauer 56

MMag. Dr. Madeleine Petrovic 58

Theresia Zierler 59

Franz Riepl 61

Karl Donabauer 63

Dieter Brosz 65

Dr. Sylvia Papházy MBA 67

Gerhard Reheis 69

Franz Kampichler 71

Heidrun Silhavy 72

Sigisbert Dolinschek 75

Matthias Ellmauer 76

Nikolaus Prinz 77

Dr. Gerhart Bruckmann 79

Rückverweisung des Berichtes über das Familien-Volksbegehren (1/70 d. B.) an den Familienausschuss 80

Gemeinsame Beratung über

2. Punkt: Bericht des Industrieausschusses über die Regierungsvorlage (48 d. B.): Bundesgesetz über die Neuordnung der Rechtsverhältnisse der Österreichischen Industrieholding Aktiengesellschaft und der Post und Telekombeteiligungsverwaltungsgesellschaft (ÖIAG-Gesetz 2000) (77 d. B.) 80


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19. Sitzung / Seite 5

3. Punkt: Bericht des Industrieausschusses über die Regierungsvorlage (49 d. B.): Bundesgesetz über die Änderung des Bundesgesetzes über die Einbringung der Österreichischen Postsparkasse in eine Aktiengesellschaft, des Postsparkassengesetzes 1969, des Bankwesengesetzes und des Bundesgesetzes über die Errichtung des Staatsschuldenausschusses (78 d. B.) 80

Redner:

Friedrich Verzetnitsch 81, 174

Dkfm. Dr. Günter Stummvoll 84

Dr. Alexander Van der Bellen 86

Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn 88

Heinz Gradwohl 92

Mag. Helmut Kukacka 94

Karl Öllinger 96

Mag. Gilbert Trattner 98, 151

Heinz Gradwohl (tatsächliche Berichtigung) 152

Anna Huber 152

Wolfgang Großruck 153

Sophie Bauer 155

Reinhart Gaugg 157

Karl Dobnigg 159

Mag. Karl Schweitzer (tatsächliche Berichtigung) 161

Mag. Martina Pecher 162

Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller 163

Staatssekretär Dr. Alfred Finz 165

Hermann Böhacker 165

Ing. Kurt Gartlehner 167

Franz Kampichler 168

Mag. Reinhard Firlinger 169

Rudolf Parnigoni (tatsächliche Berichtigung) 171

Nikolaus Prinz 171

Harald Fischl 172

Annahme der beiden Gesetzentwürfe in 77 und 78 d. B. (namentliche Abstimmungen) 174

4. Punkt: Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Bericht (III-28 d. B.) der Bundesregierung über die innere Sicherheit in Österreich (Sicherheitsbericht 1998) (55 d. B.) 181

Redner:

Dr. Peter Pilz 181

Anton Leikam 183

Mag. Terezija Stoisits 185

Paul Kiss 187

MMag. Dr. Madeleine Petrovic 189

Wolfgang Jung 190

Emmerich Schwemlein 193

Günther Platter 194

Ernest Windholz 196

Anton Gaál 197

Günter Kößl 199

Mag. Eduard Mainoni 200

Mag. Gisela Wurm 201

Karl Freund 202

Hermann Reindl 203

Helmut Dietachmayr 205


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19. Sitzung / Seite 6

Jakob Auer 206

Dr. Reinhard Eugen Bösch 206

Mag. Karl Schlögl 208

Werner Miedl 209

Walter Murauer 210

Kenntnisnahme des Berichtes III-28 d. B. 212

5. Punkt: Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (59 d. B.): Bundesgesetz über den freien Dienstleistungsverkehr und die Niederlassung von europäischen Rechtsanwälten in Österreich (EuRAG) sowie über Änderungen der Rechtsanwaltsordnung (72 d. B.) 212


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19. Sitzung / Seite 7

Redner:

Dr. Johannes Jarolim 212

Mag. Dr. Maria Theresia Fekter 213

Mag. Johann Maier 214

Dr. Harald Ofner 216

Mag. Johann Maier (tatsächliche Berichtigung) 217

Mag. Terezija Stoisits 218

Dr. Martin Graf 219

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Mag. Terezija Stoisits und Genossen betreffend Novellierung der Rechtsanwaltsordnung und des RATG – Ablehnung 215, 221

Annahme des Gesetzentwurfes in 72 d. B. 221

6. Punkt: Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (31 d. B.): Übereinkommen auf Grund von Artikel K.3 des Vertrags über die Europäische Union über das vereinfachte Auslieferungsverfahren zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union samt Erklärungen der Republik Österreich (73 d. B.) 221

Redner:

Anton Heinzl 222

Genehmigung des Staatsvertrages in 73 d. B. 223

Beschlussfassung im Sinne des Artikels 49 Abs. 2 B-VG 223

7. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch (StGB), BGBl. 60/1974 in der Fassung BGBl. I 153/1998, geändert wird (82/A) 223

Redner:

Mag. Terezija Stoisits 223

DDr. Erwin Niederwieser 224

Mag. Dr. Josef Trinkl 226

Zuweisung des Antrages 82/A an den Justizausschuss 226

8. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Doris Bures und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Mietrechtsgesetz geändert wird (90/A) 226

Redner:

Doris Bures 227

Kurt Eder 228

Mag. Dr. Maria Theresia Fekter 228

Mag. Reinhard Firlinger 229

Dieter Brosz 230

Zuweisung des Antrages 90/A an den Justizausschuss 231

9. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Doris Bures und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Konsumentenschutzgesetz geändert wird (91/A) 231

Redner:

Doris Bures 231

Kurt Eder 232

Mag. Johanna Mikl-Leitner 233

Detlev Neudeck 234

Dieter Brosz 235

Matthias Ellmauer 236

Zuweisung des Antrages 91/A an den Bautenausschuss 237

10. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz über das Grundrecht auf Gesundheit (83/A) 237

Redner:

MMag. Dr. Madeleine Petrovic 237

Dr. Elisabeth Pittermann 238

Dr. Erwin Rasinger 240

Dr. Alois Pumberger 240

Dr. Kurt Grünewald 241

Zuweisung des Antrages 83/A an den Verfassungsausschuss 242

11. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Abfallwirtschaftsgesetz geändert wird (97/A) 242

Redner:

Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller 242

Karlheinz Kopf 243

Mag. Karl Schweitzer 243

Dr. Eva Glawischnig 244

Zuweisung des Antrages 97/A an den Umweltausschuss 244

Eingebracht wurden

Petition 39

Petition betreffend "Verlängerung der Geltungsdauer von Kurzparkzonen in Wien, Ausnahmebewilligungen für Geschäftsleute und Freiberufler, Ergänzung des § 45 Abs. 4a der geltenden StVO" (Ordnungsnummer 6) (überreicht von der Abgeordneten Ilse Burket )

Bürgerinitiative 40

Bürgerinitiative betreffend "§ 97 StGB – Änderung und Verbesserung dieses Paragraphen" (Ordnungsnummer 3)


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19. Sitzung / Seite 8

Regierungsvorlagen 40

47: Internationales Übereinkommen zur Bekämpfung terroristischer Bombenanschläge

50: Übereinkommen über die Sicherheit von Personal der Vereinten Nationen und beigeordnetem Personal

51: Vertrag zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung von Kanada über die Auslieferung

53: Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und dem Schweizerischen Bundesrat über den frühzeitigen Austausch von Informationen aus dem Bereich der nuklearen Sicherheit und des Strahlenschutzes ("Nuklearinformationsabkommen" Österreich-Schweiz) samt Anhang und Gemeinsamer Erklärung

56: Abkommen zwischen der Republik Österreich und dem Internationalen Zentrum für Migrationspolitikentwicklung (ICMPD) über den Amtssitz des Internationalen Zentrums für Migrationspolitikentwicklung samt Annex

76: Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über Aufgaben und Befugnisse im Rahmen der militärischen Landesverteidigung (Militärbefugnisgesetz – MBG) eingeführt sowie das Sperrgebietsgesetz 1995 geändert werden

81: Bundesgesetz, mit dem das Sicherheitspolizeigesetz geändert wird

Berichte 39

III-33: Bericht gemäß § 46a WG betreffend die Dienstleistungen der Frauen im Bundesheer im Jahr 1999; BM f. Landesverteidigung

III-35: Bericht über die soziale Lage 1998; BM f. Arbeit, Gesundheit und Soziales

III-36: Dritter Bericht gemäß dem Katastrophenfondsgesetz 1996 betreffend die Fondsgebarung der Jahre 1998 und 1999; BM f. Finanzen

III-38: Bericht betreffend den Bericht des Österreichischen Bundestheaterverbandes 1998/99; Bundeskanzler

III-40: Bericht über die Tätigkeit der Arbeitsinspektion im Jahr 1998; BM f. Wirtschaft und Arbeit

Vorlage 11 BA: Bericht betreffend den Budgetbericht des Bundes 1999; BM f. Finanzen

Vorlage 12 BA: Bericht über die Genehmigung von überplanmäßigen Ausgaben im 1. Quartal 2000; BM f. Finanzen

Vorlage 13 BA: Bericht über die Genehmigung von Vorbelastungen für das 1. Quartal 2000; BM f. Finanzen

Anträge der Abgeordneten

Dr. Andreas Khol, Mag. Karl Schweitzer und Genossen betreffend "Konsens in Rot-Weiß-Rot" (132/A) (E)

Dr. Alfred Gusenbauer und Genossen betreffend gemeinsames Vorgehen aller im Nationalrat vertretener Parteien zur Beendigung der Maßnahmen der 14 EU-Staaten (133/A) (E)


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19. Sitzung / Seite 9

Dr. Günther Kräuter und Genossen betreffend Änderung des Forstgesetzes 1975 (134/A)

Gabriele Binder und Genossen betreffend SPÖ-Forderungen zum Familien-Volksbegehren (135/A) (E)

Dr. Andreas Khol, Ing. Peter Westenthaler und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem Bestimmungen über die Anwendung von Normen für die Übertragung von Fernsehsignalen erlassen werden (136/A)

Dr. Andreas Khol, Ing. Peter Westenthaler und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kabel- und Satelliten-Rundfunkgesetz und das Rundfunkgesetz geändert werden (137/A)

Anfragen der Abgeordneten

Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend Transparentaffichierung an der Akademie der bildenden Künste (572/J)

Mag. Gisela Wurm und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Autobahnabfahrt Innsbruck-Mitte (573/J)

Mag. Gisela Wurm und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Lärmschutzmaßnahmen entlang der Autobahnen A 12 und A 13 in Innsbruck (574/J)

Peter Schieder und Genossen an die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten betreffend Äußerungen in der Fragestunde am 22. März 2000 (575/J)

Beate Schasching und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Nachbesetzung von Rettungsstellen durch Zivildiener im Gerichtsbezirk Neulengbach (576/J)

Heidrun Silhavy und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales (in Folge: Soziale Sicherheit und Generationen) betreffend MitarbeiterInnen im Ministerbüro (577/J)

Dr. Johannes Jarolim und Genossen an den Bundeskanzler betreffend politische Weisung des Bundeskanzlers an ein Mitglied des Datenschutzrates (578/J)

Inge Jäger und Genossen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend die Förderung der Errichtung des Musiktheaters in Linz (579/J)

Inge Jäger und Genossen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend die Förderung der Errichtung des Musiktheaters in Linz (580/J)

Reinhart Gaugg und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Standort der Kriminalabteilung des Landesgendarmeriekommandos für Kärnten (581/J)

Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Flüchtlingsberatungsstellen der Grünen und der Caritas (582/J)


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19. Sitzung / Seite 10

Dr. Peter Kostelka und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Ministerbüros der FP/VP-Bundesregierung (583/J)

Dr. Peter Kostelka und Genossen an die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten betreffend Ministerbüros der FP/VP-Bundesregierung (584/J)

Dr. Peter Kostelka und Genossen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend Ministerbüros der FP/VP-Bundesregierung (585/J)

Dr. Peter Kostelka und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Ministerbüros der FP/VP-Bundesregierung (586/J)

Dr. Peter Kostelka und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Ministerbüros der FP/VP-Bundesregierung (587/J)

Dr. Peter Kostelka und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Ministerbüros der FP/VP-Bundesregierung (588/J)

Dr. Peter Kostelka und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Ministerbüros der FP/VP-Bundesregierung (589/J)

Dr. Peter Kostelka und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Ministerbüros der FP/VP-Bundesregierung (590/J)

Dr. Peter Kostelka und Genossen an die Bundesministerin für öffentliche Leistung und Sport betreffend Ministerbüros der FP/VP-Bundesregierung (591/J)

Dr. Peter Kostelka und Genossen an die Bundesministerin für soziale Sicherheit und Generationen betreffend Ministerbüros der FP/VP-Bundesregierung (592/J)

Dr. Peter Kostelka und Genossen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Ministerbüros der FP/VP-Bundesregierung (593/J)

Dr. Peter Kostelka und Genossen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Ministerbüros der FP/VP-Bundesregierung (594/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Arbeits- und Sozialrechtssachen (595/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Versetzung von Personal von der BGV II zum BMLV (596/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Versetzung von Personal von der BGV II zum BMLV (597/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten betreffend US-Reise des ehemaligen VP-Abgeordneten Josef Höchtl (598/J)

Mag. Walter Posch und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Kürzungen bei der Volksgruppenförderung (599/J)

Otmar Brix und Genossen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Alpen Straßen AG, Versagen von Vorstands- und Aufsichtsratsmitgliedern (600/J)

Otmar Brix und Genossen an die Bundesministerin für öffentliche Leistung und Sport betreffend aktuelle sportpolitische Fragen (601/J)

Dr. Eva Glawischnig und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Verletzung des Amtsgeheimnisses durch den Kärntner Kulturbeauftragten (602/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Verfahren im Mordfall Elfriede Hochgatterer (603/J)


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19. Sitzung / Seite 11

Karl Öllinger und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Tourismusland Österreich – Abschiebung von Autostopperinnen (604/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Haftentschädigungsverfahren (605/J)

Mag. Terezija Stoisits und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend unbegleitete minderjährige Flüchtlinge (606/J)

Dr. Eva Glawischnig und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Bekämpfung der Umweltkriminalität (607/J)

Mag. Ulrike Lunacek und Genossen an die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten betreffend österreichische Beteiligung an der internationalen Verbreitung nachrichtendienstlicher Erkenntnisse über die Operation Hufeisen (608/J)

Mag. Ulrike Lunacek und Genossen an den Bundeskanzler betreffend österreichische Beteiligung an der internationalen Verbreitung nachrichtendienstlicher Erkenntnisse über die Operation Hufeisen (609/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Ermittlungen im Mordfall Hochgatterer (610/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Haftentschädigung (611/J)

Dr. Eva Glawischnig und Genossen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Folgen der internationalen Isolation für Präsentation und Export österreichischer Umwelttechnologie (612/J)

Mag. Terezija Stoisits und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Vorlage des aktuellen CPT-Berichtes (613/J)

Dr. Eva Glawischnig und Genossen an die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten betreffend UN-Überprüfungskonferenz zum non proliferations treaty – Nichtverbreitungsvertrag von Atomwaffen im April/Mai 2000 in New York (614/J)

Mag. Walter Posch und Genossen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend Broschüre "Life in Line" (615/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Welser Westspange (616/J)

Dieter Brosz und Genossen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend Schulwerbung (617/J)

Rudolf Parnigoni und Genossen an den Bundeskanzler betreffend "Baustopp" beim Semmering-Basistunnel (618/J)

Rudolf Parnigoni und Genossen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend "Baustopp" beim Semmering-Basistunnel (619/J)

Dr. Alois Pumberger und Genossen an die Bundesministerin für soziale Sicherheit und Generationen betreffend Senioren-Fürsorge GmbH. (620/J)

Dr. Alois Pumberger und Genossen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Senioren-Fürsorge GmbH. (621/J)


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19. Sitzung / Seite 12

Dr. Andrea Wolfmayr und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Wahlgeschenke von Bundeskanzler Mag. Klima und Kunststaatssekretär Dr. Wittmann bei Parteiveranstaltungen (622/J)

Anton Heinzl und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Schand- und Terrorurteile des Dollfuß-Regimes gegen sozialdemokratische Patrioten (623/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Budgetbegleitgesetz 2000 – zusätzliche Verteuerung der Wohnungskosten Teil 1 (624/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Budgetbegleitgesetz 2000 – zusätzliche Verteuerung der Wohnungskosten Teil 2 (625/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Budgetbegleitgesetz 2000 – zusätzliche Verteuerung der Wohnungskosten Teil 3 (626/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend "Arena Geschädigte" (EuGH-Urteil vom 15. Juni 1999); Staatshaftung und Schadenersatzansprüche (627/J)


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19. Sitzung / Seite 13

Mag. Ulrike Sima und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend die EU-Vermarktungsverordnung für Eier (628/J)


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19. Sitzung / Seite 14

Mag. Johann Maier und Genossen an die Bundesministerin für soziale Sicherheit und Generationen betreffend Entschließung, XX. GP, zur Änderung des Fortpflanzungsmedizingesetzes (629/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Budgetbegleitgesetz – Verteuerung Reisepass (630/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Budgetbegleitgesetz – Verteuerung Führerschein (631/J)

Helmut Dietachmayr und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Zivilschutz (632/J)

Mag. Ulrike Sima und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Umsetzung des Kyoto-Zieles (633/J)

Mag. Gisela Wurm und Genossen an die Bundesministerin für soziale Sicherheit und Generationen betreffend Förderungen für das Frauengesundheitszentrum in Innsbruck (634/J)

Mag. Ulrike Sima und Genossen an die Bundesministerin für soziale Sicherheit und Generationen betreffend dringend notwendige Maßnahmen im Lebensmittelbereich (635/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Budgetbegleitgesetz – Verteuerung Führerschein (636/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Budgetbegleitgesetz – Verteuerung Reisepass (637/J)

Mag. Ulrike Sima und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Umweltkriminalität (638/J)

Mag. Ulrike Sima und Genossen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Umsetzung des Kyoto-Zieles (639/J)

Mag. Ulrike Sima und Genossen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Atomstromimporte der tschechischen CEZ nach Österreich (640/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Entschließung, XX. GP, zur Änderung des Fortpflanzungsmedizingesetzes (641/J)

Mag. Ulrike Sima und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend ökologische Mindeststandards bei Agrarförderungen und der Umsetzung von Natura 2000 (642/J)

Dr. Kurt Heindl und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend künftige Veräußerungserlöse der BIG (643/J)

Dr. Günther Kräuter und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Errichtung einer Asphaltmischanlage in Eggersdorf bei Graz (644/J)

Dr. Günther Kräuter und Genossen an die Bundesministerin für soziale Sicherheit und Generationen betreffend "Curricula MTD" und dadurch verschleierte drohende finanzielle Zusatzbelastungen der Länder (645/J)

Dr. Günther Kräuter und Genossen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Klärung von Förderungsversprechungen (646/J)

Dr. Günther Kräuter und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend die ökologische Dimension der Kormoranproblematik am Beispiel der aussterbenden Äschenpopulation der Enns (647/J)

Georg Schwarzenberger und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Vorgänge und bisheriges Ergebnis eines Strafverfahrens im Zusammenhang mit dem ATOMIC-Konkurs (648/J)

Helmut Dietachmayr und Genossen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Lehrstellenmarkt (649/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Aufhebung der Ferienreiseverordnung durch den VfGH – Maßnahmen (650/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Ausbildung zum Gefahrengutbeauftragten (651/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Tunnelsicherheitscheck für Bundesstraßentunnel (652/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Budgetbegleitgesetz – Verteuerung Führerschein (653/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend § 90 Abs. 2 StVO – Klarstellung (654/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Transportbegleitung – Voraussetzungen (655/J)

Hans Sevignani und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Österreichischen Bergrettungsdienst/Landesleitung Tirol – Beistellung eines Hubschraubers zu Ausbildungszwecken (656/J)

Hans Sevignani und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Auflösung der Verkehrsabteilung Außenstelle Lienz (657/J)

Bernd Brugger und Genossen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Bergabbruch am "Eiblschrofen" in Schwaz in Tirol: Stand des Verfahrens nach dem Mineralrohstoffgesetz – Entschädigungen für die betroffene Bevölkerung (658/J)

Dr. Kurt Grünewald und Genossen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend Kosten der Implementierung des UOG 93 an den Universitäten (659/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Frauenanteile in Leitungsfunktionen des Arbeitsmarktservice sowie der gesetzlichen Interessenvertretungen (660/J)


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
19. Sitzung / Seite 15

Dr. Eva Glawischnig und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Atomausstieg in Deutschland (661/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Förderung von Kulturprojekten in Linz (662/J)

Dr. Peter Pilz und Genossen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Thomson-Kompensation (663/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Koordination der Regierungspolitik; seine Aufforderung zum "Schulterschluss" (mit wem?) (664/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend "Afrikaner-Vermessung" im Auftrag der Justiz sowie Beauftragung von rassistischen Gutachtern wie Herrn Szilvássy (665/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Sondereinsatzkommando (SEK) (666/J)

Dr. Peter Pilz und Genossen an die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten betreffend SS und Freunde der Bundesregierung (667/J)

Dr. Eva Glawischnig und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend aktuelle rechtswidrige Abfallverbrennung in Arnoldstein (668/J)

Dr. Eva Glawischnig und Genossen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend plötzliche Fluglärmbelastung im Landschaftsschutzgebiet Rax-Schneeberg (669/J)

Dr. Eva Glawischnig und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht, Wissenschaft und Kultur betreffend aktuelle Entwicklungen im Museumsquartier (670/J)

Dr. Eva Glawischnig und Genossen an den Bundeskanzler betreffend aktuelle Entwicklungen im Museumsquartier (671/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Superintendentin Mag. Gertraud Knoll (672/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Advent-Flugblatt der FPÖ Guntramsdorf (673/J)

Dr. Eva Glawischnig und Genossen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Österreichische Außenhandelsstellen (674/J)

Dr. Eva Glawischnig und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Aarhus-Konvention (Übereinkommen über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten) (675/J)

Dr. Eva Glawischnig und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Evaluierung der AVG-Novelle 1998/Großverfahren (676/J)

Dr. Eva Glawischnig und Genossen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Evaluierung der AVG-Novelle 1998/Großverfahren (677/J)

Dieter Brosz und Genossen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend Exmatrikulationen, Studienordnung und Prüfungsvorschrift für pädagogische Akademien (678/J)

Dr. Eva Glawischnig und Genossen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Evaluierung der AVG-Novelle 1998/Großverfahren (679/J)


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Stenographisches Protokoll
19. Sitzung / Seite 16

Theresia Haidlmayr und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Einstellung von behinderten Menschen nach dem Behinderteneinstellungsgesetz in seinem Bereich (680/J)

Theresia Haidlmayr und Genossen an die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten betreffend Einstellung von behinderten Menschen nach dem Behinderteneinstellungsgesetz in ihrem Bereich (681/J)

Theresia Haidlmayr und Genossen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend Einstellung von behinderten Menschen nach dem Behinderteneinstellungsgesetz in ihrem Bereich (682/J)

Theresia Haidlmayr und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Einstellung von behinderten Menschen nach dem Behinderteneinstellungsgesetz in seinem Bereich (683/J)

Theresia Haidlmayr und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Einstellung von behinderten Menschen nach dem Behinderteneinstellungsgesetz in seinem Bereich (684/J)

Theresia Haidlmayr und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Einstellung von behinderten Menschen nach dem Behinderteneinstellungsgesetz in seinem Bereich (685/J)

Theresia Haidlmayr und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Einstellung von behinderten Menschen nach dem Behinderteneinstellungsgesetz in seinem Bereich (686/J)

Theresia Haidlmayr und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Einstellung von behinderten Menschen nach dem Behinderteneinstellungsgesetz in seinem Bereich (687/J)

Theresia Haidlmayr und Genossen an die Bundesministerin für öffentliche Leistung und Sport betreffend Einstellung von behinderten Menschen nach dem Behinderteneinstellungsgesetz in ihrem Bereich (688/J)

Theresia Haidlmayr und Genossen an die Bundesministerin für soziale Sicherheit und Generationen betreffend Einstellung von behinderten Menschen nach dem Behinderteneinstellungsgesetz in ihrem Bereich (689/J)

Theresia Haidlmayr und Genossen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Einstellung von behinderten Menschen nach dem Behinderteneinstellungsgesetz in seinem Bereich (690/J)

Theresia Haidlmayr und Genossen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Einstellung von behinderten Menschen nach dem Behinderteneinstellungsgesetz in seinem Bereich (691/J)

Dr. Eva Glawischnig und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend ökotoxikologische Neubewertung von glyphosathältigen Herbiziden (692/J)

Dr. Eva Glawischnig und Genossen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Motorflugplatz Feldkirchen-Ossiachersee (693/J)

Georg Oberhaidinger und Genossen an den Bundeskanzler betreffend identische Inhalte von Regierungsprogramm und Reformprogramm des Ringes Freiheitlicher Wirtschaftstreibender (694/J)

*****

Dr. Michael Spindelegger und Genossen an den Präsidenten des Nationalrates betreffend Treffen mit dem slowenischen Staatspräsidenten Milan Kucan am 12. April 2000 in Gamlitz (5/JPR)

Anfragebeantwortungen

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Großruck und Genossen (282/AB zu 262/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (283/AB zu 271/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (284/AB zu 272/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten DDr. Erwin Niederwieser und Genossen (285/AB zu 281/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig und Genossen (286/AB zu 296/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Rosemarie Bauer und Genossen (287/AB zu 264/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Anton Heinzl und Genossen (288/AB zu 313/J)


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Stenographisches Protokoll
19. Sitzung / Seite 17

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Jakob Pistotnig und Genossen (289/AB zu 268/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten DDr. Erwin Niederwieser und Genossen (290/AB zu 280/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten DDr. Erwin Niederwieser und Genossen (291/AB zu 285/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Johannes Schweisgut und Genossen (292/AB zu 350/J)

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abgeordneten Dieter Brosz und Genossen (293/AB zu 297/J)

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gerhard Kurzmann und Genossen (294/AB zu 308/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (295/AB zu 294/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (296/AB zu 270/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten DDr. Erwin Niederwieser und Genossen (297/AB zu 279/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ulrike Lunacek und Genossen (298/AB zu 300/J)

des Präsidenten des Rechnungshofes auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen (299/AB zu 315/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Jakob Pistotnig und Genossen (300/AB zu 267/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Martin Graf und Genossen (301/AB zu 288/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (302/AB zu 299/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gerhard Kurzmann und Genossen (303/AB zu 311/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gerhard Kurzmann und Genossen (304/AB zu 307/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Gerhard Reheis und Genossen (305/AB zu 269/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dieter Brosz und Genossen (306/AB zu 303/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dieter Brosz und Genossen (307/AB zu 304/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (308/AB zu 273/J)


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
19. Sitzung / Seite 18

der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ulrike Lunacek und Genossen (309/AB zu 301/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Franz Morak und Genossen (310/AB zu 263/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (311/AB zu 305/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (312/AB zu 295/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten DDr. Erwin Niederwieser und Genossen (313/AB zu 278/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Marianne Hagenhofer und Genossen (314/AB zu 476/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Beate Hartinger und Genossen (315/AB zu 287/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (316/AB zu 302/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (317/AB zu 327/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Kurt Grünewald und Genossen (318/AB zu 317/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits und Genossen (319/AB zu 324/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Franz Kampichler und Genossen (320/AB zu 329/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (321/AB zu 353/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Beate Hartinger und Genossen (322/AB zu 252/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Johannes Schweisgut und Genossen (323/AB zu 351/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Helmut Dietachmayr und Genossen (324/AB zu 354/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ulrike Lunacek und Genossen (325/AB zu 383/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Peter Westenthaler und Genossen (326/AB zu 338/J)

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (327/AB zu 318/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Karl Schweitzer und Genossen (328/AB zu 253/J)


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
19. Sitzung / Seite 19

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (329/AB zu 321/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ulrike Sima und Genossen (330/AB zu 347/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Evelin Lichtenberger und Genossen (331/AB zu 319/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Brunhilde Plank und Genossen (332/AB zu 335/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen (333/AB zu 341/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Dobnigg und Genossen (334/AB zu 375/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Helmut Dietachmayr und Genossen (335/AB zu 334/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Heinz Gradwohl und Genossen (336/AB zu 343/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Heinz Gradwohl und Genossen (337/AB zu 344/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Anna Huber und Genossen (338/AB zu 330/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Ludmilla Parfuss und Genossen (339/AB zu 331/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Brunhilde Plank und Genossen (340/AB zu 333/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen (341/AB zu 340/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen (342/AB zu 382/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen (343/AB zu 342/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Peter Westenthaler und Genossen (344/AB zu 337/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (345/AB zu 352/J)

der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (346/AB zu 320/J)

der Bundesministerin für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Eleonora Hostasch und Genossen (347/AB zu 332/J)


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
19. Sitzung / Seite 20

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ulrike Sima und Genossen (348/AB zu 348/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber und Genossen (349/AB zu 349/J)

der Bundesministerin für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Franz Riepl und Genossen (350/AB zu 442/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abgeordneten Dieter Brosz und Genossen (351/AB zu 326/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen (352/AB zu 316/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Josef Cap und Genossen (353/AB zu 323/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen (354/AB zu 339/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ulrike Sima und Genossen (355/AB zu 346/J)

der Bundesministerin für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ulrike Lunacek und Genossen (356/AB zu 328/J)

der Bundesministerin für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen (357/AB zu 342/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ulrike Sima und Genossen (358/AB zu 370/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (359/AB zu 336/J)

der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ulrike Sima und Genossen (360/AB zu 371/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka und Genossen (361/AB zu 381/J)

der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ulrike Lunacek und Genossen (362/AB zu 384/J)

der Bundesministerin für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Helmut Dietachmayr und Genossen (363/AB zu 400/J)

der Bundesministerin für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Ilse Mertel und Genossen (364/AB zu 372/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (365/AB zu 366/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Anton Gaál und Genossen (366/AB zu 377/J)


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
19. Sitzung / Seite 21

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Otmar Brix und Genossen (367/AB zu 373/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits und Genossen (368/AB zu 385/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits und Genossen (369/AB zu 386/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Peter Pilz und Genossen (370/AB zu 388/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Peter Pilz und Genossen (371/AB zu 391/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Anna Huber und Genossen (372/AB zu 430/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (373/AB zu 485/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Anton Gaál und Genossen (374/AB zu 376/J)

der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka und Genossen (375/AB zu 432/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Dieter Antoni und Genossen (376/AB zu 363/J)

der Bundesministerin für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (377/AB zu 368/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (378/AB zu 369/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (379/AB zu 380/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Parnigoni und Genossen (380/AB zu 361/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Paul Kiss und Genossen (381/AB zu 379/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Peter Pilz und Genossen (382/AB zu 422/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Robert Rada und Genossen (383/AB zu 453/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Kurt Gartlehner und Genossen (384/AB zu 374/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits und Genossen (385/AB zu 387/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Gabriele Heinisch-Hosek und Genossen (386/AB zu 390/J)


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
19. Sitzung / Seite 22

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ulrike Sima und Genossen (387/AB zu 420/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka und Genossen (388/AB zu 439/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Franz Riepl und Genossen (389/AB zu 399/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Robert Rada und Genossen (390/AB zu 454/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (391/AB zu 463/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (392/AB zu 466/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (393/AB zu 538/J)

der Bundesministerin für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Ilse Mertel und Genossen (394/AB zu 355/J)

der Bundesministerin für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ulrike Sima und Genossen (395/AB zu 421/J)

der Bundesministerin für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen (396/AB zu 389/J)

der Bundesministerin für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (397/AB zu 392/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (398/AB zu 364/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Josef Edler und Genossen (399/AB zu 365/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Josef Edler und Genossen (400/AB zu 357/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Gabriele Heinisch-Hosek und Genossen (401/AB zu 358/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Parnigoni und Genossen (402/AB zu 359/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Parnigoni und Genossen (403/AB zu 360/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka und Genossen (404/AB zu 362/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (405/AB zu 365/J)


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19. Sitzung / Seite 23

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Helmut Dietachmayr und Genossen (406/AB zu 367/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Evelin Lichtenberger und Genossen (407/AB zu 413/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Evelin Lichtenberger und Genossen (408/AB zu 415/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Jakob Auer und Genossen (409/AB zu 444/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Großruck und Genossen (410/AB zu 445/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Robert Rada und Genossen (411/AB zu 454/J)


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19. Sitzung / Seite 24

Beginn der Sitzung: 10.01 Uhr

Vorsitzende: Präsident Dr. Heinz Fischer, Zweiter Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn, Dritter Präsident Dr. Werner Fasslabend.

*****

Präsident Dr. Heinz Fischer: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf Sie alle herzlich begrüßen und bitte Sie, die Plätze einzunehmen, damit wir mit der 19. Sitzung der laufenden Gesetzgebungsperiode beginnen können.

Ich erkläre diese Sitzung für eröffnet.

Die Amtlichen Protokolle der 16., 17. und 18. Sitzung sind jeweils in der Parlamentsdirektion aufgelegen und ohne Einspruch geblieben; sie gelten daher als genehmigt.

Als verhindert gemeldet sind die Abgeordneten Dr. Mertel, Dr. Partik-Pablé und Dr. Povysil.

Mandatsverzicht und Angelobung

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich habe von der Bundeswahlbehörde die Mitteilung erhalten, dass Frau Abgeordnete Eleonora Hostasch auf ihr Mandat verzichtet hat und an ihre Stelle Frau Mag. Maria Kubitschek in den Nationalrat berufen wurde.

Der Wahlschein der Genannten liegt vor. Sie ist im Hause anwesend, und ich werde daher sogleich die Angelobung dieser neuen Kollegin vornehmen.

Nach Verlesung der Gelöbnisformel durch die Schriftführerin, Frau Abgeordnete Parfuss, wird die neue Mandatarin ihre Angelobung mit den Worten "Ich gelobe" leisten.

Ich darf Frau Kollegin Parfuss als Schriftführerin um die Verlesung der Gelöbnisformel bitten.

Schriftführerin Ludmilla Parfuss: "Sie werden geloben unverbrüchliche Treue der Republik Österreich, stete und volle Beobachtung der Verfassungsgesetze und aller anderen Gesetze und gewissenhafte Erfüllung Ihrer Pflichten."

Abgeordnete Mag. Maria Kubitschek (SPÖ): Ich gelobe.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich begrüße die neue Kollegin herzlich in unserer Mitte. (Allgemeiner Beifall.)

Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung

Präsident Dr. Heinz Fischer: Für die heutige Sitzung hat das Bundeskanzleramt Mitteilung von Entschließungen des Herrn Bundespräsidenten betreffend die Vertretung von Regierungsmitgliedern gemacht, und zwar wie folgt:

Frau Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita Ferrero-Waldner wird durch Frau Bundesministerin Elisabeth Gehrer vertreten. Herr Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft Mag. Molterer wird durch Herrn Bundesminister Dr. Strasser vertreten.

Aktuelle Stunde

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen jetzt, um 11.03 Uhr, zur Aktuellen Stunde mit dem Thema:


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19. Sitzung / Seite 25

"Die zivil- und strafrechtliche Verantwortung eines Obmannes einer Partei im Krida-Fall"

Zur Begründung dieser Aktuellen Stunde und ihres Themas zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Ing. Westenthaler. Die Redezeit ist von der Geschäftsordnung her mit 10 Minuten vorgesehen. – Bitte, Herr Abgeordneter.

10.04

Abgeordneter Ing. Peter Westenthaler (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Presseberichte ließen in den letzten Wochen aufhorchen, Presseberichte über den Schuldenstand einer Partei, nämlich der Sozialdemokratischen Partei, der Mitte Februar dieses Jahres mit 200 Millionen Schilling kolportiert wurde. "SPÖ auf riesigem Schuldenberg", hieß es da, und: "SPÖ schreibt dunkelrote Zahlen. Erdrückende Schuldenlast." "Neuer SPÖ-Chef erbt riesigen Schuldenberg" und so weiter.

Die Höhe des Schuldenstandes ist dann bis Ende Februar auf rund 300 Millionen Schilling gestiegen, worauf der designierte Parteivorsitzende Gusenbauer sagte: Mit den Parteifinanzen befasse ich mich nicht. Das sollen jene tun, die diese Lage zu verantworten haben. – Zitatende.

Bis März konnten wir dann lesen, dass die 350-Millionen-Schilling-Grenze mittlerweile überschritten wurde. Und zuletzt berichteten mehrere Tageszeitungen und Magazine, so unter anderem auch der "Kurier" vom 11. April 2000: "Parteifinanzen entzweien SP-Chefs: Bankschulden betragen 411 Millionen."

Und weiters heißt es in dieser Ausgabe des "Kurier": "Die SPÖ hat – nach Angaben aus dem innersten Führungskreis – 411 Millionen Schilling Bankverbindlichkeiten und verfügt über 195 Millionen Schilling an Vermögen." – Dazu sagte Alexander Klikovits vom Kreditschutzverband, zuständig für Neuinsolvenzen:

"Wenn diese Zahlen endgültig sind, und ich lese das über eine Firma in einer Zeitung, denke ich mir: Wenn’s da nicht bald eine Lösung gibt, krieg’ ich einen neuen Klienten." "Prinzipiell", so Klikovits, "sind Parteien Rechtspersönlichkeiten, die auch in Konkurs gehen können."

Meine Damen und Herren! Ob 350, 400, 411 oder 500 Millionen Schilling Schulden: Dieses Desaster ist das größte Finanzdebakel einer Partei in der Geschichte der Republik Österreich! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.) Und das alles bitte auf Kosten der Steuerzahler, das alles auf Kosten der Steuerzahler, die ja auch bei der Parteienförderung herhalten müssen! (Abg. Haigermoser: Ja, ja, die Knackwurst vom Edlinger ...! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren von der SPÖ! Es bewerten Sie ja nicht die anderen, sondern die eigenen Parteigenossen, so etwa der ehemalige Finanzminister und Kenner Ihrer Bewegung, Hannes Androsch, der die SPÖ ganz knapp in der letzten Ausgabe des "profil" mit den Worten "kaputt und ohne Inhalt" bewertet.

Wer trägt jetzt die Verantwortung? Wer trägt die Verantwortung für dieses Finanzdebakel? Ich verstehe schon, dass das alles schwierig ist. Und man sagt ja in der SPÖ auch gerne: Wir sind in den letzten 20 Jahren von 51 Prozent auf 33 Prozent Wählerzustimmung heruntergerutscht, haben nicht mehr 700 000, sondern nur mehr 385 000 Mitglieder. Gewiss, das alles ist schwierig, aber ich sage Ihnen ganz deutlich: Nicht die Wähler und auch nicht die Mitglieder sind schuld an diesem Finanzdebakel, sondern Ihr versagendes Parteimanagement, das diesen Schuldenberg zugelassen hat. Die sind schuld an diesem Finanzdebakel – und das auf Kosten der Steuerzahler! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Das alles geschieht vor dem Hintergrund der neuesten Zahlen betreffend Parteienförderung: 1,08 Milliarden Schilling erhält die SPÖ im Jahr insgesamt (Abg. Schwemlein: Und was ist mit Ihrer niederösterreichischen Partei? Rosenstingl ...?), und dennoch hat sie das "Kunststück" zustande gebracht – trotz 1,08 Milliarden Schilling an Parteienförderung! –, 411 Millionen Schilling an Schulden zu bauen! Das ist wirklich ein "Kunststück"!


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19. Sitzung / Seite 26

Wer ist daran schuld? Wer trägt die Verantwortung? Klima sagt: Ich habe von Vranitzky einen Schuldenberg in Höhe von 367 Millionen Schilling übernommen. Daraufhin sagte Ederer – damals SP-Bundesgeschäftsführerin und jetzt Wiener Finanzstadträtin –: Das waren keine 357 Millionen Schilling Schulden, sondern Klima hat nur 153 Millionen Schilling an Schulden von Vranitzky übernommen.

Also wie war das jetzt tatsächlich? Wer hat Schuld? War es Vranitzky? War es Klima? Gusenbauer möchte damit überhaupt nichts zu tun haben, obwohl er in wenigen Tagen offiziell SP-Parteichef wird. Bereits 1998 hat die Partei einen Rechenschaftsbericht gelegt, in dem steht: Neukredit von 65 Millionen Schilling zur Tilgung der Bundesschulden, und zusätzlich in diesem Jahr 10 Millionen Schilling für Zinsen für Altkredite. – Das kann man sich alles leicht ausrechnen, und das heißt: Die SPÖ hatte schon im Jahre 1998 zumindest einen Schuldenstand von über 200 Millionen Schilling, und Sie haben, trotz dieses Schuldenstandes, im Jahre 1999 – diese Zahlen haben wir dank der Auskunftsfreudigkeit Ihres früheren Bundesgeschäftsführers Rudas – einen EU-Wahlkampf um 80 Millionen Schilling und einen Nationalratswahlkampf um 100 Millionen Schilling geschlagen. Das, noch einmal, trotz 200 Millionen Schilling Schulden.

Aber es ist noch nicht aus: Jetzt wird plötzlich bekannt, dass die SPÖ überall versucht, ihre Schulden zu tilgen und Kredite aufzunehmen, Kredite für Schuldentilgung, und zwar zuletzt bei der Steiermärkischen Sparkasse. Das ist ja etwas Großartiges: Bei der Steiermärkischen Sparkasse wurde auf Betreiben des Steirischen SPÖ-Vorsitzenden Schachner-Blazizek ein Kredit in Höhe von 60 Millionen Schilling aufgenommen. 60 Millionen Schilling zur Tilgung der Schulden der Bundespartei! Und exekutiert hat diese Kreditaufnahme niemand anderer als der Chef der Steiermärkischen Sparkasse, Generaldirektor Hofer, der gleichzeitig Finanzreferent der SPÖ ist. (Rufe bei den Freiheitlichen: Unglaublich! – Gegenrufe bei der SPÖ.)

Jetzt frage ich Sie, Herr Kollege Kostelka: Zu welchen Konditionen wurde dieser Kredit aufgenommen? Stimmt es, Herr Kollege Kostelka – jetzt Ohren spitzen! –, dass die SPÖ einen 60-Millionen-Schilling-Kredit durch ihren eigenen Finanzreferenten zugeschanzt bekommen hat, für den Zinsen in der Höhe von nur – jetzt hören Sie zu! – 3,75 Prozent zu zahlen sind? Ist das richtig? (Abg. Dr. Stummvoll: Das gibt es doch nicht!)

Herr Kollege Kostelka! Ist das richtig? Geben Sie uns heute Auskunft? Jeder normale Staatsbürger zahlt jetzt 6 oder 6,5 Prozent Zinsen. Ich sage Ihnen: Das ist ein parteipolitischer Skandal sondergleichen, der da stattfindet! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Rufe bei der SPÖ: FPÖ-Niederösterreich ...!)

Meine Damen und Herren! Die SPÖ lebt konstant über ihre Verhältnisse. Das sagte Andreas Rudas, einer, der es wissen müsste, und der meint es noch gut, ja wohlwollend. Schlimmer ist es schon, wenn in einem Wochenmagazin wie "Format" festgestellt wird:

"Die SPÖ ist pleite – und sie weiß weder ganz genau, wie pleite sie ist, noch wie es dazu kam, und schon gar nicht, wie sie diesen Zustand ändern könnte." – Das ist die schlimmere Fassung.

Und die ganz schlimme Fassung ist, wenn man sich § 159 StGB – fahrlässige Krida – anschaut, in dem steht: Fahrlässiger Krida macht sich schuldig, wer "fahrlässig seine Zahlungsunfähigkeit herbeiführt, insbesondere dadurch, dass er übermäßigen Aufwand treibt" – Rudas: Die Partei lebte konstant über ihre Verhältnisse! –, "leichtsinnig oder unverhältnismäßig Kredit benutzt" – Steiermärkische Sparkasse und sämtliche andere Kredite! – "oder gewährt, einen Bestandteil seines Vermögens verschleudert" – was ja auch schon zur Diskussion steht.

Ich stelle das nur einmal in den Raum, damit auch alle wissen, in welchen Dimensionen sich dieses Finanzdebakel abspielt. "Die SPÖ ist pleite", wird bereits geschrieben. Es ist der Vorwurf der fahrlässigen Krida auch schon erhoben und geprüft worden, und ich sage Ihnen daher: Sie können sich nicht andauernd verstecken und keine Zahlen nennen, denn die Österreicher haben auf Grund des Parteienförderungsgesetzes das Recht auf Offenlegung, auf Prüfung und auf Kontrolle der Parteifinanzen, auch der Bundes-SPÖ. Und das verlangen wir! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)


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19. Sitzung / Seite 27

Dass die SPÖ mit Geld und Zahlen nicht gut umgehen kann, wissen wir ja schon auf Grund des 109-Milliarden-Schilling-Budgetloches, das uns der Finanzminister hinterlassen hat. (Abg. Haigermoser: Wie war das mit der Knackwurst?) Aber es geht dabei auch abenteuerlich zu. So wird zum Beispiel der frühere SPÖ-Bundesgeschäftsführer Rudas von einer Zeitung befragt – abgedruckt im "Kurier" vom 13. April –, wie das mit der Bundesparteizentrale in der Löwelstraße ist, wem die gehört, wer dafür Miete zahlt und an wen. Rudas gibt folgende Auskunft:

"Ich kann mich nur an Mietzahlungen an die nö. Landwirtschaftskammer erinnern. Dass das Gebäude der Gemeinde Wien gehört, ist mir völlig neu."

Es gibt also einen SP-Bundesgeschäftsführer, der nicht einmal weiß, wem die Bundesgeschäftsstelle gehört und an wen er die Miete zu zahlen hat. Dann kommt an die Oberfläche, dass die SPÖ seit vielen Jahren für die 1 800 Quadratmeter ihrer Bundesgeschäftsstelle ganze 58 S pro Quadratmeter zahlt! 58 S! (Rufe bei den Freiheitlichen: Das ist doch unglaublich!) Erklären Sie das einmal den "kleinen" Mietern! 58 S pro Quadratmeter im 1. Wiener Bezirk, in bester Lage, wo jeder Quadratmeter heute 250, 300 S kostet! – Das können Sie nicht erklären, und deshalb haben Sie auch schon einen Schuldigen gefunden. Wer muss zahlen? Wer muss dieses Finanzdebakel ausbaden? – Die Mitglieder, die "kleinen" SPÖ-Mitglieder, die Mitglieder sollen das SPÖ-Finanzdebakel lösen! Häupl rechnete aus: Jedes Mitglied muss 750 S zahlen, dann wäre die SPÖ saniert. Gratuliere!

Wir Freiheitlichen müssen nicht nur die "kleinen" Leute vor Ihren Belastungen der letzten Jahre in Schutz nehmen, sondern wir müssen jetzt sogar schon die SPÖ-Mitglieder davor schützen, von ihrer Partei zur Kasse gebeten zu werden. (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ.) Und das werden wir auch tun, meine Damen und Herren von der SPÖ! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Seitens der "Niederösterreichischen Nachrichten" wurden ausgewiesene SPÖ-Mitglieder befragt, so zum Beispiel Albert Umlauf aus Marchegg, SPÖ-Mitglied, der sagt:

"Zuerst sollten einmal die Geschäftsbücher zur Einsicht dargelegt werden und dann sollten diejenigen zur Verantwortung gezogen werden, die für die Schulden verantwortlich sind. Ich kann auch nicht über meine Finanzen leben und muss mir mein Geld genau einteilen."

Weiters sagte Walter Krupan jun., ein SPÖ-Mitglied aus Marchegg: "Auch vor der Wahl hat man innerhalb der Partei sicher vom miserablen Stand der Finanzen gewusst, doch hat man ohne Rücksicht auf Verluste immense Gelder in den Wahlkampf geworfen. Jetzt trifft es die kleinen Mitglieder, die wegen Spenden angebettelt werden."

Und auf den Punkt bringt es Helmut Ullrich aus Niederhollabrunn, SPÖ-Mitglied, der sagte:

"Die altgedienten Funktionäre sollen spenden, weil die Partei sie groß gemacht hat. Es verwundert mich, dass eine große Partei wie die SPÖ, die jahrelang den Finanzminister gestellt hat, die eigenen Finanzen nicht unter Kontrolle hat."

Das ist der Punkt! Sie haben die Staatsfinanzen in den letzten Jahren nicht unter Kontrolle gehabt. Sie haben Ihre eigenen Finanzen nicht unter Kontrolle. Sie belasten die Menschen – und wir schützen sie davor! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Ironische Heiterkeit bei der SPÖ.)

10.15

Präsident Dr. Heinz Fischer: Im Sinne der Geschäftsordnung, wonach die Aktuelle Stunde der Besprechung von Themen aus der Vollziehung des Bundes dient, gelangt nunmehr der Herr Bundesminister zu Wort, und zwar zur Abgabe einer Stellungnahme, die die Dauer von 10 Minuten nicht überschreiten soll. – Bitte, Herr Bundesminister.

10.15

Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte zunächst auf diese Frage eher grundsätz


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19. Sitzung / Seite 28

lich eingehen, weil diese auch eher grundsätzlich gestellt ist, und ich darf hier primär die Zuständigkeit des Bundesministeriums für Justiz in dieser Frage beleuchten. Diese ist nur und ausschließlich für Angelegenheiten des Zivil- und Strafrechtes gegeben. Alle Fragen, die mit dem Parteiengesetz, mit anderen Verwaltungsmaterien in diesem Zusammenhang, mit der inneren Organisation und den Statuten der Parteien im Zusammenhang stehen, haben mich hier im Rahmen dieser Beantwortung nicht zu interessieren.

Ich werde auch darauf achten, dass nicht der Eindruck entsteht, dass in irgendeiner Form in die Entscheidung unabhängiger Gerichte eingegriffen wird oder diese präjudiziert werden. – Es ist also nur eine allgemeine Darstellung und eine prinzipielle Rechtsauskunft möglich. Eine Einzelprüfung durch die Gerichte muss immer vorbehalten bleiben.

Was die Konkursfähigkeit einer politischen Partei anlangt, sei darauf verwiesen, dass über jede natürliche und/oder juristische Person ein Konkursverfahren eröffnet werden kann. Voraussetzung dafür ist Zahlungsunfähigkeit und/oder Überschuldung.

Politische Parteien sind in Österreich derzeit prinzipiell nach dem Parteiengesetz organisiert. Sie erhalten Rechtspersönlichkeit durch Hinterlegung der Satzungen. Da politische Parteien Rechtspersönlichkeit haben, sind sie somit auch konkursfähig.

Zur Frage der zivilrechtlichen Haftung von Organen politischer Parteien möchte ich auf Folgendes verweisen: Alle politischen Parteien haben Organe, durch die sie vertreten werden. Wegen deliktischen Verhaltens können diese Organe naturgemäß schadenersatzpflichtig werden, und zwar sowohl gegenüber den eigenen Mitgliedern als auch gegenüber Dritten – und all dies gerade im Zusammenhang mit allfälligen insolvenzrechtlichen Fragen.

Im Besonderen ist darauf zu verweisen, dass nach § 69 der Konkursordnung binnen 60 Tagen ab Eintritt der Insolvenzvoraussetzungen ein Insolvenzverfahren eröffnet werden muss, und zwar von den zuständigen Organen. Dem kann unter anderem dadurch begegnet werden, dass innerhalb dieser Frist ein Ausgleichsverfahren eröffnet wird. Darüber hinaus kann naturgemäß ein Organ einer juristischen Person, also auch einer politischen Partei, den Tatbestand der fahrlässigen Krida nach geltendem Recht, § 159 StGB, verwirklichen.

Ich verweise in diesem Zusammenhang auf den weiteren Tatbestand der betrügerischen Krida. Diese beiden Tatbestände sind im § 156 StGB beziehungsweise § 159 StGB geregelt. – Weil es möglicherweise für Sie eher von Interesse ist, gehe ich kursorisch und nur in groben Zügen auf den Tatbestand der fahrlässigen Krida ein. Dieser Tatbestand wird verwirklicht, wenn fahrlässig, also sorgfaltswidrig, eine Zahlungsunfähigkeit von einem Organ dadurch herbeigeführt wird, dass zum Beispiel die Überschuldung durch unverhältnismäßige Kreditbenützung eintritt oder dieses Organ in Kenntnis oder fahrlässiger Unkenntnis seiner bereits eingetretenen Zahlungsunfähigkeit die Gläubigerbefriedigung vereitelt oder schmälert, zum Beispiel wiederum durch Eingehen einer neuen Schuld, durch nicht rechtzeitige Beantragung der Konkurseröffnung und so weiter.

Nicht zuletzt verweise ich auch darauf, dass der Tatbestand der fahrlässigen Krida derzeit in Diskussion steht und möglicherweise in Bälde novelliert beziehungsweise geändert wird. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Dr. Petrovic: Wegen Rosenstingl vielleicht?)

10.19

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke, Herr Bundesminister.

Wir gehen in die Debatte ein. Die Redezeit beträgt ab jetzt 5 Minuten. Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Kostelka. – Bitte.

10.20

Abgeordneter Dr. Peter Kostelka (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Nach der Geschäftsordnung dient die Aktuelle Stunde der Aussprache über wichtige aktuelle Fragen der Vollziehung des Bundes. Ich


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19. Sitzung / Seite 29

stelle fürs Erste einmal fest, dass die freiheitliche Fraktion im Augenblick offensichtlich keine aktuelleren Anliegen als die Vorwegnahme jenes Rechenschaftsberichtes über das Jahr 1999 hat, den meine Partei in wenigen Monaten zu veröffentlichen haben wird und der von zwei unabhängigen Wirtschaftsprüfern unterzeichnet sein wird. (Abg. Ing. Westenthaler: Parteienförderungsgesetz!)

Meine Damen und Herren! Ich kenne viele Themen, die aktuell, wichtig und im Interesse der österreichischen Bevölkerung wären (Beifall bei der SPÖ), beispielsweise die Fragen, wie es sich mit den Steuererhöhungen und den Pensionskürzungen verhält oder mit der Einschränkung von Gesundheitsdienstleistungen beziehungsweise der Erhöhung der finanziellen Beiträge des Einzelnen im Gesundheitsbereich. Vor allem aber, meine Damen und Herren, ist eines klar: Was hier unternommen werden soll, ist nichts anderes als der Versuch einer Ablenkung von den wesentlichen Fragen. (Der Redner zeigt eine Graphik mit dem Titel: "Ärmere zahlen doppelt so viel wie Reiche".)

Zu den wesentlichen Fragen zählt beispielsweise, dass Bezieher kleinerer und mittlerer Einkommen ungleich stärker von jenem Gesetz, das Sie morgen beschließen werden, belastet werden, als das bei Spitzenverdienern der Fall ist. Sie von den Koalitionsparteien sind die Schutzherren der Spitzenverdiener! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Herr Kollege Westenthaler, so jung Sie an Jahren sind, so uralt ist Ihr Konzept. (Ironische Heiterkeit bei Abgeordneten der Freiheitlichen.) Sie rufen in hektischer Weise "Haltet den Dieb!", wenn es darum geht, von eigenen Machinationen und Fehlleistungen abzulenken. (Abg. Ing. Westenthaler: Ihre Mitglieder wollen wir schützen!) Es wäre wirklich verlockend, darauf hinzuweisen, dass Sie die Partei Rosenstingls sind, dass Rosenstingl Ihr Klubkassier war. (Abg. Ing. Westenthaler: Das ist ein gefährlicher Vergleich! – Abg. Dr. Ofner: Wie viel hat der Rosenstingl bekommen? Sieben oder acht Jahre Haft? Das kann doch kein Vergleich sein! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Es wäre wirklich verlockend, darauf hinzuweisen, dass "Freiheitliches Wohnen", der "mutige Schritt in die Wohnbauwirtschaft", erst vor wenigen Wochen wieder am Rande eines Konkurses vorbeispaziert ist. Und es wäre auch verlockend, darauf hinzuweisen, dass Ihr fulminanter Sozialfonds zu einem Selbstbedienungsladen für freiheitliche Funktionäre degradiert wurde. Ihre Finanzen sind in höchstem Maße undurchsichtig! (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Kollege Westenthaler! Es ist wirklich anzuerkennen, wie virtuos Sie im Umgang mit Schmutzkübeln sind. Sie sind der Herr von Kartenhausskandalen; Kartenhäuser, die in sich zusammenbrechen, sobald ein erster kritischer Blick auf das "Faktengebäude" gerichtet wird, das Sie aufbauen.

Der Rechnungshofbericht über die Parteienfinanzen und über die Finanzierung der Klubs kommt aller Voraussicht nach morgen ins Haus. Sie haben in diesem Zusammenhang mir und meiner Fraktion vorgeworfen, dass wir vom Staatsanwalt verfolgt würden und dass ich eine strafrechtliche Verfolgung zu gewärtigen hätte. – Ich kann Ihnen hier sagen: Die gerichtlichen Verfahren sind zurückgelegt worden, und der Rechnungshof wird attestieren, dass alles in Ordnung ist. – Sie, Herr Kollege Westenthaler, sind der Herr der Kartenhausskandale! (Beifall bei der SPÖ.)

Wir haben als Partei Kredite in Anspruch genommen. Wir haben diese Kredite jedoch stets ordnungsgemäß bedient und auch entsprechende Vereinbarungen geschlossen. (Abg. Ing. Westenthaler: Wie viel Prozent waren das?) Was Sie heute hier getan haben – alles unter dem Schutz der Immunität –, ist eine Kreditschädigung. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Ing. Westenthaler: Ich habe Sie gefragt!)

Sie haben in diesem Zusammenhang behauptet, dass Kommerzialrat Dr. Hofer der Chef der Steiermärkischen Sparkasse sei. – Er ist jedoch stellvertretender Chef! (Ironische Heiterkeit bei den Freiheitlichen. – Abg. Ing. Westenthaler: Entschuldigung!) Chef ist Generaldirektor Kassler, ein Mitglied der ÖVP, der im Übrigen auch erklärt hat, dass vergleichbare Kredite nicht nur an die SPÖ, sondern auch an andere vergeben worden sind – Herr Kollege Khol, auch an Ihre


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19. Sitzung / Seite 30

Fraktion! –, und das zu marktüblichen Konditionen. Sie wissen ganz genau, meine Damen und Herren, dass meine Partei keine besseren Konditionen als andere Kreditnehmer bekommen hat. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Ing. Westenthaler: Zu wie viel Prozent? Zu welchen Konditionen?)

Die Aktuelle Stunde wird zur Diskussion einer Frage missbraucht, die sich erübrigt. Wirklich wichtige Fragen werden in diesem Zusammenhang nicht angesprochen: der Streit um das Karenzgeld in Ihrer Fraktion (Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen), die Pensionsreform II, die Pensionisten bis zu 20 Prozent ihrer Pension kosten kann, ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um den Schlusssatz!

Abgeordneter Dr. Peter Kostelka (fortsetzend): ... die Getränkesteuer, meine Damen und Herren, die das Essen und Übernachten zwar teurer, aber das Trinken nicht billiger machen wird. – Das alles wären aktuelle Fragen, die wirklich anzuschneiden wären. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Haigermoser: Ich hätt’ gern einen Termin! Ich möchte auch so einen billigen Kredit!)

10.25

Präsident Dr. Heinz Fischer: Als nächste Rednerin gelangt Frau Abgeordnete Dr. Fekter zu Wort. Gleiche Redezeit. – Bitte.

10.25

Abgeordnete Mag. Dr. Maria Theresia Fekter (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Hohes Haus! Das ist heute eine unangenehme Diskussion, weil wir als Parteien eigentlich über uns selbst herziehen – und das empfinde ich als nicht gut. Parteien sind nämlich die organisatorische Säule einer parlamentarischen Demokratie und somit für den Parlamentarismus unabdingbar. Ohne gesetzliche Parteienfinanzierung wäre das System schlechter, weil die Gefahr der Finanzierung aus dunklen Spendenkanälen und damit auch die Gefahr bestünde, dass jene, die spenden, Einfluss auf die Politik nehmen. Ich glaube daher, dass unser Parteienspektrum mit seiner gesetzlichen Parteienfinanzierung ein gutes System ist und dass damit Korruption und Spendereinfluss abgewehrt werden. (Beifall bei der ÖVP.)

Die verfassungsrechtliche Notwendigkeit der Parteien bedeutet jedoch keinen Persilschein, in alle gesellschaftlichen Bereiche vorzudringen. Es gibt auch keinen Persilschein dafür, mit den gesetzlich gesicherten Kompetenzen und Parteienrechten schlampig oder missbräuchlich umzugehen. Der große Schuldenberg, der hier angesprochen worden ist, ist aus meiner Sicht das Resultat eines besonders schlampigen Umganges mit Steuergeldern. Ich erlaube mir kein Urteil darüber, wofür die SPÖ ihr Geld verwendet, aber die Schuldenmacher-Philosophie der SPÖ führte zu einem klaren Missbrauch im Umgang mit Parteiengeld. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wie ein roter Faden zieht sich seit Jahrzehnten diese Schuldenmacher-Philosophie und der schlampige Umgang mit Geld bei der SPÖ und im Umfeld dieser Partei durch ihre politische Arbeit: verstaatlichte Industrie, AZ, "Konsum". (Abg. Öllinger: Waren Sie nicht auch im Umfeld der SPÖ in den letzten Jahren?)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich komme aus der Bauwirtschaft und habe als Unternehmerin sicherlich Verständnis für wirtschaftlichen Misserfolg, wenn man – und nur unter dieser Bedingung ist es akzeptabel, dass man über wirtschaftlichen Misserfolg redet – seriös bemüht ist, Schaden abzuwehren. (Abg. Schwemlein: Wie war das bei Ihnen mit dem Berggesetz?) Derzeit erkenne ich noch nicht, dass man bei der SPÖ bemüht ist, sorgsam mit Steuergeldern – und die Parteifinanzen sind Steuergelder – umzugehen.

Ich zitiere aus der Zeitschrift "Format": "Die SPÖ lebt konstant über ihre Verhältnisse."

Ich zitiere aus dem "profil": "Allein im Vorjahr gaben die Sozialisten 200 Millionen für Kampagnen aus, 120 für jene zum Nationalrat und 80 für die EU-Wahl. Die öffentliche Wahlkampfkostenrückerstattung (insgesamt 90 Millionen) deckte nicht einmal die Hälfte der Ausgaben." – Zitatende.


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19. Sitzung / Seite 31

Mit dieser Verhaltensweise, meine sehr verehrten Kollegen von der SPÖ, richten Sie Schaden an, der die gesamte Parteienlandschaft trifft. (Abg. Schwemlein: Wie ist das bei Ihnen mit dem Berggesetz gewesen? – Abg. Eder: Rablbauer!) Sie steuern diesen Crashkurs bewusst – es verbieten sich Bezeichnungen wie "fahrlässig" oder "wirtschaftlicher Misserfolg" –, Sie gehen vorsätzlich vor.

So sagt Ihr Kollege Rudas laut "profil": "Das Problem liegt doch darin, dass die Personal- und Betriebsausgaben höher sind als alle Einnahmen. Alles, was man operativ macht, geht schon ins Minus." – Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das ist vorsätzlich und nicht mehr fahrlässig. Daher muss es legitim sein, zu fragen, wie Sie diesen Crashkurs abstellen wollen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

10.30

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Trattner. Gleiche Redezeit. – Bitte. (Ruf bei der SPÖ: Was hat das mit Rosenstingl zu tun?)

10.30

Abgeordneter Mag. Gilbert Trattner (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Danke für den Hinweis auf Rosenstingl. Ihr Parteivorsitzender Klima wird sich schön dafür bedanken, wenn er mit Rosenstingl verglichen wird. Rosenstingl ist verurteilt worden und hat der FPÖ sehr geschadet. Das würde ich Ihrem Parteivorsitzenden Klima nicht nachsagen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Aber ich bedanke mich für den Tipp, was Herrn Direktor Hofer betrifft. Wir werden sämtliche Kandidaten, die zu uns kommen und uns bei der Finanzierung von Umschuldungen um Hilfe ersuchen beziehungsweise überhaupt nach einer Möglichkeit suchen, zu Herrn Hofer schicken. (Abg. Ing. Westenthaler: Der Hofer war’s!)

Herr Kollege Kostelka, Sie meinten, bei der Aktuellen Stunde liege eine Themaverfehlung vor. Es ist Ihnen, wie ich meine, eines nicht bewusst: In Österreich gibt es eine sehr hohe Parteienförderung in der Größenordnung von 2,8 Milliarden Schilling. Die SPÖ bekommt eine Milliarde, und wie die SPÖ mit dem Geld umgeht, das ist geradezu ein Skandal. Ich werde Ihnen jetzt ein paar Beispiele dafür nennen, und zwar nicht aus der Presse, sondern aus Ihrem eigenen Rechenschaftsbericht, wie Sie als Kaufmann handeln.

Die Bundespartei erhielt im Jahre 1997 Mitgliedsbeiträge in Höhe von 62 Millionen und Zuwendungen des Bundes aus dem Titel der Parteienfinanzierung in Höhe von 75 Millionen, also insgesamt 137 Millionen Schilling. 122 Millionen von diesen 137 Millionen sind allein für die Bedeckung des Personalaufwands und der Bürokosten notwendig. Sie sind ja gar nicht in der Lage, irgendwelche Kredite zu bedienen. Sie haben das Wirtschaftsjahr 1997 mit Ach und Krach über die Bühne gebracht, und zwar durch einen Verkauf von Anteilen beziehungsweise Beteiligungen in der Größenordnung von 108 Millionen Schilling. Welche andere Partei kann so manipulieren, wie Sie das machen? Sie verkaufen einfach irgendwelche Anteile in der Größenordnung von 108 Millionen, sehen aber keine Notwendigkeit, in Ihren Bereichen zu handeln und zu sagen, im Bereich Personal beziehungsweise Büroaufwand, Sachaufwand muss bei den Wahlen gespart werden. Nein, Sie gehen mit dem Geld um wie ein Kaufmann, der eigentlich straffällig geworden ist, straffällig deshalb, weil Sie auch im Jahr 1998 so liederlich weiterplanen. Von den gesamten Einnahmen aus Mitgliedsbeiträgen beziehungsweise Parteienfinanzierung in Höhe von 135 Millionen geben Sie 132 Millionen Schilling wieder nur für Personalaufwand, Büroaufwand und Anschaffungen aus. Wie wollen Sie einen Kredit bedienen?

Dann gehen Sie in die Wahlen 1999. Bei den Wahlen 1999 wissen Sie genau, dass Sie auf Grund der Wahlergebnisse mit einer Wahlkampfkostenrückerstattung von in etwa 90 Millionen Schilling für beide Wahlen rechnen können. Sie geben von sich aus zu, für den Wahlkampf im Rahmen der EU-Wahl 80 Millionen beziehungsweise für jenen im Rahmen der Nationalratswahl 120 Millionen verbraucht zu haben. Das glaubt Ihnen hier kein Mensch. Die Kosten für den Wahlkampf im Rahmen der Nationalratswahl beziehungsweise der EU-Wahl haben nicht insge


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samt 200 Millionen betragen, sondern um einiges mehr, und das wissen Sie selbst ganz genau. Deswegen gibt es dieses Desaster.

Andere Parteien planen anders. Andere Parteien planen so, dass sie einen Plan vorgeben, wie viel der Wahlkampf kosten darf. Sie sagen: Ich habe den Betrag X angespart, ich werde aus der Wahlkampfkostenrückerstattung den Betrag Y erhalten. So kann man den Spielraum, in dem man sich als ordentlicher Kaufmann bewegen kann, ausrechnen. Bei guter Planung kann man kurzfristig aufgenommene Gelder rasch wieder zurückzahlen. – Das, was Sie gemacht haben, ist wirklich fahrlässig und durch nichts zu verantworten. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Sie gehen aber in diesem Bereich so weit, dass Sie den Mut haben, in einer Zeit, in der Sie 400 Millionen Schilling Schulden haben und nicht wissen, wie Sie die Kredite zurückzahlen sollen, bei der nächsten Bank wieder einen Kredit in der Größenordnung von 60 Millionen Schilling aufzunehmen. Sie tümpeln ja von einer Fahrlässigkeit in die andere hinein. Das ist genau das, was die Österreicherinnen und Österreicher interessiert. Und das ist auch genau das, was Ihre Parteimitglieder interessiert, und zwar bei Ihrem Parteitag, der in den nächsten Tagen stattfinden wird. Dort wollen Sie eine Bettelaktion starten, die Mitgliedsbeiträge erhöhen beziehungsweise von den Leuten Beiträge zur Sanierung der Finanzen hereinholen. Aber andererseits haben Sie eine Parteiorganisation und einen Parteiapparat, wo allein die Bundespartei 100 Millionen Schilling im Jahr verschlingt. Wie wollen Sie denn das vor Ihren Mitgliedern argumentieren?

Bei Problemen, wie wir sie in Niederösterreich gehabt haben, sind wir anders vorgegangen. Wir sind so vorgegangen, dass erstens einmal die Mandatare einen entsprechenden Beitrag zu leisten gehabt haben, und zweitens haben wir die Kosten in Niederösterreich so herunter gedrückt, dass diese Verbindlichkeiten, ...

Präsident Dr. Heinz Fischer (das Glockenzeichen gebend): Bitte um den Schlusssatz!

Abgeordneter Mag. Gilbert Trattner (fortsetzend): ... die uns Rosenstingl eingebrockt hat, mittelfristig zurückgezahlt werden können. Erst dann, wenn das erledigt ist, kann man wieder neue Ideen verfolgen und wieder Geld aufnehmen beziehungsweise Aktionen starten. Aber zuerst ist Sparsamkeit angesagt und nicht Prasserei, wie es bei Ihnen üblich ist. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

10.36

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Kogler. Gleiche Redezeit. – Bitte.

10.36

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist dies tatsächlich ein ernstes Thema, wenn man bedenkt, dass eine parlamentarische Demokratie, wie das österreichische demokratische System nun einmal zu klassifizieren ist, sicherlich Organisationen wie Parteien braucht. Parteien brauchen Finanzierung. Und die Frage ist eigentlich, woher das Geld kommt, weniger, wie es verwendet wird. Dafür muss jede Partei im Wesentlichen sich selbst Rechenschaft ablegen. Dafür gibt es interne Kontrollen. Wenn diese versagen, gibt es ein Problem.

Ich will überhaupt keinem einzigen Argument widersprechen, das hier gegen die SPÖ vorgebracht wurde. Sehr richtig! Die Frage ist aber im eigentlichen Sinne zu erweitern: Wer finanziert hier wen? Ist es so, dass in Österreich die Parteien zum demokratischen Konsens finden, politische Debatten abführen und sich dann das Wirtschaftssystem in irgendeiner Rahmengesetzgebung wieder findet? Ich habe eher das Gefühl, bei uns ist es so, dass sich bestimmte Banken bestimmte Parteien halten. Denn wie sonst sind diese hohen Kreditvergaben zu diesen Konditionen an die Sozialdemokratische Partei erklärbar? Das ist in der Tat aufklärungsbedürftig.

Der Punkt ist aber, dass es eigentlich bei dieser Fragestellung um wesentlich mehr geht. Ich kann es Ihnen nicht ersparen, Frau Kollegin Fekter, dass wir uns auch mit der ÖVP beschäf


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tigen. Es geht um die Einnahmen als Ganzes. Es geht darum, dass man nicht nur auf Kreditaufnahmen schaut, es geht auch darum, wie sich die Parteien generell finanzieren. Da gibt es einigen Erklärungsbedarf, was Ihre Fraktion oder auch die Freiheitlichen betrifft. Und wir sollten uns eigentlich diesem Thema zuwenden, dem Thema des Prinzips der gläsernen Kassen, anstatt hier dieses jämmerliche Schauspiel aufzuführen, das da lautet: Hier sind die einen, die roten Machthaber und Banker, die irgendwas produziert haben, vorgeworfen von jenen, in denen selbst die kleinsten Hendlgauner größte Millionenskandale verursachen können. Es geht um Transparenz, und es geht eben darum, dass jede Einnahme, die eine Partei bekommt, auch deklariert wird. (Beifall bei den Grünen.)

Da gibt es einigen Erklärungsbedarf bei der ÖVP. Ich möchte nur ein paar kurze Beispiele anführen, damit klar wird, worum es da geht. Das Parteiengesetz in Österreich fordert nicht, dass alle Spenden ausgewiesen werden. Es begünstigt sogar Zustände, wie sie in Deutschland herrschen. Das System Helmut Kohl wird bei uns sozusagen sogar parteigesetzmäßig legitimiert. Stiftungen und Fonds müssen die Spenden nicht deklarieren, und die Parteien müssen die Spenden auch nicht deklarieren. Das ist eigentlich ein schwerer Fehler im Gesetz, der saniert gehört.

Dazu hat es mehrmals Anläufe gegeben. Die grüne Fraktion hat jahrelang Anträge eingebracht, die darauf abzielten, das Parteiengesetz in diesem Punkt zu ändern, und es ist immer abgelehnt worden, und zwar von den drei anderen Fraktionen. Das ist eigentlich das Bedauerliche. Wir werden in diesem Frühjahr diesen Antrag noch einmal stellen. Dann wird sich herausstellen, wer wirklich für die Transparenz ist. (Beifall bei den Grünen.)

Sie verfolgen das Prinzip der Finsterfinanzierung. Wir hingegen verfolgen das Prinzip der gläsernen Parteikassen. Darum sollten wir uns im Zusammenhang mit dieser Debatte kümmern. (Abg. Dr. Trinkl: Wer ist der Herr Finster?)

Herr Trinkl! Heucheln Sie nicht hysterisch dazwischen! In Wirklichkeit geht es doch darum, dass die ÖVP die Herkunft von 100 Millionen Schilling nicht erklären kann. Die Ausweise in der "Wiener Zeitung" stimmen nicht mit dem überein, was in anderen Deklarationen Ihrer Partei veröffentlicht worden ist.

Als Ihnen Kollege Pilz völlig kompetent hier vorgehalten hat, dass die Herkunft von 90 Millionen Schilling in Ihrer Partei aufklärungsbedürftig ist, haben Sie einen entsprechenden Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses selbstverständlich abgelehnt. (Abg. Dr. Trinkl: Das heißt noch lange nicht, dass stimmt, was der Pilz sagt!) Einfach zumachen, das ist Ihre Parole. (Abg. Dr. Petrovic: Die Hand, die die ÖVP füttert!) Die Grünen werden alle Einnahmen offen legen. Es ist ab heute im Internet nachzulesen, wie hoch unsere jährlichen Einnahmen und unser Schuldenstand sind: 2,3 Millionen. Wir sind am Ende des Jahres schuldenfrei. Diesem Prinzip sollten Sie alle folgen. Auf diese Freiwilligkeit wollen wir uns gar nicht verlassen, sondern es gehört eben dieses Gesetz geändert. Wir werden noch in diesem Frühjahr sehen, wie Sie sich bei der Abstimmung verhalten werden.

Meine Damen und Herren! Die Demokratie braucht mehrere Ingredienzien. Jedenfalls braucht sie eine entsprechende Gesinnung, sie braucht aber auch Transparenz und Kontrolle. Auf die Gesinnung sollten wir alle achten, da haben wir in der letzten Zeit ein Problem. Aber was die Transparenz betrifft, sollten Sie sich ...

Präsident Dr. Heinz Fischer (das Glockenzeichen gebend): Bitte um den Schlusssatz, Herr Abgeordneter!

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (fortsetzend): ... einen Ruck geben. Wenn Sie weiter die Transparenz verweigern, können Sie Gift darauf nehmen, dass die Grünen dem weiterhin eine konsequente Kontrolle entgegensetzen werden. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)


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10.42

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Jarolim. – Bitte.

10.42

Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Meine Damen und Herren vor allem von den Freiheitlichen! Jeder, der über die Sachlage einigermaßen informiert ist, sich einigermaßen auskennt, weiß, dass diese Aktuelle Stunde, so wie Sie sie heute angelegt haben, ein Missbrauch dieses parlamentarischen Mittels ist und in Wirklichkeit nichts anderes als eine Kreditschädigung und eine Mistkübelkampagne darstellt. (Abg. Ing. Westenthaler: Sie haben sich schon disqualifiziert!)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Abgeordneter! Bitte achten Sie auf die Terminologie!

Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim (fortsetzend): Dass Sie als Regierungspartei zu einem derartigen Mittel greifen, finde ich tatsächlich beschämend. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Es gibt nichts zu beschönigen: Die Finanzsituation ist nicht erfreulich. Das sagt auch jeder. Es stellt sich nur die Frage, wie wir mit dieser Situation umgehen. Und Sie wissen ganz genau – und das ist auch das, was ich Ihnen vorwerfe –, dass es in zwei Tagen einen Rechenschaftsbericht geben wird, der von Wirtschaftstreuhändern geprüft ist. Sie werden sehen, dass dieser Bericht von den Wirtschaftstreuhändern – aber vielleicht werfen Sie diesen Wirtschaftstreuhändern als Angehörigen eines freien Berufes vor, dass sie befangen sind – das Testat bekommt. Wenn Sie vorher den Herrn Minister hier über Insolvenzen und strafrechtliche Implikationen reden lassen, dann ist das ganz einfach ein Skandal, meine Damen und Herren! (Abg. Ing. Westenthaler: Wie hoch sind die Schulden?) Es ist ganz einfach ein Skandal, wenn Sie das eine mit dem anderen vermischen. Das ist ganz einfach unerträglich.

Wir wissen auch, was Sie damit bezwecken wollen, nämlich ein Ablenken. Das Skurrile ist ja nur, dass gerade die ÖVP – und die Diskussion ist ja noch offen, meine Damen und Herren –, die im Verdacht steht, eine Parteienfinanzierung von 100 Millionen Schilling erhalten zu haben – es gibt einen Untersuchungsausschuss in Deutschland, der sich mit der Gesamtthematik der Finanzierung aus Waffenbeschaffung befasst –, hier groß erklärt, wie verwerflich und wie schrecklich das alles ist; auch die FPÖ, die als einzige Partei in der letzten Zeit auf strafrechtlichem Sektor durch Rosenstingl aufgefallen ist. (Abg. Ing. Westenthaler: Wie hoch sind jetzt die Schulden der SPÖ: 500 Millionen? 400 Millionen?) Rosenstingl war ja nicht nur der Klubsekretär, sondern Rosenstingl war für die gesamte Finanzierung der FPÖ zuständig (Abg. Dr. Khol: Er war nicht Klubsekretär! – Abg. Dr. Trinkl: Kommen Sie auf den Punkt: Wie hoch sind die Schulden?) und wäre wahrscheinlich jetzt auch Finanzminister, wenn das nicht vorher aufgeflogen wäre. Dass Sie sich also hier herstellen und großartige Erklärungen abgeben, bevor Sie noch alle Unterlagen kennen und den Rechenschaftsbericht gelesen haben, ist ein Skandal! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Ing. Westenthaler: Der arme Klima! Jetzt vergleichen Sie Klima schon mit Rosenstingl! – Abg. Dr. Khol: Wie werden Sie die Schulden tilgen? – Abg. Ing. Westenthaler: Wie hoch sind jetzt die Schulden, Herr Kollege? – Über 100 Millionen? 600 Millionen?)

Meine Damen und Herren! Ich weiß und auch Sie wissen, wovon Sie ablenken wollen, und auch die Bevölkerung weiß, wovon hier abgelenkt werden soll. Das, was wir in letzter Zeit erleben, ist ein massiver Umbruch in der Gesellschaft dieses Landes, den sich die Wähler nicht erwartet hätten und der auch mit dem, was Sie angekündigt haben, nie im Einklang steht. Es ist eine reine Veränderung der Gesellschaft im Sinne der ÖVP, nicht im Sinne dessen, was die FPÖ im Rahmen des Wahlkampfes gesagt hat. Das wissen auch die "kleinen" Leute. Und daher brauchen Sie auch dieses parlamentarische Instrument nicht zu missbrauchen und etwas anderes vorzugaukeln. Es ist nichts anderes, als dass Sie hier eine Gesellschaft mit sozialen Rechten zu einer Bittstellergesellschaft umbauen.

Wir haben bereits gesehen, was Sie machen wollen: die Gebühren für den Postversand erhöhen, soziale Schröpfungen, eine massive Umverteilung von unten nach oben, meine Damen und Herren, und zwar in einer Dimension, die erst in den nächsten Jahren voll wirksam und allen bekannt werden wird. Sie haben Förderungen gestrichen, Sie haben die Langzeitarbeitslosen diskriminiert, und Sie machen letztlich den Umbau so, dass Sie jenen Organisationen, die Ihnen willfährig sind, Mittel zur Verfügung stellen und den anderen nicht mehr. Das ist die Art und


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Weise, wie Sie hier vorgehen, meine Damen und Herren! Und das ist der eigentliche Skandal! (Abg. Dr. Khol: Wie werden Sie die Schulden tilgen? Wie werden Sie die Krida abwehren? Reden Sie zur Sache!) Daher verstehe ich auch, dass Sie davon ablenken wollen, weil Sie sich davor fürchten müssen, weil die sachliche Diskussion sicherlich nicht Ihre Stärke ist, weil Sie mit diesen Argumenten, mit dem, was Sie, Herr Kollege Khol, hier umsetzen, nicht wirklich reüssieren können.

Herr Kollege Khol, weil Sie ja jetzt ständig so dazwischen schreien, möchte ich bei dieser Gelegenheit noch eines sagen, was die repressive Art und Vorgangsweise dieser Regierung anlangt. Sie, Herr Kollege Khol, haben mich unlängst persönlich im Parlament angerufen und haben mir mitgeteilt, dass ich meine sachlichen Argumentationen in den diversen Ausschüssen weiter aufrechterhalten kann – wortwörtlich haben Sie gesagt, Sie können mich ruhig weiter anpinkeln –, aber Sie haben mir dann, nachdem Sie einige Erklärungen abgegeben haben, eine Klage in Aussicht gestellt. Meine Damen und Herren! Ich halte das für skandalös. Und wenn Sie mir, der sich sicher sehr gut wehren kann, eine derartige Klage androhen, dann möchte ich wissen, was Sie in all jenen Bereichen, im gesamten Bereich der ÖIAG, wo Sie eine Personalpolitik durchsetzen, die skandalös ist, denen, die sich nicht wehren können, antun wollen. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Dagegen werden wir uns wehren. (Beifall bei der SPÖ.) Wir werden jenen Hilfestellung geben, denen Sie jetzt mit Repressionen drohen. Sie müssen zur Kenntnis nehmen: Ehrgeiz und Ellbogen allein sind für eine Regierung etwas zu wenig. Was sie benötigt, ist Format.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um den Schlusssatz!

Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim (fortsetzend): Das fehlt Ihnen aber, und das ist der eigentliche Schaden für Österreich. (Beifall bei der SPÖ.)

10.47

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Trinkl. – Bitte.

10.47

Abgeordneter Mag. Dr. Josef Trinkl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Jarolim, ich verstehe schon, dass Sie hier beim Rednerpult ein wenig erregt agieren. Rote Zahlen waren nie "in". Früher haben die Buchhalter die Abgänge rot geschrieben, damit gleich jeder die Gefahren erkennen kann. Bei der SPÖ ist das ein wenig anders. Hohe Funktionäre wissen angeblich bis zum heutigen Tag über die genaue Höhe der Schulden noch nicht Bescheid. Eines ist aber klar: Die Schulden wurden von Tag zu Tag größer, und der Schuldenberg stieg von Tag zu Tag an. Egal, ob es jetzt 300, 400 oder 500 Millionen Schilling Schulden sind, die Sie haben: Tatsache ist, dass Überschuldung im Sinne der entsprechenden gesetzlichen Bestimmungen vorliegt.

Format muss man haben, sagt der Kollege Jarolim. Jawohl. Wenn man dem "Format" glauben kann, haben Sie ein Vermögen von 195 Millionen. Wenn Sie 300 Millionen Schilling Schulden haben, sind Sie mit zirka 70 Prozent überschuldet. Ich beneide daher den neuen Parteivorsitzenden der SPÖ in keiner Weise. Wird er seine Funktion des Masseverwalters in den nächsten Monaten und Jahren auch entsprechend wahrnehmen können? Denn wer wird diese Schulden auch tilgen können?

Ein wenig erinnert mich das an die Situation vor der Budgeterstellung, an die Budgetzahlen des Herrn Edlinger, wo der Schuldenberg auch täglich höher wurde. (Abg. Edlinger: Ist ja nicht wahr!) Wie geht es Ihnen dabei, Herr Edlinger? Erinnern Sie sich noch an die Geschichte mit dem Hund und der Wurst? In der gegenwärtigen Situation müssen Sie, würde ich meinen, froh sein, wenn jemand Ihrem Hund eine Wurst gibt. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Ich bin nicht sicher, ob sich Ihre Partei in der momentanen Situation überhaupt einen Hund leisten könnte.


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Der designierte Parteivorsitzende der SPÖ weiß aber sofort, wie man die Sache angeht. Er gibt in einer Presseaussendung vom 12. April hinaus: "Die Regierung setzt ihren Schröpfkurs gegen Arbeitnehmer und Konsumenten fort." – Der Leser fragt sich jetzt, worin dieser Schröpfkurs besteht. "Untertitel: Parteifinanzen: Gute und konstruktive Gespräche ..." Licht ins Dunkel bringt die "Wiener Zeitung" vom nächsten Tag: "Gusenbauer bittet Parteimitglieder um Spenden".

Das ist die Schröpfaktion der neuen Zeit! – Ich gratuliere herzlich.

Ich meine, unter diesen Umständen – man schröpft die Mitglieder, man gibt Geld mit vollen Händen aus – wird man den Begriff "rote Zahlen" umdefinieren müssen. Rote Zahlen sind solche, die von Roten geschrieben beziehungsweise in diesem Fall nicht geschrieben wurden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Justizminister hat klargemacht, dass Parteien juristische Personen sind und dass die Verantwortlichen zivilrechtlich und auch strafrechtlich haften.

Apropos Verantwortliche: Wer waren oder sind die Verantwortlichen in der SPÖ? – Das ist einmal Herr Ex-Bundeskanzler Viktor Klima, für den es als ehemaligen Finanzchef eines großen österreichischen Unternehmens eigentlich Ehrensache hätte sein sollen, die eigenen Finanzen in Ordnung zu bringen. Er war auch jener, der uns im Hohen Haus nicht die Ehre gab, sich als Bundeskanzler zu verabschieden. Unter diesen Umständen verstehe ich gut, dass Herr Klima den Ehrenvorsitz der SPÖ nicht übernehmen kann, meine Damen und Herren!

Ich lese im "Format", Herr Ex-Bundeskanzler Klima fühlt sich für die Schulden der SPÖ nicht verantwortlich, weil ihm sein Vorgänger 367 Millionen Schilling an Schulden hinterlassen hat. Format muss man haben, sagt Herr Kollege Jarolim. Jawohl, das muss man haben. Vranitzky ist doch jener ehemalige SPÖ-Vorsitzende, meine Damen und Herren, gegen den zurzeit gerichtliche Vorerhebungen wegen angeblicher Gratisflüge laufen. Dabei muss man ihm zu Gute halten, er hat es doch gut gemeint. Er wollte ausländische Sponsoren nach Österreich bringen, um seiner eigenen Partei finanzielle Belastungen zu ersparen. Das ist ihm auch gelungen. Ich hoffe nur, er kann klarmachen, was diese Flüge tatsächlich bewirkt haben. Dazu fällt mir das Lied von Reinhard May ein: Über den Wolken muss die Freiheit wohl grenzenlos sein, und alles, was groß und wichtig erscheint, ist plötzlich nichtig und klein. – All das ist nicht umsonst so passiert! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Eines steht fest: Sollten diese Flüge tatsächlich aus gutem Grund erfolgt sein, sollten sie im öffentlichen Interesse erfolgt sein, so müssten sie sich in der Diätenaufstellung des Bundeskanzleramtes finden, ansonsten sind sie, wie gesagt, zumindest dazu angetan, dass sie der SPÖ ein größeres Defizit ersparen.

Zusammenfassend muss gesagt werden: Wer nicht im Stande ist, ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, die Redezeit zu beachten!

Abgeordneter Mag. Dr. Josef Trinkl (fortsetzend): ... die eigenen Dinge in Ordnung zu halten, der ist auch nicht im Stande, der Republik Österreich an führender Stelle voranzustehen. – Jetzt wissen Sie die Antwort. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

10.53

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Ofner. Er hat das Wort. – Bitte.

10.53

Abgeordneter Dr. Harald Ofner (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Folgenden Eindruck habe ich während dieser Debatte gewonnen: Wer heutzutage in Österreich Sozialist ist, dem geht es tatsächlich nicht gut, der ist wirklich arm, denn wie sonst wäre es zu erklären – vielleicht erinnert man sich daran –, dass noch vor gar nicht allzu langer Zeit aus prominentem sozialdemokratischem Munde verkündet worden ist, es


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gebe drei unknickbare Säulen des Sozialismus in Österreich (Abg. Dr. Trinkl: "Konsum"!): die Sozialdemokratische Partei, die Gewerkschaft und den "Konsum".

Wo der "Konsum" ist, das wissen wir schon, das haben wir mit verfolgt; fast hätten wir es schon vergessen. Ich will jetzt gar nicht sagen, dass die Sozialdemokratische Partei einen Insolvenzweg gehen wird, sicher nicht, aber es sind schon Menetekel, die man nicht ganz übersehen darf. Und ein Gebäude, das nur auf einer Säule ruht, wenn nur der Gewerkschaftsbund übrig bleibt, ist schon eine recht labile Sache.

Aber das ist nicht alles. Ich bin bestimmt nicht der übertriebene Freund des Ex-Bundeskanzlers Klima, aber ich bin der Ansicht, dass er es sich nicht verdient hat, dass der sozialdemokratische Justizsprecher in seiner Rede eine gedankliche und politische Brücke von Peter Rosenstingl, der soeben sieben Jahre, wenn auch nicht rechtskräftig, bekommen hat, zu Klima schlägt. Das hat er sich wirklich nicht verdient, das muss ich schon dazusagen. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Ing. Westenthaler: Das hat er sich nicht verdient!)

Das Gedankengebäude, das diesen Vergleichen zu Grunde liegt, sollte man etwas hinterfragen.

Es war auch die Rede von der Bittsteller-Gesellschaft. Soll ich Ihnen sagen, was das ist, meine Damen und Herren? – In der "Kleinen Zeitung" steht über den derzeitigen Vorgang, dass österreichweit die sozialdemokratischen Mitglieder und Funktionäre um nicht einmal so geringe Spenden angeschnorrt werden, Folgendes zu lesen:

Wer mehr als 1 000 Schilling spendet, bekommt als kleines Dankeschön ein Video "30 Jahre in Regierungsverantwortung", mit Redeausschnitten von Kreisky, Vranitzky, Sinowatz, Klima und Gusenbauer. – Zitatende. (Heiterkeit bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Da werden sich die Brieftaschen aber öffnen, dass du nur so schaust, witzelt ein prominentes Vorstandsmitglied. (Neuerliche Heiterkeit bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)  – Das ist die Bittsteller-Gesellschaft, und das ist auch die von meinen Vorrednern zum Teil zitierte Umverteilung von unten nach oben (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP), nämlich von dem "kleinen" Mitglied im hinteren Tal in die Parteikassa an der Spitze, wo man offensichtlich gar nicht genug Geld ausgeben kann.

Ich mache mir aber gar keine Sorgen um die Sozialdemokratische Partei, auch nicht um ihre Spitzenrepräsentanten. Wer im hintersten Tal noch Mitglied dieser Partei ist, ist letztendlich selbst schuld. (Abg. Ing. Westenthaler: Ist da jemand?) Ich mache mir eher um diejenigen Sorgen, die vielleicht aus Gedankenlosigkeit – ich will gar nichts anderes annehmen – auf die Idee kommen, der Gruppierung, der es so schlecht geht, zu sehr günstigen Bedingungen, die kaum jemand anderer bekommen kann, Kredite in namhafter Höhe aufzudrängen. Da gibt es eine strafrechtliche Bestimmung, die nicht die Sozialdemokratische Partei, aber vielleicht den einen oder anderen betrifft, der sich ihr gegenüber besonders entgegenkommend zeigen möchte, und zwar ist das die Bestimmung des § 153 Strafgesetzbuch: Untreue.

Es ist keine lange Bestimmung. Ich darf sie daher vorlesen, ohne Gefahr zu laufen, Sie zu langweilen: "Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen" – also ein Bankdirektor zum Beispiel oder ein stellvertretender Bankdirektor – "oder einen anderen zu verpflichten, wissentlich mißbraucht und dadurch dem anderen einen Vermögensnachteil zufügt, ist mit ... zu bestrafen." – Das heißt, wer heute die durch Rechtsgeschäfte eingeräumte Befugnis hat, etwa ein führendes Vorstandsmitglied einer Bank, über Vermögen der Bank zu verfügen und in einer Art und Weise einem Kreditnehmer entgegenkommt, die ganz außergewöhnlich ist, der schädigt dadurch die Bank an ihrem Vermögen, und es könnte sein, dass Übelwollende auf die Idee kommen, zu sagen, das war Untreue nach dem Strafgesetzbuch.

3,75 Prozent bekomme ich nicht so leicht. Ich könnte mir vorstellen, wir alle, wenn wir uns bemühen, einen Kredit in dieser Höhe zu bekommen, hätten es nicht leicht. Aber so ist es dann, wenn jemand in Schulden gerät. Das kann jedem einmal passieren, die Schulden selbst sind nur minder gefährlich. Gefährlich werden die Reparaturversuche, also wenn man danach trachtet,


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weitere Kredite aufzunehmen, wenn man sich bemüht, umzuschulden – das ist ein Zauberwort in diesem Zusammenhang –, dann wird es gefährlich, denn dann ist dieses Buch in aller Regel zuständig. Da warne ich jetzt nicht Sie, da warne ich all diejenigen, die über die Grenzen des Erlaubten hinaus großzügig und verständnisvoll sein wollen.

Das war es, was man dazu eigentlich sagen musste. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

10.58

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Pilz. – Gleiche Redezeit. (Abg. Ing. Westenthaler: Pilz kauft das Video!)

10.59

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): So lange ich kein Video kaufen muss, auf dem Sie, Herr Kollege Westenthaler, mir das Vergnügen geben, gerne. (Abg. Ing. Westenthaler: Sie haben es schon!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Werter Herr Kollege Ofner! Lassen wir doch die Kirche im Dorf, oder lassen wir von mir aus das "blaue Hendl" im Griller. Festzuhalten ist doch, dass es einem einzigen freiheitlichen Hendlbrater gelungen ist, mehr an Schaden anzurichten, als die SPÖ in den letzten 30 Jahren Schulden angehäuft hat. (Abg. Dr. Ofner: Richtig! Er sitzt schon! – Abg. Ing. Westenthaler: Kollege! Deswegen sitzt er auch im Gefängnis!) Das entschuldigt nicht, was im Bereich der SPÖ passiert ist, aber das deutet schon darauf hin, dass wir es mit zwei völlig unterschiedlichen Vorkommnissen zu tun haben. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Dr. Ofner. )

Den Schlüssel dazu hat uns Kollege Kostelka mit seinem bemerkenswerten Satz auf die Frage, weshalb die steirische SPÖ besonders gute Konditionen, nämlich 3,75 Prozent Verzinsung, für einen Kredit bekommen habe, geliefert. Die Antwort Kostelkas lautete: Entschuldigen Sie, meine Damen und Herren von der ÖVP, Sie haben dieselben Konditionen bekommen. Wir alle bekommen dieselben Konditionen. (Abg. Schwarzenberger: Wir haben keine Kredite! Das ist der Unterschied!) Und das ist es. (Abg. Dr. Trinkl: Wir haben Einlagen! Das ist für die Einlagen!) Das ist das Problem im österreichischen System, dass die rote Bank rote 3,75 Prozent verrechnet, und die schwarze Bank schwarze 3,75 Prozent verrechnet, und ein Teil der Banken ist rot-schwarz. Deswegen wissen Sie immer so gut Bescheid, wie die Konditionen des jeweils anderen sind.

Meine Damen und Herren! Das ist das österreichische System, das ist nichts Neues. Die Freiheitliche Partei hatte in der Vergangenheit ein Problem: Sie war nicht Teil dieses Systems und musste deswegen auf das riskante Geschäft der Hendlbraterei ausweichen. Na so ist es halt. (Heiterkeit bei den Grünen.)

Was passiert, wenn Freiheitliche im großen Stil aus Wohnbaugeldern finanzierte Hühner braten, wissen wir hinlänglich. Aus einer Partei der "Anständigen und Tüchtigen" ist damals eine Partei der Abgängigen und Flüchtigen geworden. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Ing. Westenthaler: Das hat so einen Bart!)

Jetzt hat die FPÖ offensichtlich anderes vor. Ich lese die ersten Wochen Regierungstätigkeit so, dass das größte Bemühen gar nicht darauf gelegt wird, die "kleinen" Leute zu schützen – ich komme noch darauf –, sondern möglichst schnell jene Positionen einzunehmen, dass man auch Kredite zu 3,75 Prozent Verzinsung bekommt. (Abg. Ing. Westenthaler: Da müssen Sie zu Herrn Hofer gehen!)

Worum ist es in den letzten beiden Monaten gegangen? – Aus roten Posten blaue zu machen, das war die Regierungstätigkeit der Freiheitlichen in den letzten Wochen und Monaten. (Beifall bei den Grünen.)

Herr Kollege Westenthaler! Jetzt erzähle ich Ihnen ein Erlebnis, das ich auf der Straße hatte. Wenn ich in Wien oder in der Steiermark auf der Straße gehe, dann sagen die Leute nicht zu mir: Um Gottes willen, Herr Dr. Pilz, jetzt müssen Sie etwas machen! Ich mache mir solche Sor


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gen um die Parteifinanzen der SPÖ. Bitte, ergreifen Sie eine parlamentarische Initiative! – Nein, die Leute sagen zu Recht: Das ist das hausgemachte Problem der SPÖ, und wenn sie mit diesen Problemen nicht fertig wird, dann wird sie das selbst sehen. Das ist nicht das Problem des österreichischen Nationalrates. Das ist ihr Problem, daran ist sie selbst Schuld, und sie wird dies vor ihren Mitgliedern klarstellen müssen. (Abg. Ing. Westenthaler: Pflichtverteidiger der SPÖ!)

Die Leute fragen mich etwas ganz anderes. Sie fragen: Herr Abgeordneter! Warum sollen plötzlich Patienten für die Kunstfehler der Ärzte zahlen? Herr Abgeordneter! Warum sollen kranke Menschen erstmals in dieser Republik zur Weiterarbeit gezwungen werden? Herr Abgeordneter! Warum sollen ältere Menschen, die sich zum Teil ihre Gesundheit ruiniert haben, in die Arbeitslosigkeit geschickt werden, um dort auf die Mindestrente zu warten? – Das sind die Fragen, die die Leute bewegen. Darum geht es! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Hier ein Spektakel aufzuführen und so zu tun, als ob die Finanzen einer Partei in Zeiten einer einmaligen Belastungswelle, die gegen die Kleinsten dieser Republik gerichtet ist – vielleicht wird die Partei mit ihren Problemen fertig oder auch nicht –, das größte Problem seien, Herr Kollege Westenthaler, zeigt, dass Sie die Menschen dieser Republik und ihre Sorgen nicht verstanden haben. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

11.03

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich erkläre die Aktuelle Stunde damit für beendet.

Einlauf und Zuweisungen

Präsident Dr. Heinz Fischer: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände und deren Zuweisungen verweise ich auf die im Sitzungssaal verteilte schriftliche Mitteilung.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A) Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

1. Schriftliche Anfragen: 572/J bis 643/J.

Schriftliche Anfrage an den Präsidenten des Nationalrates: 5/JPR.

2. Anfragebeantwortungen: 282/AB bis 411/AB.

B) Zuweisungen:

1. Zuweisungen seit der letzten Sitzung gemäß §§ 32a Abs. 4, 80 Abs. 1, 100 Abs. 4, 100b Abs. 1 und 100c Abs. 1:

Budgetausschuss:

Bericht des Bundesministers für Finanzen betreffend den Budgetbericht des Bundes 1999 (Vorlage 11 BA),

Bericht des Bundesministers für Finanzen über die Genehmigung von überplanmäßigen Ausgaben im 1. Quartal 2000 (Vorlage 12 BA),

Bericht des Bundesministers für Finanzen über die Genehmigung von Vorbelastungen für das 1. Quartal 2000 (Vorlage 13 BA);

Ausschuss für Petitionen und Bürgerinitiativen:

Petition Nr. 6 betreffend "Verlängerung der Geltungsdauer von Kurzparkzonen in Wien, Ausnahmebewilligungen für Geschäftsleute und Freiberufler, Ergänzung des § 45 Abs. 4a der geltenden StVO", überreicht von der Abgeordneten Ilse Burket,


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Bürgerinitiative Nr. 3 betreffend "§ 97 StGB – Änderung und Verbesserung dieses Paragraphen".

2. Zuweisungen in dieser Sitzung:

a) zur Vorberatung:

Außenpolitischer Ausschuss:

Übereinkommen über die Sicherheit von Personal der Vereinten Nationen und beigeordnetem Personal (50 der Beilagen),

Abkommen zwischen der Republik Österreich und dem Internationalen Zentrum für Migrationspolitikentwicklung (ICMPD) über den Amtssitz des Internationalen Zentrums für Migrationspolitikentwicklung samt Annex (56 der Beilagen);

Ausschuss für innere Angelegenheiten:

Bundesgesetz, mit dem das Sicherheitspolizeigesetz geändert wird (81 der Beilagen);

Justizausschuss:

Internationales Übereinkommen zur Bekämpfung terroristischer Bombenanschläge (47 der Beilagen),

Vertrag zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung von Kanada über die Auslieferung (51 der Beilagen);


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Landesverteidigungsausschuss:

Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über Aufgaben und Befugnisse im Rahmen der militärischen Landesverteidigung (Militärbefugnisgesetz – MBG) eingeführt sowie das Sperrgebietsgesetz 1995 geändert werden (76 der Beilagen);

Umweltausschuss:

Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und dem Schweizerischen Bundesrat über den frühzeitigen Austausch von Informationen aus dem Bereich der nuklearen Sicherheit und des Strahlenschutzes ("Nuklearinformationsabkommen" Österreich–Schweiz) samt Anhang und Gemeinsamer Erklärung (53 der Beilagen);

b) zur Enderledigung des § 28b GOG (vorbehaltlich der endgültigen Entscheidung des Ausschusses):

Ausschuss für Arbeit und Soziales:

Bericht der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales über die soziale Lage 1998 (III-35 der Beilagen),

Bericht des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit über die Tätigkeit der Arbeitsinspektion im Jahr 1998 (III-40 der Beilagen);

Finanzausschuss:

Dritter Bericht des Bundesministers für Finanzen gemäß dem Katastrophenfondsgesetz 1996 betreffend die Fondsgebarung der Jahre 1998 und 1999 (III-36 der Beilagen);

Kulturausschuss:

Bericht des Bundeskanzlers betreffend den Bericht des Österreichischen Bundestheaterverbandes 1998 (III-38 der Beilagen);

Landesverteidigungsausschuss:

Bericht des Bundesministers für Landesverteidigung gemäß § 46a WG betreffend die Dienstleistungen der Frauen im Bundesheer im Jahr 1999 (III-33 der Beilagen).

*****

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ergänzend dazu gebe ich noch bekannt, dass der Dritte Bericht des Unvereinbarkeitsausschusses an die Mitglieder des Nationalrates verteilt wurde.

Ankündigung von Dringlichen Anträgen

Präsident Dr. Heinz Fischer: Die Abgeordneten Dr. Khol, Mag. Schweitzer und Genossen haben vor Eingang in die Tagesordnung das Verlangen gestellt, den zum gleichen Zeitpunkt eingebrachten Selbständigen Antrag 132/A (E) der Abgeordneten Dr. Khol, Mag. Schweitzer und Genossen betreffend Konsens in Rot-Weiß-Rot dringlich zu behandeln.

*****

Desgleichen haben die Abgeordneten Dr. Gusenbauer und Genossen ebenfalls vor Eingang in die Tagesordnung das Verlangen gestellt, den zum gleichen Zeitpunkt eingebrachten Selbständigen Antrag 133/A (E) der Abgeordneten Dr. Gusenbauer und Genossen betreffend gemeinsames Vorgehen aller im Nationalrat vertretenen Parteien zur Beendigung der Maßnahmen der 14 EU-Staaten dringlich zu behandeln.

*****

Nach den Bestimmungen der Geschäftsordnung ist die Behandlung nur eines Dringlichen Antrages möglich. Es ist daher zu entscheiden, welcher Antrag zum Aufruf gelangt. Unter Zugrundelegung des § 57b der Geschäftsordnung gelangt der Dringliche Antrag der Abgeordneten Dr. Khol, Mag. Schweitzer um 15 Uhr zur Verhandlung.

Ein weiterer Dringlicher Antrag kann nicht aufgerufen werden.

Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfragebeantwortung 347/AB

Präsident Dr. Heinz Fischer: Weiters teile ich mit, dass mir das gemäß § 92 der Geschäftsordnung gestellte Verlangen vorliegt, eine kurze Debatte über die Beantwortung 347/AB der Anfrage 332/J der Abgeordneten Hostasch und Genossen betreffend massive Verschlechterungen für Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, Pensionisten und sozial Schwache durch das FPÖVP-Belastungspaket im Bereich der Pensionen und der gesetzlichen Krankenversicherung durch die Frau Bundesministerin für soziale Sicherheit und Generationen abzuhalten.

Da für die heutige Sitzung, wie gerade bekannt gegeben, ein Dringlicher Antrag in Verhandlung stehen wird, wird diese Kurzdebatte im Anschluss an die Diskussion des Dringlichen Antrages stattfinden.

Behandlung der Tagesordnung

Präsident Dr. Heinz Fischer: Was die Tagesordnung betrifft, liegt mir der Vorschlag vor, die Debatte über die Punkte 2 und 3 der Tagesordnung zusammenzufassen.

Wird dagegen ein Einwand erhoben? – Das ist nicht der Fall. Dann werden wir so vorgehen und die Punkte 2 und 3 zusammenfassen.

Wir gehen nun in die Tagesordnung ein.


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Redezeitbeschränkung

Präsident Dr. Heinz Fischer: In der Präsidialkonferenz wurde Konsens über die Dauer der Debatten erzielt wie folgt: Es wurde eine Tagesblockredezeit von 10 "Wiener Stunden" in Aussicht genommen, aus der sich im Falle der Genehmigung durch den Nationalrat folgende Redezeiten ergeben werden: SPÖ 195 Minuten, Freiheitliche und ÖVP je 145 Minuten sowie Grüne 115 Minuten.

Darüber hat das Hohe Haus zu befinden. Ich frage daher: Gibt es gegen diesen Vorschlag Einwendungen? – Das ist nicht der Fall. Damit ist diese Tagesblockredezeit und die Verteilung der Redezeit so beschlossen.

1. Punkt

Bericht des Familienausschusses über das Familien-Volksbegehren (1/70 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen zum 1. Punkt der Tagesordnung.

Ein Verlangen auf mündliche Berichterstattung liegt mir nicht vor. Wir gehen daher in die Debatte ein.

Als erste Rednerin gelangt Frau Abgeordnete Prammer zu Wort. Die gesetzliche Redezeit beträgt 20 Minuten, die freiwillige Redezeit beträgt 10 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

11.08

Abgeordnete Mag. Barbara Prammer (SPÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Es hätte während der Sommerzeit und nach dem Sommer 1999 – es war Vorwahlzeit – so schön sein können, weil neben den Wahlauseinandersetzungen auch ein Volksbegehren, nämlich ein Familien-Volksbegehren, einer Partei oder sogar zwei bestimmten Parteien Stimmen hätte bringen können. Beides ist nicht aufgegangen, meine Damen und Herren! Es liegt uns ein Familien-Volksbegehren vor, das rund 180 000 Stimmen erhalten hat.

Ich möchte nur daran erinnern, dass das Frauen-Volksbegehren aus dem Jahre 1997 mehr als dreimal so viel Unterschriften bekommen hat. Jetzt frage ich mich, wie denn beides zusammenpasst. Bei dem Frauen-Volksbegehren hat es damals große Bestrebungen gegeben, weiterzudiskutieren, weil viele Punkte langwierig und langfristig sind und mit einem Endbericht nicht abgeschlossen werden konnten. Es kam damals zu keiner Rückverweisung in den Ausschuss. Heute, obwohl sich die Regierungsparteien in ihrer Familienpolitik so einig sind, wird ein Zwischenbericht erstattet, und das gesamte Familien-Volksbegehren soll wieder an den Familienausschuss zurückverwiesen werden.

Ich frage mich wirklich, wie es das gibt, wo sich doch beide so einig sind! Oder sind es die beiden Parteien vielleicht doch nicht? Sind sie sich vielleicht doch nicht so einig in ihren familienpolitischen Zielsetzungen? – Wenn wir die Zeitungen lesen und aufmerksam die Nachrichten verfolgen, dann kommen tatsächlich Zweifel auf, dass diese Einhelligkeit existiert.

Das Interview in der heutigen Ausgabe des "Standard" mit Finanzminister Grasser war schon sehr bemerkenswert. Auf die Frage, zu welchem Modell er im Zusammenhang mit der Familienförderung, nämlich auch in Bezug auf die Aufhebung der Obergrenze, tendiert, sagt er konkret: Das würde ich sofort abstellen, diese Regierungsvorlage wird niemals meine Zustimmung finden, das ist völlig kontraproduktiv. Genauso wenig bin ich dafür, dass man für jedes Kind Karenzgeld bekommt. Dafür bin ich nicht. Man muss schauen, dass jene, die echte soziale Probleme haben, Sozialleistungen bekommen. – Zitatende.

Meine Damen und Herren! Das ist heute von Ministerin Sickl natürlich bereits dementiert worden. Die Auseinandersetzung der beiden Regierungsparteien betreffend Familienleistungen wird noch spannend werden.


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Zum Karenzgeld, das es nicht mehr geben wird, das abgeschafft wird und durch eine Familienleistung mit der Gießkanne ersetzt werden soll, meine Damen und Herren. Dieses Karenzgeld war ein ganz wesentlicher Faktor und eine wesentliche Säule in der Frauenpolitik, aber auch in der Familienpolitik, weil es eben eine Versicherungsleistung ist – jetzt muss man schon sagen: war. Dieses Karenzgeld war gerade aus der Sicht der Frauen, aus arbeitsmarktpolitischer und gesellschaftspolitischer Sicht notwendig, um einen Ersatz für entfallenes Einkommen zu haben, wenn man Kinder bekommt und deswegen eine Berufsunterbrechung zu Stande kommt. Sie durchbrechen alle diese Grundsätze!

Karenzgeld – kein Ersatz von entfallenem Einkommen mehr. Sie haben es auch nie der Mühe wert gefunden, darüber zu diskutieren, wie vernünftig doch der Vorschlag wäre, ein einkommensabhängiges Karenzgeld einzuführen, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Sie haben damit auch vielen Familien, vor allen Dingen vielen Frauen, vielen zukünftigen Müttern die Sicherheit genommen, ihre Entscheidung tatsächlich frei zu treffen, und zwar für ein Kind, meine Damen und Herren. Das muss auch einmal klar festgestellt werden.

Zum Thema bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf: Das ist auch ein sehr gern angesprochenes Kapitel von der ÖVP und den Freiheitlichen. Diese Zusammenschau von Familie und Beruf ist ein Feigenblatt geworden. Man könnte in der Öffentlichkeit vielleicht doch falsch liegen. Vielleicht gibt es junge Frauen, die diese Vereinbarkeit von Beruf und Familie tatsächlich wollen. Sie reden von der Wahlfreiheit und merken gar nicht, dass die Wahlfreiheit in Wirklichkeit ein Schlag ins Gesicht der Frauen ist.

Welche Wahlfreiheit meinen Sie? Wo ist die Wahlfreiheit, wenn Kinderbetreuungseinrichtungen fehlen, meine Damen und Herren? Welche Wahlfreiheit meinen Sie, wenn in Kinderbetreuungseinrichtungen gerade auf dem Land die Öffnungszeiten nicht entsprechen, wenn um 11.30 Uhr bereits wieder zugesperrt wird, sodass nicht einmal eine Teilzeitbeschäftigung aufgenommen werden kann, weil Frauen damit automatisch zum Zuhause-Bleiben gezwungen werden? Welche Wahlfreiheit meinen Sie, wenn nach wie vor familienfeindliche Arbeitszeiten im Mittelpunkt stehen? – Sie sind nicht dazu bereit, die Rechtsansprüche in Sachen Teilzeit zu Stande zu bringen! (Abg. Gaugg: Ich habe nur eine Frage: Sie waren Frauenministerin! Was haben Sie in den letzten vier Jahren dafür getan, dass es besser wird? Das ist ein Aufzählen von Versäumnissen! Sie sind dafür verantwortlich – und ausschließlich Sie!)

Meine Damen und Herren von der Freiheitlichen Partei! Wo sind denn Ihre Initiativen gewesen? (Abg. Gaugg: Die Kindergartenöffnungszeiten – hochinteressant! Die Kindergartenöffnungszeiten – Sie hätten vier Jahre Zeit gehabt!)

Das ist eine sehr interessante Debatte hier im Hohen Hause. Wo sind die Mehrheitsverhältnisse in diesem Haus? – Das ist eine ganz einfache Frage, und es gibt eine ganz einfache Antwort, die auf diese Frage immer wieder zu geben ist.

Soll ich Ihnen auch ein bisschen Geschichte erzählen? – Schauen Sie sich die Maßnahmen der Sozialdemokratie an, als es in diesem Hause eine absolute Mehrheit gab! Damals sind frauenpolitische, familienpolitische Maßnahmen gesetzt worden. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Mit dem Abhandenkommen dieser Mehrheitsverhältnisse ist in diesem Bereich nur mehr sehr wenig weitergegangen, meine Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ.)

Zum Thema Kinderbetreuungsgeld, Kinderbetreuungsscheck. Wir wissen alle miteinander nicht, wie das Ganze genau heißen oder ausschauen soll. (Abg. Schwarzenberger: Hauptsache ist, dass es kommt!) Ich weiß nur, was Jörg Haider sagt. Jörg Haider hat eine eindeutige Aussage getroffen. Ich möchte ihn zitieren: Sie müssen überlegen, so sagt er, dass sich der Staat mit diesem Kinderbetreuungsscheck auf der anderen Seite auch sehr viel Geld erspart. Er spart sich Geld für noch nicht vorhandene, aber sonst zu schaffende Kinderbetreuungseinrichtungen, die aber erst in den nächsten Jahren finanziert sein würden, und er spart sich Geld für Arbeitslose.


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So einfach ist es: Wir schicken die Frauen nach Hause, wir brauchen keine Kinderbetreuungseinrichtungen, wir geben ihnen ein bisschen Taschengeld, und was später folgt, ist ihre Privatangelegenheit und nicht mehr die Aufgabe des Staates.

Es ist bekannt, was Sie wollen, und es ist bekannt, was Sie meinen, nämlich dass berufstätige Mütter nicht im Mittelpunkt Ihres Interesses stehen und dass berufstätige Mütter heute nach wie vor – auch am Beginn eines neuen Jahrhunderts – gerne als Rabenmütter dargestellt werden. Berufstätige Mütter sind keine Rabenmütter, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Dazu, was im Zusammenhang mit der Vereinbarkeit von Beruf und Familie tatsächlich notwendig wäre, gibt es ein paar Bemerkungen in der Ausschussfeststellung der beiden Regierungsparteien. Nichts Konkretes ist dahinter. Keine einzige Passage beschreibt, wo denn in Zukunft tatsächlich Ihre Initiativen liegen würden und liegen werden.

Der Schutz vor Sekten und Gewalt ist ein Punkt des Volksbegehrens – sicher wichtig und gar nicht genug ernst zu nehmen. Aber auch dazu fehlen mir in Ihrer Feststellung nähere Ausführungen. Wo bleiben denn die Initiativen, die Weiterentwicklungen betreffend Schutz vor Gewalt in den Familien, in denen bedauerlicherweise am meisten Gewalt stattfindet? Diesbezüglich haben wir alle gemeinsam große Initiativen zu setzen, und zwar im Hinblick auf den Ausbau der Interventionsstellen, den Ausbau und die Weiterentwicklung des Gewaltschutzgesetzes und vieles andere mehr.

Meine Damen und Herren! Die Alleinerzieherinnen finden bei Ihnen überhaupt kein Gehör. Alleinerzieherinnen sind offensichtlich selbst schuld an ihrer Misere. Alleinerzieherinnen werden von Ihnen mit keinem Wort erwähnt, meine Damen und Herren. (Zwischenruf der Abg. Silhavy. ) Frau Zierler hat im Ausschuss gemeint, das Thema Alleinerzieherinnen gehörte nicht in den Familienausschuss, sondern gehörte ausschließlich, wenn überhaupt, im Frauen- beziehungsweise Gleichbehandlungsausschuss behandelt. Das sagt ohnedies schon alles aus.

Unterm Strich kann ich nur feststellen: Geld für Steuergeschenke an Reiche und Unternehmer haben Sie, aber für die Frauenförderung und die Kinderbetreuungseinrichtungen, die die Basis für eine gute Familienpolitik sein müssen und sein sollen, bleibt Ihnen nichts übrig. Das ist offensichtlich Ihre neue Frauenpolitik, das ist ein Rückfall in die familienpolitische Steinzeit.

Aber ich kann Ihnen versichern, die jungen Frauen in Österreich werden sich nicht mehr zurückdrängen lassen. Sie werden darauf bestehen, Familie und Beruf unter einen Hut zu bringen. Sie werden nicht auf den Beruf verzichten, sie werden beides wollen. Ich hoffe nur, dass die Frauen in Österreich stark genug sein werden, Ihnen das auch immer wieder klar vor Augen zu führen. (Beifall bei der SPÖ.)

11.19

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Steibl. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte.

11.19

Abgeordnete Ridi Steibl (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Familienpolitik in Österreich steht derzeit unmittelbar im Zusammenhang mit dem Regierungsübereinkommen von ÖVP und FPÖ, aber auch im unmittelbaren Zusammenhang mit dem Familien-Volksbegehren, initiiert vom Österreichischen Familienbund. Das Familien-Volksbegehren entwickelt sich sehr wohl zu einem der erfolgreichsten Volksbegehren in der Geschichte. Diesbezüglich möchte ich Frau Kollegin Prammer widersprechen, weil die Forderungen festgeschrieben, auch von den Regierungsparteien eingebracht worden sind und nunmehr Schritt für Schritt umgesetzt werden. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Ich möchte den Initiatoren dieses Volksbegehrens ausdrücklich Lob und Dank aussprechen, aber auch den Beamten, die uns im Ausschuss geholfen haben und noch Einiges an Arbeit vor sich haben, insbesondere im legistischen Bereich. Wir haben gemeinsam mit den


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Verantwortlichen des Familien-Volksbegehrens konstruktiv und verantwortungsvoll gearbeitet. Das ist der richtige Weg für eine Besserstellung österreichischer Familien.

Alle in der Folge angeführten Maßnahmen stellen aus familienpolitischer Sicht ein Förderungspaket dar, das, wie ich schon erwähnt habe, nun stufenweise umgesetzt werden soll. Auf Grund der Komplexität des Themenbereiches und um ein Gesamtpaket, das die notwendigen Gesetzesänderungen der materiellrechtlich verschiedenen Rechtsbereiche beinhaltet, zur vorliegenden Materie erarbeiten zu können, muss die Vorlage, wie erwähnt, wieder an den Familienausschuss rückverwiesen werden, da wir keine politischen Schnellschüsse, sondern das Beste für unsere Familien erreichen wollen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Aus diesem Grund bedarf es nicht nur im Familienrecht, sondern beispielsweise auch im Arbeits- und Sozialrecht einiger gravierender Änderungen – schon allein auf Grund der Entkoppelung des Kinderbetreuungsgeldes weg von einer Versicherungsleistung, hin zu einer tatsächlichen Familienleistung.

Auch wenn die SPÖ laut ihrem Minderheitsbericht in diesen unseren Maßnahmen keinen Beitrag zur Verbesserung der Situation für Kinder, Frauen und Familien erkennen kann, will ich Folgendes ganz eindeutig klarstellen: Die Österreichische Volkspartei mit Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel an der Spitze war und ist eine Partei, für die die Belange der Familien in Österreich sehr im Vordergrund stehen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Die ÖVP hat diese Forderungen, wie etwa das Karenzgeld für alle, nicht nur im Wahlkampf forciert, sondern wird sie auch gemeinsam mit der FPÖ umsetzen, mit der Unterstützung aller Minister. Mit der Unterstützung aller Minister werden wir ein Modell erarbeiten, das wir forciert haben und von dem wir meinen, dass es das Beste für Familien, für Schülerinnen, für Studentinnen, für Bäuerinnen und für alle ist, die noch nicht den vollen Anspruch auf das Karenzgeld haben. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Silhavy: Der Anspruch auf Karenzgeld ist abgeschafft worden bei eurem Modell!)

Wie auch im Regierungsübereinkommen dargelegt – liebe Frau Kollegin, ich bitte, das Regierungsübereinkommen zu lesen – wollen wir damit eine entsprechende Wahlfreiheit für Mütter und Väter einführen und forcieren. Es geht natürlich auch um die Wahl, ob beide Partner Beruf und Familie gleichzeitig verbinden oder ob sich einer der beiden eine gewisse Zeit lang ausschließlich der Familie widmet.

Dabei gilt unser Augenmerk auch den Vätern, die sich bei der Familienarbeit intensiver als bisher engagieren sollen und auch müssen. Mit Gesetzen allein wird das nicht machbar sein, aber ich glaube, dass junge Menschen sehr wohl wissen, wie wichtig eine gemeinsame Familienarbeit ist.

Durch das Kinderbetreuungsgeld für alle als reine Familienleistung erhalten alle Eltern eine völlig neue Wahlfreiheit in der Lebensgestaltung. (Abg. Mag. Prammer: Das ist unglaublich!) – Es ist nicht "unglaublich", sondern es ist glaublich wahr! Auch für diese Ausweitung des Karenzgeldes auf das Kinderbetreuungsgeld konnten wir eine Aufstockung im Familienlastenausgleich auf 13 Milliarden Schilling erreichen; bis dato waren es nur 8 Milliarden Schilling. Wenn man das mit dem Regierungsprogramm der SPÖ und ÖVP vergleicht, dann stellt man fest, die SPÖ hätte nur 2 Milliarden Schilling für die Familien übrig gehabt, und das muss man auch einmal sagen! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wenn Frau Kollegin Prammer kritisiert, die Umverteilung der Mittel laufe in eine falsche Richtung, weil Frauen heute trotz Familie berufstätig sein wollen, dann kann ich nur sagen, dass wir eben deshalb durch dieses neue Modell Wahlfreiheit ermöglichen. Ich bin auch überzeugt davon und weiß aus Erfahrung, dass die jungen Frauen nicht am Gängelband der Parteien geführt werden müssen, sondern sie wissen sehr wohl, was sie wollen und was sie können. (Beifall bei der ÖVP.)


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Nebenbei bemerkt: Laut Familienbericht wollen 90 Prozent der jungen Familien in Österreich doch bis zum dritten Lebensjahr des Kindes die Betreuung selbst wahrnehmen. Dass es nicht immer so geht, wissen wir. Dass es Alleinerzieherinnen gibt, wissen wir, und dass sie besonders unterstützt gehören, wissen wir auch. Aber ich denke, auch eine funktionierende Partnerschaft, eine funktionierende Familie gehören unterstützt. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ein weiterer Quantensprung in der österreichischen Familienpolitik ist die pensionsrechtliche Anrechnung der Kindererziehungszeiten. Um diese Anrechnung als pensionsbegründende Beitragszeit sicherzustellen, wird nunmehr bis zum 18. Lebensmonat des Kindes monatlich ein Betrag in der Höhe von 250 S an die Pensionsversicherung überwiesen. (Abg. Mag. Prammer: Wenn jemand berufstätig ist, braucht er dann auch nur 250 S zu zahlen?) Man muss dazusagen, dass der FLAF bisher schon 22 Prozent – das entspricht 8,2 Milliarden Schilling – als Ausgleich zum Pensionssystem überwiesen hat und dass diese 250 S eine Erhöhung, eine zusätzliche und wichtige Absicherung zur Pensionsbegründung sind. (Beifall bei der ÖVP.)

Für eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist aber auch ganz entscheidend, dass Eltern sicher sein können, dass ihre Kinder eine gute außerhäusliche Betreuung haben, und das wollen wir auch fördern. Daher setzen wir uns für einen Ausbau von qualitativ hochwertigen kindergerechten Betreuungseinrichtungen ein, wobei die Öffnungszeiten die Vereinbarkeit von Familie und Beruf auch zulassen müssen. Das wissen wir, wir verhindern nichts, wir forcieren es, wir arbeiten diesbezüglich mit den für Kinderbetreuung zuständigen verantwortlichen Stellen zusammen.

Ich denke nicht nur an öffentliche Kinderbetreuungseinrichtungen, sondern natürlich auch an Betriebskindergärten, an individuelle Betreuung und insbesondere auch an Tagesmütter, die zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf notwendig sind. Dazu gehört auch ein lang gehegter Wunsch seitens der ÖVP-Frauen, nämlich die steuerliche Absetzbarkeit der Kosten der Kinderbetreuung wie auch der Ausbau von gemeinnützigen Dienstleistungszentren – Home-Service-Agenturen genannt –, um diese qualifizierten Personal- und Familienaufgaben durchführen zu können.

Da Kinderbetreuung aber vorwiegend Länderkompetenz ist, müssen wir in Bezug auf Öffnungszeiten auch mit den Verantwortlichen in den Ländern Konzepte erarbeiten, um die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu ermöglichen.

Nun zum Wiedereinstieg: Vor allem der Wiedereinstieg muss durch spezifische Fördermaßnahmen für Frauen und Männer in der "Familienphase" erleichtert werden. Die in der Karenzzeit unterschiedlich erworbenen Schlüsselqualifikationen sollen als Potenzial für den Beruf beziehungsweise für den Wiedereinstieg in den Beruf anerkannt und auch genutzt werden.

Daher fordern wir von der Österreichischen Volkspartei gemeinsam mit der anderen Regierungspartei auch die Evaluierung zum Beispiel der Wiedereinstiegsbeihilfe und andere zu diesem Zweck geschaffene Maßnahmen und die Umgestaltung zu einer effizienten Unterstützung für jene Personen, die nach der "Familienphase" wieder in den Arbeitsprozess einsteigen.

Es ist uns auch wichtig, dass Unternehmen, die Frauen nach einer längeren Zeit der Familienarbeit zu Hause wieder aufnehmen, zumindest ein Jahr lang vom Unternehmerbeitrag zur Krankenversicherung befreit werden. Uns wäre es auch wichtig, dass Unternehmen neu aufgenommene Wiedereinsteigerinnen ein Jahr länger behalten können, indem ein Steuerfreibetrag geltend gemacht werden kann. (Beifall bei der ÖVP.)

Die SPÖ fordert in ihrem Minderheitsbericht für jedes Kind das Recht auf qualifizierte Betreuung. Wir tun mehr, denn wir ermöglichen und realisieren durch das Kinderbetreuungsgeld unsere Maßnahmen und eine tatsächlich bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Im Gleichklang sind jene Maßnahmen zu setzen, die Beruf und Familie harmonisieren.

Sie sehen also, wir haben gemeinsam gute Arbeit geleistet und werden dies auch noch weiter tun. Ablehnungsreflexe allein sind uns zu wenig. Wir setzen uns auch ein.


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In diesem Sinne hoffe ich, dass das Familien-Volksbegehren Schritt für Schritt positiv umgesetzt wird. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

11.30

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Öllinger. – Bitte.

11.30

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Es ist fast unglaublich, was man hier im Verlauf von nur wenigen Reden zu hören bekommt. So unglaublich wie das, was Frau Kollegin Steibl hier schon wieder an neuen Geschenken für Unternehmen, die sich der Wiedereinsteigerinnen erbarmen, verkündet hat, war auch die Debatte im Ausschuss, meine Damen und Herren. Es war wirklich unglaublich! (Abg. Dr. Niederwieser: Es ist eine reaktionäre Regierung!)

Da treten Vertreter von Regierungsparteien auf und behaupten steif und fest: Selbstverständlich sind alle Frauen beziehungsweise alle Personen, die jetzt die Karenzzeit oder die Kinderbetreuungszeit beanspruchen, auch während dieser Zeit gegen Arbeitslosigkeit versichert und erwerben dadurch Ansprüche aus der Arbeitslosenversicherung. Aber als ich das Herrn Bartenstein im anderen Ausschuss erzählt habe, ist er ziemlich blass geworden. Mitnichten ist es so, meine Damen und Herren, vor allem die Kollegen von der Freiheitlichen Partei! Mitnichten ist es so, sondern es gibt da eine klare Auflage.

Das muss man sich einmal vorstellen, welches Programm Sie wirklich haben! Da kann Frau Steibl noch so locker und flockig vom Wiedereinstieg für die Frauen erzählen (Abg. Steibl: Das ist die Wahrheit!), man muss sich wirklich vorstellen, was Sie vorhaben: Es wird die Sondernotstandshilfe gestrichen, es wird die Notstandshilfe gestrichen. (Abg. Steibl: Wer sagt das?) Es darf auch kein Anspruch aus dem Arbeitslosengeld-Bezug insgesamt durch die Kinderbetreuungszeit entstehen. (Abg. Steibl: Das ist überhaupt nicht wahr! Grüne Parolen, die nicht stimmen!) Das ist Ihr Programm, meine Damen und Herren! (Abg. Steibl: Wo steht das?) Das ist ein brutales Ausstiegsprogramm für alle Frauen, die tatsächlich auf Ihren Schmäh mit dem Kinderbetreuungsgeld hereingefallen sind. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Steibl: ... den Familien gegenüber solche Unwahrheiten zu sagen! Das ist nicht wahr!)

Ich lese Ihnen eine Aussendung aus dem Wirtschaftsministerium vor, Frau Steibl, eine Antwort an Herrn Buchinger, der gemeint hat, es könnten daraus vielleicht zusätzliche Kosten erwachsen, weil Frauen Notstandshilfe oder Arbeitslosengeld beanspruchen. Dazu sagt das Wirtschaftsministerium in einer APA-Aussendung: Es wird zu keinen zusätzlichen Mehrkosten, wie dies heute im "Morgenjournal" AMS-Chef Herbert Buchinger befürchtet hat, kommen. Es wird im Rahmen der gesetzlichen Umwandlung der derzeitigen Karenzgeldregelung in ein Kinderbetreuungsgeld für alle – "Vorsorge" heißt das dann! – Vorsorge dafür getroffen werden, dass es zu keinem zusätzlichen Bezug von Arbeitslosengeld kommen wird. – Punkt, meine Damen und Herren!

Frau Sozialministerin! Wenn wir schon dabei sind, die Ungereimtheiten und Unglaublichkeiten dieses Kinderbetreuungsgeldes darzustellen: Sie sollten sich Ihre Äußerung, die ich heute im "Morgenjournal" mit ziemlichem Staunen vernommen habe, noch einmal durch den Kopf gehen lassen. Glauben Sie wirklich, dass Frauen, die während der Kinderbetreuungszeit arbeiten gehen müssen, weil sie außer Ihren 6 000 S kein Einkommen haben, reich sind, wie Sie behauptet haben, sodass man ihnen das Kinderbetreuungsgeld deshalb, weil sie über der Zuverdienstgrenze liegen, wegnehmen kann? Was bleibt denn dann noch übrig von Ihrem Kinderbetreuungsgeld für alle?

Es gibt also offensichtlich nach dem, was Sie heute im "Morgenjournal" gesagt haben, kein Kinderbetreuungsgeld für alle, weil es ein Kinderbetreuungsgeld für Frauen, die während der Karenzzeiten oder Kinderbetreuungszeiten auch berufstätig sein müssen, dann, wenn das Einkommen daraus über der Zuverdienstgrenze liegt, nicht gibt. Das heißt für berufstätige Frauen: kein Kinderbetreuungsgeld für alle. (Abg. Schwarzenberger: Auch das Karenzgeld wird nicht ... bezahlt!)


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Aber Sie beunruhigt das nicht! Ich weiß, warum: Sie als Vertreter der Bauern wissen, dass die Bauern mehr Einkommens-Gestaltungsmöglichkeiten haben. Es ist so, auch für Selbständige. (Abg. Schwarzenberger: Ihr Kollege Pirklhuber behauptet aber etwas anderes!) Daher wird es Bauern oder Selbständigen auch dann, wenn sie viel verdienen – und Sie sind sicherlich kein kleiner Landwirt, würde ich einmal behaupten ... (Abg. Schwarzenberger: 12,5 Hektar hat mein Besitz!) Herr Schwarzenberger, trotzdem sind Sie kein kleiner Landwirt, ja? Auch wenn der Hof nicht so groß ist – aber das Einkommen wird das schon tragen. (Abg. Dr. Petrovic: Vielleicht ist er Sozialhilfe-Bezieher, der Herr Schwarzenberger!)

Es gibt gerade durch die Ausformung des Kinderbetreuungsgeldes – wie es jetzt geplant ist – die Möglichkeit, dass im Bereich der Landwirte, der Selbständigen und der Gewerbetreibenden Männer ein drittes Jahr beanspruchen können, obwohl sie arbeiten. Das wissen Sie auch. Diese Möglichkeit gibt es für Unselbständige nicht, denn die haben nur die Möglichkeit, entweder zu arbeiten oder Kinderbetreuungsgeld zu bekommen. (Abg. Schwarzenberger: Die Einkommensgrenze wird für Selbständige ...!) Damit machen Sie zum ersten Mal eine Privilegierung von bestimmten Einkommensformen!

Nicht nur, dass Sie den Frauen etwas wegnehmen, nicht nur, dass Sie ihnen das Arbeitslosengeld, die Notstandshilfe, die Sondernotstandshilfe streichen, nicht nur, dass Sie berufstätige Frauen dann, wenn sie über der Zuverdienstgrenze der Frau Sickl liegen und daher laut Frau Sickl als reich gelten, überhaupt vom Kinderbetreuungsgeld für "alle" – unter Anführungszeichen – ausnehmen wollen, Sie schaffen auch neue Kategorien: zwei Jahre für die Unselbständigen und drei Jahre für diejenigen, die es sich richten können. – Danke! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Danke, ÖVP und FPÖ, danke! Das ist wirklich eine sozialpolitische "Errungenschaft", die Sie erreicht haben!

Gehen wir weiter: Was schaffen Sie noch? – Nehme ich das, was die Frau Bundesministerin heute gesagt hat, für bare Münze, dann heißt das: in Zukunft keine Teilzeit-Karenz! In Zukunft gibt es keine Teilzeit-Karenz mehr, weil die Frauen, die in Teilzeit-Karenz arbeiten und nicht um den Bettel, den sich die Frau Sozialministerin vielleicht als Armut vorstellt, arbeiten müssen, sondern möglicherweise sogar ein Einkommen von 10 000 oder 15 000 S aus Teilzeitarbeit erzielen – was nach der Frau Sozialministerin schon den Reichtum begründet, würde ich einmal annehmen –, den Anspruch auf das Karenzgeld verlieren. Sie liegen nämlich über der Zuverdienstgrenze. Haben Sie sich das schon überlegt?

Wir waren im Ausschuss gegen die Rückverweisung. Sie sollen hier heraustreten mit Ihren Wahlversprechen, die Sie monatelang gepredigt haben. So einfach, locker und flauschig geht das: drei Jahre, ja, wir haben das Geld und geben es auch gerne weiter. Sie sollen hier Rechenschaft legen, aber Sie können nicht Rechenschaft legen! Herr Grasser erzählt etwas anderes als Frau Sickl, Frau Steibl erzählt etwas anderes als Herr Grasser, und die freiheitlichen und ÖVP-Abgeordneten im Ausschuss wissen von gar nichts. Die sind froh, wenn sie Ihre Schlagworte hören – Kinderbetreuungsgeld für alle –, obwohl jetzt schon klar ist: Das bekommen nicht alle und vor allem nicht Berufstätige!

Stellen Sie sich das einmal vor! Wo sind denn die Vertreter der "kleinen" Leute, die dagegen aufschreien, dass die "kleinen" Leute, die arbeiten gehen müssen, das nicht erhalten, wenn sie über der Zuverdienstgrenze liegen? Wo sind sie denn? Wo machen sie den Mund auf und sagen: Nein, nicht mit uns, wir können ihnen nicht etwas wegnehmen und das verwehren! Wo nehmen sie Stellung dazu, dass es kein Kinderbetreuungsgeld für alle gibt, wie die Frau Bundesministerin heute erklärt hat?

Ich hätte Ihnen noch vieles zu erzählen, meine Damen und Herren, aber ich sage Ihnen jetzt nur noch Folgendes: Wir waren im Ausschuss gegen die Rückverweisung, weil Sie hier Stellung nehmen sollten. Aber nach den Stellungnahmen, die Sie in den letzten Tagen in der Öffentlichkeit abgegeben haben – der Herr Finanzminister, die Frau Sozialministerin, Ihre Abgeordneten


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in den Ausschüssen und hier heraußen am Pult –, muss ich sagen: Die Rückverweisung wäre mehr als gerechtfertigt.

Aber eigentlich wäre mir eine politische Verweisung von Ihren Plätzen hier im Haus bei den nächsten Wahlen lieber, für die gebrochenen Versprechen, weil Sie offensichtlich nicht einmal imstande sind, von A bis B zu zählen! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

11.38

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Haller. Die Uhr ist auf 8 Minuten gestellt. – Bitte, Frau Abgeordnete.

11.39

Abgeordnete Edith Haller (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Nach diesen großteils unstimmigen Dingen, die Herr Kollege Öllinger gesagt hat, möchte ich doch versuchen, bei meinem Konzept zu bleiben, obwohl die Versuchung, ihm zu antworten, sehr groß ist. (Abg. Öllinger: Ja, das wäre nicht schlecht! Der Frau Sozialministerin können Sie antworten!)

Das Jahr 1999 war ein großes Wahljahr, Herr Kollege Öllinger und Frau Kollegin Prammer, und es hat neben den diversen Wahlen auch ein Familien-Volksbegehren gegeben – und das in der Vorwahlzeit, wie Sie richtigerweise gesagt haben. Ich sehe den Grund für die nicht so erfolgreiche Beteiligung am Familien-Volksbegehren eigentlich nicht darin, dass die Themen nicht gestimmt hätten, sondern es war die Zeit dafür eine doch eher ungünstige.

Ich beweise Ihnen meine These insofern, als man behauptet, dass einer der Erfolgspunkte der Freiheitlichen Partei sowohl bei den Landtagswahlen als auch bei den Nationalratswahlen derjenige war, dass wir den Kinderbetreuungsscheck gefordert haben. Jedem Familienpolitiker, der sich mit dem Familien-Volksbegehren befasst hat, muss es eigentlich klar sein, dass das Kinderbetreuungsgeld, das darin gefordert wird, der erste Schritt zum Kinderbetreuungsscheck ist. (Abg. Öllinger: Zum Chaos!) "Kinderbetreuungsgeld", das ist als Wort, als Formulierung nicht so schlagkräftig. Da es heute eine Autofirma gibt, die bereits mit dem Kinderscheck wirbt, glaube ich, dass meine Argumentation in der Richtung wirklich stimmig ist.

Dazu, dass die Bevollmächtigten des Volksbegehrens in einer abweichenden Stellungnahme explizit feststellen, dass es in den Beratungen zu einem sehr erfreulichen Ergebnis mit voraussichtlich sensationellen Verbesserungen für die österreichischen Familien gekommen ist, muss ich sagen: Das ist eine Reaktion auf ein Volksbegehren, wie es sie in den letzten zehn Jahren in dieser Republik nachweislich nie gegeben hat. (Abg. Öllinger: Das sind ja ÖVP-Funktionäre! Das sind ÖVP-Organisationen!)

In diesem Zusammenhang möchte ich auch auf das Frauen-Volksbegehren verweisen, Frau Kollegin Prammer, das Sie wohl sofort behandelt, aber niedergeschmettert haben. Das ist auch einer der Gründe dafür, dass wir uns über die komplexe Themenstellung des Familien-Volksbegehrens weiter und ausführlich unterhalten wollen. Wir finden auch die Stellungnahme der Bevollmächtigten sehr interessant. Das sind nach unserem Dafürhalten nicht so sehr Abweichungen, sondern sinnvolle Ergänzungen, über die man sich meiner Ansicht nach in Zukunft genauso ausführlich unterhalten sollte. Ob das die EU-Richtlinie in Bezug auf Gewalt in den Medien betrifft, ob es bei den Sekten zu mehr Transparenz kommen soll und auch ob man im Bereich der Teilzeit-Arbeitsplätze an eine Senkung der Lohnkosten denken könnte – das alles sind Dinge, die absolut diskussionswürdig sind.

Wegen dieser Komplexheit finde ich eine Rückverweisung an den Familienausschuss höchst sinnvoll. Wenn Sie, Frau Kollegin Prammer, darin eine Uneinigkeit der Regierungsparteien sehen wollen, dann stimmt das einfach nicht. Darüber besteht Einigkeit in den Regierungsparteien, dass wir diese familienpolitischen Themen – das geht auch in Richtung von Kollegen Öllinger, der jetzt nicht mehr da ist – ausführlich weiter behandeln und diskutieren wollen.

Ich bin auch nicht sehr glücklich über das, was heute über die Presse, im "Standard", gelaufen ist und was Frau Ministerin Sickl dazu gesagt hat – vor allem darüber, wie es jetzt interpretiert wird –, möchte aber eines dazu sagen: Es war schon öfter nicht die Position eines Finanz


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ministers, Familienpolitik zu betreiben. Das hat es in den letzten Jahren immer wieder gegeben, dass die SPÖ-Finanzminister gegen Familienpolitiker, auch solche der Regierungsparteien, aufgetreten sind. (Abg. Rosemarie Bauer: Schüler-Freifahrt!) Das ist überhaupt nichts Neues.

Aber es ist verständlich, dass man von Seiten der Opposition Öl ins Feuer gießen will. Es ist eben einfacher, in der Opposition Forderungen zu stellen – wie man auch in der Stellungnahme der SPÖ-Abgeordneten im Minderheitsbericht sieht –, wenn man sich sicher sein kann, dass man sie in den nächsten Jahren nicht umzusetzen braucht. Denn die SPÖ hätte viele, viele Jahre Zeit und Gelegenheit gehabt, das umzusetzen, was jetzt im Minderheitsbericht gefordert wird. – Sie hat es nicht getan.

Anders die neue Regierung: Wir Freiheitlichen haben gemeinsam mit der ÖVP in wenigen Monaten bewiesen, wie schnell man politische Forderungen umsetzen kann. Darin sind sich die Regierungsparteien einig. Ich glaube, gerade zugunsten einer sinnvollen Familienpolitik der nächsten Jahre ist diese Einigkeit der bessere Weg, als es der bisherige war. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Auf die Themen des Familien-Volksbegehrens selbst hat meine Vorrednerin, Frau Ridi Steibl, schon sehr konkret Bezug genommen. Ich möchte Sie nicht langweilen; vor allem ist dieser Bereich so sehr komplex, dass man das nicht alles wiederholen sollte. Aber, Frau Kollegin Prammer, die Eckpunkte sind klipp und klar festgehalten. An diese Eckpunkte werden wir uns halten, das kann ich Ihnen versichern.

Wenn jetzt im Minderheitsbericht zum Beispiel gefordert wird, dass die Gelder aus dem FLAF für die Infrastruktur verwendet werden sollen, wenn man die Verlängerung der Behaltefrist nach der Karenzzeit, das Recht auf einen Kindergartenplatz oder auch eine bessere partnerschaftliche Aufteilung fordert, dann sage ich: Alle diese Eckpunkte sind in unserer Ausschussfeststellung enthalten. Sie wollen sie einfach nicht zur Kenntnis nehmen.

Ich muss Sie noch einmal fragen, Frau Kollegin Prammer: Warum haben Sie diese Forderungen, die Sie jetzt mit so viel Selbstverständnis von diesem Pult aus stellen, bis heute nicht umgesetzt? – Sie haben im Zusammenhang mit den berufstätigen Müttern den Ausdruck "Rabenmütter" gebraucht – ich hätte das nie getan. Das haben Sie getan, Frau Kollegin Prammer!

Eines steht allerdings fest, und da bin ich mir ganz sicher: Gerade diese jungen Mütter, von denen Sie reden, werden in Zukunft die positiven Auswirkungen unseres Familienpakets zu spüren bekommen. Dann werden Sie mit Ihren Aussagen im Regen stehen! Eines steht genauso fest: Gerade diese berufstätigen jungen Mütter werden bemerken, dass sie – wie auch immer die Regelung des Zuverdienstes zeitlich oder in der Höhe ausschauen wird – auf alle Fälle mehr dazuverdienen können, als es bisher der Fall gewesen ist – gerade Ihre berufstätigen Mütter, Frau Kollegin Prammer!

Ich stelle zum Schluss noch den Antrag auf Rückverweisung:

Antrag

der Abgeordneten Haller, Steibl und Kollegen betreffend Rückverweisung des Berichtes des Familienausschusses (70 der Beilagen) über das Familien-Volksbegehren (1 der Beilagen) an den Familienausschuss gemäß § 53 Abs. 6 GOG

Die unterfertigten Abgeordneten stellen gemäß § 53 Abs. 6 GOG folgenden Antrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:


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Gemäß § 53 Abs. 6 GOG wird beantragt, den Bericht des Familienausschusses (70 der Beilagen) über das Familien-Volksbegehren (1 der Beilagen) an den Familienausschuss rückzuverweisen.

*****

(Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

11.48

Präsident Dr. Heinz Fischer: Der Rückverweisungsantrag ist ein Verfahrensantrag und bedarf daher keiner Unterstützung. Darüber wird am Ende der Debatte abgestimmt werden.

Zum Wort gelangt Frau Bundesministerin Dr. Sickl. – Bitte.

11.48

Bundesministerin für soziale Sicherheit und Generationen Dr. Elisabeth Sickl: Herr Präsident! Hohes Haus! Die gesellschaftspolitischen Probleme, die uns die vergangenen Perioden hinterlassen haben, werden wir mit der heutigen Regierung angehen, und wir werden sie auch lösen.

Ich kann den geschätzten Kolleginnen und Kollegen von der SPÖ den Vorwurf nicht ersparen, dass sie Gesellschaftspolitik betrieben haben, ohne eine Linie hineinzubringen. Sie von der SPÖ haben die Familien ins Winkerl gestellt und haben nichts für eine langfristige Sicherung der Pensionen getan! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Niederwieser: Verstehen tut sie nichts, aber ...!)

Dazu ist es gekommen, weil Sie nicht den Mut gehabt haben, den Bürgern zu sagen, was die Wahrheit ist. Sie haben Wahlzuckerln verteilt. Wenn wir Sie weiter hätten wirtschaften lassen, dann hätten Sie nicht einmal mehr das Geld für die Wahlzuckerln gehabt! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Sie haben der Entwicklung der Bevölkerung nur zugesehen. Sie haben die Mahnungen der Demographen nicht gehört, sondern Sie haben es einfach aus dem Ruder laufen lassen. (Abg. Dr. Niederwieser: Wer von der Materie nichts versteht, ...!) Sie haben zwar gesehen, dass die Österreicher immer weniger Kinder bekommen und dass heute eine Familie in Österreich durchschnittlich nur 1,3 Kinder hat. (Abg. Dr. Niederwieser: Keine Ahnung von dem, was Sie reden, aber polemisieren!) Sie haben gesehen, dass die Pensionisten immer mehr werden und dass immer weniger Aktive, die die Beiträge zahlen, den Pensionisten gegenüberstehen. Wir werden in kurzer Zeit, in 20 Jahren, zirka 30 Prozent an Pensionisten haben, die lange leben. Das ist erfreulich, und sie sollen ihre Pensionen genießen. (Abg. Dr. Niederwieser: Das haben Sie schon zwanzig Mal gesagt! Wissen Sie etwas Neues auch noch?)

Sie wissen genau, dass hier etwas getan werden muss, aber Sie haben es nicht getan, weil es nicht populistisch ist, weil es nicht demagogisch ist, weil Sie den Bürgern nicht die Wahrheit sagen wollen. (Abg. Dr. Niederwieser: Das kann man ja nicht ernst nehmen, was Sie jetzt sagen, oder?) Das tun wir. Wir werden ernst und ehrlich und auf einer wissenschaftlichen Basis an diese Probleme herangehen, und wir werden sie lösen. (Abg. Dr. Niederwieser: ... Polemik!)

Wenn Sie heute gegen das Kinderbetreuungsgeld wettern, dann kann ich Ihnen nur sagen: Das ist ein ganz notwendiger Beitrag für die Familien. Die Familien sind von Ihnen in den vergangenen Perioden schlecht behandelt worden. Darum schaut es ja so aus! Noch in den sechziger Jahren hat jede österreichische Familie im Durchschnitt 2,3 bis 2,4 Kinder gehabt, und jetzt sind es nur noch 1,3. Das ist eine dramatische Entwicklung in einer so kurzen Zeit.

Dem haben Sie zugeschaut, doch heute sind wir da und werden die Familie aufwerten. Wir stehen dazu, die Familienarbeit neu zu bewerten. Sie wissen genauso gut wie wir, dass es unfinanzierbar wäre, wenn all das, was die Familie heute leistet, durch staatliche oder öffentliche Einrichtungen finanziert werden müsste. Doch diese Familien sind von Ihnen bisher sehr schlecht behandelt worden.


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Daher ist das Kinderbetreuungsgeld der erste richtige Schritt in die richtige Richtung. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Niederwieser: Wir haben die beste Familienförderung Europas!) Die Familie wird als wesentlicher Leistungsfaktor für die Zukunft bewertet, die Familie erbringt eine Leistung, der eine Gegenleistung der Gesellschaft gegenüberzustehen hat. Das ist das Kinderbetreuungsgeld. (Abg. Dr. Niederwieser: Wir haben die beste Familienförderung in Europa, und Sie betreiben nur Polemik von der Regierungsbank! Wo sind wir denn?!)

Selbstverständlich stehen wir zu der Wahlfreiheit, und das wäre eigentlich die Brücke zu Ihnen, geschätzte Kollegen sowohl von der SPÖ als auch von den Grünen. Denn wir sagen nicht wie Sie, dass die Berufstätigkeit das einzige Allheilmittel für die Absicherung der Frau ist, sondern wir überlassen es den Familien in ihrer Eigenverantwortung – und die österreichischen Familien sind vernünftig (Abg. Silhavy: Das sind sie auch ohne Sie!)  –, ihr Lebensmuster selbst zu wählen und zu entscheiden, ob sie eine gewisse Zeit als Mutter oder Vater zu Hause bei ihrem kleinen Kind bleiben wollen oder ob sie weiter berufstätig sein und das Kind einer qualitätsvollen externen Kinderbetreuungseinrichtung anvertrauen wollen.

Das ist der Sinn des Kinderbetreuungsgeldes, und da können Sie doch um Gottes willen mitgehen, zumal doch im Frauen-Volksbegehren genau das Karenzgeld für die AlleinerzieherInnen gefordert wurde. Das realisieren wir jetzt. Wir wissen, dass heute zirka 90 Prozent der Mütter berufstätig sind, doch wir werden auch noch für die restlichen 10 Prozent, die derzeit mit ihren kleinen Kindern im Regen stehen, das Kinderbetreuungsgeld einrichten. Das sind die Selbständigen, das sind die Bäuerinnen, das sind die Studentinnen, die den Mut haben, ein Kind auf die Welt zu bringen, und die dann von der Gesellschaft kaltschnäuzig im Regen stehen gelassen werden. Wir werden anders agieren! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wenn Kollege Öllinger von der Zuverdienstgrenze redet und meint, das sei ein Bettel, wenn er sagt, die berufstätigen Frauen würden im Regen stehen gelassen, so kann ich nur sagen, er liest aus dem Kaffeesud, denn es ist ja überhaupt noch nichts gesagt worden über die Höhe der Zuverdienstgrenze. (Abg. Dr. Niederwieser: Sie sagen ja jeden Tag etwas anderes!) Wir werden uns bemühen, dass die Zuverdienstgrenze so gestaltet wird, dass die durchschnittliche österreichische berufstätige junge Frau sehr wohl Beruf und Kinderbetreuung vereinbaren kann und sowohl ihr Gehalt beziehen kann als auch das Kinderbetreuungsgeld bekommt. (Abg. Dr. Niederwieser: Jeden Tag eine neue Ansage!)

Zur Kollegin Prammer, die jetzt leider nicht da ist (Abg. Dr. Niederwieser: Sie hält das nicht mehr aus!), muss ich dasselbe sagen, was ich ihr im Budgetausschuss gesagt habe: Sie stellt Fragen, die sie sich in der vergangenen Periode selbst hätte stellen sollen. Wenn sie zum Beispiel fragt: Wo ist denn da die Wahlfreiheit, wenn es keine Kinderbetreuungseinrichtungen gibt?, dann frage ich zurück: Ja warum, liebe SPÖ, hat man sich denn nicht in den vergangenen Jahrzehnten um mehr Kinderbetreuungseinrichtungen bemüht? (Beifall bei den Freiheitlichen.) Sie sind doch dafür eingetreten, dass alle Frauen berufstätig sein sollen! Dann wäre es doch Ihre vordringlichste Aufgabe gewesen, sich um Kinderbetreuungseinrichtungen zu kümmern! (Abg. Silhavy: Genau das haben wir getan in all den letzten Jahren!)

Mir werfen Sie vor, dass ich zu wenig Kinderbetreuungseinrichtungen schaffe. Ich bin jetzt zwei Monate im Amt. Wunder wirken kann ich nicht, aber wir werden natürlich in diese Richtung arbeiten. (Abg. Dr. Niederwieser: Wunder erwarten wir auch keine!) Außerdem muss sachlich gesagt werden, dass hier die Bundesländer in die Ziehung genommen werden müssen, denn sie sind ja in erster Linie für die Schaffung von Kinderbetreuungseinrichtungen zuständig. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ich werde in diesem Jahr noch die 133 Millionen Schilling von der Kindergarten-Milliarde flüssig machen, und selbstverständlich werde ich mich seitens des Bundes um die weitere Unterstützung für Kinderbetreuungseinrichtungen bemühen. Aber ich muss Ihnen gebetsmühlenartig wieder sagen: Wir haben das Budgetloch von Ihnen übernommen, und ich kann leider diese Betreuungsmilliarde nicht aus dem Ärmel zaubern. Wir müssen erst das Budget sanieren, damit wir wieder Geld haben, um es sinnvoll für den österreichischen Bürger zu verwenden. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)


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Wenn Kollegin Prammer sagt, es gebe keine flexiblen Öffnungszeiten bei den Kinderbetreuungseinrichtungen, so frage ich wiederum: Warum hat man sich in der vergangenen Legislaturperiode nicht darum bemüht? Das hätte die Kollegin Prammer als Frauenministerin tun müssen. Gerade für die Alleinerzieherinnen, die ihr so am Herzen liegen, wäre das wichtig gewesen.

Selbstverständlich haben die Alleinerzieherinnen unsere volle Sympathie, denn das sind die Familien, die am besten betreut werden müssen, weil sie am unsichersten dastehen. Selbstverständlich werden diese in die Solidarität eines gemeinschaftlichen Denkens aufgenommen werden. Das ist ganz klar.

Genauso muss man zu den Teilzeitarbeitsplätzen fragen: Warum gibt es so wenig Teilzeitarbeitsplätze? Das hätte längst schon geschaffen werden können. Wir bemühen uns jetzt, ich bemühe mich um den Dialog mit der Wirtschaft, um mehr Teilzeitarbeitsplätze für unsere jungen Mütter zu schaffen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Folgendes muss schon gesagt werden: Wir stehen sehr wohl zur Berufstätigkeit der Frau. Beruf und Familie müssen aber vereinbar sein, und daher müssen wir uns verstärkt bemühen. Teilzeitarbeitsplätze, flexible Arbeitszeiten, Wiedereinstieg der Frau nach der Babypause, Fortbildung der Frau – all das sind Themen, die Priorität haben, und um diese werden wir uns bemühen. Wir tun dies aber nicht, indem wir rigorose Regelungen treffen, die dann auf Widerstand stoßen, sondern indem wir zur Bewusstseinsbildung beitragen, dass nur solidarisches Denken, dass nur familienspezifische Maßnahmen diese Probleme wirklich lösen können.

Zum Vorwurf der Kollegin Prammer, was gegen Gewalt getan wird, möchte ich sagen: Selbstverständlich wird alles, was sie installiert hat und sinnvoll war, in dieser Legislaturperiode fortgesetzt. Die Interventionsstellen gegen Gewalt bekommen selbstverständlich nach wie vor Unterstützung.

Kollegin Prammer hat auch von der Gewalt in der Familie gesprochen. Es ist wichtig, dass man die Familie nicht im Regen stehen lässt. Die Familie ist heute durch viele Einflüsse sehr gefährdet. Daher wird es unser Anliegen sein, mehr für die Familienberatung, für die Familienbetreuung zu tun. Es steht für diesen Ansatz Familienberatung heute wesentlich mehr Geld im Budget zur Verfügung. Das heißt, wir wollen die jungen Menschen, die heute noch den Mut haben, eine Familie zu gründen und Kinder in die Welt zu setzen, durch eine entsprechende fachliche Beratung unterstützen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Abschließend möchte ich sagen: Wir werden diesen Weg gehen, die gesellschaftspolitisch wesentlichen Probleme in den Griff zu bekommen, und zwar ohne Demagogie, mit Ehrlichkeit und – Sie wissen es genauso gut wie wir – auf einer wissenschaftlichen Basis. Alle Experten – auch Ihre Experten – sagen das Gleiche: Wir müssen etwas für die Familien tun, damit der Rückgang der Geburtenrate nicht noch dramatischer wird – das wissen alle –, und wir müssen etwas für eine langfristige Pensionsreform tun. Das wissen auch alle. Das werden wir in Angriff nehmen. Das ist Gesellschaftspolitik aus einem gesamtheitlichen Ansatz heraus, und dieser ist unverzichtbar.

Da wir genau wissen, wo es langgeht und was Not tut, möchte ich Sie in diesem Sinne neuerlich einladen, konstruktiv mitzuarbeiten. Ich stehe Ihnen für konstruktive Gespräche jederzeit zur Verfügung: im Interesse unserer Jungen, im Interesse unserer Familien, aber auch im Interesse unserer Senioren. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

11.58

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zur Geschäftsbehandlung hat sich Herr Abgeordneter Dr. Kostelka zu Wort gemeldet. – Bitte.

11.58

Abgeordneter Dr. Peter Kostelka (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Wortmeldungen von der Regierungsbank haben den Sinn, zur Debatte Stellung zu nehmen und sachlich zur Debatte beizutragen. (Abg. Haigermoser: Das geschah ja auch!)


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Das, was wir soeben gehört haben, ist eine Agitation, die weder den Ton der bisherigen Debatte getroffen hat noch dazu angetan ist, in diesem Zusammenhang eine Verbesserung des Diskussionsklimas zustande zu bringen.

Manche Aussagen der Frau Bundesministerin waren offen wahrheitswidrig, und ich verbitte mir auch von meiner Stelle aus, dass Abgeordnete der Opposition so qualifiziert werden, wie die Frau Bundesministerin das getan hat.

Frau Bundesministerin! So, wie man in den Wald hineinruft, so tönt es aus diesem auch zurück. (Abg. Aumayr: Ist das eine gefährliche Drohung?) Sie haben die Verantwortung für die Debatte, und ich stelle eines fest: Sie haben kein Interesse an einer sachlichen Auseinandersetzung in dieser Frage. Sie wollen agitieren! (Beifall bei der SPÖ.)

11.59

Präsident Dr. Heinz Fischer: Frau Abgeordnete Dr. Fekter wünscht das Wort. – Bitte.

11.59

Abgeordnete Mag. Dr. Maria Theresia Fekter (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Ich betrachte diese Wortmeldung zur Geschäftsordnung als Missbrauch. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Es war dies ein Debattenbeitrag des Herrn Kollegen Kostelka, und man soll die Geschäftsordnung nicht dermaßen missbrauchen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

11.59

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Abgeordneter Fischl wünscht das Wort. – Bitte.

12.00

Abgeordneter Harald Fischl (Freiheitliche) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Der Geschäftsordnungsbeitrag des Herrn Kollegen Kostelka war nicht geschäftsordnungskonform. – Im Übrigen war der Debattenbeitrag der Frau Bundesministerin völlig geschäftsordnungskonform.

Ich bitte auch, in Hinkunft davon Abstand zu nehmen, durch derartige Wortmeldungen zur Geschäftsordnung das Klima im Haus noch zusätzlich zu verschlechtern. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Niederwieser: Der Beitrag der Frau Bundesminister war reine Polemik!)

12.00

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wer darüber zu entscheiden hat, was geschäftsordnungskonform ist und was nicht, steht in der Geschäftsordnung. Ich nehme an, Sie wissen das.

Was das uralte Thema "Polemik von der Regierungsbank" betrifft, wissen Sie, dass wir dazu keine ausdrücklich positiven Normen haben, aber eine recht gute Tradition, und es ist auch von der freiheitlichen Fraktion immer wieder der Ruf ertönt: Keine Polemik von der Regierungsbank!

Es gehört Konsens dazu, wie wir das handhaben, und wir werden diesen Konsens erzielen, wenn wir uns darum bemühen. Und um ein solches Bemühen auf allen Seiten bitte ich Sie.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Gabriele Binder. – Bitte. (Abg. Haigermoser: Dass ihr so empfindlich seid! Wenn ich mir da den Edlinger vor Ohren führe!)

12.01

Abgeordnete Gabriele Binder (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Ministerin, bei allem Respekt, aber ich bin wirklich verwundert über Ihre tatsächlich an den Tag gelegte Aggressivität und Untergriffigkeit den Vorrednerinnen gegenüber. Ich sage das auch im Zusammenhang damit, dass in den Ausschusssitzungen von der Frau Ministerin immer der Wunsch nach Zusammenarbeit gekommen ist und der Wunsch danach, die Probleme gemeinsam zu bewältigen. (Abg. Böhacker: Wie man in den Wald hineinruft, so schallt es zurück!)


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Mit keinem Wort, Frau Ministerin, haben Sie irgendeine Maßnahme festgesetzt, Sie haben mit keinem Wort erwähnt, wie Sie die anstehenden Probleme lösen möchten, wie Sie Ihre Ankündigungen umsetzen möchten.

Mit Geld alleine, Frau Ministerin, werden wir die Probleme nicht lösen. (Abg. Böhacker: Was haben Sie in den letzten 30 Jahren gemacht?) Ich verweise auf eine Aussage, die ebenfalls von einer Expertin im Unterausschuss des Familienausschusses zum Familien-Volksbegehren getätigt wurde, von Frau Irene Kernthaler. Sie hat gemeint, auch das Kinderbetreuungsgeld wird das Problem des Geburtenrückganges in Österreich nicht lösen. Wir brauchen dazu mehrere Maßnahmen. Wir brauchen Unterstützung bei den Kinderbetreuungseinrichtungen, wir brauchen Unterstützung bei den Infrastrukturmaßnahmen, und wir brauchen vor allen Dingen auch die gelebte Partnerschaft, meine Damen und Herren, die Partnerschaft, wenn es darum geht, Pflege- und Betreuungsarbeit von Kindern zu übernehmen, und zwar zu gleichen Teilen von Männern und Frauen. (Beifall bei der SPÖ.)

Das sind die anstehenden Probleme, die gelöst werden müssen, um den – unter Anführungszeichen – "Geburtenstreik" der Frauen endlich beenden zu können. Nicht das Geld alleine macht glücklich!

Ich möchte darauf verweisen, dass gerade die Sozialdemokraten gemeinsam mit der ÖVP noch ein Familienpaket beschlossen haben, das jetzt im Jahre 2000 wirklich spürbar wird, nämlich 12 Milliarden Schilling für die österreichischen Familien, dass wir in Europa, was Familienleistungen anlangt, an einem Spitzenplatz liegen und dass unser Paket von einerseits Sachleistungen und andererseits finanziellen Direktleistungen in ganz Europa anerkannt ist. Und Sie sprechen davon, dass für die österreichischen Familien nichts passiert, dass sie in ein Winkerl gestellt werden! (Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn übernimmt den Vorsitz.)

Frau Ministerin! Definieren Sie mir bitte aber auch einmal Ihren Familienbegriff. Was verstehen Sie unter "Familie"? Verstehen Sie darunter genau das, was die Frau Kollegin Zierler gemeint hat, deren Aussage zufolge die Alleinerzieherin mit ihrem Kind keine Familie ist? Was ist für Sie Familie? Was wollen wir, was wollen Sie, Frau Ministerin?

Ich komme jetzt zurück zum Tagesordnungspunkt, der ansteht, nämlich zum Familien-Volksbegehren. Seit Jahren propagieren die Freiheitlichen den Kinderscheck für alle und die ÖVP das Karenzgeld für alle. Das Familien-Volksbegehren beinhaltet beide Forderungen wie auch die verbesserte Vereinbarkeit von Familie und Beruf und ebenso die Lehrlings- und SchülerInnenfreifahrt für InternatsschülerInnen, den Schutz für Kinder und Jugendliche vor Gewalt in den Medien und vor Sekten und den Kostenersatz für Zahnspangen.

Die FPÖ und die ÖVP haben das Volksbegehren unterstützt. Zur Erinnerung: 183 Unterschriften wurden geleistet. (Abg. Schwarzenberger: 183 000!) 183 000 Unterschriften. FPÖ und ÖVP bilden eine Regierung und verkünden die Einführung des Kinderbetreuungsgeldes mit 1. Jänner 2002. Das Volksbegehren wird im Parlament ausführlich diskutiert – und mit einem Schlag ist auf einmal alles anders.

Es kommt zu einer äußerst dünnen Ausschussfeststellung, die zwar ein Bekenntnis zu den Forderungen des Volksbegehrens beinhaltet, aber ohne jeglichen Hinweis für den Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens der Umsetzung der Forderungen und auch ohne jeden Hinweis darauf, wie sie umgesetzt werden sollen. Diese Ausschussfeststellung beinhaltet auch keinerlei Hinweise zur Finanzierung. Im Gegenteil: Auf einmal wird festgestellt, von einer mittelfristigen Umsetzung könne man erst nach Maßgabe der budgetären Möglichkeiten sprechen, und es wird auf die Komplexität des Themenbereiches hingewiesen.

Ich darf daran erinnern, dass die SPÖ, seit die Forderungen von FPÖ und ÖVP, Kinderscheck und Karenzgeld für alle, bekannt geworden sind, genau auf diesen Umstand der Finanzierung und auf die Problematik, die sich daraus für das Budget und für den FLAF ergeben, hingewiesen und im Wahlkampf immer wieder betont hat, dass das Geld nicht mit der Gießkanne verteilt werden darf.


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Apropos Gießkanne, Frau Ministerin. Wie meinen Sie es jetzt, und wer hat jetzt Recht: der Herr Finanzminister Grasser, der meint, wir müssen eine soziale Ausgewogenheit haben in der Förderung, oder Sie, die Sie von den Reichen reden, die dann kein Kinderbetreuungsgeld bekommen? Was wird passieren? Wer hat jetzt Recht? Wer wird sich durchsetzen? – Das wären die Fragen, die Sie uns von der Regierungsbank aus hätten beantworten und klarstellen müssen.

Meine Damen und Herren! Interessant ist auch, dass es in diesem Familien-Volksbegehren um wesentliche Forderungen wie zum Beispiel SchülerInnen- und Lehrlingsfreifahrt für InternatsschülerInnen geht. Wir wissen, dass im Vorjahr der Herr Ex-Familienminister Bartenstein dem Familienausschuss noch einen Antrag zur Einführung vorgelegt hat. Wir wussten aber damals, dass der FLAF noch Schulden zurückzuzahlen hatte und erst in den kommenden Jahren ein Plus aufweisen würde. Jetzt, wo der FLAF genügend Spielraum hat, vergessen Sie auf dieses Anliegen, Frau Kollegin. Wo liegt ein konkreter Antrag vor? Auch die Forderung nach Schutz vor Gewalt in den Medien oder vor Sekten ist Ihnen nicht einmal einen Entschließungsantrag wert. Und die für alle Familien entscheidende Frage der besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist Ihnen ebenfalls keinen Antrag wert.

Meine Damen und Herren! Noch ein Punkt, der sehr, sehr wichtig ist. Sie haben immer davon gesprochen, vor allen Dingen die FPÖ, dass Familiengelder nicht zum Stopfen von Budgetlöchern und nicht zweckwidrig verwendet werden dürfen. Das haben Sie ständig gepredigt. Und was tun Sie jetzt? Sie werden gemäß dem Budgetbegleitgesetz rund 8,2 Milliarden Schilling an Überschüssen des Fonds zur Abdeckung des Budgets verwenden. Also wo bleibt die Umsetzung Ihrer Ankündigungen, wo bleibt Ihre Glaubwürdigkeit, meine Damen und Herren? Ich glaube wirklich, dass die verteilungspolitische Maßnahme mit der Gießkanne der falsche Weg ist.

Zum Kinderbetreuungsgeld noch eine Anmerkung. Ich bin davon überzeugt: Karenzgeld muss Karenzgeld bleiben, denn nur so kann das traditionelle Rollenbild von Männern und Frauen verändert werden. Es geht tatsächlich um die gelebte Partnerschaft. Es geht um die gelebte Partnerschaft zwischen Männern und Frauen, um die Partnerschaft im Berufsleben und in der Arbeitswelt und um die Partnerschaft in der Gesellschaft und nicht um die Rollenzuteilung zwischen Männern und Frauen, die fixiert und durch diese Maßnahmen einzementiert wird. (Beifall bei der SPÖ.)

12.09

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Bauer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

12.09

Abgeordnete Rosemarie Bauer (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist immer das alte Strickmuster der Sozialisten, jetzt noch aufgefettet durch die Oppositionsrolle: einfach vorgeben, wie die Frauen zu leben haben, wie die Menschen zu leben haben. Und Sie allein haben den Anspruch auf die Lösungen.

Ich wiederhole das, was Frau Kollegin Haller gesagt hat: 30 Jahre hätten Sie Zeit gehabt! Aber ich gebe zu: Wir haben als Koalitionspartner einiges verhindert, Herr Kostelka. (Abg. Dr. Kostelka: Ja, viel sogar! Fast alles!) Und ich bekenne mich dazu, denn aus unserer Sicht der Familie, aus unserer Sicht der Frauen, des Zusammenlebens und der Lebensqualität haben wir vieles anders gesehen, als Sie es machen wollten. Wir sind daher froh, dass wir jetzt einen Koalitionspartner haben, der in diesem Bereich sein bürgerliches Gedankengut genau auch in unsere Richtung einsetzt. Es wird uns deshalb möglich sein, hier vieles zu verändern und anders zu gestalten. (Beifall bei der ÖVP.)

Es wäre ja verlockend, auf all den Schwachsinn einzugehen, den da manche in diesem Hohen Hause einer Zeitung gegenüber, die wir in unseren Fächern vorfinden, von sich gegeben haben. Ich werde einmal mehr Redezeit haben und mich dann genüsslich damit auseinander setzen.

Meine Damen und Herren! Was soll denn so schlecht sein an unserem Programm? Da wird gefordert – und die sozialistische Fraktion fordert es jetzt wieder – die sofortige Verlängerung des


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19. Sitzung / Seite 57

Karenzgeldbezuges für Alleinerzieherinnen auf zwei Jahre. Gekauft! Sie haben es! Wir haben sogar für drei Jahre eine Erhöhung des Kinderbetreuungsgeldes vorgesehen: zwei Jahre auf jeden Fall und bei partnerschaftlicher Betreuung ein drittes Jahr. Also ist Ihre Forderung eigentlich erfüllt. Es passt Ihnen nicht, weil es auch die anderen bekommen, nicht nur die Alleinerziehenden. Wie soll ich denn das verstehen?

Verstärkung und Ausweitung der Weiterbildungsmaßnahmen und Beratung für Karenzgeldbezieherinnen. – Was soll das? Haben wir das nicht schon? Ich bin ja Frau Binder dankbar, denn sie hat ja wenigstens einige Erfolge aufgezeigt, die wir im Zuge des Frauen-Volksbegehrens erzielt haben. Wir haben einiges bewirkt. Wir haben unter anderem die starre Karenzzeit geknackt mit einem Modell des Dazuverdienens, das allerdings bürokratisch problematisch ist. Jetzt werden wir diese Hürden endgültig beseitigen. Ich habe von einigen Forderungen ein anderes Lösungsbild, aber Sie wollen selbständige Frauen, eigenständige Frauen – nur, wie das tatsächlich aussieht, wo ihr die Frauen mit dieser Politik hinbringt, habe ich euch schon gesagt: weg vom Mann, möglichst Alleinerzieherinnen sein, mit Unterstützung des Staates und womöglich noch unter politischem Einfluss. Das wollen wir nicht! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wir wollen selbständige Frauen! Wo ist denn die Befreiung etwa meiner Nachbarin, die mit zwei Kindern schon seit x Jahren Sondernotstandshilfe bezieht? Wovon ist sie denn befreit? Mit ihrem Mann ist es ihr besser gegangen, da hat sie es sicherlich in Bezug auf Wohnen und Einkommen wesentlich besser gehabt. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Und jetzt kommt das noch einmal! Jetzt wollt ihr die Frauen vom Mann befreien, aber bei der Einkommensgrenze muss plötzlich schon wieder das Einkommen des Mannes herhalten, denn es könnte ja die Reichen treffen. – Das ist Schwachsinn, bitte, das ist logisch nicht zu erklären! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Es ist heute auch das Wort "Fairness" gefallen. Herr Kollege Kostelka! Sie haben an die Frau Bundesministerin in diesem Sinne appelliert, Fairness verlangt. Ich verzeihe euch bis heute nicht, dass ihr am ersten Parlamentstag nach der Regierungsbildung Frau Ministerin Hostasch mit dem Dringlichen Antrag eigentlich missbraucht habt. Das hat ihr persönlich sehr geschadet, dass sie ihrer Nachfolgerin bereits am ersten Tag eine Dringliche mit all ihren eigenen Versäumnissen auf den Tisch "geklescht" hat. (Abg. Dr. Kostelka: Bis heute nicht beantwortet!) Aber eure Frau Hostasch habt ihr demoliert! Das hat sie sich nicht verdient, denn sie war eine ausgezeichnete Politikerin, eine gute Kraft. (Beifall bei der ÖVP.) Ich bin fest davon überzeugt, das hat ihr den Abschied aus diesem Haus leichter gemacht. Ich kenne die Lore Hostasch, und es war nicht einfach, dieses Spiel, das ihr hier aufgeführt habt.

Also: Wenn man Fairness will, muss man selber fair sein. Das mit dem In-den-Wald-hinein-Rufen ist schon einmal passiert. Offensichtlich war das heute das Echo – ich habe es nicht so stark empfunden – von Seiten der Frau Bundesministerin Sickl.

Es ist da auch von Experten gesprochen worden. Ich habe mich einigermaßen gewundert, denn es haben uns nämlich Experten – eure übrigens – in vielen Dingen Recht gegeben. Eine Expertin hat gesagt – das ist momentan der Standardsatz –, das Kinderbetreuungsgeld ist unsozial und zynisch. Sie hat uns nicht erklären können, warum. Aber es ist ohnehin klar: Das macht auch die Frau Csörgits, das erzählt ihr in den Betrieben. Ihr werdet einmal Probleme haben, und da schließe ich mich all jenen an, die das heute schon gesagt haben: Lasst unsere Vorhaben von den Frauen beurteilen!

Ich habe sehr gelitten darunter, dass wir diese zwei Jahre Karenz zurücknehmen mussten. Was ist das größte Bedürfnis der Frauen überhaupt? – Wenn sie wollen, wieder länger bei ihrem Kind sein zu dürfen. Das ist sicherlich der Renner. Die Frauen werden überhaupt nicht verstehen, dass ihr versucht, mit irgendwelchen griesgrämigen Argumenten einen Keil zwischen die Frauen zu treiben, und dass ihr – und das entsetzt mich als Gewerkschafterin – da nicht Solidarität erzeugt, sondern versucht, eine Neidgenossenschaft zu erzeugen. (Abg. Silhavy: Das ist doch eure Politik!)


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In der Zeitung "Die Solidarität" spricht Frau Csörgits, die Vorsitzende der Gewerkschaftsfrauen, davon, dass es eigentlich ungut ist, dass da auch eine andere Gruppe – 11 Prozent der Mütter – Kinderbetreuungsgeld bekommt. 11 Prozent der Mütter, die bislang ausgeschlossen waren – und denen vergönnt ihr das nicht! Dafür werden sich die Wählerinnen und Wähler noch bei euch bedanken. Sie haben es schon einmal gemacht. Ihr habt die Bodenhaftung zu den Frauen draußen total verloren, das darf ich euch sagen! (Beifall bei der ÖVP.)

Ich werde sehr oft auch von sozialistischen Frauen angesprochen – und die sind absolut nicht eurer Meinung. (Abg. Silhavy: Die FCGlerinnen sind auch nicht eurer Meinung! Die schon gar nicht!) Da gibt es bereits genug, die auf die zwei Jahre Karenz warten, denn sie wollen ihre Familienplanung danach ausrichten. (Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Gelassenheit, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich fühle mich auch nicht übertölpelt, dass wir dann im Ausschuss noch den Feinschliff vornehmen, ja ich fühle mich sogar geehrt. Wir haben Schluss gemacht mit dem, was die Opposition immer bemängelt hat, nämlich dass wir unsere Gesetzentwürfe von den Ministern, vom Ministerrat auf die Bank bekommen haben, und dann haben wir ein bisschen darüber befinden dürfen. Diese Regierung macht etwas anderes: Sie ladet das Parlament ein. Und jetzt passt es euch auch wieder nicht! (Abg. Dr. Niederwieser: War das der Bartenstein? Das war doch der Familienminister!) Es wird euch nichts übrig bleiben. Wir werden arbeiten müssen, und wir werden gute Arbeit leisten im Interesse der österreichischen Familien, der österreichischen Frauen. Das sind wir dem Familienbund und den Betreibern des Familien-Volksbegehrens schuldig. (Lebhafter Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

12.16

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt nun Frau Abgeordnete Dr. Petrovic. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 7 Minuten. – Bitte.

12.17

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Die ÖVP, so meine Vorrednerin, ist den Proponentinnen und Proponenten dieses Volksbegehrens, so ihre Diktion, etwas "schuldig". – Jetzt will ich Wert und Unwert, Bedeutung oder mangelnde Bedeutung eines Volksbegehrens nicht an der absoluten Zahl der Unterschriften messen. Offenbar haben Sie so etwas vor: Ich denke an den Automatismus Volksbegehren – Volksabstimmung. Aber eines fällt doch auf: Andere Volksbegehren, die von Ihnen lange schon entscheidungsreif in die Schubladen gelegt wurden, waren Ihnen offenbar sehr viel weniger wert. Da haben Sie sich zu nichts verpflichtet gefühlt, da haben Ihnen auch über eine Million Unterschriften, wie beim Gentechnik-Volksbegehren, wie beim Frauen-Volksbegehren, wie beim Tierschutz-Volksbegehren, gar nichts bedeutet. – Das ist schon ein sehr merkwürdiges Demokratieverständnis, das Sie da an den Tag legen. (Beifall bei den Grünen.)

Frau Abgeordnete Bauer! Wenn es eine legitime Basis gibt für das, was Frauen in Österreich wollen, dann, denke ich, ist es doch das Frauen-Volksbegehren und sind es die im Frauen-Volksbegehren verankerten Forderungen. Meines Erachtens sind die österreichischen Frauen mündig genug, für sich selbst Entscheidungen zu treffen. Nein, Frau Abgeordnete Bauer, es stimmt nicht, wenn Sie sagen, da sind bereits Forderungen umgesetzt. Das ist nicht so! Was wir vor allem wollen, diejenigen, die hinter dem Volksbegehren gestanden sind, ist eine Gleichstellung aller Frauen, egal, ob sie in Partnerschaften leben oder nicht. Wir wollen keinen Malus für Frauen, die sich – vielleicht aus guten Gründen, aus irgendwelchen Gründen – gegen Ehe oder gegen Partnerschaft entscheiden. (Beifall bei den Grünen.)

Frau Abgeordnete Bauer! Haben Sie von der ÖVP nicht einmal dahin gehend argumentiert, es gehe um die Rechte der Kinder, die Kinder hätten einen Anspruch auf Betreuung durch Eltern, durch die engsten Bezugspersonen? Warum soll das Kind einer Alleinerzieherin einen anderen Anspruch haben als das Kind von Eltern, die in einer Partnerschaft leben? Das verstehe ich wirklich nicht, und ich kann darin auch nichts Gerechtes sehen. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Rosemarie Bauer: Zwei Jahre haben sie!)


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Frau Abgeordnete! Es gibt – aber mit der Ebene der Europäischen Union und der Verfassung scheint sich diese Regierung nicht allzu gut zu tun – so etwas wie die Europäische Menschenrechtskonvention, die Sie offenbar sehr stört. Und dort gibt es einen Artikel 8, in dem es heißt, dass alle Menschen das Recht haben, über ihr Privatleben, die Art und Weise, wie sie leben, wie sie ihre privaten Lebensverhältnisse regeln, selbst zu entscheiden. Aber das ist Ihnen ein Dorn im Auge, das scheint Ihnen nicht zu passen. Ich finde es traurig und beschämend, wenn Sie sich von europäischen Menschenrechten und den entsprechenden Werthaltungen verabschieden.

Meine Damen und Herren! Es ist oftmals von der Wahlfreiheit die Rede gewesen. Nur: Wo ist denn diese Wahlfreiheit? Wo ist sie denn? Eine häusliche Kinderbetreuung wird jedenfalls mit einer mittelmäßig entlohnten Vollarbeit nicht vereinbar sein – wo ist denn da die Wahlfreiheit für Frauen, für Mütter, für Eltern, tatsächlich zu entscheiden? (Abg. Öllinger: Die sind zu reich!) Die sind offenbar zu reich, die Damen und Herren, die über 12 000, 13 000 S verdienen. Wenn das der Begriff von Reichtum dieser Bundesregierung ist, dann ist mir manches erklärlich. Das erklären Sie aber einmal den kleinen Leuten auf der Straße! Das erklären Sie einmal bei Ihren Versammlungen!

Ich kann wirklich nicht erkennen, wo da Wahlfreiheit gegeben sein soll, wenn wir wissen – und das war auch bisher von Seiten der ÖVP unbestritten –, dass es bei Kinderbetreuungseinrichtungen ein Defizit von zumindest 150 000 gibt – andere Schätzungen gehen viel höher. Und es gibt meiner Meinung nach auch ein Recht von Kindern, mit Spielgefährtinnen und -gefährten zumindest einen Teil ihrer Zeit zu verbringen, in einer Gruppe motiviert zu werden. Wo ist denn da die Wahlfreiheit, wenn es schlicht und einfach keine Plätze gibt, wenn die Kinderbetreuungseinrichtungen so entlegen sind oder die Öffnungszeiten so wenig an die Arbeitswelt angepasst sind, dass sie de facto unzugänglich sind? Das ist Wahlfreiheit?

Und wenn diese Bundesregierung dann noch in die eine Richtung bereit ist, Milliarden dazuzulegen, etwa 8 Milliarden Schilling für die häusliche Kinderbetreuung zusätzlich, und dann erfahren wir von der Frau Bundesministerin, es gibt noch ein "Restl" aus der so genannten Kinderbetreuungsmilliarde, die dann ohnehin auf 600 Millionen geschrumpft ist, ein "Restl" noch von der alten Regierung – 133 Millionen waren es zu Jahresanfang –, muss ich schon fragen: Das ist alles? 8 Milliarden gegen 133 Restmillionen, mehr als 60-mal so viel für die häusliche Kinderbetreuung und gar kein neues Geld für die Schaffung zusätzlicher Kinderbetreuungsplätze? Das ist Wahlfreiheit? – Das ist Ideologie pur! Das ist Verbannung der Frauen an den Herd, und das hat mit einer modernen Gesellschaft und mit einer Wahlfreiheit der Frauen überhaupt nichts mehr zu tun! (Beifall bei den Grünen.)

Meine Damen und Herren! Sie können noch so blumige Begriffe für das, was Sie da tun, erfinden, Kinderbetreuungsscheck, sonstige Begriffe, de facto ist klar, dass die echte Wahlfreiheit für Eltern, für Frauen und Männer, dieser Bundesregierung nahezu nichts wert ist und dass vor allem Frauen, Eltern, die berufstätig sein wollen, die das vereinbaren können und wollen mit ihren Betreuungspflichten, von dieser Bundesregierung für ihr besonderes Engagement bestraft werden. Wo da die Gerechtigkeit ist, können wir von den Grünen nicht erkennen, und wir werden daher Ihren Plänen in diesem Bereich heftig entgegentreten. (Beifall bei den Grünen.)

12.24

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Zierler. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 7 Minuten. – Bitte.

12.24

Abgeordnete Theresia Zierler (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Bei Frau Kollegin Petrovic möchte ich mich gleich einmal bedanken für die Aussage, alle Menschen haben das Recht, selbst über ihr Leben zu entscheiden, eine Aussage, der ich vollinhaltlich zustimme. Das heißt nämlich auch: keine Bevormundung, und das heißt: Wahl- und Entscheidungsfreiheit. Und wenn diese Wahl- und Entscheidungsfreiheit, so wie wir sie meinen, noch nicht verstanden wurde, dann liegt das nicht an uns, aber wir werden uns natürlich weiter


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hin bemühen, aufzuklären und diesen Informationsnotstand bei den Oppositionsparteien so bald als möglich zu beheben. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wenn gesagt wurde, es sei so aggressiv argumentiert worden von der Frau Bundesministerin, dann muss ich schon sagen: Wahrheit wird manchmal als aggressiv empfunden, weil Wahrheit ist schmerzhaft, Wahrheit tut weh, und Wahrheit ist etwas, womit Sie sich, glaube ich, noch auseinander setzen müssen (Abg. Schieder: Aber das Gegenteil tut auch weh!), nämlich in Bezug auf die Versäumnisse der letzten Jahre, die absolut nicht bei uns liegen.

Auch beim Thema des Familien-Volksbegehrens legen die Oppositionsparteien eine Haltung an den Tag, die absolut nichts mit dem Inhalt zu tun hat, sondern ausschließlich parteipolitische Hintergründe hat. Die SPÖ vertritt hier eine völlig absurde Argumentation, die mit scharfer Oppositionspolitik oder vielleicht sogar mit überzeugenden Argumenten nichts zu tun hat. Es handelt sich hier um Oppositionspolitik einer Partei, die beleidigt ist, weil sie den Abschied von der Macht noch immer nicht verkraftet hat, nicht verwunden hat, und die vor allen Dingen die Ursachen des letzten Wahlergebnisses bis heute nicht erkannt hat. Es geht nämlich um eine Politik für Menschen. Wer hat denn immer von den Menschen "da draußen" gesprochen? Das war die SPÖ, das waren die Sozialdemokraten, und genauso haben Sie Ihre Politik auch gemacht: für die Menschen "da draußen", und es hat Ihnen jeglicher Zugang zu Inhalten, jeglicher Zugang zu den Menschen, zu den Problemen, zu den Schicksalen gefehlt. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Was hat Ihre Familienpolitik bewirkt? Seit 1994 ist die Geburtenrate in Österreich kontinuierlich gesunken. Aber erinnern wir uns zurück: Gab es da nicht zwei Sparpakete? Haben diese Sparpakete vielleicht einen Zusammenhang mit der sinkenden Geburtenrate, Sparpakete, die vor allen Dingen Familien mit Kindern unter drei Jahren getroffen haben?

Die Österreicher wünschen sich im Durchschnitt zwei Kinder. Die tatsächliche Geburtenrate liegt bei 1,32. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Entschuldigen Sie, nachdem Sie da immer dazwischen rufen: Wie hat der "Standard" darüber richtig geschrieben? – Sie keppeln beleidigt aus dem Off heraus. – Das bringt’s nicht. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei der ÖVP.)

Eine Studie der Akademie der Wissenschaften hat ergeben, das erste Kind ist eine Grundsatzentscheidung, und bei jedem weiteren Kind sind die Rahmenbedingungen entscheidend. Und genau für diese Rahmenbedingungen fühlen wir uns verantwortlich. (Abg. Schwemlein: Sie verwechseln das Rednerpult mit dem Fernsehen!) Worum geht es? – Um eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Aber für viele Frauen heißt das auch, eine gewisse Zeit zu Hause zu bleiben, zu Hause bleiben zu können, nämlich die für sie entscheidenden und wichtigsten Jahre für das Kind, und danach wieder in den Beruf zurückzukehren, und dafür benötigen die Frauen, benötigen die Familien das Kinderbetreuungsgeld. (Abg. Schwemlein: Sie haben überhaupt keine Ahnung!)

Der Wiedereinstieg für Frauen wird von uns gefördert. Wir zahlen keine Ausstiegsprämie, wie Sie das bis jetzt mit dem Karenzgeld getan haben, denn das war eine Ausstiegsprämie. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Und weil auch immer wieder das Thema Alleinerzieherinnen angesprochen wird: Wir können nur Schritt für Schritt Verbesserungen vornehmen, eben aufgrund des Budgets, das vorhanden ist oder, besser gesagt, nicht vorhanden ist. Im Frauen-Volksbegehren gibt es diesen Punkt, die Forderung nach zwei Jahren für Alleinerzieherinnen, und genau diese zwei Jahre für Alleinerzieherinnen gibt es jetzt. Stichtag ist der 1. Juli dieses Jahres. Das ist also eine sehr, sehr rasche Umsetzung.

Und wenn mir Frau Kollegin Prammer, die jetzt leider nicht anwesend ist, vorgeworfen hat, ich hätte im Ausschuss das Frauen-Volksbegehren angesprochen und gesagt, das habe nichts mit dem Familien-Volksbegehren zu tun: Es ging nur darum, aufzuklären, dass die Frau Kollegin die Inhalte verwechselt hat und wir in diesem Ausschuss definitiv über das Familien -Volksbegehren gesprochen haben.


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Wenn wir aber beim Frauen-Volksbegehren sind, dann muss ich die Damen und Herren von den Sozialdemokraten schon fragen: Wie haben Sie denn damals abgestimmt hier im Plenum, als die einzelnen Punkte des Frauen-Volksbegehrens behandelt wurden? Wie haben Sie denn abgestimmt? Haben Sie zugestimmt? Oder sollen wir uns vielleicht die Protokolle einmal anschauen? (Abg. Schwemlein: Reden Sie mit unserem Koalitionspartner!) Ah, das war der Koalitionspartner. Das ist natürlich eine wunderbare Ausrede!

Meine Damen und Herren! Sie haben die einzelnen Punkte des Frauen-Volksbegehrens mit Begeisterung verhindert, und mein guter Rat an Sie ist wirklich: Schauen Sie einmal, was die Leute, die Sie mit "da draußen" bezeichnen, schauen Sie einmal, was die Österreicherinnen und Österreicher sich wünschen! Da schreibt zum Beispiel eine Dame: Ich bin allein erziehende Mutter von fünf Kindern und muss feststellen, dass eine humane Frauenpolitik in Österreich bis dato nicht vorhanden war. Selbst ernannte Emanzen und Karrierefrauen haben uns den politischen Rahmen gesteckt. Ihre Politik war nur für ihresgleichen. Viele Mütter mit 18 Monate alten Kindern haben mir berichtet, dass sie weinend aus dem Arbeitsamt gekommen sind. Dort gibt es nämlich nur die eine Vorgabe: Du musst dein Kind bei einer Tagesmutter oder einer Krabbelstube abgeben und dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen. Einwände, das Kind sei noch auf die Mutter fixiert und die Tagesmutter koste unter dem Strich gleich viel, wie die richtige Mutter halbtags verdienen würde, würden nicht zur Kenntnis genommen.

Die Dame schreibt weiters: Voriges Jahr habe ich eine Unterschriftenaktion für tolerantere Kinderbetreuung gestartet. Das Ergebnis habe ich dann der damaligen Frauenministerin Prammer zukommen lassen. Die Reaktion war gleich null – es kam nicht einmal ein Höflichkeitsbrieferl. Aber man will ja nicht wirklich wissen, was die Mütter denken, was sie brauchen und was sie sich wünschen.

Es gibt Studien – ich stelle sie Ihnen gerne zur Verfügung – und Ergebnisse über das Pilotprojekt des Kinderschecks in den Gemeinden Deutsch Griffen und Feistritz: äußerst positive Reaktionen, die Familien sind begeistert, die Kaufkraft hat sich sehr erhöht. (Zwischenruf des Abg. Schwemlein. )

Folgendes muss ich Ihnen schon auch noch zum Abschluss sagen: Die Keppeleien, die Argumente, die nicht zutreffend sind, die parteipolitische Kritik sind für mich kein Maßstab. Maßstab ist für mich das, was auch meine Kollegin Edith Haller bereits zitiert hat, nämlich wenn der Bevollmächtigte des Volksbegehrens sagt, dass die Verbesserungen für die österreichischen Familien sensationell sind (Zwischenrufe bei der SPÖ), oder wenn der Geschäftsführer des Österreichischen Instituts für Familienforschung sagt: Diese Maßnahmen sind ein Akt der Fairness jungen Familien gegenüber, diesen wurde nämlich bei den Sparpaketen 1995 und 1996 neben den allgemeinen Belastungen als einziger Gruppe noch spezifische Belastungen auferlegt. Das Kinderbetreuungsgeld und der eigenständige Pensionsanspruch für Kinderbetreuung stellen ein Hoffnung gebendes Signal dar, für die Gesellschaft sowie für jene Frauen und Männer, die Verantwortung für Kinder übernommen haben oder auch übernehmen wollen. – Unsere Politik bekennt sich ebenso zu dieser Verantwortung. – Ich bedanke mich herzlich für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

12.32

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächste zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Riepl. (Rufe: Das ist ein Mann!) – Verzeihung, Herr Abgeordneter Riepl. (Abg. Riepl  – auf dem Weg zum Rednerpult –: Danke für die Richtigstellung, Herr Präsident!) Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte.

12.33

Abgeordneter Franz Riepl (SPÖ): Herr Präsident! Sehr verehrte Frau Bundesminister! Sehr verehrter Herr Bundesminister auf der Regierungsbank! Sehr verehrte Damen und Herren! In dieser Diskussion, die doch deutlich die Unterschiede in der Position der einzelnen Parteien aufzeigt, möchte ich als sozialdemokratischer Abgeordneter auf einen Umstand hinweisen, der wohl von allen so gesehen werden kann, nämlich darauf, dass wir in unserem Land die höchste Familienförderung der Welt haben. Das bestätigt der Familienbericht des Familienministers, und


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das bestätigt die OECD. Ich denke, in solch einer Diskussion sollte man zuerst einmal darauf hinweisen. (Beifall bei der SPÖ.)

Diese Feststellung habe ich deshalb gemacht, weil wir vor wenigen Minuten von Frau Bundesminister Sickl gehört haben, wie schlecht ihrer Meinung nach die Familien in Österreich behandelt wurden. In Wirklichkeit ist das eine Kritik, die sich an die letzte Regierung richtet, und dieser, Frau Abgeordnete Bauer, haben auch Vertreter der Volkspartei angehört. (Abg. Rosemarie Bauer: Ich habe es gehört!)

Eigentlich hatte ich erwartet, dass daher auch ein Aufschrei von der Volkspartei kommt und man sagen würde, so ist es doch nicht, denn auf der einen Seite bekommen wir international bestätigt, dass wir gut liegen, dass wir Familien gut behandeln, und auf der anderen Seite wird von der Regierungsbank aus polemisch kritisiert. Ich möchte das für mich persönlich und für meine Fraktion zurückweisen. (Beifall bei der SPÖ.)

Sehr verehrte Damen und Herren! Wir diskutieren das Familien-Volksbegehren. Der Bevollmächtigte des Volksbegehrens spricht in einer abweichenden persönlichen Stellungnahme zum Ausschussbericht von einem sehr erfolgreichen "Ergebnis mit voraussichtlich sensationellen Verbesserungen für die österreichischen Familien". – Meine Vorrednerin, Frau Abgeordnete Zierler, hat gerade auch auf diese "Sensationen" hingewiesen.

Ich denke, es ist zulässig, die "Sensationen" einmal im Detail zu analysieren, und ich möchte das tun.

Erste "Sensation": unverbindliche Worte statt konkreter Taten! Zum Beispiel wird im Bericht im Zusammenhang mit der besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie von "Maßnahmen zur Flexibilisierung der Arbeitszeiten und des Arbeitsortes und Beseitigung familiendiskriminierender Arbeitszeitregelungen" und vielem mehr gesprochen.

Ich frage Frau Bundesminister Sickl: Welche Flexibilisierung ist damit gemeint? In welche Richtung soll flexibel verändert werden? Was ist hinsichtlich der "Beseitigung familiendiskriminierender Arbeitszeitregelungen" geplant? Was ist vorgesehen? – Ich kann den bisherigen Diskussionsbeiträgen und den Beiträgen der Frau Bundesminister nichts als Schlagworte entnehmen, jedoch keine konkreten Taten! (Beifall bei der SPÖ.)

Sehr verehrte Damen und Herren! "Sensation" Nummer zwei: unverbindliche Ankündigungen statt klarer politischer Aussagen! Mein Beispiel: Wiedereinführung der Heimfahrtsbeihilfe für SchülerInnen und Lehrlinge. Sie soll gewährt werden. Frau Bundesminister, ich frage Sie: Wann soll sie gewährt werden? Wie soll sie gewährt werden? Warum eigentlich nicht sofort, da doch jetzt Überschüsse im Familienlastenausgleichsfonds, also Geld dafür vorhanden wäre? Warum nicht sofort?

Diese Frage wurde auch im Ausschuss gestellt – von Ihnen jedoch auf später vertagt. Das bedeutet: Für die Lehrlinge und Schüler heißt es weiterhin: Bitte warten! Für euch haben wir nichts übrig, für die Jugend haben wir kein Geld! – Das ist die Politik, die uns derzeit als Sensation verkauft wird. (Beifall bei der SPÖ.)

Frau Bundesminister! Im Ausschuss haben Sie wörtlich gesagt: Der Einführungszeitraum wird von den Finanzierungsmöglichkeiten abhängig sein. (Bundesministerin Dr. Sickl: So ist es!) Natürlich, so ist es, aber jetzt haben wir die Finanzierungsmöglichkeit, es ist dafür genügend Geld vorhanden, trotzdem aber geschieht Ihrerseits schlichtweg nichts. (Zwischenruf der Abg. Haller. )

Die Betreiber des Familien-Volksbegehrens schreiben dann auch noch, dass sie damit, dass nichts geschieht, zufrieden sind. – Das ist eine Haltung, die doch etwas sonderbar ist.

Auch diesbezüglich geht also nichts weiter: nur Schlagworte statt konkreter Hilfe für die in Ausbildung stehenden Jugendlichen.


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Sehr geehrte Damen und Herren! "Sensation" Nummer drei: Die Regierungsparteien wissen nicht, was sie wollen, wissen nicht, was sie tun sollen! Thema: Kinderbetreuungsgeld – darauf wurde in dieser Debatte schon in vielen Diskussionsbeiträgen eingegangen. Ich fasse noch einmal kurz zusammen.

Zuerst hörten wir von der ÖVP: Es soll ein "Karenzgeld für alle" geben. Dann kam von den Freiheitlichen die Idee: Ein Kinderbetreuungsscheck muss her. Danach hieß es: Ein Kinderbetreuungsgeld statt dem "Karenzgeld für alle" soll kommen. Dann kam: Karenzgeld für jedes Kind. "Dafür bin ich aber nicht!", meinte Herr Finanzminister Grasser von der Freiheitlichen Partei. "Es sollten", sagte er weiter, "jene etwas bekommen, die echte Probleme haben." – Das ist die Position der Sozialdemokraten, immer gewesen. Wir haben immer gesagt: Jene sollen etwas bekommen, die es brauchen, und nicht jene, die es nicht brauchen! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe der Abgeordneten Gaugg und Fischl. )

Gratulation dem Herrn Finanzminister dafür, dass er sich der Position der Sozialdemokratie angeschlossen hat!

Dann aber sagt Frau Bundesminister Sickl im heutigen "Morgenjournal" des ORF: Das Kinderbetreuungsgeld kommt, allerdings mit einer Zuverdienstgrenze, damit Reiche nichts bekommen. Gleichzeitig soll die Einkommensgrenze für den Bezug des Mehrkinderzuschlages zur Familienbeihilfe aufgehoben werden, damit Reiche mehr bekommen. – Also was kommt jetzt wirklich? (Abg. Gaugg: Lass dich überraschen!) Was ist gewollt? Was streben Sie an, Frau Bundesminister? Wie werden Sie den Herrn Finanzminister umstimmen? Bekommen Reiche künftig mehr, obwohl sie es nicht brauchen, oder bekommen Reiche weniger, weil sie es nicht brauchen? – Keiner kennt sich bei Ihrer Politik, meine sehr verehrten Damen und Herren, mehr aus!

"Sensation" Nummer vier ist, dass es sich um ein politisches Verwirrspiel handelt, das die Vertreter der Freiheitlichen und der Volkspartei derzeit spielen. Offen bleibt die Frage: Ist all das perfekt inszeniert, oder erleben wir hier ein Stegreifstück? Ich glaube, Letzteres ist eher anzunehmen.

In meinem Wahlkreis, in Ottakring, gibt es die letzte Stegreifbühne, den Tschauner. Versuchen Sie, sehr verehrte Damen und Herren von den Freiheitlichen und von der Volkspartei, doch einmal, dort mit Ihrem Verwirrspiel auf die Bühne zu kommen. Dort gehören Sie vielleicht hin. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Das Publikum geht nämlich zum Tschauner, um herzhaft zu lachen.

Die österreichischen Familien aber haben sich eine seriösere Familienpolitik verdient (Zwischenruf des Abg. Gaugg ) als jene, die ihnen derzeit von der Regierung geboten wird. (Beifall bei der SPÖ.)

12.41

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Donabauer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte. (Abg. Schwemlein: Endlich ein frauenfreundlicher Sprecher von der ÖVP! – Abg. Donabauer  – auf dem Weg zum Rednerpult –: Danke, Herr Kollege! – Abg. Schwemlein: Ich habe das ernst gemeint!)

12.41

Abgeordneter Karl Donabauer (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren auf der Galerie, im Plenum! Hohes Haus! Ihre Verweise, Herr Kollege Riepl, können Sie sich sparen, Sie können all Ihre Ideen in die Diskussion einbringen, aber davon habe ich wenig gehört.

Ich habe mit gewissem Interesse den Abgang vom Rednerpult von Kollegin Petrovic verfolgt, als sie sagte: Wir werden uns mit aller Entschiedenheit gegen die Verbesserung zur Wehr setzen. – Frau Kollegin Petrovic ist nicht hier, sagen Sie es ihr, wenn sie wieder hereinkommt: Die Antwort darauf ist klar: Wir werden mit aller Begeisterung für die Umsetzung unserer Vorgaben und die Verbesserung der jetzigen Situation arbeiten und uns dafür verwenden! Das ist unsere Botschaft. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)


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Dass uns Familienpolitik etwas bedeutet, zeigt sich sehr deutlich daran, dass wir dieses wichtige Thema heute bereits am Beginn der Tagesordnung diskutieren und nicht irgendwann spät in der Nacht oder am Ende der Sitzung. (Abg. Mag. Kogler: Setzen Sie die Tagesordnung fest?) Das zeigt den echten Stellenwert, dem wir diesem so wichtigen Thema beimessen. (Beifall bei der ÖVP.)

Familie ist für uns bei unserer Arbeit eine Grundsatzfrage. Familienpolitik ist für uns nicht etwas, worüber man nur vor Wahlen diskutiert. Wir meinen, dass die Familie einen besonderen Stellenwert in der Gesellschaft hat und wir alle daran arbeiten müssen, dass wir ihr einen noch größeren zuordnen. Wir alle müssen auch erkennen, dass die Diskussion über Familien und Familienpolitik sehr vielschichtig verläuft. Sehr viele wollen die Geborgenheit einer Familie, aber nicht alle haben sie, und diesen sollten wir den Weg in diese Richtung ebnen.

Deshalb möchte ich allen, die sich beim Volksbegehren mühsam eingebracht haben, viele Stunden geopfert haben, Anerkennung und Dank sagen. Es geziemt sich, dass man solch eine Leistung für die Allgemeinheit, für die Familien auch anerkennt. (Beifall bei der ÖVP.)

Es stimmt, Herr Kollege Riepl, dass wir eine sehr gute Familienförderung haben, die wir viele Jahre hindurch gemeinsam erarbeitet haben – keine Frage; wir verdrängen die Tatsachen nicht –, es stimmt aber auch, dass im Einkommensbericht der Bundesregierung steht, dass Familien mit mehr Kindern ein unterdurchschnittliches Pro-Kopf-Einkommen haben und dass gerade die Familien mit mehr Kindern armutsgefährdet sind, so wie keine andere Gruppe in diesem Land, und deshalb ist hier Handlungsbedarf gegeben. Wir stellen uns dieser Herausforderung mit Begeisterung.

Es gibt mehrere Gründe dafür, dass wir diese Leistung, die sich "Karenzgeld" genannt hat, heute umbauen wollen. Erstens: Wir wollen wegkommen von der Hochbürokratie. Bitte nehmen Sie einmal den Spießrutenlauf auf sich, den eine Mutter zu machen hat, wenn die eine oder andere Zugangsbestimmung nicht erfüllt werden kann!

Wir wollen heute eine unbürokratischere Leistung für das Kind schaffen, und zwar für jedes Kind, weil uns jedes Kind gleich viel wert ist. Das ist es. (Abg. Silhavy: Was ist mit der Mehrkinderstaffelung? Warum haben wir dann eine Mehrkinderstaffelung, Herr Kollege?) Wir wollen mit unserer neuen Leistung niemanden ausgrenzen.

Erklären Sie doch bitte den Bürgerinnen und Bürgern, warum Sie bewusst Studentinnen und Hausfrauen ausgenommen haben wollen!

Das, was sich Kollege Öllinger hier geleistet hat, ist ja wirklich empörend. Er hat wieder sein Uraltthema, sein Klassenkampfthema angesprochen und möchte Bauern und Gewerbetreibende hinauskomplimentieren. Ersparen Sie sich das!

Wir wollen die Leistung für die Familie, wie schon gesagt: für jedes Kind, anbieten, und wir wollen auch mehr Wahlfreiheit schaffen – für die Frau und für den Mann. Lesen Sie unser Konzept durch, es entspricht dem voll. Wir werden auch eine Leistungsverbesserung herbeiführen: Die Zeit soll von 18 Monaten wieder auf 24 Monate angehoben werden – auch für allein erziehende Mütter. Das ist eine moderne, eine offene, eine engagierte Familienpolitik, die wir vorgeben und umsetzen werden! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Silhavy: Stimmt ja gar nicht!)

In weiterer Folge geht es uns selbstverständlich um einen leichteren Zugang zur Arbeitswelt dadurch, dass die Frau nicht ausgegrenzt wird, sondern Beruf und Erziehungstätigkeit nach Tunlichkeit mit ihrer Familie gemeinsam bewältigt.

Sie haben heute hier mehrfach die Kinderbetreuungseinrichtungen angesprochen und haben mir damit besondere Freude gemacht, denn ich kann Ihnen sagen: Das ist in hohem Maße Ländersache. Schauen Sie sich das Bundesland Niederösterreich an! Wir haben in Niederösterreich eine Betreuungsdichte von über 96 Prozent (Abg. Edlinger: 12 Uhr!), wir haben einen Zugang zum Nulltarif. – Bis 12 Uhr, Herr Minister, jawohl. (Abg. Edlinger: Bis 12 Uhr!) Sie kommen aus Wien, wo das jede Mutter 4 000 S im Monat kostet. Herr Abgeordneter Edlinger,


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19. Sitzung / Seite 65

das ist nicht in Ordnung! (Abg. Edlinger: Sozial gestaffelt!) Wir haben die modernere, die bessere und auch die wirkungsvollere Kinderbetreuung selbst gemacht. Das ist eine Leistung! (Beifall bei der ÖVP.)

Sie brauchen das nicht zu bejammern, sondern Sie können sich ein Beispiel nehmen an einem von der ÖVP regierten Bundesland, es heißt Niederösterreich. (Zwischenrufe bei der SPÖ. – Abg. Edlinger: Die Kindergärten werden um 12 gesperrt!)

Wir wollen auch die Heimfahrtbeihilfe wieder einführen, weil wir glauben, dass all jene Kinder, die nicht am Ausbildungsort wohnen, ob Studenten oder Lehrlinge, das Recht haben, dass sie eine Beihilfe bekommen – kein Sachleistungssystem, mit dem wir die Bundesbahnen oder andere Einrichtungen sponsern, sondern wirklich eine Leistung für die Betroffenen als Entlastung für die hohe Aufwendung.

Auch der Gesundheitsbereich ist uns ein großes Anliegen, bis hin zu den Zahnspangen, wo wir nun versuchen, gemeinsam mit den Sozialversicherungsträgern finanzierbare Leistungen anzudenken.

Das ist unser Postulat, das haben wir Ihnen heute nicht nur bekundet, sondern daran werden wir auch arbeiten, und die Umsetzung dieses Gesetzesantrages für die Familien wird uns gelingen. (Beifall bei der ÖVP.)

12.47

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Brosz. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

12.48

Abgeordneter Dieter Brosz (Grüne): Herr Präsident! Hohes Haus! Eigentlich beginne ich nicht gerne mit Repliken, aber dass Frau Abgeordnete Steibl heute gesagt hat, dass dieses Volksbegehren eines der erfolgreichsten war, weil es von der Regierung umgesetzt wird, zeugt doch von einem irgendwie merkwürdigen Demokratiebegriff. Denn der Erfolgsgrad eines Volksbegehrens richtet sich wohl nicht danach, ob es von der Regierung umgesetzt wird oder nicht, sondern danach, wie viele Leute dahinter stehen. Und 180 000 sind im Verhältnis zu einer Million oder 770 000 wohl doch etwas weniger. Das Umsetzen allein als Maßstab für den Erfolg zu nehmen, halte ich doch für eine etwas absurde Demokratieauslegung. (Beifall bei den Grünen. – Zwischenruf der Abg. Silhavy. ) – Das kommt noch, das ist natürlich der Punkt, selbst die Absichtserklärung.

Die Unabhängigkeit wurde jetzt schon mehrmals erwähnt und auch Dank an die Betreiber des Volksbegehrens ausgesprochen. Ich habe an den Ausschuss- und auch an den Unterausschusssitzungen teilgenommen und kann daher sagen, von den Betreibern des Volksbegehrens hat sich genau einer zu Wort gemeldet, nämlich Herr Mag. Gumpinger, und der ist seines Zeichens so "unabhängig", dass er als Landtagsabgeordneter der ÖVP in Oberösterreich sitzt. Also mit der Unabhängigkeit dieses Volksbegehrens ist es wohl auch nicht so weit her. Man darf ja auch daran erinnern, dass es so "zufällig" wenige Wochen vor den Nationalratswahlen aufgelegen ist. Sie könnten also wahrscheinlich ein besseres Beispiel für Demokratie liefern als dieses Familien-Volksbegehren. (Beifall bei den Grünen.)

Frau Minister Sickl hat dann noch gesagt, dass im Ministerium auf wissenschaftlicher Basis gearbeitet wird. Wir haben diese Woche eine schöne Geschichte gehabt: Das Institut für Familienforschung ist so wissenschaftlich – aus der ÖVP-Dynastie –, dass man dort gleich 40 Millionen Schilling an Förderungen innerhalb weniger Jahre hineinstecken kann. Aber der Beweis für die Wissenschaftlichkeit ergeht ja eher aus den Publikationen: "Bei Halbe-halbe stehen sich die Frauen selbst im Weg" – ein Beweis für die Wissenschaftlichkeit, die Sie sich da offenbar mit Ihrem Haus- und Hofinstitut zueignen.

Oder: "Die Singlefrauen dumpen die berufstätigen Mütter aus der Arbeitswelt." – Das sind Belege, die der Wissenschaftlichkeit dieses Instituts, dem Sie seit Jahren massive finanzielle För


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derungen zukommen lassen, wohl eindeutig widersprechen. (Abg. Rosemarie Bauer: Beweisen Sie mir das Gegenteil!)

Ich berufe mich auf die Publikationen dieses Instituts. Da es quasi Ihr Parteiinstitut ist, wäre es ja für Sie relativ einfach, sich diese zu besorgen. (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Rosemarie Bauer. )

Ich möchte nun noch ein paar Feststellungen zum konkreten Inhalt des Familien-Volksbegehrens machen, aber auch zur Politik, die diese Bundesregierung in diesem Zusammenhang betreibt. Es gibt aus den letzten Jahren auch Statistiken, die zeigen, wie unter anderem die Karenz von Männern genutzt wird. Es haben 1,4 Prozent der Männer die Karenz in Anspruch genommen. Sie erklären – und ich habe das im Ausschuss mehrmals zu hinterfragen versucht –, dass jetzt drei Jahre Karenz eingeführt werden. Offenbar wird, wenn man die Zeit des Verdienstentgangs um ein halbes Jahr verlängert, auf einmal die Möglichkeit, dies weitgehend in Anspruch zu nehmen, größer. Faktum ist, dass auch bislang das geringe In-Anspruch-Nehmen dieser Möglichkeit nicht aus Jux und Tollerei erfolgt ist, sondern dass es sehr viele Familien gibt, die sich die dadurch entstandenen Verdiensteinbußen nicht leisten konnten. Doch das haben Sie in keiner Form berücksichtigt. Das Karenzgeld wird minimal erhöht. Eine effektive Erhöhung des Karenzgeldes ist auch in weiterer Zukunft nicht absehbar. (Zwischenruf der Abg. Rosemarie Bauer. )

Auf zwei Jahre verlängern Sie es. Das finde ich ja "super"! Insgesamt gibt es für Familien eine dreijährige Frist, aber die Alleinerzieherinnen dürfen es nur zwei Jahre in Anspruch nehmen. Da von Gerechtigkeit zu reden, ist ... (Abg. Kampichler: Das ist eine Verbesserung!)

Es ist eine Verbesserung. (Abg. Dr. Petrovic: Das ist eine Diskriminierung! Das Kind muss bestraft werden, wenn die Mutter nicht heiratet!) Aber Ihr Gerechtigkeitsbegriff wundert mich schon: Für Familien in Ihrem Sinn, für "schöne" Familien, die Ihnen ideologisch gut gesinnt sind, für Familien, wo der Mann arbeitet und die Frau zu Hause bei den Kindern bleibt, gibt es drei Jahre. Für allein erziehende Mütter gibt es dies natürlich wieder nicht. (Zwischenruf der Abg. Rosemarie Bauer. ) Das ist schon richtig, aber es geht ja um Ihren Begriff von Gerechtigkeit! Die gab es in der Vergangenheit nicht, und das wurde auch immer wieder kritisiert. Die Einschränkung für die Alleinerzieherinnen war eine Maßnahme, die die Grünen nie mitgetragen haben.

Zur unabhängigen Medienbehörde, die Sie da vorgesehen haben, kann ich nur eines sagen: Wenn diese ähnlich unabhängig besetzt ist wie der ÖIAG-Aufsichtsrat, dann kann es um die Unabhängigkeit im Sinne dieser neuen Bundesregierung wohl auch nicht allzu gut bestellt sein. (Beifall bei den Grünen.)

Aber das wirklich Abstruse an den Diskussionen im Ausschuss waren die Begrifflichkeiten, die Sie gewählt haben. Es gab zum Beispiel so Begriffe wie "Arbeitsplatz Haushalt" oder "Unternehmen Haushalt", alles Bezeichnungen, die wunderbar klingen. Wenn man sich dann vor Augen führt, welches Bild Sie von Interessenausgleich haben – Minister Bartenstein hat ja immer gesagt, es gebe keine Interessengegensätze –, und wenn man bedenkt, welche soziale Absicherung in Ihren Wünschen sichtbar wird, dann muss man sagen: Das ist ja vielmehr als Drohung zu werten denn als irgendeine auch nur andenkbare Verbesserung. (Abg. Rosemarie Bauer: Ich glaube, Sie interpretieren sie nicht richtig!)

Des Weiteren kreierten Sie den Begriff "Familienphase". Das würde mich auch interessieren, was darunter zu verstehen ist. Dauert die "Familienphase" jetzt auf einmal drei Jahre? Ist danach die "Familienphase" beendet? Es schwirren selbst in der Feststellung des Ausschusses Begriffe herum, die offenbar völlig undurchdacht sind. (Abg. Rosemarie Bauer: Nein! Ihnen fällt es schwer, sie zu verstehen!) Ja, mir fällt das alles nicht auf, ich weiß eh!

Mir fällt zum Beispiel auch Folgendes auf: Unter dem Titel "bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf" schreiben Sie doch tatsächlich hinein – und das ist ja wirklich stark –, dass weitere Maßnahmen zur Flexibilisierung der Arbeitszeiten und des Arbeitsortes stattfinden sollen. Soll das etwa heißen, zwei oder drei Stunden auf Abruf am Nachmittag zu arbeiten, oder worum geht


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es bei Ihren Flexibilisierungsvorstellungen? (Abg. Dr. Petrovic: Am besten in der Nacht oder am Sonntag!)

Nächster Punkt: Frau Abgeordnete Haller hat gesagt, dass es für die FPÖ bei den Wahlen deshalb einen Erfolg gab, weil sie das Kinderbetreuungsgeld versprochen hat. Das mag möglicherweise so sein, aber an die Umsetzung glauben Sie ja offenbar selbst nicht, denn im Ausschussbericht steht – und das ist wahrscheinlich nicht wirklich aufgefallen –, dass die Umsetzung nach Maßgabe der budgetären Möglichkeiten erfolgen soll. (Abg. Rosemarie Bauer: Richtig!)

Was das heißt, kann ich mir leicht ausrechnen. Sagen Sie einmal, woher Sie das Geld dafür nehmen wollen! Legen Sie endlich auf den Tisch, woher Sie die Summen, die zur Finanzierung des Kinderbetreuungsgeldes erforderlich sind, nehmen wollen! Sie tun das nicht. Und das ist genau der Punkt, der in den nächsten Jahren auch zu massiven budgetären Problemen führen wird.

Abschließend eine Bemerkung an die Adresse der Frau Abgeordneten Zierler: Es wird immer so getan, als mache nur die Regierung seriöse Politik und die Opposition nur Parteipolitik. – Das ist wirklich unerträglich!

Ich gestehe Ihnen zu: Sie machen massive ideologische Politik: konservatives Familienbild, ein Rückgriff auf Modelle, die wir eigentlich aus dem letzten Jahrhundert kennen. Das gestehe ich Ihnen durchaus zu. (Abg. Rosemarie Bauer: Hahaha!) Aber dann nehmen Sie auch zur Kenntnis, dass das Gegenmodell sehr wohl ein massives und klares Modell einer Politik ist, die auf Gleichberechtigung basiert, die auf Emanzipation ausgerichtet ist und nicht darauf, die Frauen an den Herd zurückzudrängen. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

12.55

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Papházy. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte.

12.55

Abgeordnete Dr. Sylvia Papházy MBA (Freiheitliche): Sehr geehrte Damen und Herren! Das Familien-Volksbegehren enthält eine Vielzahl wichtiger Themenkreise. Mir liegt ganz besonders der Schutz von Kindern und Jugendlichen vor der Einwirkung von Sekten und von Gewalt in den Medien am Herzen.

Für mich misst sich die Qualität einer Gesellschaft daran, wie sie die Schwächsten schützt, und gerade unserer Fraktion ist der Schutz der Schwächsten ein stetes Anliegen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Zu diesen Schwächsten zählen die Kinder und die Jugendlichen. Auch in unserem Parteiprogramm steht sehr schön zu lesen, dass wir uns den Schutz vor pseudoreligiösen Sekten und den Schutz vor Gewalt gegen Kinder, worunter für mich auch die Gewalt durch Sekten und in den Medien fällt, auf unsere Fahnen heften.

Wir alle wissen um die Gefährlichkeit von Sekten. Wir kennen den Sektenbeauftragten der Evangelischen Kirche, Professor Spitzer. Er sagt: Jeder ist anfällig, nur halt nicht zu jedem Zeitpunkt im gleichen Ausmaß für dieselben Dinge. (Abg. Öllinger: Auch die Freiheitliche Partei ist anfällig für Sektenführer!)

Untersuchungen ergeben, dass Jugendliche im Alter von 14 bis 16 Jahren ganz besonders gefährdet sind – auf der Suche nach einer eigenen Identität, auf der Suche nach Idealen, auf der Suche nach Abenteuern und auf der Suche nach Vorbildern, die sie häufig in Sektenführern zu finden glauben.

Da sich die Pubertät immer weiter nach vorne verschiebt, da der Zugang zu altersinadäquater Information immer leichter wird – wir entnehmen dies dem "profil" dieser Woche, wir entnehmen dies auch dem schon lange auf dem Markt befindlichen Buch "The disappearance of childhood" –, werden Jugendliche, wie ich befürchte, immer früher für Sekten anfällig.


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Das Ziel der Sekten unterschiedlichster Ausprägung ist es, wie wir wissen, den Menschen die Individualität zu nehmen und sie von der Außenwelt abzuschotten. (Abg. Gaugg: Das könnte das Programm der SPÖ sein!)

Der Gründer von "Kinder Gottes und Familie der Liebe" zum Beispiel sagt das ganz deutlich: Nehmt ihnen alles, damit sie nichts haben, zu dem sie zurückkehren können! – Gerade davor, meine Damen und Herren, müssen wir unsere Kinder und unsere Jugendlichen schützen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Das ist mir nicht nur als Abgeordnete, sondern auch als Mutter einer fünfeinhalbjährigen Tochter ein Anliegen.

Die Zahl der Sektenmitglieder steigt dramatisch, über 300 000 in Österreich sind einfach zu viel. Wenn das dann in spektakuläre Massenselbstmorde mündet, so zeigt das, wohin Sektentum führen kann.

Die Aufklärung zur Sektenprävention kann allerdings nicht nur im Elternhaus vor sich gehen, sondern muss auch in der Schule im Zusammenwirken der Eltern mit den Lehrern bewerkstelligt werden. Voraussetzung dafür ist natürlich eine intensive Schulung der Lehrer, aber auch eine adäquate Information der Eltern, damit eine mögliche Gefährdung durch Sekten rechtzeitig erkannt werden kann.

Das Gymnasium Horn zum Beispiel unterstützt durch einen Krisenstab Schüler in Krisensituationen, und zwar nicht nur, was die Anfälligkeit für Sekten anbelangt. Ich halte das für eine sehr gute Idee und bin der Überzeugung, dass ein derartiger Krisenstab in jeder Schule etabliert werden sollte.

Das österreichweite Netz von Beratungs- und Informationsstellen ist aufgrund des steigenden Bedarfs auszubauen. Frau Bundesminister Sickl, wenn ich Sie richtig zitiere, dann sagten Sie, der Bedarf an Information über die Gefahren von Sekten sei ungebrochen und es werde auch eine interministerielle Arbeitsgruppe zur weiteren Behandlung dieser Fragen eingesetzt.

Für wichtig halte ich auch, dass die inhaltliche und finanzielle Gebarung von Sekten in Zukunft einer weiteren Überprüfung unterzogen wird.

Der Schutz von Kindern und Jugendlichen vor Gewalt in den Medien ist mir ebenfalls ein großes Anliegen. Der fast unbeschränkte Zugang zu nicht altersadäquater Information – ich habe es schon erwähnt – bringt Handlungsbedarf mit sich. Die Leitlinien freiheitlicher Schulpolitik besagen, dass die Schüler auf die Herausforderungen der Informationsgesellschaft vorbereitet sein müssen. Sie müssen in der Lage sein, das für sie Notwendige aus dem vielfältigen Informationsangebot herauszufiltern. Aber ich fände es schön, wenn man beim Herausfiltern im Internet nicht pausenlos auf Gewaltdarstellungen und auf Aufrufe zum Selbstmord, wie das ja kürzlich bedauerlicherweise im hohen Norden zum traurigen Erfolg geführt hat, stoßen würde. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Selbstkontrolle kann nicht ausreichend sein, Qualitätskontrolle soll durch die schon angesprochene, allerdings vorher anders gewertete Schaffung einer unabhängigen Medienbehörde garantiert sein. Und dies betrifft sämtliche Medien.

Die Verlagerung des Kinder- und Jugendschutzes in die Bundeskompetenz halte ich ebenso wie explizite Bestimmungen zum Jugend-Medienschutz für wünschenswert. Und auch auf EU-Ebene – da kann sich die EU profilieren – wird ein Filtersystem zum Schutz von Kindern und von Jugendlichen vor schädigenden Medieneinflüssen notwendig sein.

Zusammenfassend, sehr geehrte Damen und Herren, sei gesagt: Es ist dringender Handlungsbedarf gegeben. Wir alle müssen zusammenarbeiten, um unsere Kinder und Jugendlichen vor dem Einfluss von Sekten und vor Gewalt in den Medien zu schützen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

13.02


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Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn:
Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Reheis. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte.

13.02

Abgeordneter Gerhard Reheis (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Gerade beim Thema "Familienförderungen" lohnt es sich, an das im internationalen Vergleich erkennbare sehr hohe Niveau der familienpolitischen Leistungen Österreichs in der Debatte zum Familien-Volksbegehren zu erinnern. Österreich war mit dem im Jahre 1998 beschlossenen zusätzlich jährlich 12 Milliarden Schilling umfassenden Familienpaket und mit den von Bund und Ländern in der vergangenen Gesetzgebungsperiode zweimalig aufgewendeten 1,2 Milliarden Schilling zur Errichtung von zusätzlichen Kinderbetreuungsplätzen sicherlich auf dem richtigen Weg, konnten doch mit diesem Geld an die 30 000 zusätzlichen Betreuungseinrichtungen geschaffen werden. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Entscheidend für die Geburtenrate ist nicht nur die Geldleistung, sondern auch die Schaffung der Infrastruktur für die Kinderbetreuung. Mit dem "Karenzgeld für alle" könnten die noch fehlenden 110 000 Betreuungsplätze geschaffen werden.

Geld gießkannenartig zu verteilen, hilft am wenigsten jenen, die es wirklich brauchen, weil es zu wenig ist und es nicht der Existenzsicherung dient. (Beifall bei der SPÖ.)

Auch muss in Zukunft das Familienförderungssystem besonders die einkommensschwachen Familien, insbesondere Alleinerzieherinnen und Mehrkinderfamilien bevorzugen. Die Förderungen müssen sozial gerecht und treffsicher auf jene Bevölkerungsgruppen, die sie auf Grund ihrer sozialen und wirtschaftlichen Situation brauchen, konzentriert werden.

Liest man sich allerdings die Ausschussfeststellungen der Abgeordneten Haller, Steibl und Kollegen zum Familien-Volksbegehren genau durch, so wird man unwillkürlich an unrealistische Wahlversprechen erinnert. Die Formulierungen sind Soll-Formulierungen, wie zum Beispiel – ich zitiere auszugsweise – folgende:

Der Anspruch auf Karenzgeld soll von der Erwerbstätigkeit abgekoppelt und in ein Kinderbetreuungsgeld umgewandelt werden. Oder: Durch unbürokratische Anmeldung soll der Arbeitsplatz Haushalt gefördert werden, damit die Beschäftigung von Arbeitskräften in privaten Haushalten – Kinderbetreuung, Reinigungspersonal et cetera – erleichtert wird. – Zitatende.

Daran, meine Damen und Herren, erkennt man besonders gut, mit wessen Geist diese Ausschussfeststellung beseelt ist. Wer von den einkommensschwachen Familien kann sich bitte mit noch so unbürokratischen Anmeldungen einen Arbeitsplatz "Haushalt" leisten? Welche einkommensschwache Familie wird sich denn für die Kinderbetreuung oder für die Reinigung des Haushaltes jemanden anstellen können? – Doch wohl nicht jene fleißigen und anständigen Bürger, die sich trotz ihres Fleißes und Anstandes kein Schloss, keinen Jaguar, keinen Grund, kein eigenes Haus und keine Eigentumswohnung leisten können. (Beifall bei der SPÖ.)

Da können sich wohl nur die von dieser Bundesregierung in jeder Beziehung begünstigten Förderungs-Millionäre der Großbauernschaft und Mütter mit einem entsprechenden Unternehmen freuen, denn nur diese können es sich leisten, zusätzlich für ihren Haushalt noch jemanden für die Betreuung ihrer Kinder beziehungsweise für die Reinigung des Hauses einzustellen, um selbst nur die angenehmen Seiten einer Kindererziehung zu genießen. Einkommensschwache Familien werden dagegen jeden Schilling, den sie sich erarbeiten, für den Unterhalt benötigen und werden sich nicht mit unbürokratischer Anmeldung von Arbeitskräften in ihrem Haushalt beschäftigen können – ganz einfach deshalb, weil sie sich das nicht leisten können.

In dieser Art und Weise geht es in der gesamten Ausschussfeststellung der Regierungsfraktionen weiter – mit Wunschvorstellungen und Versprechen in allen Kapiteln des Familien-Volksbegehrens, um dann in der Schlussbemerkung festzustellen – ich zitiere –:


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"Alle angeführten Maßnahmen stellen aus familienpolitischer Sicht ein Förderungspaket dar, welches mittelfristig nach Maßgabe der budgetären Möglichkeiten umgesetzt werden soll. Hiebei ist darauf Bedacht zu nehmen, dass die Einführung des Kinderbetreuungsgeldes vordringlich, nämlich" – ich sage dazu: erst – "mit 1. Jänner 2002, zu realisieren ist."

Es wird nicht gesagt, dass für die Einführung des Kinderbetreuungsgeldes 13,2 Milliarden Schilling und für die folgenden Jahre 14 Milliarden Schilling notwendig sein werden. Kein Wort darüber, wie dies finanziert werden soll. Dafür wird versprochen, vertagt und zurückgewiesen. Nicht einmal zu einem Entschließungsantrag hat man sich von Seiten der Regierung durchringen können, um ihn in der heutigen Plenarsitzung zu beschließen. – Wiederum vertagte Wahlversprechen, meine Damen und Herren!

Einerseits werden seit der Wahl von den Regierungsparteien den Familien großzügige Unterstützungen versprochen, die, wenn überhaupt, erst im Jahre 2002 gewährt werden sollen, aber andererseits werden besonders die BezieherInnen kleinerer und mittlerer Einkommen von dieser Bundesregierung finanziell verstärkt zur Ader gelassen. Es werden den Familien andere Belastungen aufgebürdet, um vielleicht im Jahre 2002 die groß angekündigten Wahlversprechen einlösen zu können.

Die Verteilungseffekte des blau-schwarzen Regierungsprogramms finden von unten nach oben statt. Sie werden insbesondere die einkommensschwachen Familien hart treffen. Laut Wifo wird zum Beispiel die höhere Besteuerung des Strompreises trotz der Liberalisierung des Energiemarktes die ärmeren Haushalte, sprich die Familien mit niedrigem Einkommen, zweieinhalb Mal so stark wie die Besserverdiener treffen.

Viele Familienerhalter sind, um ihrem Erwerb nachkommen zu können, als Pendler zum Beispiel auch auf ihren PKW angewiesen. Diese werden durch die Anhebung der Versicherungssteuer und durch die Verdoppelung der Kosten für die Autobahn-Vignette zusätzlich belastet.

Das ist keine familienpolitische Maßnahme. Die Familieneinkommen werden durch diese Maßnahme beispielsweise bei einem Arbeiter, der noch so fleißig seiner Arbeit nachgeht, aber notgedrungen mit seinem PKW pendeln muss, um zu seinem Arbeitsplatz zu gelangen, von dieser Bundesregierung weiterhin beschnitten. (Beifall bei der SPÖ.)

Die Gebühren, wie zum Beispiel jene für die Ausstellung eines Reisepasses oder eines Führerscheines, werden kräftig angehoben. Sogar für Bausparkredite wird eine Vergebührung anfallen. Auch diese Maßnahmen werden in Zukunft hauptsächlich die kleinen Häuselbauer und wieder Familien mit niedrigem Einkommen treffen.

Schließlich kommt eine besondere Belastung auf unsere Familien zu, nämlich das blau-schwarze Sanierungskonzept für die Krankenkassen. Soll heißen: Wer krank ist, soll zahlen.

Das sind alles Aufwendungen auf Grund zusätzlicher Erhöhungen durch diese Bundesregierung, die besonders Familien mit kleinen und mittleren Einkommen hart treffen werden. Für ihren Fleiß und für ihre Sparsamkeit werden von dieser Belastungsregierung besonders die Familien der unteren Einkommensschicht bestraft, denn die ärmeren Haushalte müssen mehr als ihr gesamtes Einkommen für Konsumzwecke ausgeben, während die reicheren Haushalte sparen und von dieser Regierung verschont werden.

Wenn man die Verteilungseffekte aller Erhöhungen von Verbrauchsabgaben und Gebühren zusammenzählt, so sieht man, dass die ärmeren Haushalte und damit die meisten Familien etwa doppelt so stark wie die reicheren belastet werden. Mit all diesen Belastungsmaßnahmen werden insbesondere die Familien mit kleinem Einkommen, die einkommensschwachen Familien zur Kassa gebeten. Dies alles geschieht, um vielleicht die Forderungen des Familien-Volksbegehrens im Jahre 2002 umsetzen zu können.

Ein Kinderbetreuungsgeld für alle, die bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf, der Schutz von Kindern und Jugendlichen vor Sekten und Gewalt in den Medien, die Wiedereinführung der Heimfahrtbeihilfen für Schüler und Lehrlinge sowie die Forderungen nach einem Kostenersatz


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für Zahnspangen werden von dieser Bundesregierung im Voraus den Familien als Belastungen in den von mir genannten zahlreichen Zahlungsverpflichtungen abverlangt.

Positive Aussagen und Worthülsen, wie man sich für die Familien einsetzen wird, werden ins Gegenteil verkehrt, indem man die Familien beim täglichen Verbrauch von notwendigen Mitteln zusätzlich bestraft und zur Kasse bittet. (Beifall bei der SPÖ.)

Dafür wird es aber vielleicht ab 1. Jänner 2002 Kinderbetreuungsgeld geben. Ich betone das Wort "vielleicht", denn FPÖ-Finanzminister Grasser hat im heutigen "Morgenjournal" zugegeben, dass das "Karenzgeld für alle" – und somit auch der Kinderscheck – sozial ungerecht ist. Das ist nicht die Linie des Finanzministers, so Grasser im Zitat in der "Presse". Keine Auszahlung von Familienbeihilfen an Reiche, so Grasser. – Ich möchte Herrn Kollegen Grasser ersuchen, einmal darüber nachzudenken, ob er nicht vielleicht der Sozialdemokratischen Partei beitreten möchte, denn er vermittelt das, was wir bereits immer wieder verlangt haben: keine Auszahlung von Familienbeihilfen an Reiche! (Heiterkeit und Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Sie, meine Damen und Herren von den Freiheitlichen, haben ja bisher das Gegenteil verlangt. Sie wollen nun das, was ÖVP-Sozialsprecher Feurstein als Missverständnis von Grasser sieht, denn die ÖVP will, dass auch jene Karenzgeld beziehen, die es nicht dringend brauchen, nämlich die Reicheren. Sie haben immer etwas anderes versprochen, aber sich nicht daran gehalten. Sie haben der Bevölkerung Wahlversprechungen gemacht, die Sie mit dieser Bundesregierung nicht einhalten können. Und Frau Ministerin Sickl hat jetzt den schwarz-blauen Peter – oder den blau-schwarzen Peter – in der Hand, von dem sie offensichtlich nicht so recht weiß, was sie zwischen diesen beiden Fraktionen damit machen soll und wem sie ihn weitergeben wird. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

13.12

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Kampichler. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

13.12

Abgeordneter Franz Kampichler (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Familien-Volksbegehren ist das erste Volksbegehren, dessen wesentliche Inhaltsschwerpunkte schon vor der parlamentarischen Behandlung Inhalt eines Regierungsabkommens sind. Ich freue mich sehr darüber und gratuliere vor allem den Initiatoren dieses Volksbegehrens zu diesem großartigen Ergebnis! (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Dr. Ofner.  – Zwischenruf der Abg. Huber. )

Seit zirka 15 Jahren beschäftige ich mich mit dieser Thematik, Frau Kollegin. Seit zirka 15 Jahren beschäftige ich mich damit, und nach anfänglicher Euphorie ist meine Begeisterung leider Gottes in Resignation umgeschwenkt. Es hat immer gewaltige Barrieren gegeben, speziell ideologische Barrieren, diese familienpolitischen Verbesserungen, für die es in der Bevölkerung eine sehr große Mehrheit gibt, hier in diesem Hohen Haus auch umzusetzen. Jetzt sind wir Gott sei Dank in der glücklichen Situation, dass wir diese Dinge umsetzen können. Und nach den vielen familienpolitisch begrüßenswerten Schritten der letzten Jahre – ich erinnere nur etwa an das Familien-Steuerrecht oder an die Familien-Steuerreform, die mit 1. Jänner 2000 in Kraft getreten ist – ist das jetzt wirklich der große Quantensprung, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Zwischenrufe der Abgeordneten Dr. Petrovic und Huber. )

Durch die Einführung des Kinderbetreuungsgeldes bekommt die Kindererziehung plötzlich einen Wert in der Gesellschaft. Eine wertvolle Tätigkeit wird endlich auch materiell bewertet. Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir schaffen damit nicht nur einen Akt der Gerechtigkeit. Frau Kollegin, ich würde Sie wirklich bitten, endlich solidarisch zu sein mit allen Frauen, nicht nur mit denen, die Ihnen angenehm sind, meine sehr geehrten Damen von der SPÖ! (Beifall bei der ÖVP.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir unterstreichen mit dieser Einführung vor allem auch, dass die sensible Entwicklungsphase junger Menschen für uns ganz besonders wichtig ist und dass wir dieser Phase ein besonderes Augenmerk zuwenden. Meine geschätzten Damen


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und Herren! Wir bieten den Eltern damit wirklich eine echte Wahlfreiheit, weil wir sie auch materiell absichern.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir investieren erstmalig in die Erziehung unserer jungen Menschen und damit natürlich in unsere eigene Zukunft.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die positiven Auswirkungen dessen werden sich sehr rasch einstellen, denn wir wissen ganz genau – und das bestätigen alle Experten –, dass Kinder, die die Chance haben, in geordneten Verhältnissen mit einer guten Bezugsperson aufzuwachsen, einem positiven Lebensweg entgegengehen. (Zwischenruf der Abg. Huber. )  – Frau Kollegin! Ich weiß, das ist ein sensibler Punkt für Sie, aber ich kann es Ihnen leider Gottes nicht ersparen. Das ist die Realität. (Abg. Huber: Das ist sehr lustig, was Sie sagen! – Weiterer Zwischenruf der Abg. Silhavy. )

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Leider Gottes haben viele junge Eltern heute Probleme mit der Erziehung, und wir müssen ihnen wieder stärker vor Augen führen, wie wichtig ihre diesbezügliche Aufgabe ist. Die Gesellschaftspolitik der letzten 30 Jahre hat viele Menschen verunsichert, es ist in verschiedenen Bereichen Unwissenheit festzustellen. Aus diesem Grunde ist es notwendig, dass in diesem Bereich wieder verstärkt aufklärende Maßnahmen gesetzt werden. Ich freue mich daher darüber, Frau Kollegin, dass im Regierungsprogramm verstärkte Maßnahmen für Elternbildung und Elternberatung vorgesehen sind.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Aber nicht nur die Gesellschaft, sondern vor allem auch die Wirtschaft wird von diesen familienpolitischen Maßnahmen profitieren. Mein Vorredner hat versucht, es auszuführen, aber ich kann ihm nicht in allem beipflichten. Ich kann nur sagen, dass die Familien das Geld für die Dinge des täglichen Bedarfes benötigen und dass die Mittel, die wir ihnen jetzt zusätzlich zur Verfügung stellen, sofort in die Wirtschaft fließen, denn die Eltern brauchen das Geld dringend für die alltäglichen Dinge, für die Bekleidung, für die Ernährung der Kinder und so weiter. Sie können sich meist keine teuren Urlaube leisten, bei denen das Geld ins Ausland fließen würde. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Daher ist das auch eine wichtige wirtschaftspolitische Maßnahme. (Bundesministerin Dr. Sickl verlässt den Sitzungssaal.)

Ich sehe in der Einführung des Kinderbetreuungsgeldes aber auch einen Akt der Solidarität mit den Frauen im ländlichen Raum. Dadurch, dass wir das Kindergeld von der Berufstätigkeit abkoppeln, setzen wir hier wirklich einen Akt der Chancengleichheit, vor allem für jene, die gerne einen Arbeitsplatz hätten. Es kommen täglich Frauen zu mir und ersuchen mich um einen Arbeitsplatz, aber wir können nicht jeder Frau ein solches Angebot machen. Aber es ist ein Akt der Gerechtigkeit, darauf zu achten, dass auch diese Frauen in Zukunft nicht zu kurz kommen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dadurch, dass das Beschäftigungsverbot während der Kindererziehungsphase wegfällt, wird auch die Vereinbarkeit von Beruf und Familie in Zukunft günstiger zu regeln sein. Die Eltern können das Ausmaß ihrer Beschäftigung selbst wählen, und der Einstieg in das Berufsleben oder in die volle Berufstätigkeit ist dann natürlich viel leichter.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir setzen mit diesen wichtigen familienpolitischen Maßnahmen einen notwendigen Grundstein für unsere eigene Zukunft. Wir schaffen dadurch eine gute und wichtige Grundlage, um junge Leute optimal für die Anforderungen des Lebens zu rüsten, damit sie auch in Zukunft im europäischen Wettbewerb und im Wettbewerb mit der ganzen Welt bestehen können. – Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Huber: Realitätsfern!)

13.19

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Weiters zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Silhavy. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte.

13.19

Abgeordnete Heidrun Silhavy (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! (Abg. Edlinger  – auf die leere Regierungsbank weisend –: Was ist mit der Bundesregierung? Ist die abgetreten? Das ist


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ein Skandal! Das ist eine Desavouierung!)  – Ich weiß! Ich habe ja gesagt: Herr Präsident! Hohes Haus! – Als Erstes fehlt mir das zuständige Regierungsmitglied. Ich wäre ja sogar bescheidener und würde mich auch mit einem anderen zufrieden geben, aber es ist überhaupt keines da, und ich muss sagen, das ist ein ungeheuerlicher Umgang mit uns Abgeordneten in diesem Hohen Haus. (Beifall bei der SPÖ.)

Aber das zeigt die Politik dieser Regierung: Sie negiert das Parlament, sie negiert ... (Zwischenruf der Abg. Rosemarie Bauer. )  – Es könnte ja ein anderes Mitglied hier sein, Frau Kollegin Bauer! Aber es ist überhaupt niemand auf der Regierungsbank! So sehr "interessiert" diese Regierung die Familienpolitik und das Familien-Volksbegehren. Das ist ein Skandal! Das ist Ihr demokratisches Verständnis! Ich bin empört! (Beifall bei der SPÖ. – Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten der SPÖ und der Freiheitlichen.)

Sie von den Freiheitlichen sehen das alles natürlich durch Ihre gefärbte Brille, das ist mir schon klar. Aber vielleicht wollen Sie selbst auch ernst genommen werden. Es werden auch von Ihnen noch Rednerinnen und Redner, so nehme ich an, hier herauskommen und etwas zu sagen haben. Wollen Sie sich nur mit sich selbst beschäftigen oder wollen Sie sich mit der Regierung unterhalten? (Lebhafte Zwischenrufe bei der SPÖ und den Freiheitlichen. – Unruhe im Saal.)

Es ist empörend! Frau Ministerin Sickl sagt immer, sie wäre so aufgeschlossen für alle Gespräche, und sie wäre an allem interessiert. Aber dort, wo sie ihre Aufgabe wahrzunehmen hätte, indem sie hier zuhört, was die Abgeordneten dieses Hauses zu sagen haben, auch jene, die nicht ihrer Partei angehören, nimmt sie diese Aufgabe nicht wahr. Ich möchte das hier mit Empörung festgehalten haben. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Aber die Behandlung dieses Familien-Volksbegehrens ist ohnehin nur die Fortsetzung der Chaos-Politik dieser schwarz-blauen Regierung. Der Finanzminister sagt, Kinderbetreuungsgeld nicht für alle. Frau Bundesministerin Sickl sagt, Kinderbetreuungsgeld doch für alle. (Zwischenruf bei der SPÖ.)

Auf jeden Fall sagte Frau Ministerin Sickl heute: Nein, vielleicht doch nicht für alle, weil bei Zuverdienst wird eine Geldgrenze eingezogen. Und der Herr Sozialsprecher der ÖVP wiederum sagt: Ein großer Erfolg, die Frauen können nun in der Karenzzeit dazuverdienen, so viel sie wollen. Die Frau Bundesministerin widerspricht dem. (Abg. Sophie Bauer: Sie ist ja gar nicht da!)

Karenzgeld ist dafür geschaffen worden, dass berufstätige Eltern für eine gewisse Zeit keine Arbeitsleistung erbringen müssen und dafür einen Einkommensersatz bekommen. Sie, meine Damen und Herren von ÖVP und FPÖ, schaffen dieses Karenzgeld ab. Karenzgeld war und ist ein Einkommensersatz! Sie strafen damit die Familien, die nicht in Ihre ideologische Vorstellungen passen. Sie machen Ideologie, Sie betreiben puren Klassenkampf.

Frau Steibl hat vorhin von einer funktionierenden Familie gesprochen. Sie hat allerdings keine Antwort auf die Frage gegeben, was eine funktionierende Familie ist. Wir haben heute auch den Ausdruck "ordentliche Familie" gehört. Aber es weiß auch keiner, was nach Ihrem ideologischen Strickmuster eine ordentliche Familie ist. Sie sagen, alle haben die freie Wahl. – Meiner Ansicht nach ist das die freie Wahl der beschränkten Möglichkeiten! Nein danke!

Da Frau Bundesministerin Sickl auch immer so weinerlich von diesem Budget und dem Budgetdefizit spricht, rate ich ihr einmal, den Budgetvollzug zu lesen. Sie ist leider nicht da, aber sie sollte wirklich zuhören. Das wäre auch für sie ein guter Tipp.

Der Budgetvollzugsbericht 1999 ist ein positiver Bericht. Das ist zwar ein Bericht, den ein freiheitlicher Finanzminister unterschrieben hat, aber es ist ein Bericht aus einer Zeit, in der ein sozialdemokratischer Finanzminister für das Budget zuständig war.

Da es aber an und für sich sinnvoller wäre, wenn die Frau Bundesministerin da wäre, werde ich meine Redezeit nicht zur Gänze in Anspruch nehmen. (Bundesministerin Dr. Sickl betritt wieder


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den Sitzungssaal.)  – Sehr schön, Frau Bundesministerin, dann werde ich noch ein paar Sekunden warten.

Frau Bundesministerin, ich wiederhole es gerne: Sie sagen immer so weinerlich, man kann nicht alles machen, was man machen will, weil das Budget eben so ist, wie es ist. Ich darf Ihnen empfehlen: Lesen Sie den Budgetvollzugsbericht 1999! Er stammt aus einer Zeit, in der ein sozialdemokratischer Finanzminister für den Vollzug zuständig war. Den Bericht hat schon ein freiheitlicher Finanzminister unterschrieben, und er zeigt höchstes Lob für diesen Budgetvollzug 1999. Vielleicht sollten Sie sich das einmal anschauen, dann könnten Sie selbst sehen, dass das, was Sie von der Regierungsbank aus hier behaupten, nicht den Tatsachen entspricht, sondern unwahr ist.

Frau Bundesministerin! Wenn Sie von der Notwendigkeit einer Budgetsanierung reden, dann liegt darin nicht automatisch ein Widerspruch. Der Widerspruch ergibt sich aus der Frage, wie Sie sanieren. Sie gehen nämlich am Kern des Problems vorbei.

Sie sanieren das Budget so, dass es sozial ungerecht ist und dass es zu Lasten der Alleinerzieherinnen, der Verkäuferinnen, der Friseurinnen, der Angestellten, der Arbeiterinnen und der Beamten geht. Sie verteilen Gelder von Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen und geben sie an Selbständige und Nichterwerbstätige weiter.

Das Kinderbetreuungsgeld für alle ist ein typisches Beispiel dafür. Sie schaffen Karenzgeld als eine Leistung mit Leistungsanspruch ab, um es neu zu verteilen. Sie sagen dazu, dass es eine Zuverdienstgrenze gibt, das heißt, wenn jemand arbeiten geht, dann hat er halt Pech gehabt, dann kriegt er halt nichts mehr. Aber die, die daheim bleiben, die es sich auch leisten können, zu Hause zu bleiben, die bekommen das Geld. – Das finden Sie gerecht?!

Frau Bundesministerin! Frau Kollegin Rosemarie Bauer hat sich hier sehr echauffiert und gesagt, wie arm die Frau mit den zwei Kindern ohne Mann ist. Ich glaube das Frau Kollegin Bauer auf jeden Fall, auch ich kenne viele Frauen, die arm sind. Ich kenne auch viele Frauen, denen es als Alleinerzieherinnen nicht gut geht, aber gerade diese Gruppe negieren Sie ja! Gerade für diese Gruppe sind Sie ja nicht bereit, etwas zu tun, weil sie Ihrem ideologischen Familienbild nicht entspricht! (Beifall bei der SPÖ.)

Frau Kollegin Bauer vergisst bei der ganzen Geschichte vielleicht, dass wir eine Eherechtsnovelle gehabt haben, bei der es auch eine derartige ideologische Auseinandersetzung gab. Damals waren Frau Kollegin Bauer und ihre Partei bei weitem nicht der Meinung, dass Frauen in diesem Bereich Chancengleichheit und freie Wahlmöglichkeiten haben sollten.

Sie fordern auch – Frau Kollegin Bauer hat das heute wieder gefordert – das Homeservice und womöglich noch dessen steuerliche Absetzbarkeit. – Ich finde das "toll"! Meine Mitarbeiterin, die wesentlich weniger verdient als ich, soll mit ihren Steuergeldern quasi den Lohn jener Frau mitfinanzieren, die mir daheim den Haushalt macht. Ich finde das "toll", das ist eine "Superidee"! Das ist ja sozial "besonders gerecht": Die, die wenig haben, unterstützen die, die viel haben! – Das entspricht Ihrem neuen Weltbild. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Rosemarie Bauer: Das habe ich gar nicht gesagt!)

Diese Politik, nämlich den Ärmeren zu nehmen, um den Reicheren etwas zu geben, setzt sich bei Ihnen in allen Politikfeldern fort, nicht nur in der Familienpolitik.

Herr Kollege Gaugg war ja heute ganz aufgeregt, als Frau Kollegin Prammer gesprochen hat. Ich verstehe ihn schon. Er hat es den Unternehmen sogar schriftlich gegeben, dass er hier im Parlament ihre Interessen vertritt. Und jetzt gehen Sie daran, es umzusetzen. Für diese Politik bedanken sich die Österreicher und Österreicherinnen hoffentlich bei den nächsten Wahlen! (Beifall bei der SPÖ.)


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13.27

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dolinschek. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte.

13.27

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Zu diesem Familien-Volksbegehren möchte ich sagen, dass ich einer jener war, die dieses Familien-Volksbegehren, als es aufgelegen war, sofort unterschrieben haben. Ich habe mir das durchgelesen, und ich kann jeden einzelnen Punkt dieses Familien-Volksbegehrens – ich habe das schon im Ausschuss gesagt – voll und ganz unterstreichen.

Dass es unterschiedliche Auffassungen darüber gibt, ist mir schon klar, aber im Großen und Ganzen geht es darum, dass wir etwas für die österreichischen Familien tun müssen, weil sich die Zeiten wandeln und man nicht immer stehen bleiben kann, sondern etwas Neues bringen muss.

Frau Kollegin Silhavy möchte ich eines sagen: Ich verstehe schon, dass man in der Opposition jedes Haar aus der Suppe herausklaubt und aufzeigt. Da gebe ich Ihnen ja Recht, das haben wir auch immer getan. Aber man sollte wenigstens irgendwo bei der Wahrheit bleiben. Ihnen unterstelle ich nicht, dass Sie sich dabei nicht auskennen. Das unterstelle ich Ihnen nicht. Sie kennen sich in der Familienpolitik und auch in der Sozialpolitik hundertprozentig oder sagen wir sehr, sehr gut aus! Aber dass Sie Sachen einfach verdrehen und anders darstellen, ist schon ein starkes Stück, muss ich sagen. Das ist ein starkes Stück! (Abg. Silhavy: Was meinen Sie, Herr Kollege Dolinschek?)  – Alles!

Zum Beispiel das Kinderbetreuungsgeld. Das ist ein Wahnsinn, was Sie hier bringen! Studentinnen haben früher keine Möglichkeit gehabt, ein Kinderbetreuungsgeld, ein Karenzgeld zu bekommen. Nach dem vorliegenden Modell würden sie eines bekommen. Wieso sind Sie da dagegen? Wieso sind Sie in diesem Punkt dagegen? Sie können doch nicht dagegen sein, dass Studentinnen oder Bäuerinnen oder Selbständige, die nicht das Einkommen haben, das Sie haben, ein Karenzgeld bekommen! (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Silhavy: Aber dagegen, wie Sie es verteilen, wie Sie es machen! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Und ob das jetzt Kinderbetreuungsgeld oder Kinderscheck heißt, ist doch völlig egal! Es ist doch völlig egal, wie der Name lautet! Dass wir hier weggehen von einer Versicherungsleistung hin zu einer Familienleistung, das haben Sie doch auch erkannt. Und das ist die Tatsache. (Abg. Silhavy: Damit schaffen Sie den Rechtsanspruch ab! Den Rechtsanspruch!)

Frau Kollegin, ich habe nicht so viel Zeit, dass ich jetzt nur auf Sie eingehe, sondern ich möchte noch etwas zur Schülerfreifahrt sagen. Als Sie von der SPÖ in der Regierung waren – Sie haben 30 Jahre lang die Verantwortung im sozialpolitischen Bereich und im finanzpolitischen Bereich in diesem Hause getragen –, da haben Sie im ersten Sparpaket die Heimfahrtbeihilfe für Schüler und Studenten gestrichen. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Silhavy: Haben Sie dem Herrn Kollegen Riepl zugehört?)  – Die haben Sie seinerzeit gestrichen, genauso, wie Sie das Karenzgeld von 24 Monaten auf 18 Monate gekürzt haben. Genauso!

Wir sind jetzt dabei, im Rahmen des Familien-Volksbegehrens die Heimfahrtbeihilfe wieder einzuführen. Davon sind 60 000 Schüler und 33 000 Lehrlinge in Österreich betroffen. (Abg. Silhavy: Wo denn? Wo ist die Gesetzesinitiative?)

Es wurden einfach Grundsätze verletzt. Bestimmte Schüler und Lehrlinge haben die Möglichkeit, diese Heimfahrtbeihilfe zu bekommen, aber jene, die in Internaten untergebracht sind und am Wochenende heimfahren, weil diese Heime oft am Wochenende geschlossen haben, nicht. Damit werden Grundsätze verletzt. Die freie Wahl der Ausbildung wird eingeschränkt.

Zur Wiedereinführung der Heimfahrtbeihilfe. – Die Regelung früher war nicht ganz richtig. Das war eine stille Subvention der Verkehrsbetriebe, weil ein Freifahrtausweis teurer war als eine Karte für einen Erwachsenen. (Abg. Reheis: Wann wird das eingeführt?)

Hier muss man neue Wege gehen, ein Pauschalbetrag je nach Entfernung des Heimes zum Wohnort muss eingeführt werden und monatlich oder einmal im Jahr über das Finanzamt abgerechnet werden. Das sind die Wege, die wir hier beschreiten. Experten haben die voraussicht


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lichen Kosten ermittelt; zwischen 400 und 450 Millionen Schilling sind zu berappen, die locker aus dem Familienlastenausgleichsfonds bezahlt werden können, und wir werden uns auch dafür einsetzen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Reheis: Wann wird das eingeführt?)  – Sofort, jetzt, in dieser Legislaturperiode. Wir können doch nicht alles von heute auf morgen erledigen. Sie haben 30 Jahre lang geschlafen, und wir sollen von heute auf morgen alles umsetzen. Was glauben Sie denn eigentlich? Bleiben Sie auf dem Boden der Tatsachen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Familie und Beruf zu vereinbaren ist auch eine große Sache, und Sie müssten sich eigentlich auch dafür einsetzen, dass die Familienarbeit endlich einmal gerechter belohnt wird. Familienarbeit obliegt größtenteils den Frauen. Sie sagen immer, dass Sie sich für die Frauen einsetzen. – Sie haben sich 30 Jahre lang überhaupt nicht für die Frauen eingesetzt! Überhaupt nicht! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Warum verdienen die Frauen heute noch immer weniger als die Männer? Warum werden sie minder qualifiziert als die Männer? – Weil Sie nichts dazu beigetragen haben, dass es den Frauen besser geht! Wenigstens bei der Jugend ist die Situation wesentlich besser. Aber warum ist denn das bei den Frauen so? – Weil sie eben länger unterbrechen, weil sie länger in der Arbeitslosigkeit verweilen als die Männer. Deswegen haben sie ein geringeres Einkommen. Wir wollen jetzt das Kinderbetreuungsgeld einführen, damit die Frauen eine größere Wahlmöglichkeit haben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wenn Sie diesen Nonsens von flexiblen Kindergartenöffnungszeiten verzapfen, dann muss ich Ihnen sagen: In Wien haben die "Kinderfreunde" das verhindert. Wissen Sie, warum? – Weil jede Frau bestrebt ist, am Vormittag zu arbeiten und nicht am Nachmittag. Und wenn Sie jetzt flexible Kindergartenöffnungszeiten wollen, dann muss der Kindergarten um 6 Uhr aufsperren und um 19 Uhr erst wieder zusperren, und das ist nicht möglich. Wir brauchen daher andere Alternativen, und die Alternative ist ganz einfach das Kinderbetreuungsgeld oder der Kinderscheck oder das Karenzgeld für alle, egal, wie wir es nennen. Schreiben Sie sich das hinter Ihre Ohren! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

13.32

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Ellmauer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

13.33

Abgeordneter Matthias Ellmauer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Arbeitswelt und Familie – zwei Lebensbereiche, die sich nicht gegenseitig ausschließen dürfen, besonders nicht in einer Zeit wie dieser. Für viele Familien, insbesondere für junge Familien, ist es aus finanziellen Gründen erforderlich, dass beide Elternteile arbeiten. Darunter darf aber die Qualität der Kindererziehung nicht leiden. Jedes Kind hat Anspruch auf bestmögliche Erziehung, Bildung und vor allem auf Zeit, die es mit seinen Eltern verbringen kann. Dies sollte auf Grund finanzieller oder organisatorischer Mängel nicht scheitern.

Mit dem Kinderbetreuungsgeld ist die Sicherstellung einer finanziellen Grundausstattung nicht mehr von Erwerbstätigkeit vor der Geburt abhängig. Alle Eltern werden somit gleichgestellt. Aus einer anderen Perspektive gesehen kann man auch sagen: Mit der Realisierung dieser Maßnahmen erhalten endlich alle Kinder die gleiche Chance.

Familie und Beruf besser miteinander vereinbaren zu können ist für mich die logische Weiterentwicklung des Karenzgeldes für alle. Wir müssen allen Eltern die Möglichkeit geben, ihrem Beruf nachgehen zu können, ohne gleichzeitig ihre Aufgaben und Pflichten, aber auch ihre Wünsche vernachlässigen zu müssen.

Kinder dürfen unter der Erwerbstätigkeit ihrer Eltern nicht leiden. Das kann nicht im Interesse unserer Gesellschaft sein, denn die Kinder sind die Zukunft, das Kapital unserer Zukunft. (Beifall bei der ÖVP.)


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Wir müssen auf politischer Ebene dafür sorgen, dass die beiden Bereiche Familie und Beruf sozial und wirtschaftlich in Einklang gebracht werden können. Wir müssen neue Gestaltungsmöglichkeiten und Spielräume finden. "Flexibilität" ist das Stichwort. Nicht das Familienleben soll sich der Arbeitswelt unterordnen, sondern – im Gegenteil! – die Berufswelt soll kinder- und familienfreundlicher werden. Es bedarf dazu einer engen Zusammenarbeit mit der Wirtschaft. Dies ist die Voraussetzung dafür, dass Arbeitsplätze geschaffen und gesichert werden. Bedenken sollte man dabei auch, dass große Betriebe über fachliche und finanzielle Ressourcen verfügen, um Maßnahmen zur besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie entwickeln zu können. Kleinere Betriebe hingegen haben es schwerer. Sie haben nur eingeschränkt Handlungsrahmen und brauchen deshalb mehr Anreize, Beratung und Unterstützung.

In diesem Zusammenhang ist das Audit "Familie und Beruf" als vorbildliches Beispiel zu erwähnen. Es ist ein wichtiger Ansatzpunkt dafür, dass sich Unternehmen jeder Größenordnung der Tatsache bewusst werden, dass sich Familienfreundlichkeit bezahlt macht. Familienfreundliche Maßnahmen bringen Vorteile wie bessere Motivation der Mitarbeiter, höhere Leistungs- und Einsatzbereitschaft, weniger Mitarbeiterfluktuation und so weiter. (Zwischenruf der Abg. Silhavy. ) Andererseits muss auch den Mitarbeitern und Angestellten eines Betriebes bewusst sein, dass es nur miteinander geht. Es muss der Wille zur Flexibilität und Entgegenkommen auf beiden Seiten vorhanden sein. (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Silhavy. )

Frau Kollegin! Wir wissen: Sie wollen, dass die Frauen zurück an den Herd gehen (Heiterkeit bei der SPÖ), wie Ihre ehemalige Familienministerin immer sagte, denn für Sie ist Familienarbeit ja keine Arbeit und auch kein Beruf. Sie haben nur die Ideologie im Auge und nicht das Wohl unserer Familien. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Familie an sich, die Leistungen von Vätern und Müttern haben einen hohen Stellenwert für unsere Gesellschaft, der oft viel zu gering geschätzt wird. Wir müssen diese Werte und die erbrachte Leistung für die gesamte Gesellschaft in das richtige Licht rücken. Dafür setzte sich das Familien-Volksbegehren ein, und dafür setzt sich auch die neue Regierung ein. Wir geben der Familienpolitik und der Institution Familie wieder mehr Bedeutung und schätzen ihren Wert.

Ein Punkt der Ausschussfeststellung zu dem Themenbereich Vereinbarkeit ist die Forderung nach spezifischen Förderungsmaßnahmen für Frauen und Männer während der Familienphase für die WiedereinsteigerInnen. Auch wenn die Opposition nicht daran glaubt, uns ist bewusst, dass der Wiedereinstieg eine zentrale Frage ist. Ein wichtiger Ansatz dafür ist, dass in der Familienphase erworbene unterschiedliche Schlüsselqualifikationen als Potenzial für den Beruf und/oder Wiedereinstieg anerkannt und genutzt werden sollen. (Präsident Dr. Fasslabend übernimmt den Vorsitz.)

Darüber hinaus bieten neue Arbeitsformen wie zum Beispiel Telearbeit neue Chancen für Wiedereinsteiger. Dies entspricht auch der Forderung nach Maßnahmen zur Flexibilisierung der Arbeitszeiten und des Arbeitsortes.

Für all diese Forderungen und Vorschläge für den Bereich Vereinbarkeit beziehungsweise für die Umsetzung der gesamten Forderungen des Familien-Volksbegehrens gibt es meiner Meinung nach einen gemeinsamen Nenner: Unser oberstes Ziel sollte es sein, das Ansehen der Institution Familie zu heben, ihre Wichtigkeit für die gesamte Gesellschaft allen verständlich zu machen. Denn ein höherer Stellenwert wird zu mehr Verständnis und Unterstützung sowohl seitens der Politik, seitens der Gesellschaft als auch seitens der Wirtschaft zum Wohle für uns alle führen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

13.39

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Prinz. – Bitte.

13.39

Abgeordneter Nikolaus Prinz (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Geschätzte Damen und Herren! Ich glaube, man kann durchaus sagen, kein Volksbegehren hat so schnell handfeste Erfolge erzielt wie das Familien-Volksbegehren. – Ein deutlicher Hinweis darauf, dass


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sich die Familienpolitik daran orientieren muss, was die Familien im Alltag eigentlich brauchen. Neben dem Karenzgeld für alle und der besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf dürfen wir aber auch die Forderung nach der Wiedereinführung der Heimfahrtbeihilfe sowie dem Kostenersatz für die Zahnspange nicht vergessen.

Im Familienausschuss wurden diesbezüglich verschiedene Lösungsmöglichkeiten diskutiert. In der Ausschussfeststellung wurde in Bezug auf die "Wiedereinführung der Heimfahrtbeihilfe für Schüler und Lehrlinge" festgehalten: "... in Form einer Beihilfe, gestaffelt nach der Entfernung nach Kilometern". Warum? – Weil rund 60 000 Schüler und rund 33 000 Lehrlinge davon betroffen sind.

Zum Thema Zahnspangen nur einige Zahlen: Laut Angaben des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger gab es im Jahre 1998 über 111 000 kieferorthopädische Behandlungen. Das verursachte für die Sozialversicherungsträger Kosten von rund 608 Millionen Schilling. Den Rest auf 1 Milliarde 80 Millionen Schilling mussten die Familien selbst bezahlen. Das heißt, bei vollem Kostenersatz müssten die Sozialversicherungsträger zusätzlich mit rund 500 Millionen Schilling an Belastungen rechnen.

Meine Damen und Herren! Zu diesem Punkt gab es in den Ausschusssitzungen unterschiedliche Auffassungen. Während die Sozialdemokraten glauben, diese Gelder müssten aus dem Familienlastenausgleichsfonds kommen, sind wir davon überzeugt, diese Kosten sind – natürlich unter Berücksichtigung der sozialen Kriterien – von den Sozialversicherungsträgern zu übernehmen. Man könnte jetzt genau ausführen, welche Kosten für die Familien dadurch entstehen, aber aus Zeitgründen will ich mir das ersparen. Kurz gesagt: eine Familie mit drei Kindern, jedes Kind braucht eine festsitzende Zahnspange – um das Geld, das dafür aufgebracht werden muss, könnte man sich schon ein schönes Kleinauto kaufen.

Wichtig ist aus meiner Sicht: Medizinisch notwendige Leistungen dürfen nicht von der finanziellen Situation der Familie abhängig sein. Ich glaube, es ist wichtig, dass im Bereich der Kieferorthopädie medizinische Normen und Tarifpositionen geschaffen werden, damit für die Behandlung einheitliche Qualitätskriterien gelten.

Meine Damen und Herren! Die Unterausschusssitzungen und die Ausschusssitzung am 6. April waren durchaus interessant. Auch die künstliche Aufregung der Frau Kollegin Silhavy ist wirklich bemerkenswert. Sie glaubt, nur jene Frauen bleiben zu Hause, die es sich leisten können. Ein bisschen mehr Verbundenheit zur Basis, um zu wissen, was die Frauen mit kleinen Kindern wirklich bewegt, würde auch einer Frau Silhavy nicht schaden. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wenn ich an die Polemik des Herrn Kollegen Reheis denke, der von den Großbauern spricht, die es sich ja leisten könnten, für die Kindererziehung jemanden einzustellen, muss ich sagen: Herr Reheis! Das ist schlicht und einfach billige Polemik! Sie sollten sich einmal anschauen – nicht nur in Tirol –, wie es den Bauern in Österreich wirklich geht! Hier Vergleiche anzustellen, Strompreis und dergleichen, das ist schlicht und einfach zu billig! Das glauben nicht einmal mehr Ihre eigenen Leute!

Durchaus bemerkenswert ist der Minderheitsbericht der SPÖ und der Entschließungsantrag vom 6. April, wo eigentlich all das gefordert wird, was im Familien-Volksbegehren enthalten ist, und am besten sollte das alles bereits gestern erledigt sein. – Komisch! Während die SPÖ in der Regierung war, hat sie nichts getan, und jetzt sollte bereits gestern alles erledigt sein. Wie hat die SPÖ auf das Volksbegehren im September 1999 reagiert? – Als kleines, läppisches "Zahnspangen-Volksbegehren" ist es abgetan worden. Da wird mit der Vergesslichkeit der Wähler gerechnet, aber das wird nicht funktionieren!

Es ist bemerkenswert, wenn sich der Herr Kollege Riepl in Bezug auf die Wiedereinführung der Heimfahrtbeihilfe beklagt. – Wo waren Sie voriges Jahr? Im Familienausschuss der damaligen Koalition gab es Einigkeit. Wer hat es abgewehrt? – Die SPÖ und ihr Finanzminister. Sie haben wohl komplett vergessen, was hier eigentlich passiert ist!


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Oder: Kinderbetreuungseinrichtungen. – Vielleicht sollten manche Damen und Herren von der SPÖ – wenn sie zumindest vier Klassen Volksschule hinter sich haben, müssten sie dessen mächtig sein – in der Ausschussfeststellung einfach auf der Seite 2 den siebten Absatz lesen. Da steht nämlich alles, was dazu zu sagen ist.

Frau Kollegin Ridi Steibl hat deutlich gesagt: Die überwiegende Mehrheit der Familien will selbst die Kinderbetreuung übernehmen. Für die SPÖ, so hat man den Eindruck, dürfte allerdings die Wahlmöglichkeit nicht unbedingt gefragt sein. Aus linker Sicht – wenn man nur auf dem linken Auge sieht und das rechte blind ist und der Blick verklärt ist – ist wohl die Frage: Wozu Wahlmöglichkeit? legitim. Die Kinder in die Kinderkrippe, die Mütter in die Gewerkschaft – und die Welt ist in Ordnung! Dann ist aber nur Ihre Welt in Ordnung, unsere Welt ist es nicht! Da sind Sie sehr weit weg von dem, was die Leute wirklich wollen! Wir setzen uns für die Wahlmöglichkeit der Familien ein. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

13.44

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Bruckmann. – Bitte.

13.44

Abgeordneter Dr. Gerhart Bruckmann (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Als voraussichtlich letztem Redner zu diesem Tagesordnungspunkt erlauben Sie mir, noch einmal auf die grundlegende Problematik zurückzukommen und diese anhand eines Beispieles darzustellen:

Zwei Ehepaare: die beiden Frauen gleich alt und im gleichen Beruf tätig, zum Beispiel Verkäuferinnen, die beiden Männer ebenfalls gleich alt und im selben Beruf tätig, zum Beispiel Kfz-Mechaniker. Der eine Unterschied zwischen den beiden ist, dass das erste Ehepaar keine Kinder, das zweite Ehepaar vier Kinder hat. Das erste Ehepaar kann sich im Laufe seiner Aktivzeit einiges leisten, etwa Auslandsurlaube, ein angenehmes Dasein. Das andere Ehepaar entschließt sich, dass, um den Kindern Nestwärme und Geborgenheit zu geben, ein Elternteil zu Hause bleibt – ich sage gar nicht: die Frau, sondern ein Elternteil bleibt zu Hause –. In diesem Fall müssen sechs Personen von einem Einkommen leben, im anderen Fall zwei Personen von zwei Einkommen. Die Sechs, die mit einem Einkommen auskommen müssen, leben – die gesamte Aktivzeit der Eltern hindurch – an der Armutsgrenze, wenn nicht darunter.

Nun kommt jener Tag, an dem die zwei Ehepaare in Pension gehen und die vier Kinder des zweiten Ehepaares inzwischen berufstätig sind. – Und jetzt komme ich auf den springenden Punkt: Aus den Beiträgen dieser vier Kinder werden auf Grund des Umlageverfahrens drei Pensionen finanziert. Zwei Pensionen gehen an das andere Ehepaar, die sich zeitlebens haben alles erdenklich Angenehme leisten können, und nur eine Pension an die eigenen Eltern. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Hohes Haus! Das ist der Hintergrund, hinter dem jegliche Maßnahme gesehen werden muss, die in Richtung Kinderbetreuungsgeld und flankierende Maßnahmen hiezu gehen. Es geht um eine deutliche Verringerung dieser krassen Ungleichheit bei ansonsten äußerlich gleichen Voraussetzungen.

Lassen Sie mich noch zwei Bemerkungen zum so genannten Karenzgeld für alle anbringen.

Das Erste ist eine sehr simple Feststellung: Die Kosten und die Mühe der Erziehung eines Kindes sind die selben – unabhängig vom Stand der Mutter; ob diese nun berufstätig ist, ob sie Studentin ist, ob sie selbständig ist, ob sie Bäuerin ist. Es geht darum, die Mehrkosten für die Erziehung eines Kindes abzugelten. Daher Karenzgeld für alle in diesem Sinn.

Und das Zweite ist die Obergrenze. – Was die Obergrenze betrifft, so ist das ein willkommenes Thema, um an den Neidkomplex des Österreichers zu appellieren.

Hohes Haus! Es ist bereits von der Opposition moniert worden, dass Sozialministerin und Finanzminister hiezu heute im "Morgenjournal" unterschiedliche Äußerungen von sich gegeben


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haben. – Ja was ist denn dahinter? Wir sind ja noch mitten in der parlamentarischen Behandlung! Wir leben in einer Demokratie, in der ein Entscheidungsprozess als solches im dafür zuständigen Hause, nämlich dem Hohen Haus, zu fällen ist. Und ich möchte ausdrücklich hinzufügen, dass ich eine – dritte – von beiden abweichende Auffassung habe, die ich auch weiterhin in der parlamentarischen Behandlung vertreten werde.

Meine Damen und Herren von der Opposition! Jetzt entlarve ich mich endgültig als Kapitalistensöldling. Ich bin nämlich gegen jegliche Obergrenze, und ich kann ausdrücklich begründen, warum. Die Umverteilung zwischen Arm und Reich ist in einer westlichen Demokratie Aufgabe eines progressiven Steuersystems. Wir haben ein progressives Steuersystem; und dem obliegt die Umverteilung von Reich zu Arm. Beim Kinderbetreuungsgeld geht es um etwas ganz anderes. Es geht darum, eine Umverteilung vorzunehmen zwischen kinderreicheren Familien und solchen, die weniger Kinder haben. Das sind zwei völlig verschiedene Paar Schuhe! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wo auch immer man eine solche Obergrenze einziehen wollte – bitte, Frauen von Generaldirektoren bekommen üblicherweise nicht mehr sehr viele Kinder, es würde also außerordentlich wenige Fälle treffen, die dann wirklich dem Neidkomplex zum Opfer fallen. (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP.) Vor allem würde die Administration einer solchen Obergrenze und die genaue Überprüfung, was einzurechnen ist und was nicht, ein Vielfaches dessen kosten, was bei den paar Frauen von Generaldirektoren eingespart werden könnte.

Lassen Sie mich schließen mit einem Wort des von mir hoch geschätzten früheren Abgeordneten Rupert Gmoser. Rupert Gmoser hat einmal gesagt: Jeder verdient zu viel, der mehr verdient als ich.

Meine Damen und Herren von der Opposition! Ich bitte herzlich um ein bisschen weniger Klassenkampf und ein bisschen weniger Ideologie und um ein bisschen mehr guten Willen und ein bisschen mehr Vernunft. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

13.50


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Präsident Dr. Werner Fasslabend:
Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Es liegt mir ein Antrag der Abgeordneten Haller und Steibl vor, den Bericht über das Familien-Volksbegehren (1/70 der Beilagen) an den Familienausschuss zurückzuverweisen.

Ich darf jene Damen und Herren, die für diesen Rückverweisungsantrag stimmen, um ein Zeichen der Zustimmung ersuchen. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen. Damit wird die Materie im Familienausschuss weiter beraten, und es erübrigt sich die Abstimmung über den Gegenstand selbst.

2. Punkt

Bericht des Industrieausschusses über die Regierungsvorlage (48 der Beilagen): Bundesgesetz über die Neuordnung der Rechtsverhältnisse der Österreichischen Industrieholding Aktiengesellschaft und der Post und Telekombeteiligungsverwaltungsgesellschaft (ÖIAG-Gesetz 2000) (77 der Beilagen)

3. Punkt

Bericht des Industrieausschusses über die Regierungsvorlage (49 der Beilagen): Bundesgesetz über die Änderung des Bundesgesetzes über die Einbringung der Österreichischen Postsparkasse in eine Aktiengesellschaft, des Postsparkassengesetzes 1969, des Bankwesengesetzes und des Bundesgesetzes über die Errichtung des Staatsschuldenausschusses (78 der Beilagen)

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Wir gelangen nunmehr zu den Punkten 2 und 3 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet. (Abg. Schieder: Nicht jedoch auf die Anwesenheit eines Regierungsmitgliedes!) Das ist ein Punkt, von dem ich annehme, dass ihm entsprochen wird.

Es liegt eine lange Rednerliste vor. Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Friedrich Verzetnitsch. (Abg. Ing. Westenthaler: Der Minister ist schon da!) Ich gehe davon aus, dass ein Mitglied der Bundesregierung bereits im Saal ist. (Abg. Schwarzenberger: Sogar zwei!) Sogar zwei, okay. Ich bitte daher Herrn Abgeordneten Verzetnitsch ans Rednerpult. (Abg. Jung: Da sieht man wieder, wie der Minister gefragt ist! – Abg. Verzetnitsch: Eindeutig!)

13.53

Abgeordneter Friedrich Verzetnitsch (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Im Laufe des heutigen Tages wird noch viel vom rot-weiß-roten Konsens die Rede sein. Gerade bei den jetzt zu behandelnden Gesetzen wäre ein rot-weiß-roter Konsens mehr denn je angebracht und nicht das Durchziehen einer schwarz-blauen Parteiideologie, angebracht deswegen, weil es doch um das Vermögen der Österreicherinnen und Österreicher geht, aber auch deswegen, weil es um die Zukunft der österreichischen Industriepolitik geht, und angebracht deswegen, weil es rund 5 Prozent aller Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer unseres Landes betrifft, weil rund 1 500 Zulieferbetriebe, klein- und mittelständische Betriebe in der Privatwirtschaft davon betroffen sind, aber auch angebracht deswegen, weil sehr viele Familien von Maßnahmen in diesem Bereich mit betroffen sind.

Es ist dies keine Panikmache, wie dies Herr Abgeordneter Stummvoll in einer veröffentlichten, aber noch nicht gehaltenen Rede feststellt (der Redner hält die Kopie einer APA-Aussendung in die Höhe), sondern es ist dies einfach ein Darstellen der Fakten, weil Ihr Regierungsprogramm, Ihre Ministerratsbeschlüsse ein deutlicher Beweis dafür sind, dass es Ihnen um die Privatisierung geht, dass es Ihnen um die Belebung des Kapitalmarktes geht, dass es Ihnen aber nicht um die industriepolitische Zukunft des Landes geht, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Die Erhaltung starker strategischer Industriekonzerne ist eine wesentliche Voraussetzung dafür, dass unser Land zu den Globalisierungsgewinnern und nicht zu den -verlierern gehört. Meine sehr geehrten Damen und Herren, das ist nicht eine Meinung eines Gewerkschafters alleine, sondern ist eine Meinung der Sozialpartner, also auch der Wirtschaftskammer und der Landwirtschaftskammer dieses Landes, welche auch in mehreren Stellungnahmen und Gutachten des Wirtschafts- und Sozialbeirates festgehalten worden ist.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir brauchen eine Mischung von internationalen Konzernen, österreichischen Großunternehmungen und der dynamischen klein- und mittelbetrieblichen Struktur in unserem Lande.

Mit der Formulierung, dass die Erlöse aus weiteren Privatisierungen für die Forschung und Entwicklung verwendet werden sollen, setzt sich eigentlich der Weg der verstaatlichten Industrie fort. Seit Beginn dieses Kapitels der Wirtschaftsgeschichte kann man das feststellen: Die verstaatlichte Industrie muss für Sie immer zur Verfügung, darf aber nie im Wege stehen. Wir haben das in Zeiten der Alleinregierung der ÖVP immer wieder festgestellt und stellen das auch jetzt wieder fest: Man muss privatisieren, damit die private Wirtschaft vom Staat Mittel für die Forschung und Entwicklung bekommt. Nicht die industriepolitische Zukunft des Landes in ihrer Gesamtheit steht im Vordergrund, sondern Ihr privates Unternehmen, Herr Prinzhorn, braucht Geld für die Forschung und Entwicklung. Dafür verkaufen wir ein Staatsunternehmen. (Abg. Dipl.-Ing. Prinzhorn: Das verdiene ich mir selber, da brauche ich nicht ...!) Dafür verkaufen wir ein Staatsunternehmen. Das ist die Politik, die Sie in Wirklichkeit machen. (Beifall bei der SPÖ.)


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Meine sehr geehrten Damen und Herren! Neue Politik ist angesagt. Ich kann sie bei der Zusammensetzung des Aufsichtsrates aber nicht erkennen. Erkennbar sind möglicherweise Seilschaften des Herrn Prinzhorn, der das sehr geschickt – das muss man zugeben – entsprechend inszeniert hat, scheinbar objektiviert durch einen unabhängigen Headhunter. Das ist keine Kritik an den qualifizierten Personen, die hier genannt werden, aber sehr wohl ist die Frage berechtigt, warum nur Unternehmensführer diesem Aufsichtsrat angehören dürfen, warum zum Beispiel nicht auch Bankfachleute Mitglied dieses Aufsichtsrates sein dürfen. (Abg. Dipl.-Ing. Prinzhorn: Der Herr Achleitner ist kein Bankfachmann?) Das hat auch die Wirtschaftskammer in ihrer Stellungnahme bekrittelt. Sie hat auch verlangt, dass man mehr Bankfachleute in diesen Aufsichtsrat aufnehmen sollte.

Sie müssen sich auch die Frage gefallen lassen, warum Leute, die über eine langjährige Wirtschaftserfahrung, aber auch über sozial- und arbeitsrechtliche Kenntnisse verfügen, aus dem Headhunter-Verfahren in Wirklichkeit ausgeschlossen worden sind. Diese Frage müssen Sie sich gefallen lassen, wenn Sie von Objektivierung sprechen.

Ehrlicher, meine sehr geehrten Damen und Herren von den Regierungsparteien, wäre es zu sagen, die bisherigen Mitglieder des Aufsichtsrates haben nicht mehr unser Vertrauen, wir besorgen uns Leute, die unser Vertrauen haben, die die Privatisierung vorantreiben und nicht die Industriepolitik in diesem Land im Auge haben. (Beifall bei der SPÖ.)

Genauso ehrlich, meine sehr geehrten Damen und Herren von den Regierungsparteien, wäre es, wenn Bundesminister Grasser im Industrieausschuss nicht nur die Parole ausgeben würde: Fürchtet euch nicht! So ähnlich wurde es gesagt: Man brauche sich nicht zu fürchten. (Zwischenruf des Abg. Haigermoser. ) Nein, das war an alle gerichtet. Er hat eine sehr gute Rede gehalten, man kann sie auch nachlesen. Aber es geht darum, diese Rede nicht nur als Rede stehen zu lassen, sondern im Rahmen von Ministerratsbeschlüssen oder von von uns vorgeschlagenen Gesetzesänderungen auch Wirklichkeit werden zu lassen. Reden halten ist die eine Sache, die Wirklichkeit zu bestimmen die andere Sache. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Ankündigung von Gesprächen, wie Sie das in einem Abänderungsantrag vorgeschlagen haben, ist noch lange kein Beweis für mich, dass es mit der Mitbestimmung ernst gemeint ist. Gespräche führen wir immer, egal, um welches Thema es sich handelt, die Realitäten werden aber durch Beschlüsse geschaffen. Ich würde mir wünschen, dass zum Beispiel durch Ministerratsbeschlüsse, durch Gesetzesänderungen auch entsprechende Taten folgen. Das ist Industriepolitik, das ist Wertsicherung für unser Land, das ist Wertsicherung für den Steuerzahler und Miteigentümer. Es sind ja nicht anonyme Menschen, um die es hier geht, es sind die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes, die Miteigentümer an diesen Betrieben sind. Das ist genau jene Politik, die die Zukunft der Industrie unseres Landes und nicht nur die Zukunft des Börseplatzes im Auge hat.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nützen Sie Ihre Chancen, Sie haben sie noch! Der Herr Minister hat angekündigt, dass man bis zuletzt zu Gesprächen bereit sein wird, und er hätte auch noch die Gelegenheit, die zweite Lesung für Abänderungen zu nützen.

Wir werden heute eine Reihe von Abänderungsanträgen stellen, und es wird sich weisen, ob die Diskussionen, die wir im Industrieausschuss geführt haben, Wirkung zeigen, oder ob das, was im Industrieausschuss am Schluss auch bemerkbar war, eintreten wird: Die Opposition kann Anträge stellen, so viel sie will, es geht immer elf zu neun aus, wir sind die Regierung, wir ziehen das durch (Abg. Jung: Kommt Ihnen das bekannt vor?), sagen aber, wir wollen, dass da oder dort natürlich weitergesprochen wird. (Abg. Haigermoser: Das machen wir nicht! Sie haben das gemacht! So war es früher! – Abg. Dr. Martin Graf: Früher war es so, ja, und das tut Ihnen weh, weil es jetzt nicht mehr so ist!)

Daher, meine sehr geehrten Damen und Herren, bringe ich neuerlich einen Abänderungsantrag ein, der in der Zwischenzeit an Sie verteilt wurde, welcher im Wesentlichen die Kernaktionärsfunktion feststellt und die dazu notwendigen paragraphlichen Änderungen beinhaltet.


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19. Sitzung / Seite 83

Ich würde Sie bitten, diesen unseren Anträgen – im Sinne Ihrer Ausführungen im Ausschuss – mehr Rechnung zu tragen, als Sie das bisher getan haben. (Beifall bei der SPÖ.)

14.01

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Der soeben erwähnte Abänderungsantrag wurde verteilt, ist ausreichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Der Abänderungsantrag hat folgenden Wortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Verzetnitsch, Gradwohl und GenossInnen zum Bericht des Industrieausschusses über die Regierungsvorlage (48 d. B.): Bundesgesetz über die Neuordnung der Rechtsverhältnisse der Österreichischen Industrieholding Aktiengesellschaft und der Post und Telekombeteiligungsverwaltungsgesellschaft (ÖIAG-Gesetz 2000) (77 d.B.)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzentwurf wird wie folgt geändert:

1. § 7 Abs. 1 lautet:

"(1) Die ÖIAG ist eine Beteiligungsgesellschaft zur langfristigen Wahrnehmung der Interessen des Bundes im Hinblick auf die Erhaltung wesentlicher österreichischer Wirtschaftsunternehmen und Wertschöpfung am Standort Österreich, so weit wirtschaftlich vertretbar. Die ÖIAG kann mit der teilweisen oder gänzlichen Privatisierung von Unternehmen betraut werden. Bezüglich wesentlicher österreichischer Wirtschaftsunternehmen sind die Bestimmungen des § 9 Abs. 1 zu berücksichtigen."

2. § 7 Abs. 3 lautet:

"(3) Die ÖIAG entscheidet nach dem pflichtgemäßen Ermessen ihrer Organe, wann und in welchem Umfang Privatisierungen erfolgen. Dabei sind die Interessen der jeweiligen Beteiligungsgesellschaft, der ÖIAG und ihrer Rolle als Kernaktionär von bedeutsamen österreichischen Unternehmen zu berücksichtigen."

3. § 9 Abs. 1 lautet:

"(1) Im Rahmen des Beteiligungsmanagements hat die ÖIAG an ihren Beteiligungsgesellschaften jenen Einfluss aufrechtzuerhalten, der es ihr grundsätzlich ermöglicht, auf Grund des Haltens von 25 Prozent + 1 Aktie am stimmberechtigten Grundkapital, oder in Einzelfällen, wenn wirtschaftlich nicht anders vertretbar, auf Grund von Rechten oder Verträgen mit Dritten, Hauptversammlungsbeschlüsse, die nach dem Aktiengesetz mindestens einer Dreiviertelmehrheit bedürfen, mitzubestimmen. Dabei ist auf das nach der Satzung höchstmögliche stimmberechtigte Grundkapital abzustellen, sodass Höchststimmrechte außer Ansatz bleiben."

4. § 9 Abs. 2 lautet:

"(2) Die ÖIAG ist berechtigt, zur Aufrechterhaltung ihres Einflusses und so weit dies zur Einhaltung bestehender Verträge erforderlich ist, an Kapitalerhöhungen teilzunehmen. Zu diesem Zweck soll das zum 31.12.1999 mit einem Betrag von ATS 5,682.000.000,-- ausgewiesene nachrangige Gesellschafterdarlehen in Eigenmittel umgewandelt werden."

5. § 11 Abs. 1 lautet:

"(1) Auf die ÖIAG sind die Vorschriften des Aktiengesetzes – unter besonderer Beobachtung des § 70 Abs. 1 des Aktiengesetzes, wonach dem Vorstand die Verpflichtung auferlegt wird, neben dem Interesse der Aktionäre und der Arbeitnehmer auch das öffentliche Interesse zu berücksichtigen – anzuwenden, so weit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt."


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19. Sitzung / Seite 84

Die Absätze 3 und 4 des § 9 so wie der § 13 Abs. 1 bis 3 sind ersatzlos zu streichen.

Begründung:

Zu § 7 Abs. 1 und Abs. 3:

Hauptzweck der ÖIAG sollte nicht die Privatisierung, sondern das Halten von Beteiligungen von wesentlichen österreichischen Wirtschaftsunternehmen sein.

Zu § 9 Abs. 1:

Um den Hauptzweck der ÖIAG (siehe Punkt 1) zu erreichen, ist das Festschreiben der strategischen Eigentümerfunktion des Staates in Form einer Verpflichtung zum Halten von zumindest 25 Prozent + 1 Aktie am stimmberechtigten Grundkapital notwendig. Da Syndikatslösungen in der Regel nicht als ausreichende Absicherung betrachtet werden können, sollten diese nur in Einzelfällen angewandt werden.

Zu § 9 Abs. 2:

Kapitalerhöhungen würden automatisch zur Verringerung des ÖIAG-Beteiligungsanteils führen, da die Gesellschaft auf Grund der fehlenden Eigenmittelausstattung nicht mitziehen könnte.

Zu § 11 Abs. 1:

Da grundsätzlich das Aktiengesetz anzuwenden ist, gilt auch § 70 Abs. 1, welcher deutlich auf die Verpflichtung einer Berücksichtigung von "volkswirtschaftlichen" beziehungsweise "gesamtgesellschaftlichen" Interessen hinweist, wie der Interpretation des Paragraphen von Rechtsgelehrten entnommen werden kann.

Zu § 9 Abs. 3 und 4: Die vorgesehene Beschränkung des Beteiligungsmanagements sowie die Beteiligung von Kooperationspartnern widersprechen dem Gedanken der Kernaktionärsfunktion der ÖIAG.

Zu § 13 Abs. 1 und 3:

Das nachrangige Gesellschafterdarlehen soll nicht getilgt, sondern in Eigenmittel der Gesellschaft umgewandelt werden.

*****

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Stummvoll. – Bitte.

14.01

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (ÖVP): Herr Präsident! Herr Minister! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn ich nicht auf Grund jahrelanger Kenntnis des Herrn Präsidenten Verzetnitsch Respekt vor seiner Person und Respekt vor seiner Funktion hätte, würde ich sagen, es war eigentlich erschreckend, welcher Realitätsverlust in manchen seiner Aussagen zum Vorschein gekommen ist. Nur mein Respekt vor Ihrer Person und Ihrer Funktion gebietet mir, Herr Präsident, im Konjunktiv zu formulieren.

Es muss Realitätsverlust sein, wenn man nicht zur Kenntnis nimmt, dass die bisherige Geschichte der Privatisierung in Österreich eine einzigartige Erfolgsstory ist. Aus maroden Staatsbetrieben, die die Steuerzahler viele Milliarden Geld gekostet haben – noch immer haften 80 Milliarden Schilling Schulden aus! – sind effiziente, gewinnorientierte, börsenfähige Industriebetriebe geworden. Und darauf sind wir stolz, Herr Präsident.

Das ist Panikmache, das sind Horrorszenarien, das ist wirklich reiner Realitätsverlust! Ich muss das so deutlich sagen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.) Wir sind heute stolz darauf, dass die ÖIAG in den letzten Jahren in den Bereichen, wo sie auf Grund der


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Gesetzgebung privatisieren konnte, diese Funktion wirklich erfolgreich ausgeübt hat. Es wäre ein Schritt in die Vergangenheit, würde man Ihrem Abänderungsantrag zustimmen, der zum Ausdruck bringt, es ist nicht die Hauptaufgabe, zu privatisieren, sondern staatliche Beteiligungen zu verwalten. (Abg. Dr. Fekter: Reaktionär!) Das soll wieder die Hauptaufgabe der ÖIAG sein!? Das ist eine Reform ins 19. Jahrhundert, meine Damen und Herren! (Abg. Dr. Fekter: In die siebziger Jahre!)

Es ist für mich auch erschreckend, wirklich erschreckend gewesen, dass Industriepolitik offensichtlich immer noch als das Hineinregieren des Staates in Industrieunternehmen verstanden wird. Heute ist moderne Industriepolitik längst Standortpolitik! Wir müssen den Wirtschaftsstandort Österreich so attraktiv machen, dass sich hier investives Kapital ansiedelt und Arbeitsplätze schafft, Herr Präsident Verzetnitsch.

Ich möchte noch etwas zu Ihren Horrorszenarien sagen. Sie haben sie heute nicht in dieser Form gebracht, aber in vielen Presseaussendungen sagen Sie, 120 000 Arbeitsplätze sind gefährdet. (Abg. Verzetnitsch: Sind betroffen!) Sind betroffen und gefährdet! (Abg. Verzetnitsch: Das ist ein Unterschied!) Herr Präsident! Das ist genau das, was Politik nicht machen darf, nämlich den Menschen Angst machen. Was heißt das? 120 000 Familien haben Angst, dass der Familienerhalter seinen Arbeitsplatz verliert. – Das ist unverantwortliche Panikmache, Herr Präsident Verzetnitsch! (Zwischenruf der Abg. Huber. ) Die eigenen Erfahrungen und auch eine internationale Studie der OECD beweisen, dass der Beschäftigungszuwachs in privatisierten Unternehmen weltweit höher ist als in nicht privatisierten. – Nachzulesen in der Jänner-Nummer des "Economist", Herr Präsident.

Ich glaube, wir können heute wirklich sagen, dass im Grunde alles für eine weitere Privatisierung spricht, wie sie in dieser Gesetzesvorlage vorgesehen ist.

Es spricht ordnungspolitisch alles dafür, weil der Staat weltweit bewiesen hat, dass er ein schlechter Unternehmer ist. Industriepolitisch spricht alles dafür, weil Industriepolitik – wie bereits erwähnt – Standortpolitik ist und nicht das Hineinregieren des Staates in industrielle Unternehmen.

Auch aus der Sicht des Kapitalmarktes ist eine weitere Privatisierung zu begrüßen. Zapotocky, der neue Börsechef, sagt zu Recht, er erwarte sich allein durch das Privatisierungsprogramm dieser Bundesregierung für das zweite Halbjahr einen Aufschwung an der Wiener Börse, wo es seit vielen Jahren Probleme gibt.

Eine Privatisierung ist auch gesellschaftspolitisch zu begrüßen, denn welche Garantie für eine Entpolitisierung soll es sonst geben, wenn nicht die Privatisierung?

Herr Präsident! Eines muss ich sagen: Als österreichischer Staatsbürger, als einer, der viele Jahre lang in der Wirtschaft tätig war, bin ich stolz darauf, dass wir solche unternehmerische Kaliber gefunden haben, die in Zukunft im Aufsichtsrat der ÖIAG für das Schicksal Zehntausender Arbeitsplätze verantwortlich sein werden. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Das sind alles Spitzenmanager, die in der Vergangenheit auf Grund eigener Tüchtigkeit, auf Grund eigener Leistungen bewiesen haben, dass sie sehr wohl im Stande sind, Beschäftigungszuwächse in ihren Unternehmen zu erzielen. Das ist modernes Management, das ist moderne Industriepolitik. Mir sind diese Menschen zehnmal lieber als irgendwelche Politfunktionäre, sei es von Seiten der Gewerkschaften oder von Seiten der Arbeitgeber. Mir ist es zehnmal lieber, erfolgreiche Manager dort sitzen zu haben.

Herr Präsident Verzetnitsch! Wenn Sie immer vom Volksvermögen reden, sagen Sie bitte dazu, dass dieses Volksvermögen mit 80 Milliarden Schulden belastet ist. (Abg. Huber: Das ist aber beträchtlich mehr wert, das wissen Sie auch!) Das Volksvermögen ist mit 80 Milliarden verschuldet, Frau Kollegin! Und diese Koalition wird nicht zulassen, dass vielleicht in einigen Jahren wieder der Steuerzahler zur Kasse gebeten wird, um einigen sozialistischen Gewerkschaftsfunktionären eine industriepolitische Spielwiese zu gewähren. Das werden wir sicherlich nicht zulassen! Auch dazu dient dieser Gesetzentwurf. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)


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Noch etwas zu dem immer wieder geäußerten Argument, eine Veräußerung von Staatsbetrieben sei ein einmaliger Erlös: Auf den ersten Blick sicherlich, aber es geht um die Dauerwirkung, darum, ob der Staat, so, wie das in den siebziger Jahren der Fall war, jedes Jahr aus dem Budget zuschießen muss oder ob der Staat von gewinnorientierten Betrieben jährlich Gewinnsteuern kassiert. (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Huber. ) Das ist ein beachtlicher Dauereffekt im Interesse des Steuerzahlers, und wir fühlen uns als Anwalt des Steuerzahlers. – Frau Kollegin, es gibt eine alte Regel; ich habe es einmal schon gesagt: Die Lautstärke von Zwischenrufen ist für mich immer ein Kriterium dafür, wie schwach die Argumente sind. Je lauter Sie zwischenrufen, desto schwächer sind Ihre Argumente. Sie beweisen es soeben wieder, Frau Kollegin. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Zusammenfassend: Wenn wir objektiv die einzelnen Aspekte dieses Gesetzespaketes sehen, dann müssen wir sagen, Gott sei Dank ist dieser Reformschwung in dieser neuen Regierungskonstellation vorhanden, ein Reformschwung, der im Interesse des Steuerzahlers ist und der auch im Interesse der Beschäftigten ist. Denn wenn es eine solche Offensive der Privatisierung gibt, wie wir sie heute beschließen – und ich bin überzeugt davon, sie wird erfolgreich sein –, dann sichern wir Arbeitsplätze, dann sichern wir Einkommenschancen, und dann stellen wir sicher, dass der Steuerzahler nicht ständig zur Kasse gebeten wird. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

14.08

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Van der Bellen. – Bitte.

14.08

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Die Interessen des Steuerzahlers, Herr Kollege Stummvoll, sind ein bisschen breiter gestreut. Ich habe schon das letzte Mal gesagt, ich akzeptiere das Ziel, dass man von diesen 80 Milliarden einmal runterkommt, wenn möglich bis auf null. Aber darüber hinaus gibt es andere Ziele auch, und es ist eines der Probleme dieses Privatisierungsgesetzes, dass es sich darüber ausschweigt. Es ist ja kein Zufall, dass auch im Bericht des Industrieausschusses auf der ersten Seite nur davon die Rede ist, dass es das Ziel all dieser Maßnahmen ist, die Altschulden für die ÖIAG zu tilgen.

Es hätte mich gefreut, wenn Sie ein viel wichtigeres Ziel wenigstens auch genannt hätten, nämlich dass diese Firmen bestmöglich überleben, die besten Chancen zum Weiterleben haben sollen, insbesondere im Interesse der dort beschäftigten Arbeitnehmer, und zwar mit einem langfristigen Konzept. Das hätte man extra anführen sollen, dass diese Interessen bei jeder Entscheidung, wann privatisiert wird, ob und in welchem Ausmaß, an wen verkauft wird, über die Börse, an einen Shareholder und so weiter ... (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Ja, das ist ja das Problem dieses Gesetzes, dass es einen Rahmen gibt und dieser Rahmen vieles offen lässt. Als ich diesen Gesetzentwurf zum ersten Mal gesehen habe, habe ich mir gedacht, es wird im Detail erst die Praxis zeigen, wie Sie das handhaben werden. (Abg. Dr. Stummvoll: Wie war die Praxis bisher? Erfolgreich?) Es ist ja nicht undenkbar, dass man Ihnen einen gewissen Vertrauensvorschuss gibt. Allerdings sehe ich mich nach dem, was bisher passiert ist, nicht veranlasst, Ihnen diesen Vertrauensvorschuss zu geben. Es werden die Ziele der Privatisierung nicht genannt, abgesehen davon, dass Sie Schulden abbauen wollen. Da ist keine Rede von den langfristigen Interessen der Unternehmen, keine Rede von den langfristigen Interessen der Arbeitnehmer in diesen Bereichen.

Aber abgesehen davon, was inzwischen passiert ist, lässt es einen sehr skeptisch werden, wie Sie mit Ihren Ankündigungen umgehen. Das Problem hinsichtlich der Bestellung des Aufsichtsrates geht schon ziemlich tief, Herr Kollege Stummvoll. Das, was im Gesetz steht, suggeriert, dass Sie sich eine Struktur wie jene der Europäischen Zentralbank zum Vorbild genommen haben, dass Sie wirklich Entpolitisierung betreiben wollen, dass Sie in gewisser Weise Bindungen an Parteien verhindern wollen, indem Sie eine relativ lange Amtsperiode und eine Selbstergänzung des Aufsichtsrates vorsehen.


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19. Sitzung / Seite 87

Dieser Versuch, eine gewisse Unabhängigkeit des Aufsichtsrates zu erzeugen, liest sich zunächst einmal auf dem Papier gar nicht so schlecht. Wichtig ist in diesem Zusammenhang natürlich – ich würde es einmal so nennen – die Erstausstattung des Aufsichtsrates, und zwar jene zehn Personen, die dort jetzt konkret als Kapitalvertreter sitzen. Was sind das für Leute? (Abg. Dr. Stummvoll: Gute! Spitzenleute!)  – Das sind gute Leute als Manager. Das hat niemand bestritten. (Abg. Fischl: Das wollen wir ja auch!) Das hat auch Präsident Verzetnitsch nicht bestritten.

Ich habe ebenfalls nie bestritten, dass Herr Ditz oder Herr Streicher – und wie sie alle heißen – gute Manager sind beziehungsweise waren. Es war nie das Problem des Proporzes, dass ausschließlich "Vollkoffer" ausgewählt worden wären. Das war in der Vergangenheit nicht der Fall, das hat meines Wissens auch nie jemand behauptet. (Abg. Böhacker: Was soll das heißen?) Das Problem war ein ganz anderes, nämlich die politische Proporz-Besetzung. Und was haben wir hier? – Wir haben keine politische Proporz-Besetzung, sondern – das ist das, was ich Herrn Prinzhorn im Ausschuss bereits gesagt habe – wir haben eine Übernahme der ÖIAG durch Prinzhorn-Freunde. Das ist keine traditionelle Politisierung (Beifall bei den Grünen und der SPÖ), das ist kein Proporzwesen im alten Sinn, aber das ist vielleicht ein höchst moderner – ich möchte es unter Anführungszeichen setzen – "Nepotismus". (Neuerlicher Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Mir können Sie natürlich vorwerfen, ich käme nur von der Universität und hätte von der Praxis keine Ahnung. Aus diesem Grund lese ich Ihnen vor, was ein völlig unverdächtiger Zeuge sagt, der mit den Grünen gar nicht viel am Hut hat. Es ist Herr Dr. Haselsteiner. (Ironische Heiterkeit bei den Freiheitlichen sowie des Abg. Dr. Khol.  – Abg. Ing. Westenthaler: Der ist aber nicht unverdächtig!) In diesem Fall wünschte ich mir, er wäre noch im Nationalrat vertreten und könnte Ihnen das selbst sagen.

Er wurde von Ihnen, von FPÖ und ÖVP, zunächst einmal, wie man weiß und hören konnte, als Aufsichtsratsvorsitzender vorgeschlagen. (Abg. Dipl.-Ing. Prinzhorn: Laut Aktiengesetz ist das möglich!) Und dann haben Sie ihn quasi wieder umgebracht. Was hat Herr Haselsteiner zu diesem Thema zu sagen?

Der künftige Aufsichtsratspräsident der ÖIAG ist Stiftungsvorstand in der Prinzhornschen Privatstiftung. Das setzt ein Vertrauensverhältnis ersten Ranges voraus, eines, das bei weitem enger ist als etwa ein Naheverhältnis, das sich durch Zugehörigkeit zu ein und derselben Partei ergibt. – Zitatende.

Das ist jetzt das Problem. Und das nennen Sie Entpolitisierung? (Abg. Ing. Westenthaler: Das ist ein schlechtes Zitat!) Das ist bis zu einem gewissen Grad formal korrekt. Aber wollten Sie mit Entpolitisierung wirklich diese Art der Nepotisierung? – Ich muss mir das jetzt vorstellen. Ich wollte sagen, ich kann mir das nicht vorstellen, aber das ist nun ein Faktum. Das sind ja Abhängigkeiten ganz neuer Art, deren Nachteile der alten Politisierung in gar keiner Weise nachstehen.

Ich möchte gar nicht auf die restlichen Personen eingehen. Es ist bekannt, dass ein weiteres Mitglied des Vorstandes der Prinzhornschen Privatstiftung Mitglied des Aufsichtsrates ist. Das ist für sich genommen keine Schande, aber in diesem Zusammenhang ist es schon erwähnenswert, dass Herr Mitterbauer, Präsident der Industriellenvereinigung (Abg. Dipl.-Ing. Prinzhorn: Ist der auch Mitglied?), auch Mitglied der Prinzhornschen Privatstiftung ist und es abgelehnt hat, Aufsichtsratmitglied der ÖIAG zu werden. Besteht da ein Zusammenhang oder nicht? – Unvereinbarkeiten hat Herr Mitterbauer in der einen oder anderen Form gesehen. Das nenne ich korrekt.

Meine Damen und Herren von ÖVP und FPÖ! Mit anderen Worten: Die erste Bewährungsprobe haben Sie nicht bestanden. Deswegen muss größtes Misstrauen dahin gehend bestehen, was Sie in Zukunft betreffend ÖIAG noch zu tun beabsichtigen.

Ich möchte jetzt gar nicht noch auf technische Details eingehen, die mir im Gesetzentwurf als legistisch verunglückt erscheinen – ich habe das bereits in der Ausschusssitzung erwähnt –,


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hauptsächlich hinsichtlich verschiedener Bestimmungen, die den Aufsichtsrat, die die Berufung, vor allem die Abberufung der Mitglieder betreffen. Sie haben das nicht berücksichtigt. Das ist in der Endfassung ebenso wie im Erstentwurf enthalten.

Meine Damen und Herren! Abschließend noch ein anderer wichtiger Punkt. Im Ausschuss haben wir darüber diskutiert und die Experten dazu eingeladen, zu sagen, wie das mit der Rolle des Kernaktionärs und der so genannten strategischen Miteigentümer ist. Die Ansicht der Experten, soweit ich mich erinnern kann, war relativ homogen. Diese Rolle wird als wichtig erachtet, auch wenn es im Detail natürlich insofern Abweichungen gegeben hat, als ein Kernaktionär nicht unbedingt über 25 Prozent plus einer Aktie verfügen muss. Bei entsprechender Streuung der Anteile – das brauche ich Herrn Prinzhorn nicht zu erklären – kann auch ein viel geringerer Anteil genügen als diese 25 Prozent plus einer Aktie.

Abgesehen davon – das finde ich als jemand, der von der Universität kommt, ganz interessant – ist die statistische Evidenz nicht eindeutig. Die empirischen Studien – das hat uns Professor Clemenz erzählt – zeigen zwar, dass Firmen mit einem stabilen Kernaktionär im Allgemeinen schneller wachsen (Abg. Dipl.-Ing. Prinzhorn: Solange es nicht der Staat ist!), aber in Wirklichkeit kann das ein statistisches Artefakt sein. Was empirisch wirklich gut bewiesen ist, ist, dass junge Firmen schneller wachsen als alteingesessene und gerade junge Firmen in der Regel einen stabilen Kernaktionär, nämlich den Gründer haben, sodass das eine Phänomen das andere total verdecken kann und es in Wirklichkeit gar nicht so sehr auf den Kernaktionär ankommt als auf die Frage des – unter Anführungszeichen – "Alters" des Unternehmens.

Wie dem auch sei: Wenn man – jedenfalls bis auf weiteres – die Rolle des Kernaktionärs für wichtig hält, weil sie die Headquarters-Funktionen wesentlich bestimmt, frage ich: Was ist mit dem größten Brocken der Privatisierung – das ist nach wie vor ungeklärt –, nämlich der Telekom Austria? – Das ist ungeklärt, meine Damen und Herren! Es gibt da einen Kernaktionär, nämlich die Telecom Italia mit 25 Prozent plus einer Aktie. Wenn Sie das tun, was Sie öffentlich erklärt haben, nämlich die totale Börsenprivatisierung – Publikumsgesellschaft plus Kernaktionär – der Telekom Austria, dann bleibt sozusagen die Telecom Italia als Kernaktionär einfach übrig und beherrscht das Unternehmen – dagegen habe ich ja nichts; das ist vielleicht ohnehin in Ordnung, da würde ich mich mit den Managern der Telekom Austria unterhalten –, obwohl sie nur ein Viertel gekauft hat und nicht das ganze Unternehmen.

Es ist weiters nach wie vor ungeklärt, ob und in welcher Weise es Vorkaufsrechte oder Syndikatsverträge mit der Telecom Italia gibt. Die Sprecherin der Telecom Italia hat jedenfalls gesagt, es gebe schon Verträge, aber nicht für den Fall, dass eine Totalprivatisierung vorgesehen ist.

Aber gerade das ist das Problem. Wenn Sie 75 Prozent minus eine Aktie verkaufen wollen und die Telecom Italia bleibt übrig – vielleicht ein gewünschter Kernaktionär –, verkaufen Sie doch sicher nicht für den Preis von 25 Prozent plus einer Aktie. Herr Prinzhorn schaut mich so zweifelnd an. (Abg. Dipl.-Ing. Prinzhorn: Da müssen Sie die Sozialdemokraten fragen!) Von Ihnen erwarte ich eine Antwort. Sie haben das Gesetz gemacht, nicht die Sozialdemokraten. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

14.19

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Prinzhorn. – Bitte.

14.19

Abgeordneter Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn (Freiheitliche): Herr Präsident Verzetnitsch! Der Ruf nach dem Staat ist nichts Neues. Die Hilfe der Sozialpartner wird dabei allemal zitiert, aber Sie sind international ein einsamer Rufer in der Wüste. Das wissen Sie ganz genau. Der Staat ist überall dort auf dem Rückzug, wo Industrie und Wirtschaft erfolgreich sind. Weltweit kann sich niemand mehr die Belastung durch den Aktionär Staat in Bereichen, in denen der Staat nichts verloren hat, leisten. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Das, was Sie in Wirklichkeit tun, ist, den Möglichkeiten nachzutrauern, die die Kammer und die Gewerkschaft in Erbpacht hatten, zum Beispiel die Besetzung des Postens des Aufsichtsrats


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präsidenten der ÖIAG, bei der Sie jetzt zum ersten Mal in der Nachkriegsgeschichte nicht mehr mitbestimmen können. Es geht Ihnen eigentlich nur um Posten und um Einfluss, aber nicht um das Wohl der Mitarbeiter und der Unternehmer (Abg. Gradwohl: Ausgerechnet von Ihnen!), Herr Präsident Verzetnitsch.

Es vergeht international kein Tag (Abg. Edlinger: Sehr interessant!), an dem nicht in Ländern wie zum Beispiel in Italien die Bahnhöfe in den Großstädten privatisiert werden und Milliardenbeträge dem Staat zufließen. Wahrscheinlich stört es Sie, dass ausgerechnet Benetton gekauft hat. Bitte um Vergebung! Benetton ist ein bisschen zu groß; ich weiß, das mögen Sie nicht gern.

Was ist jedoch in Österreich? – Wenn man diesbezüglich bei den ÖBB nachfragt, wie es denn mit den österreichischen Bahnhöfen aussehe, bekommt man zur Antwort, die Versorgung mit Würstel und Zeitungen sei doch ausreichend, es gebe keinen Bedarf nach irgendeinem Aktionär, der vielleicht gar noch investiert und die Bahnhöfe zu Attraktionen macht oder sonst einem Hokuspokus. Das ist genauso wie bei allen anderen Dingen: nur keine Attraktion, nur keine wirtschaftliche Entfaltung, nur keine Neuerung. Das ist Ihr Programm, dem weinen Sie nach, weil mit der Entpolitisierung der Verstaatlichten ein Ende haben wird. Das hat nicht nur für die ÖIAG eine Signalwirkung, sondern auch für alles andere, was nicht zum Kerngeschäft des Staates gehört. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Sie können am Beispiel Argentinien sehen, wie sich der Staat aus allen Bereichen, die nicht sein Kerngeschäft sind, zurückzieht. Wissen Sie, was in Argentinien die Folge war? – Der argentinische Dollar hält seit zehn Jahren eins zu eins mit dem US-Dollar mit. In Argentinien gibt es den Rückzug des Staates! Schauen Sie die Lage des Euro an! In Europa hat der Staat jeweils in der Wirtschaft noch mehr mitzureden als in anderen Ländern, wie in Japan, den USA oder Südamerika. Österreich ist Spitzenreiter hinsichtlich des Einflusses des Staates in der Wirtschaft.

Ich sage Ihnen Folgendes: Für den Standort Österreich sind diese Zeiten Gott sei Dank vorbei! Dazu gratuliere ich der neuen Regierung, denn mit dem ÖIAG-Gesetz hat sie ein exzellentes Gesetz gemacht, das diese Entwicklung auch in Österreich ermöglicht. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Wir werden uns damit voll und ganz auf die hoheitlichen Aufgaben des Staates konzentrieren können, und wir werden uns damit wieder voll und ganz auf die Finanzierbarkeit der Sozialleistungen konzentrieren können. Das ist die Aufgabe dieser Regierung, das ist das schwere Erbe, das wir von Ihnen übernommen haben. Was die Sozialleistungen angeht, sei es die Kinderbetreuung, seien es die Pensionen – die Frau Sozialministerin hat es heute schon gesagt –, haben Sie uns ein Erbe übergeben, an dem noch die nächste Generation zu beißen haben wird, denn die Schulden, die Sie gemacht haben, ohne gleichzeitig die Sozialleistungen abgesichert zu haben, das ist die Quadratur des Kreises, die man erst einmal zusammenbringen muss.

Die Dynamik nimmt weltweit zu. Hightechindustrien sind gefragt, Hightechberufe sind gefragt. Ich frage mich: Wo ist da die verstaatlichte Industrie? Wo ist sie denn im Hightechbereich? Wo sind denn die Hightechdienstleistungen? (Zwischenruf des Abg. Verzetnitsch. ) Schauen Sie sich einmal in den Ministerien die Internetversorgung an, die Sie uns nach 30 Jahren sozialdemokratischer Führung übergeben haben! Schauen Sie sich einmal diese Internet-Versorgung an! Es gibt kein Land in Europa, das einen so armseligen Versorgungsstand betreffend Internet hat, wo keine Vernetzung zwischen Bund und Ländern gegeben ist. Schauen Sie sich die Lage in den Gerichten und in der Justiz an! Überall dieselbe schlechte Lage! Ist das das Hightech, von dem Sie reden, wobei angeblich das Zentrum in der verstaatlichten Industrie gelegen ist?

Das, was Sie in Österreich in 30 Jahren zustande gebracht haben, ist, den Schuldenstand von null auf 1 700 Milliarden Schilling hinaufzutreiben. Das haben Sie zusammengebracht, und dafür zahlen wir immerhin einen dreistelligen Milliardenbetrag an Zinsen.

Interessieren würde mich, wie viele Vermögenswerte des Bundes, der Länder und der Gemeinden in diesem Zeitraum ohne Rendite, ohne Wertsicherung, mehr oder weniger unbeachtet dem Steuerzahler zur Last gefallen sind, denn wenn man heute davon ausgeht, dass die Verstaat


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19. Sitzung / Seite 90

lichte 100 Milliarden Schilling Miese gebaut hat, Zigtausende Arbeitsplätze abgebaut wurden, dann frage ich mich: Was ist eigentlich mit jedem Schilling an Schulden der öffentlichen Hand, dem 50 Groschen an Vermögenswerten von Bund, Ländern und Gemeinden gegenüberstehen, die nahezu keine Rendite beziehungsweise zumindest keine nachweisliche Rendite und keine Verzinsung haben?

Das ist Ihre Finanz- und Wirtschaftspolitik! Das haben wir heute auch in der Aktuellen Stunde gesagt: Genau das ist Ihre Politik gewesen. Daher fordern wir den Rückzug des Staates. Das Beispiel ÖIAG hat uns gezeigt, wie man es nicht macht. Wir wollen jetzt einmal zeigen, wie man es macht. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich sage es noch einmal: Die Privatisierungsprogramme der Sozialdemokraten waren ja sehr ambitioniert, aber herausgekommen ist in den letzten zehn Jahren nichts. Lauter Überschriften, lauter Ansagen. Als es darum gegangen ist, die schwarze CA zur roten Bank Austria umzufunktionieren, war es das einzige Jahr, in dem Sie Ihre Reprivatisierungszielsetzungen erreicht haben. (Abg. Huber: Erfolgsgeschichte!) Gratuliere! Das haben Sie wirklich geschickt gemacht, aber das hat das Ende Ihrer vergangenen Koalition eingeleitet, denn da haben Sie echt überzogen. Das kann ich Ihnen sagen.

Der Proporz der letzten zehn Jahre liest sich wie das Who’s who der sozialdemokratischen Funktionäre und Politiker. Wenn ich mir so anschaue, wie Sie Herrn Staatssekretär Ruttenstorfer noch schnell zur OMV hinübergeschickt haben und noch schnell den Vorstandsvertrag der Herren Streicher und Ditz verlängert haben, Herr Präsident Verzetnitsch, gratuliere ich Ihrem Kollegen Staribacher. Ich glaube aber, dass Sie damit dem Land einen Bärendienst erwiesen haben. Das war nicht gescheit.

Wir Freiheitlichen haben versprochen, dass wir, wenn wir in der Regierung mit dabei sind, mit dem Rückzug der Politik aus der Wirtschaft beginnen werden. Mit der Objektivierung der Postenvergabe gibt es zum ersten Mal einen ÖIAG-Aufsichtsrat, in dem niemand auch nur einen Schilling in seinem Leben durch eine politische Funktion oder durch eine politische Tätigkeit verdient oder dort auch nur irgendeine Position eingenommen hat. Vergleichbares haben Sie in 30 Jahren sozialdemokratischer Führung nie zusammengebracht.

In Kärnten gibt es dazu ein gutes Beispiel. Ich denke da etwa nur an die Objektivierung in der Landesverwaltung durch Landeshauptmann Haider (Abg. Huber: Da gibt es lauter Blaue!), auch in den Kärntner Schulen unter dem Titel "Proporzvorschriften des Bundes als Einschränkung der Länder". Das sind Dinge, die wir Ihnen vorgemacht haben, die unbestritten sind. Frau Mertel, die heute nicht da ist, hat gesagt, die Personalentscheidungen waren nichts anderes als Rot raus, Blau rein. (Abg. Huber: Da müssen Sie selber lachen!) Das muss gerade die Frau Mertel sagen! Frau Mertel ist immerhin zur Sachgebietsleiterin unter Landeshauptmann Haider ernannt worden. Herr Wrulich ist auch zum Sachgebietsleiter ernannt worden. Ich könnte Ihnen Namen von Personen nennen noch und noch, die unter unserer Führung ernannt wurden. Von "Rot raus, Blau rein" kann keine Rede sein. Wir führen die Objektivierung durch. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dietachmayr: Märchenstunde um halb drei!)

Dass dieser Gesetzentwurf auch die Zukunft des Aufsichtsrates beinhaltet, ist ganz wichtig. Eines ist mir klar: Kaum könnte auch nur die leiseste Änderung in diesem Land erfolgen – man konnte das auch in England erleben –, wollen Sie alles wieder retour führen. Sie wollen wieder verstaatlichen, Sie wollen Ihren Einfluss wieder haben. Der neue Aufsichtsrat ist eine Gewährleistung dafür, dass das nicht mehr so leicht möglich sein wird. Die Entpolitisierung der ÖIAG wird auch in Zukunft Bestand haben.

Und was wird der Aufsichtsrat tun? – Er wird eine Portfolioanalyse machen, dann wird man einmal sehen, wie die Positionen der einzelnen Unternehmungen der ÖIAG im Wettbewerb sind. Er wird die Betriebsräte heranziehen, er wird die Mitarbeiter heranziehen, das Potential der Mitarbeiter und nicht jenes der Funktionäre befragen, denn das Kapital in diesem Land und auch in der ÖIAG sind allemal die Mitarbeiter, nicht die Politiker und schon gar nicht die Funktionäre.


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Dieses Gesetz wird in erster Linie dazu dienen, dass Dynamik hineinkommt, dass die freien Ressourcen auch genützt werden, insbesondere beim Humankapital, und dass wir Prioritäten setzen, die zur Stärkung des österreichischen Aktienmarktes notwendig sind. Zu diesem Zweck werden wir auch eine breite Streuung der Mitarbeiteraktien vorsehen. Wir halten das für ganz wichtig, für eine Sache, von der Sie nie etwas gehalten haben. Ich erinnere mich noch gut daran, als ich zum ersten Mal eine Mitarbeiterbeteiligung in meiner Firma einführen wollte. Damals haben mir die Arbeiterkammer und die Gewerkschaft alle Gesetze zugeschickt, aus welchen Gründen man das nicht machen dürfe. Man solle es nicht machen – wohl damit die Leute nicht mündig werden, nicht mitreden können, aber die Funktionäre, und niemand sonst, weiter fröhliche Urständ in der Mitbestimmung feiern.

Telekom Austria, Print Media AG, Flughafen Wien AG, P.S.K. – das sind alles alte Hüte, die längst privatisiert gehören. Allein die Monopolgewinne, die die Print Media im Sicherheitsdruck macht, die nur dazu dienen, den Wettbewerb zu unterminieren, sind ein gutes Beispiel dafür, wie man mit Steuermitteln illegitim in den Markt eingreift. All das wollen wir nicht haben.

Aber auch in jenen Bereichen, in denen der Staat mit 25 Prozent Kernaktionär bleibt, sind wir der Meinung, dass man aufpassen muss, dass nicht Unfug zum Schaden der Steuerzahler geschieht. Sie kennen vielleicht die Studie des Herrn Czipin, der weltweit, aber auch in Österreich, recherchiert hat. Es ist Folgendes zu lesen:

"Die Rolle des Staates als Kernaktionär hat die Börsenentwicklung der teilprivatisierten ÖIAG-Unternehmen schwer beeinträchtigt. Das geht aus einer Studie hervor, die Czipin & Partner durchgeführt haben. Eine vorsichtige Schätzung ergibt einen Gesamtverlust an Börsenkapitalisierung in Höhe von rund 100 Mrd. S (...)."

Auch das sind letztlich dem Steuerzahler vorenthaltene Mittel, die man heute dringend für die Pensionsreform und für vieles mehr benötigen würde, was Sie uns an Problemen und nötigen Strukturreformen übergeben haben, die wir jetzt schleunigst lösen müssen.

Wann immer der Staat Kernaktionär geblieben ist, sind die Aktienkurse hängengeblieben. Man hat Angst vor Übernahmen, also muss der Staat beteiligt bleiben. Somit beißt sich die Katze in den Schwanz. Solange der Staat beteiligt ist, wird der Aktienkurs unten bleiben. Das ist im Prinzip das System des Perpetuum mobile des Staatseinflusses, und damit ist nun Schluss. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich halte es mit dem leider bereits verstorbenen Generaldirektor Sekyra. Dieser hat auf die Frage: "Das Aufräumen wird mit der Proporz-Aufteilung in der Wirtschaft Schluß machen?" gesagt – ich zitiere –:

"Solange der Staat Eigentümer eines Unternehmens ist, wird er immer wieder Leute aus seinem Einflußbereich dorthin setzen. Die sind dann Lehensnehmer des Einsetzenden. Das ist so, das war so, und das wird immer so sein. Alles andere wäre wider die Natur." – Zitatende.

Genau so haben Sie Politik betrieben! (Abg. Huber: Und jetzt gibt es Aufsichtsräte von Gnaden Prinzhorns!)

Der Wirtschaftsstandort braucht dynamische Betriebe, vor allem auf dem Sektor der "New Economy"! Das wissen Sie ganz genau. In einem heute erschienenen Artikel des Herrn Urschitz, der wirklich kein großer Freund von uns Freiheitlichen ist, ist zu lesen – ich zitiere –:

"Wir liegen in den Sektoren der ,New Economy‘, die überall in den Industriestaaten die Wirtschaft vorantreiben, extrem zurück. Und wir nehmen bei den Firmengründungen unter 47 gelisteten Ländern Rang 46 ein." – Zitatende.

Und das mit einem Flaggschiff ÖIAG, die in der "New Economy" so gut wie null vertreten ist.

Die wirklich Leidtragenden dabei sind die Mitarbeiter! Die Qualität der Mitarbeiter ist das größte Kapital, das wir in diesem Land haben. Und es wird die wichtigste Aufgabe sein, diese Mit


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arbeiter zu fördern und ihnen letztlich Rahmenbedingungen, Arbeitsplätze zu geben, die ihren Fähigkeiten entsprechen.

Das ist der größte Vorwurf, den ich Ihnen mache: Sie haben mit unserem Humankapital – ich möchte fast sagen – Schindluder betrieben. (Abg. Silhavy: Ungeheuerlich! – Abg. Gradwohl: Na, na, na!) Und das trifft mich persönlich sehr, denn die Mitarbeiter, die dort ständig unter dem Abbau der Arbeitsplätze leiden, gelten als so eine Art Menschen zweiter Klasse, nach dem Motto: Die Verstaatlichte kann ja nichts, die machen ja nur Verluste! (Abg. Verzetnitsch: Wer sagt denn das? – Abg. Huber: Sie haben das gesagt!) In die müssen Sie sich einmal hineinversetzen! Das ist leider der "track record", den Sie haben. Sie haben dort Verluste in der Höhe von Hunderten Milliarden Schilling gemacht, und Sie haben dort Mitarbeiter abgebaut.

Nicht zuletzt geschah das auch im Telekom-Bereich. Herr Kanzler Klima hat noch im Fernsehen garantiert, dass bei ihm niemand um seinen Arbeitsplatz Angst haben müsse! – 12 000 Leute haben Sie abgebaut! Und damit haben Sie diese Firmen in Misskredit gebracht. Sie sind daher den Mitarbeitern verantwortlich. Und diesen Vorwurf werden wir Ihnen auch weiter während der gesamten Legislaturperiode machen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Unsicherheit in der Belegschaft ist Gift! Und so lange politisch motiviert in die Betriebe eingegriffen wird, herrscht eine solche Unsicherheit. Mit diesem neuen ÖIAG-Gesetz ist damit Schluss. Weniger Politik bedeutet mehr Entwicklungsmöglichkeit, nicht nur für die Aktienkurse, sondern – was mir noch viel wichtiger ist – für die Mitarbeiter in den Firmen. – Danke sehr. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

14.32

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Gradwohl. – Bitte.

14.32

Abgeordneter Heinz Gradwohl (SPÖ): Herr Präsident! Meine Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Ich kann nicht umhin, mich mit der Thematik zu beschäftigen, ohne auf die Ausführungen meiner Vorredner einzugehen. Herr Abgeordneter Stummvoll, der im Augenblick nicht im Saal ist, hat davon gesprochen, dass die ÖIAG eigentlich eine Erfolgsstory wäre und ist. Ich gebe ihm darin Recht.

Warum aber ist sie eine Erfolgsstory, meine sehr verehrten Damen und Herren? (Abg. Mag. Kukacka: Weil privatisiert wurde!) Es ist – und das sei auch Ihnen, Herr Kollege Prinzhorn, ins Stammbuch geschrieben – eine Erfolgsstory, weil richtige Wege beschritten, weil eine intelligente Privatisierung durchgeführt wurde, aber ein Staatsanteil erhalten blieb (neuerlicher Zwischenruf des Abg. Mag. Kukacka ), weil die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Herr Kollege Kukacka, mitgeholfen haben, und weil die Vorstände mit den Mitarbeitern gemeinsam gearbeitet haben. Daher war und ist es eine Erfolgsstory! (Beifall bei der SPÖ.)

Und was, geschätzte Regierungskoalitionäre, haben Sie mit den Mitarbeitern vor? – Es ist mir nicht möglich, so nobel zu sprechen wie Herr Kollege Van der Bellen, ich sage es auf steirisch: Ihnen sind die Mitarbeiter "wurscht"! Und das lehnen wir ab, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Neuerlicher Beifall bei der SPÖ.)

Herr Kollege Stummvoll hat auch gemeint, der Staat sei ein schlechter Unternehmer, der Staat sei schlecht für die Unternehmen. – Ich komme aus der Obersteiermark, dort gibt es ein High-Tech-Unternehmen, Herr Prinzhorn, nämlich die VAE. Diese konnte vor einer feindlichen ausländischen Übernahme durch De Dietrich, einem französischen Konzern, gerettet werden. Wissen Sie, Herr Prinzhorn, von wem? – Von der ÖIAG, denn niemand sonst wäre dazu in der Lage gewesen.

Ich frage Sie: Wer wird in Zukunft diese High-Tech-Unternehmen retten? Wer? Die Prinzhornsche Stiftung? – Danke! Das wollen wir nicht! (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich kann daher nur wiederholen, was Präsident Verzetnitsch von dieser Stelle aus gesagt hat: Die Kernaktionärsrolle der ÖIAG ist eine absolute


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Notwendigkeit, ein Muss und auch eine Forderung, die wir nach wie vor stellen, die wir unterstützen, die wir auch in Anträgen unter Beweis stellen.

Mein Vorredner hat jedoch noch etwas gesagt. Herr Abgeordneter Prinzhorn meinte, der Staat sei in guten privaten Unternehmungen nicht gefragt. Ich verweise auf einen "Kurier"-Artikel vom 17. April dieses Jahres, verfasst von Reinhard Göweil. Darin steht im Zusammenhang mit einer Aussage des Herrn Prinzhorn – ich zitiere –:

"Nun, ich teile Ihre Sorgen um öffentliche Gelder. Wie ich mich aber auch erinnere, konnten Ihre Unternehmen eine schwierige Phase überwinden, weil die staatliche FGG Kapitalgarantien übernahm." – Ende des Zitats.

Da also ist der Staat sehr wohl gefragt, aber wenn es darum geht, für die Mitarbeiter etwas zu leisten, und zwar etwas Besseres als Sie bei Brigl & Bergmeister oder in Ihren anderen Unternehmungen geleistet haben, dann ist der Staat nicht gefragt. Dagegen sprechen wir uns aus! (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Präsident Prinzhorn hat auch gesagt, er beziehungsweise Sie werden uns zeigen, wie man es macht. – Sie zeigen uns, wie man es macht! Sie zeigen es uns mit der Aufsichtsratsbesetzung, bei der Sie unter dem Deckmantel der Entpolitisierung, der Abschaffung des Proporzes in Wirklichkeit Monocolorisierung betreiben, bei der Sie, Herr Finanzminister, eine Seilschaft aus Freunden aus Ihrem Umkreis und jenem des Herrn Abgeordneten Prinzhorn zusammenstellen, die in Zukunft im Aufsichtsrat die Entscheidungen treffen wird, und zwar auch darüber, wann, wie viel und an wen privatisiert wird.

Ich frage mich: Wer wird sich da wohl die Rosinen herausholen? Kann das denn unter Umständen die Prinzhornsche Privatstiftung sein? Kann unter Umständen der Stiftungsvater ein Nutznießer sein? Ist das Ihre Art von Entpolitisierung? Auch dafür sagen wir "herzlichen Dank" und werden dagegen auftreten! (Beifall bei der SPÖ.)

Noch eine Anmerkung zur Besetzung dieser Aufsichtsräte, meine sehr geehrten Damen und Herren. Es wäre viel ehrlicher gewesen, wenn Sie – und das wurde schon erwähnt – gesagt hätten, die bisherigen Aufsichtsräte sollen gehen, denn sie passen Ihnen nichts ins Konzept. – Sie aber haben Folgendes gemacht: Sie haben eine Ausschreibung gemacht und dann den drittbesten Bieter – komischerweise ist dieser auch ein Freund, bei dessen Trauung Herr Prinzhorn sogar Trauzeuge war (Abg. Dietachmayr: Zufälle gibt’s!), "zufällig" – beauftragt. Dieser Headhunter findet tatsächlich "gute" Aufsichtsräte. (Abg. Schwemlein: War das die Hochzeitsgesellschaft?)

Über die Qualifikation dieser Aufsichtsräte möchte ich mich wie meine Vorredner wirklich nicht negativ äußern. Aber: Diese Aufsichtsräte kommen alle aus einer bestimmten Ecke, nämlich aus der Prinzhornschen Freundschaftsgruppe, einer Seilschaft, die vielleicht nicht durch die Mitgliedschaft bei einer Partei zusammengehalten wird, jedenfalls aber durch intensive Männerfreundschaften.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das kann nicht im Interesse der Industriepolitik dieses Landes liegen! Das dient nur Ihrem Interesse. Bekennen Sie sich dazu, haben Sie doch den Mut! Seien Sie mannhaft genug, sich dazu zu bekennen, dass das Ihre neue Art des Regierens, Ihre neue Art der Politik ist! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Schwemlein: Das ist jetzt die Jagdgesellschaft des Herrn Prinzhorn, die Jagd auf die Arbeitnehmer ...!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Uns geht es auch um die Arbeitnehmer – die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die diese Betriebe mit zum Erfolg geführt haben –, daher ist es uns wichtig, wie die Mitsprache dieser Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, also die Entsendung von Vertretern in den Aufsichtsrat, geregelt ist. Da es in der vorliegenden Regierungsvorlage keine entsprechende Regelung gibt, bringe ich nun folgenden Antrag ein:


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Abänderungsantrag

der Abgeordneten Verzetnitsch und GenossInnen betreffend Bericht des Industrieausschusses über die Regierungsvorlage (48 der Beilagen): Bundesgesetz über die Neuordnung der Rechtsverhältnisse der Österreichischen Industrieholding Aktiengesellschaft und der Post- und Telekom-Beteiligungsverwaltungsgesellschaft (ÖIAG-Gesetz 2000)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzentwurf wird wie folgt geändert:

1. § 5 Abs. 1 lautet:

"(1) Die Bundesarbeitskammer entsendet für jeweils fünf Jahre fünf Mitglieder in den Aufsichtsrat. Eine Abberufung vor Ablauf der Funktionsperiode durch die Hauptversammlung ist nicht möglich. Eine wiederholte Entsendung ist zulässig."

2. § 5 Abs. 2 lautet:

"(2) Werden Aufsichtsratsausschüsse gebildet, haben die gemäß § 5 Abs. 1 entsandten Mitglieder das Recht, für je 2 nach § 4 bestellte Mitglieder ein Aufsichtsratsmitglied namhaft zu machen; dies gilt nicht für Ausschüsse, welche die Beziehungen zwischen der Gesellschaft und den Mitgliedern des Vorstandes behandeln."

3. § 5 Abs. 3 entfällt.

4. In § 6 entfällt der 4. Satz.

*****

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dieser Abänderungsantrag soll gewährleisten, dass Aufsichtsratsmitglieder, die von Arbeitnehmerorganisationen entsandt worden sind und damit das Mitspracherecht der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in diesen Unternehmungen sichern, nicht von der Vollversammlung, nicht von den Unternehmen abberufen werden können, sondern tatsächlich nur von den Arbeitnehmern, die sie entsandt haben.

Da Sie von der Freiheitlichen Partei, vor allem Herr Kollege Gaugg, so großen Wert auf die Mitbestimmung der Arbeitnehmer legen, bin ich überzeugt davon, dass diesem Abänderungsantrag auch Kollege Gaugg und seine Fraktion zustimmen werden. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

14.40

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Der soeben vorgetragene Abänderungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht damit ebenfalls in Verhandlung.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Kukacka. – Bitte.

14.41

Abgeordneter Mag. Helmut Kukacka (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Mit der heutigen Novelle des ÖIAG-Gesetzes zur endgültigen Privatisierung der alten Verstaatlichten wird endlich Abschied von einer antiquierten und rückwärts gewandten Wirtschaftspolitik genommen, die sich an der Einflussnahme des Staates, wie es in den siebziger Jahren der Fall war, orientiert hat und die weltweite Liberalisierung der Märkte und auch die Globalisierung der internationalen Wirtschaftsbeziehungen einfach nicht zur Kenntnis nehmen wollte.

Meine Damen und Herren! Was die Sozialdemokratische Partei mit ihrer heutigen Ablehnung dieses Gesetzes betreibt, ist die wirtschaftspolitische Bekräftigung ihres programmatischen Linksrucks nach der Designierung Gusenbauers zum Parteivorsitzenden. Ich habe es schon einmal gesagt: Ideologische Denkmalpflege für eine wirtschaftspolitische Konzeption, die ihre


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politische Bewährungsprobe einfach nicht bestanden hat – das ist die Quintessenz Ihrer Haltung. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Herr Kollege Gradwohl! Sie haben gesagt, dass Sie zustimmen, dass die bisherige Privatisierung eine Erfolgsgeschichte war. Dazu muss ich Ihnen sagen: Sie haben doch dieser bisherigen Privatisierung immer nur unter dem Druck der wirtschaftlichen Verhältnisse zugestimmt, nämlich unter dem Druck der Milliardenverluste, die die verstaatlichte Industrie gemacht hat. Nur deshalb haben Sie damals diesem Privatisierungskonzept, das im ursprünglichen Sinn von der ÖVP verfolgt wurde, zugestimmt, und nicht aus wirtschaftlicher Überzeugung!

Das ist das Problem dabei, und das haben Sie auch heute wieder. Ich habe die Wortmeldungen von Herrn Ruhaltinger und von Herrn Koppler noch gut im Ohr, ihre wehleidigen und vor dieser Privatisierung warnenden Worte. Diese beiden haben nicht zugestimmt, sondern sind bisweilen sogar bei der Abstimmung hinausgegangen, weil sie sich mit der Privatisierung nicht identifizieren wollten. – Und von dieser Haltung sind Sie bis heute nicht abgewichen.

Meine Damen und Herren! Ich komme aus einem Kernland der verstaatlichten Industrie, aus Oberösterreich. Wir alle wissen, dass ein großer Teil der SPÖ und ihrer Gewerkschaften die verstaatlichte Industrie immer als ihr politisches Lehen angesehen hat. Sie und ihre Zentralbetriebsratsobmänner waren der wahre Machtfaktor in diesen Betrieben. Und der Verlust dieses politischen Lehens ist es ja, der Sie in diesen letzten Monaten gleichsam zu einer unverantwortlichen Panikmache gegenüber dieser Privatisierung veranlasst hat.

Meine Damen und Herren! Die unsägliche "Konsum"-Pleite, die die SPÖ-Genossenschafter verursacht haben, das Verstaatlichten-Debakel, die AMAG-Pleite, die den österreichischen Steuerzahler alles in allem bisher rund 110 Milliarden Schilling gekostet (Abg. Dr. Fekter: 100 000 Arbeitsplätze!) und auch noch den Verlust von über 50 000 Arbeitsplätzen eingebracht haben, haben bewiesen – und nehmen Sie das zur Kenntnis! –, dass der Staat und die sozialistischen Gewerkschaftskonzerne nicht wirtschaften können, dass sie keine Betriebe führen können. Deshalb müssen wir von dieser Konzeption Abschied nehmen! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Huber: Wie viel haben die privaten Pleiten den Steuerzahler gekostet?)

Frau Kollegin! Warum haben Sie denn im Zuge der Arbeiterkammerwahlen Ihren Wählern und Funktionären nicht gesagt, dass auch sie als österreichische Steuerzahler bis über die Jahrtausendwende hinaus für diese desaströse Verstaatlichtenpolitik Kreiskys und Ihrer Verstaatlichten-Minister zahlen müssen? Das ist doch die Realität!

Meine Damen und Herren! Dass die Privatisierung von Staatsunternehmen sinnvoll und richtig ist, beweisen nicht nur die ausländischen Studien und die inländischen Erfahrungen, sondern das hat auch das Experten-Hearing eindrücklich bewiesen. (Abg. Huber: Aber nicht diese Privatisierung!) Auch Sie haben doch daran teilgenommen. Und wenn Sie den Experten gut zugehört haben (Abg. Huber: Natürlich! Ich habe genau zugehört, wahrscheinlich besser als Sie!), dann haben Sie zur Kenntnis nehmen müssen, dass sich die große Mehrheit aller Experten und Fachleute ausdrücklich für diese Privatisierung (Abg. Huber: Offensichtlich haben Sie vieles nicht gehört!) und auch für dieses Gesetz ausgesprochen hat. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Huber: Es haben alle Bedenken geäußert!)

Selbst Herr Abgeordneter Van der Bellen hat in seinen Ausführungen in diesem Experten-Hearing einleitend festgestellt – und dafür bin ich ihm sehr dankbar –, dass Ökonomen mittlerweile nachgewiesen haben, dass sich verstaatlichte Unternehmen in der Regel schwerer tun als private Unternehmen. – Na also! Nehmen Sie das doch zur Kenntnis und gehen Sie mit uns diesen vernünftigen Weg der Privatisierung, wie wir ihn hier vorschlagen, weiter!

Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich abschließend noch Folgendes sagen: Die von der Bundesregierung angestrebte Privatisierung muss – darauf legen wir besonderen Wert – auch zum Anlass für die Mitarbeiterbeteiligung genommen werden. Diese Mitarbeiterbeteiligung, die in Österreich bisher in den Kinderschuhen stecken geblieben ist, muss durch diese Privatisierung einen neuen Impuls erhalten. Es soll den Mitarbeitern ermöglicht werden, steuerbe


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günstigte Vorzugsaktien zu erwerben. Diese Chance darf nicht vertan werden, denn wir von der Österreichischen Volkspartei sind immer der Meinung gewesen, dass privates Eigentum an Produktionsmitteln wirtschaftliche Unabhängigkeit schafft, vor kollektiver Bevormundung schützt, einen wichtigen Anreiz zur beruflichen Selbstverwirklichung schafft und auch zur Identifikation mit dem Unternehmen führt. Deshalb sind wir auch immer für eine breite Vermögensbildung und auch für eine entsprechende Beteiligung der Mitarbeiter an ihren Unternehmen eingetreten. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Daher möchte ich ausdrücklich betonen, dass wir eine Ausschussfeststellung beschließen werden, in der festgehalten wird, dass bei der Durchführung von Privatisierungen die Beteiligung von Mitarbeitern an dem zu veräußernden Unternehmen vorgesehen wird.

Meine Damen und Herren! Ich bin, ehrlich gesagt, entsetzt darüber, dass die Gewerkschaften und die Sozialdemokratische Partei diesem Vorhaben offensichtlich nicht zustimmen wollen. Es ist wohl gerade die wirtschaftliche Unabhängigkeit, wovor die SPÖ und ihre Gewerkschaft Angst haben. Sie haben Angst davor, dass sich die Mitarbeiter als Aktionäre von der SPÖ-Gewerkschaft emanzipieren könnten und sich vielleicht weniger als Mitglieder der Gewerkschaft, sondern vielmehr als Mitglieder ihres Unternehmens fühlen könnten. Und das wollen Sie mit aller Gewalt verhindern! (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren von der SPÖ! Deshalb stimmen Sie gegen die Mitarbeiter-Beteiligung. (Abg. Huber: Sie haben noch immer nichts verstanden!) Damit stellen Sie sich klar gegen die Interessen der Arbeitnehmer, der Mitarbeiter in diesen Betrieben. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Es gibt keinen Grund, dieses Konzept, und es gibt schon gar keinen Grund, die Idee der Mitarbeiter-Beteiligung abzulehnen und damit den Trend der Zeit zu verpassen. Im Gegenteil: Wir bekennen uns dazu und werden dafür sorgen, dass im Rahmen der Privatisierung auch die Mitarbeiter-Beteiligung umgesetzt wird. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

14.49

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Öllinger. – Bitte.

14.49

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Ich möchte Ihnen ein bisschen aus dem Ausschuss berichten. In der Debatte im Ausschuss sind nämlich bemerkenswerte Sätze gefallen, etwa von Herrn Präsidenten Prinzhorn, der einen klassischen Freudschen Versprecher geliefert hat. Wir kennen sie aus der freiheitlichen Tradition schon von Herrn Krüger, diesmal war es Herr Prinzhorn, der einen klassischen Freudschen Versprecher fast schon "konstruiert" hat, denn besser könnte man es nicht formulieren. Er hat, an die Adresse der Oppositionsparteien gerichtet, gemeint – ich zitiere –: Und deshalb fürchten Sie sich vor freiheitlichen – äh – feindlichen Übernahmen. – Zitatende.

Genau das ist der Punkt; auch mein Kollege Van der Bellen hat das schon erwähnt. Es geht in Anbetracht der neuen Zusammensetzung des Aufsichtsrats der ÖIAG offensichtlich um eine freiheitliche Übernahme beziehungsweise – noch enger definiert – um eine Übernahme durch die Mitglieder der Prinzhornschen Stiftungen. Das ist der eine Punkt.

Aber ich komme noch zu einem anderen bemerkenswerten Satz – es sind ja viele bemerkenswerte Sätze, man könnte eine Zitatensammlung füllen – aus dem Ausschuss. So hat der von den Freiheitlichen nominierte Experte Dr. Walter Springer gemeint, man kann darüber philosophieren, ob die Privatisierung gut ist oder nicht – sie ist einfach. – Ja, offensichtlich: Sie ist einfach. Die Politik hat da sozusagen überhaupt keinen Auftrag mehr, noch den Rahmen zu bestimmen, wo privatisiert werden kann, wo es sinnvoll ist zu privatisieren, sondern sie hat es zur Kenntnis zu nehmen, dass privatisiert wird, und sie hat auch nicht zu bewerten, ob die Privatisierung in allen Bereichen gut ist.


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Nahtlos an diese Bemerkung von Herrn Dr. Springer anknüpfend könnte man Herrn Maderthaner zitieren, der gemeint hat, der Staat sei niemals ein guter Unternehmer. – Im Umkehrschluss, meine Damen und Herren, möchte ich Ihnen schon sagen: Die Privaten sind auch nicht immer nur gute Unternehmer. Das wissen Sie aber selbst. Und es würde vor allem diesem Parlament gut anstehen, auch die Grenzen zu definieren, wo privatisiert werden soll und darf und wo nicht. Sind etwa Bereiche wie Gesundheit, Soziales, Wohnen, Bildung, Kultur zur Privatisierung freigegeben? Ist es das, was Herr Maderthaner sagen wollte? Oder gibt es Grenzen?

Sehen Sie nicht auch, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, dass Privatisierungen zwar durchaus erfolgreich sein konnten, aber auch, wenn man etwa das Beispiel der englischen Privatisierungen im Bereich Wasserwerke, im Bereich öffentlicher Verkehr heranzieht, mit derart gravierenden Mängeln verbunden waren, sodass dies von vornherein einem Abverkauf von öffentlichem Eigentum zu Dumpingpreisen gleichkam? Diesem Beispiel wollen Sie ja teilweise nacheifern. Die gravierenden Mängel haben sich jetzt bei den privatisierten Wasserwerken, bei den privatisierten Bahnbetrieben als dermaßen groß und verhängnisvoll herausgestellt, dass eine Reihe von Vorfällen, von Unfällen, die in den letzten Jahren gerade in Großbritannien immer wieder für Schlagzeilen gesorgt haben, nicht zuletzt mit der mangelnden Vorsorge, die diese privaten Unternehmer bei ihren Betrieben walten ließen, mit mangelnder Sorgfalt in diesen Betrieben in einem engen Zusammenhang stehen.

Dasselbe könnte man auch am Beispiel privatisierter Fluggesellschaften in den USA und anderen Ländern aufzeigen. Da gibt es gute Beispiele, da gibt es aber auch schlechte Companies. Und ich meine, es stünde uns gut an, im Parlament auch den Rahmen und die Grenzen privater Betriebsführung klarzumachen.

Jetzt möchte ich Ihnen aber ein Beispiel bringen, das klar belegt, dass Sie in Ihrer Privatisierungseuphorie den Rahmen völlig gesprengt haben. Da ist den "Salzburger Nachrichten" vom 19. April zu entnehmen, dass das Budget für das erfolgreiche Unternehmen für Betriebsansiedlungen in Österreich, die Austrian Business Agency – ein staatliches Unternehmen –, um mehr als 20 Prozent gekürzt wird. Sie reden die ganze Zeit davon, dass Betriebe, private Betriebe hereingeholt werden sollen, und nun wird das Budget genau jenes Unternehmens, das in den letzten Jahren sehr erfolgreich vorexerziert hat, wie es zu machen ist und dass es zu machen ist und dass es auch über einen öffentlichen Auftrag machbar ist, um 20 Prozent gekürzt! Das ist Ihre Betriebsansiedlungspolitik, das ist Ihre Beschäftigungspolitik, das ist Ihre Privatisierungspolitik? – Das kann doch nicht wahr sein, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Schieder. )

Das kann doch wirklich nicht wahr sein: "Kahlschlag bei den Betriebsansiedlern". (Der Redner hält einen Zeitungsartikel in die Höhe.) Herr Kollege Khol! Ich kann Ihnen gerne eine Kopie zur Verfügung stellen, falls Sie es auf diese Entfernung nicht lesen können. (Abg. Dr. Khol: Ich habe es gelesen!) Das ist Ihre Politik, und das ist die Konsequenz auch einer Privatisierungseuphorie, die am Beispiel der Telekom offensichtlich wird.

Ich meine, es ist schon klar, meine Damen und Herren: Aus dem strategischen Aktionär der Telekom, der Telecom Italia, wird mit einem Schlag durch die Privatisierung, die Sie vornehmen, der Kernaktionär, der mit 25 plus einer Aktie zu 100 Prozent bestimmen kann, was in diesem Unternehmen geschieht. Sie haben offensichtlich gar keine andere Möglichkeit, als total zu privatisieren, weil Ihnen ja die Möglichkeit, an einen Dritten zu verkaufen, durch die Syndikatsverträge genommen ist.

Was ist die Konsequenz? – Wir hören es von Seiten der Regierungsbank: Volksaktien. Jeder Österreicher, jede Österreicherin soll nach Möglichkeit eine Telekom-Aktie erwerben. Ja, Herr Kollege Khol, ich sage Ihnen eines: Dieses Konzept der Volksaktie am Beispiel der Telekom könnte man auch als "Deppensteuer" bezeichnen (Abg. Dr. Khol: Die deutsche Telekom hat den Wert vervierfacht!), als "Deppensteuer" deswegen, meine Damen und Herren, weil diesen vielen Menschen, denen gesagt wird, dass sie mit dem Erwerb einer Telekom-Aktie Eigentümer der Telekom Austria werden, vorgegaukelt wird, sie würden tatsächlich Eigentümer. Natürlich haben diese 75 Prozent minus eine Aktie keine Verfügung über das Eigentum – die hat die


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Telecom Italia mit 25 plus einem Prozent. Sie wissen selbst genau, dass es einen Unterschied macht, ob man Eigentümer einer Aktie ist oder ob man auch eine Verfügung über das Eigentum hat, ob man Mitbestimmungsmöglichkeiten hat in einer Aktionärsversammlung, ob man Zugang zu der Aktie hat. Das wissen Sie. Das heißt, Ihr Konzept von Privatisierung am Beispiel der Telekom Austria ist gescheitert, und Sie sollten sich zumindest in diesem Fall etwas Besseres einfallen lassen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

14.57

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Trattner. – Bitte.

14.57

Abgeordneter Mag. Gilbert Trattner (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Es ist laut einer vom Gallup-Institut durchgeführten Meinungsumfrage ziemlich klar zum Ausdruck gekommen: Eine klare Mehrheit ist für die Privatisierungspläne. Nicht, dass Sie, Herr Präsident Verzetnitsch, jetzt meinen, diese Meinung sei auf Umfrageergebnissen bei Selbständigen, Unternehmern und Wirtschaftstreibenden begründet, sondern die Umfrage hat laut Karmasin ergeben, dass sich viele Arbeiter von einer Privatisierung mehr Perspektiven erwarten, die ihnen der Staat so nicht bieten kann. Lediglich 15 Prozent sprechen sich übrigens ganz gegen eine Privatisierung der staatsnahen Betriebe aus. 15 Prozent! Der große Anteil der Arbeiter ist für die Privatisierung.

Herr Präsident Verzetnitsch! Sie haben auch kritisiert, dass diese Regierungsvorlage nicht einem entsprechenden Begutachtungsverfahren unterzogen worden ist. Sie wissen aber selbst ganz genau, wie die vorangegangene Regierung mit solchen Begutachtungen umgegangen ist. (Abg. Verzetnitsch: Wie?)

Ich sage Ihnen ein Beispiel: Das ÖIAG-Gesetz, ÖIAG-Finanzierungsgesetz-Novelle 1993, BGBl. Nr. 973/1993 – Initiativantrag, keine Begutachtung. Der Initiativantrag wurde damals eingebracht am 3. Dezember – am 3. Dezember, ich komme gleich zum Inhalt, Herr Präsident, ein schwer wiegender Inhalt; am 3. Dezember eingebracht –, ist am 10. Dezember im Finanzausschuss behandelt und am 17. Dezember im Nationalrat beschlossen worden.

Der Inhalt lautete – da geht es also nicht um Lapidares –:

§ 1 (3): "Die Unternehmensstruktur der Austrian Industries AG wird aufgegeben" – das war ja nicht ohne –; "der Austrian Industries Konzern wird auf mehrere gesellschaftsrechtlich selbständige Unternehmen und Unternehmensgruppen aufgeteilt. Die Austrian Industries Aktiengesellschaft ist im Wege der Verschmelzung durch Aufnahme auf die Gesellschaft zu übertragen." – Das war also keine leichtfertige Sache. Ohne Begutachtung haben Sie das hier im Plenum durchgezogen. Uns wollen Sie vorwerfen, dass eine Regierungsvorlage ohne Begutachtung durchgezogen wird. Diese Regierungsvorlage ist begutachtet worden. Es sind auch die Stellungnahmen seitens der Kammer, Arbeiterkammer und dergleichen mehr eingeholt worden.

Sie sagen jetzt (Zwischenrufe bei der SPÖ)  – das haben wir auch immer vorgehabt! –, Herr Präsident, Sie kritisieren die Zusammensetzung des Aufsichtsrates und meinen, dass die Zusammensetzung des Aufsichtsrates eher willkürlich ist; es handelt sich bei den Aufsichtsratsmitgliedern um Unternehmer, Geschäftsführer und Persönlichkeiten mit langjähriger Erfahrung im Wirtschaftsleben.

Weiters bringen Sie vor, es wäre Ihnen lieber gewesen, Wirtschaftsprüfer, Experten des Arbeits- und Sozialrechts oder Experten des Wertpapierrechts wie Wirtschaftsforscher wären mit einbezogen worden. – Darüber kann man auch reden. Wenn Sie allerdings sagen, durchaus selbstbewusst sei anzumerken, dass Bundesarbeitskammer und ÖGB über Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verfügen, die langjährige Erfahrung im Wirtschaftsleben aufweisen, wenn Sie diese damit ins Spiel bringen wollen, Herr Präsident Verzetnitsch, dann, muss ich sagen, bringen Sie sich selbst aus dem Spiel. Ich kann Ihnen eines sagen: Gerade die Mitglieder, die den "Konsum"


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geleitet haben, haben bewiesen, dass SPÖ-Mitglieder nicht wirtschaften können. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

15.01

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Herr Abgeordneter Mag. Trattner, ich unterbreche nunmehr die Verhandlung über diesen Tagesordnungspunkt, damit die verlangte Behandlung eines Dringlichen Antrags gemäß der Geschäftsordnung um 15 Uhr stattfinden kann.

Dringlicher Antrag

der Abgeordneten Dr. Andreas Khol, Mag. Karl Schweitzer und Kollegen betreffend "Konsens in Rot-Weiß-Rot" (132/A) (E)

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Wir gelangen damit zur dringlichen Behandlung des Selbständigen Antrages 132/A (E).

Da dieser inzwischen allen Abgeordneten zugegangen ist, erübrigt sich dessen Verlesung durch den Schriftführer.

Der Dringliche Antrag hat folgenden Wortlaut:

"Beinahe 3 Monate sind vergangen, seitdem die neue Bundesregierung ihr Amt angetreten hat und 14 Mitgliedstaaten der Europäischen Union gegen die Bundesregierung, und damit gegen Österreich, Sanktionen verhängt haben. Die so genannten ,bilateralen Maßnahmen‘ wurden vom portugiesischen EU-Ratspräsidenten und Vorsitzenden der Sozialistischen Internationale, Antonio Guterres, verkündet und widersprechen sowohl dem Buchstaben wie auch dem Geist des EU-Vertrages. Die Sanktionen der EU-14 sind ein beispielloser Eingriff in das demokratische Leben und Selbstverständnis eines gleichberechtigten Mitgliedstaates. Sie wurden auf den bloßen Verdacht hin beschlossen, daß eine österreichische Bundesregierung gegen die Prinzipien und Grundwerte der EU verstoßen könnte, stellen eine Vorverurteilung dar und sind wider jede rechtsstaatliche Tradition: denn Beschlüsse gegen einen Mitgliedstaat der Union, ohne diesen überhaupt nur angehört zu haben widersprechen den Grundsätzen der Rechtsstaatlichkeit, wie sie auch im Art. 6 EU-V für die gesamte Union formuliert sind.

Obwohl politische Persönlichkeiten, Parteien, Institutionen und offizielle Vertreter mehrerer EU-Staaten bereits zu erkennen gegeben haben, dass sie die Maßnahmen der EU-14 für ungerechtfertigt, überzogen, ja sogar kontraproduktiv erachten und in den meisten EU-Ländern Meinungsumfragen die Ablehnung eines beträchtlichen Teiles der Bevölkerung gegenüber den Sanktionen ausgewiesen haben, dauert die Diskriminierung Österreichs weiter an. Beteuerungen der EU-14, dass sich die so genannten ‚bilateralen Maßnahmen‘ nicht auf die Zusammenarbeit in den EU-Gremien auswirken würden, sind keineswegs überzeugend. Die zwischenstaatlichen Beziehungen unter den 15 Mitgliedstaaten lassen sich nicht mehr von der immer engeren multilateralen Zusammenarbeit im Rahmen der EU trennen. Als ein Beispiel dafür sei lediglich auf die Präsentation des Programms des künftigen französischen Ratsvorsitzes verwiesen, wobei allerdings der österreichische Botschafter in Frankreich von dieser ausgeladen wurde.

Es wird immer offensichtlicher, dass die Maßnahmen der EU-14 gegen Österreich negative und höchst bedauerliche Auswirkungen auf die österreichische Bevölkerung haben. Die Politik der EU-14 hat teilweise eine antiösterreichische Hysterie ausgelöst, durch die kulturelle, wissenschaftliche, sportliche und zwischenmenschliche Beziehungen in Mitleidenschaft gezogen wurden und werden. Die Absage von Veranstaltungen mit österreichischen Künstlern, Beschimpfungen österreichischer Jugendgruppen, der Ausschluss österreichischer Sportler und eine Bombendrohung bei einem Konzert der Wiener Philharmoniker zählen zu den schlimmsten Vorkommnissen.

Die unglaublichen Vorfälle rund um die Eröffnung der EU-Beobachtungsstelle gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit, wo ein österreichisches Regierungsmitglied ausdrücklich als unerwünscht erklärt wurde, haben die österreichische Bevölkerung empört.


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19. Sitzung / Seite 100

Die Behauptung von Regierungspolitikern der 14 EU-Staaten, dass die Sanktionen nur die Bundesregierung, nicht aber die österreichische Bevölkerung treffen sollen, geht somit an der Realität vorbei. Selbst Erzbischof Kardinal Schönborn bestätigt in einem Interview in ‚La Stampa‘, dass die Sanktionen ‚alle Österreicher ohne Unterschied treffen‚ würden. Die Trennung zwischen einer demokratisch zustande gekommenen Regierung, mit entsprechender parlamentarischer Mehrheit, und dem Staatsvolk ist weder theoretisch nachvollziehbar noch wird sie von der betroffenen österreichischen Bevölkerung so empfunden. Das Unverständnis und die Empörung über dieses Verhalten der EU-14 wächst deshalb bei der österreichischen Bevölkerung. Es gibt keine Handlungen Österreichs die mit europäischen Grundsätzen und Prinzipien in Widerspruch stünden. Hier hat eine ideologische Vorverurteilung Platz gegriffen, die – wie auch der Herr Bundespräsident bei der Eröffnung der EU-Stelle zur Beobachtung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit ausgeführt hat – unter europäischen Partnern beispiellos ist.

Auch in den anderen europäischen Staaten – bei den Mitgliedern der EU genauso wie bei den Beitrittskandidaten – stoßen die gegen Österreich verfügten Maßnahmen auf immer stärkere Kritik. Die Europa-Idee, auf die sich die Staats- und Regierungschefs der EU-14 immer wieder berufen, hat bei den Bürgern Europas Schaden genommen, da in allen Ländern nun Sorge vor weiteren vergleichbaren Willkürakten unter Umgehung der demokratischen und rechtsstaatlichen Prinzipien wächst. So schreibt z. B. die Frankfurter Allgemeine Zeitung am 14. April d. J.: ‚Das Ansehen der EU hat in vielen Ländern, vor allem auch in jenen, die noch Mitglieder werden wollen, gelitten. Denn nach wie vor bestehen massive Zweifel an den hehren Beweggründen des Kreuzzuges gegen Österreich: Mit der präzedenslosen, die kodifizierten wie auch ungeschriebenen Regeln des Umganges innerhalb der EU missachtenden Einmischung in den demokratischen Willensbildungsprozess eines Mitgliedslandes verletzen die Vierzehn gerade jene europäischen Grundwerte der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit, die sie angeblich schützen wollen.‘ Und die FAZ schließt mit dem Satz: ‚Wenn die EU nicht schweren Zeiten entgegengehen will, muss sie die Sanktionen gegen Österreich aufheben.‘

Leider ist es bisher noch nicht zu einem gemeinsamen Vorgehen aller politischen Kräfte Österreichs gegen diese Sanktionen gekommen. In anderen Ländern hat sich immer wieder bestätigt, dass sich ein gemeinsames Vorgehen aller Parteien gerade bei außenpolitischen Schwierigkeiten bewährt. In diesem Zusammenhang sei beispielsweise an Italien erinnert, wo von allen Parteien umgehend jüngste Aussagen des deutschen Bundeskanzlers als Einmischung in innerstaatliche Angelegenheiten scharf zurückgewiesen wurden, oder auch an Dänemark, wo unterdessen in einer anderen Form des ‚Schulterschlusses‘ alle Parteien übereinstimmen, dass die Maßnahmen der 14 europäischen Staaten unbedacht und kontraproduktiv sind und daher zurückgenommen werden sollten.

Auf Grund jüngster Aussagen von SPÖ-Politikern ist nun zu hoffen, dass auch in Österreich alle Parlamentsparteien gemeinsam mit der Bundesregierung gegen diese absurde Situation auftreten, die von den EU-14 geschaffen wurde. Dies wäre ein unüberhörbares Signal für Europa und die übrige Welt, dass Österreich nach den harten politischen Diskussionen der letzten Monate, die als Ausdruck der Lebendigkeit unserer Demokratie gewertet werden können, wieder Einmütigkeit zeigt, wenn es um die Überwindung der Diskriminierung Österreichs und seinen angestammten Platz in der europäischen Völkerfamilie geht.

Zum Zwecke eines gemeinsamen Vorgehens aller Parlamentsparteien

zur Wahrung des Ansehens Österreichs,

zur Beseitigung der Diskriminierung unseres Landes,

in Würdigung der demokratischen und rechtsstaatlichen Grundwerte Europas und

im Interesse der weiteren europäischen Integration

stellen die unterfertigten Abgeordneten an den Herrn Bundeskanzler gemäß § 74a Abs. 1 iVm § 93 Abs. 1 GOG-NR folgenden


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19. Sitzung / Seite 101

Dringlichen Antrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

,Die Bundesregierung wird ersucht,

weiterhin alle Rechte und Pflichten der EU-Mitgliedschaft wahrzunehmen, die vom österreichischen Volk am 12. Juni 1994 mit Zweidrittelmehrheit beschlossen wurde,

mit allem Nachdruck die anderen 14 EU-Mitgliedstaaten darauf hinzuweisen, dass Österreich als vollwertiges Mitglied der Europäischen Union zu achten ist und daher die gegen Österreich von den Staats- und Regierungschefs der EU-14 verfügten ungerechtfertigten und EU-vertragswidrigen Sanktionen sofort aufzuheben sind,

alle geeigneten politischen und rechtlichen Schritte gegen jegliche Österreich beziehungsweise seine Bürger betreffenden Sanktionen beziehungsweise Boykottmaßnahmen zu unternehmen,

im Rahmen der Europäischen Union ein allgemein anwendbares rechtsstaatlich geordnetes Verfahren vorzuschlagen, das ausschließt, daß ohne nachweisbare und objektiv überprüfbare Verstöße gegen Artikel 6 und 7 EU-V Sanktionen gegen einen Mitgliedstaat verhängt werden.‘

In formeller Hinsicht wird verlangt, diesen Antrag im Sinne des § 74a Abs. 1 iVm § 93 Abs. 1 GOG-NR zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu behandeln und dem Erstantragsteller Gelegenheit zur mündlichen Begründung zu geben."

*****

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Ich erteile als Erstem Herrn Abgeordnetem Dr. Khol als Antragsteller zur Begründung des Dringlichen Antrags das Wort. Gemäß § 74 Abs. 5 der Geschäftsordnung darf die Redezeit 20 Minuten nicht überschreiten. – Bitte.

15.01

Abgeordneter Dr. Andreas Khol (ÖVP): Herr Präsident! Hohe Mitglieder der Bundesregierung! Die Freiheitlichen und die Volkspartei bringen heute einen Dringlichen Antrag an die Bundesregierung ein. Die ungerechten und EU-vertragswidrigen Maßnahmen der EU-14 gegen Österreich müssen schnell aufgehoben werden! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Ing. Westenthaler: Wo ist eigentlich die SPÖ? – Nur für das Protokoll!)

Diese Maßnahmen bedrohen das europäische Einigungswerk. Sie sind zutiefst ungerecht gegenüber unserer Bevölkerung, und sie sind zutiefst ungerecht gegenüber unserer Regierung. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wir haben früher vom nationalen Schulterschluss gesprochen. Dieses Wort, eine Anspielung, eine ungewollte Anspielung offenkundig an "Die letzten Tage der Menschheit" von Karl Kraus, hat bei manchen Mitgliedern der Opposition Anstoß erregt. Uns liegt so sehr daran, einen rot-weiß-roten Konsens dieses Hohen Hauses gegen diese ungerechten Maßnahmen zu erzielen, dass wir nicht mehr vom nationalen Schulterschluss sprechen wollen. Wir wollen Ihnen entgegenkommen und fordern Sie auf: Bilden Sie mit uns einen rot-weiß-roten Konsens gegen diese ungerechten Maßnahmen! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Welche Maßnahmen fordern wir von unserer Bundesregierung? – Es kann doch nur jeder ja sagen, wenn wir sagen, dass Österreich alle Rechte und Pflichten des EU-Vertrages einfordern und erfüllen soll! Es kann doch nur jeder ja sagen, wenn wir fordern, dass diese Sanktionen gegen unser Volk, gegen unsere Regierung so schnell wie möglich aufgehoben werden sollen! Es kann doch nur jeder ja sagen, wenn wir meinen, dass wir einen Anspruch darauf haben, dass jene Partner, mit denen wir in der Europäischen Union verbunden sind, uns mit Achtung, Respekt und auf Grundlage der Vertragsbestimmungen begegnen! Und es kann doch nur jeder ja sagen, wenn wir die Bundesregierung auffordern, alle politischen und rechtlichen Schritte gegen diese Maßnahmen zu setzen! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)


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Und es kann doch jeder in diesem Hohen Haus, der ein Vertreter oder eine Vertreterin des österreichischen Volkes ist, nur ja sagen, wenn wir den Standpunkt vertreten, dass es ein derartiges Feme-Verfahren, wie es gegen uns angewandt wurde, in Zukunft nicht mehr geben soll! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Man wird mit Recht fragen: Was ist denn "dringlich"? Wir haben diesen Schulterschluss, wir haben diesen rot-weiß-roten Konsens doch bereits die längste Zeit besprochen! Warum kommen die beiden Parteien, die Freiheitlichen und die Volkspartei, heute wieder? – Meine Damen und Herren! Solange diese Sanktionen bestehen, so lange ist diese Frage dringlich, und wir werden dieses Hohe Haus immer wieder zu Hilfe rufen, damit diese Diskriminierung endlich beendet wird. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Warum befassen wir heute den Nationalrat damit, im April? – Im Monat Mai finden die Vorbereitungshandlungen für den nächsten großen europäischen Gipfel in Porto statt. Es tagen die Partei-Internationalen, die eine Bedeutung haben. Ein einstimmiger Beschluss dieses Hauses wäre ganz wesentlich, um noch jene Staaten zu überzeugen, die noch nicht davon überzeugt sind, dass diese Maßnahmen schlecht, vertragswidrig und ungerecht sind. Ein einstimmiger Beschluss – und ich appelliere da an die Grünen und an die Sozialdemokraten – würde ein wesentlicher Beitrag dazu sein, diese Sanktionen zu beenden. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

75 Prozent aller Österreicher – 75 Prozent aller Österreicher! – empfinden diese Maßnahmen als ungerecht und wollen sie so schnell wie möglich beendet sehen. Selbst die Hälfte der Wähler der Oppositionsparteien empfinden so wie fast 100 Prozent jener der Regierungsparteien. Ich bitte daher – ich sage es ganz bewusst – die Grünen und die Sozialdemokraten: Vergessen Sie parteitaktische Überlegungen, seien Sie Volksvertreterinnen und Volksvertreter, und nehmen Sie diesen Dringlichen Antrag an!

Ich bitte Alfred Gusenbauer (Abg. Schwarzenberger: Der ist nicht da!) und Alexander Van der Bellen, die sich selbst als Patrioten bezeichnen – und ich spreche Ihnen das nicht ab –, als Patrioten zu handeln und diesen Dringlichen Antrag zu unterstützen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Die Annahme dieses Dringlichen Antrages – ich sage das, damit auch da kein Missverständnis entsteht – empfinden wir keineswegs als einen Blankoscheck oder als eine Unterstützung für jene Reformvorhaben unserer Regierung, die die Grünen und die Sozialdemokraten vielleicht ablehnen. Keineswegs! Es ist keine Anerkennung des Regierungsprogramms! Nein, es ist ein Versammeln hinter dem Anliegen des österreichischen Volkes, dass man ihm mit Achtung entgegenkommt, dass man ihm mit Respekt entgegenkommt, und es wäre ein Versammeln hinter der Gerechtigkeit, und um diese Gerechtigkeit bitte ich Sie und Ihre Fraktionen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Diese Maßnahmen sind ein Schaden für unser Volk, die Bevölkerung leidet darunter. Wir könnten ein ganzes Kompendium füllen mit der Aufzählung von ungerechten Behandlungen unserer Wissenschaftler, unserer Jugend, unserer Vertreter, unserer Diplomaten im Ausland, unserer öffentlich Bediensteten, unserer Minister.

Aber auch andere, meine Damen und Herren, haben festgestellt, dass diese Maßnahmen einen schweren Schaden für das europäische Einigungswerk bedeuten. Seit ich politisch tätig bin – eigentlich schon viel früher –, bin ich ein überzeugter europäischer Föderalist. Schon als Hochschulassistent bin ich zusammen mit meinem verehrten Lehrer Professor Ermacora für einen europäischen Bundesstaat eingetreten. Für mich ist es ein Tiefschlag, was in diesem Zusammenhang vorgeblich – vorgeblich! –, um eine europäische Wertegemeinschaft zu sichern, dem europäischen Einigungswerk angetan wird.

Ich zitiere mich nicht selbst, sondern aus dem Beitrag von Berthold Kohler in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung", der im Hauptleitartikel am 14. April schrieb:


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"Das Ansehen der EU hat in vielen Ländern, vor allem auch in jenen, die noch Mitglieder werden wollen, gelitten. Denn nach wie vor bestehen massive Zweifel an den hehren Beweggründen des Kreuzzuges gegen Österreich: Mit der präzedenzlosen, die kodifizierten wie auch ungeschriebenen Regeln des Umgangs innerhalb der EU missachtenden Einmischung in den demokratischen Willensbildungsprozess eines Mitgliedslandes verletzen die Vierzehn gerade jene europäischen Grundwerte der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit, die sie angeblich schützen wollen.

Es widerspricht jedem Rechts- und Europaverständnis, ein demokratisch bewährtes Land wie Österreich, das aus der Geschichte dieses Kontinents nicht wegzudenken ist, aus der europäischen Wertegemeinschaft, als die sich die EU versteht, auszugrenzen – ohne dass es gegen europäisches Recht oder auch nur gegen seinen Geist verstoßen hätte. ...

Die Europa-Idee, in deren Namen Österreich bestraft wird, ist in dieser Affäre nicht nur um ihrer selbst willen bemüht worden: Sie wurde auch für andere Zwecke benutzt." – Zitatende.

Ich würde jedem empfehlen, diesen Artikel zu lesen.

Diese EU-Sanktionen sind ein Schaden für die europäische Einigung! Ja warum glauben Sie, meine Damen und Herren, dass im dänischen Parlament sehr wohl ein Schulterschluss aller dort vertretenen Parteien gegen diese EU-Sanktionen stattgefunden hat? – Doch nicht nur deshalb, weil wir Österreicher den Dänen sympathisch sind und weil sie die Rechtsidee hochhalten – das tun sie auch –, sondern deswegen, weil sie genau wissen, dass ihre Volksabstimmung für den Euro im Herbst gefährdet ist, weil die Menschen dort sagen: Das kann nicht die europäische Wertegemeinschaft sein, die eine frei gewählte Regierung an den Pranger stellt!

Warum verfolgt man in der Schweiz mit großer Sorge diese Vorgänge in Brüssel? – Weil man dort auch eine Volksabstimmung vor sich hat. Der Schaden, den man durch diese EU-Maßnahmen dem europäischen Einigungswerk antut, ist auch zu bedenken. Herr Kollege Gusenbauer, Sie haben über die europäische Friedensbewegung dissertiert. Sie sind ein Europäer. Herr Kollege Van der Bellen! Sie sind als österreichischer Patriot gereist, um Schaden abzuwenden. (Abg. Öllinger: Was haben Sie früher zu diesen Reisen gesagt? – "Mistkübel" seien ausgeschüttet worden!) Schaden von der europäischen Einigung abzuwenden, das sollte doch auch Ihr Anliegen sein! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Herr Kollege Van der Bellen! Ich wende mich jetzt ganz spezifisch an die Grünen. Ich habe mit Aufmerksamkeit verfolgt, dass Sie persönlich den Kurs Ihres Abgeordneten Voggenhuber, der demokratisch gewählte Vertreter in diesem Haus als Faschisten bezeichnet hat, nicht verfolgen. Ich habe Ihre sorgfältige Abwägung, in der Sie die Freiheitlichen als rechtspopulistisch bezeichnet und nicht mit anderen, verwerflicheren Epitheta klassifiziert haben, sehr genau verfolgt. Herr Kollege Van der Bellen, zeigen Sie, dass es Ihnen ernst ist, dass das nicht nur Signale sind, sondern dass Sie als Patriot wirklich ein Ja zur EU sagen, dass Sie das Ende der EU-Sanktionen gegen unsere Regierung und gegen unser Volk unterstützen und dass Sie für dieses Verfahren sind, das Sie ja auch in einem eigenen Antrag vertreten haben! Schaffen Sie Klarheit darüber, worum es Ihnen geht!

Herr Kollege Gusenbauer! Ich möchte mich auch an Sie wenden. Sie haben zusammen mit anderen Abgeordneten Ihrer Fraktion ebenfalls einen Antrag eingebracht. Dieser Dringliche Antrag unterscheidet sich von unserem Antrag in einigen wesentlichen Punkten.

Der erste Absatz ist gleich lautend. Auch Sie sind für die Europäische Union; das spricht Ihnen auch niemand ab. Sie wenden sich aber in Ihrem Antrag nicht gegen die EU-Sanktionen. Wir haben in unserem Antrag jede Schuldzuweisung vermieden. Ich möchte das auch hier vom Rednerpult aus so halten. Wir haben nicht gefragt, warum es zu diesen EU-Sanktionen gegen Österreich gekommen ist. (Abg. Öllinger: Gegenüber den Medien haben Sie dazu weit weniger Zurückhaltung gezeigt!) Wir haben auch nicht gesagt, welche Fragen da noch offen sind, die ich immer wieder gestellt habe – vier Mal bereits – und heute nicht stelle, weil ich um Ihre Stimme werbe, weil ich um Ihr Verständnis werbe, weil ich glaube, Sie sollten die Chance ergreifen, das Ruder herumzureißen. Sie werden Ende dieser Woche voraussichtlich zum Vorsitzenden Ihrer


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Partei gewählt. Es ist die "SPÖ alt", die diese EU-Sanktionen begrüßt hat, die diese EU-Sanktionen als gerechtfertigt bezeichnet hat. Zeigen Sie, dass es eine "SPÖ neu" gibt, geführt von Alfred Gusenbauer, die eine patriotische SPÖ ist, die gegen diese EU-Sanktionen auftritt und die sich mit dem Volk identifiziert! Das wäre eine wirkliche Tat, Herr Kollege Gusenbauer. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ihr Antrag unterscheidet sich auch in einem zweiten Punkt wesentlich von unserem, in dem Sie sehr wohl Schuldzuweisungen vornehmen und die Schuld für diese EU-Sanktionen der Regierungsbeteiligung der Freiheitlichen Partei geben und von uns, von der Bundesregierung verlangen, sich davon zu distanzieren. Was heißt das? – Das heißt, dass Sie mittels dieser Resolution die Regierung sprengen wollen. Damit kommt die wahre Absicht dieses Antrages zum Vorschein, nämlich jene, mit Hilfe der EU-Sanktionen im Ausland die österreichische Regierung zu gestalten und den Willen der in diesem Hohen Haus amtierenden Volksvertreter zu missachten. Diese Regierung wird nicht vom Ausland gesprengt, und diese Regierung wird nicht über das Ausland gestürzt. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Herr Kollege Gusenbauer! Sie haben in der Karwoche einige bemerkenswerte Signale gegeben. Die Führungstroika der SPÖ, bestehend aus Ihnen, Kollegen Kostelka und Präsidenten Fischer, hat sich von der bisherigen Ablehnung einer gemeinsamen Vorgangsweise distanziert, und Sie haben Signale gegeben, die wir, Kollege Westenthaler und ich, als einen beginnenden Strategiewechsel qualifiziert haben. Ich bitte Sie, machen Sie aus den Signalen einen Kurs! Sie haben heute hier die Gelegenheit dazu. Wir hoffen und erwarten von Ihnen, dass der Parteitag am 28. April eine deutliche Absage an diese Sanktionen der EU-14 bringt. Und es wird auch ein Test für Ihre Führungsqualitäten und für den Kurs der SPÖ sein, was Ihre ausländischen Gäste der Internationalen Sozialdemokratie bei diesem Parteitag auf österreichischem Boden unmittelbar am Tag nach dem österreichischen Unabhängigkeitstag, dem 27. April, sagen. Sie haben sie eingeladen, Sie sind mitverantwortlich für das, was dort gesagt wird. Wir werden uns das sehr genau ansehen.

Herr Kollege Gusenbauer! Entkräften Sie die Gerüchte, Behauptungen, Annahmen, Spekulationen, dass diese EU-Maßnahmen von der Sozialistischen Internationale geplant wurden, durchgeführt und unterstützt werden. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Ich glaube, dass dann, wenn die vier Punkte dieses Dringlichen Antrages angenommen werden, Klarheit geschaffen ist. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Mag. Kukacka: Sorgen Sie für Aufklärung! – Abg. Sophie Bauer: Was ist mit Chirac? – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Ich rufe daher den Patrioten Van der Bellen und den Patrioten Alfred Gusenbauer auf: Bilden Sie diesen rot-weiß-roten Konsens! Wir werden eine namentliche Abstimmung verlangen beziehungsweise beantragen, sodass alles klar im Protokoll aufscheint. Da kann jeder abstimmen, wie er will. Wir werden sehen, wo der nationale Konsens zu Hause ist und wo nicht. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Grabner: Sicher nicht bei dir!)

Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich noch drei Schlussbemerkungen machen. Die erste ist eine ganz triviale. Herr Kollege Kostelka hat heute in der Früh in der Aktuellen Stunde zu dem Kredit, den die SPÖ-Bundesparteiorganisation bei der Steiermärkischen Sparkasse aufgenommen hat, gemeint, dass auch die Österreichische Volkspartei bei dieser Sparkasse einen Kredit aufgenommen habe. Ich darf Ihnen dazu Folgendes mitteilen: Landeshauptfrau Klasnic hat mich informiert. Es gab einen Kredit im Jahre 1990, der 1996 zurückgezahlt wurde. Es gibt weder einen Kredit der Bundespartei noch der Steiermärkischen Volkspartei bei dieser Sparkasse, die ein sehr seriöses und gutes Institut ist. – Erster Punkt. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Ing. Westenthaler: Wie war das noch mit den "Kartenhausskandalen"? Dieser ist jedenfalls zusammengebrochen!)

Man muss auch in den Details immer korrekt sein, gerade in Finanzangelegenheiten, Kollege Kostelka, denn wenn man in den Details nicht korrekt ist, bekommt man Probleme. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)


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Eine weitere Bemerkung: Herr Kollege Gusenbauer, Sie haben in der "Kleinen Zeitung" vom 13. April wörtlich über unsere Regierung gesagt, die Regierung schlage einen absolut autoritären Kurs ein, und zwar nicht nur im Sozialbereich, sondern auch im Demokratiebereich. Ich habe Ihnen daraufhin noch am 13. April einen Brief geschrieben und Sie gebeten, sich davon zu distanzieren, weil ein autoritärer Kurs ein Verfassungsbruch wäre. Sie haben sich wahrscheinlich um viele andere Dinge kümmern müssen. Ich habe auf diesen Brief bis heute keine Antwort erhalten. Ich wäre für eine Antwort von diesem Rednerpult aus dankbar.

Schließlich darf ich Ihnen, Herr Kollege Gusenbauer – damit Sie sehen, wie flüchtig die Zeit ist – aus Ihrer Dissertation noch etwas vorlesen, was mir eingefallen ist, als ich von den "braunen Flecken" und Ihre Bemerkungen zu Bruno Kreisky gehört habe. Sie schrieben in dieser Ihrer Dissertation im Jahre 1987 wörtlich:

Ich widme diese Arbeit jenem Politiker, der wie kein Zweiter die Geschichte der Zweiten Republik geprägt hat und der heute den erbärmlichsten Anwürfen kleiner Geister ausgesetzt ist: Bruno Kreisky. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

15.20

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Zur Abgabe einer Erklärung hat sich der Herr Bundeskanzler zu Wort gemeldet. – Bitte.

15.21

Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Herr Präsident! Es wird Sie nicht überraschen, dass ich namens der Bundesregierung ausdrücklich die Absicht der beiden Fraktionen begrüße, die Regierungsarbeit aktiv zu unterstützen und uns heute mittels eines Dringlichen Antrages Rückendeckung zu geben, von den Vierzehn die Aufhebung der Sanktionen zu verlangen. Ich finde, dass dieser Antrag auch sehr ausgewogen und klug formuliert ist. In diesem Antrag steht: Wir laden Sie ein. Österreich bekennt sich zur Europäischen Union, Österreich fordert ein Ende der ungerechten Sanktionen, und Österreich wird ein rechtsstaatlich geordnetes Verfahren vorschlagen, damit man in Zukunft bei der Verhängung von Sanktionen nicht mehr auf Willkür oder auf politische Beliebigkeit angewiesen ist. – Wer könnte das ablehnen?, schreibt heute ein Kommentator der "Salzburger Nachrichten", und ich stimme ihm zu und stelle ebenfalls die Frage: Wer kann einen solchen Antrag ablehnen? (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Im Wesentlichen geht es hierbei um eine staatspolitisch notwendige gemeinsame Erklärung, die wir heute den 14 Partnern in Europa senden können. Ich finde, es geht längst nicht mehr nur um Österreich – natürlich vorrangig für uns, das ist klar; es regt uns vor allem deswegen auf, weil wir mit unserem Land leiden und weil wir uns mit dem Schicksal unseres Landes und auch mit der Politik unseres Landes in besonderer Weise identifizieren –, sondern es geht heute um viel mehr, es geht auch bereits um Europa.

Jemand, den ich sehr gut kenne und sehr schätze, der vor wenigen Tagen zur Bundesvorsitzenden der CDU gewählt wurde, Angela Merkel, hat dies in ihrer bemerkenswerten Rede vor dem CDU-Parteitag auch zum Ausdruck gebracht. Sie sagte – ich zitiere –:

Für mich ist sonnenklar, wenn die Staaten der Europäischen Union, ihre Staats- und Regierungschefs einen Weg weiterbeschreiten, wie sie ihn gegenüber Österreich in den letzten Wochen und Monaten gefahren haben, wird das Europa der Zukunft nicht ein Europa der Bürger sein. – Zitatende.

Das ist, meine Damen und Herren, der Grund, warum in vielen Parlamenten, vor allem in jenen kleinerer Länder, beinahe so etwas wie ein nationaler Konsens entstanden ist, dass man so ein Europa, das zentralistisch, ohne rechtsstaatliche Basis und ohne demokratisches Verfahren vorgeht, nicht will. Deswegen geht es nicht nur um uns, sondern es geht auch um Europa! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wir haben vor fast drei Monaten unsere Arbeit angetreten. Ich brauche hier nicht über die Umstände zu reden, es war sehr schwierig, das kann sich jeder vorstellen. Wir haben in diesen drei


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19. Sitzung / Seite 106

Monaten einiges weitergebracht, nicht alles ist schon abgeschlossen, vieles ist noch in der parlamentarischen Prozedur, aber man kann doch schon eine erste Zwischenbilanz ziehen. In diesen fast drei Monaten konnte sich nicht nur die österreichische Öffentlichkeit, sondern konnten sich auch die 14 Regierungen der anderen europäischen Partnerländer genau anschauen, was eigentlich in Österreich passiert. Sie haben Zeit genug gehabt, zu sehen, ob ihre Befürchtungen, ihre Sorgen eintreten oder nicht.

Es ist auch interessant, dass gerade jetzt viele differenzierte Stimmen hörbar werden. Nicht nur in den Zeitungen, in den wichtigsten Zeitschriften Europas sind sehr kritische Kommentare über die Sanktionen zu lesen gewesen, sondern auch namhafte Politiker haben sich zu Wort gemeldet, und es sind wiederum differenzierte, positive Stimmen für Österreich in Irland, Dänemark, Finnland, Italien, Griechenland, Luxemburg, aber auch in den großen Ländern hörbar geworden. – Ich möchte an dieser Stelle allen Österreichern danken, die mir und den Regierungsmitgliedern Tausende Briefe geschrieben haben, die den Abgeordneten geschrieben haben, wie sie sich fühlen und wie sie unter dieser Situation leiden. Ich danke allen, dass sie uns diesbezüglich geschrieben haben und uns damit auch Kraft geben, durchzuhalten! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Es waren auch Prominente dabei wie Altbundeskanzler Josef Klaus oder der frühere Gewerkschaftschef und langjährige Politiker Franz Olah. Aus den verschiedensten politischen Lagern kommend haben Prominente sehr persönliche, handschriftliche Briefe zu dieser Situation in unserem Land und in Europa abgegeben. Ich möchte ihnen dafür danken.

Ich möchte aber auch jenem danken, der heute vor dem französischen Senat spricht, nämlich dem Präsidenten des österreichischen Verfassungsgerichtshofes, Adamovich. Er ist absolut unabhängig. Er hat früher vielen Kanzlern gedient, wie beispielsweise Julius Raab oder auch Bruno Kreisky, und er ist heute ein unbestechlicher Hüter und Wahrer der österreichischen Verfassungsordnung. Ich danke ihm, dass er, übrigens auf Einladung des französischen Verfassungsrichters, des sozialistischen Senators Badinter – viele kennen ihn –, die Gelegenheit wahrnimmt, heute in einer exquisiten und ausgearbeiteten Rede Österreich zu verteidigen. Das ist wichtig! Das erwarten wir von uns, und das erwarten wir auch von allen, die etwas zu sagen haben! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich danke Fürst Schwarzenberg, Paul Lendvai, Lord Weidenfeld oder Professor Michalsky, dass sie eine sehr ausgewogene und pointierte Erklärung für Österreich abgegeben haben, die durchaus nicht unkritisch ist. Ich danke allen – Klaus Emmerich sitzt auch oben auf der Tribüne –, den österreichischen Bürgern, die ein Manifest "Österreich in Europa" ausgearbeitet und auf eigene Kosten publiziert haben. Das ist Bürgergesellschaft, die das Land zum Besseren verändern wird! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Dieses Manifest ist deswegen sehr interessant, weil damit viele Dinge wieder in Erinnerung gerufen werden, die in Österreich so selbstverständlich sind, dass sie manche, auch im Ausland, beinahe schon vergessen haben. Österreich hat innerhalb der Europäischen Union die schärfsten Anti-Nazi-Gesetze. Auf Grund der österreichischen Rechtsordnung ist eine rassistische Partei undenkbar, denn sie würde gar nicht zur Wahl zugelassen werden. Daher sind auch Vorwürfe, wie sie von manchen europäischen Ministern erhoben wurden, dass in Österreich eine rassistische Partei in der Regierung sitzt, außerordentlich problematisch und müssen von jedem aufrechten Österreicher zurückgewiesen werden! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Belehrungen braucht Österreich nicht, schon gar nicht von Ländern, die nicht so wie wir in Österreich etwa die Europäische Menschenrechtskonvention und die Zusatzprotokolle im Verfassungsrang haben, welche somit unmittelbar anwendbares Recht sind. Die internationalen Abkommen über die Beseitigung aller Formen der rassischen Diskriminierung – mit einem eigenen Durchführungsgesetz im Verfassungsrang stehend – sind direkt vor dem Verfassungsgerichtshof einklagbar. Damit sind alle Prinzipien und Grundsätze, die im Artikel 6 des Amsterdamer Vertrages stehen – der übrigens auf eine Initiative von mir und von Lamberto Dini zurückgeht –, klar und einklagbares österreichisches Recht. Wer noch von den


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19. Sitzung / Seite 107

Kritikern in Europa kann eine derartige rechtliche Situation vorweisen?! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Im Unterschied zum österreichischen Verfassungsgerichtshof haben wenige europäische Höchstgerichte die Möglichkeit, umfassende Kompetenz über sämtliche Verwaltungsakte, Gesetze, Verordnungen, Einzelentscheidungen von Verwaltungsbehörden zu haben, die alle Fragen – auch die besonders sensiblen – aller Formen von Diskriminierung mitumfassen. Das wissen nur wenige. Vielleicht wäre es aber auch ganz günstig, sich einmal der Mühe zu unterziehen, nachzuschauen, was in diesem kleinen Land im Herzen Europas wirklich los ist, und Urteile anstelle von Vorurteilen zu setzen, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ganz wichtig ist übrigens, dass 90 Prozent der Entscheidungen des Verfassungsgerichtshofs auf Initiativen von Einzelpersonen zurückgehen – sehr häufig von ausländischen Mitbürgern, die sich in irgend einer Weise diskriminiert fühlen und daher direkt zum Verfassungsgerichtshof gehen können. Das ist ein Rechtsbestand, auf den wir stolz sein können und den uns manche europäische Länder erst nachmachen sollen!

Ich sage das hier, weil es nicht selbstverständlich, aber wichtig für uns ist: Österreich kennt – von Einzeltätern abgesehen – keine gewalttätigen Ausschreitungen gegen Ausländer oder Minderheiten. So lange wir atmen können, solange werden wir alles tun, damit dieses Niveau an Sicherheit für In- und Ausländer auch weiterhin gewahrt bleibt. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Weiß denn die Präsidentin des Europäischen Parlaments – das sage ich schon sehr deutlich und nachdrücklich – nicht, was im eigenen Bericht des Europäischen Parlaments steht? – Danach steht Österreich in Bezug auf Fragen der Menschenrechte und der Rechtsstaatlichkeit im Spitzenfeld europäischer Länder. Das hätte ich gerne einmal von meiner, von unserer Präsidentin des Europäischen Parlaments gehört und nicht Vorverurteilungen gegen Österreich! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Österreich war und ist ein aufnahmebereites Mitgliedsland für Flüchtlinge und Asylanten. 1956 haben wir über 200 000 Flüchtlinge aus Ungarn aufgenommen und 1968 10 000 Flüchtlinge aus der Tschechoslowakei. Wir waren Transitland für 367 000 Juden aus der Sowjetunion, und in den neunziger Jahren kamen Hunderttausende von Flüchtlingen aus dem ehemaligen Jugoslawien. Wir brauchen uns mit unserem Ausländeranteil nicht zu verstecken. Wir haben 9,2 Prozent Ausländeranteil in Österreich. Wien hat mit über 17 Prozent legalen Ausländern aus Nicht-EU-Ländern einen weitaus höheren Anteil als die meisten europäischen Metropolen. Wer es nicht weiß, der soll sich informieren, wer sich aber nicht einmal informieren will, der soll uns bitte nicht vorverurteilen! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Diese Maßnahmen oder Sanktionen – ich nenne sie Sanktionen, weil ich die Dinge nicht verharmlosen will – der EU-14 sind unerhört. Sie haben noch nie seit dem Zweiten Weltkrieg gegen ein europäisches Land in dieser Form gewirkt. Es gibt keine bilateralen Besuche zwischen österreichischen Regierungsmitgliedern und den anderen14 EU-Ländern. Ist das wirklich angebracht? Ist es kein Problem, dass ein Vertreter Russlands in Downingstreet 10 ein- und ausgehen kann! – Ich habe keine Chance dazu. Ist es ein Problem, einem österreichischen Minister die Hand zu schütteln, und bei Ministern anderer Länder, die in der Demokratieentwicklungsskala weit hinter Österreich liegen, ist es kein Problem? Ist das die ethische Außenpolitik im bilateralen Bereich, die sich manche der anderen 14 EU-Länder tatsächlich vorgenommen haben? – Da sind große Fragezeichen angebracht, meine Damen und Herren!

Ich sage das hier in aller Schärfe, denn diese Sanktionen treffen uns alle. Sie treffen uns als Minister, sie treffen aber auch die Bürger, und sie treffen damit ein ganzes Land. Man kann nicht zwischen einer letztlich über eine demokratische Wahl zustande gekommenen Regierung und einem Volk, das diese Parteien gewählt hat, unterscheiden. Das geht in der Demokratie nicht. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)


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Bis zur Stunde sind 33 uns bekannte gemeinsame Kultur- und Wissenschaftsveranstaltungen abgesagt worden. Gestern ist mir eine besonders absurde Absage auf den Tisch geflattert: Es ist ein gemischtes europäisches Orchester, in dem einige Österreicher dabei sind, ausgeladen worden, mit der Begründung, weil Österreicher dabei sind. Spanien war es. Ich muss ehrlich sagen: Irgendwo fragt man sich, wo denn da der gemeinsame Wertekanon sein soll, auf den wir uns ständig beziehen.

Sechs SOKRATES-Programme sind abgesagt worden. Sogar gemeinsame Archäologieprogramme sind von der Absage bedroht. (Abg. Dr. Martin Graf: Die Abgeordneten von der sozialistischen Partei freuen sich noch! Die freuen sich!) Wir haben im wirtschaftlichen und im Tourismusbereich die Konsequenzen daraus zu tragen. Diese sind zwar nicht weltbewegend, aber ich sage auch dazu ganz offen: Wie kommt denn ein kleiner Hotelier oder ein kleiner Wirtschaftstreibender dazu, dass er sich überhaupt mit diesen Fragen auseinander setzen soll? – Das sollen jene wissen, die immer den Eindruck erwecken wollen, die Sanktionen träfen ja nicht das Volk, sondern sie träfen nur die wahrhaft Schuldigen, nämlich die Regierung. Das ist eine der Legenden, die man nachhaltig zerstören und zurückweisen muss. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Österreichische Experten sind aus Führungspositionen im Europarat abgewählt worden. Es sitzen hier viele, die wissen, wie im Europarat eigentlich gearbeitet wird. Es ist doch eine Schande, dass ein Experte deswegen, weil er Österreicher ist, in Hinkunft nicht mehr der Doping-Kommission als Vizepräsident vorsitzen kann. Wo war da der Aufschrei, der auch hörbar wird innerhalb der EU-14 und der vor allem bis zu den Regierungschefs, die letztlich für all diese Maßnahmen verantwortlich sind, hinaufgeht?

Ich sage auch ganz offen: Empörend waren meiner Auffassung nach auch die Vorkommnisse anlässlich der Eröffnung der Beobachtungsstelle der Europäischen Union gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit. Man muss diese Dinge, diese Titel beinahe schon unter Anführungszeichen setzen. Ich fand als derjenige, der gekämpft hat, dass diese EU-Stelle überhaupt nach Wien kommt, die Art und Weise empörend, wie man dort mit einer österreichischen Ministerin umgegangen ist. Eigentlich – das muss ich offen sagen – hätte ich mir angesichts dieser Vorgangsweise einen gemeinsamen Aufschrei aller Österreicher erwartet. Ich hätte mir gewünscht, dass die Präsidentin des Europaparlaments etwas dazu sagt. Ich hätte mir auch mehr als vornehmes Schweigen von der Europäischen Kommission erwartet, denn immerhin werden diese Dinge auch aus Gemeinschaftsmitteln finanziert.

Wie objektiv kann denn eine solche Beobachtungsstelle sein, wenn sie die einfachsten Gesetze der Höflichkeit, des Gastrechts, aber auch der Prinzipien, auf die wir uns ständig berufen, missachtet? Ich sage das hier sehr deutlich. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Die jüngsten Vorkommnisse – ich wurde gerade davon informiert – kommen wiederum aus Paris und betreffen wiederum den österreichischen Botschafter. Sie erinnern sich, das französische Parlament, die Nationalversammlung hat zu einer Vorbereitungssitzung für die französische EU-Präsidentschaft alle eingeladen, mit einer Ausnahme: Der österreichische Botschafter wurde explizit ausgeladen. Daraufhin kam nach Protesten unsererseits eine Beruhigung vom Außenministerium, vom Quai d’Orsay, das werde abgestellt, Österreich werde voll informiert. Das seien eben die Parlamentarier, aber man werde sich bemühen, das abzustellen.

Heute bekam ich eine Information vom österreichischen Botschafter Ceska. Heute, am 26. April, gibt es in der Nationalversammlung eine weitere Veranstaltung, ein Kolloquium über – ausgerechnet – die Europäische Grundrechtscharta. Alle sind eingeladen, die Minister Guigou und Moskovici reden, alle EU-Botschafter, alle Botschafter der Kandidatenländer sind eingeladen, der österreichische Botschafter wurde explizit nicht eingeladen. (Abg. Großruck: Das ist ein Skandal! Pfui!) In einem Monat gibt es eine weitere Veranstaltung zum Thema "soziale Standards". Sozialministerin Aubry nimmt daran teil. Wiederum ist Österreich explizit nicht eingeladen. Und am 7. Juni wird es zum Thema "Sport" mit den Ministern Buffet und Moskovici Gespräche geben. – Wiederum ist Österreich nicht erwünscht.


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Meine Damen und Herren! Ich würde Sie wirklich bitten, diesen heute vorgelegten, sehr maßvollen Antrag anzunehmen und zu unterstützen und damit ein gemeinsames Zeichen zu setzen, dass wir diese ungerechtfertigte Behandlung nicht einfach hinnehmen werden. Ich bitte Sie darum, und ich fordere Sie auch gleichzeitig dazu auf. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Folgendes ist mir aber schon klar geworden – und das sage ich als glühender Europäer, der von seiner Europabegeisterung nichts zurücknimmt, der aber jetzt mehr Wachsamkeit bei manchen institutionellen Fragen walten lassen wird –: Aufgrund dieser Dinge werden wir gemeinsam mit Zähnen und Klauen jedes unserer Rechte im Rahmen des Vertrages verteidigen. Wir werden bei der Regierungskonferenz mit Zähnen und Klauen darauf achten, dass jedes Land in jeder europäischen Institution vertreten bleibt.

Wir werden uns nirgends hinausdrängen lassen: weder aus der Kommission noch aus dem Europäischen Gerichtshof noch aus dem Europäischen Rechnungshof, wie das manche große Länder ganz gerne sehen würden. Wir werden auch unsere Position, aus diesem Vorfall lernend, mit Zähnen und Klauen erhalten. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Deswegen abschließend die Aufforderung an die Vierzehn: Überdenken Sie so rasch wie möglich diese Strategie! Der Zeitpunkt ist jetzt, so glaube ich, mit dem heutigen Antrag ideal, nämlich sechs Wochen vor dem nächsten Europäischen Rat in Feira. Dort könnte etwa eine solche Einstiegsstrategie in eine positive Lösung gefunden werden. Ich versichere Ihnen: Wir von der österreichischen Bundesregierung werden alles tun, um zu konstruktiven Gesprächen ohne Emotionen, ohne Aufschaukelung zur Verfügung zu stehen.

Mir ist die Sache Europa, aber auch das österreichische Anliegen, die Sorge um unser Land viel zu wichtig, als Prestige- oder Gesichtsfragen in den Vordergrund zu rücken. Aber es gibt auch Grenzen: Österreich braucht keinen Bewährungshelfer, und Österreich wird niemals eine Umkehr der Beweislast akzeptieren. Wir müssten sozusagen beweisen, dass wir unschuldig sind, obwohl jeder sieht, dass wir nichts getan haben, was dem europäischen Wertekanon widerspricht. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Daher meine abschließende Einladung – ich habe mich wirklich bemüht, ohne irgendeine Polemik im Inneren auszukommen –: Ich bitte Sie wirklich, stärken Sie uns den Rücken! Helfen Sie uns und wirken Sie mit, den Weg in eine solche Lösungsstrategie gemeinsam zu finden! Der heutige Tag könnte wichtig sein, wenn Sie alle gemeinsam diesen Antrag Khol/Westenthaler unterstützen. (Die Abgeordneten von ÖVP und Freiheitlichen erheben sich von ihren Plätzen und spenden stehend lang anhaltenden Beifall. – Abg. Dietachmayr: Jetzt wird es schon peinlich!)

15.42

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Wir gehen nunmehr in die Debatte ein.

Ich mache darauf aufmerksam, dass gemäß der Geschäftsordnung kein Redner länger als 10 Minuten sprechen darf, wobei jedem Klub eine Gesamtredezeit von insgesamt 25 Minuten zukommt.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Ing. Peter Westenthaler. – Bitte.

15.43

Abgeordneter Ing. Peter Westenthaler (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es wird immer deutlicher und ist auch schon gesagt worden, und man kann es nicht oft genug unterstreichen: Diese Sanktionen der EU-14 sind politisch absurd, sie sind ungerecht (Abg. Reitsamer: Das sind die Aussagen von Haider auch!), sie sind rechtswidrig und – darauf lege ich auch Wert – widersprechen den fundamentalen Prinzipien der Demokratie, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)


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Es ist aber genauso politisch absurd, ungerecht und widerspricht den fundamentalen Prinzipien der Gemeinschaft der Europäischen Union, wenn europäische Spitzenpolitiker, wenn eine Parlamentspräsidentin oder andere Personen des politischen Lebens Österreich als außerhalb der europäischen Wertegemeinschaft stehend sehen, also als zweitklassig hinstellen wollen, seine Bürger als zweitklassig hinstellen wollen oder seine Politiker als zweitklassig hinstellen wollen. Das ist ganz entschieden abzulehnen und zurückzuweisen! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Österreich erfüllt seine Pflichten, und Österreich wird weiterhin seine Pflichten erfüllen. Wir haben das im heutigen Antrag zum rot-weiß-roten Konsens niedergeschrieben. Gerade weil Österreich seine Pflichten erfüllt – wir bekennen uns dazu –, nehmen wir uns auch heraus, immer ganz deutlich und unmissverständlich auf die Rechte Österreichs als vollwertiges, gleichwertiges Mitglied der Europäischen Union hinzuweisen. Damit werden wir nicht aufhören. Da werden wir keine Ruhe geben. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Österreich ist nicht zweitklassig, seine Bevölkerung ist nicht zweitklassig, und seine Politiker sind es auch nicht. Und es ist äußerst bedauerlich, Herr Kollege Gusenbauer, dass Sie schon im Vorlauf zu dieser Sitzung deutlich gemacht haben, dass Sie, die SPÖ, und auch die Grüne Alternative einmal mehr nicht den ausgestreckten Arm ergreifen, einmal mehr nicht einschlagen zu diesem rot-weiß-roten Konsens, einmal mehr nicht Ihre Hand reichen wollen – dies wohl deshalb, weil Ihnen die Parteifarben rot und grün wichtiger sind als rot-weiß-rot für Österreich. Das ist Ihnen wichtiger. Sie stellen nach wie vor die Parteiinteressen vor das Staatsinteresse. Doch das sollten Sie sich in Zukunft doch gründlich überlegen! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Es ist geradezu eine Kühnheit, denn wenn man sich die beiden Anträge, nämlich jenen der SPÖ und jenen der Regierungsparteien, ansieht, dann stellt man fest, dass sie sich durch fast nichts unterscheiden. Sie haben eine Abschreibübung gemacht, denn Sie haben im Wesentlichen die Punkte unseres Antrages übernommen. Allerdings haben Sie einen kleinen Zusatz hineingegeben, und das unterscheidet die beiden Anträge voneinander.

Sie wollen einmal mehr eine Verurteilung einer parlamentarischen demokratischen Partei dieses Hauses, und das charakterisiert Sie, und das nimmt Ihnen auch die Maske ab. Es geht Ihnen nicht um das Staatsganze, um das Staatsinteresse! Sie werden in unserem Antrag nicht eine einzige Parteipolemik, nicht eine einzige Attacke, nicht eine einzige Erwähnung finden, die in Richtung Parteipolitik geht! Aber das ist der Unterschied: Sie haben mit der Festschreibung, dass es Ihnen um Parteipolitik geht, deutlich gemacht, dass es Ihnen nicht darum geht, einen nationalen Konsens gegen die Sanktionen zu erreichen, sondern dass es Ihnen tatsächlich nur um Parteipolitik geht, dass es Ihnen nur um Vernaderung geht, und das haben Sie heute auch mit diesem Antrag wieder deutlich gemacht. Das ist bedauerlich. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Das ist bedauerlich, gerade angesichts dessen – der Herr Bundeskanzler hat schon darauf hingewiesen –, dass sich ein solch großer Mann wie der Präsident des Verfassungsgerichtshofes Adamovich auf Reisen nach Paris begibt und dort deutlich Folgendes deutlich macht – das ist in der heutigen Tageszeitung "Die Presse" auf Seite 1 nachzulesen –:

"Kritik an den Sanktionen der EU-14 gegen Österreich, Verteidigung" – jetzt zuhören, Adamovich – "der FPÖ gegen den Vorwurf des Rassismus: Diese Botschaft will der Präsident des VfGH, Ludwig Adamovich, heute, Mittwoch, an den französischen Senat richten."

"Adamovich will auch Noch-FP-Obmann Haider rechtlich verteidigen: ,Daß man ihm irgendein rechtswidriges Verhalten vorwerfen kann, das sehe ich nicht‘, sagt Adamovich. ,Es ist nichts da.‘"

Er sagt auch, dass es innenpolitische Debatten gibt, aber er fährt hinaus ins Ausland, nach Paris, verteidigt Österreich, seine demokratischen Parteien, die FPÖ, ja auch den Chef einer Regierungspartei. Und das würde Ihnen zustehen, dass Sie das Ganze, das Land, die Demo


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kratie und seine parlamentarischen Parteien auch im Ausland gegenüber ungerechtfertigten Angriffen verteidigen! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Es ist bedauerlich, dass Sie auch heute offensichtlich wieder einmal nicht diesem nationalen Konsens beitreten wollen, aber es ist verständlich. Es ist bedauerlich, aber verständlich, weil es Ihnen nicht in die Linie passt, weil es Ihnen einfach nicht möglich ist, weil Sie sich jetzt in der Zwickmühle befinden und im Ausland ihren verbündeten Genossen deutlich machen müssten: Eigentlich war das in den letzten Wochen nicht so gemeint, was wir euch alles über Österreich gesagt haben. Etwa Lacina: In Österreich stinkt es gewaltig. – Gusenbauer: Österreich ist dabei, seinen Status als zivilisiertes Land zu verlieren. – APA vom 8. Feber 2000. (Abg. Mag. Schweitzer: Das ist ja ein Wahnsinn!)

Oder Sie setzen sich mit Crespo, dem Chef der SPE, hin und kommen überein, dass die SPE-Fraktion voll und ganz hinter den Sanktionen der Vierzehn steht. Oder Swoboda sagt zu den Sanktionen, sie seien wichtig und richtig. – Ich weiß schon, dass es schwierig ist, jetzt hier im Inland die Kurve nach Ihren Aussagen im Ausland zu nehmen. Es ist aber auch so, dass Sie einfach immer mehr in diese Sackgasse, in diese Zwickmühle hineinkommen, weil Ihnen der Gegenwind der österreichischen Bevölkerung, der Gegenwind der parlamentarischen Demokratie ganz gewaltig ins Gesicht bläst. Deshalb haben Sie Probleme, wenn Sie diesen Schulterschluss mitmachen wollen.

An einem Tag sagt Nationalratspräsident Fischer in einer Pressekonferenz im Hinblick auf den SPÖ-Parteitag, dort werde es keinen Antrag auf Aufhebung der EU-Sanktionen geben – und am selben Tag am Abend fordert Kollege Gusenbauer einen "runden Tisch" zur Aufhebung der Sanktionen. Da sagt Herr Gusenbauer, er habe sich im Europarat besonders gegen ein Monitoring-Verfahren eingesetzt, das dann auch abgelehnt worden ist. Dann kommt Herr Kostelka in Österreich und fordert genau dieses Monitoring-Verfahren, das auf Europaratsebene abgelehnt worden ist. Das ist eben Ihr innen- und außenpolitischer "Eiertanz der SP um EU-Boykott", wie es die "Kronen Zeitung" festgestellt hat.

Sie fahren herum, und Sie wollen – ich nehme Ihnen das auch ab – eine Brücke schlagen, Sie wollen als designierter SPÖ-Obmann vielleicht einen Konsens erreichen, aber sobald Sie einen kleinen Versuch starten, kommen Ihre Verbündeten und Nichtverbündeten in der SPÖ von der linken Seite, Kostelka, Fischer und wie sie alle heißen, und fahren Ihnen drüber.

Ich sage Ihnen: Mut ist angebracht – Mut, Herr Kollege Gusenbauer! Trauen Sie sich doch! Trauen Sie sich und bringen Sie heute auch Ihre Genossen dazu, bei diesem Antrag mitzustimmen, damit wir einen nationalen Konsens haben! Trauen Sie sich, dann werden Sie von der Bevölkerung auch entsprechend anerkannt werden! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.) Hören Sie auf, diesen Eiertanz zu machen! Ostern ist vorbei, Eier gibt es keine mehr, man braucht auch nicht mehr um Eier zu tanzen. Jetzt zählt Rot-Weiß-Rot!

Es ist auch so, dass dieses sozialistische Konzept der europaweiten Isolierung Österreichs in Wirklichkeit schon lange gescheitert ist. Ganz im Gegenteil: Sie und die Grünen manövrieren sich hier in Österreich immer mehr in eine Isolation gegenüber der österreichischen Bevölkerung. Das ist die Wahrheit! Das Konzept ist schon lange gescheitert.

Ihr Konzept, die österreichische Bundesregierung mit der Bevölkerung auseinander zu dividieren, funktioniert nicht mehr. Es sagt in diesem Zusammenhang Andreas Koller von den "Salzburger Nachrichten":

Die Selbstinszenierung der SPÖ im Ausland ist nicht nur heuchlerisch, sie geht auch von falschen Voraussetzungen aus. Die SPÖ unterscheidet bei den Sanktionen, die von den EU-14 gegen Österreich verhängt wurden, irrigerweise zwischen guten und bösen Sanktionen. Die guten Sanktionen sind nach Ansicht der SPÖ jene, die sich gegen die österreichische Regierung richten; die bösen Sanktionen richten sich gegen die österreichische Zivilgesellschaft. Nur gegen diese Sanktionen tritt die SPÖ im Ausland auf, dabei übersehen die Sozialdemokraten, dass es diese Unterscheidung in Wahrheit nicht gibt. Die von der SPÖ tolerierten Sanktionen gegen die österreichische Bundesregierung haben die von der SPÖ abgelehnten Strafmaßnahmen gegen


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Schulklassen, Künstler und Sportler zwingend nach sich gezogen. Die SPÖ kann oder will dies nicht erkennen und schadet damit dem ganzen Land. – Zitatende; Andreas Koller von den "Salzburger Nachrichten".

Daran ist schon viel Wahres. Es gibt noch einige andere Zitate, und ich sage daher: Schluss mit dieser Politik der verbrannten Erde. – Ziel muss es sein, dass wir zu einem sofortigen Ende dieser EU-Sanktionen kommen. Wenn Sie heute als Fraktion schon nicht zustimmen können, dann habe ich einen Wunsch an Sie, dann wünsche ich mir etwas von Ihnen, Herr Kollege Gusenbauer: Kommen Sie doch nachher hier heraus und sagen Sie aus dem Brustton der Überzeugung: Jawohl, ich bin gegen diese Sanktionen, und ich werde mich dafür einsetzen, dass diese Sanktionen aufgehoben werden – im Sinne der österreichischen Demokratie und seiner Bürger, im Sinne aller Patrioten, die diese Aufhebung der Sanktionen wünschen! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Wenn Sie das machen, dann wird Ihnen die Bevölkerung auch positiv gegenüberstehen, dann kommen Sie aus Ihrer Zwickmühle, aus Ihrer Sackgasse heraus. Sehen Sie das heute als Brücke, als Notausgang der Strategie, die Sie gewählt haben, stimmen Sie mit und unterstützen Sie den rot-weiß-roten Konsens! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

15.53

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Gusenbauer. – Bitte.

15.53

Abgeordneter Dr. Alfred Gusenbauer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Sehr verehrte Mitglieder der Bundesregierung! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist ein ernstes Thema, das wir heute hier zu diskutieren haben, nämlich die Frage, wie Österreich und die österreichische Bundesregierung aus dieser schwierigen europapolitischen und internationalen Isolation herauskommen. Der Herr Bundeskanzler hat sehr eindrucksvoll nachgewiesen, welche praktischen Auswirkungen das auf die Regierungsarbeit hat.

Ich habe vorausgesehen, dass das so kommen wird, wenn diese Maßnahmen beschlossen werden, und habe auch vorausgesehen, welche Folgewirkungen das in einzelnen europäischen Institutionen haben wird, und habe daher mit Recht bereits vor Wochen darauf hingewiesen, dass es mit diesen Maßnahmen dazu kommen wird, dass Österreich seinen Status als zivilisiertes Land zu verlieren in Gefahr gerät, was eben der Fall ist. (Abg. Ing. Westenthaler: Wie können Sie so etwas behaupten? Wie können Sie so etwas behaupten? Das ist doch ein Unsinn! Sie müssen doch wissen, dass das ein Unsinn ist! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Herr Kollegen Westenthaler! Sind Sie imstande, ein paar Minuten zuzuhören und Ihren ganz normalen Lärmpegel einmal etwas zu reduzieren. (Abg. Mag. Schweitzer: Nur zivilisiert kann man zuhören!)

Wenn, Herr Kollege Schweitzer, im Europarat der Antrag auf ein Monitoring-Verfahren ... (Abg. Mag. Schweitzer: Darauf werden wir noch zu reden kommen ...!)

Herr Präsident! Ist es möglich, das freie Wort in diesem Haus zu haben?

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Meine Damen und Herren! Geben Sie dem Redner eine Chance! (Heiterkeit.)

Abgeordneter Dr. Alfred Gusenbauer (fortsetzend): Dass im Europarat der Antrag auf ein Monitoring-Verfahren gegen ein Land eingebracht wurde, ist in der Vergangenheit bei der Slowakei, bei Weißrussland oder bei anderen Ländern der Fall gewesen. Wenn gegen Österreich solch ein Antrag eingebracht wird, dann werden wir implizit auf dieselbe Stufe gestellt, und daher habe ich es abgelehnt, dass es solch ein Monitoring-Verfahren gibt, und habe auch einen Großteil der sozialdemokratischen Fraktion im Europarat von dieser Vorgangsweise überzeugt.


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(Beifall bei der SPÖ. – Abg. Ing. Westenthaler: Kostelka fördert es! – Abg. Mag. Schweitzer: Darüber werden wir reden!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zweiter Punkt: Ich bin erstaunt über einzelne Aussagen hier und heute. Seit Wochen zieht Herr Westenthaler mit seinen Kommilotonen (Abg. Fischl: "Kommilitonen"! – Abg. Mag. Schweitzer: "Kommilitonen"! – Abg. Ing. Westenthaler: "Kommilitonen"!) durch das Land und behauptet, überall dort, wo Herr Professor Van der Bellen und ich im Ausland auftreten, führe das zu neuen und verschärften Sanktionen gegen Österreich. (Abg. Mag. Schweitzer: Van der Bellen war in Rom, und Fini hat gewonnen! – Abg. Ing. Westenthaler stellt eine Tafel auf, auf der folgende Aufschrift zu lesen ist: "Die französische Regierung bejaht ,Sanktionen auf Dauer‘".)

Daher habe ich die Frau Außenministerin im Außenpolitischen Ausschuss gefragt, ob ihr von irgendeinem österreichischen Botschafter ein schriftlicher oder mündlicher Bericht vorläge, der diese ungeheuerlichen Unterstellungen des Herrn Westenthaler rechtfertige. Die Frau Außenministerin gab mir eine klare Antwort, sie hat gesagt, ihr lägen keine solchen Berichte vor. Ganz im Gegenteil: Die Frau Außenministerin hat sich im Außenpolitischen Ausschuss bei uns dafür bedankt, dass wir im Europarat – das liegt schriftlich im Bericht vor – darauf hingewirkt haben, dass es kein Monitoring-Verfahren gegen Österreich gibt. Das heißt, das genaue Gegenteil ist wahr: Dort, wo wir im Ausland auftreten, versuchen wir, Verständnis und Klarheit in Bezug auf die österreichische Situation zu erzeugen (Abg. Mag. Schweitzer: Wo denn?), und wir versuchen, Schritte, Möglichkeiten und Strategien zu entwickeln, wie wir aus dieser Situation herauskommen. (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn Herr Kollege Khol permanent von der Verschwörung der Sozialistischen Internationale spricht, dann stelle ich ganz offen die Frage zu all dem, was uns der Herr Bundeskanzler und Sie heute hier erklärt haben: Was haben Sie Ihren Kollegen in der Europäischen Volkspartei erklärt? Was haben Sie Ihren Parteifreunden Chirac und Aznar erklärt?

Noch vor wenigen Wochen ist der Herr Bundeskanzler hier gestanden und hat in edlen Worten den spanischen Premierminister Aznar gelobt. Heute stellt er sich her und geißelt die Vorgangsweisen seines Parteifreundes.

Ich frage mich, wenn Sie schon diese Begrifflichkeit der Verschwörung im Munde führen: Was haben Sie Ihren Parteifreunden, die in Europa wesentlich in Regierungsverantwortung sind, bisher erzählt? (Abg. Großruck: Es sind nur zwei! Es sind nur zwei!)

Ich frage Sie auch noch etwas Weiteres: Wenn Sie Unklarheit darüber haben, wie die Maßnahmen gegen die österreichische Bundesregierung zustande gekommen sind, weshalb haben Sie dann den geforderten Untersuchungsausschuss zu diesem Thema hier im Hohen Haus bis zum heutigen Tag schon mehrmals abgelehnt, wenn Sie schon solch ein Wissensbedürfnis in Bezug auf die Ursachen und auf die Gründe haben?

Herr Abgeordneter Khol! Sie hätten jede Möglichkeit gehabt, Klarheit zu schaffen, aber offensichtlich entspricht die Klarheit nicht Ihren Wunschvorstellungen. (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Bundeskanzler! Wenn es Ihnen nicht um Prestige und Gesichtsfragen geht, wie Sie es heute hier geäußert haben, dann habe ich eine konkrete Frage: Der Herr Bundespräsident hat vor dem Gipfel in Lissabon einen Brief an die 14 Regierungen formuliert. In diesem Brief hat er zwei Vorschläge sehr eindeutig zum Ausdruck gebracht: erstens den Stopp der Sanktionen, zweitens die Entwicklung eines europäischen Verfahrens, das, sobald es das gibt, an die Stelle der Sanktionen treten sollte. Der Herr Bundespräsident hätte sich gefreut, wenn alle vier im Parlament vertretenen Parteien Unterstützung dafür geäußert hätten, und hat uns daher alle eingeladen.

Ich kann mich daran erinnern, dass Herr Professor Van der Bellen und ich beim Bundespräsidenten waren und ihm unsere Unterstützung signalisiert haben. (Abg. Dietachmayr: Wo waren die anderen?) Ich kann mich jedoch nicht erinnern, dass die beiden Regierungsvertreter dort waren und die gleiche Unterstützung signalisiert hätten (He!-Rufe bei der SPÖ), und daher hat


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der Herr Bundespräsident in seinem Schreiben nicht auf die Unterstützung der vier Parteien verweisen können.

Wenn es also nicht um Prestige und Gesichtsverlust, sondern um Österreich geht: Wieso haben Sie dann die Initiative des österreichischen Bundespräsidenten nicht unterstützt? (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Ich frage mich: Was macht eigentlich die Bundesregierung, um aus dieser Situation herauszukommen? – Uns und der erstaunten österreichischen Öffentlichkeit erzählen Sie bei jeder sich bietenden Gelegenheit über den Unrechts-Charakter dieser Maßnahmen und kündigen an, dass rechtliche Schritte unternommen werden, nämlich überall dort, wo Österreicher geschädigt werden, und dort, wo Sie glauben, dass auch die Regierung geschädigt wird. Ich frage Sie: Welche rechtlichen Schritte haben Sie bis zum heutigen Tag unternommen? – Sie sprechen öfters davon, Sie kündigen es an, aber kein einziger rechtlicher Schritt ist mir bisher bekannt geworden. Daher stellt sich die Frage: Was macht die Bundesregierung auf diesem Sektor? (Präsident Dr. Fischer übernimmt wieder den Vorsitz.)

Ebenso bin ich der Meinung, dass Empörung über vieles angebracht ist. Ich sehe es überhaupt nicht ein, dass unsere Außenministerin nicht begrüßt wird und dass man den Handschlag verweigert. Ich halte das für keinen guten Stil. Das sage ich in aller Offenheit! (Beifall bei der SPÖ.)

Aber ich stelle mir auch die Frage: Ist es für einen österreichischen Bundeskanzler nicht etwas wenig, nur empört zu sein? Muss man nicht vom Bundeskanzler eines Landes in der jetzigen Situation auch eine Strategie verlangen können, die zeigt, welche Schritte gesetzt werden müssen, damit Österreich auf Basis einer soliden außen- und europapolitischen Analyse aus dieser Situation herauskommt? (Abg. Großruck: Zum Beispiel heute über den nationalen Konsens!)

Muss man nicht von einem Bundeskanzler verlangen können, dass er das Staatswohl in den Vordergrund stellt und sich beim direkt gewählten österreichischen Bundespräsidenten und seinen vielfachen Initiativen gemeinsam mit allen anderen Parteien einreihen sollte? Kann man nicht von einem österreichischen Bundeskanzler in einer solchen Situation verlangen, dass er die parteipolitische Agitation, die er zu vermeiden versucht hat, auch bei jenen Leuten einstellt, die er jeden Tag an die Front schickt und die – zum Unterschied von einzelnen heute kreidegezeichneten Aussagen – nur den Schmutzkübel in der Hand gehabt haben, wenn sie gegen die Grünen oder gegen uns in Erscheinung getreten sind? (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Kann man nicht von einem österreichischen Bundeskanzler, der sagt, er sei bekennender Europäer und stehe zur Europäischen Union, auch erwarten, dass er sich, wenn er ein Koalitionsabkommen mit der FPÖ und Jörg Haider unterschrieben hat, von den Aussagen Jörg Haiders, der den Austritt aus der Europäischen Union in Erwägung zieht, klar distanziert? Kann man das nicht verlangen? (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Dietachmayr: Höchste Zeit!)

Kann man von einem Bundeskanzler nicht verlangen, wenn er tatsächlich will, dass Österreich aus dieser Situation herauskommt (Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen)  – mein letzter Satz –, dass er alle antieuropäischen Provokationen der beiden Regierungsparteien einstellt? (Abg. Dr. Martin Graf: Aber man kann verlangen, dass er sich seine eigene Meinung bildet!)  – Das ist die wesentliche Voraussetzung für einen Ausweg. (Anhaltender Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

16.03

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Spindelegger. Er hat eine Redezeit von 10 Minuten. – Bitte.

16.04

Abgeordneter Dr. Michael Spindelegger (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzter Herr Bundeskanzler! Geschätzte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Herr Kollege Gusenbauer hat viel Anlass gegeben, auf seine Rede zu replizieren. Beginnen möchte ich mit


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folgender Feststellung: Kollege Gusenbauer! Österreich ist ein zivilisiertes Land, hat diesen Status in den letzten drei Monaten nicht verloren und wird ihn in den nächsten Jahren auch nicht verlieren! Ich möchte das ausdrücklich festhalten. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Zweitens: Sie haben mich, Herr Kollege Gusenbauer, persönlich in einem Punkt wirklich enttäuscht, eines konnte ich Ihnen bisher wirklich nicht vorwerfen, und das ist Anmaßung. Aber wenn Sie heute behaupten, dass Sie derjenige waren, der im Europarat verhindert hat, dass gegen Österreich ein Monitoring-Verfahren eröffnet wird, so ist das mehr als Anmaßung, Herr Kollege Gusenbauer! Lassen Sie mich das festhalten. Ich werde Ihnen das auch gleich beweisen. (Abg. Mag. Schweitzer: Das ist unwahr! – Abg. Dr. Gusenbauer: Fragen Sie Ihre Außenministerin!)

Meine Damen und Herren! Es gab am 7. März in Paris eine Sitzung des Politischen Ausschusses des Europarates. (Abg. Mag. Schweitzer: Ja! Wo war er?) In diesem Politischen Ausschuss ging es darum, dass Österreich mit Parlamentariern aus dem Europarat ausgeschlossen werden sollte. (Abg. Mag. Schweitzer: Wo war er?) Ich war dort, weil ich Mitglied dieses Ausschusses bin. (Abg. Schieder: Das stimmt nicht ...!) Herr Kollege Schieder war als Abgeordneter, der ebenfalls in diesem Ausschuss Mitglied ist, nicht anwesend. (Abg. Mag. Schweitzer: Wo waren denn Sie?) Er hat aber einen Stellvertreter, das ist Kollege Gusenbauer. Er war nicht anwesend, meine Damen und Herren! (Oh!-Rufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich möchte als weitere Information sagen: Am nächsten Tag, dem 8. März 2000, gab es in Paris das Monitoring-Committee des Europarates. Dort wurde über diesen Antrag, nämlich, ob man gegen Österreich ein Monitoring-Verfahren eröffnet, abgestimmt. (Abg. Dr. Gusenbauer: Wann war das, Herr Kollege Spindelegger?) Am 8. März 2000 in Paris! Es gibt dort nur einen österreichischen Vertreter, und der heißt Alfred Gusenbauer. Er war nicht anwesend, meine Damen und Herren! (Oh!-Rufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Khol: So redet er hier? – Weitere Zwischenrufe.)

Ich kann mich selten erregen, aber in diesem Fall schon. Wenn meine Kollegin Edeltraud Gatterer und ich uns im Europarat nicht eingesetzt hätten und auch Kollege Schieder nicht das eine oder andere getan hätte (Abg. Ing. Westenthaler: Schieder hat sich enthalten!), dann hätte es ein Monitoring-Verfahren gegen Österreich gegeben.

Aber dass Kollege Gusenbauer erst am Montag Nachmittag, als die Parlamentarische Versammlung des Europarates zusammengetreten war, erschien – und zwar mit einer roten Tasche, die ihn mittlerweile berühmt gemacht hat –, jedoch nicht, um die Sanktionen gegen Österreich abzuwehren, sondern zu spät, nach der Abstimmung und nachdem man über Österreich und die Frage eines dringlichen Antrags abgestimmt hatte, das muss hier in diesem Hohen Haus auch als Tatsache gewertet werden, meine Damen und Herren! (Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich halte es noch einmal fest: Für mich ist es pure Anmaßung, so etwas heute im Hohen Haus zu vertreten. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Martin Graf: Vaterlandslose Gesinnung! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Nahezu drei Monate sind vergangen, seit die 14 Staats- und Regierungschefs in der Europäischen Union diese Sanktionen gegen Österreich verhängt haben. Wir können heute, nach diesen drei Monaten, drei Tatsachen festzustellen.

Punkt eins: Nahezu alle Rechtsexperten sagen heute, dass diese Maßnahmen rechtswidrig sind.

Punkt zwei: Die Front gegen Österreich bröckelt ab. Wer sich in internationalen Medien umsieht, der sieht, wie auch hochrangige europäische Politiker diese Front Stück für Stück durchbrechen. Wenn der finnische Außenminister sagt, noch bevor Frankreich die Präsidentschaft übernimmt, sollten die Sanktionen aufgehoben werden, dann ist das etwas, was Gewicht hat! Er steht nicht meiner Partei nahe, ganz im Gegenteil. Wenn in Dänemark ein Schulterschluss des ganzen Parlaments gegen die Sanktionen vorhanden ist, dann ist das etwas Bemerkenswertes. Wenn in


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Deutschland der FDP-Chef sagt, die Sanktionen gehören aufgehoben, dann kann man auch nicht uns sagen, dass wir das hervorgerufen hätten.

Meine Damen und Herren! Überall erkennt man mittlerweile, dass das für Europa und für den europäischen Gedanken etwas ganz und gar Abträgliches ist. Die Front bröckelt ab.

Tatsache Nummer drei ist aber leider, was nach der heutigen Rede des Kollegen Gusenbauer feststeht: Es gibt offenbar keine Bereitschaft, den Sanktionen-Kurs der SPÖ zu verlassen und auf den Österreich-Weg einzuschwenken. (Abg. Mag. Kukacka: Parteipolitik vor Staatsinteresse!) Ganz im Gegenteil: Ich habe in seiner Rede nicht einmal gehört, dass man diese Sanktionen der Europäischen Union verurteilt. Das halte ich nahezu für einen Skandal, meine Damen und Herren, da so viele Österreicher – wenn nicht die ganze Bevölkerung – mittlerweile davon überzeugt sind, dass man diesen Sanktionen massiv entgegentreten muss!

Ich glaube, dass wir die skurrilen Details, die es dazu gibt, gar nicht näher erläutern müssen, sie sind grausig genug. Wenn Pickerln, auf denen das Mascherl durchgestrichen ist, von Regierungsmitgliedern anderer Regierungen bei Ratssitzungen getragen werden, kann ich dazu nur sagen: Jeder Gemeinderat in Österreich hat mehr Stil im Protest gegen den politischen Gegner! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Wenn ein diplomatisches Szenario aufgerichtet werden muss, damit es von einem Gipfeltreffen in Lissabon kein Familienfoto gibt, auf dem Chirac mit Schüssel abgebildet wird, wenn man den Terminus "Familienfoto" streichen muss, damit es eine gemeinsame Aufnahme gibt, dann frage ich mich, meine Damen und Herren: Ist das europäisch? Hat das etwas mit den Fragen, die uns heute betreffen – Erweiterung, Regierungskonferenz –, zu tun?

Es sind lächerliche Details, um die großes Aufsehen gemacht wird, etwa wenn es bei einem Gipfeltreffen der europäischen Staats- und Regierungschefs mit den afrikanischen Staaten das große Problem gibt, dass Österreich nicht neben dem Platz von Belgien sitzen kann, weil ein dortiger Außenminister Michel dies verweigert und lieber neben dem Platz von Angola sitzt.

Meine Damen und Herren! Es ist offenbar unmoralisch, neben dem Platz von Österreich zu sitzen – wie wenn bei uns permanent Menschenrechtsverletzungen stattfänden. (Abg. Mag. Kukacka: Und nicht in Angola!) Man setzt sich lieber neben den Platz von Angola. Ich möchte gar nicht auf dieses Land und auf das, was dort in der Vergangenheit geschehen ist, eingehen. Aber ich muss sagen: Das ist ein skurriles Detail einer Sanktionen-Politik, die eigentlich jede Glaubwürdigkeit verloren hat. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Was können wir nun dagegen tun? – Wir treten ja heute an, einen nationalen Konsens zu finden. Ich glaube, wir sollten zunächst einmal bei uns selbst beginnen und als Nationalrat mit den Möglichkeiten, die wir haben – mit Freundschaftsgruppen, die aus Mitgliedern dieses Parlaments gebildet werden –, versuchen, den Dialog permanent zu führen. Es sind auch Budgetmittel dafür vorzusehen. Ich betone: Es ist wichtig, dass permanent ein Dialog mit anderen Parlamentariern stattfindet.

Punkt zwei: Ich glaube, dass ein Austritt aus der Europäischen Union – der von manchen in der Aufgeregtheit da und dort schon angesprochen worden ist – absolut kein geeigneter Weg aus dieser Situation ist. Warum? – Die Europäische Union als Institution hat sich nichts zuschulden kommen lassen. Diejenigen, die sich etwas haben zuschulden kommen lassen, waren die 14 Staats- und Regierungschefs, die in einer Wochenend-Aktion per Telefon Sanktionen verhängt haben, für die es keine Rechtsgrundlage gibt. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich sage ganz offen, dass diese Personen ihre Stellung als nationale Staats- oder Regierungschefs im Rahmen der Europäischen Union missbraucht haben, da sie ohne Rechtsgrundlage Österreich so etwas antun.

Ich meine daher, für uns alle gäbe es einen Anlass, einen Konsens in Rot-weiß-rot zu finden – einen Konsens rein deshalb, weil er Österreichs Position im Vergleich zu anderen und dazu, wie


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sie das tun, stärken würde. Ich glaube, es würde den Druck, den wir auf die europäischen Institutionen ausüben müssen, verstärken, wenn einmal alle Parteien in der derzeitigen Ausnahmesituation für Österreich eintreten würden und damit auch ihrer staatspolitischen Verantwortung als Parteien, Österreich einmal nach vorne zu stellen und das eigene Wohl, das in der Vergangenheit so wichtig war, zurückzustellen, gerecht werden würden. Ich glaube, das würde diesem ganzen Haus sehr gut tun. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

16.13

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Dr. Gusenbauer zu Wort gemeldet. Redezeit: 2 Minuten.

Ich bitte, den zu berichtigenden und den tatsächlichen Sachverhalt einander gegenüberzustellen. – Bitte, Herr Abgeordneter.

16.13

Abgeordneter Dr. Alfred Gusenbauer (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Abgeordneter Spindelegger hat soeben behauptet, ich wäre am Nachmittag der Montags-Session des Europarates in Straßburg erst nach der Abstimmung erschienen.

Ich berichtige tatsächlich (Abg. Dr. Martin Graf: Dass ich gar nicht dort war?): Ich war am Montag des genannten Sitzungstages in Straßburg bei der Parlamentarischen Versammlung des Europarates, habe dort als Mitglied der sozialdemokratischen Fraktion ein Referat zur Lage in Österreich gehalten (Abg. Mag. Schweitzer: Bei der Abstimmung?) und die Einsetzung eines Monitoring-Verfahrens abgelehnt, was dazu führte, dass die Frau Außenministerin in ihrer schriftlichen Stellungnahme im Außenpolitischen Ausschuss sagte: Dieses Bild wäre dennoch unvollkommen, wenn ich nicht auch jene anerkennenswerten Bemühungen und jenes patriotische Verantwortungsgefühl von Teilen der Opposition anerkennen und erwähnen würde, die aus gegebenem Anlass über diesen Schatten springen, etwa im Europarat. (Abg. Dr. Martin Graf: Herr Präsident! Das ist ein Redebeitrag!) Ich weiß, dass dies keine leichte Entscheidung war, und habe mich dafür auch in anderem Zusammenhang bereits bedankt. – Soweit die Tatsachen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen. – Rufe bei der ÖVP: Wo waren Sie bei der Abstimmung? Das war eine Bestätigung!)

16.14

Präsident Dr. Heinz Fischer: Meine Damen und Herren! Ich habe jetzt im Computer Herrn Abgeordneten Mag. Schweitzer als nächsten Redner ausgewiesen. Es wird mir aber gesagt und von den Grünen der Standpunkt vertreten, dass, nachdem Herr Abgeordneter Westenthaler schon gesprochen hat, ein Redner der Grünen als Nächster drankommen sollte. (Abg. Mag. Stoisits: Ja, natürlich!)

Ich kann jetzt nicht aus dem Gedächtnis sagen, wie wir das in früheren Fällen gehandhabt haben. Jedenfalls möchte ich kein Präjudiz schaffen. Herr Abgeordneter Schweitzer, lassen Sie Herrn Abgeordneten Pilz den Vortritt? (Abg. Mag. Schweitzer: Bitte!)

Bitte, dann gelangt Herr Abgeordneter Dr. Pilz zu Wort. (Abg. Mag. Schweitzer: Schauen wir, was er zu sagen hat! – Abg. Haigermoser: Kollege, geh du voran, wir kommen später dran!)

16.15

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Meine sehr verehrten Damen und Herren! Verehrter Herr Kollege Schweitzer! Lassen Sie mich mit einem Zitat beginnen: Eine Zusammenarbeit mit Haider ist unmöglich, weil für mich Lebensfragen Vorrang haben vor Parteiinteressen. Eine FPÖ, die die EU ablehnt, die Integration torpediert, den Euro mit Schauergeschichten bekämpft und in der Ausländerfrage mit den Gefühlen der Menschen spielt, lehne ich ab. (Abg. Mag. Steindl: Alles alt ...! – Zwischenruf des Abg. Haigermoser. ) Somit scheidet die FPÖ als Partner aus.

Weiters: Haider hat seinen abstrusen Ideen nie abgeschworen. Bei seinen zentralen Botschaften hat er immer wieder ein Schäuferl nachgelegt. Also kommt er für uns niemals in Frage. Das ist schade, denn damit werden eine Million Wähler aus dem politischen Spektrum genom


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men. Wenn, also eine Koalition mit den FPÖ-Wählern, aber nicht mit der FPÖ und Jörg Haider. (Abg. Edlinger: Wer war das?)

Dem damaligen Vizekanzler Dr. Schüssel ist es mit dieser Haltung gelungen, alle seine Parteifreunde – ohne jede Ausnahme – in der Europäischen Union zu überzeugen. Wir hatten damals zumindest in dieser Frage einen äußerst überzeugenden Außenminister.

Dass es ihm jetzt nicht gelungen ist, seine Parteifreunde vom völligen Gegenteil zu überzeugen, mag auch daran liegen, dass es nicht primär das Interesse von Aznar oder Chirac ist, unbedingt Wolfgang Schüssel als Bundeskanzler der Republik Österreich im Amt zu wissen. Dafür ist das Parteiinteresse über die Landesgrenzen hinweg offensichtlich zu gering.

Wolfgang Schüssel hat eines völlig falsch eingeschätzt: Er hat offensichtlich damit gerechnet, dass die Solidarität seiner Parteifreunde in der Europäischen Union höher steht als die Verpflichtung gegenüber den Grundwerten dieser Union. Er hat offensichtlich nicht damit gerechnet, dass diese Union – egal, ob von Christdemokraten, von Sozialdemokraten oder von Grünen gesehen – eine Wertegemeinschaft der Menschenrechte und der Demokratie ist (Abg. Zweytick: Wo in Italien, wo in Frankreich?) und dass es nach dem gelungenen Überzeugungswerk Wolfgang Schüssels doch keine übergroße Wahrscheinlichkeit gibt, dass nur mit dem Hinweis "Euer Freund Wolfgang Schüssel kann Bundeskanzler werden" plötzlich alles über Bord geht und dass das, was in Europa für alle gemeinsam, über die Parteigrenzen hinweg, gilt, plötzlich nicht mehr gilt. (Abg. Zweytick: Berlusconi kann es besser!)

Ich habe nie verstanden – Herr Kollege Fasslabend, Herr Kollege Khol und auch Herr Dr. Schüssel! –, warum Sie davon überrascht waren, dass auf das Verlassen einer europäischen Wertegemeinschaft Reaktionen kommen mussten. Selbstverständlich waren auch wir von der Schnelligkeit und der Klarheit dessen, was wir heute als Sanktionen bezeichnen, überrascht (Abg. Dr. Martin Graf: Das glauben wir nicht!), aber dass es Reaktionen geben wird, Herr Dr. Khol, das wussten nicht nur wir (Abg. Dr. Martin Graf: Ihr habt es eh schon vorher gewusst!), sondern das wussten auch Sie, und zwar spätestens seit der sehr klaren Warnung des österreichischen Bundespräsidenten. Sie waren vorgewarnt!

Bitte gehen Sie heute nicht her und spielen kurz nach Ostern das schwarze oder das blaue Unschuldslamm, das keine Ahnung hatte und auf dem Altar der Österreich-Hasser in Brüssel geopfert wurde. Das ist doch offensichtlich Unsinn! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Sie nehmen offensichtlich noch immer nicht ernst, was da in Europa passiert ist. (Abg. Zweytick: Was hat Voggenhuber in Europa dazu gesagt?) Man kann es nämlich auch positiv formulieren (Abg. Zweytick: Sagen Sie das dem Kollegen Voggenhuber! Das Ei hat er uns gelegt!), und zwar kann man auch sagen, dass die Basis der europäischen Wertegemeinschaft so klar und so eindeutig ist, dass die Regierungsbeteiligung einer rechtsextremen Partei keine europäische Selbstverständlichkeit und keine Bagatelle ist. Und genau das ist passiert!

Ich habe – ich lasse Westenthaler einmal weg – sehr genau zugehört, was uns Dr. Schüssel und Dr. Khol heute zu sagen hatten. Sie haben ein doppeltes Ultimatum gestellt: zunächst ein Ultimatum an die Europäische Union, das da lautet: Wir fordern euch ultimativ auf, die Sanktionen einzustellen! (Abg. Dr. Martin Graf: Was ist daran schlecht?), und ein zweites Ultimatum an die Opposition – sie haben es völlig anders formuliert, aber die Botschaft ist angekommen, und bis zum gestrigen Abend wurde auch in dieser Sprache formuliert –, das Folgendes bedeutet: Wer sich nicht hinter uns stellt, wer nicht in Form des Kniefalls vor der Regierung den Schulterschluss vollzieht, der ist ein Vaterlandsverräter, der ist kein Patriot! – Das war das doppelte Ultimatum.

Ich habe ein drittes Ultimatum vermisst, nämlich das Ultimatum an den Noch-Parteivorsitzenden der Freiheitlichen Partei. (Abg. Dr. Martin Graf: Sie haben die Leute unterstützt, die plakatiert haben: Patrioten sind Idioten!) Ich frage Sie: Wo ist das Ultimatum an Dr. Haider und die FPÖ geblieben? (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.) Wo ist folgendes Ultimatum geblieben: Wenn noch ein einziges Mal erklärt wird: Wir sind bereit, eine Raus-aus-Europa-Bewegung anzufüh


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ren!, wenn noch ein einziges Mal erklärt wird, dass es Korruptionistenstaaten gibt – mit Ausnahme Österreichs laut Haider – , die mit anderen die Europäische Union bilden, dann ...?

Wenn man das so akzeptiert, meine Damen und Herren von der Österreichischen Volkspartei, dann frage ich mich langsam, welches Kalkül dahintersteckt. (Abg. Zweytick: Kein Marxismus!) Ja glauben Sie denn wirklich, dass die Europäische Union, wenn Sie einen Antrag einbringen, in die Knie gehen und sagen wird: Um Gottes willen, ein Antrag der österreichischen Regierungsparteien! Die Sanktionen sind aufgehoben!? – Ja glauben Sie denn wirklich, dass Sie, wenn Sie Dr. Haider und der Freiheitlichen Partei nicht endlich klarmachen, dass eine Raus-aus-Brüssel-Bewegung in dieser Regierung keinen Platz hat, als Regierung erfolgreich sein werden? (Abg. Jung: Ja glauben Sie denn wirklich, was Sie da sagen?)

Sie machen doch derzeit eine sehr interessante politische Erfahrung: auf der einen Seite eine ÖVP, die glaubt, aus der Bunkersituation Gewinn erzielen zu können, auf der anderen Seite eine Freiheitliche Partei, die verliert und einen Rückfall ins antieuropäische Ressentiment erleidet. Und Sie glauben, dass, wenn Sie jetzt ein Ultimatum an die Vierzehn stellen und nicht einmal in einem Satz darauf hinweisen, dass bestimmte Bedenken auf Basis der gemeinsamen europäischen Werte ernst genommen werden, die Sanktionen dann aufgehoben werden?

Ich sage Ihnen eines ganz deutlich: Seit wenigen Wochen glaube ich Ihnen von der ÖVP nicht mehr oder nicht mehr in vollem Umfang, dass Sie wirklich an der Aufhebung der Sanktionen interessiert sind. (Abg. Zweytick: Haben Sie dem Bundeskanzler zugehört? Sie reden von einem anderen Mann!) Ich habe vielmehr den Eindruck, dass Ihnen auf Grund einer sehr schwierigen innenpolitischen Situation, auf Grund eines Belastungspaketes, hinter das Sie nicht einmal 20 Prozent der österreichischen Bevölkerung als Unterstützerinnen und Unterstützer bekommen, die Sanktionen taktisch immer lieber werden. Hätten Sie die Sanktionen wirklich aufheben wollen, dann hätten Sie die Klestil-Initiative unterstützt, dann hätten Sie andere Initiativen unterstützt. Sie haben diese Initiativen brüsk zurückgewiesen. Sie lassen keine Gelegenheit aus, die Gesprächspartner, von denen Sie den Dialog fordern, in der Früh einzuladen und am Abend zu beleidigen. Und Sie glauben, dass es dann plötzlich bei Dr. Schüssel läutet und sich Jacques Chirac meldet und sagt: Lieber Freund Schüssel, können wir nicht endlich einmal miteinander reden?

Außerdem ist es ja nicht einmal so. Wenn ich mir die Anfragebeantwortung des Bundeskanzlers über die tatsächlichen Auswirkungen der Sanktionen anschaue, dann kann ich darin Folgendes lesen: keine nachhaltigen Stornierungen im Ferientourismus, Industriezuwächse, Verbesserung in der Beschäftigungssituation. Und zum Schluss steht da geschrieben: Bundesministerin Dr. Ferrero-Waldner und ich selbst haben daher bereits in vielen persönlichen Gesprächen mit Regierungschefs und Außenministern der EU eingehend das Regierungsprogramm und die künftige Europapolitik dargelegt.

Das sind Sanktionen? – Ständig sitzen Sie offensichtlich mit denjenigen Personen, von denen Sie sich boykottiert fühlen, zusammen und erklären ihnen die Details der österreichischen Regierungspolitik, und dann verlangen Sie gegenüber Ihren Gesprächspartnern einen nationalen Schulterschluss? Halten Sie Jacques Chirac, halten Sie Gerhard Schröder, halten Sie auch die Mehrheit der österreichischen Bevölkerung für so uninformiert, dass alle auf diese innenpolitische Sanktionstaktik hereinfallen? Glauben Sie, dass sich die Menschen über die Angriffe auf ihre Pensionen, auf ihre Stipendien, auf die materiellen Grundlagen ihres Lebens noch Monate mit dem Verweis hinwegtrösten lassen, man müsse gemeinsam etwas gegen die Sanktionen tun? (Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.)  – Irgendwann, meine Damen und Herren, ist es aus, und irgendwann ist auch dieses Theater aus. Wir werden einen ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Kollege Pilz! Die 8 Minuten freiwillige Redezeit waren vor 2 Minuten zu Ende. Bitte jetzt um den Schlusssatz, jetzt sind es 10 Minuten! (Abg. Haigermoser: Das Theater ist zu Ende!)

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (fortsetzend): Mein Schlusssatz lautet: In einem einzigen Punkt haben Schüssel, Khol und Westenthaler völlig Recht: Diese Regierung wird nicht von Brüssel


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gestürzt. Sie wird hoffentlich möglichst bald in Österreich abgewählt. – Danke. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

16.27

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Mag. Schweitzer. Die Uhr ist auf 10 Minuten gestellt. – Bitte.

16.27

Abgeordneter Mag. Karl Schweitzer (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren auf der Regierungsbank! Werte Kollegen! Vor allem lieber Herr Kollege Pilz! Am 3. Oktober hat die Mehrheit der österreichischen Bevölkerung FPÖ und ÖVP gewählt. (Abg. Haigermoser: Die Mehrheit!) Es ist also nicht ungeheuerlich, dass zwei demokratisch gewählte Parteien, die hier im Hohen Haus über 104 von 183 Sitzen verfügen, es gewagt haben, eine Regierung zu bilden, und es ist nicht ungeheuerlich, dass diese beiden Parteien gegen den Willen einer roten internationalen Meinungsallianz an ihrem Selbstbestimmungsrecht festhalten. Ich glaube, darüber sollte es hier Konsens geben. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Es ist dies, Herr Kollege Pilz, ein ganz normaler demokratischer Vorgang, den alle aufrechten Demokraten, auch auf dieser Hälfte des Hohen Hauses (der Redner blickt in Richtung SPÖ-Reihen) und auch, wenn sie anderen Parteien angehören, zur Kenntnis nehmen sollten. All dem, was dann geschehen ist, liegt eine demokratische Entscheidung zugrunde, Herr Kollege Van der Bellen, aber offensichtlich fehlt in letzter Zeit auch Ihnen – den Sozialdemokraten nach 30-jähriger ununterbrochener Machtausübung ohnehin – dieses Denken der aufrechten Demokraten. Sie gehen nach Italien und sagen, dort entwickle sich ein Faschismus, das sei geradezu abenteuerlich. Interessant für mich war, dass gerade dort, wo Sie aufgetreten sind, Fini dann ganz besonders gewonnen hat. – Ein interessantes Detail am Rande. (Abg. Haigermoser: Wahlhelfer für Fini!)

Wie sonst, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist das Verhalten Klimas in Stockholm, ist das Verhalten Swobodas in Brüssel, ist das Verhalten Kostelkas in Bern und Gusenbauers in diversen europäischen Hauptstädten zu deuten (Abg. Dr. Kostelka: Sie wissen ja nicht einmal, wovon Sie reden!), wenn es sich hier nicht um Politiker handelte, die offensichtlich nicht imstande sind, aufrechte Demokraten zu bleiben, wenn sie Wahlen und damit die Macht verlieren? Das ist doch Ihr Problem, Herr Kollege Kostelka! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Es ist meiner Ansicht nach sehr bemerkenswert, dass Kollege Gusenbauer hier wiederholt, was er in der "ZiB 1" am Mittwoch, den 12. April, bereits an Unwahrheit gesagt hat. Damals hat er behauptet und heute es wiederholt, dass er im Europarat einen Dringlichkeitsantrag und ein Monitoring gegen Österreich verhindert hätte. – Ja wie denn? Wodurch denn, Herr Kollege Schieder? – Sie werden Gelegenheit haben, nach mir zu erklären, was tatsächlich geschehen ist.

Kollege Schieder! Eines steht fest: Sie waren bei der Vorberatung im Politischen Ausschuss nicht anwesend, also konnten Sie die österreichische Position nicht vertreten. Und Kollege Gusenbauer war bei der Vorberatung im Monitoring-Ausschuss nicht anwesend, Herr Kollege Schieder. Das wissen Sie so gut wie ich. Wie konnte er also die österreichische Position dort vertreten?

Kollege Schieder! Sie können mir im Anschluss an meine Rede eine Antwort auf die folgende Frage geben (Abg. Schieder: Ja, ja! Danke!): Haben Sie sich zu Wort gemeldet, als es im Plenum eine Debatte darüber gab, ob es nun diesen Tagesordnungspunkt geben wird oder nicht? Herr Kollege Schieder, haben Sie sich zu Wort gemeldet? – Mitnichten, Herr Kollege Schieder. Und auch Kollege Gusenbauer hat es vorgezogen, sich nicht zu Wort zu melden, als es darum ging, ob es diesen Dringlichkeitsantrag geben soll oder nicht. Herr Kollege Schieder, Sie nicht und Kollege Gusenbauer auch nicht!


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Herr Kollege Schieder! Eine weitere Frage – geben Sie mir dann bitte eine Antwort darauf! –: Wie haben Sie abgestimmt, als es darum gegangen ist, diesen Tagesordnungspunkt zu behandeln? Herr Kollege Schieder, wie haben Sie abgestimmt? Haben Sie im österreichischen Interesse abgestimmt? (Abg. Schieder: Ja!) Wie denn? Haben Sie gegen den Antrag oder für den Antrag gestimmt oder haben Sie sich enthalten? (Abg. Schieder: Er ist gar nicht abgestimmt worden!) Haben Sie sich enthalten, Herr Kollege Schieder? – Sie haben sich enthalten, und das ist nicht im österreichischen Interesse gewesen! (Abg. Schieder: Sie haben nicht begriffen, was los ist!) Herr Kollege Schieder! Ich bin vier Plätze von Ihnen entfernt gesessen, ich habe das weiße Licht leuchten gesehen! Herr Kollege Schieder! Sie haben österreichische Interessen verraten, und wenn Sie, wie jetzt eben, anderes behaupten, dann sagen Sie die Unwahrheit. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ihre Auftritte im Europarat und in den Ausschüssen waren, Herr Kollege Schieder, wahrlich nicht dazu angetan, die Interessen der Österreicher und Österreicherinnen zu vertreten. Es ist bedauerlich, dass Sie gemeinsam mit den Grünen es bis heute vorziehen, ins Ausland zu reisen, um dort zu erklären, dass die Sanktionen gerechtfertigt sind – das taten Sie doch bis heute mehrmals –, und es ist bedauerlich, dass damit die Bemühungen der Regierung gegen diese ungerechten und absurden Maßnahmen konterkariert werden.

Es ist besonders bedauerlich, dass Sie auch heute einmal mehr eine gemeinsame Vorgangsweise ablehnen und den Schulterschluss mit dem Ausland gegenüber einem rot-weiß-roten Konsens vorziehen – Herr Kollege Van der Bellen, das ist sehr bedauerlich –, obwohl diese Sanktionen ein beispielloser Eingriff in ein souveränes Land sind, obwohl es absolut inakzeptabel ist, dass Österreich vorgeworfen wird, falsch gewählt zu haben.

Jeder aufrechte Demokrat, Herr Kollege Van der Bellen, müsste mit aller Kraft dagegen auftreten, dass Beschlüsse gegen ein Land gefasst werden, ohne dass die Betroffenen gehört werden. Sie treten nicht dagegen auf, dass der Betroffene nicht einmal gehört wird, wenn etwas gegen ihn unternommen wird. Jeder aufrechte Demokrat, meine Damen und Herren von den Roten und von den Grünen, müsste mit aller Kraft gegen eine Vorgangsweise auftreten, die jedes rechtsstaatliche Prinzip negiert. Sie tun es nicht, meine Damen und Herren von den Roten und von den Grünen! Sie sind keine aufrechten Demokraten in dieser Frage, Sie vertreten nicht die österreichischen Interessen in dieser Frage, Sie vertreten einzig und allein parteipolitische Interessen!

Sie von den Roten und von den Grünen stehen auf der Seite jener, die durch Ihr Zutun eine Vorgangsweise gewählt haben, die einem mittelalterlichen Inquisitionsprozess entspricht, Herr Kollege Van der Bellen. (Abg. Dr. Van der Bellen: Folterkammer!) Ohne Sachlichkeit, ohne Anhörung, ohne Diskussion, ohne Objektivität wird da ein Land verurteilt, das sich nichts hat zuschulden kommen lassen, und Sie sind nicht bereit, dagegen aufzutreten. (Abg. Dr. Van der Bellen: Nein, so ist es nicht!) Bis heute sind Sie nicht dagegen aufgetreten.

Deshalb sind die Überlegungen, die hin und wieder angestellt werden, ob man alle legalen Mittel ausnützen soll, um Österreich zu seinem Recht zu verhelfen, durchaus legitim. Alle formalrechtlichen Möglichkeiten, die im Interesse der Österreicher genutzt werden können, sind zu nutzen. Es ist völlig korrekt, wenn Überlegungen angestellt werden, diese zu nützen. (Abg. Dr. Van der Bellen: EU-Austritt!) Davon war nie die Rede, Herr Kollege Van der Bellen. Vom EU-Austritt war nie die Rede, aber über die Höhe und die Bezahlung der Mitgliedsbeiträge darf durchaus diskutiert werden. Damit habe ich absolut kein Problem. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Die Österreicher verstehen es nämlich nicht, dass wir einer Institution 30 Milliarden Schilling überweisen sollen, die ungerechtfertigt Maßnahmen gegen Österreich ergreift.

Zudem sind wir – das ist eine Überlegung, die aus dieser Erfahrung ebenfalls zu ziehen ist – gut beraten, wenn wir mit der Ausweitung der Mehrstimmigkeit sehr restriktiv umgehen, wenn darüber debattiert wird. Es wird sehr gut sein, wenn wir uns alle Möglichkeiten vorbehalten, um so weit wie möglich souverän agieren zu können (Beifall bei den Freiheitlichen), denn diese EU, so wie sie sich jetzt darstellt, wäre, wenn es kein Einstimmigkeitsprinzip mehr gegeben hätte,


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über ein Land drübergefahren, ohne dieses Land anzuhören. Doch das soll auch in Zukunft nicht möglich sein, meine Damen und Herren.

Meine Damen und Herren von den Sozialdemokraten und von den Grünen! Es wäre uns allen und vor allem der österreichischen Bevölkerung durchaus gedient, wenn Sie sich zum ersten Mal, seit es diese Bundesregierung in diesem Land gibt, dazu durchringen könnten, im österreichischen Interesse zu agieren, indem Sie dem "Konsens in Rot-Weiß-Rot" Ihre Zustimmung erteilen. Ich ersuche Sie höflich darum, meine Damen und Herren von der Sozialdemokratie und meine Damen und Herren von den Grünen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

16.36

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Schieder. Redezeit: 10 Minuten. – Bitte.

16.36

Abgeordneter Peter Schieder (SPÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Es stimmt, dass diese Regierung und somit die Mehrheit im Parlament alle Schritte setzen könnte, die ihr notwendig erscheinen, um Österreich aus dieser Situation herauszuführen. Sie sagt dennoch, obwohl sie hiefür keine Zweidrittelmehrheit braucht, sie will die volle Unterstützung des Hauses, sie will bei den Schritten auch die volle Unterstützung der Opposition.

Wenn es ihr dabei wirklich ernst ist, wenn sie es wirklich ehrlich meint und nicht nur die Opposition in eine taktisch schlechte Position bringen will, wenn sie es wirklich ernst meint, dann darf sie das natürlich nicht in dieser Art und Weise, nämlich mit einem Antrag "Ja oder Nein", "Schwarz oder Weiß" "Friss, Vogel, oder stirb!" tun, sondern muss sich bemühen, eine Lösung für ein gemeinsames Vorgehen zu finden.

Der Antrag, der uns heute als Lösung vorgelegt wurde, geht leider in die Richtung "Ja oder Nein", "Friss, Vogel, oder stirb!", denn sagen wir nein zu dem Antrag, dann wird uns vorgehalten, wir verweigern uns rot-weiß-rot, dann kommt vielleicht wirklich wieder die Aussage mit den Vaterlandsverrätern und so weiter, und sagen wir ja in der wörtlichen Form, dann haben wir eine Einleitung mitgekauft, dann haben wir Formulierungen wie "ungerechtfertigt" et cetera mitgekauft, die einen Freibrief für die Behauptung darstellen, dass damit Äußerungen, die es von Vertretern der FPÖ gegen die EU, gegen Mitgliedsländer der EU und gegen Staatsoberhäupter gegeben hat, auch von unserer Seite gebilligt werden.

Wenn Sie es wirklich ehrlich meinen, dann darf es nicht "Friss, Vogel, oder stirb!" heißen, sondern dann muss eine Bereitschaft gegeben sein, darüber zu reden, wie man eine gemeinsame Lösung finden könnte. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Zweitens: Wenn Sie daran interessiert sind, dass es zu einem gemeinsamen Auftreten kommt, dann müssen Sie sich auch, wenn es wo zu einem solchen kommt, entsprechend verhalten. Die Frau Außenministerin hat das getan, aber Redner von Ihnen hier nicht. Ich spiele hier auf den Europarat an und möchte auch in aller Deutlichkeit Punkt für Punkt die Fragen beantworten.

Es stimmt nicht, dass für die Vorberatung der Politische Ausschuss zuständig ist. Die Fragen eines Monitorings werden im Monitoring-Komitee beraten, von diesem geht es an das Büro, und wenn es im Büro Zustimmung findet, geht es an das Plenum. Wenn es im Büro ... (Abg. Mag. Schweitzer: War der Gusenbauer da?) Lassen Sie mich ausreden! Ich habe keine Zeit, auf Ihre Fragen und Ihre Störmanöver einzugehen. Lassen Sie mich ausreden! (Beifall des Abg. Dr. Einem.  – Abg. Mag. Schweitzer: Nur eine Frage: War er da oder nicht?) Ich sage Ihnen das alles gleich. (Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.) Ich komme dazu. Geben Sie Ruhe!

Das Politische Komitee hat diese Frage auf die Tagesordnung gestellt, ist aber nicht zuständig und kann keinen Beschluss fassen. Und damit auch gleich klar ist, warum ich bei dieser unzuständigen Beratung beim Politischen Komitee nicht dabei war: Ich war am Tag vorher im Büro, als es um die Verteidigung des Generalsekretärs Schwimmer – ebenfalls in dieser Frage –


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gegangen ist. Sie können im Büro-Protokoll nachlesen, was ich dazu gesagt habe. Bei dem am 7. März tagenden Politischen Komitee, das für das Monitoring nicht zuständig ist, konnte ich nicht anwesend sein, weil der Außenpolitische Rat, den ich verlangt habe, vom Herrn Bundeskanzler – er sagte, es gehe nur an diesem Tag – für den 7. März festgesetzt wurde und ich nicht gleichzeitig in Wien als Antragsteller und in Paris sein konnte. Hätte er einen anderen Tag gefunden, worum ich ihn ersucht habe, wäre ich selbstverständlich in Paris gewesen. (Zwischenruf des Abg. Dr. Spindelegger. ) Ja, der ist aber auch im Außenpolitischen Rat.

Beim Monitoring-Komitee war es so: Es war zugesichert, dass bei diesem Monitoring-Komitee die Frage Österreich nicht behandelt wird – nicht behandelt wird in dieser Sitzung. Auf Antrag eines Christdemokraten wurde entgegen dieser Vereinbarung dann doch darüber gesprochen, und zugelassen hat es der christdemokratische Vorsitzende.

So war es in Wirklichkeit im Monitoring-Komitee. Man konnte es nicht wissen, man konnte glauben, bei dieser Sitzung wird diese Frage nicht behandelt, durch die christdemokratische Fraktion ist es aber zur Behandlung der Österreich-Frage in diesem Monitoring-Komitee gekommen. (Abg. Mag. Schweitzer: Das heißt, der Gusenbauer war nicht da?)

Drittens: im Europarat. Das Monitoring wurde schon im Büro abgewählt und stand daher im Plenum überhaupt nicht mehr zur Debatte. Das ist so: Nur dann, wenn ein Organ es verlangt, kann es zur Debatte stehen; das ist ein Schutzmechanismus. Als Kompromiss, wenn Sie wollen, als Ausgleich, wurde im Büro, damit dieser Beschluss zustande kam, vereinbart, dass es im Plenum zu einer Current-affairs-Debatte kommt. Das ist eine Debatte, bei der am Schluss kein Antrag gestellt werden kann und kein Beschluss kommen kann, also etwas, was zu keinem Beschluss über Österreich führen konnte. Und das Büro sagte: Zum Ausgleich dafür, dass das Monitoring nicht kommt, sind die Büromitglieder nicht gegen diese Current-affairs-Debatte. Dennoch habe ich nicht dafür gestimmt, sondern mich der Stimme enthalten, weil es um unser Land ging. (Abg. Mag. Schweitzer: Sie hätten dagegen stimmen müssen!) Es ging aber dabei nicht mehr um das Monitoring, das zu diesem Zeitpunkt schon gefallen war.

Wir haben uns dort eingesetzt: für den Generalsekretär, gegen das Monitoring. Was ist der Dank dafür? Zahlt es sich aus, sich für die auf der Linie der Regierungskoalition einzusetzen? – Nein! Der Dank dafür ist, dass man hier noch dafür beschimpft wird.

Vierter Punkt: Ich sehe auch in vielen Ländern der EU eine Bereitschaft, Überlegungen anzustellen, wie man von diesen Maßnahmen wegkommt. Angefacht werden sie aber im Wesentlichen dadurch, dass aus Österreich immer wieder in diese Frage hineingeblasen wird. (Abg. Haigermoser: So ist es!) Man hört natürlich – und das werden nicht Sie, aber Vertreter der ÖVP bestätigen –: Solange es von FPÖ-Vertretern immer wieder Äußerungen dieser Art gegen die EU gibt, können wir ja gar nicht weg von diesen Maßnahmen. – Heute diskutieren Sie hier, wie wir davon wegkommen, und genau zu diesem Zeitpunkt bekommen wir das "NEWS" von morgen, und was steht drinnen? – Wieder ein neuer Haider-Ausspruch, der da lautet "Derzeit ist die EU so dekadent wie das alte Rom". (Demonstrativer Beifall bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Herr Haider lässt sich in einer Art und Weise über die EU aus, die das Bisherige noch in den Schatten stellt – und Sie klatschen dazu! Und Sie klatschen noch dazu! (Rufe bei der SPÖ: Unerhört! – Abg. Edlinger: Das ist eine Zumutung!)

Glauben Sie wirklich, das hilft diesem Land? Glauben Sie, das ist der rot-weiß-rote Konsens, der uns hilft, aus diesen Dingen herauszukommen? Oder bewirkt das nicht das Gegenteil und ist schädlich für unser Land? (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Wenn Sie wirklich etwas Gemeinsames tun wollen, und damit wir nicht in einer Ja- oder Nein-Situation sind, haben wir einen Entschließungsantrag vorbereitet, der in vielen Punkten gleich lautend ist mit Ihrem, der sich aber in jenen Punkten, in denen wir nicht mitgehen können und es anders wollen, unterscheidet. Wenn Sie wirklich wollen, dann können Sie diesem Antrag zustimmen.


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19. Sitzung / Seite 124

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Gusenbauer, Dr. Kostelka und Genossen betreffend gemeinsames Vorgehen aller im Nationalrat vertretenen Parteien zur Beendigung der Maßnahmen der 14 EU-Staaten

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird ersucht

1. weiterhin alle Rechte und Pflichten der EU-Mitgliedschaft wahrzunehmen, die sich aus dem österreichischen EU-Beitritt ergeben, der vom österreichischen Volk in einer Volksabstimmung am 12. Juni 1994 mit Zweidrittelmehrheit bestätigt und beschlossen wurde,

2. zielführende und vertrauensbildende Maßnahmen zu ergreifen, die geeignet sind, die 14 anderen EU-Staaten zu einer Überprüfung und Revision ihrer Maßnahmen vom 31. Jänner 2000 zu veranlassen und in diesem Zusammenhang den Äußerungen von Spitzenpolitikern der FPÖ, die in Form und Inhalt inakzeptabel sind und sich zuletzt sogar mit einem Ausscheiden Österreichs aus der EU beschäftigt haben, entschieden entgegenzutreten,

3. alle geeigneten Schritte zu unternehmen, um Boykottmaßnahmen gegen die österreichische Bevölkerung oder Teile der österreichischen Bevölkerung zu verhindern und dem Nationalrat unverzüglich zu berichten, ob die Bundesregierung bisher rechtliche Schritte gegen Maßnahmen, die dem EU-Recht widersprechen, gesetzt hat und wenn ja, welche,

4. nach Beratung mit allen vier Fraktionen des Nationalrates (im Rahmen eines Runden Tisches) der Europäischen Union ein allgemein anwendbares rechtsstaatlich geordnetes Verfahren vorzuschlagen, das ermöglicht, bei nachweisbaren und objektiv überprüfbaren Verstößen gegen Artikel 6 und 7 EUV, Sanktionen gegen einen Mitgliedstaat zu verhängen,

5. die diesbezüglichen Vorschläge des Herrn Bundespräsidenten zu unterstützen.

*****

Sagen Sie ja dazu und setzen Sie nicht diese Art von Politik fort (der Redner macht dazu die entsprechenden Gesten: sich erst die Augen, dann die Ohren und schließlich den Mund zuhaltend): Ich sehe nicht, was die FPÖ sagt, ich höre nicht, was die FPÖ sagt, und ich sage nichts dazu. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

16.45

Präsident Dr. Heinz Fischer: Der soeben verlesene Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht zur Verhandlung und Abstimmung.

Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Brinek. – Bitte.

16.46

Abgeordnete Dr. Gertrude Brinek (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! "The Farce Version of History", also die Farce-Version der Geschichte titelt Tony Judt seinen Beitrag in "Newsweek" vom Februar 2000 zur Lage der Situation in Österreich. Tony Judt ist ein Österreich-Kenner und Universitätsprofessor an der New York University.

Nachdem 14 EU-Länder-Vertreter und nicht Gremienvertreter der EU – das ist ganz wichtig – in einer Geheimsitzung spezifische Maßnahmen im bilateralen Umgang mit Österreich beschlossen haben, haben sich einige Gruppen und Personen in Österreich bemüßigt gefühlt, diese Maßnahmen zu "unterstützen". Ich meine, wir können viel daraus lernen. Woraus und was sollten wir lernen?

Die beiden Kunstuniversitäten in Wien hängten im Februar Widerstandsplakate aus dem Fenster, in einem Wettlauf gewissermaßen um Letterngröße und Originalität in der Ausführung,


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19. Sitzung / Seite 125

mit der – ich würde sagen – peinlichen Konsequenz, dass ein paar Mutige dazugesprayt haben: Without the rector; also Widerstand ohne Rektor. (Abg. Dr. Cap: Waren Sie nicht gegen schwarz-blau, sagen Sie?)

Die Gruppe "Ecce homo" benützt für die Bewerbung ihrer Lesben- und Schwulenveranstaltung Plakate mit dem Signet der historischen Widerstandsbewegung "O 5". Unter diesem Zeichen – bitte, erinnern wir uns! – haben sich in unvergleichbar schwierigeren Zeiten Menschen gegen das nationalsozialistische Regime gewendet und seine Auswirkungen bekämpft – unter Einsatz von Leib und Leben. Also: Lesben- und Schwulen-Kulturveranstaltungen mit "O 5" zu bewerben, meine Damen und Herren: Welche Geschichtslosigkeit.

Ich bin sehr froh, dass Peter Stein, der Salzburger Intendant, sich gegen diese Art von Widerstandspolitik so deutlich wie nur möglich gewendet und gesagt hat: Was soll denn das bedeuten?!

In einer parteipolitisch motivierten Schülerdemo-Aktion hat die GPA, die Gewerkschaft der Privatangestellten, die Schüler mit Plakaten ausgestattet: "Haider = Hitler"; das war darauf zu lesen. Viele, viele Hunderte dieser Plakate sind dann am Stephansplatz gelegen. Ich habe ein paar Schüler darauf angesprochen, ob sie denn wüssten, was das bedeutet. Darauf haben sie gesagt: Unbehagen hätten sie schon, und ich sollte eigentlich nicht weiterfragen, Hauptsache sei, sie hätten keinen Unterricht. – Also, wenn das ein Ersatz für politische Bildung ist, dann sage ich: Da sind Fehler passiert!

Mit diesen und ähnlichen beispielhaft erwähnten Maßnahmen wurde unter anderem auch die Aufmerksamkeit des Auslandes auf Österreich gelenkt. Demgemäß haben besorgte Eltern etwa in Frankreich überlegt, ob sie ihre Kinder auf Schüleraustausch schicken sollten, weil ja in Österreich Widerstand angesagt sei, die Menschenmassen auf der Straße diesen Widerstand auch üben müssten, Leib und Leben der Schüler nicht gesichert sei, weil ja, wie gesagt, Haider ist gleich ...

Die Universitäten haben Gott sei Dank maßvoll reagiert und den Dialog gepflegt. Ich habe viele getroffen und gefragt: Was habt ihr getan, wenn Anfragen bezüglich Kongressteilnahme und Ähnliches aus dem Ausland gekommen sind? Die meisten haben gesagt: Wenn ich in den Dialog treten konnte, wenn ich zu überzeugen vermochte, gab es in Wirklichkeit kein Problem!

Heute ist, meine ich, die Chance für ein gesamtösterreichisches Vorgehen, für eine gesamtösterreichische Anstrengung. Diese Chance, meine Damen und Herren, sollten Sie ergreifen, damit Fehler aus der Vergangenheit nicht mehr gemacht werden. Diese Fehler sind aus berufenem Munde zusammengefasst worden: Österreich ist in einen falschen Moralismus und Alarmismus verfallen. Österreich hat sich damit selbst geschadet. Und es gibt – es ist ja schon zitiert worden – in Wirklichkeit keine rechtlichen Grundlagen für die Maßnahmen der EU-14. Ich bin sehr froh, dass Kofi Annan, der Generalsekretär der UNO, beim Besuch der Außenministerin gesagt hat: Mit Maßnahmen solcher Art haben wir nichts zu tun!

Es ist notwendig, darauf hinzuweisen, dass diese Maßnahmen unter Ignoranz der nationalen Parlamente erfolgt sind und damit EU-Spezial- und Nationalprobleme verdeckt worden sind. Welche zum Beispiel? – Die EU-Rassismusbeobachtungsstelle hat genannt, wo die Problemzonen in Europa liegen. Wo gibt es die größten Rassismusprobleme? – In Frankreich und in Belgien. Die EU-Gremien haben – und das ist auch deutlich zu sagen – in der Erweiterungsfrage gemeint, man könne mit Österreich-Maßnahmen Ablenkungsmanöver vorbereiten, dass die fünf Großen in Wirklichkeit das Sagen hätten. Angesprochen ist auch das Abgehen-Wollen vom Einstimmigkeitsprinzip. Auch da kann man mit Maßnahmen gegen Österreich nicht vom eigentlichen Problem ablenken.

Ich zitiere an dieser Stelle einen Bekannten aus einem Beitrittsland, der Folgendes resümierte: Wie schnell man unter die Räder kommen kann, wenn die Großen es so wollen, das haben wir am Umgang mit Österreich gesehen.


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19. Sitzung / Seite 126

Oder ich zitiere als weiteres Beispiel einen finnischen Freund. Dieser sagte: Gängelbanderfahrungen haben wir mit Russland genug gehabt, die brauchen wir nicht auch noch mit Brüssel zu machen.

Zu nennen wäre auch der Politikwissenschaftler Wilfried Bredow, der kürzlich im Rahmen eines Symposiums an der Uni Wien sagte: Die Österreich-Maßnahmen haben mit Österreich am wenigsten zu tun. Sie haben mit EU-Problemen zu tun, mit den Problemen mancher Staaten selbst, und sie sollen nur verwischen und verschweigen, was zu nennen ist.

Schließlich führe ich als Beispiel noch Günther Nenning an, der in einem Kommentar ausgeführt hat: Schlagt den Esel und nicht den Sack. Wenn ihr den Esel Deutschland meint, liebe Franzosen, dann nennt ihn auch beim Namen. – Dem ist eigentlich nichts hinzuzufügen.

Diese Erkenntnis ist nicht neu, meine Damen und Herren von der Opposition, das muss Ihnen nicht ich als Wissenschaftspolitikerin sagen. Und wenn man sich in der Politik, auch in der Opposition Profi nennen will, dann muss man dieses sehr wohl mit bedenken. Es kann der Abgeordnete Pilz auch nicht sagen, er hätte an ÖVP-Stelle seinem Regierungspartner bei Fehlverhalten schon das Maul gestopft. – Er hat es nicht so gesagt, aber er meint, ein Ultimatum betreffend Meinungsäußerung wäre zu setzen. Kennt er denn nicht die Bundesverfassung, Artikel I, das Recht auf freie Meinungsäußerung? Ich bin erstaunt über solch autoritäre Vorstellungen von Kooperation.

Es ist auch zu hinterfragen, wenn Kollege Pilz sagt, die Maßnahmen wären eigentlich nicht so schlimm. Warum fährt dann sein Klubobmann und Fraktionschef Van der Bellen herum, um den Europäern zu erklären, dass mit den Maßnahmen aufzuhören sei? Also, Herr Pilz und liebe Freunde der Opposition, entweder sind diese Maßnahmen zurückzuweisen, und deshalb reist man herum, oder die Maßnahmen sind ohnehin nicht so schlimm, dann kann man es bleiben lassen. Sie müssen sich da wohl entscheiden.

Die heutige Einladung zu einer gesamtösterreichischen Anstrengung gilt allen. Zu dieser gesamtösterreichischen Initiative kann man sich von 8 Uhr in der Früh bis 17 Uhr am Abend entschließen, da braucht es eigentlich nicht viel Überredungskunst, sondern man muss nur denken, bevor man urteilt oder verurteilt. Ich meine, dass das gemeinsame Auftreten notwendig wäre, um falsche Eindrücke und Bilder über Österreich, die auch mit Zutun mancher Österreicher entstanden sind, wieder auszubessern. "The Farce Version of History", wie ich mit Tony Judts Worten zu Beginn meiner Ausführungen gesagt habe, bezieht sich auf die mahnende Einschätzung von Karl Marx. Schließlich war er es, der gesagt hat, große Ereignisse in der Geschichte kann man zweimal erleben: einmal als Tragödie und einmal als Farce.

Meine Damen und Herren! Mit dem Antrag auf Einstellung der EU-Maßnahmen haben wir die Chance, die Farce-Version zu verhindern und damit die Geschichte nicht auf die zitierte Weise zu vollziehen. Wir müssen uns an eine wichtige europäische Aufgabe machen, an die eigentliche politische Aufgabe, die André Glucksmann folgendermaßen formuliert hat: Die EU muss nach der bloßen Formulierung der Ängste, nämlich vor Faschismus und Stalinismus, schnell nachdenken, wie sie gemäß der europäischen Idee die europäischen Werte überhaupt einmal aktiv formuliert. Ablenkung von nationalen Problemen in europäischen Ländern und Zudecken mit Österreich-Boykottmaßnahmen ist nicht der richtige Weg.

Der richtige Weg ist es, heute diesem Antrag beizutreten und eine gemeinsame europäische dialogische Anstrengung zu beginnen. Es ist höchste Zeit, es ist nie zu spät. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

16.55

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Lunacek. – Bitte.

16.55

Abgeordnete Mag. Ulrike Lunacek (Grüne): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Es geht heute hier um einen rot-weiß-roten Konsens. Herr Klubobmann Khol ist nicht mehr hier. Ich habe schon gestern mit Erstaunen in der "ZiB 2" seine Krawatte bewundert, und heute trug


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19. Sitzung / Seite 127

er sie wieder: eine rot-weiß-rote Krawatte. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Ja, jetzt ist er leider nicht mehr da. Es ist wirklich eigenartig, wie diese rot-weiß-rote Symbolik in letzter Zeit verwendet wird. (Abg. Haigermoser: Und Sie tragen eine rote Jacke!)

Bundeskanzler Schüssel, der leider auch nicht mehr hier ist, hat in einem APA-Interview erst gestern gesagt, dass hinsichtlich der Ausstiegsstrategien aus den Sanktionen vor allem die EU-Partner gefordert seien. Das haben wir auch heute wieder gehört, und wir haben auch gehört, dass wir, die Parteien der Opposition, gefordert sind, uns zu einem Vorschlag der Regierung positiv zu äußern.

Es ist schon eigenartig: Es wird immer von den anderen ein gewisses Verhalten erwartet: von der Präsidentin des Europaparlaments, wie wir heute gehört haben, von der Europäischen Kommission, vom amtierenden EU-Präsidenten, von den EU-14, von den Grünen, von der SPÖ. Von allen anderen wird eine Verhaltensänderung erwartet. (Abg. Rosemarie Bauer: Was haben wir gemacht? Es gibt kein Verhalten, das Anlass gibt!)

Herr Bundeskanzler! Nur von Ihnen selbst, von den beiden Regierungsparteien, von Ihrem Koalitionspartner, vom Noch-Parteichef, der mit Ihnen die Präambel unterschrieben hat, erwarten Sie keine Verhaltensänderung? Das ist wohl nicht die richtige Strategie. Ich fordere Sie auf: Überdenken Sie Ihre Strategien und sagen Sie nicht uns, wir müssten etwas anderes machen. Sie erhalten nämlich etwas aufrecht, was diesem Land schon in der Vergangenheit nicht sehr gut getan hat, und zwar so etwas wie einen Opfer-Mythos nach dem Motto: Immer sind die anderen schuld, wir sind nie schuld, es sind immer die anderen verantwortlich! – Es hat Bundeskanzler Schüssel auch heute wieder gesagt: Wir haben nichts getan! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Stummvoll: Sind Sie für die Sanktionen? Das nehmen wir zur Kenntnis!)

Sie sagen immer, Sie seien nicht verantwortlich. – Die ÖVP hat die FPÖ unter dem Parteiobmann Haider in die Regierung geholt. Das ist die Ursache gewesen! Die rassistischen Äußerungen, die von der FPÖ immer wieder gekommen sind – die Parolen im letzten Wahlkampf in Wien, die NS-Verharmlosung; ich brauche das alles nicht wieder aufzuzählen –, kennt man schon zur Genüge. (Abg. Haigermoser: Wir bitten darum! Zählen Sie nur auf!)

Hinzu kamen in letzter Zeit die Aussagen betreffend den Austritt aus der Europäischen Union, auch wenn der Kollege Schweitzer heute meint, das wäre alles nicht so. Erst vor ein paar Tagen, letzte Woche, kam das vom Noch-Parteichef Haider, und der Zweite Nationalratspräsident Prinzhorn hat vor kurzem im "Standard"-Interview gemeint: Diese Aussage von Haider war sehr clever! (Abg. Haigermoser: Wollen Sie den Oberzensor spielen? – Abg. Dr. Martin Graf: Was halten Sie von der freien Meinungsäußerung? Darf man in Österreich seine Meinung noch äußern?)  

Sie aber legen immer mehr die Haltung an den Tag: Jetzt ist auf einmal die Regierung das Opfer! – Das ist eine Haltung, die diesem Land in der Vergangenheit schon sehr geschadet hat und immer noch schadet, und das passt nicht zu einem modernen und zu einem "europäischen" Österreich. Man muss schon sagen, wo die Ursachen liegen, und nicht immer nur sagen, die anderen müssten sich ändern, dann wäre alles wieder gut, nach dem Motto: Christkindl, schau oba, dann ist alles wieder wunderbar! (Abg. Dr. Martin Graf: Was sagen Sie zum Joschka Fischer und seiner Ad-hoc-Politik?)

Da lobe ich mir den Kollegen Spindelegger, der gesagt hat, wir müssten bei uns selbst beginnen. – Ich habe ihm gut zugehört. (Abg. Haigermoser: Was sagen Sie zu Joschka Fischers Kriegspolitik im Kosovo?) Aber die parlamentarischen Freundschaftsgruppen für Lobbying für die Regierung zu missbrauchen, halte ich nicht für die beste Lösung, muss ich ganz ehrlich sagen. (Abg. Haigermoser: Gehören Sie zu den "Fundis" oder zu den "Realos"?)

Ich stehe, so wie auch unsere Fraktion, immer noch dazu, zu unterscheiden: Es gibt die Regierung, dann gibt es eine Opposition, und dann gibt es eine Bevölkerung, die nicht unbedingt mit dieser Regierung einer Meinung sein muss. Ich bin zwar schon dafür, dass alle Parteien für Österreich eintreten sollen, weil das, wie Sie sagen, diesem ganzen Haus sehr gut tun würde, will aber das auf andere Weise tun. Deshalb haben wir auch zwei Entschließungsanträge


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19. Sitzung / Seite 128

vorbereitet, die ich hiermit einbringe. Ich würde Sie sehr herzlich einladen, diesen zuzustimmen, denn sie gehen nämlich auf die tatsächlichen Ursachen der Maßnahmen der Europäischen Union ein.

Sie wissen ganz genau, dass das unter anderem daran gelegen ist – das habe ich vorhin schon erwähnt –, wie sich die FPÖ und Noch-Parteichef Haider, aber auch einige andere führende FPÖ-Politiker und Politikerinnen in der Vergangenheit, zum Teil aber auch noch in der Gegenwart zu bestimmten Dingen geäußert haben. Beispiele dafür sind die Krumpendorf-Aussage von Parteichef Haider, die Rede am Ulrichsberg (Zwischenruf des Abg. Dr. Martin Graf ), aber auch – und das ist noch nicht so lange her – die Rede Ihrer Parteikollegin und Abgeordneten Partik-Pablé vor nicht einmal einem Jahr, nach dem Tod des Herrn Omofuma, in der sie gesagt hat, naja, die Schwarzafrikaner seien halt aggressiver, und Ähnliches. (Abg. Dr. Martin Graf: Die Rede von Kollegen Van der Bellen!)

Im zweiten Entschließungsantrag geht es um die jüngsten Anti-EU-Äußerungen, mit denen die EU verunglimpft wird, der Austritt gefordert wird, auch Politiker anderer EU-Staaten verunglimpft werden – der "Westentaschen-Napoleon", das kennen wir alle, die Aschermittwoch-Rede –, und ebenfalls darum, sich zu distanzieren und Hetzkampagnen, wie sie von Mitgliedern der FPÖ zum Beispiel gegen die evangelische Superintendentin Knoll geführt wurden (Abg. Haigermoser: Wer hat denn mit Torten geworfen und Steinen?), zu verurteilen und sich davon zu distanzieren. (Abg. Haigermoser: Wer hat denn mit Flaschen und Steinen geworfen bei den Demos? Wer war denn vermummt?!)

Herr Kollege Spindelegger und Frau Kollegin Brinek! Sie haben gesagt: Fangen wir bei uns an! – Fangen Sie und fangen wir hier bei uns an! Wenn Sie es ernst meinen mit der Aufhebung der EU-Maßnahmen, dann stimmen Sie diesen Anträgen zu, dann verurteilen Sie diese Aussagen, dann distanzieren Sie sich davon!

Wir fordern in den beiden Entschließungsanträgen die Bundesregierung auch auf, einen Ministerratsbeschluss zu fassen, mit dem diese Äußerungen genauso verurteilt werden. (Beifall bei den Grünen.)

Frau Vizekanzlerin Riess-Passer ist nicht mehr hier, aber auch sie hat die Chance, als neue Chefin der FPÖ am Parteitag an diesem Wochenende zu zeigen, dass es ihr ernst ist mit der Aufhebung der Sanktionen der EU-14. Wenn sie es nämlich schafft, am 1. Mai mit einem neuen Führungsteam alle Funktionärinnen und Funktionäre der FPÖ unterschreiben zu lassen, dass sie diese Äußerungen der Vergangenheit verurteilen und sich davon distanzieren (ironische Heiterkeit des Abg. Dr. Martin Graf ), dann, so würde ich meinen, könnte man sagen, dass die FPÖ einen ersten Schritt im Sinne einer richtigen Wesensänderung macht. (Abg. Dipl.-Ing. Schöggl: Machen Sie einmal bei den Grünen Ordnung!)

Sie haben das ja schon einmal gezeigt: Nach der Affäre Rosenstingl ist es Ihnen auch gelungen, alle Ihre Funktionäre dazu zu bringen, die Regelung mit den 60 000 S zu unterschreiben. Sie können das ja, Sie haben es in der Vergangenheit schon gezeigt. (Abg. Dr. Martin Graf: Das ist eine "blendende" Rede!)

Wenn Sie also wollen, dass Sie ernst genommen werden, dass Sie von den EU-Partnern ernst genommen werden, dann setzen Sie diesen ersten Schritt! Dazu bringe ich jetzt diese beiden Entschließungsanträge ein. (Abg. Dr. Martin Graf: Sie sehen, dass sie uns sehr ernst nehmen! Wie kommen Sie dazu, dass uns die EU nicht ernst nimmt?)

Gleichzeitig würde ich mir wünschen und fordere ich Bundeskanzler Schüssel dazu auf, wie das mein Kollege Pilz zuerst schon gemacht hat, an die FPÖ ein Ultimatum zu stellen und zu sagen: Machen Sie diesen Schritt! Distanzieren Sie sich von den Aussagen und verurteilen Sie jene Aussagen, die die FPÖ in der Vergangenheit gemacht hat und für die sie bekannt ist als rechtspopulistische, rechtsextreme Partei. (Beifall bei den Grünen.)  – Distanzieren Sie sich, dann kann man sagen, dass es eine Wesensänderung gibt!


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19. Sitzung / Seite 129

Glaubwürdig werden Sie nicht, Herr Kollege Khol und Herr Kollege Schweitzer, wenn Sie in diesem Zusammenhang von einem Femeverfahren sprechen (Abg. Dr. Martin Graf: Das sagen gerade die linksextremen Grünen!), von einem mittelalterlichen Inquisitionsprozess. Mit solchen Worten wollen Sie uns diskreditieren! Glauben Sie wirklich, dass wir etwas mit Ihnen gemeinsam machen, wenn Sie uns in der Früh so beschimpfen, zu Mittag aber haben wollen, dass wir etwas gemeinsam mit Ihnen machen? Mit dieser Art werden Sie nicht weit kommen.

Noch etwas zu der Tatsache, dass Sie so etwas wie Anti-EU-Mobbing betreiben – und zwar beide Regierungsparteien! Haider wird schon wieder mit einem neuen Vorstoß in "NEWS" zitiert, und zwar wie er sich die EU vorstellt. Von Seiten der ÖVP gibt es jedoch keine gleichzeitige Distanzierung davon. Glauben Sie denn wirklich, dass die EU, solange das nicht geschieht, jetzt auf einmal, wenn wir alle unter der rot-weiß-roten Flagge gemeinsam nach Brüssel oder Feira marschieren, wirklich meint, es habe sich in der FPÖ etwas geändert? – Das können Sie doch nicht ernst meinen!

Wenn dazu noch gesagt wird, zum Beispiel von Bundeskanzler Schüssel, dass Sie das Land und die Regierung wie ein Löwe verteidigen werden, mit Zähnen und Klauen das Recht verteidigen werden, dann meine ich, Beispiele aus der Tierwelt sind in der Diplomatie nicht sehr angesagt! Das ist nicht die hohe Schule der Diplomatie, mit der Sie wirklich etwas verändern könnten. Dafür müssten Sie anders agieren! (Beifall bei den Grünen.)

Aber ich glaube, es ist Ihnen gar nicht so Unrecht, dass es diese Maßnahmen auch weiterhin gibt, denn damit haben Sie in der Außenpolitik etwas, mit dem Sie von der Innenpolitik ablenken können, davon, was Sie in Österreich vorhaben und wir in den nächsten Tagen hier diskutieren werden: Sozialabbau, Abbau beim Zivildienst – all diese Dinge, mit denen Sie die Zivilgesellschaft ruinieren wollen.

Sie fordern heute von uns einen Blankoscheck und wollen damit von dem ablenken, was Sie an Regierungspolitik planen und machen, damit sich die Leute auf etwas anderes konzentrieren. (Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.) Aber glauben Sie wirklich, ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um den Schlusssatz!

Abgeordnete Mag. Ulrike Lunacek (fortsetzend): Ich bin schon dabei: Bedenken Sie Folgendes: Wenn wir dem jetzt zustimmten und es dann heute Abend oder morgen von Noch-Parteichef Haider wieder Stimmung oder irgendeinen Satz gegen die EU gäbe, dann würden nicht nur Sie sich lächerlich machen, sondern auch wir uns. (Abg. Großruck: Sie sind also für die Sanktionen?! Sagen Sie es!) Und dafür stehen wir nicht zur Verfügung.

Verurteilen Sie die Ursachen, dann gibt es eine Chance auf Aufhebung der Sanktionen! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Großruck: Sie unterstützen die Sanktionen! Das ist die Aussage der Grünen! – Weitere Zwischenrufe.)  – Verurteilen Sie die Ursachen!

17.06

Präsident Dr. Heinz Fischer: Die beiden Entschließungsanträge sind ausreichend unterstützt und stehen mit in Verhandlung. Sie werden schriftlich vorliegen.

Die Entschließungsanträge haben folgenden Wortlaut:

"Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Ulrike Lunacek, Dr. Madeleine Petrovic, Freundinnen und Freunde betreffend Verurteilung ausländerfeindlicher, rassistischer, das NS-Regime verharmlosender Äußerungen von FPÖ-PolitikerInnen

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der Nationalrat verurteilt alle ausländerfeindlichen, rassistischen, das NS-Regime verharmlosenden und EU-kritischen Äußerungen von FPÖ-PolitikerInnen, die allesamt seit der Regie


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19. Sitzung / Seite 130

rungsbildung am 4. Februar 2000 datieren, und fordert diese PoltikerInnen auf sich glaubwürdig und eindeutig von diesen Aussagen insbesondere von den nachstehend angeführten Zitaten, zu distanzieren,:

"Dass es in dieser regen Zeit, wo es noch anständige Menschen gibt, die einen Charakter haben und die auch bei größtem Gegenwind zu ihrer Überzeugung stehen. Und das ist die Basis, meine lieben Freunde, die auch an uns Junge weitergegeben wird. Und ein Volk, das seine Vorfahren nicht in Ehren hält, ist sowieso zum Untergang verurteilt. (Haider bei einer Veranstaltung zu SS-Veteranen in Krumpendorf)

Haider zur Nazi-Zeit: Naja, es waren Aktivitäten und Maßnahmen gegen Bevölkerungsgruppen, die eklatante Verstöße gegen die Menschenrechte waren. Wenn Sie so wollen, dann war es halt Massenmord. (Profil, 18.2.1985)

Unsere Soldaten waren nicht Täter, sie waren bestenfalls Opfer. (Rede am Ulrichsberg, 1990)

Ich war bei Freunden in Namibia, dem ehemaligen Deutsch-Südwestafrika, weil ich ein bisschen erproben wollte, wie das Zusammenleben mit den Schwarzen so ist, wenn sie die Mehrheit haben. Mit den Schwarzen ist es wirklich so ein Problem. Selbst dort, wo sie die Mehrheit haben, bringen sie nichts zusammen. Da ist Hopfen und Malz verloren. (Zeit im Bild, 1.3.1995)

Wenn ich an die Polen denke, die glauben, dass sie ohne entsprechende Arbeitsleistung den Wohlstand des Westens erringen werden. Wenn ich mir den Lech Walesa anschau, der ja, seit er Präsident geworden ist, mehr breit als hoch geworden ist. (Zeit im Bild, 1. Mai 1991)

Erkundigen Sie sich doch einmal bei den Beamten über die Art der Schwarzafrikaner! Sie schauen nicht nur anders aus, wie Sie heute gesagt haben, sondern sie sind auch anders, und zwar sind sie ganz besonders aggressiv. Das liegt offensichtlich in der Natur dieser Menschen. (Abg Partik-Pablé, NR-Sitzung, 10.5.99)

Jeder Asylant holt sofort seine Familie nach und läßt sie gesundheitlich sanieren. Auf Kosten der tüchtigen und fleißigen Österreicher. (Kleine Zeitung, 12.1.1998)

Das wissen Sie so gut wie ich, dass die österreichische Nation eine Missgeburt gewesen ist, eine ideologische Missgeburt, denn die Volkszugehörigkeit ist die eine Sache und die Staatszugehörigkeit ist die andere Sache" (Haider im ORF-"Inlandsreport" vom 18.8.1988)

Nicht die Freiheitlichen sind die Schädlinge der Demokratie. Wir sind das Schädlingsbekämpfungsmittel. Bei uns regieren die Rothäute und die Schwarzen – und nicht, wie üblich, dass sie in den Reservaten leben. (Freiheitlicher Pressedienst, 5.9.1994)

In Favoriten hat man tatsächlich Schwarzafrikaner gesehen, die mit Aktentaschen gegangen sind. Die haben sehr adrett ausgeschaut. (...) Die Dealerszene ist in der Hand von Schwarzafrikanern. Mir wurde von Fachleuten gesagt, dies habe vor allem zwei Gründe: Die Schwarzafrikaner sieht man als Süchtiger sehr gut; andererseits wird, falls die Polizei einschreitet, erfolgreich die Rassismus-Keule angewandt. (Hilmar Kabas, Chef der FPÖ-Wien in der "Presse", 27.1.2000)"

Die Bundesregierung wird aufgefordert, einen Ministerratsbeschluss zu fassen, in dem diese Äußerungen ebenfalls verurteilt werden."

*****

"Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Ulrike Lunacek, Freundinnen und Freunde betreffend Verurteilung verunglimpfender Äußerungen von FPÖ-PolitikerInnen gegenüber der EU und von Politikern aus den Staaten der EU sowie die Hetzkampagne gegen Superintendentin Gertraud Knoll


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19. Sitzung / Seite 131

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der Nationalrat verurteilt alle die EU und Politiker aus EU-Ländern verunglimpfenden Äußerungen von FPÖ-PolitikerInnen sowie Hetzkampagnen wie die gegen die evangelische Superintendentin Gertraud Knoll, und fordert diese PolitikerInnen auf, sich glaubwürdig und eindeutig von diesen Aussagen, insbesondere von den nachstehend angeführten Zitaten, zu distanzieren:

Die Bundesregierung wird aufgefordert, einen Ministerratsbeschluss zu fassen, in dem diese Äußerungen ebenfalls verurteilt werden.

(Infrastrukturminister Michael) Schmid gründete als steirischer FPÖ-Chef ein Anti-EU-Osterweiterungskomitee. Im Interview identifiziert er sich nach wie vor mit den Inhalten dieses Komitees und wird diese auch in seiner jetzigen Funktion vertreten. Den Satz "In der Erweiterung der EU liegt auch Österreichs Zukunft" aus der Präambel der österreichischen Bundesregierung würde Schmid nicht ohne weiteres Kommentar unterschreiben. (ZIB2-Interview mit Infrastruktur-Minister Michael Schmid, zitiert nach "profil" 11/00 vom 13.3.2000)

FPÖ-Aschermittwochtreffen in Ried im Innkreis

Der oberösterreichische Landesparteiobmann Landesrat Dr. Hans Achatz (...) bezeichnete die Vorgangsweise der EU gegen Österreich als Rückschlag für die demokratische Entwicklung in Europa: "Das ist politischer Rassismus." Dem gegen Österreich erhobenen "Gezeter" der Staats- und Regierungschefs stehe die Mehrheit der Völker Europas aber verständnislos gegenüber, sagte Achatz. (8. März 2000, Quelle: FPÖ-Homepage)

Kärntens FPÖ-Landeshauptmann Dr. Jörg Haider hielt seine von harter Kritik an EU und SPÖ dominierte Rede nach dem Wechsel an der FP-Führungsspitze erstmals als "einfaches FPÖ-Mitglied", wie Haider selbst sagte. Er werde nicht schweigen, betonte Haider, denn vor dem Hintergrund der politischen Entwicklung sei es wichtig, zu zeigen, daß er und die FPÖ "eine Stimme der schweigenden Mehrheit" seien, wenn versucht werde, die Freiheit und Souveränität von und in Österreich zu reduzieren: "Da werden wir nicht mit uns spaßen lassen", sagte Haider. (8. März 2000, Quelle: FPÖ-Homepage)

Zu den Sanktionen der EU gegen Österreich erklärte Haider, weder Österreich noch die FPÖ habe sich etwas vorzuwerfen. Nicht Österreich habe den EU-Vertrag gebrochen, sondern die EU. Österreich werde sich seine Rechte nicht nehmen lassen: "Es gibt keine Besatzungsmächte mehr in Österreich." Zur Kritik des französischen Staatspräsidenten Jacques Chirac sagte Haider, Chirac sei "kein Filialleiter in Österreich": "Dieses Österreich braucht keinen Westentaschen-Napoleon des 21. Jahrhunderts." (8. März 2000, Quelle: FPÖ-Homepage)

In der Plenartagung des Europäischen Parlaments fragte sich der FPÖ-Abgeordnete Peter Sichrovsky, "wann das ‚antifaschistische Kasperltheater‘ gegen sein Land zu Ende sein werde". (Bulletin Quotidien Europe vom 16. März 2000)

Haider: EU provoziert Austrittsüberlegungen

Der scheidende FPÖ-Chef Jörg Haider stellt in einem Interview in der neuesten Ausgabe der Info-Illustrierten "News" einen Austritt Österreichs aus der EU zur Diskussion. Wörtlich meinte der Kärntner Landeshauptmann: "Die EU provoziert, dass sich erstmals ein Mitglied einen Austritt aus der EU überlegen muss." Gefragt, wie dieser Austritt funktionieren könnte, sagte Haider: "Es wäre interessant zu prüfen, ob man mit der Einstellung der EU-Zahlungen nicht auch schon die Mitgliedschaft zurücklegt." In diesem Zusammenhang unterstützte Haider auch die Andeutung von Finanzminister Karl-Heinz Grasser (F), wonach man die Beitragszahlungen an die EU verzögern könnte: "Karl-Heinz Grasser und ich haben hier sicher keine Meinungsverschiedenheit." Die österreichische Regierung werde sich überlegen müssen, "ob sie diesem EU-Theater noch länger zuschaut." (APA, 19. April 2000)


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19. Sitzung / Seite 132

Der von Dr. Jörg Haider autorisierte Satz heißt im Wortlaut: "Langsam ist es so, dass Österreich das einzige Land ist, das anständig ist in der EU. Die, die korrupt sind, werden belohnt, und das anständige Österreich wird bestraft." (fpd-OTS, 19.4.2000)

Hetzkampagne gegen Superintendentin Gertraud Knoll

"Eine Plattform evangelischer Christen, bei der sich mehrere FPÖ-Abgeordnete engagieren, sammelt Unterschriften gegen Knoll, Aktionen werden über die Parlaments-Homepage der FPÖ koordiniert." ("Der Standard", 22. März 2000)

Freiheitliche Politiker verstärken ihre Angriffe gegen die burgenländischen Superintendentin Gertraud Knoll: "Ideologisch ist Getraud Knoll voll zu den Linksaußen zu rechnen und daher als Superintendentin fehl am Platz", sagte der burgenländische Landtagsabgeordnete Eduard Nicka in dem am Montag erscheinenden Magazin "Format". (APA, 26.3.2000)

Auch der Sprecher der burgenländischen "Unabhängigen Plattform Evangelischer Christen", das FPÖ-Mitglied Klaus Fischl, will weiter Unterschriften gegen Knoll sammeln: "Unsere evangelischen Gemeinden werden von Getraud Knoll vernachlässigt. Statt dessen geht sie mit Kommunisten und gewalttätigen Extremisten auf Demos." (APA, 26.3.2000)

*****

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Cap. Die restliche Redezeit seiner Fraktion beträgt 7 Minuten. – Bitte.

17.06

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Ich glaube, die heutige Diskussion hat es klargemacht: Es geht Ihnen von ÖVP und FPÖ nicht um Rot-Weiß-Rot, sondern es geht um den blau-schwarzen Machterhalt! Sie können noch so viele Alzheimer-Viren auf die andere Seite des parlamentarischen Hauses herüberblasen: Wir werden uns nicht verwirren lassen. Man müsste ja förmlich umdenken, wenn es nach manchen Ausführungen ginge.

Plötzlich war der 3. Oktober, der Tag der Nationalratswahlen, ein Tag der Abstimmung über eine schwarz-blaue Regierung. – Das ist mir völlig neu! Ich kann mich gar nicht daran erinnern, dass der Spitzenkandidat der ÖVP, Schüssel, gesagt hat: Bitte wählt mich, ich bin der Kanzler einer blau-schwarzen Regierung! – Ich kann mich bei bestem Willen nicht daran erinnern! Heute wird so getan, als wäre es so gewesen.

Das Beste ist ja die Aufforderung: Reden wir nicht über die Ursachen der Sanktionen! – Nun, wenn Sie genügend Alzheimer-Viren zu uns herüberblasen, vielleicht sagen wir dann wirklich irgendwann auch: Das war nur Jux und Tollerei! Es war ja gar nicht die Regierungskonstellation, die einer der Gründe dafür ist, dass es zu diesen Maßnahmen gekommen ist! Es waren ja gar nicht die Äußerungen Haiders auf der Gerlitzen gegenüber Chirac und der belgischen Regierung. Nein, das war es gar nicht! Es war einfach Jux und Tollerei, einfach so! Und die störrische Opposition ist in diesem Zusammenhang nicht bereit, endlich auf einen Schulterschluss einzugehen!

Vielleicht sagen wir irgendwann einmal: Jawohl, es war eine Vernaderungsstrategie des SI-Präsidenten Jacques Chirac und seines Generalsekretärs Aznar. Vielleicht sind wir einmal so weit, dass wir sagen: Dieses Duo Infernale der SI, Chirac und Aznar, das sind die Vernaderer, die Bösewichte! – Das ist Ihre Strategie, die Sie heute hier anwenden – natürlich noch gewürzt mit unzähligen Doppelstrategien. Tragisch ist das in Wahrheit.

Ich hatte mir schon erwartet, dass hier in der Rede des Bundeskanzlers eine Stellungnahme gegenüber den Aussagen Haiders im neuesten "NEWS" käme. Haider sagt: Die derzeitige EU ist dekadent wie das alte Rom. – Gauben Sie, die 14 EU-Mitgliedsländer werden, nachdem sie das jetzt gelesen haben, nämlich dass eine der wichtigsten Personen einer Regierungspartei, um nicht zu sagen: die wichtigste, sagt, das sind lauter Dekadente, da spielt es sich ab wie im


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alten Rom; Sünde herrscht dort, dort wird nur gesoffen, getrunken – das Dritte, das dort noch geschieht, will ich gar nicht aufzählen –, jetzt sagen: Die Österreicher sind so lieb, so nett! Ach, husten wir auf all diese Maßnahmen! Wir sind zwar dekadent, aber irgendwie machen wir das schon! – Glauben Sie das wirklich?

Dahinter steckt doch die klare Überlegung: Sie wollen gar nicht, dass es zu einem Ende dieser Maßnahmen kommt. (Abg. Dietachmayr: So ist es!) Das ist doch die wahre Strategie im Hintergrund!

Jetzt könnte man einfach sagen: Das ist die böse FPÖ! Ich sage das schon seit Jahren. Jetzt glauben sie mittlerweile ohnehin schon selbst, dass sie böse sind. (Abg. Haigermoser: Ich fürchte mich! Ich habe Angst vor Cap!) Aber ich sage Ihnen: Die Äußerungen von Rauter, Schmid, Grasser, Haider mit ihren möglicherweise unzähligen Folgen für Investitionen, für die Beschäftigung und für den Euro sind die eine Seite der Medaille. Es sind das Provokationen, die bewirken sollen, dass es zu keinem Überdenken der Maßnahmen der 14 EU-Mitgliedsländer kommt.

Jetzt frage ich mich aber im Endeffekt: Was ist die Aufgabe der ÖVP, oder was machen die Koalitionsmitglieder eigentlich in der Regierung, wenn sie, wie ich am 16. April unter dem Titel "PolitikInnen" lese konnte, gemeinsam Tarock spielen gehen oder nach einer Sitzung gemeinsam die Cézanne-Ausstellung besuchen? Mittlerweile herrscht schon das Du-Wort vor, allerdings momentan noch nach Geschlechtern getrennt, das heißt, nur Männer zu Männern und Frauen zu Frauen, aber vielleicht wird sich das auch noch ändern.

Das steht alles in einem "Kurier"-Artikel. Auch der geheimnisvolle Satz: "Wir machen möglichst viel gemeinsam!"

Was machen Sie alles gemeinsam? Tarockieren Sie vielleicht beim Tarock noch aus, wer morgen der Bösewicht ist, wer morgen welches EU-Mitgliedsland ärgert und wer dazu schweigt? – Beim Letzteren gewinnt offensichtlich immer der Schüssel, er gewinnt immer die Schweigepartie. Den gibt es nicht, er existiert nicht, er ist nicht da, er sagt nichts.

Auch jetzt wieder, das ist der beste Beweis: Er ist nicht da, er sagt nichts, er weiß nichts! (Abg. Rosemarie Bauer: Er war schon da!)  – Kollege Schieder hat das völlig richtig gesagt, als er meinte, es gebe dazu keine Stellungnahme.

Man spricht sich sogar schon mit Vornamen an! Da ist der Andi – Khol für diejenigen, die es nicht wissen – und der Pezi, der Westenthaler. Dann ist da noch das spitzbübische Lachquartett von der heutigen Diskussion. Ich finde, dass das nicht in Ordnung war. Herr Khol hat sich doch so bemüht, er hat hier Pathos eingebracht und versucht, das Rot-weiß-rote, in Synthese mit seiner Krawatte, so darzustellen, dass sogar ich es ihm schon fast geglaubt hätte! Aber dann kam dieses spitzbübische Lächeln: Schüssel zu Khol, Andi zu Pezi und dann Pezi zu Thommy, der da in diesem Viererquartett mitlachen muss, denn sonst ist es ja kein Quartett. Das ist dann das Lachquartett, das Sie hier entwickeln. (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ.)

Dazu muss ich Ihnen sagen: Das ist unglaubwürdig, was Sie da heute dargestellt haben! Ihnen von der ÖVP sage ich: Man lernt Ihre Landeshauptleute langsam schätzen. Ich sage nur: Schausberger. Ich sage nur: Weingartner. Sie bringen es nämlich auf den Punkt – nicht so wie Frau Rauch-Kallat, Ihre Generalsekretärin, die noch die Vernaderungsstrategie verfolgt hat, als Herr Schausberger schon längst gesagt hat: Hört doch auf mit dem Ganzen! Das sind die Äußerungen Haiders, es sind die Äußerungen der FPÖ! – Und Recht hat Landeshauptmann Schausberger gehabt!

Landeshauptmann Weingartner hat überhaupt gesagt: Mir geht das alles schon auf die Nerven! Der da unten im Bärental soll endlich still sein! – Das ist übrigens ein interessanter Umgang mit Ihrem Obmann und Landeshauptmann in Kärnten.

Daher ist der Satz von Schüssel in seiner heutigen Rede – so quasi mit einem unschuldigen Lamm-Augenaufschlag versehen –: "Wir haben nichts getan!", wahrscheinlich ohnehin das


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Hauptproblem der ganzen Regierung. Das Problem ist seine Haltung, dass gegen all diese Äußerungen letztlich keine Schritte gesetzt werden, nämlich keine ernsthaften Strategien entwickelt werden, um dieses Problem in den Griff zu bekommen.

Sie wollen es in Wirklichkeit gar nicht in den Griff bekommen! Wie hat Herr Schüssel gegenüber der "Presse" gesagt? – Das Schlimmste, was passieren könnte, wäre, dass man nicht mehr über die EU-Sanktionen spricht. Denn dann spricht man über die Sparpakete, über die Steuererhöhung, über all diese Dinge. Darüber soll man offenbar nicht reden. Man soll über die "bösen Sanktionen" reden. Das hört sich schon so an, als ob die Getreidezufuhr gesperrt würde, Gaslieferungen nicht mehr stattfänden, Hungersnöte ausbrechen würden. Und jeder fragt sich: Um Gottes willen, was sind das für Sanktionen? – So wird das mittlerweile schon dargestellt. Etwa, die Donau wird um Österreich herum umgeleitet. Lauter Horrorvisionen tun sich da auf! Das ist genau das, was Sie machen.

Ich sage Ihnen: Es mag sein, dass diese Umfragen stimmen, bei welchen allerdings Herr Abgeordneter Khol nie dazu sagt, wer sie macht, welches Sample das ist. Vielleicht waren das ja auch nur im ÖVP-Klub gemachte Umfragen. Auf jeden Fall sind aber die 75 Prozent, die er da zitiert hat, schwach, sehr schwach!

Ich sage Ihnen: Das war heute wieder eine Vorstellung – entsetzlich, kann ich dazu nur sagen! Entsetzlich! Vor allem für Österreich! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

17.14

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Öllinger. Restliche Redezeit: 5 Minuten. – Bitte.

17.14

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Staatssekretär! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Immer dann, wenn sich Kollege Khol, der jetzt noch immer fehlt, genauso wie Kollege Westenthaler, selbst in den Himmel des Patriotismus erhebt, wird es dunkel in diesem Land, wird es ziemlich dunkel in Österreich, und gleichzeitig sind dann in unserem Land einige Landschaftsgärtner unterwegs.

Was meine ich damit? Wer ist der Landschaftsgärtner? – Da tauchen dann Kollege Westenthaler und mit ihm der Herr Parteiobmann und Bundeskanzler Schüssel als Landschaftspfleger auf.

Ich zitiere aus dem "profil" vom 22. April 2000: Peter Westenthaler, Klubobmann der Freiheitlichen, hält es im "profil"-Gespräch – Zitat Westenthaler – mit Wolfgang Schüssel, der sagte – jetzt kommt das Zitat Schüssel –: "Die größte Gefahr, die uns passieren kann, ist, dass Gras über die EU-Sanktionen wächst." – "Wir als FPÖ werden das Gras immer wieder mähen und künftig selbstbewusster gegen die EU auftreten." – Zitatende.

Genau das ist es, meine Damen und Herren! Wenn es die Sanktionen nicht gäbe, dann müsste sie der Herr Bundeskanzler oder der Herr Westenthaler selbst erfinden. Das hat, glaube ich, Lingens geschrieben. Aber genau das ist es: Sie brauchen diese EU-Sanktionen!

Herr Kollege Khol kam hier heraus, sprach mit Kreide in der Stimme vom patriotischen Schulterschluss – bitte, nur im Interesse der Republik! – und wollte uns vergessen lassen, dass er, Westenthaler und andere Personen noch gestern ordentlich gegen die Opposition losgelegt und gesagt haben: Immer dann, wenn der Herr Van der Bellen und der Herr Gusenbauer ins EU-Ausland fahren, dann kommen die Schmutzkübel aus diesen Ländern zurück!

Herr Westenthaler und andere seiner Partei wollen uns vergessen lassen, dass noch vor wenigen Monaten von Vertretern der Freiheitlichen Partei der Bundespräsident und der ehemalige Bundeskanzler des Landesverrates und des Hochverrates beschuldigt wurden. Der Bundespräsident! Stellen Sie sich das vor! Doch das spielt plötzlich keine Rolle mehr. Jetzt wollen Sie einen patriotischen Schulterschluss machen, und zwar auch mit dem Bundespräsi


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denten. Er ist Ihrer Meinung nach zwar ein Hochverräter wie manche andere Personen hier in diesem Haus, aber Sie wollen jetzt einen gemeinsamen Schulterschluss machen.

Jetzt kommen Sie her, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, und sagen: Bitte, nehmen wir doch gegen die EU-Sanktionen gemeinsam Stellung! – Mit dem Hexenkreuz wollen Sie gegen die EU-Sanktionen auftreten. (Der Redner hält die Hände in die Höhe und macht ein "Hexenkreuz". – Beifall bei den Grünen.)

Natürlich wollen Sie diese EU-Sanktionen! Sie brauchen sie und Sie wollen sie pflegen – wie das Gras auf der Wiese. Die Äußerungen des Herrn Haider sind unverzichtbar für Sie, daher gibt es von Seiten der Regierung auch keine Dementis dagegen. Und daher kann es passieren, meine Damen und Herren – und nur daher kann es passieren! –, dass ein Herr wie Herr Prinzhorn, der unsägliche Äußerungen gemacht hat, rassistische Äußerungen von sich gegeben hat, im Anschluss an diese Äußerungen beziehungsweise ein wenig später zum Zweiten Präsidenten des Nationalrates gewählt wurde.

Meine Damen und Herren! Es ist das gute Recht des Herrn Adamovich, zu behaupten, die FPÖ sei nicht rassistisch. Der Herr Adamovich ist zwar Präsident des Verfassungsgerichtshofes gewesen, aber er spricht trotzdem nicht ex cathedra. Auch der Papst selbst könnte in dieser Sache nicht ex cathedra sprechen. Es steht ihm nicht zu, zu beurteilen, ob die FPÖ rassistisch ist oder nicht.

Meine Damen und Herren! Aber ich erinnere Sie daran, dass ausgerechnet in einem Leitartikel der "Presse", in der auch die FPÖ von dem Vorwurf, rassistisch zu sein, in Schutz genommen wurde, der Chefredakteur dieser Zeitung, Herr Unterberger, Folgendes gesagt hat:

Wenn es eine rassistische Äußerung gibt, dann die des Herrn Prinzhorn über die Asylanten und Ausländer. Wenn es eine Äußerung gibt, die an Volksverhetzung herankommt, dann die des Herrn Prinzhorn. – Zitatende.

Ja bitte, meine Damen und Herren, und da wundern sie sich noch, wenn es solche Äußerungen wie die des Herrn Prinzhorn, des Herrn Haider über die Waffen-SS und unzählige andere Äußerungen dieser Art gibt, dass man in Frankreich diese Frage etwas anders sieht, als Sie sie sehen wollen, dass in Frankreich, wo Waffen-SS-Truppen ein Dorf niedergemäht haben, Gott sei Dank noch eine Sensibilität in dieser Frage vorhanden ist und dass man sich nicht gefallen lässt, dass die Brüder der Waffen-SS von einem Parteivorsitzenden, der in die Regierung kommt, als ordentliche Menschen bezeichnet werden?! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Gaugg: Was hat denn das mit der FPÖ zu tun?)

Das ist der Unterschied, meine Damen und Herren ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte den Schlusssatz!

Abgeordneter Karl Öllinger (fortsetzend): Daher, meine Damen und Herren, sage ich noch einmal: Sie brauchen diese EU-Sanktionen, weil Sie sie haben wollen! Sie wollen sie pflegen, Sie wollen sie nicht loshaben, und daher machen Sie immer wieder solche Äußerungen. Hören Sie auf damit, distanzieren Sie sich von Ihrer Vergangenheit und von Ihren Parteiführern! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Gaugg: Es hat einmal einen Namensvetter von Ihnen gegeben, ...! – Abg. Dr. Petrovic  – in Richtung des Abg. Gaugg –: Ich bitte die Stenographen, dies zu protokollieren!)

17.20

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Amon. Die restliche Redezeit beträgt 7 Minuten. – Bitte.

17.20

Abgeordneter Werner Amon (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Meine Damen und Herren! Wenn es nicht so traurig wäre, wäre es ja zum Lachen: Das, was hier heute von der Opposition geboten wird, ist an Zynismus nicht zu überbieten, vor allem die


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Aussage, dass sich die Regierungsparteien die Sanktionen quasi wünschen beziehungsweise wollen, dass sie aufrecht bleiben. Das ist ja völlig absurd! Denn würden wir dann den vorliegenden Antrag in das Hohe Haus bringen und Sie in dieser Form ersuchen, diesem Antrag zuzustimmen, damit die Position Österreichs innerhalb der Europäischen Union gestärkt wird?! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Öllinger hält eine Zeitschrift in die Höhe und deutet mit dem Finger auf die Überschrift "Ihr Auftritt, bitte!")

Die Argumente der Opposition waren bisher nicht überzeugend, aber eines machen Sie überzeugend, nämlich den Eindruck, dass Sie diese Sanktionen nicht beendet haben wollen, weil Sie ganz einfach nicht damit einverstanden sind, dass die FPÖ in dieser Bundesregierung ist. Es ist im Übrigen Ihr gutes demokratisches Recht, diese Position einzunehmen. Es ist aber höchst problematisch, dass Sie nicht zur Kenntnis nehmen wollen, dass die Bildung dieser Bundesregierung auf völlig demokratische Art und Weise zustande gekommen ist. Nehmen Sie das endlich einmal zur Kenntnis! (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf bei der SPÖ.)

Herr Dr. Cap – ich sage das, weil Sie gerade dazwischenrufen – tut geradezu so, als wäre all das, was die Sanktionsmaßnahmen anbelangt, a Hetz und a Gaudi, so nach dem Motto: Ist ja lustig, ist alles kein Problem! Selbst der zukünftige SPÖ-Vorsitzende tut so, als würden diese Sanktionen ja nur die Mitglieder der Bundesregierung treffen, aber in keinster Weise irgendwelche anderen Österreicher. Doch das funktioniert nicht! Es funktioniert nicht, Sanktionen nur gegen eine Regierung zu verhängen und damit nicht auch die Menschen des betreffenden Landes zu treffen.

Ich habe hier den Brief einer Vermieterin aus Brüssel, die darin einer jungen Frau, die sich derzeit in Brüssel auf Stage befindet und die dort einen Mietvertrag unterschrieben hat, Folgendes geschrieben hat – der Brief ist mit Namen und Adresse versehen, Sie können ihn gerne einsehen, ich möchte ihn nur nicht öffentlich machen –: "Sehr geehrtes Fräulein, ich würde Sie gerne sehen, um Ihnen mitzuteilen, dass ich aufgrund der politischen Ereignisse und der Entscheidung Belgiens dieses Jahr nicht an österreichische Stagers vermieten werde. Ich würde mir daher wünschen, dass Sie zu mir kommen, damit ich Ihnen die Anzahlung von 6 000 belgischen Francs zurückgeben kann und Sie den Mietvertrag für null und nichtig betrachten."

Was ist das? – Das ist Diskriminierung auf Grund der Herkunft. Das bewirken die EU-Sanktionen gegen Österreich, und daher bitten wir Sie, den rot-weiß-roten Konsens einzugehen und die Vorgangsweise, die wir gewählt haben, mitzutragen. Daher ersuchen wir Sie, diesen unseren Antrag zu unterstützen. (Beifall bei der ÖVP.)

Sie müssen sich von der Position verabschieden, zu sagen, dass etwas nicht sein kann, was nicht sein darf. Das ist nämlich Ihre Position. Sie ist zwar aus subjektiver Sicht verständlich, demokratiepolitisch aber bedenklich. Deshalb ersuche ich Sie noch einmal eindringlich, sich unserem Antrag anzuschließen und zu sagen: Ja, wir sind damit einverstanden, dass das, was in diesem Antrag steht, umgesetzt wird! Wir wollen, dass es ein klares Bekenntnis zu allen Rechten und Pflichten gibt, die Österreich gegenüber den EU-Mitgliedspartnern hat!

Auch das steht in diesem Antrag. Da können Sie noch so oft den Parteiobmann Haider zitieren, der etwas anderes sagt. Ich könnte Ihnen auch den Wiener Bürgermeister Häupl zitieren, der vor kurzem wieder gesagt hat: Wer zur Osterweiterung ja ohne Wenn und Aber sagt, der ist gelinde gesagt als Depp zu bezeichnen. Solche Zitate könnte ich mehrere bringen. Man könnte Ihren Kärntner Abgeordneten Arbeiter zitieren, der Goebbels-Zitate bringt. Auch das ist machbar. Aber deshalb spreche ich Ihnen noch lange nicht Ihre demokratische Legitimation ab. Doch das passiert jetzt mit dieser Regierung, und dagegen müssen wir uns gemeinsam wehren.

Sie sagen, der Bundeskanzler habe keine Strategie, um aus diesen EU-Sanktionen herauszukommen. Ja welch bessere Strategie kann es denn geben, als den gesamten Nationalrat der Republik zu ersuchen, sich gegen diese EU-Maßnahmen zu richten? Welche bessere Strategie kann es denn geben, als dass die Volksvertreter hier im Hohen Haus klar und deutlich machen, dass es so nicht weitergehen kann, dass diese EU-Sanktionen widerrechtlich und völlig überzogen sind? (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)


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Ein Letztes möchte ich Ihnen noch sagen, weil Sie hier permanent die Frage stellen: Was sagen Sie von der Volkspartei Ihren christdemokratischen Freunden in der Europäischen Volkspartei? – Das unterscheidet uns nämlich von Ihnen! Wir sagen ihnen genau das Gleiche, wir sagen auch unseren Freunden in der Europäischen Volkspartei, dass diese EU-Maßnahmen selbstverständlich überzogen sind, dass sie ungerechtfertigt sind und dass sie widerrechtlich zustande gekommen sind.

Ich frage aber Sie: Was sagen Sie Ihren Freunden in der Sozialistischen Internationale? Was sagen Sie ihnen? – Diese Antwort bleiben Sie schuldig! Sagen Sie ihnen: Ja, wir wollen ein Ende der EU-Sanktionen, oder sagen Sie ihnen: In Wahrheit ist das ja nicht so schlecht, schauen wir, dass wir diese EU-Sanktionen möglichst lange aufrecht erhalten, dann hat diese Bundesregierung möglichst viele Probleme, ist international geächtet und kann sich politisch nicht so gut bewegen!? – Diese Antwort bleiben Sie schuldig!

Interessant wäre in diesem Zusammenhang natürlich eine Aufklärung dieser Frage in einem Untersuchungsausschuss. Das gebe ich schon zu. Aber ich sage Ihnen auch, warum wir derzeit keinen Untersuchungsausschuss in dieser Frage wollen: weil die Erklärung des ehemaligen Bundeskanzlers Klima dazu noch ausständig ist. Der Herr Bundeskanzler Klima, der ja bekanntlich bei dem berühmten Treffen in Stockholm war, über welches der "Guardian", eine durchaus liberale britische Zeitung, eine Woche danach berichtete, dass der österreichische Bundeskanzler dort gewissermaßen um Intervention gebeten hat, hat dazu noch nicht Stellung bezogen. Eine Aussage dazu, was er tatsächlich bei diesem Treffen in Stockholm gemacht hat, fehlt noch vom ehemaligen Herrn Bundeskanzler Klima. Vielleicht könnte man sich mit einer Erklärung des Mag. Klima diesen Untersuchungsausschuss ersparen. Man wüsste nämlich dann, wie es zu diesen Maßnahmen gekommen ist.

Ich möchte Sie, meine Damen und Herren von der SPÖ und auch von den Grünen, wirklich ersuchen, das parteipolitische Kasterldenken in dieser Frage einmal hintanzustellen. (Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen, da die Redezeit abgelaufen ist.) Ich komme zum Schlusssatz, Herr Präsident. – Es geht nicht darum, dieser Regierung einen Freibrief auszustellen. Selbstverständlich müssen Sie als Opposition diese Regierung ganz massiv beobachten und auch kontrollieren. Ich bitte Sie von der SPÖ, Ihren Parteinamen umzudrehen: Stellen Sie Österreich voran und die Sozialdemokratie und die Partei einmal hinten an! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

17.28

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Haigermoser. Restliche Redezeit: 7 Minuten. – Bitte.

17.28

Abgeordneter Helmut Haigermoser (Freiheitliche): Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Kollege Cap hat heute aus dem "Kurier" zitiert. Ich gestatte mir, aus der morgigen Ausgabe der "Kronen Zeitung" zu zitieren. (Abg. Parnigoni: "Staberl"!) Da steht unter dem Titel: "Die miese Kunst der Niedertracht" – das ist ein Zitat, Herr Präsident; ich sage das deshalb, um nicht Gefahr zu laufen, einen Ordnungsruf einzuheimsen; das brauche ich heute nicht mehr –:

"Josef Cap hat mit seiner Behauptung, die Regierung sei doch über die Sanktionen nur allzu froh, die Niedertracht der 14 EU-Staaten mühelos erreicht, wenn nicht gar übertroffen. Den 14 könnte man ja allenfalls Uninformiertheit über Österreich zugute halten, Cap hingegen weiß, was bei uns im Land tatsächlich vor sich geht. Für seine miese Kunst der Niedertracht hat er sich daher ein herzhaftes und nachösterliches ,Pfui Teufel‘ unredlich verdient." – Ende des Zitats. Mehr sage ich nicht mehr dazu. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren von der SPÖ! Ihre Redebeiträge von heute haben bei mir den Eindruck verstärkt, dass Sie eigentlich mit dem Bürger nicht mehr reden. Sie, meine Damen und Herren von der Sozialdemokratie, sind offensichtlich mit sich selbst beschäftigt: mit dem Schuldenberg, den Sie haben, mit den Nachfolgefragen, also mit einem ganzen Gerümpel von Problemen. Daher vermeinen Sie jetzt, Ihre Strategie, nämlich mit der Vernaderung im Ausland diese Regierung zu stürzen, weiterführen zu können. Doch das wird Ihnen nicht gelingen, denn


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diese Regierung, meine Damen und Herren von der SPÖ, hat das Vertrauen der Mehrheit der Österreicherinnen und Österreicher. Das sollten Sie nicht vergessen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Die Rede des Abgeordneten Schieder war ja überhaupt der Eiertanz schlechthin beziehungsweise eine Mischung aus Veitstanz und Eiertanz mit einem Schuss schlechten Gewissens und gleichzeitig ein Schuss von hinten durch die Brust ins Knie. Das hat noch nie jemand zusammengebracht, was Sie, meine Damen und Herren, auf Grund Ihres Verhaltens beim Europarat hier aufgeführt haben!

Spindelegger und Schweitzer haben es ja auf den Punkt gebracht. Das hätte ich von Ihnen nicht erwartet, Herr Kollege Schieder, dass Sie sich im Ausland so deutlich gegen Österreich stellen! Das war unnötig, meine Damen und Herren! (Widerspruch bei der SPÖ.)

Es wird schon noch erlaubt sein, Frau Lunacek, dass man sich über europäische Probleme unterhält, zum Beispiel über den Euro. Ich zitiere aus der morgigen Ausgabe des "Kurier":

"Euro leidet an Schwindsucht. Kein Ende der Talfahrt in Sicht. Experten erwarten Rückfall bis auf 0,84 US-Dollar, Pessimisten auf bis zu 0,55 Dollar." – Ende des Zitates.

Darüber wird man schon noch reden dürfen, ohne gleich ein Feind der gesamteuropäischen Entwicklung zu sein!

Wie sonst hätte die Sozialdemokratie in Schweden mit einer Mehrheit von 350 zu 250 Stimmen in etwa gerade noch knapp für den Euro gestimmt? Dort hat man auch darüber diskutiert, und ein nicht unbeträchtlicher Teil der schwedischen Sozialdemokraten hat gesagt, wir wollen bei diesem Schwindsucht-Programm eigentlich nicht dabei sein. – Also das werden wir schon auch diskutieren dürfen und müssen.

Sie müssen aber auch fragen, warum dieser Euro in den Keller rutscht! – Ich sage Ihnen, nicht weil wir Freiheitlichen jetzt in der Regierung sind, wie es ein paar, ich sage jetzt einmal sachpolitisch Zurückgebliebene vermeint haben hinausposaunen zu müssen, sondern wegen Ihrer sozialistischen Wirtschaftspolitik in der gesamten EU, wo Sie die Mehrheit haben. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Deswegen geht leider Gottes der Euro in den Keller, meine Damen und Herren! Daher lassen Sie bitte diese billigen Ablenkungsmanöver! Sie haben es wieder versucht, sind aber wieder einmal gründlich eingefahren.

Das stärkste Stück war aber das des Herrn Gusenbauer. Er hat es auf den Punkt gebracht: Wenn die SPÖ in der Regierung ist, dann ist Österreich zivilisiert. Wenn Freiheitliche in der Regierung sind, dann ist Österreich unzivilisiert. Ich betone: nicht die Regierung ist unzivilisiert, hat er gesagt, sondern Österreich! Österreich ist unzivilisiert! – Meine Damen und Herren von der SPÖ, dazu kann ich nur sagen: Machen Sie sich das mit Ihren Wählern aus! Da werden Sie Schwierigkeiten bekommen, mehr als Sie jetzt glauben, meine Damen und Herren. (Abg. Parnigoni: Ihre Wähler werden immer weniger!)

Werter Freund! Das schauen wir uns an! Bei Philippi sehen wir uns wieder, und am Ende wird abgerechnet! Am Ende wird abgerechnet, und da schaue ich mir euer Ergebnis an! Da werdet ihr alt ausschauen, das garantiere ich euch. Das unterschreibe ich blind, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Denn für das, was Sie uns nach 13 Jahren sozialdemokratischer Regierungspolitik hinterlassen haben – und damit ihr von der ÖVP nicht ganz ungeschoren bleibt, muss ich euch sagen, ein bisschen habt ihr schon mitgetan –, brauchen wir ein ordentliches Stück an Aufarbeitung, meine Damen und Herren! Das werden wir aber jetzt gemeinsam schaffen, weil wir ein positives Klima in diesem Lande geschaffen haben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Bei der ÖVP gibt es ja auch hin und wieder ein Umdenken, wenn es auch noch nicht alle erfasst haben. Zum Beispiel der heute zitierte Tiroler Landeshauptmann hat die Geschichte, wo es in


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diesem Lande lang zu gehen hat, wahrscheinlich noch nicht ganz geschnallt. Aber das nur nebenbei, meine Damen und Herren.

Frau Kollegin Lunacek und meine Damen und Herren von der Sozialdemokratie! Es ist heute schon erwähnt worden: das Vorgehen gegen den österreichischen Anti-Doping-Experten Hans Holdhaus, den Sie abgewählt haben. Er sagte – wörtliches Zitat –: "Ich bin abgewählt worden, weil ich ein Österreicher bin."

Und Sie gehen heute hier heraus und verteidigen diese Dinge! Das ist der wahre Skandal! Gehen Sie lieber her und sagen Sie, wir stimmen zu, diesen Gemeinheiten endlich einmal ein Ende zu bereiten. Das wäre patriotisch! Aber Ihre ganzen Veitstänze haben gezeigt, dass Sie ein schlechtes Gewissen haben (Beifall bei den Freiheitlichen) und dass Ihnen Ihre Parteipolitik vorgeht, Ihnen wichtiger ist als dieses Land, meine Damen und Herren.

Dieser Tanz der Sozialdemokraten um den heißen Brei beweist ja: Sie haben die Geschichte angezündet, und jetzt trauen Sie sich nicht mehr zum Herrn Schröder und zum Herrn Guterres, denn die schicken Sie heim und sagen: Zuerst husst ihr uns auf, und jetzt wollt ihr, dass wir die Geschichte rückgängig machen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)  – Das ist das Problem, das ihr habt: Aufgehusst und von der Geschichte eingeholt.

Das Goethe-Jahr ist zwar schon zu Ende, aber Sie sollten doch den einen oder anderen Blick in den "Zauberlehrling" werfen. Sie werden die Geister nicht mehr los, die Sie selbst gerufen haben! Leider Gottes leidet darunter auch dieses Land, meine Damen und Herren. Aber Sie brauchen keine Angst zu haben. Diese Geschichte stehen wir durch. Locker stehen wir das durch (Abg. Parnigoni: Der Herr Haigermoser steht wie ein Bock!), denn wir haben die österreichischen Bürger auf unserer Seite, die nämlich wissen, dass wir für Rot-Weiss-Rot stehen und nicht für eine grüne Vernaderungspolitik mit sozialistischer Unterstützung oder umgekehrt! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Parnigoni: Schwarz-braun?)

Herr Präsident! Ist die Bezeichnung "Linksfaschist" einen Ordnungsruf wert? Ich frage nur einmal, denn dann sage ich es nicht zum Herrn Öllinger. (Heiterkeit bei den Freiheitlichen.) Aber wenn es keinen Ordnungsruf gibt, dann sage ich Linksfaschist.

Meine Damen und Herren! Wir stehen auf der Seite der Österreicherinnen und Österreicher und nicht auf der Seite der Vernaderer! (Heiterkeit und Beifall bei den Freiheitlichen.)

17.35


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19. Sitzung / Seite 140

Präsident Dr. Heinz Fischer:
Das Hohe Haus ist sicherlich in der Lage, sich ein Bild über die Qualität und über die Bereitschaft zur sachlichen Diskussion bei allen Diskussionsbeiträgen zu machen. (Lebhafte Rufe bei den Freiheitlichen: Ja, ja! – Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten aller Fraktionen. – Unruhe im Saal.)

Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Schieder zu Wort gemeldet. Redezeit: 2 Minuten. Bitte um Gegenüberstellung: behaupteter Sachverhalt – tatsächlicher Sachverhalt. – Bitte.

17.35

Abgeordneter Peter Schieder (SPÖ): Herr Abgeordneter Haigermoser hat gesagt, ich hätte in Straßburg deutlich gegen Österreich Stellung bezogen. – Ich habe weder deutlich noch undeutlich noch überhaupt gegen Österreich Stellung bezogen. (Widerspruch bei den Freiheitlichen.)

Ich bin vielmehr für Österreich eingetreten – gegen ein Monitoring, das nicht im Plenum abgestimmt wurde, gar nicht mehr abgestimmt werden konnte, weil es schon im Büro abgelehnt wurde. Ich konnte aus diesem Grund dort auch gar nicht dagegen oder dafür stimmen, wir alle nicht, weil es nicht mehr zur Debatte stand, sondern vorher schon in der Bürositzung verhindert wurde. (Beifall bei der SPÖ.)

17.36

Präsident Dr. Heinz Fischer: Weitere Wortmeldungen dazu liegen nicht vor. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen daher zu den verschiedenen Abstimmungen über die einzelnen vorliegenden Anträge.

Als erstes stimmen wir ab über den Selbständigen Antrag der Abgeordneten Dr. Khol, Mag. Schweitzer und Genossen betreffend Konsens in Rot-Weiss-Rot.

Es ist namentliche Abstimmung verlangt worden. Dieses Verlangen ist von 20 Abgeordneten unterstützt worden. Daher wird so vorgegangen.

Die Stimmzettel, die zu benützen sind, befinden sich in den Laden der Abgeordnetenpulte und tragen den Namen des Abgeordneten sowie die Bezeichnung "Ja" – das sind die grauen Stimmzettel – beziehungsweise "Nein" – diese Stimmzettel sind rosafarben. Für die Abstimmung können ausschließlich diese amtlichen Stimmzettel verwendet werden.

Nach den Bestimmungen der Geschäftsordnung werden die Abgeordneten namentlich aufgerufen, die Stimmzettel in die – hoffentlich bald bereit stehende – Urne zu werfen.

Ich ersuche jene Abgeordneten, die für den Antrag Khol-Schweitzer stimmen, "Ja" -Stimmzettel, und jene, die dagegen stimmen, "Nein" -Stimmzettel abzugeben.

Ich bitte nunmehr die Schriftführerin, Frau Abgeordnete Reitsamer, mit dem Namensaufruf zu beginnen. Sie wird zur gegebenen Zeit von Frau Abgeordneter Haller dabei abgelöst werden. – Bitte, Frau Abgeordnete, beginnen Sie mit dem Namensaufruf.

(Über Namensaufruf durch die Schriftführerinnen Reitsamer und Haller werfen die Abgeordneten die Stimmzettel in die Urne.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Haben alle die Stimme abgegeben? – Gut. Dann erkläre ich die Stimmabgabe für beendet.

Die damit beauftragten Bediensteten des Hauses werden die Stimmenzählung vornehmen. Die Schriftführer können dabei sein, wenn sie dies wünschen.

Ich unterbreche die Sitzung zu diesem Zweck.

(Die zuständigen Beamten nehmen die Stimmenzählung vor. – Die Sitzung wird um 17.47 Uhr unterbrochen und um 17.52 Uhr wieder aufgenommen. )

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf und gebe das Abstimmungsergebnis wie folgt bekannt:

Es wurden 172 Stimmen abgegeben, davon 102 "Ja" -Stimmen und 70 "Nein" -Stimmen.

Damit ist dieser Selbständige Entschließungsantrag angenommen. (E 8.)

Gemäß § 66 Abs. 8 der Geschäftsordnung werden die Namen der Abgeordneten unter Angabe ihres Stimmverhaltens in das Stenographische Protokoll aufgenommen.

Mit "Ja" stimmten die Abgeordneten:

Amon, Auer, Aumayr;

Bauer Gerhard, Bauer Rosemarie, Baumgartner-Gabitzer, Böhacker, Bösch, Brinek, Bruckmann, Brugger, Burket;

Dolinschek, Donabauer;


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19. Sitzung / Seite 141

Egghart, Ellmauer;

Fallent, Fasslabend, Fekter, Feurstein, Fink, Firlinger, Fischl, Freund, Frieser;

Gahr, Gatterer, Gaugg, Graf Herbert L., Graf Martin, Grollitsch, Großruck;

Haigermoser, Hakl, Haller, Hartinger, Haupt, Hofmann, Hornegger, Hornek;

Jung;

Kampichler, Khol, Kiss, Knerzl, Kopf, Kößl, Krüger, Kukacka, Kurzbauer, Kurzmann;

Leiner, Lentsch, Lexer;

Maderthaner, Mainoni, Miedl, Mikl-Leitner, Mitterlehner, Mühlbachler, Müller, Murauer;

Neudeck;

Ofner, Ortlieb;

Papházy, Pecher, Pistotnig, Platter, Prinz, Prinzhorn, Pumberger, Puttinger;

Rasinger, Reindl;

Schender, Schoettel-Delacher, Schöggl, Schwarzböck, Schwarzenberger, Schweisgut, Schweitzer, Sevignani, Sodian, Spindelegger, Staffaneller, Steibl, Steindl, Stummvoll;

Tancsits, Trattner, Trinkl;

Wattaul, Weinmeier, Wenitsch, Westenthaler, Windholz, Wolfmayr;

Zellot, Zernatto, Zierler, Zweytick.

Mit "Nein" stimmten die Abgeordneten:

Antoni;

Bauer Sophie, Brix, Brosz, Bures;

Cap;

Dietachmayr, Dobnigg;

Eder Kurt, Edler Josef, Edlinger, Einem;

Faul;

Gaál, Gartlehner, Gaßner, Glawischnig, Grabner, Gradwohl, Grünewald, Gusenbauer;

Hagenhofer, Haidlmayr, Heindl, Heinisch-Hosek, Heinzl, Huber;

Jarolim;

Kaipel, Keppelmüller, Kiermaier, Kogler, Kostelka, Kräuter, Kubitschek, Kummerer, Kuntzl;

Leikam, Lichtenberger, Lunacek;

Maier, Muttonen;

Niederwieser;

Öllinger;


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Parnigoni, Pendl, Petrovic, Pfeffer, Pilz, Pirklhuber, Pittermann, Plank, Posch, Prammer;

Rada, Reheis, Reitsamer, Riepl;

Schasching, Schieder, Schlögl, Schwemlein, Silhavy, Sima, Stoisits;

Van der Bellen, Verzetnitsch;

Wimmer, Wittmann, Wurm.

*****

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir setzen die Abstimmungen fort.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Gusenbauer und Genossen betreffend ein gemeinsames Vorgehen aller im österreichischen Nationalrat vertretenen Parteien zur Beendigung der Maßnahmen der 14 EU-Staaten.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag Gusenbauer stimmen, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit und daher abgelehnt.

Wir stimmen nunmehr ab über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Lunacek und Genossen betreffend Verurteilung ausländerfeindlicher, rassistischer, das NS-Regime verharmlosender Äußerungen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag Lunacek stimmen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Entschließungsantrag ist daher abgelehnt.

Nunmehr stimmen wir ab über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Lunacek und Genossen betreffend Verurteilung verunglimpfender Äußerungen von FPÖ-Politikern gegenüber der Europäischen Union und von Politikern aus den Staaten der Europäischen Union sowie die Hetzkampagne gegen Superintendentin Frau Gertraud Knoll.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Entschließungsantrag zustimmen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist die Minderheit, der Antrag hat daher keine Mehrheit gefunden.

Damit haben wir die Aussprache über den Dringlichen Antrag samt den Abstimmungen beendet.

Kurze Debatte über die Anfragebeantwortung 347/AB

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen nun zur Kurzdebatte über die Anfragebeantwortung der Frau Bundesministerin für soziale Sicherheit und Generationen mit der Ordnungszahl 347/AB.

Die erwähnte Anfragebeantwortung ist verteilt worden, sodass sich eine Verlesung durch den Schriftführer erübrigt.

Wir gehen in die Debatte ein. Ich mache darauf aufmerksam, dass in der Kurzdebatte der Erstredner zur Begründung eine Redezeit von 10 Minuten hat und dann alle anderen Beiträge mit einer Redezeit von 5 Minuten beschränkt sind, mit Ausnahme der Stellungnahme des zuständigen Regierungsmitgliedes, die 10 Minuten nicht überschreiten soll.

Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Reitsamer. Redezeit: 10 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

17.55

Abgeordnete Annemarie Reitsamer (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Ich erinnere mich noch an die Aufregung am 9. Februar, als wir eine Dring


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liche Anfrage gestellt haben. Wie können wir nur so früh die Frau Bundesministerin fragen, wie denn manche verwaschen formulierte Dinge im Koalitionsabkommen zu deuten seien?!

Ich denke, es war ein berechtigtes Anliegen, dass man diese Dinge konkretisiert bekommt. Am 9. Feber erfolgten keine konkreten Antworten. Ich habe damals in meiner Rede gesagt: Ich hatte den Bleistift schon gezückt, aber ich kam nicht zum Schreiben. Es gab keine Antworten.

Endlich, am 7. April, ganz nahe vor Torschluss, muss ich sagen, wurden dann diese Anfragen beantwortet. Ich habe gemeint, was lange währt, wird endlich gut, aber ich muss sagen, ich war sehr enttäuscht: Vier Seiten lang Zitate aus dem Koalitionsübereinkommen! Die Frau Bundesministerin hat es nicht einmal der Mühe wert gefunden, sich selbst zu korrigieren. Wir hatten nämlich eine aktuelle Aussprache einen Tag zuvor, am 6. April, im Sozialausschuss. Und dabei ist sie schon zu der Erkenntnis gekommen, dass Frauen im Alter von 55 Jahren in Pension gehen könnten, wenn sie 40 Beitragsjahre haben, weil sie selber draufgekommen ist, dass Kinderarbeit in Österreich nicht gestattet ist. Ich habe das wirklich als Fortschritt empfunden. In der Beantwortung vom 7. April ist derlei nicht enthalten. Da ist nur die Rede von 45 Beitragsjahren und der Möglichkeit, im Alter von 60 Jahren in Pension zu gehen. Das ist eine herbe Enttäuschung!

Dafür steht etwas anderes dabei: Kindererziehungszeiten zum Beispiel, die derzeit Ersatzzeiten sind, sollen in echte Beitragszeiten umgewandelt werden. – Ich frage nach den finanziellen Konsequenzen solch einer Maßnahme. Denn immerhin hat uns die Frau Bundesminister auf schriftliche Anfrage gesagt, dass im Jahre 2000 26 Milliarden Schilling für diese Ersatzzeiten aufgewendet werden. 12 Milliarden Schilling davon sind bedeckt, 11 Milliarden Schilling werden durch Einmalzahlungen abgedeckt, aber 3 Milliarden Schilling sind von Haus aus unbedeckt. Da stellt sich für mich die Frage: Ist das wieder eine Stop-and-go-Politik, oder wie soll das im nächsten Jahr ausschauen? (Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn übernimmt wieder den Vorsitz.)

Sie haben uns noch nicht einmal unsere Fragen bezüglich der Grauslichkeiten des ersten Reformpaketes beantwortet, obwohl Sie bereits in Zeitungsinterviews das nächste ankündigen. Eine Reform soll also die andere überholen! Sie sprechen bereits vom Lebensdurchrechnungszeitraum, wobei das erste Vorhaben noch nicht einmal in Begutachtung ist. Frau Bundesministerin, ich frage Sie: Wie soll das gehen?

Im Sozialausschuss haben Sie auch von kurzfristigen Schritten zur Budgetsanierung gesprochen. Mittelfristige und langfristige Maßnahmen zur Pensionssicherung haben da offensichtlich keine Rolle zu spielen. Nächste Woche aber wollen Sie in Begutachtung gehen, und Sie sind bis heute nicht in der Lage, uns Auskunft zu geben. Die Fragen sind ja wieder nicht beantwortet worden.

Ich denke nur an die Einleitung zu Punkt 7: "Begleitend zur Anhebung der Altersgrenzen für die vorzeitigen Alterspensionen ist eine Überprüfung und daraus resultierende erforderliche Harmonisierung der Zugangsbedingungen zu sämtlichen krankheitsbedingten Pensionsarten in der Pensionsversicherung ..." und so weiter.

Am Tag zuvor, Frau Minister, haben Sie mir gesagt, dass Sie die Absicht haben, die vorzeitige Alterspension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit überhaupt abzuschaffen. Was also stimmt jetzt? Sie müssen sich das einmal überlegen. Denn es ist schon eine Usance dieses Hohen Hauses, dass man Antworten bekommt. Es kann nicht so sein, dass hier das gebrochene Wort gilt. Ich würde mir erwarten, es gilt das gesprochene, aber es stimmt das gesprochene nicht mit dem geschriebenen überein. Sie reden also anders, als Sie schreiben lassen.

Zu den Fragen 18 bis 61 haben Sie erklärt, das würde nicht in Ihre Zuständigkeit fallen. – Frau Bundesministerin, das stimmt jetzt, aber Sie waren bis 1. April ressortzuständig, und die Fragen sind vom 9. Februar, also hätten Sie diese beantworten müssen.

Die Antwort auf die Frage 10 betreffend Eigenfinanzierungsgrad ist von besonders zynischer Art, nämlich: Die Expertenkommission habe sich mit den Fragen der Leistungs- und Beitragsgerechtigkeit auseinander zu setzen. – Frau Bundesministerin! Wir haben derzeit insgesamt


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1,9 Millionen Pensionsbezieher. Davon sind gut 343 000 Bauern und Selbständige. Das heißt aber, dass 16 Prozent der Pensionsbezieher fast 50 Prozent der Bundesbeiträge, nämlich 30 Milliarden Schilling, bekommen.

Ich habe hier eine Tabelle, die Folgendes besagt: Der Bundesbeitrag bei einer 10 000 S-Gewerbepension beträgt 6 070 S, bei einer 10 000 S-Bauernpension 7 900 S, bei Arbeitern und Angestellten bei eben dieser Pensionshöhe aber nur 1 500 S. Und da wirft man uns schlechtes Wirtschaften vor? Wir haben in den Jahren 1970 bis 1999 510 Milliarden Schilling für die Bauern- und Gewerbepensionen zugeschossen, inklusive der Ausgleichszulagen. Das ist fast ein Drittel der Verschuldung! Wie hätten Sie das anders machen wollen?

Sie haben zum Eigenfinanzierungsgrad überhaupt nichts gesagt, obwohl man nur jene Schritte hätte fortsetzen müssen, die wir mit der Reform 1997 eingeleitet haben. Es kann doch wohl nicht so sein – wenn man uns schon Misswirtschaft vorwirft –, dass man Gewerbepensionisten zumutet, mit monatlich 3 930 S auszukommen, oder Bauern gar mit 2 100 S. Das kann doch wohl nicht gemeint sein! (Demonstrativer Beifall des Abg. Auer. )  – Ja, ja, das glaube ich schon, dass Ihnen das gefällt. Wir stehen auch dazu. Aber es kann ebenso wenig gemeint sein, dass man jetzt jenen ArbeitnehmerInnen am meisten wegnimmt, die ohnehin schon den höchsten Beitrag zu ihren eigenen Pensionen leisten. (Beifall bei der SPÖ.)

Frau Bundesministerin! Sie sind – so habe ich mir sagen lassen, ich wusste es nicht – Lehrerin. Wenn es um die Anhebung des Pensionssicherungsbeitrages für Beamte um 0,8 Prozent geht, so frage ich Sie: Was ist das dann? Ist das ein Eingriff in bestehende Pensionen oder ist es das nicht? Sie sagen nämlich auch, an bestehenden Pensionen werde nicht gerüttelt.

Ich kann Ihnen noch andere Beispiele nennen, was soziale Gerechtigkeit anlangt. Ein Ausgleichszulagenbezieher bekommt 14mal 8 312 S. Die Steuerreform hat ihm nichts gebracht. Auf Grund der Änderungen bei der Telefongrundgebühr, den Zeitungsporti, den Autobahnvignetten, auf Grund der Kfz-Steuererhöhung, Gebührenerhöhungen, Energieabgabe, Tabaksteuer – sollte dieser Pensionist auch noch Raucher sein –, auf Grund der Kosten fürs Wohnen – das ist in Beträgen noch gar nicht festgesetzt – und auf Grund des Paketes der Grauslichkeiten in Bezug auf "Krankenstrafsteuern" kommt man auf eine Jahresbelastung von 9 022 S. Das heißt, Sie nehmen diesem armen Pensionisten 752 S monatlich weg.

Darauf hat selbst Herr Kollege Gaugg schon reagiert. Er sagt, er sei strikt gegen die Vorschläge der Kommission. Und er sagt, die von der Expertenkommission gestern präsentierten Vorschläge für eine Pensionsreform seien unsozial und ungerecht! – Hört, hört, liebe Kollegen! Das sagt Kollege Gaugg von den Freiheitlichen: "Von meiner Seite gibt es ein klares Nein zu diesen Varianten." – Das wäre sehr schön, Herr Kollege Gaugg! Sie sprechen auch von einer budgetären Horuck-Aktion. Aber es hat auch ein hochkarätiger ÖVP-Funktionär Einiges dazu zu sagen. Er sagt: Frau Bundesministerin, seit Ihrem Amtsantritt durchweht ein kalter sozialer Wind das Land! – Das von Seiten der ÖVP.

Und wie kalt dieser Wind ist, zeige ich in Form eines Beispieles: Eine 53-jährige Frau wird heuer zur Jahresmitte gekündigt. Sie ist Angestellte, verheiratet, hat keine Kinder. 40 Versicherungsjahre hätte sie bis zum 55. Lebensjahr erreicht. Nach geltendem Recht könnte sie in zwei Jahren in Pension gehen. Da ist dann auch ihre Möglichkeit, Arbeitslosengeld zu beziehen, ausgeschöpft. Notstandshilfe bekommt sie keine wegen Anrechnung des Partnereinkommens. Sie verliert also in diesen eineinhalb Jahren 367 500 S. Das kann nur jemanden kalt lassen, der weit über 100 000 S verdient. Uns lässt das nicht kalt, Frau Bundesministerin! Denn es kommt noch dazu: Wenn diese Frau dann endlich in Pension gehen kann, verliert sie pro Jahr noch einmal 1 750 S. Das ist soziale Kälte!

Frau Bundesministerin! Es kann nicht sein, dass der Entwurf nächste Woche in Begutachtung geht und Sie heute noch immer keine Antworten geben. Wir wollten nicht Expertengutachten zitiert bekommen – die können wir selbst lesen, wir haben sie zur Verfügung –, sondern wir wollten Ihre politischen Absichten und Vorhaben kennen lernen. Hören Sie auf mit dieser Verschleierungspolitik! Das Parlament hat das Recht, Sie zu fragen, und Sie haben die Pflicht zu


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antworten. Aber die uns vorliegende Beantwortung können wir so nicht zur Kenntnis nehmen. Und Sie können sicher sein: Wir fragen so lange weiter, bis wir Antworten haben! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

18.06

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt die Frau Bundesministerin. – Bitte.

18.06

Bundesministerin für soziale Sicherheit und Generationen Dr. Elisabeth Sickl: Herr Präsident! Hohes Haus! Die Beantwortung der 63 Fragen vom 9. Feber 2000 erfolgte nach dem damaligen Stand, und zwar sehr detailliert und sehr ausführlich. Es wurde der Beantwortung auch das ausführliche Expertengutachten beigelegt. Ebenso liegt derzeit die Punktation der Bundesregierung betreffend die Pensionsreform und die beschäftigungspolitischen Maßnahmen zur Sicherung der Beschäftigung älterer Arbeitnehmer vor.

Unverzüglich nach dem Ministerrat, in dem die Punktation zur Pensionsreform und das beschäftigungspolitische Paket für ältere Arbeitnehmer beschlossen wurden, fanden Sozialpartnergespräche auf Minister- beziehungsweise Präsidentenebene statt und gleich danach auch Sozialpartnergespräche auf Expertenebene. Heute geht der Entwurf für die Pensionsreform in die Versendung, und es wird verfassungsgemäß ein Begutachtungsverfahren stattfinden, in dem Sie alle Punkte diskutieren und Ihre Einwendungen geltend machen können. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

18.07

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächste zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Dr. Pittermann. – Bitte. (Abg. Parnigoni: Mit dieser Kürze hat nicht einmal der Präsident gerechnet!)

18.07

Abgeordnete Dr. Elisabeth Pittermann (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Plakate sind so wenig meine Sache wie Aktionismus à la Pumberger, daher erspare ich mir das Plakat "Diese Regierung gefährdet Ihre Gesundheit". Vehement griff Kollege Pumberger einst die Krankenscheingebühr und die Verkürzung der Krankenstandsdauer an.

Die Anfragebeantwortung durch die Frau Bundesministerin ist euphemistisch als "insuffizient" zu bezeichnen. Von den geplanten Grausamkeiten verriet sie nichts.

Wenn statt Krankenscheingebühr Ambulanzbeiträge eingehoben werden, zahlen dann die Pensionisten wieder die früheren Beiträge?

Moderne Medizin kostet mehr. Sie erschweren den Zugang. Die Regierung spart Gesundheit und Pensionskosten, weil arme Menschen früher sterben werden. Die Erhöhung der Rezeptgebühr trifft Alte, Multimorbide und Kinderreiche mit durchschnittlichem Verdienst.

Wie der Teilkrankenstand ablaufen wird, bleibt ebenso unbeantwortet wie die Höhe der Kosten für Arbeitnehmer. Wer kommt für erhöhte Fahrtkosten auf? Wie sind die gesundheitlichen Auswirkungen?

10 S Selbstbehalt für den Fonds sind fantasielos. Alle Ärzte zahlen Haftpflichtversicherungen, ebenso die Spitäler. Die Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung zahlt ohne Verurteilung des Lenkers. Wieso zahlen die Versicherungen nur bei Kunstfehlern? Wir sind für Schadensgutmachung durch die Versicherung oder dafür, einen Teil der Prämien und ebenso der Kosten für Medikamente und Medizinprodukte in einen Fonds einzuzahlen, der dann für die nicht zurechenbaren Schäden aufkommen soll.

Die Ambulanzgebühren – ein harter Selbstbehalt, auch für jene, die § 26 KG entsprechen. Bis jetzt ist nur die Erste Hilfe ausgenommen. Was ist mit den anderen Leistungen wie Organspenden? Müssen da die Spender auch zahlen? Müssen Patienten, die mit schwer und teuer behandelbaren Leiden spezielle Zentren aufsuchen, Selbstbehalte zahlen? Teure Medikamente kosten über Spitalsapotheken die öffentliche Hand weniger als über Privatapotheken.


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Was ist mit den Handelsspannen? Brauchen wir einen Großhandel? Warum sorgen Sie nicht bei gleichen Produkten wie Blutkonserven im Bundesgebiet für einheitliche, kostengünstige Preise?

Ist der ambulante Patient im Spital wirklich teurer? Sind das nicht fiktive Kosten? Wird die für stationäre Patienten vorhandene Infrastruktur dadurch nicht besser genützt?

Sind durch 1 000 zusätzliche Arztstellen Einsparungseffekte in der Sozialversicherung zu erzielen?

Sollen die Gesundheitseinrichtungen vernichtet und die Sozialversicherungen erpressbar gemacht werden, wenn keine Möglichkeit mehr zur gesundheitlichen Versorgung besteht? Die Einsparungseffekte bei den Ambulanzgebühren kann es ja nur durch eine Verminderung des Spitalspersonals geben, sonst gibt es kaum eine Einsparung.

Wieso werden nicht die Milliarden, die die Dienstgeber schon einbehalten haben, aber der Sozialversicherung schuldig sind, für die Abdeckung des Defizits herangezogen?

Zahlen dann BVA-Versicherte Ambulanzgebühren? Zahlen dann auch die Mitversicherten die Spitalsgebühren? Wie hoch werden die Verwaltungsgebühren sein, damit die 1 000 S Selbstbehalt nicht überschritten werden?

Leistungen rationieren ist gut – die Ärmeren werden auf die Leistungen verzichten. Der Bundeskanzler meint, 1 000 S sind nicht die Welt. – Wie viele Familien in Österreich haben sein Einkommen mit Dienstwagen und Einladungen?

Die Solidarität mit Kranken, Armen und Minderprivilegierten wurde abgeschafft, Ausgrenzung ist die Devise, Leistungskürzungen im Gesundheits-, Sozial- und Pensionswesen bis zum verfrühten Tod für Arme.

Der zynische Gipfel ist es, Menschen länger Krankengeld auszubezahlen, wenn ihre Lebenserwartung kurz ist.

PatientInnen die Hoffnung zu nehmen, verursacht eine raschere Progredienz der Grunderkrankung. Wenn Sie Glück haben, begehen die Patienten Suizid – eventuell erweiterten –, dann sind die Kosten für das Budget noch geringer.

Ihre Antworten auf die Anfrage waren nicht ausreichend, daher stelle ich folgenden Antrag:

Antrag

der Abgeordneten Dr. Pittermann, Reitsamer und GenossInnen gemäß § 92 Abs. 3 GOG zu der Anfragebeantwortung 347/AB zu 332/J

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen den Antrag gemäß § 92 Abs. 3 GOG, der Nationalrat wolle die Anfragebeantwortung 347/AB zu 332/J nicht zur Kenntnis nehmen.

Begründung

Die Frau Bundesministerin für soziale Sicherheit und Generationen hat schon zu Details der geplanten Reformen in der aktuellen Aussprache des Sozialausschusses vom 6. April 2000 Stellung genommen. In der schriftlichen Anfragebeantwortung 347/AB zu 332/J vom 7. April 2000 hat die Frau Bundesministerin für soziale Sicherheit und Generationen jedoch lediglich in den Hauptfragen auf noch nicht erarbeitete Ergebnisse von Arbeitskreisen, auf Ausführungen von Expertenkommissionen, auf unbestimmte Ergebnisse von Arbeitsgruppen oder fehlende Ressortzuständigkeit verwiesen.


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Daher entspricht diese Beantwortung nicht den Erfordernissen des § 91 Abs. 4, wonach das befragte Mitglied der Bundesregierung verpflichtet ist, die Fragen vollständig zu beantworten beziehungsweise die Nichtbeantwortung zu begründen.

*****

(Beifall bei der SPÖ.)

18.13

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Der soeben eingebrachte Antrag der Abgeordneten Dr. Pittermann und Genossen, der Nationalrat möge die Anfragebeantwortung nicht zur Kenntnis nehmen, ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Als Nächster zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Dr. Feurstein. – Bitte.

18.14

Abgeordneter Dr. Gottfried Feurstein (ÖVP): Herr Präsident! Frau Ministerin! Meine Damen und Herren! Unmittelbar nach der Regierungserklärung hat die SPÖ – wie Frau Abgeordnete Reitsamer gesagt hat – eine Anfrage mit 63 Punkten eingebracht, deren Beantwortung nun vorliegt. Mit manchen Antworten sind Sie offensichtlich nicht einverstanden. Aber, meine Damen und Herren, es kann nicht Aufgabe dieser Diskussion sein, so wie das Frau Dr. Pittermann gemacht hat, noch einmal 30 zusätzliche Fragen zu stellen, die hier beantwortet werden sollen. Das ist nicht Aufgabe der heutigen Besprechung dieser Anfragebeantwortung, und deshalb können wir auf Ihren Antrag nicht eingehen, Frau Dr. Pittermann. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Die Fragen sind mit Hinweisen auf klare Aussagen im Expertengutachten beantwortet worden. Noch einmal: Sie können damit einverstanden sein oder nicht, aber für uns ist die Beantwortung dieser Anfrage, die zu stellen unfair war, korrekt erfolgt. – Aber lassen Sie mich ganz klar unsere Positionen darlegen.

Erster Punkt. Meine Damen und Herren! Es muss klar sein – und das ist auch in der Anfrage zum Ausdruck gekommen –: Unser Sozialsystem muss ständig – ich betone: ständig! – erneuert werden. Einerseits muss es auf die Verhaltensweisen der Menschen Antwort geben, andererseits aber den Erfordernissen der Gemeinschaft Rechnung tragen, und drittens muss es auf die finanziellen Möglichkeiten abgestimmt sein. In diesem Sinne ist auch der Ministerialentwurf, der heute, wie wir gehört haben, versendet wird, zu verstehen.

Frau Abgeordnete Reitsamer! Sie werden also morgen alle Details, die für Sie wichtig sind, auf dem Tisch haben, und aus dieser Sicht erübrigt sich Ihr Antrag von vornherein, meine Damen und Herren.

Zweiter Punkt. Für uns ist die Solidarität wichtig. Frau Abgeordnete Reitsamer und Frau Abgeordnete Pittermann, in Ihren Reden ist sehr deutlich zum Ausdruck gekommen, dass Sie eine Entsolidarisierungspolitik betreiben. (Abg. Reitsamer: Das darf nicht wahr sein!) Frau Abgeordnete! Alle, die eine Pension erhalten, haben Beiträge geleistet – der eine konnte mehr leisten, der andere konnte weniger leisten. Aber den Bauern ständig vorzuwerfen, sie leisteten zu wenig Beiträge, weil sie ein so niedriges Einkommen hatten, das ist zumindest unfair, wenn nicht auch unkorrekt, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Reitsamer: Sie haben nicht zugehört!) Das ist in höchstem Maße unfair und unkorrekt!

Dritter Punkt. Für uns ist die Sicherung der Pensionen ein ganz wichtiges Anliegen, und wir lassen uns nicht unterstellen, dass wir Pensionen kürzen. Pensionen werden nicht gekürzt, auch wenn Sie das fälschlicherweise immer wieder in der Öffentlichkeit und auch heute wieder behauptet haben. Pensionen werden nicht gekürzt, sondern wir sind der Meinung, dass das Pensionsantrittsalter angehoben werden soll. Und es ist auch von Ihnen, von Ihrem Exbundes


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kanzler und von Ihrem früheren Finanzminister gesagt worden, dass das Pensionsantrittsalter angehoben werden muss, meine Damen und Herren. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich möchte Ihnen noch einmal den klaren Unterschied zu unserer Position darlegen: Wir glauben, dass das mit arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen allein nicht geschehen kann, sondern dass auch pensionsrechtliche Maßnahmen notwendig sind. (Zwischenruf der Abg. Reitsamer. ) Es muss auch im Sozialversicherungsrecht eine Änderung erfolgen, Frau Abgeordnete Reitsamer, und diesen Weg werden wir beschreiten, zumal er früher auch mit Ihnen ganz klar vereinbart worden ist, meine Damen und Herren von der SPÖ. (Abg. Reitsamer: Das ist nicht wahr!)

Er wurde mit Ihnen zwei Jahre ... (Abg. Edlinger: Keine Abschläge!)  – Ich weiß, und wir sehen auch keine Abschläge vor. (Abg. Reitsamer: Na was denn?) Wir haben – und Sie werden das morgen lesen können, Herr Abgeordneter – vereinbart, dass es in dieser Übergangsphase keine Abschläge gibt, die höher als die heutigen sind. Es wird keine Abschläge über 15 Prozent beziehungsweise keine Abschläge über 10 Prozentpunkte geben. Das ist ganz klar festzustellen.

Letzter Punkt, meine Damen und Herren – dieser ist für mich wichtig –: Für uns gibt es keine Zwei-Klassen-Medizin, für uns gibt es keine Rationierung von Gesundheitsmaßnahmen, sondern im Gegenteil: Wir werden dafür eintreten, werden das System so weiterentwickeln, dass niemandem, auch dem älteren Menschen nicht, bange sein muss, wenn er krank wird. Und es ist schon eine gewaltige Unterstellung, wenn hier von Frau Abgeordneter Pittermann gesagt worden ist, alte Menschen werden früher sterben müssen. Eine Ärztin sagt das! Das ist unerhört, das sage ich Ihnen! Es ist unerhört, zu sagen, dass auf Grund der vorgesehenen Maßnahmen eine derartige Entwicklung Platz greifen wird. Das weisen wir entschieden zurück, und das lassen wir uns nicht unterstellen! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Zwischenruf der Abg. Reitsamer. )

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Bitte um den Schlusssatz, Herr Abgeordneter!

Abgeordneter Dr. Gottfried Feurstein (fortsetzend): Wir stehen in diesem Punkt zur Frau Ministerin Dr. Sickl. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

18.19

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Mag. Haupt. – Bitte.

18.19

Abgeordneter Mag. Herbert Haupt (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte dort fortsetzen, wo Kollege Feurstein geendet hat.

Frau Bundesminister Sickl hat nicht nur die Anfrage, die zwei Tage nach ihrer Angelobung und ihrem Regierungsantritt hier im Parlament an sie gestellt worden ist, umfassend und ausreichend beantwortet, sondern sie hat darüber hinaus in den vergangenen Wochen deutlich und klar bewiesen, dass es im sozialen Staate Österreich nicht kälter geworden ist. Sie hat sich vielmehr als engagierte und, wie ich meine, auch kompetente Vertreterin der ärmeren Schichten in diesem Lande qualifiziert. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Es wird Ihnen nicht gelingen, sehr geehrte Frau Pittermann, die Senioren insofern zu verunsichern, als Sie ihnen sagen, dass die neue Bundesregierung an einer kürzeren Lebenserwartung schuld ist. Denn all jene Probleme, Frau Kollegin Pittermann, die Sie aufgezeigt haben, stammen noch aus der Vergangenheit. Dass Blutprodukte in Österreich einen Preisunterschied von bis zu 180 Prozent für die einzelnen Krankenanstalten bei gleichen freiwilligen Spendern aufweisen, ist eine Tatsache, die schon aus der Vergangenheit stammt. Dass behinderte Menschen in Wien, die sich bei der Firma Bständig Gehhilfen beschaffen müssen, diese Gehhilfen seit mehr als einem Jahr vorfinanzieren müssen und erst dann das Geld zurückbekommen, ist keine Maßnahme der Frau Bundesminister Sickl, sondern der Wiener Gebietskrankenkasse und ist von Ihnen alleine zu verantworten.


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Sehr geehrte Frau Pittermann! Es wäre gut, wenn Sie als Angehörige eines medizinischen Berufes einmal in der Nacht in die Ambulanzen gehen und sehen würden, wie viele Ärzte, wie viele Fachpfleger und wie viel Fachpersonal in den Ambulanzen dafür benutzt werden, dass sie sich sozusagen um Banalitäten des Alltagslebens kümmern, die im Vorfeld des Krankenhauses leichter, billiger und unter Umständen auch unter besseren Bedingungen erledigt werden könnten, denn dann müssten keine Ärzte von echten Notfällen abgezogen werden, die sich dann, wie gesagt, Banalitäten, die den Patienten schon tagelang beschäftigt haben, widmen müssen. Da muss ein Steuerungselement eingebaut werden.

Ich sage Ihnen eines klar, Frau Kollegin Pittermann: Die Alternative zu Ihren Vorschlägen würde nicht bedeuten, dass mehr Menschen in Österreich früher sterben müssen, sondern wenn das, was die Bundesregierung vorhat, nicht verwirklicht wird, dann würde dies bedeuten, dass die Zweiklassenmedizin in Österreich weitergehen würde, dass es für die Menschen in Österreich, die es sich leisten können, das volle medizinische Programm auf dem höchsten Standard gibt, aber für jene Menschen, die es sich nicht leisten können, nur das abgespeckte medizinische Programm in einer zweiten Klasse gibt.

Das will die österreichische Bundesregierung, will die Frau Bundesminister Sickl mit Sicherheit nicht, und wir werden alles unternehmen, damit die Zweiklassenmedizin in Österreich endlich beendet wird – dort, wo sie sich einzunisten beginnt. Wir werden dafür sorgen, dass diese Zweiklassenmedizin wie etwa im Bereich der Psychoanalyse in Österreich nicht fortbesteht. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Die Vertreter der sozialdemokratischen Sozialversicherungsanstalten haben den Verhandlungstisch verlassen. Dadurch sind die Verhandlungen zu keinem Abschluss gekommen, womit sie dafür gesorgt haben, dass für die psychoanalytische Betreuung auf dem österreichischen Markt weiterhin zwischen 1 100 und 1 500 S pro Stunde zu bezahlen sind, dass es eine Rückerstattung von nur 300 S und nicht eine Rückerstattung von 500 bis 550 S gibt, bei einem reduzierten Kostenaufwand von maximal 1 100 S. Das ist allein das "Verdienst" der sozialdemokratischen Sozialversicherungsanstalten und von niemandem sonst! Und davon, Frau Kollegin Pittermann, werden Sie auch in der heutigen Debatte nicht ablenken können.

Für uns von der freiheitlichen Fraktion ist es klar: Diese Anfragebeantwortung von Frau Bundesminister Sickl war umfassend, war kompetent und vor allem auch von etwas geprägt, was die Frau Bundesminister immer geprägt hat, nämlich davon, die Verhandlungen, die im Vorfeld des Begutachtungsverfahrens jetzt noch laufen sollen, nicht durch den einen oder anderen Beharrungsstandpunkt zu präjudizieren, sondern das Verhandlungsfeld möglichst breit offen zu lassen. Dass Sie nicht verhandeln wollen, sehr geehrte Damen und Herren von Seiten der Sozialdemokratie, sondern lieber einen Arbeiterkammer-Wahlkampf in Wien auf Kosten der Patienten und auf Kosten der ärmeren Schichten in diesem Land führen, ist für mich evident. Unser Weg in der Bundesregierung ist das nicht. Frau Minister Sickl hat unser vollstes Vertrauen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Zwischenruf der Abg. Silhavy. )

18.24

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Öllinger. – Bitte.

18.24

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich finde es ja erstaunlich: Herr Abgeordneter Haupt ist sich sicher, dass er weiß, was die Frau Bundesministerin meint. Aber es wäre schon einmal interessant, Herr Abgeordneter Haupt, von der Frau Bundesministerin selbst einmal etwas zu hören und nicht nur von Ihnen und vom Abgeordneten Feurstein die Sicherheit zu erhalten, dass Sie wissen, was sie meint. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Herr Abgeordneter Feurstein! Ich habe noch Ihren Schlusssatz im Ohr, der da lautete: In diesem Punkt stehen wir hinter der Frau Bundesministerin. – Na, das klingt mir schon etwas gefährlich, Herr Abgeordneter Feurstein! Vielleicht sollten Sie die Koalitionsgespräche etwas intensivieren, denn, Frau Bundesministerin, wenn Herr Abgeordneter Feurstein nur mehr in diesem Punkt – in


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dem er bestimmt auch nicht sicher weiß, was Sie meinen, denn er kann ja auch keinen besseren Informationsstand haben als wir – hinter Ihnen steht, dann wird die Decke langsam dünn. Und da, Frau Bundesministerin, sage ich Ihnen, da hört sich der Spaß dann auf. Da hört sich der Spaß wirklich auf.

Ich habe kein Interesse daran, das, was die Sozialdemokraten vorgetragen haben, in jedem Punkt zu unterstützen, aber eines sage ich Ihnen schon: Die Abgeordneten der Sozialdemokratischen Partei haben in einem Punkt mit Sicherheit Recht: Diese Anfragebeantwortung ist schlichtweg nicht akzeptabel.

Frau Bundesministerin! Sie haben am 9. Februar eine Dringliche Anfrage erhalten. Da haben Sie – zugegeben – noch sagen können, dürfen, wenn auch nicht unbedingt müssen, ich kann das nicht alles im Detail beantworten. Und Sie haben auch gesagt, die Beantwortung erfolgt schriftlich. Aber bitte, nehmen Sie das ernst, es war ein dringliches Anliegen!

Im Rahmen der Beantwortung einer Dringlichen Anfrage zunächst überhaupt nichts zu sagen – nichts, außer den Abgeordneten hier die Grundprinzipien des österreichischen Pensionswesens zu erklären, die wir durchaus auch kennen, Frau Bundesministerin, das dürfen Sie uns glauben – und zu den einzelnen Fragen zu sagen, dazu könnten Sie noch nichts sagen, und sich dann zwei Monate lang Zeit zu lassen, um wieder nichts zu sagen, das übersteigt wirklich jegliche Grenze.

Und jetzt lese ich Ihnen Ihre Antworten vor: Zu den Fragen 1 bis 6 verweise ich auf den Bericht der Expertenkommission. Zu den Fragen 7 und 8 verweise ich auf eine eigene Arbeitsgruppe, die eingesetzt wurde. Zu Frage 9: Siehe Bericht der Expertenkommission. Zu Frage 10: Die mehrfach erwähnte Expertenkommission. Zu den Fragen 11 bis 13: Ich verweise auf die Vorschläge der Expertenkommission. Zu Frage 14: Ich verweise auf den von mir gemeinsam mit Staatssekretär Waneck eingerichteten Arbeitskreis. Zu Frage 17: Ich verweise auf die Ausführungen der Expertenkommission. Zu Frage 19: Ich verweise auf die Ausführungen, nein, auf die Vorschläge – Entschuldigung, auf die Vorschläge, es muss ja ein bisschen Abwechslung sein – der Expertenkommission. Zu den Fragen 20 bis 22: Ich verweise auf die Vorschläge der Expertenkommission. Zu Frage 23: ebenfalls wieder Expertenkommission "Alterssicherung". Zu Frage 24: nach Auffassung der Expertenkommission.

So geht es dahin! – Ja, Frau Bundesministerin, irgendwann – und ich hoffe, bald – werden Sie diesem Haus schon etwas mehr anzubieten haben müssen als leere Stehsätze. Das ist inakzeptabel! Frau Bundesministerin, Sie sind in ein hohes und verantwortungsvolles Amt gewählt worden. Sie haben hier Aufgaben im Auftrag des Parlaments zu erfüllen und nicht nur leere Stehsätze und Verweise auf Expertenkommissionen zu reproduzieren! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Sie sind Politikerin, Sie haben zu gestalten  – und nicht zu verweisen auf Expertenkommissionen! Das Volk und auch dieses Haus haben das Recht, von Ihnen eine Position zu erfahren und nicht nur Verweise. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

18.28

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Antrag der Abgeordneten Dr. Pittermann und Genossen, die Anfragebeantwortung nicht zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich für deren Nichtkenntnisnahme aussprechen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Fortsetzung der Tagesordnung

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Ich nehme nunmehr die Verhandlungen über die Punkte 2 und 3 der Tagesordnung wieder auf.


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19. Sitzung / Seite 151

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Trattner. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte.

18.29

Abgeordneter Mag. Gilbert Trattner (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Wir sind stehen geblieben bei der ÖIAG-Gesetzesnovelle, und Präsident Verzetnitsch hat seine Bedenken hier dargelegt. Aber ich möchte ein bisschen auf den Abänderungsantrag der sozialdemokratischen Fraktion, der Abgeordneten Verzetnitsch, Gradwohl und Genossen eingehen. An diesem Antrag sieht man, dass Sie eigentlich keine Privatisierung haben wollen. Sie wollen die ÖIAG in der Konstruktion so belassen, dass sie Anteilshalter für die Anteile an diversen Unternehmen wird. Das ist der eine Punkt.

Der zweite Punkt ist, dass Sie das nachrangige Darlehen in der Größenordnung von 5,6 Milliarden Schilling nicht dem Haushalt zuführen wollen, sondern dieses nachrangige Gesellschafterdarlehen in Eigenmittel umwandeln wollen.

Das heißt, Sie wollen nicht privatisieren, sondern Sie wollen die Chance vergeben, die sich für Österreich daraus ergeben könnte. Das wäre zunächst einmal eine Chance für die Wiener Börse. Durch die Privatisierung hatte die Wiener Börse bisher einen deutlichen Anstieg der Börsekapitalisierung beziehungsweise der Börseumsätze zu verzeichnen. Allein durch die bereits privatisierten Unternehmen ergeben sich ungefähr ein Viertel der Börsekapitalisierung und 40 Prozent der Gesamtumsätze der Wiener Börse. Die Wiener Börse erwartet sich durch verstärkte Privatisierungsmaßnahmen sogar ein noch größeres Interesse am österreichischen Kapitalmarkt. Das zeigt deutlich – das ist auch international zu erkennen –, dass, solange die öffentliche Hand an den zu privatisierenden Betrieben beteiligt ist, der Wert dieser Betriebe fällt und praktisch Vermögenswerte nicht realisiert werden können, die aber bei einer großen Privatisierungsmaßnahme realisiert werden könnten.

Sie haben Angst vor der Privatisierung, ohne sich die OECD-Berichte anzuschauen. In den OECD-Berichten steht nämlich Folgendes: Erstens stellt die Privatisierung für Österreich keine Gefahr dar, sondern ist eine Chance für den Wirtschaftsstandort Österreich. Studien der OECD betreffend Europa und Übersee haben weiters gezeigt, dass aus der Privatisierung positive Effekte für den Arbeitsmarkt beziehungsweise für die Forschungsquote und die Budgetsituation entstanden sind.

Wenn man etwa die Forschungsquote in Großbritannien betrachtet, dann sieht man, 40 Prozent Anteil daran haben internationale Eigentümer; und in Österreich ist es ebenso. Bedeutende Forschungsarbeit wird durch ausländische Konzerne wie zum Beispiel Siemens oder Philips geleistet. Es hat sich auch im Steueraufkommen in Großbritannien in den letzten Jahren sehr deutlich gezeigt, dass die Beiträge von privatisierten Unternehmen für die Steuereinnahmen für den Bund seit 1986 rund 130 Milliarden Schilling ausgemacht haben.

Man sollte nicht immer Angst vor Privatisierungen haben, nicht immer fürchten, dass Arbeitsplätze verloren gehen, sondern man sollte positiv an diese Sache herangehen. Man sollte positiv daran herangehen, dass der Wirtschaftsstandort Österreich gestärkt wird und dass Arbeitsplätze gesichert werden. Wir sind davon überzeugt, dass das der richtige Weg in die richtige Richtung ist. (Beifall bei den Freiheitlichen sowie des Abg. Schwarzenberger. )

Wenn man nach wie vor daran festhält, Angst davor zu haben, dass man die öffentliche Hand aus diesem Wirtschaftsunternehmen herauslässt, dass eine Gefahr für den Wirtschaftsstandort beziehungsweise für die Arbeitsplätze besteht, dann wird nichts geschehen. Die Freiheitliche Partei und die Österreichische Volkspartei in der Regierung haben sich nun diese Maßnahmen vorgenommen. Ich bin der Meinung, sie werden gut sein für die Zukunft Österreichs. (Beifall bei den Freiheitlichen sowie des Abg. Schwarzenberger. )

18.33

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Gradwohl zu Wort gemeldet. – Bitte.


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19. Sitzung / Seite 152

18.34

Abgeordneter Heinz Gradwohl (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Herr Abgeordneter Mag. Trattner hat im ersten Teil seines Debattenbeitrages hier beim Rednerpult unrichtig behauptet, die Regierung hatte vor, ein Begutachtungsverfahren zu den heute in Behandlung stehenden Gesetzesvorlagen durchzuführen.

Ich berichtige tatsächlich: Wahr ist vielmehr, dass die Regierungsvorlage erstens im Ministerrat ohne vorhergehende Begutachtung beschlossen und dem Haus zugeleitet wurde und zweitens eine Begutachtung nicht vorgesehen war. Erst über öffentlichen Druck haben die beiden Abgeordneten, nämlich der jetzt den Vorsitz führende Zweite Präsident des Nationalrates Thomas Prinzhorn und der Präsident der Bundeswirtschaftskammer, Abgeordneter Ing. Maderthaner, eine Privatbegutachtung in sehr eingeschränkter Form an acht begutachtende Stellen ausgesandt. Erst über einen Antrag des Obmannes des Industrieausschusses, Herrn Abgeordneten Verzetnitsch, und die Beschlussfassung im Industrieausschuss wurde ein Begutachtungsverfahren für alle zur Begutachtung einzuladenden Stellen ermöglicht.

Das heißt, Herr Abgeordneter Trattner, die Regierung war nicht gewillt, ein Begutachtungsverfahren zu dieser wichtigen Materie durchzuführen, und hat diese wichtige Materie wie geringwertiges Wirtschaftsgut behandelt. Ich überlasse es Ihnen, darüber zu urteilen. (Beifall bei der SPÖ.)

18.35

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Huber. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 7 Minuten. – Bitte.

18.35

Abgeordnete Anna Huber (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Mit dieser Gesetzesvorlage erfolgt die wichtigste Weichenstellung für die Industriepolitik dieses Landes. Die Frage, die sich stellt, ist folgende: Welches Ziel wird damit verfolgt? Wenn ich mir die Gesetzesvorlage im Zusammenhang mit dem Ministerratsbeschluss und auch mit dem Regierungsübereinkommen ansehe, dann kann ich ganz einfach sagen, das Ziel, das verfolgt wird, heißt: privatisieren – privatisieren so rasch wie möglich, so viel wie möglich, egal, an wen, und anscheinend auch egal, zu welchem Preis.

Sehr geehrte Damen und Herren! Das ist keine Zukunftsstrategie für unsere sehr wichtigen Unternehmen in Österreich. Wenn uns in der Diskussion dauernd vorgeworfen wird, die Sozialdemokratie sei aus fundamentalistischen Gründen gegen die Privatisierung an sich und wolle sozusagen an einem hundertprozentig staatlichen Einfluss auf die Industriebetriebe festhalten, dann wissen Sie alle hier in diesem Haus ganz genau, dass die Sozialdemokratie nicht grundsätzlich gegen Privatisierungen ist, wenn es um sinnvolle Beteiligungen von Investoren geht, wenn ein Konzept dahinter steht, wenn die Interessen der Betriebe, wenn die Interessen der Mitarbeiter und vor allem auch wenn die Interessen Österreichs gewahrt bleiben.

Da frage ich Sie schon: Wo ist hier das industriepolitische Konzept? Wo sind die Interessen der Mitarbeiter, wo sind die Interessen der Betriebe, wo sind die Interessen des österreichischen Steuerzahlers gewahrt? Ich frage mich da: Wo bleibt denn der Patriotismus, der heute im Dringlichen Antrag der Regierungsparteien zum Ausdruck gekommen ist, der "Konsens in Rot-Weiß-Rot", der patriotische Schulterschluss, wenn es um die künftige Industriepolitik und um die österreichischen Interessen an dieser Industriepolitik geht? Und wo bleibt Ihr Patriotismus, wenn es darum geht, sicherzustellen, dass wertvolle österreichische Betriebe nicht zu verlängerten Werkbänken von Headquarters irgendwo in der Welt werden?

Wo bleibt Ihr Patriotismus, wenn es darum geht, qualifizierte Arbeitsplätze in Österreich zu erhalten? Sie wissen nämlich bei der Form, wie sie in der Gesetzesvorlage festgelegt ist, nicht, wer diese Unternehmen dann übernehmen wird. Ist es jemand, der an der positiven Entwicklung der Betriebe interessiert ist, oder ist es ein Konkurrent, der sich Marktanteile kauft, die Unternehmenszentrale dann in das Ausland verlegt und die Produktionsstätten in Österreich eben nur noch zu verlängerten Werkbänke macht? – Das kostet Arbeitsplätze, das wissen Sie ganz genau. Das ist auch sehr deutlich in den Reden zum Ausdruck gekommen.


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19. Sitzung / Seite 153

Worum geht es in dieser Regierungsvorlage? – Es geht in erster Linie darum, den Kapitalmarkt zu beleben und Schulden zurückzuzahlen. Ich frage mich: Wo bleibt dann die industriepolitische Weichenstellung? Wo bleibt die offensive Industriepolitik für die Zukunft? Im Gesetz ist davon nichts, und zwar absolut nichts zu lesen. (Zwischenruf des Abg. Mag. Schweitzer. )

Der Punkt ist: Wollen wir nur den Kapitalmarkt allein beleben und verscherbeln wir dabei alle österreichischen Betriebe, oder wollen wir auch in Zukunft eine offensive Industriepolitik haben? – Das erscheint mir wichtig für die Zukunft der österreichischen Industrie und auch für die Zukunft der Arbeitnehmer in diesen Betrieben. (Beifall bei der SPÖ.)

Abschließend bringe ich noch folgenden Antrag ein:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Verzetnitsch und GenossInnen zum Bericht des Industrieausschusses über die Regierungsvorlage (48 der Beilagen): Bundesgesetz über die Neuordnung der Rechtsverhältnisse der Österreichischen Industrieholding Aktiengesellschaft und der Post- und Telekom-Beteiligungsverwaltungsgesellschaft (ÖIAG-Gesetz 2000) (77 der Beilagen)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzentwurf wird wie folgt geändert:

§ 4 Abs. 1:

Zehn Mitglieder des Aufsichtsrates sollen für ihre Leistungen allgemein anerkannte Unternehmer aus der Wirtschaft, Geschäftsführungsmitglieder von Gesellschaften des Handelsrechts oder Persönlichkeiten mit langjähriger Erfahrung im Wirtschaftsleben oder beispielsweise Wirtschaftsprüfer, Experten des Arbeits- und Sozialrechtes, Experten des Wertpapierrechtes oder Wirtschaftsforscher und dergleichen sein.

*****

Sie haben als einziges Kriterium für das Anforderungsprofil eines Aufsichtsrates nur die Erfahrung in der Wirtschaft festgelegt. Die freundschaftliche Verbundenheit zu Herrn Kollegen Prinzhorn ist im Gesetz nicht festgeschrieben. Uns erscheint es aber schon wichtig, dass eben auch Experten des Arbeits- und Sozialrechtes, des Wertpapierrechtes – gerade wenn man die Börse beleben will –, Wirtschaftsforscher und dergleichen ebenfalls im Aufsichtsrat vertreten sind, denn es geht um die Zukunft der österreichischen Betriebe, um die Zukunft der österreichischen Industrie und vor allem um die Zukunft der dort beschäftigten Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen. (Beifall bei der SPÖ.)

18.41

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Der Abänderungsantrag der Abgeordneten Verzetnitsch und Genossen ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Großruck. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

18.41

Abgeordneter Wolfgang Großruck (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich bin Herrn Kollegen Gradwohl für seine tatsächliche Berichtigung sehr dankbar, denn diese war ganz gut und angebracht in Anbetracht dessen, was wir heute alles gehört haben, nämlich dass die Regierung drüberfahre, dass sie sich nichts sagen lasse, dass das mit der Dringlichen Anfrage sogar demokratiepolitisch bedenklich sei.


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19. Sitzung / Seite 154

Du, Kollege Gradwohl, hast gesagt, dass sowohl Präsident Prinzhorn als auch Präsident Maderthaner sehr wohl dazu bereit waren, auf die Vorschläge einzugehen und weitere Experten einzuladen – siehe Hearing. (Abg. Gradwohl: Nein! Das habe ich nicht gesagt!)

Das ist eine Tatsache. Es hätte auch, so wie es bei früheren Regierungen der Fall war, mit der Mehrheit drübergefahren und dieses Ansinnen abgelehnt werden können. (Zwischenruf des Abg. Edlinger. ) Das ist also ein Zeichen dafür, dass die neue Bundesregierung sehr wohl dazu bereit ist, auf konstruktive Vorschläge einzugehen und diese zu realisieren. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Widerspruch bei der SPÖ.)

Schreien Sie nur! Ihre Argumente werden deshalb nicht besser. Kollege Gradwohl! So ist es! (Zwischenruf des Abg. Gradwohl. )

Meine Damen und Herren! Mit dem ÖIAG-Gesetz 2000 ist ein lange überfälliger und längst fälliger Schritt gesetzt worden, um Reformen einzuleiten. Im Klartext heißt es – das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen –: Bundesgesetz über die Neuordnung der Rechtsverhältnisse der Österreichischen Industrieholding Aktiengesellschaft und der Post und Telekombeteiligungsverwaltungsgesellschaft. – Dieses Wort allein, so glaube ich, gehört schon reformiert, denn es ist unaussprechlich. (Zwischenruf des Abg. Dipl.-Ing. Kummerer. )

Aber was wollen wir mit diesem Schritt? – Wir wollen eine Entpolitisierung der verstaatlichten Industrie, wir wollen eine Effizienzsteigerung der Industrie, wir wollen eine Marktorientierung (Zwischenruf der Abg. Huber ), und wir wollen eine Entschuldung der Bürger, der Österreicherinnen und Österreicher. Wir wollen weiters eine Sicherung und Absicherung der Arbeitsplätze sowie des Wirtschafts- und Industriestandortes Österreich. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Dass der Staat keine Arbeitsplätze sichern kann und ein schlechter Unternehmer ist, haben die achtziger Jahre bewiesen, als ein Defizit von 100 Milliarden Schilling gebaut worden ist und 20 000 Arbeitsplätze in der Verstaatlichten vernichtet wurden. Das ist die "Erfolgsstory", die Sie jetzt weiterführen wollen. Nein! Wir sagen: Jetzt ist die Möglichkeit da, endlich Maßnahmen zu setzen, die die so genannte verstaatlichte Industrie in private Hände gleiten lässt, denn die Privaten sind allemal bessere Wirtschafter und bessere Unternehmer als der Staat.

Meine Damen und Herren! Die Experten haben uns ja beim Hearing Recht gegeben. Alle Experten – bis auf die beiden der SPÖ, bis auf den Arbeiterkämmerer und den sozialistischen Postgewerkschafter – haben uns im Prinzip Recht gegeben. Alle haben gesagt: Jawohl, die Privatisierung ist richtig, ist notwendig. Die Schritte sind im Prinzip richtig.

Dass es da oder dort etwas zu feilen gibt, ist klar. Es ist natürlich auch uns ein Anliegen, dass die Headquarters in Österreich bleiben, dass die Arbeitsplätze gesichert werden und dass die Schulden, die die Verstaatlichte bisher gemacht hat – 80 Milliarden Schilling sind noch offen! –, durch diese Privatisierungen zurückgezahlt werden. Das ist aber nicht herausgekommen.

Ihnen sind die Schulden, so wie auch in der Vergangenheit, egal. Sie kennen ja diese berühmte Aussage: 1 Milliarde Schilling Schulden bereitet mir weniger schlaflose Nächte als ein Arbeitsloser. – Das war die Aussage des ehemaligen SPÖ-Vorsitzenden Bundeskanzler Kreisky, die dann leider von der Realität mehr als übertroffen und traurig widerlegt worden ist. Wir haben nämlich beides bekommen. Es haben sich inzwischen 100 Milliarden Schilling Schulden angehäuft, und es gibt 20 000 Arbeitslose. (Zwischenrufe der Abgeordneten Huber und Dietachmayr. )

Alle Experten, die bei diesem Hearing waren – bis auf die sozialistischen –, haben dem Schritt in Richtung Privatisierung Recht gegeben. Sogar der Börsenexperte hat gesagt, dass das zu einer Belebung der Wiener Börse führen würde, dass die Aktienkurse hinaufschnellen würden.


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19. Sitzung / Seite 155

Ich darf aus der heutigen Ausgabe des "Kurier" den Börseexperten der Raiffeisen-Zentralbank zitieren, der Folgendes sagt: Die Telekom hat für die Branchenausweitungen der Wiener Börse eine wichtige Vorbildfunktion. – Zitatende.

Meine Damen und Herren! Sogar die Flughafen Wien AG und der Vorstand der Telekom Austria haben positive Stellungnahmen abgegeben. Nur die Arbeiterkammer hat beispielsweise Folgendes geschrieben – das möchte ich noch vorlesen, bevor die rote Lampe zu blinken aufhört; das ist nämlich sehr wichtig –: Ebenso vermisst wird die Berücksichtigung der besonderen Bedeutung der Postsparkasse als Hausbank des Bundes und ihre Stellung als Clearingstelle im Zahlungsverkehr. Die Postsparkasse muss daher in die Lage versetzt werden, diese Funktionen auch weiter erfüllen zu können. Erst dadurch kann sowohl betriebswirtschaftlichen als auch volkswirtschaftlichen Überlegungen Genüge getan werden. – Zitatende. (Zwischenruf der Abg. Silhavy. )

Meine Damen und Herren! Das kommt mir vor, als ob jemand sagte – das ist Ihre Doktrin und Ihre Maxime –, es darf sich in Österreich nur dann etwas ändern, wenn alles gleich bleibt. Das wollen wir von der ÖVP nicht! Wir wollen etwas ändern, und zur Änderung gehört auch dazu, dass nicht alles gleich bleibt, sondern dass positive Veränderungen für die Zukunft gemacht werden, dass den Herausforderungen der Zukunft auch entsprechend begegnet wird und dass diese angenommen werden können. Das wollen wir mit dieser Privatisierung erreichen.

Daher ist es höchst an der Zeit, dass heute der Beschluss gefasst wird, dass in Österreich die Weichen in die richtige wirtschaftspolitische Richtung gestellt werden. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

18.47

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Sophie Bauer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte.

18.47

Abgeordnete Sophie Bauer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Zuerst gleich eine Bemerkung an Kollegen Großruck: Ich bin in einem Privatbetrieb beschäftigt, und was die mit den Beschäftigten vorhaben, möchte ich in einem Satz zusammenfassen (Abg. Mag. Schweitzer: Wen meinen Sie mit "die"? – Abg. Fischl: Das sind sicher Betriebsräte!): Bestehende Beschäftigungsverhältnisse von Leuten, die lange im Betrieb sind, werden abgebaut, und über Leasingfirmen werden Leute aufgenommen, damit der Stundenlohn von 93 S auf 73 S verringert werden kann. Das ist die Realität! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Schweitzer: Wer sind "die"?)

Meine Damen und Herren! Aber nun zu den vorliegenden Regierungsvorlagen, vor allem zum ÖIAG-Gesetz, das heute beschlossen werden soll. Diese sind für mich in der Form, wie sie hier vorliegen, inakzeptabel. (Zwischenruf der Abg. Silhavy.  – Abg. Edlinger  – in Richtung der Freiheitlichen –: Das ist eine Geisteshaltung! Das wird dem Gaugg gefallen, was Sie jetzt gesagt haben!)  – Richtig!

Ich möchte festhalten, dass vor 13 Tagen beim öffentlichen Hearing des Industrieausschusses Herr Bundesminister Grasser, der leider jetzt nicht anwesend ist, zur Bereitschaft zur Zusammenarbeit aufgerufen und gesagt hat, dass eben auch die Opposition die Möglichkeit dazu hätte. Tatsache aber ist, dass nach diesem öffentlichen Hearing im Industrieausschuss nicht eine Minute lang daran gedacht war, uns als Opposition die Möglichkeit der Mitsprache einzuräumen. Unserem Vorschlag, das Hearing zu vertagen, wurde nicht stattgegeben. Unsere Abänderungsanträge, die keine Sonderwünsche enthalten, sondern einfache, grundlegende Bedingungen sichern sollten, wurden ebenfalls abgelehnt, wie zum Beispiel betreffend den Kollektivvertrag für die Postsparkasse, bei dem es um rund 2 200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter geht.

Meine Damen und Herren! 65 Prozent davon sind Frauen, und ein Viertel der beschäftigten Frauen sind Alleinerzieherinnen. Zusätzlich möchte ich aber noch festhalten, dass rund drei Viertel der Beschäftigten im Einkommensbereich zwischen 12 000 S und 14 000 S liegen. § 7


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19. Sitzung / Seite 156

Abs. 10 des Postsparkassengesetzes hat bis jetzt sichergestellt, dass die Kolleginnen und Kollegen als Bundesbedienstete keinen Nachteil erleiden dürfen.

Mit der Streichung dieses Paragraphen fällt aber die Anwendung des Bundes-Gleichbehandlungsgesetzes weg. Damit wird einerseits die Gleichbehandlungsbeauftragte in Frage gestellt, und andererseits – was noch problematischer ist – werden damit die Umsetzung des Frauenförderplanes und die Einbeziehung in den Frauenförderplan des Finanzministeriums hinfällig. (Abg. Silhavy: Da sieht man wieder, wie frauenfeindlich diese Politik ist!)  – Genau! Denn damit verlieren die weiblichen Bediensteten der Postsparkasse das Recht auf diese Förderung. Dies, meine Damen und Herren, ist eine massive Verschlechterung für die Kolleginnen in der Postsparkasse!

Es ist natürlich richtig, dass die Experten, obzwar nicht alle, sehr eindeutig ausgeführt haben, wie die Privatisierung vor sich gehen soll und wie viel Geld sie bringen wird. Es wurde jedoch von keinem auch nur ein einziger Vorschlag dafür eingebracht, was mit den Beschäftigten passieren soll. Eine Privatisierung von bis zu 100 Prozent, die unter großem politischem Druck innerhalb kürzester Zeit abgeschlossen sein muss, führt notgedrungen zu einem massiven Preisverfall der auf diese Weise zum Ausverkauf angepriesenen Unternehmen.

Bei der Austria Tabak zum Beispiel besteht der überwiegende Teil des Umsatzes aus Lizenzverträgen mit Tabak-Multis. Und ich werde heute bei meiner Aussage aufpassen, denn bei einem Verkauf an einen dieser Multis besteht die Gefahr, dass sich die anderen zurückziehen. Philipp Morris hat ein Riesenwerk in München, das zurzeit nur zu 70 Prozent ausgelastet ist. Bei einer Kapazitätsanhebung auf 85 Prozent könnte ganz Österreich mitversorgt werden. Die heimischen Standorte der AT wie Fürstenfeld, Hainburg, Linz und Schwaz in Tirol müssten dann geschlossen werden. Ich habe schon im Industrieausschuss darauf hingewiesen, dass 3 800 Beschäftigte dadurch ihren Arbeitsplatz verlieren würden. Dazu kommen noch 500 Zulieferfirmen mit ihren Beschäftigten.

Meine Damen und Herren! Die Zustimmung der ÖVP zu diesen Regierungsvorlagen zeigt, dass all die Aussagen bezüglich des Ausbaus des Wirtschaftsstandortes Österreich, aber auch betreffend Verbesserungen für Beschäftigte auf ihren diversen Veranstaltungen nur leere Phrasen sind.

Ich bringe nun noch folgenden Abänderungsantrag ein und hoffe, dass Sie von den Regierungsparteien, wenn Ihnen die Beschäftigten ein Anliegen sind, diesen unterstützen.

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Verzetnitsch, Bauer und GenossInnen zum Bericht des Industrieausschusses über die Regierungsvorlage (48 der Beilagen): Bundesgesetz über die Neuordnung der Rechtsverhältnisse der Österreichischen Industrieholding Aktiengesellschaft und der Post- und Telekom-Beteiligungsverwaltungsgesellschaft (ÖIAG-Gesetz 2000)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzentwurf wird wie folgt geändert:

§ 12 Abs. 3:

"Die ÖIAG ist Gesamtrechtsnachfolgerin der PTBG und der PTA in allen mit den Anteilsrechten der PTBG an der PTA und den Anteilsrechten der PTA an der Telekom Austria AG und der Österreichischen Post AG rechtlich und wirtschaftlich zusammenhängenden Vermögensrechten, Vereinbarungen und Verbindlichkeiten. Solange die ÖIAG einen Einfluss gemäß § 9 Abs. 1 auf Unternehmen, die durch Maßnahmen der Umgründung aus der Post und Telekom Austria AG hervorgegangen sind, ausüben kann, sollen auch jene unmittelbaren Rechtsfolgen aus dem Poststrukturgesetz BGBl Nr. 201/1996 in der Fassung BGBl I Nr. 161/1999 und dem Postbetriebsverfassungsgesetz BGBl Nr. 326/1996 in der Fassung BGBl I Nr. 161/1999


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19. Sitzung / Seite 157

eintreten, die sich bisher daran knüpfen, dass die PTBG oder die PTA Beteiligungen von mehr als 25 Prozent an den genannten Unternehmen halten."

*****

Ich hoffe auf die Zustimmung der Bundesregierung. (Beifall bei der SPÖ.)

18.54

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Der Abänderungsantrag der Abgeordneten Verzetnitsch und Bauer ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Als nächster Redner zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Gaugg. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 7 Minuten. – Bitte.

18.54

Abgeordneter Reinhart Gaugg (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Geschätzte Damen und Herren! Hätte die SPÖ vor Jahren den "Konsum" rechtzeitig privatisiert, wäre Österreich eine Riesenpleite erspart geblieben und 17 000 Menschen hätten weiterhin einen Arbeitsplatz. Das ist Ihre Form von Wirtschaftspolitik! Dieses Beispiel kann man Ihnen nicht ersparen. Das werden Sie auch in den nächsten Jahren immer wieder hören. (Abg. Huber: Wie viele Pleiten haben Private gemacht?)

Es wurde von den SPÖ-Rednern von feindlichen Übernahmen durch das Ausland gesprochen und dass die Firmenzentralen dann im Ausland wären. Ich nenne dazu Chrysler/Graz, ich nenne BMW/Steyr und andere Firmen, die solide Arbeitsplätze in Österreich geschaffen haben. Deren Konzernzentralen sind halt im Ausland, aber unabhängig davon sind das hoch qualifizierte Arbeitsplätze, die private Unternehmen schaffen. Nehmen Sie das einmal zur Kenntnis! Es ist ja geradezu abenteuerlich!

Sie beten immer wieder eine Zweiklassengesellschaft herbei. Die SPÖ möchte modern und zukunftsorientiert sein, aber in Wahrheit, liebe Genossen, heißt es, wir sollen zurück. (Zwischenruf des Abg. Dietachmayr. ) Das kann doch nicht wahr sein!

Sie von der SPÖ meinen, dass ausschließlich die verstaatlichte Industrie mit ihren 120 000 Beschäftigten in der Lage wäre, diese Arbeitsplätze in Zukunft zu garantieren. Das Gegenteil ist der Fall! Hätten Sie die Telekom mit all ihren Mitarbeitern schon vor Jahren in die Privatwirtschaft entlassen, dann würden, davon bin ich überzeugt, das Unternehmen selbst und vor allem auch seine Mitarbeiter wesentlich besser dastehen als heute, da sie noch brave und solide Beitragszahler des ÖGB sind. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es ist Ihre größte Sorge, dass bei einer Privatisierung dieser Unternehmen der Einfluss des ÖGB zurückgeht, weil dann nicht gleichzeitig mit der Eintrittserklärung auch der ÖGB-Beitritt unterschrieben werden muss. Das ist es, was Sie an dem Ganzen anscheinend besonders stört.

Folgendes möchte ich noch anmerken: Bisher galt bei Aufsichtsratsbestellungen der Grundsatz, je länger jemand in die sozialdemokratische Schulung gegangen ist, umso berufener war er, in irgendeinem Aufsichtsrat zu sitzen, und zwar unabhängig von seiner fachlichen Qualifikation! Auch dazu fällt mir wieder der "Konsum" ein, wo jahrelang der ARBÖ-Präsident Aufsichtsratsvorsitzender war. Na, die Leistungen sind allseits bekannt. Und weil es jetzt Änderungen gibt, setzt großes Wehklagen ein.

Ich bringe Ihnen ein Beispiel, und zwar die KELAG in Kärnten. Was gab es doch für ein Wehklagen! Man hat gedroht, Landeshauptmann Haider vor den Verfassungsgerichtshof zu zerren, weil er die Aufsichtsräte ausgewechselt hat, nämlich die parteipolitischen Aufsichtsräte hinaus und Fachleute hinein.

Die Argumentation der Sozialisten war hochinteressant. Sie haben nämlich gemeint, das seien alle Freunde von Haider. – No na, das werden sie doch noch sein dürfen! Sie sind aber allesamt erfolgreiche Geschäftsleute!


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19. Sitzung / Seite 158

Fragen Sie heute Ihre sozialdemokratischen Betriebsräte, wie sie mit den Maßnahmen des Aufsichtsrates einverstanden sind. (Abg. Edlinger: Ist ja noch nichts passiert! Warten Sie nur!) Das ist der beste Beweis dafür, dass es funktionieren kann, denn ich bin überzeugt davon, dass es durch diese Privatisierungsschritte und die Änderungen im Aufsichtsrat der ÖIAG auch eine Chance zu sozialen Verbesserungen für die Mitarbeiter gibt. Das, was die Sozialisten immer behaupten zu tun, findet nämlich nicht statt!

Gerade was die Ihnen so ans Herz gewachsene Post betrifft, die nunmehr in Betriebsversammlungen der Personalvertreter und in erweiterten Betriebsversammlungen den Menschen klar machen möchte, wie ihr Zustand ist, habe ich, als es einmal einen Brief der Herren Sindelka und Ditz gegeben hat, wonach 9 500 Mitarbeiter gekündigt werden müssen, einen Aufschrei vermisst. Das war, glaube ich, im Jahre 1997. Da gab es das große Schweigen der Personalvertreter in der Post. Da habe ich von keinen Demonstrationen gehört, nichts! Aber damals hat es auch noch einen sozialistischen Bundeskanzler gegeben, deshalb durften wir nicht. Wir mussten schweigen! Wo war denn da der Protest?

Wo ist denn jahrelang der Protest dagegen geblieben, dass es Postzusteller gibt, die nach 15 oder 20 Dienstjahren nur 11 500 S verdienen? Wo war denn da der Protest der Sozialdemokraten, dass man damit unterbezahlt ist, wenn man bei Wind und Wetter mit dem Fahrrad auf ich weiß nicht welchen Berg hinaufradeln muss?

Davon habe ich nie etwas gehört! Es wurde nur von den Leistungen für die Chefetage gesprochen. Das hat schon funktioniert. Die Personalvertreter haben immer Bestkarrieren gemacht, bei den ÖBB, bei der Post, überall! Auf die wurde geschaut, denn sie waren die Meinungsbildner im Unternehmen, aber auf die Mitarbeiter wurde nicht geschaut. Diese Mitarbeiter haben jetzt eine große Chance. Geben Sie doch den Postmitarbeitern, den Verantwortlichen dort die Chance, die sie brauchen! Wenn sie sich auf dem freien Markt bewähren können, dann werden sie auch entsprechend verdienen.

Weil Leasingfirmen angesprochen wurden, muss ich sagen, natürlich gibt es auch dort schwarze Schafe. Aber viele Beschäftigte sind heutzutage froh, in Leasingunternehmen tätig zu sein, weil diese ständig ausgelastet sind und sie dort auch gut bezahlt werden. Sie werden gut bezahlt, weil sie nicht von irgendeinem Kollektivvertrag abhängig sind, der nicht vorhanden ist, weil Sie es in den letzten Jahren nämlich versäumt haben, ihn ordentlich herzurichten.

Was verstehen Sie denn unter sozialer Gerechtigkeit? – Dass der Eisenbahner noch immer mit 53 Jahren in Pension gehen darf, der andere aber bis 65 arbeiten soll? – Das ist Ihre soziale Gerechtigkeit! Ihre soziale Gerechtigkeit besteht darin, dass Arbeiterkammerpräsidenten schon nach fünf Jahren Tätigkeit 80 Prozent des Letztbezuges als Pension kriegen. Ihre soziale Gerechtigkeit besteht darin, dass ÖGB- und Arbeiterkammerfunktionäre über Kollektivverträge verfügen, von denen die Arbeitnehmer auf dem freien Markt und sogar in der Verstaatlichten nur träumen können!

Da Sie immer von feindlichen Übernahmen reden, sei einmal gesagt: Ihre Partei in der Steiermark war es, die händeringend gesagt hat, bitte, liebe Franzosen, kauft uns die STEWEAG beziehungsweise Anteile davon ab, denn das bringt uns 1 Milliarde Schilling. Diese Chancen der Privatisierung sollte man nicht vertun. Man hat es jahrelang versäumt, die Schritte zum richtigen Zeitpunkt zu setzen.

Aber noch ist es nicht zu spät! Diese Chance auf Privatisierung besteht, es gibt die Chance zu Einkommensverbesserungen. Es gibt aber auch jene internationalen Vorwürfe, von OECD und anderen, wonach in Österreich alles viel zu langsam gehe, andere, die wesentlich später eingetreten sind, würden uns schon überholen. Mehrere von diesen sind heute schon genannt worden.

Machen Sie doch nicht immer der Privatwirtschaft und den dort beschäftigten Mitarbeitern vor, dass die in der verstaatlichten Industrie Beschäftigten eigentlich im Paradies leben, die "draußen" aber schlecht. Dem ist nicht so! Es gibt überall, auch in der Privatwirtschaft, gute


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19. Sitzung / Seite 159

Unternehmen, die ihre Mitarbeiter ordentlich und anständig entlohnen. Das würde ich mir oder hätte ich mir auch von jenen erwartet, die schon jahrelang diesen Dingen das Wort reden.

Und dass ach so überhastet verkauft werde und das Mitspracherecht fehlen würde, das, muss ich sagen, sind Wehklagen, die ich nicht verstehe. Sie haben erstens einmal eine Menge Redezeit im Hohen Haus, Sie haben eine uneingeschränkte Redezeit in den Ausschüssen. Es gibt, wie Sie wissen, Begutachtungsverfahren und Ähnliches mehr. Jeder äußert sich, etwa die Arbeiterkammer. Ich hätte mir früher, als es noch eine rot-schwarze Koalition gegeben hat, öfter gewünscht, dass die Arbeiterkammer uns mit Gutachten nur so überhäuft hätte wie jetzt. Nun bekommen wir für jeden Beistrich im Gesetz eine Begutachtung durch die Arbeiterkammer. (Abg. Edlinger: Das hat es immer gegeben!) Das ist ja nicht unreell. Das ist ein Arbeitspapier, das jeder haben kann. Allerdings hätte ich es mir früher anlässlich der ganzen Pensionsreformen und Ähnliches mehr auch erwartet.

Das ist es, was ich gerade der Sozialdemokratie vorwerfe, die jetzt in einer Rolle ist, die sie nicht kennt, da alle Abgeordneten der Sozialdemokraten in diesem Haus die Opposition nicht kennen. 30 Jahre regieren und, auf gut Deutsch gesagt, tun und lassen können, was man will – und die Leute vergessen! Deshalb sind Sie auch abgewählt worden. (Abg. Dietachmayr: Mach dir keine Sorgen um uns!) Das ist der Grund dafür. Sie und Ihre Art der Politik sind abgewählt worden.

Jetzt aber wollen Sie einer neuen Politik keine Chance geben, auf Grund derer durch Privatisierung jene Mittel zur Verfügung gestellt werden, die es dem Steuerzahler ersparen, dass weiterhin Steuergeld für marode verstaatlichte Betriebe verwendet wird. (Beifall bei den Freiheitlichen sowie des Abg. Schwarzenberger. )

19.02

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dobnigg. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte. (Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten der SPÖ und der Freiheitlichen.)

19.02

Abgeordneter Karl Dobnigg (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Vorweg: Herr Kollege Gaugg – bevor Sie den Saal verlassen –, Sie haben von sozialer Gerechtigkeit gesprochen. (Abg. Gaugg: Wo ist die bei euch?) Ihr seid erst einige Monate an der Macht und leitet schon eine Umverteilung von den Schwächeren zu den Reicheren ein. Ist das die soziale Gerechtigkeit, welche ihr immer wieder in den Raum stellt? (Beifall bei der SPÖ.)

Für mich als Interessenvertreter der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ist die Eigentumsfrage kein Dogma. (Abg. Gaugg: So wie Herr Verzetnitsch im Penthouse der BAWAG!)  – Nein, ich habe Sie ausreden lassen, lassen Sie mich auch reden! (Abg. Edlinger  – in Richtung des Abg. Gaugg –: Das ist Klassenkampf!)

Es soll aber vorab klargestellt werden: Wir Sozialdemokraten treten für sinnvolle Privatisierungsschritte ein. (Abg. Gaugg: Sinnvoll?!) Wir favorisieren für unser Land dabei jedoch den industriepolitischen Ansatz der Kernaktionärsphilosophie vor einer reinen Verkaufsideologie zum Staatsschuldenabbau, wie Sie von den Regierungsparteien es vorhaben. (Beifall bei der SPÖ. – Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Gaugg. )

Die ÖIAG besitzt derzeit erhebliche Anteile an zahlreichen Unternehmungen. Diese Unternehmungen haben sich in den letzten Jahren zu florierenden Industriebetrieben gewandelt. So hat zum Beispiel die VA Stahl seit dem Jahre 1987 vom Staat keinen einzigen Schilling mehr erhalten. Das nur einem Vorredner, dem Kollegen Großruck, zur Erinnerung!

Am Standort Donawitz wird in wenigen Tagen das modernste Stahlwerk der Welt den Probebetrieb aufnehmen. Im Bereich Draht ist Donawitz Markt-, im Bereich Schiene Weltmeister. (Abg. Fischl: Nachdem Sie die Betriebs ... und einen Haufen Leute hinausgeschmissen haben!)  – Kollege Fischl! Ihr Noch-Parteiobmann hat vor einigen Jahren gesagt, Donawitz gehöre zugesperrt. Wir haben in die Zukunft investiert, wir haben den Standort Donawitz länger


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fristig abgesichert. Ich lade Sie heute ein, besuchen Sie uns in Donawitz, damit Sie von der Arbeit vor Ort eine Ahnung bekommen. (Beifall bei der SPÖ. – Rufe und Gegenrufe zwischen den Abgeordneten Fischl und Gradwohl. )

Es ließen sich noch viele andere Betriebe aus dem Bereich der ÖIAG aufzählen, die einen derartigen Aufschwung genommen haben. Diese guten Ergebnisse sind alleine auf den gemeinsamen Einsatz und die Leistungen von Belegschaft und Management zurückzuführen. Dies sei einigen Vorrednern, vor allem den Kollegen Großruck und Kukacka, die immer wieder behaupten, nur in der Privatindustrie seien die Manager erfolgreich, ins Stammbuch geschrieben!

Was plant diese blau-schwarze Bundesregierung nun mit unseren wirtschaftlich erfolgreichen heimischen Unternehmen? – Sie sollen an das Ausland verscherbelt werden! Warum an das Ausland? – Weil es in Österreich sicherlich nicht genügend finanziell potente Investoren gibt, die sich Beteiligungen in dieser Größenordnung leisten können. Daher wären sämtliche Betriebe klassische Übernahmekandidaten.

Werte Damen und Herren! Die Arbeitsplätze von bis zu 120 000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern sind durch diesen überhasteten Verkauf, welcher nur einer kurzfristigen Schuldenabdeckung dient, gefährdet. In meiner Heimatregion, der Obersteiermark, wären 15 Prozent der Beschäftigten von Arbeitslosigkeit bedroht. Auch wertvolles Know-how ginge unwiederbringlich ins Ausland. Wichtige Unternehmenssubstanz in Industrie und Infrastruktur wäre gefährdet, und strategisch wichtige Kompetenzzentren würden ins Ausland verlagert werden.

Sie von ÖVP und FPÖ reden permanent von Rot-weiß-rot. Mir ist noch in bester Erinnerung, welche Kraftanstrengungen notwendig waren, damit wir gegen die ausländische Konkurrenz wieder 50 Prozent der Aktien der VAE in Zeltweg, welche eins a Eisenbahnsysteme erzeugt, erwerben konnten. Wir wären sonst für die französische Konkurrenz ein klassischer Übernahmekandidat geworden, und es wäre nur eine Frage der Zeit gewesen, bis es in Zeltweg zur Schließung gekommen wäre.

Aber auch das Beispiel Semperit in Traiskirchen hat uns schmerzhaft vor Augen geführt, wie schnell hoch qualifizierte Arbeitsplätze in den betreffenden Unternehmen, aber auch in zahlreichen Zulieferbetrieben vernichtet werden können.

Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Wir Sozialdemokraten sind gegen die Privatisierungsideologie der FPÖ-ÖVP-Regierung, der das Wohl der heimischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer offensichtlich völlig gleichgültig ist. Wir Sozialdemokraten treten für den Erhalt starker heimischer Industriekerne ein, denn nur so können der Wirtschaftsstandort Österreich attraktiv bleiben und Arbeitsplätze gesichert und geschaffen werden. Es muss unser aller Ziel sein, dass Schlüsselsektoren unserer Industrie unter österreichischem Einfluss bleiben. Deshalb muss aus der ÖIAG eine Beteiligungsgesellschaft werden, die bei diesen Schlüsselbetrieben Kernaktionär ist. Dafür ist der Anteil von 25 Prozent plus einer Aktie notwendig. Das wäre unserer Meinung nach rot-weiß-rote Industriepolitik! (Beifall bei der SPÖ.)

Einen weiteren negativen Aspekt des vorliegenden Gesetzes stellt auch der Zeitdruck dar, unter dem die Industriebeteiligungen verscherbelt werden sollen. Dieser führt nämlich notgedrungen zu einem Preisverfall der so zum Ausverkauf angepriesenen Unternehmen. Die Börsenkurse sinken in den Keller, die ÖVP-FPÖ-Regierung vernichtet durch ihre Vorgangsweise kontinuierlich österreichische Vermögenswerte.

Der Gipfel der arbeitnehmerfeindlichen Politik dieser Bundesregierung ist aber die neue Besetzung des Aufsichtsrates der ÖIAG. Man könnte die Gruppe der dorthin entsandten Unternehmer auch den Prinzhorn-Freundeskreis nennen. – Herr Kollege Prinzhorn! Sie haben in Ihrer Rede als Beispiele durchwegs ausländische Betriebe genannt. Dies zeigt deutlich, dass es Ihnen nicht um Rot-Weiß-Rot, sondern nur um einen raschen Ausverkauf österreichischer Unternehmen geht. (Beifall bei der SPÖ.)

Sie und die Regierungsparteien denken nur an die Gewinne und an die Börse. Bei uns Sozialdemokraten stehen aber die Beschäftigten mit ihren Familien im Vordergrund!


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Zur sozialen Einstellung des Herrn Präsidenten Prinzhorn. Es ist allgemein bekannt, dass Sie bei der Übernahme der Papierfabrik in Niklasdorf zunächst alle Beschäftigten gekündigt und zu schlechteren Konditionen wieder eingestellt haben. (Ah-Rufe bei der SPÖ.)

Wie also sieht die neue Wirtschafts- und Sozialpolitik der schwarz-blauen Bundesregierung aus? – Sozialabbau, Pensionskürzungen, Krankenbestrafungssteuern (Ruf bei der SPÖ: Pfui!), Arbeitsplatzabbau, Verschleudern heimischer Unternehmungen – und das alles auf dem Rücken der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und sozial Schwächeren!

Uns Belegschaftsvertretern, uns Sozialdemokraten geht es im Gegensatz zu ÖVP und FPÖ vordringlich um eine zukunftsorientierte österreichische Industriepolitik, vor allem aber auch um eine Standortsicherung und, damit verbunden, um die Sicherung und den Erhalt rot-weiß-roter – österreichischer – Arbeitsplätze!

Abschließend möchte ich noch mit Betroffenheit feststellen, dass weder die steirische Landeshauptfrau Klasnic noch ihr Wirtschaftslandesrat Paierl eine Stellungnahme zum ÖIAG-Gesetz 2000 abgegeben haben. Frau Landeshauptmann Klasnic hat heute bezüglich der ÖVP-Kredite rasch reagiert und ein Telegramm nach Wien gesandt, aber die zigtausend betroffenen steirischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit ihren Familien waren ihr anscheinend keine einzige Zeile wert.

Abschließend darf ich noch folgenden Antrag einbringen:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Verzetnitsch, Dobnigg und GenossInnen zum Bericht des Industrieausschusses über die Regierungsvorlage (48 der Beilagen): Bundesgesetz über die Neuordnung der Rechtsverhältnisse der Österreichischen Industrieholding Aktiengesellschaft und der Post und Telekombeteiligungsverwaltungsgesellschaft (ÖIAG-Gesetz 2000) (77 der Beilagen)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzentwurf wird wie folgt geändert:

§ 3 Abs. 3 wird angefügt:

An den Sitzungen des Privatisierungsausschusses können je zwei von der Bundesarbeitskammer und der Wirtschaftskammer Österreich nominierte Sachverständige teilnehmen; dasselbe gilt für Sitzungen des Aufsichtsrates, so weit Fragen der Privatisierung behandelt werden.

*****

Diese Bestimmung entspricht der geltenden Rechtslage. Die Mitwirkung der Sozialpartner in Privatisierungsangelegenheiten hat sich bewährt und soll auch beibehalten werden. Insbesondere wird dadurch gewährleistet, dass der überbetriebliche und gesamtwirtschaftliche Zusammenhang von Privatisierungsvorhaben angemessene Berücksichtigung findet. Dies ist ebenfalls ein rot-weiß-rotes Anliegen. (Beifall bei der SPÖ.)

19.12

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Der Antrag der Abgeordneten Verzetnitsch und Dobnigg ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Mag. Schweitzer zu Wort gemeldet. – Bitte.

19.12

Abgeordneter Mag. Karl Schweitzer (Freiheitliche): Der den Vorsitz führende Präsident hat mich höflichst um folgende tatsächliche Berichtigung ersucht (Abg. Schwemlein: Da hat doch der Präsident eingesagt!):


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Die vom Kollegen Dobnigg behauptete Kündigung durch Präsidenten Prinzhorn in Niklasdorf hat nie stattgefunden. Vielmehr wurde von Staats wegen gekündigt, weil dieser verstaatlichte Betrieb bis zur Zahlungsunfähigkeit herabgewirtschaftet wurde. Kollege Prinzhorn hat diesen unter staatlicher Führung herabgewirtschafteten Betrieb übernommen und alle Arbeiter und Angestellten wieder eingestellt, damit sie Arbeit haben, obwohl der Staat nicht in der Lage gewesen wäre, diesen Betrieb weiter zu führen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

19.13

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächste zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Pecher. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

19.13

Abgeordnete Mag. Martina Pecher (ÖVP): Herr Präsident! (Zwischenruf des Abg. Schwemlein. ) – Nicht schon wieder, jetzt ist es schon langsam fad. Ich werde es gerne schriftlich begründen, warum ich doch geblieben bin.

Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Einige Abänderungsanträge der sozialistischen Partei liegen Ihnen heute schon vor, insgesamt wurden sechs Abänderungsanträge unmittelbar vor Beginn des Industrieausschusses eingebracht. Die Abgeordneten hatten natürlich keine Möglichkeit, diese Abänderungsanträge zu studieren. Wenn man sie nachträglich liest, hat man das Gefühl, sie sollen dazu dienen, das Gewissen derer zu beruhigen, die sich vor ihren gewerkschaftlichen Mitgliedern rechtfertigen müssen. (Abg. Dobnigg: Die Mitglieder des Industrieausschusses haben das beim Hearing bekommen!) – Ja, beim Industrieausschuss, während des Hearings haben wir sie bekommen. Solche Abänderungsanträge sollte man normalerweise zumindest einen Tag lang studieren können. (Abg. Gradwohl: Wie war das mit den Koalitionsanträgen? Wann haben wir die bekommen?) – Ich habe nur 4 Minuten Zeit, und ich bitte Sie, mich ausreden zu lassen.

Diese Abänderungsanträge entsprechen auch nicht den Vorstellungen einer modernen Wirtschaftspolitik, und sie dienen auch sicherlich nicht dazu, die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen zu verbessern und zu stärken. Ich darf einen wichtigen Paragraphen aus diesen Abänderungsanträgen vorlesen, um zu zeigen, warum ich das meine.

Im Regierungsvorschlag heißt § 7 Abs. 1 ganz eindeutig: Die ÖIAG ist mit der gänzlichen oder teilweisen Privatisierung betraut. Dieser § 7 soll laut Abgeordnetem Verzetnitsch und GenossInnen insofern abgeändert werden – ich zitiere –:

Die ÖIAG ist eine Beteiligungsgesellschaft zur langfristigen Wahrung der Interessen des Bundes im Hinblick auf die Erhaltung wesentlicher österreichischer Wirtschaftsunternehmen und Wertschöpfung am Standort Österreich, soweit wirtschaftlich vertretbar. – Zitatende.

Meine Damen und Herren! Ich muss Ihnen sagen, wenn ich im Aufsichtsrat einer solchen AG säße, würde ich nicht wissen, was der Wille des Eigentümers in Bezug auf diese Aktiengesellschaft nun tatsächlich ist.

Meine Damen und Herren! Was heißt denn wirtschaftlich vertretbar? – Sind 80 Milliarden Schilling Schulden, die die ÖIAG angehäuft hat, noch wirtschaftlich vertretbar? Einer der Experten, die diesem Ausschuss beziehungsweise diesem Hearing beigewohnt haben, hat auch gesagt: Ohne Hereinnahme von PTBG kann die ÖIAG ab 2003 weder die Zinsen zurückzahlen, geschweige denn die Schulden, die angefallen sind, tilgen.

Ich meine daher, es ist notwendig, dass ein klarer Privatisierungsauftrag da ist. Alles andere würde Zuwarten bedeuten und würde bedeuten, dass sich der Schuldenberg weiter vergrößert. Man hat schon das Gefühl, dass die Wirtschaftspolitik der Sozialisten in den letzten Jahren eher einer Blockadepolitik oder "einer Zwangsbeglückung, die man sich nicht mehr leisten kann, gleicht", wie das Ihr ehemaliger Finanzminister sehr zutreffend beschrieben hat. Aber auch das Zitat des Herrn Gusenbauer in der Zeitschrift "Unternehmer" vom April dieses Jahres schlägt deutlich in diese Kerbe.


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Gusenbauer wurde gefragt, was er empfunden hat, als die Verstaatlichte damals pleite war. Er sagte darauf: Diese Katastrophe hat die klare Notwendigkeit gezeigt, Reformen durchzuführen, um die Unternehmen einerseits zu sanieren und andererseits wettbewerbsfähig zu machen. – Meine Damen und Herren! Wenn es zuerst einer Katastrophe bedarf, dass man draufkommt, dass Reformen notwendig sind und die Unternehmen wettbewerbsfähig gemacht werden sollen, dann muss ich sagen, so stelle ich mir Unternehmertum, so stelle ich mir moderne Wirtschaftspolitik sicherlich nicht vor.

Ich meine daher, wir werden die Globalisierung nicht aufhalten – nicht wir und nicht Sie. Deswegen bleibt uns nichts anderes übrig, als den Wirtschaftsstandort und die Unternehmen wettbewerbsfähig zu machen, damit sie sich in dieser globalisierten Welt durchsetzen. Dazu sind drei Dinge notwendig. Wir müssen die richtigen Eigentümer als strategische Partner suchen, und dieser Aufsichtsrat ist dazu beauftragt, diese zu finden. Wir müssen die Aktienmärkte beleben. Ich zitiere aus einer deutschen Studie, die beweist, dass das deutsche Bruttoinlandsprodukt um fast einen Prozentpunkt höher wäre, würde der Aktienmarkt belebt sein; das ist auf Österreich umgelegt ein um 10 Milliarden Schilling höheres jährliches Bruttoinlandsprodukt. Und wir müssen Konzepte für eine moderne Mitarbeiterbeteiligung finden, denn auch diesbezüglich hinken wir in Österreich den anderen EU-Ländern und vor allem auch Amerika deutlich hinten nach. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

19.18

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Dr. Keppelmüller. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte.

19.19

Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Gleich zu Beginn möchte auch ich einen Abänderungsantrag einbringen, zuvor jedoch Frau Kollegin Pecher darauf hinweisen – Kollege Gradwohl hat das in einem Zwischenruf gesagt –, wenn man in einem Glashaus sitzt, dann soll man nicht mit Steinen werfen. Wir haben die Koalitionsanträge auch erst am Tag des Industrieausschusses bekommen. Man hätte jetzt auch noch Zeit gehabt, die Vernünftigkeit unserer Anträge, die wir eingebracht haben (Abg. Böhacker: Wer?) – Gradwohl hat in Bezug auf Kollegin Pecher gemeint, im Glashaus solle man nicht mit Steinen werfen; da hat er Recht –, zu prüfen. (Abg. Böhacker: Mit Pflastersteinen!)

Doch nun zu meinem Antrag:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Verzetnitsch und Genossinnen und Genossen zum Bericht des Industrieausschusses über die Regierungsvorlage (48 der Beilagen): Bundesgesetz über die Neuordnung der Rechtsverhältnisse der Österreichischen Industrieholding Aktiengesellschaft der Post und Telekombeteiligungsverwaltungsgesellschaft (ÖIAG-Gesetz 2000) (77 der Beilagen)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzentwurf wird wie folgt geändert:

§ 12 Abs. 4 wird angefügt:

"Die Bestimmungen des Bundesgleichbehandlungsgesetzes, BGBl. Nr. 100/1993, finden nach der Verschmelzung der PTA und der PTGB mit der ÖIAG weiterhin auch für alle in einem privatrechtlichen Dienstverhältnis stehenden Bediensteten der Post-AG und der Telekom-AG und Töchter dieser beiden Unternehmungen Anwendung."

*****

Soweit mein Abänderungsantrag. Dieser soll der rechtlichen Klarstellung dienen, damit das Bundesgleichbehandlungsgesetz auch in Zukunft für diese Bediensteten angewendet werden kann.


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Nun noch einmal auf die Sache zurückkommend: Ich komme selbst aus einem Bereich, aus einem Bezirk, wo wir leidvolle Erfahrungen mit ausländischer Beteiligung gemacht haben. Bei uns im Bezirk Vöcklabruck gab es die Austria Faserwerke, die zu 49 Prozent in inländischem Besitz waren und zu 51 Prozent der Hoechst AG gehörten. Man hat vier Werke gehabt. Aus Kapazitätsgründen musste man eines zusperren, und man hat das österreichische Werk zugesperrt, das damals das bestgehende war, weil man es – damals noch unter Kohl – in Deutschland politisch nicht ausgehalten hätte, ein deutsches Werk zu sperren. Und diese Befürchtungen sind da. Ich gebe schon zu: Es gibt durchaus positive Erfahrungen mit ausländischen Beteiligungen und Betrieben, aber es gibt auch sehr viele negative Beispiele, und davor fürchten sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in solch – auch für Österreich, meine ich – wichtigen Betrieben.

Die Privatisierungen im Rahmen der ÖIAG in den letzten Jahren sind sicherlich eine Erfolgsgeschichte gewesen, wofür die Koalitionspartner durchaus gemeinsam verantwortlich waren. Aber das, was jetzt passiert, ist sicherlich nicht mehr von der gleichen Verantwortung und Behutsamkeit getragen. Es hat einmal einen Martin Luther King gegeben, der gesagt hat: "I had a dream." Ähnliches könnte auch unser Präsident Prinzhorn sagen. Er hat auch einen Traum: Er möchte alles zu 100 Prozent privatisiert und verscherbelt haben.

Angesichts dessen bin ich natürlich ein bisschen verunsichert, aber Gott sei Dank gibt es den etwas aufmüpfigen Finanzminister Grasser – er ist heute schon einmal zitiert worden –, der die Betriebsräte und die Belegschaft von wesentlichen Unternehmungen beruhigt und gesagt hat, sie brauchen keine Sorge zu haben, dass die Anteile dieser Unternehmen im Ausmaß von über 25 Prozent plus eins hinaus verscherbelt werden.

Das heißt, da gibt es ein bisschen eine Diskrepanz zwischen Prinzhorn und Grasser. Aber Grasser hat mir heute gefallen, er ist auch nicht unbedingt dafür, das Karenzgeld für alle auszuzahlen. Da gibt es also gewisse Spannungen, deren Ausgang in der nächsten Zeit auch noch "spannend" sein wird.

Präsident Prinzhorn ist ähnlich wie sein Parteichef – jetzt hätte ich beinahe wieder "Führer" gesagt –, der gerne in Bierzelten redet, auch nicht mundfaul. Vielleicht sollte sich die ÖVP das "profil" vom 10. April ein bisschen genauer anschauen. Darin reklamiert er – vielleicht ist es tatsächlich so; das ist ein Prinzhorn-Traum und ein Prinzhorngesetz – die Wirtschaftspolitik für seine Partei und sagt: Im Übrigen sehe ich bei der ÖVP keine konkreten Ansätze, inwiefern sich die neu VP-Wirtschaftspolitik von der alten unterscheiden soll. – Das klingt einigermaßen kritisch. In Bezug auf Bundeskanzler Schüssel sagt er: Wie soll jemand, dessen Partei 30 Jahre Teil eines erstarrten Systems war, zu einer initiativen Reformregierung werden? – Die ÖVP ist also ein bisschen das Anhängsel der blauen Regierungstruppe, meint zumindest Präsident Prinzhorn.

Ich glaube, dass solche Vertreter der Wirtschaft wie Präsident Prinzhorn Anlass zur Sorge für uns sind, weil wir diese Denkweise kennen – eine Denkweise, die in allen Maßnahmen der neuen Bundesregierung zu erkennen ist: Abbau der Arbeitnehmerrechte, Zurückdrängen der Einrichtungen der Arbeitnehmer, die vielleicht durch Magna-Einrichtungen auf betrieblicher Ebene ersetzt werden, und keine überbetriebliche Stärkung. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)  – Da könnt ihr schreien, so ist es aber. Das gefällt vielleicht Kollegen Stummvoll, weil die Wirtschaftskammer noch nicht im Schussfeld ist. Die Wirtschaftskammer soll finanziell noch nicht eingeschränkt werden. (Abg. Dr. Stummvoll: Wir schränken uns selbst ein! Das ist der Unterschied!) Sie hat auch mehr Geld, das gebe ich zu. Aber das ist Methode. Das ist System. Das haben wir sehr genau erkannt, und das werden wir auch entsprechend bekämpfen. Eine "Prinzhornisierung" unserer Betriebe wollen wir wirklich nicht. Dagegen werden wir uns wehren! (Beifall bei der SPÖ.)


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19. Sitzung / Seite 165

19.25

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Staatssekretär Dr. Finz. – Bitte.

19.25

Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Alfred Finz: Sehr verehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Es wurde heute vielfach die Behauptung aufgestellt, es soll so rasch als möglich verkauft werden, nur um Schulden zu tilgen. – So lautet der Privatisierungsauftrag an die ÖIAG nicht. Die ÖIAG hat den Privatisierungsauftrag in folgender Form zu erfüllen: im Interesse der Bevölkerung, zum bestmöglichen Erlös, unter Berücksichtigung der Interessen der Unternehmungen und unter Wahrung der österreichischen Interessen. Bei der Durchführung des Privatisierungsauftrages ist die ÖIAG frei, können die ÖIAG-Organe innerhalb ihres Ermessensspielraumes frei handeln. Der Vorstand hat jeweils dem Aufsichtsrat ein mehrjähriges Privatisierungsprogramm zur Genehmigung vorzulegen, auf dessen Basis dann jährliche Privatisierungsschritte zu beschließen sind.

Sinn und Zweck der Privatisierung ist sicherlich, die Schulden zu tilgen. Die Schulden sind deshalb zu tilgen, weil sie sonst schlagend für das Budget werden. Aber es sind gesunde Betriebe zu schaffen. Gesunde Betriebe erreicht man dadurch, dass sie frei agieren können, ohne Auflagen beziehungsweise im Rahmen der rechtlichen Rahmenbedingungen, und dass sie dann vor allem Arbeitsplätze schaffen.

Zusätzlich soll der Börsenplatz Wien gestärkt werden. Das wäre sehr notwendig. Es ist auch heute schon erwähnt worden, wie wichtig ein funktionierender Börsenplatz ist.

Für die Wirtschaftspolitik ist eine Internationalisierung ganz wichtig. Es kann nicht so sein, dass eine Beteiligung oder ein Ankauf von Unternehmungen dann gut ist, wenn es ein österreichisches Unternehmen im Ausland macht, aber umgekehrt ist es ein Ausverkauf. In der Wirtschaft muss heute Gegenseitigkeit gelten, und gerade für ein exportorientiertes Land wie Österreich ist die Internationalisierung ein ganz wichtiger Schritt. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

19.27

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Ich trage nach: Der Abänderungsantrag der Abgeordneten Verzetnitsch und Genossen ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Als Nächster zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Böhacker. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 7 Minuten. – Bitte.

19.27

Abgeordneter Hermann Böhacker (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Herr Kollege Dr. Keppelmüller hat sich im Zeichnen von Horrorszenarien nahtlos in die Reihe der sozialdemokratischen Ausführungen eingereiht. (Abg. Dr. Keppelmüller: Ich habe den Finanzminister lobend erwähnt!) Dabei hat es in der Früh mit den Ausführungen des Herrn Präsidenten Verzetnitsch eigentlich ganz gut begonnen. Er hat sogar den Konsens in Rot-Weiß-Rot bemüht, und das hat in mir die Hoffnung aufkeimen lassen, die SPÖ sei lernfähig und sie werde diesem Privatisierungsgesetz dann vielleicht doch die Zustimmung erteilen.

Doch die Hoffnung war trügerisch und nur von kurzer Dauer. Denn schon im zweiten Satz hat Präsident Verzetnitsch wider besseres Wissen diesem Konsens in Rot-Weiß-Rot eine Absage erteilt. (Abg. Dr. Keppelmüller: Ein Dissens in Schwarz-Blau!) Herr Dr. Keppelmüller! Dabei war die Analyse, die Herr Präsident Verzetnitsch hier angestellt hat, durchaus richtig, konsensfähig und gut. Er hat gesagt, es gehe um das Vermögen der Österreicherinnen und Österreicher – Klammer auf: mit einem Rucksack voll mit Schulden in der Höhe von 80 Milliarden Schilling. – Richtig! Es geht um das Vermögen der Österreicher. Es geht um die industriepolitische Zukunft Österreichs. – Richtig! Ich ergänze sogar: Es geht um eine erfolgreiche industriepolitische Zukunft Österreichs. Es geht auch um viele, vor allem klein- und mittelständisch strukturierte Zulieferbetriebe. – Richtig, Herr Präsident Verzetnitsch! Es geht auch – wobei mir der Unterton nicht so ganz gefallen hat – um etwa 5 Prozent der österreichischen Beschäftigten, also um rund 150 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. – So weit, so gut.

Der Schluss, den Sie aus Ihrer an sich richtigen Analyse gezogen haben, Herr Präsident Verzetnitsch, ist absolut falsch: Es soll alles beim Alten bleiben, nur nichts anrühren! Die Verstaatliche als solche soll erhalten bleiben. Dieser Schluss, den Sie und Ihre nachfolgenden


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19. Sitzung / Seite 166

Redner von der Sozialdemokratie hier gezogen haben, ist genauso grundsätzlich falsch wie die Verstaatlichtenpolitik der Sozialdemokraten der siebziger und achtziger Jahre. (Abg. Dr. Keppelmüller: Wann sind Sie heute gekommen?)

Herr Präsident Verzetnitsch! Hätten Sie und die SPÖ schon damals diese Analyse angestellt und die richtigen Schlüsse daraus gezogen, dann wäre es möglich gewesen, 20 000 Arbeitsplätze in der Industrie zu erhalten, dann wäre es nicht so gekommen, dass der österreichische Steuerzahler mehr als 100 Milliarden Schilling für das Verstaatlichtendesaster, für das im Wesentlichen Sie von der Sozialdemokratie die Verantwortung tragen, bezahlen muss. (Abg. Schwemlein: Hast du von der weltweiten Stahlkrise gehört? Hast du von der weltweiten Stahlkrise gehört?) – Lieber Schwemlein, Herr Oberlehrer! Bitte misch dich nicht in die Industriepolitik ein, mache deine Tätigkeit als Oberlehrer, aber nicht hier in diesem Hohen Haus! (Abg. Dr. Keppelmüller: Schweitzer ist auch Lehrer! Das ist eine Berufsdiskriminierung!)

Auch wenn Sie es nicht gerne hören wollen, meine Damen und Herren von der SPÖ: Für das Verstaatlichtendesaster tragen Sie die Verantwortung, und es ist bedauerlich, dass Sie aus diesem Desaster, aus dieser Geschichte nichts gelernt haben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Mit einem guten Stück von Wohlwollen habe ich Verständnis für die Erregung in der SPÖ. Es ist doch so – seien wir ehrlich! –: Sie haben jahrelang, ja jahrzehntelang die verstaatlichte Industrie als Ihr quasi persönliches Eigentum und die Beschäftigten, die tüchtigen Mitarbeiter in diesen Betrieben als Ihr quasi strategisches und nützliches Wählerpotential betrachtet, mit dem Sie immer wieder versucht haben, politisch entsprechende Mehrheiten zu erreichen.

Wenn man Ihnen nun diese politische Spielwiese wegnimmt, dann trifft Sie dies genauso hart wie der Machtverlust dadurch, dass Sie aus der Bundesregierung gefallen sind. Meine Damen und Herren! Daher ist Ihre Argumentation, die Sie heute hier im Zusammenhang mit diesem Gesetzentwurf immer wieder vorbringen, unglaubwürdig und unsachlich.

Meine Damen und Herren! Sie sollten zur Kenntnis nehmen, es gibt eine Vielzahl von Gründen, warum es zu diesen Privatisierungen kommen soll. Es gibt viele Experten, die sagen, der Staat als Unternehmer habe ausgedient. (Abg. Gradwohl: So viele sind das nicht!) Das ist ein Trend, der nicht nur in Österreich zu sehen ist, sondern der international ist. Ich gestehe schon zu, dass nicht jeder private Unternehmer ein guter Unternehmer sein muss, aber die Mehrzahl der privaten Unternehmer, die eigenes Kapital riskieren, sind in der Lage, besser zu wirtschaften. Das heißt, der Unternehmer Staat hat im weitesten Bereich ausgedient.

Meine Damen und Herren! Es ist als Zweites durchaus betriebswirtschaftlich, aber auch volkswirtschaftlich sinnvoll, wenn durch Verkauf oder Privatisierung bestehende Schulden abgedeckt werden. Es ist nur ein erster Schritt, eine Einmalmaßnahme, aber mit einer nachhaltigen Wirkung, weil man damit den Zinsendienst herabdrücken, die Kapitalisierungskosten senken und dadurch mehr finanzielle Mobilität erreichen kann.

Zum Dritten könnte der Kapitalmarkt, der in Österreich tatsächlich unterbelichtet ist, durch diese Privatisierung echt angekurbelt werden, und es könnten für die Bevölkerung entsprechend gute Maßnahmen gesetzt werden. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Darüber hinaus wäre es zum Vierten durch die Schaffung von neuen Beteiligungsformen vor allem für Mitarbeiter möglich, dass sie an ihren Unternehmen, am Kapital des Unternehmens selbst beteiligt wären und damit auch die Vorteile aus diesem Unternehmen entsprechend lukrieren könnten.

Meine Damen und Herren! Insgesamt werden durch diese Privatisierungen, die diese Bundesregierung intelligent, ohne Zeitdruck und frei von parteipolitischen und ideologischen Zwängen entwickelt, jene Rahmenbedingungen geschaffen, die es diesen Unternehmen ermöglichen, im rauen Klima der Globalisierung, in Zeiten, in denen es wirklich schwieriger geworden ist, erfolgreich zu wirtschaften – und zwar nicht nur zu überleben, sondern erfolgreich zu wirtschaften. Erfolgreich wirtschaften heißt erfolgreiche Unternehmen sichern, heißt bestehende Arbeitsplätze


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19. Sitzung / Seite 167

sichern, neue Arbeitsplätze schaffen, erhöhte Einkünfte, bessere Entlohnungen – kurz: mehr Wohlstand für alle Österreicher. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

19.35

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Ing. Gartlehner. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

19.35

Abgeordneter Ing. Kurt Gartlehner (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren! Herr Staatssekretär! Ich möchte zu Beginn folgenden Antrag einbringen:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Verzetnitsch, Gradwohl und GenossInnen zum Bericht des Industrieausschusses über die Regierungsvorlage (48 der Beilagen): Bundesgesetz über die Neuordnung der Rechtsverhältnisse der Österreichischen Industrieholding Aktiengesellschaft und der Post und Telekombeteiligungsverwaltungsgesellschaft (ÖIAG-Gesetz 2000) (77 der Beilagen)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzesentwurf wird wie folgt geändert:

§ 1 (2) wird angefügt:

Alle Anteile am Grundkapital der Gesellschaft sind dem Bund vorbehalten.

Begründung:

Die Abgabe von Anteilen vom ÖIAG-Grundkapital widerspricht dem Gedanken der Kernaktionärsfunktion der Gesellschaft.

*****

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Da wir heute dieses ÖIAG-Gesetz diskutieren und sehr kontroversiell, aber doch auf eindeutigen Schienen agiert wird, so kann ich nur sagen, aus unserer Sicht ist dieses Privatisierungsgesetz sehr wenig ambitioniert, was das Tempo, die Qualität und die Erträge, die wir aus dieser Privatisierung erhoffen, betrifft, denn mit 84 Milliarden Schilling an möglichen Erträgen aus diesen Gesellschaften ist diese Bundesregierung nicht wirklich optimistisch ans Werk gegangen.

Wesentlich ambitionierter jedoch ist man dabei vorgegangen, die Aufsichtsratspositionen, die politischen Funktionen und die politischen "Adern" dieser ÖIAG sozusagen zu kappen und Freunderlwirtschaft und Nepotismus, wie es heute schon treffend erwähnt wurde, wieder in diese politische Aktivität zu setzen. Ich werde später noch begründen, warum ich glaube, dass es durchaus so ist und der politische Proporz durch den persönlichen Proporz ersetzt wird.

Die Motive, warum man einen Stock-Holder ÖIAG nicht will, sind, so glaube ich, auch heute klar hervorgekommen. Mein Vorredner in der Debatte hat das ganz lieb und ehrlich dargelegt: Man will einfach, dass diese Gewerkschaften, die Betriebsräte und die arbeitnehmerorientierten Organisationen, die in diesen öffentlichen Betrieben natürlich besser organisiert sind als in Klein- und Mittelbetrieben – das ist schon richtig –, an Macht, an Einfluss verlieren. Man will, dass diese Kolleginnen und Kollegen die Industriepolitik, die Einkommenspolitik, die Beschäftigungspolitik in Österreich nicht mehr so beeinflussen können, wie das vielleicht in den letzten Jahren der Fall war und zum Wohlstand in Österreich geführt hat. Das ist im Wesentlichen das Ziel. Es ist klar, dahinter steht natürlich eine doch sehr emotionelle Ablehnung allen öffentlichen Eigentums, die in Ihrem Herzen quillt und in jedem Debattenbeitrag wieder zu erkennen gewesen ist. (Abg. Kampichler: Weil es vor allem negative Beispiele gegeben hat!)


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Ich glaube, lieber Freund, man spürt förmlich heraus, alles, was öffentliches Eigentum ist, ist schlecht, ist unkeusch, ist furchtbar grauslich. (Abg. Kampichler: Nicht alles, aber vieles! – Abg. Schwarzenberger: Aber "Konsum" auf jeden Fall!) Privat ist gut, öffentlich ist böse. Mich wundert, dass sich unsere Freunde von der österreichischen Agrargemeinschaft diesen Positionen anschließen.

Im Wesentlichen geht es darum, dass man den gesellschaftlichen Mittelbau dadurch in Österreich massiv reduzieren oder zerstören wird. Herr Präsident Prinzhorn hat heute schon die argentinischen Verhältnisse lobend erwähnt. Dort wurde "wirklich" erfolgreich privatisiert, es funktioniert halt nichts mehr dort, und der gesellschaftliche Mittelbau in Argentinien ist schon lange flöten gegangen. Es gibt ein wenig mehr Reiche, es gibt vor allen Dingen viel mehr arme Menschen.

Die Methoden, mit denen vorgegangen wird, wurden heute auch schon ausgeführt, bis hin zum unkorrekten Vorgehen des Finanzministers mit seinen "Trauzeugen" beziehungsweise jenen des Prinzhorn-Grasser-Clans. Diese erbonkelähnlichen Verhältnisse erinnern mich noch an andere Zeiten, es ist wirklich ganz eigenartig. Jedenfalls wird mit großer ideologischer Rücksichtslosigkeit vorgegangen.

Daher machen wir uns auch Sorgen, dass diese Aktivitäten betreffend die Privatisierung im ÖIAG-Bereich nicht erfolgreich über die Bühne gehen werden. Ich glaube daher, dass es notwendig sein wird, darauf zu achten, dass diese Bundesregierung oder diese "Privatisierungsmenschen" nicht einen Selbstbedienungsladen aus der ÖIAG machen. (Zwischenruf des Abg. Mag. Firlinger. )

Ich meine, es muss große Aufmerksamkeit darauf gelegt werden, dass man nicht sogar im Scientology-Bereich großartige Kapitalvermehrung aus österreichischem Staatsvermögen rekrutieren wird. (Abg. Aumayr: Das ist ein Blödsinn!) – Das ist leider kein Blödsinn. (Beifall bei der SPÖ.)

19.40

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Der Abänderungsantrag der Abgeordneten Verzetnitsch, Gradwohl und GenossInnen ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Als nächster Redner zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Kampichler. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

19.41

Abgeordneter Franz Kampichler (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die ÖIAG-Gesetzesänderung, das ÖIAG-Gesetz 2000, sieht vor, dass unmittelbar im Eigentum des Bundes stehende Wirtschaftsunternehmen mehrheitlich oder zur Gänze privatisiert werden. Die ÖIAG wird die notwendigen Privatisierungen durchführen, und die Erlöse werden vorrangig für die Tilgung der Altschulden verwendet. Der Steuerzahler, meine sehr verehrten Damen und Herren, der derzeit für diese hohen Schulden haftet, wird damit aus seiner Haftung entlassen. Meine Vorredner haben bereits sehr ausführlich darauf hingewiesen.

Ich möchte nur dazu feststellen, dass ich diese Schritte sehr begrüße, denn die Privatisierungen, die ich in den letzten Jahren mitverfolgen konnte, sind sehr erfolgreich verlaufen. Ich kenne Beispiele aus meinem Bezirk. Ternitz wird Ihnen ein Begriff sein. Wir hatten eine verstaatlichte Industrie, die zwar sehr viele Menschen beschäftigt hat, aber leider Gottes sehr defizitär war. Mittlerweile sind diese Betriebe erfolgreich privatisiert. Es sind heute leider Gottes weniger Leute beschäftigt, aber die Betriebe schreiben schwarze Zahlen.

Einige Betriebe, meine sehr verehrten Damen und Herren, wurden sogar von den ehemaligen Mitarbeitern übernommen. Diese Betriebe behaupten sich sehr erfolgreich auf dem schwieriger gewordenen Weltmarkt. – Das heißt, Mitarbeiterbeteiligung ist erfreulicherweise auch bei dieser Privatisierungswelle ausdrücklich gewünscht.


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Beteiligungsmodelle, meine sehr verehrten Damen und Herren – auch darauf wurde heute schon hingewiesen –, sind meist sehr erfolgreich. Mitarbeiter, die auch Teilhaber ihres Betriebes sind, gehen verantwortungsvoller vor. Sie identifizieren sich stärker mit ihrem Betrieb, und sie denken leistungsorientierter. Ein positives Beispiel der letzten Jahre war zum Beispiel die EVN in Niederösterreich: 44 Prozent der Mitarbeiter der EVN haben sich bei dieser Privatisierungswelle an ihrem Unternehmen beteiligt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit der heutigen Beschlussfassung sorgen wir auch vor, dass die Verkaufserlöse optimiert werden. Der Herr Staatssekretär hat erfreulicherweise gerade sehr deutlich erklärt, welcher Vorgang zu wählen ist. Die Entscheidung über den Zeitpunkt und über das Ausmaß der Privatisierung liegt einzig und allein im Ermessen der Organe der ÖIAG. (Abg. Verzetnitsch: Und der Ministerratsbeschluss nicht mehr?)

Ein mehrjähriges Privatisierungsprogramm ist vorgesehen. (Abg. Verzetnitsch: Den gibt es ja!) – Herr Präsident! Ich habe das nur den Unterlagen, den Ausschussberichten entnommen, und für mich war das ein sehr wichtiger Punkt, weil es die Befürchtungen widerlegt, die von Rednern Ihrer Fraktion geäußert worden sind, dass schnell oder vorschnell verkauft werde. – Ich glaube, dass ein sehr guter Weg gewählt worden ist. Es liegt einfach am Geschick der Manager, die entsprechenden Verkaufserlöse zu erzielen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, dass wir mit diesen wesentlichen Schritten sehr erfolgreich vor allem Arbeitsplätze in Österreich sichern. Was die Erlöse anlangt, erleben wir vielleicht angenehme Überraschungen. Reden wir dann darüber, wenn die Privatisierungswelle abgeschlossen ist! – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

19.45

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Firlinger. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 7 Minuten. – Bitte.

19.45

Abgeordneter Mag. Reinhard Firlinger (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Die heutige Debatte über das Privatisierungsgesetz brachte die ideologischen Bruchlinien wieder einmal recht deutlich zu Tage. Das war eine ganz klare Erkenntnis, und ich freue mich, dass auch von sozialdemokratischer Seite zugestimmt wird. Es wäre auch töricht, das zu leugnen, meine Damen und Herren!

Die Position der Sozialdemokraten ist völlig klar. Dort ist Privatisierung generell ein Tabuthema. Sagen wir ganz offen, wie es ist! Reden wir nicht lange herum! Privatisierung wird nicht gewünscht, weil – das war eindrucksvoll aus den Debattenbeiträgen zu erkennen – Privatisierung mit Sozialabbau, Beschäftigungsabbau, dem Verlust österreichischer Identität und so weiter gleichgesetzt wird.

Nur, meine Damen und Herren, sei an Ihre Adresse gerichtet: Sie haben anscheinend überhaupt keine erfolgreichen Beispiele auf der Welt studiert. Das interessiert Sie nicht, denn sonst würden Sie nicht zu solchen hanebüchenen Aussagen kommen. Sie setzen auch – das ist etwas, was mich sehr stört – Industriepolitik in Österreich gleich mit der Industriepolitik verstaatlichter Betriebe. Sie kennen keine Industriepolitik allgemein, das heißt das Schaffen günstiger industriepolitischer Voraussetzungen, das ist für Sie kein Thema. Sie verstehen unter Industriepolitik ÖIAG-Politik, Betriebsratskaiserpolitik – all das, was wir zum Leidwesen der österreichischen Steuerzahler zehn Jahre lang hatten und bei dem die Republik ordentlich "geblecht" hat, meine Damen und Herren! Sie haben all das anscheinend vergessen.

Sie machen auch keine Blicke in die Zukunft, meine Damen und Herren, wenn Sie heute immer wieder sagen, eine Privatisierung komme nicht in Frage, auch wenn Sie gelegentlich einräumen, eine kleine, moderate Privatisierung, ein Abverkauf in 5-Prozent-Paketen könnten wir uns schon vorstellen, aber ... (Abg. Gradwohl: Da waren Sie entweder nicht da oder ... !) – Nein, ich war schon da. Ich habe auch bei allen Ausschussbesprechungen sehr intensiv zugehört und mich aktiv in die Debatte eingebracht, Herr Kollege!


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Aber Sie gehen blinden Auges durch die Industriewelt. Es wurde heute wiederholt Donawitz, Stahlbetriebe angesprochen. Da müssen wir unseren Einflussbereich auf Gedeih und Verderb verteidigen, da fährt die Eisenbahn drüber, das gehört uns. – Diesen Eindruck haben Sie immer wieder vermittelt. Ich werde Ihnen sagen, meine Damen und Herren, was passiert, wenn auch in diesem Bereich nicht weiter und nicht zusätzlich und international und breit gestreut über die Börse privatisiert wird: Sie werden dort ein zweites Mal die Überfuhr verpassen. Gehen Sie bitte nur in die Medien, schauen Sie sich an, was sich international tut!

500 Kilometer von hier, vielleicht 600 Kilometer, in der Ostslowakei, entsteht ein neuer Stahlgigant. Ich nehme an, Herr Kollege Verzetnitsch, Sie werden das schon gehört oder gelesen haben oder auch nicht. Es kann auch sein, dass Sie all das nicht interessiert. (Abg. Silhavy: Das ist eine Unterstellung!)

Dort, Frau Kollegin, entsteht ein neuer Gigant. Dort gab es eine Staatswirtschaft in bewährter Ostblockmanier, die abgewirtschaftet hat. Dort, 500 Kilometer östlich von Wien, steigt der Stahlgigant US-Steel ein, wird Milliardenbeträge investieren und das modernste Stahlwerk Europas einrichten. Von dort wird es Zulieferungen nach Europa geben. Wenn nicht mit internationalem Kapital und auch mit nationalem Privatkapital in Österreich gleichgerichtet investiert wird, dann werden wir einfach die Überfuhr verpassen. Ich weiß nicht, warum all das so kompliziert ist, dass das nicht in Ihre Hirne hinein will. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Aber das ist eben die ideologische Barriere, die Sie haben. Sie sind in der Frage der Verstaatlichtenpolitik und in der Frage der Privatisierung seit zehn Jahren mit angezogenen Bleipatscherln unterwegs – das ist eine nackte Tatsache –, und der Oberbremsklotz der letzten Bundesregierung – schade, dass er jetzt nicht da ist – war Bundesminister Edlinger.

Der hat abzudrehen versucht, was es abzudrehen gab, und unter dessen Federführung ist auch ein Vertrag zustande gekommen, der die Telekom AG betrifft. Es ist schwierig, dort einen zweiten strategischen Investor auf die Beine zu stellen, doch es ist machbar. Aber dieser Finanzminister Edlinger ist maßgeblich dafür verantwortlich, dass es einen meines Erachtens unseligen Syndikatsvertrag gibt, abgeschlossen zwischen den Vertretern der ÖIAG und der italienischen Beteiligungsholding, der Holding der italienischen Telecom. (Abg. Parnigoni: Weißt du, wer den Vertrag verhandelt hat? – Das war der ehemalige Staatssekretär Ditz!) Und wer war der Drahtzieher des Ganzen, meine Damen und Herren, wer war der Agent, der für die Italiener sozusagen die Tür geöffnet hat, Herr Kollege Parnigoni? (Abg. Parnigoni: Ditz hat den Vertrag gemacht!)  – Es war Herr Mag. Karl Krammer, seines Zeichens Berater von Ex-Kanzler Vranitzky.

Das sind Tatsachen, die Sie nicht leugnen können, und ich werde nicht müde werden, das auch immer wieder zu betonen, meine Damen und Herren. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Hier wurde – und da manifestiert sich die sozialistische Verhinderungspolitik – ein Vertrag abgeschlossen, der bewirkt, dass es eben in Zukunft schwierig ist zu privatisieren. Man braucht kein großer Insider zu sein, Herr Kollege Parnigoni, um da ein paar elementare und wichtige Zusammenhänge zu erkennen, man braucht nur mit offenen Augen und Ohren durch Österreich zu gehen. Da wird einem dann alles klar, meine Damen und Herren.

Mit dieser Politik, mit dieser Verhinderungspolitik, mit dem Gegenteil von Innovation, mit dem Gegenteil von Wirtschaftsförderung muss endgültig aufgeräumt werden. Mit diesem Gesetz setzen wir als Vertreter der Regierungsparteien einen wichtigen Schritt in die richtige Richtung – er hätte nur fünf Jahre früher kommen müssen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)


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19.53

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Parnigoni zu Wort gemeldet. Sie kennen die Bestimmungen der Geschäftsordnung, Herr Abgeordneter. – Bitte.

19.53

Abgeordneter Rudolf Parnigoni (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Mein Vorredner hat behauptet, dass ein Herr Karl Krammer den Syndikatsvertrag mit der Telekom Austria und den Italienern verhandelt und unterschrieben hätte.

Ich stelle richtig, dass das nicht stimmt, sondern dass diesen Syndikatsvertrag mit der Telekom Austria und den italienischen Partnern der Aufsichtsratsvorsitzende der Telekom Austria, der ehemalige Staatssekretär Ditz, verhandelt und unterschrieben hat. – Danke. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Ofner: Du hast etwas dementiert, was nicht gesagt worden ist! Das hat dein Vorredner nicht gesagt!)

19.53

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner hat sich Herr Abgeordneter Prinz zu Wort gemeldet. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

19.54

Abgeordneter Nikolaus Prinz (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Im öffentlichen Hearing vom 13. April wurde von den Experten mit überwältigender Mehrheit eindeutig zum Ausdruck gebracht, dass der Staat im Regelfall ein weniger erfolgreicher Unternehmer ist als Private. (Abg. Gradwohl: Von welchem Hearing reden Sie?) Der Staat sollte sich grundsätzlich aus Unternehmungen zurückziehen. Beispiele aus der Vergangenheit gibt es hier genug. Das gilt vor allem dann, wenn sich der Staat zu viel einmischt und dieser staatliche Einfluss möglicherweise noch relativ stark unter der Dominanz der SPÖ zu leiden hat. Denken wir etwa an die "Konsum"-Pleite.

Die derzeit laufende Diskussion um den Schuldenstand der SPÖ – denken wir an den heutigen Vormittag – ist möglicherweise ein weiteres Qualitätskriterium der Unternehmerqualitäten dieser Organisation. Haben Sie wirklich so viel Angst, meine Damen und Herren von der SPÖ, dass Sie Ihren Einfluss verlieren, dass Sie immer noch so tun, als wären die Unternehmen der ÖIAG Eigentum der SPÖ? (Abg. Gradwohl: Haben Sie wirklich so wenig Ahnung von den Dingen?) Hören Sie endlich auf, Ihr parteipolitisches Interesse vor wirtschaftspolitische Interessen zu stellen! Denken Sie, meine Damen und Herren, in diesem Bereich, mit Verlaub gesagt, auch einmal an die Arbeitnehmer! (Beifall bei der ÖVP.)

Vielleicht sollten Sie sich vielmehr jährlich den OECD-Bericht anschauen. Was sagt der OECD-Bericht zu der Verstaatlichten in Österreich? – Schleppende Privatisierung, generell zu hoher Staatseinfluss, zu viele staatliche Regulierungen. Das sagt der OECD-Bericht.

Wäre die Kursentwicklung der ÖIAG nicht durch staatliche Beteiligung gebremst worden, hätten sicherlich die Altschulden von 80 Milliarden Schilling bereits abgebaut werden können und weitere Erlöse wären für die Sanierung des Staatshaushaltes übrig geblieben.

Wie unverantwortlich die SPÖ hier agiert, das schreit eigentlich zum Himmel. Den Leuten vorzugaukeln, mit der Privatisierung kämen Unternehmer und Investoren aus dem Ausland, die nur im Sinn hätten, die Zahl der Arbeitskräfte in Österreich abzubauen, das ist, glaube ich, wirklich infam und eine Beleidigung für die Investoren. Denken wir an die vielen positiven Beispiele: Siemens, Opel, BMW in Steyr und so weiter. (Abg. Dietachmayr: Wer hat sich denn gewehrt gegen die BMW-Investoren!?)

Meine Damen und Herren! Ich glaube, die Rahmenbedingungen sind entscheidend, ob in Arbeitsplätze investiert wird oder nicht, egal, ob inländische oder ausländische Investoren. Und wenn Sie noch so laut rufen, werden Ihre Argumente nicht besser. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Weiterer Zwischenruf des Abg. Dietachmayr. )

Österreich ist beileibe nicht alleine – Herr Dietachmayr, ruhig, ruhig Blut; das tut in Ihrem Alter nicht gut, sich so aufzuregen (Abg. Dr. Keppelmüller: Ja, sei schön ruhig!)  –, Österreich ist beileibe nicht alleine mit dem Bedarf zu privatisieren. Italien hat im Vorjahr 263 Milliarden Schilling erlöst, Frankreichs Regierung setzt voll auf Privatisierung. (Abg. Dr. Keppelmüller: Aber vernünftig privatisieren! – Abg. Silhavy: Aber privatisieren mit Hirn, Herr Kollege!)


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Meine Damen und Herren! In diesem Fall könnte man sogar meinen, wir sollten unseren Blick in Richtung Westen richten, auch wenn während der letzten Monate vielleicht einige Mitglieder dieses Hohen Hauses ihre Augen zu stark nach außen gerichtet haben. Eine klare Distanzierung der SPÖ und der Grünen von den EU-Sanktionen würde dem Wirtschaftsstandort Österreich sicherlich nicht schaden. Die SPÖ hat sich bis heute nicht distanziert. Oder entsprechen vielleicht die ausgerufenen Sanktionen der Werteskala der Sozialistischen Internationale, deren Stellvertreter ja offensichtlich Herr Gusenbauer ist? Gestatten Sie mir dazu festzustellen: Es kann Herr Gusenbauer durchaus weitermachen mit seinem Anti-Österreich-Kurs. Ausgestattet mit dem roten Köfferchen ist er wirklich ein wahrer Sympathieträger.

Einen letzten Satz noch: Wir werden nicht dazukommen, uns das in einer halben Stunde beginnende Fußballspiel Österreich gegen Kroatien anzusehen, aber erlauben Sie mir einen Vergleich: Persönlich bin ich überzeugt davon, dass Herr Gusenbauer und seine Organisation im Alleingang über den linken Spielfeldrand hinausdribbeln werden, während die Regierungsparteien dafür sorgen werden, dass Österreich weiter in der wirtschaftlichen Champions League mitspielen kann. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

19.58

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Fischl. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 7 Minuten. – Bitte. (Zwischenrufe bei der SPÖ. – Abg. Fischl  – auf dem Weg zum Rednerpult –: Wie könnte es anders sein, Herr Kollege Gradwohl?)

19.58

Abgeordneter Harald Fischl (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Sehr verehrte Damen und Herren! Ich habe sozusagen das Privileg, am Schluss dieser Debatte zu sprechen, und ich möchte diese Gelegenheit zum Anlass nehmen, noch einmal auf den Erstredner in dieser Debatte, nämlich auf die Ausführungen von Kollegen Präsidenten Verzetnitsch, einzugehen.

Herr Präsident! Sie haben für mich zwei bemerkenswerte Sätze gesagt. Der erste für mich so bemerkenswerte Satz war, dass Sie gemeint haben, man sollte zu einem rot-weiß-roten Konsens oder Schulterschluss kommen im Sinne der verstaatlichten Industrie, vor allem auch dann, wenn es um das Bewahren des Staatsvermögens geht.

Herr Kollege Präsident Verzetnitsch! Ich muss Ihnen sagen: Ich bin mit einigen Unterbrechungen jetzt bald zehn Jahre Mitglied dieses Hohen Hauses. Ich habe zehn Jahre direkt und indirekt miterlebt, wie Sie Volksvermögen bewahrt haben. Einen Schulterschluss mit Ihnen, mit Ihrer Doktrin und mit Ihrer Ideologie – Planwirtschaft statt Marktwirtschaft –, den wird es, das kann ich Ihnen von dieser Stelle aus garantieren, mit uns mit Sicherheit nicht geben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Und ich sage Ihnen auch, warum, Herr Kollege: Jemand, der politisch mitverantwortlich dafür war, dass in den letzten Jahrzehnten etwa 100 000 Arbeitsplätze in der verstaatlichten Industrie verloren gegangen sind, dass diese verstaatlichte Industrie mit etwa bis zu 120 Milliarden Schilling Staatsvermögen an Sanierungsbeiträgen gestützt werden musste beziehungsweise noch gestützt werden muss, jemand, der vor etwa drei Jahrzehnten die Regierung in diesem Land übernommen hat, das damals fast schuldenfrei war, und uns heute 1 700 Milliarden Staatsschulden hinterlassen hat, Staatsschulden, die dazu führen, dass wir heute aufgefordert sind zu konsolidieren, der kann von uns keinen Schulterschluss verlangen, Herr Kollege! (Abg. Sil


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havy: Wir haben auch keinen Schulterschluss mit Ihnen verlangt!) Das ist unmöglich! Das wäre krank, und wir wollen das auch nicht! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Gradwohl: Wir auch nicht!)

Der zweite für mich so bemerkenswerte Satz war, dass Sie in Bezugnahme auf die Ausführungen von Finanzminister Grasser gemeint haben, Reden sei das eine und die Wirklichkeit Bestimmen sei das andere. Herr Kollege Präsident Verzetnitsch! Sie haben schon Recht, aber ich möchte auf die Wirklichkeiten eingehen, die Sie geschaffen haben. Dazu gehört nicht nur ein Finanzdebakel, nicht nur ein monetäres Desaster, das wir heute vorfinden, nicht nur die Tatsache, dass wir auf Kosten der nächsten Generationen Raubbau betrieben haben, und zwar staatlichen Raubbau, monetären Raubbau, nicht nur, dass wir mit dieser Politik der Jugend, der kommenden Generation ein Stück Zukunft genommen haben, eine bessere Zukunft (Abg. Silhavy: In welchem Staat leben Sie, Herr Kollege? Sind Sie ein Ausländer?), sondern dazu kommt auch, dass wir in unserem Land fast die höchste Steuerkopfquote vorfinden, wenn man sie mit anderen Ländern in Europa vergleicht, dass wir eine Zunahme der Verschuldung hinnehmen müssen, die höher ist, als es die Maastricht-Kriterien erlauben, dass Ihr Kollege Edlinger von der EU gerügt wurde, darauf zu achten, dass man die Maastricht-Kriterien im Budget zu erfüllen hätte. (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Silhavy. )

Es ist nicht nur so, dass Kollege Klima die Wirklichkeit geschaffen hat, dass er ständig neue Versprechungen abgab, die da lauteten: Wir werden für den Arbeiter kämpfen, wir werden die Arbeit und Arbeitsplätze sichern!, nicht nur, dass man beispielsweise bei der Telekom, also Post, gesagt hat, man möchte garantieren, dass kein Arbeitsplatz verschwinden wird, während im gleichen Atemzug etwa 12 000 Arbeitsplätze wegrationalisiert wurden, sondern Sie sind auch für die Wirklichkeit verantwortlich, dass mit dem "Konsum" eine der größten Wirtschaftspleiten dieses Jahrhunderts – ich glaube, überhaupt in der Geschichte Österreichs – vollzogen wurde, wodurch etwa 17 000 Dienstnehmer im "Konsum" sozusagen ihre Arbeit verloren haben und der Staat noch mit ungefähr 20 bis 27 Milliarden Schilling geschädigt wurde. – Das, Herr Kollege Verzetnitsch, sind Ihre Wirklichkeiten!

Und jetzt sage ich Ihnen, wie unsere Wirklichkeiten ausschauen: sparen, konsolidieren, das Interesse des Bürgers wirklich vertreten, Grundlagen schaffen, damit Arbeitsplätze nachhaltig gesichert werden, eine moderne Industriepolitik, die den heutigen Marktmechanismen entsprechen kann, und keine planwirtschaftliche Industriepolitik, bei der es darum geht, dass die Politik permanenten Einfluss nimmt, bei der es darum geht, sich vielleicht irgendwo Wähler zu züchten und immer nur mit Klassenkampftheorien zu agieren.

Herr Kollege Verzetnitsch! Unsere Realitäten werden heißen: eine moderne Industriepolitik, weniger politische Einflussnahme, mehr Flexibilität, höhere Steuereffizienz und sichere Arbeitsplätze. Dafür treten wir ein, und ich bin glücklich und stolz darauf, dass ich heute als letzter Redner vor der Abstimmung dieses so wichtigen Gesetzes hier sprechen durfte.

Zum Schluss bringe ich noch folgenden Antrag ein:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dipl.-Ing. Prinzhorn, Dr. Stummvoll und Kollegen zur Regierungsvorlage eines Bundesgesetzes über die Änderung des Bundesgesetzes über die Einbringung der Österreichischen Postsparkasse in eine Aktiengesellschaft, des Postsparkassengesetzes 1969, des Bankwesengesetzes und des Bundesgesetzes über die Errichtung des Staatsschuldenausschusses (49 der Beilagen) in der Fassung des Ausschussberichtes (78 der Beilagen)

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die im Titel genannte Regierungsvorlage in der Fassung des Ausschussberichtes wird wie folgt geändert:

1. Im Artikel I entfällt die Z 2.

2. Im Artikel II entfällt die Z 21.

3. Im Artikel III entfällt die Z 4.

4. Im Artikel IV entfällt die Z 4.

Begründung:

Auf Grund des vorgesehenen parlamentarischen Terminplanes ist mit einer Kundgebung des vorliegenden Gesetzes im Bundesgesetzblatt vor dem 1. Mai 2000 nicht mehr zu rechnen. Ein rückwirkendes In-Kraft-Treten ist vor allem für die vorgesehenen Änderungen des Bankwesen


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gesetzes problematisch, da dies zu einer rückwirkenden Verletzung von bankwesengesetzlichen Bestimmungen durch Kreditinstitute und verschuldensunabhängigen Konsequenzen (Pönalvorschreibungen durch die Bankenaufsicht) führen würde.

Da auf Grund des inneren Zusammenhanges sämtliche Novellen, insbesondere die Novelle zum Postsparkassengesetz 1969 und zum Bankwesengesetz, zum gleichen Zeitpunkt in Kraft treten sollten, ist durch den Entfall der In-Kraft-Tretens-Bestimmungen nunmehr für alle Bestimmungen gemäß Artikel 49 Bundes-Verfassungsgesetz ein In-Kraft-Treten mit Ablauf des Tages, an dem das Bundesgesetzblatt herausgegeben und versendet wird, vorgesehen.

*****

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

20.05

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Der Abänderungsantrag der Abgeordneten Stummvoll und Genossen ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Ein weiteres Mal zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Verzetnitsch. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 10 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

20.05

Abgeordneter Friedrich Verzetnitsch (SPÖ): Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es tut mir Leid, dass ich meinen Vorredner enttäuschen muss: Er ist nicht der letzte Redner, ich darf noch einmal das Wort ergreifen.

Es sind, glaube ich, die Ideologieunterschiede, die hier bestehen, klar und deutlich geworden. Wenn schon die OECD zitiert wird, so kann das jeder von uns zitieren. Ich kann auch aus einem OECD-Bericht zitieren, und zwar aus demselben Bericht, den Sie heute zitiert haben, worin den Gewerkschaften für Österreich attestiert wird, dass sie ein wirtschaftspolitisches Verständnis haben, das anderswo gesucht wird. (Beifall bei der SPÖ.) Also wie schaut es denn aus mit der Ideologie, meine sehr geehrten Damen und Herren? (Präsident Dr. Fasslabend übernimmt wieder den Vorsitz.)

Und es war bemerkbar: Die Betriebsräte, die Mitbestimmung sind Ihnen ein Dorn im Auge. Sie vergessen ganz, dass das Arbeitsverfassungsgesetz für jeden privatisierten Betrieb, der ja dann erfolgreich sein wird, genauso gilt. Sie können sich also der Mitbestimmung nicht entledigen. Ihre Betriebsräte können Sie sich nicht aussuchen, die werden noch immer von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gewählt. Und die letzten Wahlen in der verstaatlichten Industrie haben sehr klar und deutlich gezeigt, auf welche Linie die Leute gehen. (Beifall bei der SPÖ.)

Für Sie – und das ist ebenfalls klar erkenntlich geworden – ist eine heute erfolgreiche Stahlindustrie nur deswegen schlecht, weil sie noch immer einen Kernaktionär Staat hat. Wir sind weit entfernt vom Schwarzweißmalen, aber wogegen wir uns immer wieder wenden und was Sie anscheinend immer wieder übersehen: Hier haben wir einen Ministerratsvorschlag, einen Beschluss, der besagt: In drei Jahren ist zu privatisieren! Es heißt nicht, wir haben Zeit, sondern "es ist zu privatisieren", und es heißt nicht, wir müssen das günstigste Angebot abwarten, nein: Es ist zu privatisieren!

Und das ist der Unterschied: Wir wollen Industriepolitik, Sie wollen privatisieren auf Teufel komm raus. Wir wollen mit Hirn privatisieren, Sie wollen auf Teufel komm raus privatisieren. Das ist der Unterschied, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

20.07

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.


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19. Sitzung / Seite 175

Zuerst kommen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ÖIAG-Gesetz 2000 in 77 der Beilagen.

Dazu haben die Abgeordneten Verzetnitsch und Genossen mehrere Abänderungsanträge eingebracht.

Ferner liegen zwei Verlangen auf namentliche Abstimmung vor.

Ich werde zunächst über die von den erwähnten Abänderungsanträgen beziehungsweise den Verlangen auf namentliche Abstimmung betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Verzetnitsch und Genossen haben einen Abänderungsantrag eingebracht, der sich auf Artikel I § 1 Abs. 2 bezieht.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Ich lasse sogleich über Artikel I § 1 Abs. 2 in der Fassung des Ausschussberichtes abstimmen.

Wer dafür eintritt, den ersuche ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Ein Abänderungsantrag der Abgeordneten Verzetnitsch und Genossen bezieht sich auf Artikel I § 3 Abs. 3.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Ich lasse sogleich über diesen Teil des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschussberichtes abstimmen.

Jene Damen und Herren, die sich hiefür aussprechen, ersuche ich um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Die Abgeordneten Verzetnitsch und Genossen haben einen Abänderungsantrag betreffend Artikel I § 4 Abs. 1 eingebracht.

Wer dafür stimmt, den ersuche ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Wir kommen nunmehr zur Abstimmung über Artikel I § 4 Abs. 1 in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Ein Abänderungsantrag der Abgeordneten Verzetnitsch und Genossen bezieht sich auf Artikel I § 5 Abs. 1.

Es ist namentliche Abstimmung verlangt worden.

Da dieses Verlangen von 20 Abgeordneten gestellt wurde, ist die namentliche Abstimmung durchzuführen, und ich gehe daher so vor.

Stimmzettel, die zu benützen sind, befinden sich in den Laden und tragen den Namen des Abgeordneten sowie die Bezeichnung "Ja" – das sind die grauen Stimmzettel – beziehungsweise "Nein" – das sind die rosafarbenen. Für die Abstimmung können ausschließlich diese amtlichen Stimmzettel verwendet werden.


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19. Sitzung / Seite 176

Gemäß der Geschäftsordnung werden die Abgeordneten namentlich aufgerufen, den Stimmzettel in die bereitgestellte Urne zu werfen.

Ich ersuche jene Abgeordneten, die für den Abänderungsantrag der Abgeordneten Verzetnitsch und Genossen stimmen, "Ja" -Stimmzettel, jene, die dagegen stimmen, "Nein " -Stimmzettel in die Urne zu werfen.

Ich bitte nunmehr die Frau Schriftführerin, Abgeordnete Parfuss, mit dem Namensaufruf zu beginnen; Frau Abgeordnete Reitsamer wird sie später dabei ablösen.

(Über Namensaufruf durch die Schriftführerinnen Parfuss und Reitsamer werfen die Abgeordneten die Stimmzettel in die Urne.)

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Die Stimmabgabe ist beendet, wenn alle eingeworfen haben, die aufgerufen worden sind. Das dürfte der Fall sein.

Die damit beauftragten Bediensteten des Hauses werden nunmehr unter Aufsicht der Schriftführer die Stimmenzählung vornehmen.

Die Sitzung wird zu diesem Zweck für einige Minuten unterbrochen.

(Die zuständigen Beamten nehmen die Stimmenzählung vor. – Die Sitzung wird um 20.19 Uhr unterbrochen und um 20.25 Uhr wieder aufgenommen. )

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf und gebe das Abstimmungsergebnis bekannt.

Abgegebene Stimmen: 172, davon "Ja" -Stimmen 73, "Nein" -Stimmen 99.

Der Abänderungsantrag der Abgeordneten Verzetnitsch und Genossen betreffend Artikel I § 5 Abs. 1 ist somit abgelehnt.

Gemäß § 66 Abs. 8 der Geschäftsordnung werden die Namen der Abgeordneten unter Angabe ihres Abstimmungsverhaltens in das Stenographische Protokoll aufgenommen.

Mit "Ja" stimmten die Abgeordneten:

Antoni;

Bauer Sophie, Brix, Brosz, Bures;

Cap;

Dietachmayr, Dobnigg;

Eder Kurt, Edler Josef, Edlinger, Einem;

Faul, Fischer;

Gaál, Gartlehner, Gaßner, Glawischnig, Grabner, Gradwohl, Grünewald;

Hagenhofer, Haidlmayr, Heindl, Heinisch-Hosek, Heinzl, Huber;

Jarolim;

Kaipel, Keppelmüller, Kiermaier, Kogler, Kostelka, Kräuter, Kubitschek, Kummerer, Kuntzl;

Lackner, Leikam, Lichtenberger, Lunacek;

Maier, Muttonen;


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
19. Sitzung / Seite 177

Niederwieser;

Oberhaidinger, Öllinger;

Parfuss, Parnigoni, Pendl, Petrovic, Pfeffer, Pilz, Pirklhuber, Pittermann, Plank, Posch, Prammer;

Rada, Reheis, Reitsamer, Riepl;

Schasching, Schieder, Schlögl, Schwemlein, Silhavy, Sima, Stoisits;

Van der Bellen, Verzetnitsch;

Wimmer, Wittmann, Wurm.

Mit "Nein" stimmten die Abgeordneten:

Amon, Auer, Aumayr;

Bauer Gerhard, Bauer Rosemarie, Baumgartner-Gabitzer, Böhacker, Bösch, Brinek, Bruckmann, Brugger, Burket;

Dolinschek, Donabauer;

Egghart, Ellmauer;

Fallent, Fekter, Feurstein, Fink, Firlinger, Fischl, Freund, Frieser;

Gahr, Gatterer, Gaugg, Graf Herbert L., Graf Martin, Grollitsch, Großruck;

Haigermoser, Hakl, Haller, Hartinger, Haupt, Hofmann, Hornegger, Hornek;

Jung;

Kampichler, Khol, Kiss, Knerzl, Kopf, Kößl, Krüger, Kukacka, Kurzbauer, Kurzmann;

Leiner, Lentsch, Lexer;

Maderthaner, Mainoni, Miedl, Mikl-Leitner, Mitterlehner, Mühlbachler, Müller, Murauer;

Neudeck;

Ofner, Ortlieb;

Papházy, Pecher, Pistotnig, Platter, Prinz, Prinzhorn, Pumberger;

Rasinger, Reindl;

Schender, Schoettel-Delacher, Schöggl, Schwarzböck, Schwarzenberger, Schweisgut, Schweitzer, Sevignani, Sodian, Spindelegger, Staffaneller, Steindl, Stummvoll;

Tancsits, Trattner, Trinkl;

Wattaul, Weinmeier, Wenitsch, Westenthaler, Windholz, Wolfmayr;

Zellot, Zernatto, Zierler, Zweytick.

*****

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Ich bitte, die Plätze einzunehmen, denn wir kommen jetzt noch zu einer Reihe von Abstimmungen.


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
19. Sitzung / Seite 178

Ich lasse nunmehr über die Artikel I § 5 Abs. 1 in der Fassung des Ausschussberichtes abstimmen und bitte jene Mitglieder des Hohen Hauses, die sich dafür aussprechen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Ferner haben die Abgeordneten Verzetnitsch und Genossen einen Abänderungsantrag hinsichtlich Artikel I § 5 Abs. 2 und 3 sowie § 6 eingebracht.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Ich lasse sogleich über diese Teile des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschussberichtes abstimmen.

Wer sich dafür ausspricht, den ersuche ich um ein bejahendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Die Abgeordneten Verzetnitsch und Genossen haben einen Abänderungsantrag betreffend Artikel I § 7 Abs. 1 eingebracht.

Es ist namentliche Abstimmung verlangt worden.

Da dieses Verlangen von 20 Abgeordneten gestellt wurde, ist die namentliche Abstimmung durchzuführen. Ich gehe daher so vor.

Wie bereits bekannt, befinden sich die Stimmzettel, die zu benützen sind, in den Laden und tragen den Namen des Abgeordneten sowie die Bezeichnungen "Ja" – das sind die grauen Stimmzettel – beziehungsweise "Nein", das sind die rosafarbenen. Für die Abstimmung können ausschließlich diese amtlichen Stimmzettel verwendet werden.

Gemäß der Geschäftsordnung werden die Abgeordneten namentlich aufgerufen, den Stimmzettel in die bereitgestellte Urne zu werfen.

Ich ersuche jene Abgeordneten, die für den Abänderungsantrag der Abgeordneten Verzetnitsch und Genossen stimmen, "Ja" -Stimmzettel, jene, die dagegen stimmen, "Nein" -Stimmzettel in die Urne zu werfen.

Ich bitte nunmehr die Frau Schriftführerin, Abgeordnete Parfuss, mit dem Namensaufruf zu beginnen; Frau Abgeordnete Reitsamer wird sie dann ablösen.

(Über Namensaufruf durch die Schriftführerinnen Parfuss und Reitsamer werfen die Abgeordneten die Stimmzettel in die Urne.)

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Die Stimmabgabe ist damit beendet.

Die damit beauftragten Bediensteten des Hauses werden nunmehr unter Aufsicht der Schriftführer die Stimmenzählung vornehmen.

Die Sitzung wird zu diesem Zweck für einige Minuten unterbrochen.

(Die zuständigen Beamten nehmen die Stimmenzählung vor. – Die Sitzung wird um 20.34 Uhr unterbrochen und um 20.39 Uhr wieder aufgenommen. )

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf und gebe das Abstimmungsergebnis bekannt:

Es wurden 171 Stimmen abgegeben. Davon waren 74 "Ja" -Stimmen und 97 "Nein" -Stimmen.

Der Abänderungsantrag der Abgeordneten Verzetnitsch und Genossen betreffend Artikel I § 7 Abs. 1 ist somit abgelehnt.


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Stenographisches Protokoll
19. Sitzung / Seite 179

Gemäß § 66 Abs. 8 der Geschäftsordnung werden die Namen der Abgeordneten unter Angabe ihres Abstimmungsverhaltens dem Stenographischen Protokoll beigefügt.

Mit "Ja" stimmten die Abgeordneten:

Antoni;

Bauer Sophie, Brix, Brosz, Bures;

Cap;

Dietachmayr, Dobnigg;

Eder Kurt, Edler Josef, Edlinger, Einem;

Faul, Fischer;

Gaál, Gartlehner, Gaßner, Glawischnig, Grabner, Gradwohl, Grünewald, Gusenbauer;

Hagenhofer, Haidlmayr, Heindl, Heinisch-Hosek, Heinzl, Huber;

Jarolim;

Kaipel, Keppelmüller, Kiermaier, Kogler, Kostelka, Kräuter, Kubitschek, Kummerer, Kuntzl;

Lackner, Leikam, Lichtenberger, Lunacek;

Maier, Muttonen;

Niederwieser;

Oberhaidinger, Öllinger;

Parfuss, Parnigoni, Pendl, Petrovic, Pfeffer, Pilz, Pirklhuber, Pittermann, Plank, Posch, Prammer;

Rada, Reheis, Reitsamer, Riepl;

Schasching, Schieder, Schlögl, Schwemlein, Silhavy, Sima, Stoisits;

Van der Bellen, Verzetnitsch;

Wimmer, Wittmann, Wurm.

Mit "Nein" stimmten die Abgeordneten:

Amon, Auer, Aumayr;

Bauer Gerhard, Bauer Rosemarie, Baumgartner-Gabitzer, Böhacker, Bösch, Bruckmann, Brugger, Burket;

Dolinschek, Donabauer;

Egghart, Ellmauer;

Fallent, Fekter, Feurstein, Fink, Firlinger, Fischl, Freund, Frieser;

Gahr, Gatterer, Gaugg, Graf Herbert L., Graf Martin, Grollitsch, Großruck;

Haigermoser, Hakl, Hartinger, Haupt, Hofmann, Hornegger, Hornek;

Jung;


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Stenographisches Protokoll
19. Sitzung / Seite 180

Kampichler, Khol, Kiss, Knerzl, Kopf, Kößl, Krüger, Kukacka, Kurzbauer, Kurzmann;

Leiner, Lentsch, Lexer;

Maderthaner, Mainoni, Miedl, Mikl-Leitner, Mitterlehner, Mühlbachler, Müller, Murauer;

Neudeck;

Ofner, Ortlieb;

Papházy, Pecher, Pistotnig, Platter, Prinz, Prinzhorn, Pumberger;

Rasinger, Reindl;

Schender, Schoettel-Delacher, Schöggl, Schwarzböck, Schwarzenberger, Schweisgut, Schweitzer, Sevignani, Sodian, Spindelegger, Staffaneller, Steindl, Stummvoll;

Tancsits, Trattner, Trinkl;

Wattaul, Weinmeier, Wenitsch, Westenthaler, Windholz, Wolfmayr;

Zellot, Zernatto, Zierler, Zweytick.

*****

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Ich lasse nunmehr über Artikel I § 7 Abs. 1 in der Fassung des Ausschussberichtes abstimmen.

Ich bitte jene Mitglieder des Hohen Hauses, die sich dafür aussprechen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Weiters haben die Abgeordneten Verzetnitsch und Genossen einen Abänderungsantrag eingebracht, der sich auf Artikel I §§ 7 Abs. 3, 9, 11 Abs. 1 sowie Artikel III § 13 bezieht.

Jene Damen und Herren, die dafür eintreten, ersuche ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über diese Teile des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich ersuche jene Mitglieder des Hohen Hauses, die sich dafür aussprechen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Weiters haben die Abgeordneten Verzetnitsch und Genossen einen Abänderungsantrag eingebracht, der sich auf Artikel II § 12 Abs. 3 bezieht.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die hiefür sind, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Wir gelangen sogleich zur Abstimmung über Artikel II § 12 Abs. 3 in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die sich dafür aussprechen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Ferner haben die Abgeordneten Verzetnitsch und Genossen einen Abänderungsantrag eingebracht, der sich auf Artikel II § 12 Abs. 4 bezieht.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die dafür eintreten, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.


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19. Sitzung / Seite 181

Ich lasse sogleich über diesen Teil des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschussberichtes abstimmen.

Bei Zustimmung ersuche ich um ein Zeichen der Bejahung. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung erteilen, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist Mehrheit und damit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit, und damit ist der Gesetzentwurf auch in dritter Lesung angenommen.

Nunmehr kommen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz über die Änderung des Bundesgesetzes über die Einbringung der Österreichischen Postsparkasse in eine Aktiengesellschaft, des Postsparkassengesetzes 1969, des Bankwesengesetzes und des Bundesgesetzes über die Errichtung des Staatsschuldenausschusses in 78 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Dipl.-Ing. Prinzhorn, Dr. Stummvoll und Genossen einen Abänderungsantrag betreffend die Streichung von Artikel I Z 2, Artikel II Z 21, Artikel III Z 4 sowie Artikel IV Z 4 eingebracht.

Da nur dieser eine Abänderungsantrag vorliegt, werde ich sogleich über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussberichtes unter Berücksichtigung des oben erwähnten Abänderungsantrages der Abgeordneten Dipl.-Ing. Prinzhorn, Dr. Stummvoll und Genossen abstimmen lassen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die sich dafür aussprechen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

4. Punkt

Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Bericht (III-28 der Beilagen) der Bundesregierung über die innere Sicherheit in Österreich (Sicherheitsbericht 1998) (55 der Beilagen)

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Wir gelangen damit zum 4. Punkt der Tagesordnung.

Auf die mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Dr. Peter Pilz. Ich erteile es ihm hiermit.

20.44

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es liegt ein Sicherheitsbericht vor, in dem steht, dass unsere Republik äußerst sicher ist. Das steht eigentlich in jedem Sicherheitsbericht, und man kann dazu nur sagen, dass das jedes Jahr stimmt: Ja, unsere Republik ist im Großen und Ganzen sehr sicher. Punkt.


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19. Sitzung / Seite 182

Dann gibt es eine ganze Reihe von Details, die im Ausschuss durchaus interessant zu diskutieren sind, mit denen ich Sie aber jetzt angesichts der vorgeschrittenen Zeit nicht allzu sehr im Detail beschäftigen möchte. Deshalb beschränke ich mich auf wenige Bemerkungen.

Erstens: Die grüne Fraktion war in diesem Hause immer jene Fraktion, die durch ein besonders positives Verhältnis zur Sicherheitsexekutive (Abg. Jung: Zur Sicherheit!) hervorgestochen ist. (Ironische Heiterkeit des Abg. Jung. ) Wir haben den Dienst der Beamtinnen und Beamten immer unterstützt. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Jung. ) Wir haben immer versucht, die berechtigten sozialen Anliegen der Beamten nach Kräften zu vertreten, die Belange der Ausbildung zu verbessern. Wir stellen fest, dass wir nicht überall erfolgreich waren, aber wir haben doch als Grüne gegen die vorherrschende Unsicherheitspolitik von Teilen der Bundesregierung immer wieder einige schöne Erfolge erreicht. (Beifall bei den Grünen.)

Die österreichische Sicherheitsexekutive weiß, dass sie in uns Grünen verlässliche Partner hat. (Ironische Heiterkeit des Abg. Mag. Schlögl. ) Gemeinsam wird es uns gelingen, von einem sehr hohen Niveau an öffentlicher Sicherheit ausgehend noch einiges an Verbesserungen durchzusetzen und dort, wo eine derzeitige Mehrheit in diesem Haus nicht auf der Seite konsequenter Sicherheitspolitik steht, möglicherweise andere Mehrheiten zu finden. Dazu gestatten Sie mir einige wenige Bemerkungen.

Wahrscheinlich sind wir derzeit die Einzigen in diesem Hause, die bereit sind, die organisierte Kriminalität in Österreich mit allen Konsequenzen zu bekämpfen. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Edlinger  – angesichts des etwas verzögert einsetzenden Beifalls –: Sogar die eigene Fraktion braucht 10 Minuten!)

Ich erinnere mich noch genau daran, wie wir Hinweisen der Kriminalpolizei nachgegangen sind und nachweisen konnten, dass durch eine fahrlässige Vollziehung des Kreditwesengesetzes österreichische Institutionen für Geldwäsche von Geldern aus verschiedenen Herkunftsländern offen gestanden sind. Einer grünen Initiative ist es damals gelungen, diese Lücke für die organisierte Kriminalität zu schließen. (Abg. Jung: "Für" die Kriminalität!)

Es gibt noch weitere Probleme, wie die fehlende Deviseneinfuhr-Deklarationspflicht, verschiedene Möglichkeiten, in Österreich dubioses Geld anzulegen, die fehlende Beweislastumkehr bei dubiosen Millionen- und Milliardeninvestitionen und eine mangelnde Personalausstattung in allen Einheiten, die sich mit Wirtschaftskriminalität und organisierter Kriminalität beschäftigen, insbesondere EDOK und Wirtschaftspolizei.

Hier eine kleine Kritik am Sicherheitsbericht. Ich habe es nie verstanden, dass man unter organisierter Kriminalität immer etwas Exotisches versteht: Gruppen maskierter Tschetschenen, die Rauschgift an den sonderbarsten Orten verstecken und ins Land verbringen und dann immer in der Nähe des Naschmarktes untertauchen. – Das mag vorkommen. (Abg. Öllinger: Am Südbahnhof!) Der Südbahnhof ist dank einer grünen Bezirksinitiative wesentlich besser geworden. (Ironische Heiterkeit des Abg. Fischl. )

Aber das Haupttäterbild – wenn ich den Hinweisen der Wirtschaftspolizei und auch der EDOK glauben darf, und sie sind äußerst glaubwürdig – stellen ganz normale, meist parteinahe österreichische Unternehmer etwa aus der Baubranche dar. Das sind die Zentren der organisierten Kriminalität, und dort entsteht auch der größte Schaden. Ich habe mir, weil ich mir nicht sicher war, selbst einmal erlaubt, in einem Gespräch mit den dafür zuständigen führenden Beamten im Innenministerium zu fragen: Ist das eigentlich organisierte Kriminalität, was sich auf den österreichischen Baustellen und bei öffentlichen Ausschreibungen abspielt? Die Antwort darauf war: Selbstverständlich! Das ist die am stärksten ausgeprägte und am besten verwurzelte Form der organisierten Kriminalität!

Nun stelle ich eine einzige Frage an den Innenminister: Warum steht darüber nichts im Sicherheitsbericht? Warum wird, wenn man dem Sicherheitsbericht glauben darf, wesentlich mehr Gewicht auf das Bekämpfen der so genannten ausländischen organisierten Kriminalität und wesentlich weniger Gewicht auf den von der Schadenssumme her wesentlich größeren Bereich der innerösterreichischen organisierten Kriminalität gelegt? Was ist da los?


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So, und das war’s auch schon. Die einzelnen Polizeiübergriffe, den Missbrauch bestimmter Einheiten, den es gegeben hat, und die sonderbaren Karnevalssitten im Verkleidungsbereich werden andere aus unserer Fraktion besprechen.

Ich möchte nur auf etwas Letztes hinweisen, auch wenn wir das heute nicht ausführlich diskutieren werden: Das neue Regime Strasser im Innenministerium legt dort, wo ich wirklich Probleme mit bestimmten polizeilichen Entwicklungen habe, ein erstaunliches Tempo an den Tag. Von der Sicherheitsüberprüfung bis zur erweiterten Gefahrenerforschung werden rechtsstaatliche Prinzipien in Frage gestellt (Abg. Kiss: No, no, no!) und wird der Schutz der Verfassung Stück für Stück der Vorstellung einer vollständigen Polizeiübersicht und Polizeikontrolle geopfert. Ich habe nicht den Eindruck, dass sich die Beamten dieser Entwicklung nicht bewusst wären. In vielen Gesprächen habe ich da eigentlich sehr viel Sensibilität und Problembewusstsein im Innenministerium festgestellt. Ich habe den Eindruck, dass eher dort, wo es um die politischen Entscheidungsträger geht, absolut kein Problembewusstsein – zumindest derzeit – vorhanden ist.

Es ist schon richtig, dass die Initiativen, mit denen wir uns in den nächsten Monaten herumzuschlagen haben, Initiativen sind, die bereits fast wörtlich unter der sozialdemokratisch-konservativen Koalition entwickelt worden sind. Es gibt nur einen Unterschied, und der erklärt dieses plötzlich rasante Tempo der Einführung von Elementen des Überwachungsstaates. Dieser besteht darin, dass es damals im Klub der SPÖ zumindest teilweise Widerstand bei der parlamentarischen Umsetzung gegeben hat. Diesen gibt es jetzt in den Klubs von ÖVP und FPÖ mit Sicherheit nicht. Deshalb wird es noch mehr an der parlamentarischen Opposition liegen, hier zu bremsen, aufzuklären und dem möglichst entgegenzuwirken.

Ich spreche zum Schluss noch eine kleine Hoffnung aus: Da die Sozialdemokratie zumindest an der Spitze derzeit nicht mehr im Besitz des Innenressorts ist, wäre doch die Bahn frei, um der erfolgreichen Sicherheitspolitik der Grünen die notwendige parlamentarische Unterstützung angedeihen zu lassen. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

20.53

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Leikam. – Bitte. (Ruf bei den Freiheitlichen: Der darf aber nicht so lange reden! – Abg. Kiss: Der Wabl hat ...! – Abg. Dr. Martin Graf: Ein echter Missbrauch der Geschäftsordnung!)

20.53

Abgeordneter Anton Leikam (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! An einiges muss man sich sicherlich gewöhnen hier im Hohen Hause: nicht nur, dass manches nach rechts gerückt ist, was früher auf der linken Seite war, sondern auch was die Reihenfolge der Redner betrifft. Kollegin Partik-Pablé, die sonst immer das Match eröffnet hat, fehlt heute. Das Match hat heute einer eröffnet, der ansonsten nicht im Spiel dabei war, nämlich Kollege Pilz. (Zwischenruf der Abg. Dr. Fekter. )

Aber auch vom Inhalt her ist manches anders geworden. Ich staune nur so, Kollege Pilz: Die Grünen sind jetzt die großen Befürworter der Sicherheitspolitik! – Nun, am Rednerpult hat es manchmal zumindest anders geklungen. (Zwischenruf der Abg. Mag. Stoisits. ) Ich erinnere an die Anfangszeiten eines Abgeordneten Pilz, in denen die Polizei und die Gendarmerie die "Prügelpolizei" und die "Prügelgendarmerie" waren. Immer war diese Harmonie bei den Grünen in Bezug auf die Sicherheitspolitik nicht vorhanden, aber es freut mich, wenn es jetzt anders geworden ist. Das ist überhaupt keine Frage.

Neu ist auch, dass ich bereits all die Presseaussendungen der ÖVP-Abgeordneten über die Reden, die sie hier schon gehalten haben, habe. Vielleicht verzichten Sie auf die Reden, und wir können alles nachlesen, was Sie hier sagen möchten! Alles schon erledigt, alles schon da gewesen. – Es hat sich also schon vieles geändert, was die Sicherheitspolitik betrifft.

Neu – das möchte ich auch sagen – war auch der Umstand, dass es im Innenausschuss, wo der Sicherheitsbericht zur Debatte stand, Lob von allen Fraktionen für den nicht mehr im Amt befindlichen Innenminister Karl Schlögl gegeben hat; Lob von allen Fraktionen, und zwar in einer


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Form, in der wir es vorher auch nie wahrgenommen haben. (Abg. Kiss: Der war auch gut! – Abg. Dr. Martin Graf: Deswegen habt ihn ihr abgeschossen!) Wir haben ihn nicht abgeschossen! (Abg. Kiss: Wer denn sonst?)  – Ich möchte damit nur sagen, dass es eine Reihe von neuen Dingen gibt, an die man sich erst gewöhnen muss. (Abg. Kiss: Wer hat ihn denn nicht Parteiobmann werden lassen?)

Was aber nicht neu ist bei diesem Sicherheitsbericht, meine Damen und Herren, das ist der Erfolg, der in diesem Bericht enthalten ist – zum siebenten Mal! (Beifall bei der SPÖ.)

Zum siebenten Mal in Folge debattieren wir heute einen Bericht beziehungsweise geben wir einem Bericht die Zustimmung, aus dem hervorgeht, dass die Aufklärungsquote steigt und die Verbrechensrate zurückgeht. Das ist ein wirklich großartiger Erfolg der österreichischen Exekutive, der Beamten, die für die Sicherheit im Lande zuständig sind (Abg. Murauer: Das bestreitet doch ohnedies niemand!), aber auch jener, die die politische Verantwortung zu tragen haben (Abg. Auer: Niemand bestreitet das!), und das ist für diesen Bericht, für den Sicherheitsbericht 1998, der nicht mehr im Amt befindliche Innenminister Karli Schlögl. Ihm ist es zu danken, dass es einen so guten, einen so erfolgreichen Sicherheitsbericht gibt! (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP. – Ruf bei der ÖVP: Dagegen kann man ja ohnedies nichts sagen! – Abg. Dr. Fekter: Ihr habt ihn nicht Parteiobmann werden lassen! – Abg. Murauer  – in Richtung SPÖ –: Leikam! Das musst du da hinüber erklären, nicht uns!)

Auch den Beamten ist Dank und Anerkennung auszusprechen für ihre Arbeit, die sie geleistet haben.

Meine Damen und Herren! Eine Rede von Kollegen Kiss habe ich hier als Presseaussendung: Er, der eigentlich auch immer voll des Lobes über die Sicherheitspolitik – an der er auch mitgewirkt und mitgearbeitet hat, das wollen wir gar nicht bestreiten – war, meint jetzt, er sei froh, dass nach 30 Jahren sozialdemokratischer Innenminister endlich wieder einmal ein ÖVPler dieses Amt ausübt, denn jetzt würde die Bevölkerung spüren, wie es in diesem Lande aufwärts geht. (Abg. Murauer: Das ist auch richtig!) Keine Gendarmerieposten werden mehr geschlossen (Abg. Murauer: Auch das ist richtig!), mehr Exekutive wird auf den Straßen unterwegs sein, überall wird man spüren: Die ÖVP ist wieder da. – Original einer Aussendung von Abgeordnetem Kiss. (Beifall bei der ÖVP. – Ruf bei der ÖVP: Bravo!)

Herr Abgeordneter Kiss! Ich weiß nicht, ob Sie vor wenigen Tagen im Fernsehen Herrn Präsidenten Küberl gesehen haben. Der ist durchaus nicht Ihrer Auffassung, dass er froh wäre, dass wir einen ÖVP-Minister haben. Der ist ganz anderer Meinung! Aber Herr Küberl ist, bitte, nicht aus unseren Reihen – bei Gott nicht! –, sondern er kommt aus einer Richtung, die zumindest Ihnen sehr nahe steht.

Was hat Herr Küberl vor wenigen Tagen gemeint? – Er hat gemeint, diese Bundesregierung, dieser Innenminister bringe das soziale Gefüge unseres Landes in Gefahr! (Abg. Dr. Fekter: Nein, nein, ...!) Er hat damit den Zivildienst angesprochen, und er hat gemeint, diese Herren im Innenressort erkennen nicht, was sie in dieser Republik anstellen! – Also keine Spur von dieser Begeisterung, die Sie in Ihrer heutigen Presseaussendung zum Ausdruck brachten und vermutlich dann anschließend hier auch noch zum Besten geben werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sicherheit darf aber natürlich nicht ausschließlich ein Produkt der Exekutive sein, sondern sie muss ein Produkt der gesamten Gesellschaft sein. Wir alle haben unseren Beitrag darin einzubringen, und der Herr Bundesminister wird ja auch nicht müde, immer wieder zu betonen, dass das Innenministerium das größte und sensibelste Dienstleistungsunternehmen in Sachen Sicherheit ist.

Herr Bundesminister! Sie haben völlig recht. Ich gebe Ihnen hier auch Recht, nur: Warum handeln Sie dann nicht anders? Denn das muss schon festgestellt werden: Die Maßnahmen, die jetzt, im Budget 2000, von dieser Bundesregierung gesetzt wurden und über die wir hier noch die Debatte zu führen haben werden, lassen nicht die Richtung erkennen, die Sie der Öffentlichkeit immer vorspielen wollen. (Abg. Murauer: Wir werden dir das noch erklären, Leikam!) Ihre Worte stehen mit den Taten nicht im Einklang! Sie reden anders, als Sie handeln! Herr Bundes


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minister, das, was Sie uns hier vorgelegt haben, geht in eine andere Richtung, in die verkehrte Richtung! Denn, Herr Bundesminister, wir waren in den letzten Jahren immer stolz darauf, dass das Budget des Innenressorts – dank auch des Verständnisses des Finanzministers, muss ich dazusagen – immer angestiegen ist. Es ist von den Sparmaßnahmen, von den Sparpaketen, die es auch zu beschließen gab, die auch notwendig waren, immer verschont geblieben.

Sie sind jetzt der erste övp-Minister – Paul Kiss ist so stolz auf Sie! –, der es geschafft hat, den Finanzminister nicht dazu zu bewegen, dafür zu sorgen, dass das Budget des Innenressorts zumindest gleich hoch geblieben wäre. Es sind um 440 Millionen Schilling weniger, und das hat eine Fülle von katastrophalen Auswirkungen, über die wir noch reden werden, wenn es zur Beschlussfassung des Budgets kommt.

Herr Bundesminister! Ich lasse einmal die Beamten, mit denen ich sehr viel Kontakt habe, zu Wort kommen: Diese sagen mir ununterbrochen, dass die Sicherheit im Lande mit diesem Personalstand und diesem Budget nicht mehr aufrechtzuerhalten ist. Die Beamtengewerkschafter sprechen überhaupt vom "sozialen Fußtritt" für die österreichische Exekutive durch dieses Budget! (Zwischenruf des Abg. Mag. Kukacka. )

Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren Abgeordneten von den Regierungsparteien! Denken Sie noch einmal nach, ob der Spargedanke im Bereich der Sicherheitspolitik angebracht ist! Ändern Sie Ihre Meinung! Machen Sie eine andere Sicherheitspolitik, damit Österreich wirklich auch weiterhin ein sicheres Land bleibt! Wenn Sie das nicht tun, dann wird – und davon bin ich fest überzeugt – der Sicherheitsbericht des Jahres 2000 nicht mehr jene Erfolge aufweisen wie die Sicherheitsberichte der letzten sieben Jahre. (Beifall bei der SPÖ.)

21.01

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Stoisits. – Bitte.

21.01

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Dobar vecer, poštovane dame i gospodo! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Guten Abend! Sowohl der Vorsitzende des Innenausschusses Leikam als auch Peter Pilz haben hier bereits festgestellt: Österreich ist ein sicheres Land. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Daran wird auch die Panikmache durch diese Regierung oder durch einige Politikerinnen und Politiker der Regierungsparteien vom ganz rechten Rand nichts ändern! (Abg. Dr. Fekter: Und was ist mit der Panikmache durch die Opposition? – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Internationalen Untersuchungen zufolge ist Wien eine der sichersten Städte der Welt. (Abg. Mag. Kukacka: Das ist ja positiv!) Wenn man manchmal Regierungspolitiker hört, dann könnte man aber meinen, dass Österreich ein Land ist, in dem man ständig Angst haben und in Panik verfallen muss, wenn man sich in die Öffentlichkeit begibt. (Abg. Mag. Kukacka: Wieso stört Sie das?) Immer wieder hört man: Es ist überhaupt ganz schrecklich, und es müssen alle nur möglichen Maßnahmen getroffen werden, um die Unsicherheit und die Gefährdung, die herrschen, abzuwehren.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Bundesminister! Wissen Sie, was die größte Gefahr in Österreich ist, der sich ein Mensch aussetzt? (Abg. Dr. Martin Graf: Die Grünen!) Sie wissen es sicherlich, denn Sie sind am Osterwochenende als zuständiger Ressortminister sehr stark davon betroffen gewesen: Es ist der Straßenverkehr! Die am meisten und am intensivsten Schaden anrichtende Waffe, die es in Österreich gibt, ist das Auto, und ich sage dazu: in der Regel das Auto, gelenkt von Männern! (Beifall der Abgeordneten Mag. Lunacek und Mag. Wurm.  – Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Die größte von Einzelpersonen ausgehende Gefährdung besteht im Straßenverkehr. All das steht im Sicherheitsbericht, meine sehr geehrten Damen und Herren! Studieren Sie ihn einmal! Im Jahre 1998 sind in Österreich 963 Personen im Straßenverkehr gestorben. Es gab 963 Verkehrstote! Das war – auch das muss man der Exaktheit halber sagen – die Rekordminuszahl seit den fünfziger Jahren. Es waren so wenige Tote wie noch nie. Voriges Jahr waren es schon


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mehr, und heuer, nach über 40 Verkehrstoten während der Osterzeit, wird diese Zahl – um das vorauszusagen, muss man keine Hellseherin sein – sicherlich überschritten werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dem stehen 159 Morde, 15 Körperverletzungen mit tödlichem Ausgang, 22 Körperverletzungen mit Dauerfolgen und 179 absichtlich schwere Körperverletzungen gegenüber. – Ich nenne diese Zahlen nur, damit Sie wissen, was in einem solchen Sicherheitsbericht überhaupt steht und um welchen Sicherheitsbegriff es insgesamt geht.

Jetzt muss ich etwas erwähnen, was ich diesmal nicht zum ersten Mal, sondern schon seit einigen Jahren den Sicherheitsberichten entnehme, nämlich wie präzise, gut und erfolgsorientiert die österreichische Sicherheitsexekutive arbeitet, denn bei den Verbrechen und Vergehen gegen Leib und Leben – das interessiert die Leute ja am meisten – liegt die Aufklärungsquote bei 93 beziehungsweise 91,1 Prozent. (Beifall bei den Grünen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist jetzt weder ironisch noch zynisch gemeint, sondern ehrlich, wenn ich sage: Da gebührt jenen Lob, die sich dafür einsetzen! Sie tun es zwar nicht um Gottes Lohn, denn das ist ihr Job – und ich erwarte im Wesentlichen von jedem Staatsbediensteten, dass er sich in seinem Beruf einsetzt –, aber mit dieser Aufklärungsquote kann man sich international wirklich sehen lassen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Genauso, wie statistisch eindeutig belegt ist, dass es in Österreich wesentlich gefährlicher ist, sich im Straßenverkehr zu bewegen als sonst irgendwo, genauso ist auch klar, dass in dieser Diskussion um den Sicherheitsbegriff die wesentlichste Gefährdung der Sicherheit in Österreich nicht die organisierte Kriminalität darstellt. Da brauche ich jetzt nicht zu wiederholen, was Peter Pilz gesagt hat, obwohl ich hier das Baukartell nicht herunterspielen will. Aber die wesentliche Gefährdung der Sicherheit in Österreich sind die Gefährdung der sozialen Sicherheit und der zunehmende Sozialabbau; und das, was diese Bundesregierung – und Sie, Herr Bundesminister, sind ja ein Mitglied dieser Bundesregierung! – in diesem Zusammenhang vorhat, gefährdet die Sicherheit in diesem Land tatsächlich!

Ich habe mehr oder minder alljährlich anlässlich der Diskussion des Sicherheitsbegriffs im Sicherheitsbericht festgestellt, dass diesbezüglich teilweise von einer falschen Begrifflichkeit ausgegangen wird. Wir Grüne halten, wenn wir "innere Sicherheit" definieren, die soziale Absicherung für ein unerlässliches Element. Darum werden wir – und das versprechen wir Ihnen – mit allen Mitteln, die uns einzelnen Abgeordneten und unserer Partei zur Verfügung stehen, gegen den geplanten Sozialabbau auftreten, um nicht das Sicherheitsgefühl des Einzelnen zu beeinträchtigen! (Beifall bei den Grünen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es bedarf keiner massiven Aufrüstung der Sicherheitspolizei, sondern es bedarf einer massiven Abrüstung der Pläne der Bundesregierung, was den Sozialabbau angeht, um die innere Sicherheit in Österreich weiter bestehen zu lassen und nicht zu gefährden.

Meine Damen und Herren! Nun eine allerletzte Bemerkung, weil wir kurz vor dem Jahrestag des meiner und sicherlich auch der Ansicht des Herrn Bundesministers nach größten die Menschenrechte betreffenden Desasters stehen, das es in Österreich in der Nachkriegszeit gegeben hat, nämlich des Abschiebens eines Schubhäftlings in den Tod: Herr Bundesminister! Bekanntlich hat man unter Ihrem unmittelbaren Vorgänger und auch jetzt unter Ihrer Leitung in Ihrem Ressort darauf reagiert, es wurden Maßnahmen für eine menschenrechtskonforme Abschiebepraxis in die Wege geleitet, und es ist – das gebe ich zu – zu einer spürbaren Deeskalation in der Durchführung von so genannten Problemabschiebungen gekommen.

Herr Bundesminister! Genauso klar ist aber auch – daran möchte ich Sie jetzt in diesem Zusammenhang erinnern –, dass es Verzögerungen und Kürzungsabsichten in diesem Bereich gibt und dass entsprechende Maßnahmen noch gar nicht in Angriff genommen wurden. Beispielsweise – ich nenne jetzt nur einen Punkt, der morgen noch diskutiert werden wird – ist es Tatsache, dass es Kürzungen bei den Zivildienern in der Schubhaftbetreuung gibt oder dass noch keine Verträge für das Jahr 2000 abgeschlossen wurden, obwohl wir jetzt schon Ende April


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haben. Ferner wurde auch dem Wunsch noch nicht entsprochen, Menschenrechtsbeobachter bei Abschiebungen mit Charterflugzeugen zuzulassen, die es ja schon gegeben hat und die es – ich zweifle nicht daran – auch künftig geben wird.

Herr Bundesminister! In diesem Bereich könnten Sie wahrhaft einen Beitrag zur inneren Sicherheit in Österreich leisten, womit ich Ihnen nicht unterstellen möchte, dass sich Ihr Interesse am Sicherheitsgefühl der Bevölkerung in Österreich nur auf die inländische Bevölkerung bezieht und nicht auch auf jene Bewohner – und seien sie auch nur kurzfristig in Österreich –, die nicht die österreichische Staatsbürgerschaft besitzen.

Herr Bundesminister! Sie haben noch große Aufgaben vor sich! Ich wünsche Ihnen alles Gute! Sie wissen: Wir messen Sie an Ihren Taten! (Beifall bei den Grünen.)

21.10

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Kiss. – Bitte.

21.10

Abgeordneter Paul Kiss (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Bevor überhaupt noch ein Redner der Koalitionsregierung das Wort ergreifen konnte, war den Rednern der Opposition schon klar, was wir sagen werden. (Zwischenruf des Abg. Leikam. ) Ich gebe zu, Kollege Leikam, dass die Aussendung schon kurz vor dem Beginn dieser Sicherheitsdebatte gestartet wurde, aber man ist eben manchmal seiner Zeit voraus! Im Übrigen: Ich habe vor, das, was ich geschrieben habe, in etwa auch hier so zu sagen, und ich werde natürlich auch nicht vergessen, Karl Schlögl ausdrücklich zu loben. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Petrovic: Sie hätten den Text schriftlich verteilen können! Das hätte uns Zeit gespart!)

Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich habe natürlich auch, so wie Sie, meine persönlichen Glücksgefühle zu Beginn dieser heutigen Diskussion gehabt. Herrn Kollegen Pilz möchte ich allerdings in einer ganz anderen Art und Weise ein Prost zurufen. So weit ich mich erinnere, waren es doch die Grünen, die immer für die Senkung der Promillegrenze im Straßenverkehr gefochten haben. Ich möchte das auch für das Parlament so fordern. Prost, Kollege Pilz, mit Gänsewein bitte! (Der Redner hebt das auf dem Rednerpult stehende Wasserglas. – Beifall bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Kollege Leikam! Wir haben in den vergangenen Jahren – und ich stehe nicht an, das ausdrücklich zu betonen – eine gemeinsame Sicherheitspolitik konzipiert, welche auch Basis dieses Sicherheitsberichtes 1998 ist. Es war für die ÖVP in der Vergangenheit selbstverständlich, dass sie keine Kindesweglegungen betreibt – wir tun es natürlich auch heute nicht und werden es auch in Zukunft nicht tun. Ich möchte sagen: Karl Schlögl war jener Minister, den wir gestützt haben. Sie von der SPÖ haben Karl Schlögl in Ihrer Partei jedoch nicht gestützt, denn aus unserer Sicht wäre fraglos er der neue Vorsitzende der SPÖ. Das ist keine Frage. Wenn ihm jemand in den Rücken gefallen ist, dann sage ich: Wir sind es nie gewesen, Sie konnten ihn allerdings in der eigenen Partei nicht durchsetzen! Bleiben wir bei der Wahrheit! (Beifall bei der ÖVP.)

Nun aber wieder zur Sache. Ich stehe auch nicht an, nach 30 Jahren sozialdemokratischer Innenminister zu sagen: Ich freue mich, dass wir seit drei Monaten einen ÖVP-Sicherheitsminister in der Person von Dr. Ernst Strasser haben! Ich weiß, dass es mit Ernst Strasser mehr Sicherheit für Österreich geben wird – und das ist gut für dieses Land und seine Menschen –, weil ihn die Koalition stützt, und da weiß ich mich auch eins mit der FPÖ! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Zwischenruf des Abg. Gaál. )

In der Sache selbst moniere ich jetzt selbstverständlich jene Dinge, die ich auch bei den vergangenen Sicherheitsberichten – Karl Schlögl wird sich erinnern können – jeweils moniert habe. Es gibt Dinge im Sicherheitsbericht, die nicht in Ordnung sind. Überlegen wir nur kurz: Im Jahre 1998 wurden 480 000 Verbrechen und Vergehen begangen; das ist pro Minute ein Delikt, dessen müssen wir uns bewusst sein! Gemäß den Sicherheitsberichten der vergangenen Jahre ereignen sich, statistisch gesehen, in den 8 Minuten meiner Redezeit acht Delikte. Zum Wohl, Kollege Pilz! (Zwischenruf des Abg. Dr. Pilz. )


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In Anbetracht der Sicherheitsberichte der vergangenen Jahre habe ich immer wieder drei Dinge moniert. (Zwischenruf der Abg. Dr. Lichtenberger. ) Erstens – Karl Schlögl wird es bestätigen
 –: Wir haben eindeutig zu wenige sichtbare Polizisten und Gendarmen auf den Straßen und Plätzen. (Abg. Dr. Pilz: Und zu viele unsichtbare!) Die Prävention in Form des sichtbaren Polizisten oder Gendarmen ist nicht in der Weise erfolgt, wie wir es gerne gehabt hätten. (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Dr. Lichtenberger. ) Gleichzeitig wissen wir, dass dies erst erreicht werden kann, wenn dem einzelnen Exekutivbeamten der Ballast der Schreibtischarbeit abgenommen wird. Wir wollen dies mit Ernst Strasser durchsetzen! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Zweitens: Wir wissen – auch das richte ich jetzt an die Adresse der SPÖ –, dass in den vergangenen Jahren eine Reihe von Reformen angestanden sind. Die Reform des Kriminaldienstes und der Staatspolizei ist unter Karl Schlögl nicht gelungen. Ich habe bei jeder Rede stereotyp darauf hingewiesen. Aber ich weiß: Mit Ernst Strasser wird die Reform des Kriminaldienstes und der Staatspolizei zügig über die Bühne gehen – zum Wohle der Exekutive und zum Wohle der Menschen in diesem Land! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Ich sage auch ein Drittes klar und deutlich: Es hat uns wehgetan – und ich weiß, dass es auch den sozialistischen Kollegen wehgetan hat –, dass Hunderte Gendarmerieposten in diesem Land geschlossen werden mussten. Sie wurden vor allem zu Lasten der Sicherheit der Menschen in unseren kleinen Gemeinden und im Besonderen in den Grenzregionen geschlossen. Ernst Strasser hat sich – ein Mann ein Wort – dafür verbürgt, dass es unter seiner Ägide keine Schließung von Gendarmerieposten geben wird. Die ÖVP und die FPÖ stehen dafür ein! (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Wie man etwas sehr zügig umsetzen kann, ist am Beispiel der Begutachtungsentwürfe zum Fremdengesetz klar und deutlich nachvollziehbar. Was mit der SPÖ nicht gegangen ist, geht mit der FPÖ. Ich gestehe Kollegin Stoisits die Kritik an dem, was sich in der Vergangenheit ereignet hat, durchaus zu. Ich sage aber auch, dass sich ÖVP und FPÖ darüber einig sind, dass in bestimmten Bereichen zügig Gesetze kommen müssen, etwa im Zusammenhang mit dem Fremdengesetz, wenn es darum geht, die organisierte Schlepperkriminalität zu bekämpfen; dass das notwendig ist, stellt der Bericht der organisierten Schlepperkriminalität 1999 nachdrücklich unter Beweis. Denn es geht im österreichischen Rechtsstaat nicht an, dass Schlepperei noch immer ein Kavaliersdelikt beziehungsweise ein Verwaltungsdelikt ist. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.) Dafür werden wir drakonische Strafen verlangen und auch durchsetzen. Mit euch (in Richtung SPÖ) war das nicht möglich, um es sehr einfach und klar zu sagen! (Abg. Leikam: Das stimmt nicht!)

Ich komme zum Letzten. (Abg. Gaál:  Das ist der Polizeistaat!)  – Nein! Das ist nicht der Polizeistaat! Wer jetzt in diesem Zusammenhang den Polizeistaat an die Wand malt, der verkennt den Ernst der Situation! Es ist unfasslich, wenn im Zusammenhang mit der organisierten Schlepperkriminalität und schärferen Strafen gegen die mafiosen Organisationen das Wort "Polizeistaat" in den Mund genommen wird! Da erübrigt sich jeder Kommentar, das richtet sich selbst!

Ich komme zum Schluss: Wir von der Österreichischen Volkspartei wollen gemeinsam mit unserem Partner in der Bundesregierung, der Freiheitlichen Partei, dass unsere Exekutivbeamten, denen wir für ihren Einsatz rund um die Uhr, Tag und Nacht, danken, motiviert sind. Um motiviert zu sein, müssen sie spüren, dass die Politiker zu ihnen und mit ihnen stehen, dass die Politik gleichzeitig aber auch gesetzliche Maßnahmen setzt, um sie zu stärken. Wir wollen ihnen diesen Motivationsschub geben und damit erreichen, dass mehr für die Sicherheit in diesem Land getan werden kann.

Denn vergessen wir nicht: Jede Minute ein Delikt in Österreich, das ist immer noch wenig im internationalen Vergleich, aber trotzdem viel zu viel! Mit unserer Exekutive unter Ernst Strasser als Innenminister werden wir Positives schaffen! Mit Strasser schaffen wir es, dass es mehr Sicherheit in diesem Land gibt! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

21.17


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Präsident Dr. Werner Fasslabend:
Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Petrovic. – Bitte.

21.18

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ich bringe drei kurze Anmerkungen zum Sicherheitsbericht.

Erstens zum Sicherheitsbegriff. Meine Kollegin Terezija Stoisits hat es bereits angesprochen, und auch ich meine, dass es auch für den zuständigen Bundesminister – natürlich unter Wahrung seiner Zuständigkeiten – insgesamt eine Abwägung der Bereiche geben muss, in welchen wirklich für eine Vielzahl von Menschen sehr große Gefahren drohen. Das heißt, ich denke, dass der Sicherheitsbegriff, nicht aber unbedingt auch die Zuständigkeit des Ressorts, auf jene Bereiche auszuweiten ist, in denen sich Menschen gefährdet fühlen – auf Bereiche, wo zum Beispiel Kinder gefährdet sind, sich Menschen unsicher fühlen und sich Frauen ungern aufhalten. Ich meine, es bedarf auch eines feministischen Sicherheitsbegriffs. Herr Bundesminister! Wenn ich mir Ihr Beratungsteam anschaue, dann sehe ich fast nur Männer. Ich denke aber, dass Frauen im Bereich der Sicherheit und einer präventiven Definition von Sicherheit mehr mitzureden haben sollten! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

In diesem Zusammenhang kann ich es zum Beispiel – als Mutter von schulpflichtigen Kindern – wirklich nicht verstehen, dass in einem Bereich, der mir ganz wichtig ist, nämlich im Bereich der Sicherheit auf dem Schulweg, bei den SchülerInnenlotsInnen gespart werden soll und dass man dann sagt: Die Eltern sollen das übernehmen! Herr Bundesminister! De facto heißt das, dass die Mütter das in sehr vielen Fällen werden übernehmen müssen. Das bedeutet, wenn man mehrere Kindern hat, dass man diese an verschiedene Orte in den Kindergarten und in die Schule bringen muss. Das können Sie sich vielleicht schwer vorstellen! Aber ich denke, was jetzt verlangt wird, ist wirklich unzumutbar. Das ist Sparen am falschen Ort, und das lehnen wir ab! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Dr. Martin Graf: In den Arbeiterbezirken hat es nie Schülerlotsen gegeben!)

Herr Abgeordneter! Das wäre doch ein Grund, dass man an allen gefährdeten Kreuzungen, überall dort, wo viele Kinder den Schulweg zurücklegen, derartige Dienste einrichtet. Und dass es das an manchen Orten nicht gegeben hat, ist ja kein Grund, dass man es überall einstellt. Ich glaube, das ist die falsche Schlussfolgerung.

Zweite Anmerkung – auch zu den Ausführungen meines Vorredners, des Abgeordnetem Kiss –, diese im Zusammenhang mit Schlepperunwesen, Menschenhandel und Frauenhandel: Ich meine, dass es wichtig wäre, dass man tatsächlich an die Organisatoren derartigen Unrechts herankommt. Das setzt aber voraus, dass man mit den Opfern kooperiert. Wir hören jedoch immer wieder von Frauen oder Frauenvereinen, die es sich auch zur Aufgabe gemacht haben, Prostituierten zu helfen und sie zu schützen, dass die Opfer des Frauenhandels oftmals nicht einmal bis zum Beginn eines Verfahrens im Inland bleiben können. Die Opfer werden ganz schnell weggebracht. Oft hat man sie unter falschen Versprechungen hierher gelotst. Der in der Regel praktisch immer männliche Täter hat in der Regel schon neues – wie dann die zynische Bezeichnung lautet – "Menschenmaterial" und bekommt vielleicht eine kleine Strafe.

Ansonsten aber orte ich wenig echtes Bemühen, an die Hintermänner beziehungsweise Organisatoren derartiger Verbrechen zu kommen. Es besteht keine Bereitschaft, die Opfer wirklich zu schützen, denn dann müsste zumindest eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung erteilt werden, bis rechtsstaatliche Verfahren abgewickelt sind, und dann müsste man auch in allen Verfahren im Falle von Flüchtlingen beziehungsweise AsylwerberInnen Eltern und Kinder jedenfalls beieinander lassen, denn das Zerreißen von Familien ist falsch verstandene und unmenschliche Sicherheit. (Beifall bei den Grünen.)

Ein dritter und letzter Punkt, und auch zu diesem hat mir Abgeordneter Kiss ein Schlagwort geliefert: Er hat beklagt, dass es zu wenig sichtbare Polizei gibt. – Das stimmt! Im Straßenverkehr, vor allem beim fließenden beziehungsweise beim stauenden Verkehr vermisse ich sie auch oft. Ich glaube, all jene, die sich bemühen, die Normen einzuhalten – zum Beispiel Tempolimits –,


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werden schon erlebt haben, was dann oft hinter dem eigenen Fahrzeug los ist. Für solche Fälle würde ich mir auch mehr sichtbare Polizei erwarten.

Aber es gibt noch einen anderen Aspekt von Sichtbarkeit und Unsichtbarkeit. Ich meine, es geht wirklich nicht, dass Polizisten Einsätze so gestalten, dass sie mit schwarzen Strumpfmasken auftreten, sich nicht identifizieren und sogar auf dem Kommissariat die Strumpfmaske noch aufbehalten. (Zwischenruf des Abg. Murauer. ) Es ist untragbar, wenn dann sogar Polizeipräsident Stiedl sagen muss, dass Fehler unterlaufen sind, wenn sich etwa herausstellt, dass es sich bei den genannten Polizisten unter anderem um solche handelt, die an anderen Dienststellen wegen allzu großer Brutalität nicht mehr erwünscht waren, weil dort viele Verfahren wegen rassistischer Übergriffe laufen. (Abg. Kiss: Das sind Behauptungen! Wer hat Ihnen diese Information gegeben?) Das sind keine Behauptungen! Drei Mal tödlicher Schusswaffengebrauch bei einem Beamten: Ich denke, das ist ein sehr starkes Stück!

All das wird insgesamt zu überprüfen sein. Es gibt dazu eine filmische Dokumentation, zu welcher ich Sie gerne einlade. Besonders bemerkenswert daran ist Folgendes: Mein Kollege Öllinger und ich haben diesen Film im Rahmen einer Pressekonferenz vorgestellt. Wieder war – verdeckt – ein Beamter da und hat den Fernsehapparat der Grünen fotografiert, übrigens mit qualitativ denkbar schlechten Ergebnissen. Dieser hat dann bei seiner Oberbehörde angeregt, dass man doch dieses Material im grünen Klub sicherstellen sollte. Er hat nicht etwa gesagt: Können wir den Film noch einmal anschauen? Können wir eine Kopie davon haben? Nein! Er hat sich nicht zu erkennen gegeben, obwohl natürlich der Film sofort und unverzüglich bei den ermittelnden Gerichtsbehörden war.

Vielmehr ist etwas ganz anderes passiert: Man hat auf Grund eines Gegenstandes, den man auf diesen schlechten, vom Fernseher abfotografierten Fotos nicht erkennen konnte, ein Strafverfahren gegen eine Frau eingeleitet, indem man sagte: Es könnte ein gefährlicher Gegenstand gewesen sein, den die Frau aus der Tasche eines Verhafteten nahm. – Als sich das Gericht den Film angeschaut hat, wurden die beiden sofort enthaftet, weil sich der "gefährliche Gegenstand" klar als Zigarette herausgestellt hat! (Abg. Dr. Pumberger: Auch Rauchen ist gefährlich!)

Herr Bundesminister! Abgesehen von dieser wirklich merkwürdigen Vorgangsweise frage ich Sie: Ist das der sparsame Umgang mit öffentlichen Mitteln? – Ich sage der Fairness halber dazu: Es gäbe diesen Film wahrscheinlich nicht, wenn an dieser Stelle nicht sehr viel uniformierte Polizisten gewesen wären, die mit der Vorgangsweise dieser vermummten Kollegen sichtbar keine große Freude hatten, um das einmal vorsichtig zu sagen.

Meiner Meinung nach gibt es hier sehr wohl Aufklärungsbedarf und Handlungsbedarf. Ich glaube, dass es sich hiebei um absolute Minderheiten im Rahmen der Exekutive handelt. Aber es wäre doch schade, wenn deswegen schlechtes Licht auf eine große Mehrheit von rechtsstaatlich orientierten Beamtinnen und Beamten fallen würde! (Beifall bei den Grünen.)

21.26

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Jung. – Bitte.

21.26

Abgeordneter Wolfgang Jung (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Zunächst einmal einige Worte zu der schon fast nostalgisch wirkenden Rede des Kollegen Leikam, der einen richtigen Abgesang auf die sozialistische Sicherheitspolitik geliefert hat. (Zwischenruf des Abg. Leikam. ) Das hat mir fast die Tränen waagrecht aus den Augen getrieben! Kollegin Partik-Pablé ist leider heute krank, aber sie lässt Sie und natürlich insbesondere auch den ehemaligen Innenminister grüßen, mit dem sie ja mehrere Sträuße ausgefochten hat.

Nun zum Bericht selbst, auf den leider von meinen Vorrednern wenig eingegangen wurde. Ich möchte zunächst mit wenigen Worten andeuten, dass ich hier in einer gespaltenen Funktion stehe: Wir werden den Sicherheitsbericht zur Kenntnis nehmen, wir identifizieren uns aber nicht mit dessen Inhalt, und ich werde das auch erläutern. Wie Kollege Leikam richtig gesagt hat,


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waren wir in diesem Zeitraum – und ich füge hinzu: Gott sei Dank! – für die österreichische Innenpolitik weder verantwortlich noch mitverantwortlich.

Dieser Bericht trägt in seinen Auswirkungen eine eindeutig sozialistische Handschrift, und zwar die des damaligen Innenministers Schlögl. (Abg. Öllinger: Warum? – Zwischenruf des Abg. Leikam. ) Kollege Leikam und ich sind der gleichen Meinung, allerdings mit anderen Ausgangspunkten. Obwohl Kollege Schlögl immer als der Rechtsverbinder in der SPÖ bezeichnet und gehandelt wurde, kann man sich beim Studium des Berichtes nicht des Eindrucks erwehren, dass da einige Linksaußen der SPÖ mitgeschrieben haben. Es geht daher bei der Auswertung dieser Unterlagen weniger darum, das reine Zahlenmaterial zu vergleichen, sondern vielmehr darum, zwischen den Zeilen zu lesen und die Folgerungen und Interpretationen kritisch zu hinterfragen.

Deshalb hat es auch keinen Sinn, auf die Jubelmeldungen des Kollegen Leikam allzu viel einzugehen. Die Zahlen sind zwar geringfügig gesunken – sie haben sich allerdings im Folgejahr schon wieder verschlechtert –, aber die Delikte mit gewalttätigem Hintergrund, die Delikte gegen Leib und Leben, gegen die Sittlichkeit und im Bereich der organisierten Kriminalität, also die wirklich gefährlichen Delikte, sind eben leider nicht zurückgegangen. Ebenso sind spezifische Delikte – ich würde sie fast als "Balkandelikte" bezeichnen – leider auch nicht weniger geworden. So ist etwa im Gewaltkriminalitätsbereich über den Einsatz von Messern jetzt schon fast täglich in den Zeitungen zu lesen. (Zwischenruf der Abg. Dr. Lichtenberger. ) Sie brauchen nur nachzuschauen, Frau Kollegin! Darüber ist gestern und auch vorgestern etwas in der Zeitung gestanden. Das Messer ist ein spezifisches Instrument, das viel eher eingesetzt wird. Es geht dabei nicht immer um Mord und Totschlag, aber dieses Instrument wird in der Auseinandersetzung leider oft verwendet, und es gibt im Zusammenhang damit bei uns mehr als genug Verletzte und leider auch Tote. (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Dr. Lichtenberger. )

Frau Kollegin! Hier gilt es einzugreifen. Diesbezüglich hat der Innenminister in Zukunft zu zeigen, dass wir nicht bereit sind, das zu dulden! Und wenn jemand bei uns Gewalttaten in diesem Ausmaß setzt und er kein Österreicher ist – der Österreicher gehört in einem solchen Fall vor den Richter gestellt –, dann hat er in unserem Land nichts verloren, Frau Kollegin, auch wenn Sie sich noch so stark für ihn machen! (Abg. Dr. Petrovic: Rassismus hat aber in diesem Land auch nichts verloren!)

Ein weiteres Problem ist – das wird auch im Bericht ausdrücklich angesprochen – das Problem des islamischen Extremismus, der zunehmend Auswirkungen auf Europa und damit auch auf unser Bundesgebiet zeigt. (Zwischenruf der Abg. Dr. Lichtenberger. ) Frau Kollegin! Bevor Sie sich wieder aufregen: Das stammt nicht von mir, sondern das steht im Bericht. In Österreich leben derzeit zirka 300 000 Moslems, die – wie der Bericht sagt – verstärkt von religiösen Gruppierungen mittels Flugblättern, Videos und aggressiven Predigten beeinflusst werden. Bevorzugte Orte dafür sind Moscheen, Bethäuser und Vereinslokale islamischer Klubs. Mit diesen Gruppen – das kann ich Ihnen aus meinem eigenen Bezirk sagen – gibt es mehr als große Probleme. Man hat ihnen sehr großzügig Betriebsgenehmigungen erteilt, die vergleichbare österreichische Betriebe, welche gleiche Leistungen erbringen wie etwa Restaurationsbetriebe, nicht bekommen.

Die Radikalisierung ist aber nicht nur in diesem Bereich zu bemerken, sondern auch – und jetzt schaue ich in die richtige Richtung, wenn ich auf die Grünen blicke – im Bereich der politischen Kriminalität und im Bereich des Umfeldes der politischen Kriminalität. Jetzt rede ich genauso, wie es auch im Sicherheitsbericht steht, mit den Formulierungen, die dort vorkommen.

Denn schauen Sie sich an, was im Rahmen der angeblichen Widerstands-Demonstrationen in den letzten Monaten in Österreich passiert ist, welches Klima entstanden ist, wie viel an Schaden, Zerstörung, auch an Gewalttätigkeit hervorgerufen und leider – das muss man ebenfalls sagen – immer wieder gedeckt wurde! (Abg. Öllinger  – eine aufgeschlagene Zeitschrift in die Höhe haltend –: Schauen Sie sich das an!) Der politische Extremismus in Österreich ist leider im Zunehmen, und er wird zunehmend verharmlost. (Abg. Dr. Petrovic: Ku-Klux-Klan!) Schauen Sie sich die "Kronen Zeitung" an: Chaoten-Krawalle am 1. Mai befürchtet.


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Ja woher kommt denn das? – Das ist das Umfeld, dem Sie immer wieder die Stange halten, das Sie unterstützen und dessen Interessen Sie hier von diesem Pult aus vertreten. Wir werden das in dieser Form nicht dulden! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Oder, in Richtung Sozialistische Partei: Auf das Werfen von Gegenständen, Flaschen und so weiter auf Funktionäre zum Beispiel meiner Partei angesprochen, sagt der Chef der Jungen SPÖ, Robert Pichler, gegen Dosenwerfen auf FPÖ-Politiker sei er natürlich, weil er für Mülltrennung sei. – Er hat von einem nicht gerade rechten Blatt, dem "Falter", heute den Titel des "Dolms der Woche" verliehen bekommen, und den hat er zu Recht verdient.

Meine Damen und Herren! Dieses Klima schaffen Sie mit Ihren Wortmeldungen, zum Teil auch hier von diesem Pult aus. (Abg. Öllinger: Und Ihre Wortmeldungen?) Dafür aber schaut man umso genauer in einen angeblich rechtsextremistischen Bereich (Abg. Öllinger: Angeblich?), obwohl im Bericht zugegeben werden muss, dass es fast keinen organisierten Rechtsextremismus in Österreich gibt. Der Bericht spricht von Rückläufigkeit – minus 12 Prozent – und sagt ausdrücklich aus, dass derzeit keine Anzeichen eines internationalen Zusammenschlusses oder einer Militarisierung dieser Szene zu erkennen sind.

Aber die Berichtsseiten müssen – offenbar eine Vorgabe von links – gefüllt werden. Daher zählt man jeden einzelnen Tatbestand auf; ich glaube, es waren zehn, oder wie viele, Delikte. Dazu gehören das Einritzen und Aufsprühen von Hakenkreuzen in drei Fällen sowie drei anonyme Drohbriefe. Einer davon stammte von einer 15-jährigen Schülerin, deren Freundin vorher von türkischen Buben mit einer Luftdruckpistole beschossen worden war, und einer war die Folge eines internen Bassena-Streits unter Hausbewohnern.

So etwas wird in einen Bericht – einen Sicherheitsbericht! – der Republik aufgenommen! Ich glaube nicht, dass es noch einen Staat in Europa gibt, der das in vergleichbarer Weise täte. Es ist geradezu lächerlich, das in einem Sicherheitsbericht anzuführen, in dem es um Bedrohungen der Republik geht.

Aber man baut hier einen rechten Popanz auf, der in dieser Form Gott sei Dank nicht existiert in Österreich, das von allen Staaten in der Europäischen Union auf diesem Sektor die geringste Rate überhaupt aufweist. (Abg. Öllinger: Was ist mit den Anzeigen nach Verbotsgesetz? Sagen Sie etwas zu den Anzeigen nach dem Verbotsgesetz! Ist das gestiegen?)

Sie brauchen jedoch etwas, um hier eine Figur aufzubauen, die in Wirklichkeit nicht existent ist, damit Sie Ihre Leute auf die Straße schicken und mobilisieren können, sodass es dann zu Vorgängen wie im Parteiheim des 22. Bezirks kommt, wo Scheiben eingeworfen werden, wo ein Schaden in der Höhe von 180 000 S hervorgerufen wird und wo Hakenkreuze an die Wand geschmiert werden. Ich hoffe, dass dieser Vorgang nicht womöglich noch den Rechten in die Schuhe geschoben wird. Es würde zu dieser Methodik passen. (Abg. Dr. Lichtenberger: Wie bitte?)

Bedenklich in diesem Zusammenhang scheint mir aber vor allem zu sein, dass hier ohne konkrete und beweisbare Delikte Personen und Personengruppen zitiert werden, nur weil sie eine vom linken Weltbild abweichende Meinung vertreten. Eine konservative oder eine rechte Weltanschauung ist bei Ihnen fast schon ein Verbrechen, auch wenn deren Vertretern kein Bezug zum Nationalsozialismus vorgeworfen werden kann. Man erweckt damit bewusst den Eindruck, dass alles, was linksliberal oder links einzuordnen ist, schon von sich aus beinahe unanständig wäre und eigentlich besser verboten würde. (Abg. Öllinger: Wie? Jetzt haben Sie sich versprochen! – Heiterkeit bei den Grünen.)

Ohne nähere Erläuterung – so steht es in diesem Bericht – wird ein Zunehmen des Revisionismus beklagt, meine Damen und Herren, und es wird auf nicht näher genannte Vorfeld-Organisationen eingegangen, deren Wirkung beklagt wird. Jetzt habe ich den Herrn Bundesminister gefragt, was es mit dem Revisionismus auf sich hat. Er hat mir gesagt, es gibt einschlägige Gerichtsurteile, die dahin gehen. Daraufhin – Kollege Schlögl nickt; ich möchte das noch zu Ende führen, weil es sehr bezeichnend ist – habe ich nachgesehen, was unter "Revisionismus" zu verstehen ist.


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19. Sitzung / Seite 193

Goldmann Lexikon, Bertelsmann 1998, "Revisionismus" (Abg. Dr. Petrovic: Schlagen Sie unter "Rassismus" nach!): Ab etwa 1890 die reformerische Richtung in der Arbeiterbewegung, die eine Revision der marxistischen Theorien fordert. Der Revisionismus lehnt revolutionäre Ziele ab und setzt seine Hoffnung auf Reformmöglichkeiten innerhalb (Abg. Öllinger: Aus welchem Jahr haben Sie das Lexikon?)  – 1998! – des kapitalistischen Systems zur Verbesserung der Lage des Proletariats.

Wenn daher ein Richter unter diesen Voraussetzungen Urteile fällt, dann ist das sehr bedenklich. Das könnte höchstens ein Richter sein, wie ihn Kollege Jarolim gemeinsam mit Kollegen Fuhrmann in dem besagten Protokoll gefordert hat. Eine sehr, sehr obskure Begründung, die hier vorliegt! (Abg. Dr. Jarolim: Das ist die Jung-Show!)

Das ist einer der bedenklichen Punkte in diesem Bereich. Sie versuchen hier, Leute zu verdächtigen, ohne Namen zu nennen, ohne sie genauer anzuführen und ohne ihnen etwas beweisen zu können. Sie wollen damit auch Ihre Gegner mundtot machen. Ich sage Ihnen eines: Das wird Ihnen in dieser Form sicherlich nicht gelingen!

Deswegen auch meine Aufforderung an den Herrn Innenminister: Wenn er in Zukunft so etwas im Bericht stehen hat, dann erwarte ich mir, dass Ross und Reiter genannt werden, dass Namen und konkrete Delikte genannt werden, aber keine vagen Verdächtigungen mehr drinstehen, wie sie Minister Schlögl – sei es sozusagen als kleine Zugabe für seinen linken Flügel, oder sei es auch aus eigenem Entschluss – hier aufgeführt hat. (Abg. Öllinger: Was macht Ihre Behörde ...?)

Wir erwarten uns einen konkreten Sicherheitsbericht, der Delikte dort, wo er sie nennen kann, anführt, aber im Übrigen – auch wenn Sie sich noch so aufregen, Herr Kollege ... (Abg. Öllinger: Macht Ihre Behörde ...?)  – Ich weiß, warum Sie sich aufregen. Weil jetzt verschiedene Sachen in Ihrem Umfeld vielleicht untersucht werden, weil Verschiedenes auffliegen wird, weil vielleicht die berühmte Bomben-Geschichte von Ebergassing noch einmal zu untersuchen wäre, und verschiedenes andere! Vielleicht wird dabei der eine oder andere bekannte Name auftauchen. Ich verstehe, dass Sie nervös sind.

Aber Sie müssen erkennen und begreifen, dass die Zeiten, in denen Berichte nur nach linker Weltanschauung geschrieben wurden, vorbei sind. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Öllinger: Das ist jetzt Ihr Präsent zum Schnüffeln!)

21.36

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Schwemlein. – Bitte. (Abg. Öllinger: Das war ein Sittenbild! – Abg. Dr. Jarolim: Das eröffnet uns neue Einblicke! – Abg. Schwemlein  – zum Rednerpult tretend und ein Dokument aufhebend –: Herr Kollege Jung, gehört das Ihnen?)

21.36

Abgeordneter Emmerich Schwemlein (SPÖ): Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Ich muss sagen, die Wert- und Weltoffenheit des Kollegen Jung ist faszinierend. Ich war schockiert von meiner Einstellung, denn ich habe mich dabei ertappt, statt dieser maschinengewehrartigen Rede Frau Kollegin Partik-Pablé hier zu hören und zu sehen. Das war also eine relativ schlimme Angelegenheit.

Den Sicherheitsbericht 1998 zu diskutieren, ist ein bisschen problematisch, denn das ist wirklich Schnee von gestern. Tatsache ist aber, dass man schauen muss, was dahinter steckt und was im Jahr 1998 letztlich der Fall war. Was ist gut gemacht worden, was könnte man verbessern, und welche Auswirkungen hat das auf die folgende Zeit?

Schon angesprochen worden ist die hohe Aufklärungsquote, die wir im Jahr 1998 zu verzeichnen hatten. Diese hohe Aufklärungsquote ist sicherlich darauf zurückzuführen, dass wir sehr gute Beamtinnen und Beamte hatten, die wir nach wie vor haben, einen relativ hohen Personalstand, wie er vom Innenminister immer wieder gefordert wurde – er hat es auch geschafft, vom


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19. Sitzung / Seite 194

Finanzminister dafür die Zustimmung zu bekommen –, und klarerweise auch darauf, dass in dieser Zeit Politik mit Weitblick gemacht wurde.

Das Wesentliche – da muss ich Herrn Kollegen Jung berichtigen – und das Entscheidende ist nicht die Handschrift im Sinne des Schreibens – ob da Linke geschrieben haben oder nicht –, sondern die Handschrift in Form der Politik, die hinter diesem Sicherheitsbericht steht. Diese war eine sehr gute, und dafür haben wir alle hier dem damaligen Minister Schlögl absolut Dank auszusprechen.

Meine Damen und Herren! Ich möchte aber doch auf ein paar Teilbereiche zu sprechen kommen. Es hat sich eine Vorrednerin dankenswerterweise schon mit dem Bereich der verkehrspolitischen Maßnahmen auseinander gesetzt. Auch unter dem Gesichtspunkt, dass der Osterverkehr heuer eine verheerende Zahl von Verkehrstoten mit sich gebracht hat, sollten wir beachten, dass im Bericht 1998 zu lesen ist, dass 33 Prozent der tödlichen Verkehrsunfälle der Gruppe der 18- bis 26-Jährigen zuzurechnen sind.

Allein wenn wir davon ausgehen, dass sich diese jungen Menschen im Straßenverkehr selbst in einem sehr hohen Maß gefährden, müssen wir meiner Ansicht nach aber auch mit in Überlegung ziehen, warum das Ganze passiert. Das heißt, wir können nicht nur darüber reden, ob mehr Gendarmen und Polizisten auf der Straße stehen sollen, es geht auch nicht nur darum, ob mehr Überprüfungen vorgenommen werden, sondern wir haben noch vieles andere zu tun. Ich denke, wir sind dazu verpflichtet, uns Gedanken darüber zu machen, wie wir die Verkehrserziehung verbessern können und wie es uns gelingt, durch politische Schritte das Auto und die Geschwindigkeit zu enttabuisieren.

Ich halte es für einen ganz wesentlichen Punkt, der auch viel einfacher zu hinterfragen ist, in welchem Ausmaß die Regelungen, die es gibt, sinnvoll und notwendig sind, denn wir wissen eines: Geschwindigkeitsbegrenzungen werden in erster Linie dann nicht eingehalten, wenn die Akzeptanz dafür nicht gegeben ist. Daher ist es meiner Ansicht nach für die Zukunft wesentlich, all die Maßnahmen und Schritte zu setzen, die man sofort machen kann und die in kürzerer oder mittelfristiger Zeit erledigt werden können.

Dazu gehört auf alle Fälle der ausreichende Stand an Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Wenn wir hören, was die neue Regierung vorhat, dann kann uns die Reduktion des Personalstandes nur bestürzen. Wenn wir hören, dass der Sachaufwand reduziert wird und dass die gute Ausstattung der Beamtinnen und Beamten gefährdet ist, dann muss uns das alle mit Besorgnis erfüllen.

Ein ganz wesentlicher Punkt, der mich ebenfalls sehr beschäftigt und nicht unmittelbar zum Sicherheitsbericht gehört, aber doch – das hat Kollegin Petrovic richtig angesprochen – ein Bestandteil der Sicherheit ist, nämlich der sozialen Sicherheit, ist die Situation der Zivildiener. Dadurch, dass Sie vorhaben, Herr Minister, die Zahl der Zivildiener dramatisch zu reduzieren, setzen Sie einen bewussten Schritt zur Gefährdung der sozialen Einrichtungen in Österreich. (Abg. Murauer: Zur Erhaltung, nicht zur Reduzierung!)

Ich kann nur hoffen, dass allein die Jubeltöne des Paul Kiss – froh zu sein, einen ÖVP-Minister zu haben – nicht das Entscheidende zur parteipolitischen Motivation sind. Das Wesentliche für Österreich hat zu sein – auch dann, wenn es ein ÖVP-Minister ist –, dass die sozialen Einrichtungen mit den Zivildienern und die Sicherheit als Gesamtes gewährleistet sind. (Beifall bei der SPÖ.)

21.42

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Platter. – Bitte.

21.42

Abgeordneter Günther Platter (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Da wir heute den Sicherheitsbericht 1998 diskutieren – einen Sicherheitsbericht, für den zweifellos der damalige Innenminister Karl Schlögl verantwortlich war –, möchte ich zuerst meinen Dank zum Ausdruck bringen, meinen Dank für die gute Zu


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sammenarbeit – es war eine angenehme Zeit – und auch meinen Dank an den damaligen Innenminister Karl Schlögl für das Engagement für die Sicherheit unseres Landes. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ und der Freiheitlichen.)

Ich bitte aber um Verständnis dafür, meine Damen und Herren von der SPÖ, dass ich selbstverständlich sehr erfreut darüber bin, dass wir nach 30 Jahren sozialistischer Innenminister nun einen sehr kompetenten, umsichtigen, engagierten, auch in schwierigen Situationen ruhigen und gelassenen ÖVP-Minister haben, der dem Innenressort vorsteht: Dr. Ernst Strasser. (Beifall bei der ÖVP.)

Erfreulicherweise werden nun gesetzliche Rahmenbedingungen möglich, die früher nicht möglich waren. Ich denke dabei an die erweiterte Gefahrenforschung, die zweifellos ein Mehr an Sicherheit für unser Land bringen wird. Es war nicht das Verschulden des Ministers Karl Schlögl – das möchte ich in aller Deutlichkeit sagen; es lag zweifellos an dem schweren Klotz am linken Fuß –, dass die notwendigen Schritte im Bereich der Innenpolitik nicht gemacht werden konnten. Daher freue ich mich über die Entwicklung im Bereich des Innenressorts, die es mit sich bringen wird, dass die Exekutive neue Möglichkeiten zur Verbrechensbekämpfung und -vorbeugung bekommt, dass ein Mehr an Sicherheit für die Bürger unseres Landes erreicht wird und dass vor allem Recht und Ordnung einen klaren Stellenwert in unserem Lande haben werden. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren, nun einige Anmerkungen zur Sicherheit unseres Landes: Die Bedrohungsbilder in Europa haben sich gewaltig verändert. Ich nenne hier Migration, Wohlstandsgefälle, Grenzstreitigkeiten, Terrorismus, internationale Kriminalität und Drogenhandel, ich denke aber auch an die illegalen Grenzübertritte in Verbindung mit dem Schlepperunwesen und der Schlepperkriminalität. Damit möchte ich mich jetzt beschäftigen.

Die Aufgriffszahlen bei den illegalen Grenzübertritten sind vom Jahr 1998 zum Jahr 1999 dramatisch gestiegen. Im Jahre 1998 waren es 15 796 illegale Grenzübertritte, die beamtshandelt wurden, im Jahre 1999 war ein Plus von 117 Prozent auf 42 812 illegale Grenzübertritte zu verzeichnen.

Das größte Problem im Bereich der illegalen Grenzübertritte haben wir in Tirol. Ich erinnere mich daran, dass ich vor einigen Jahren im Zuge der Debatte um Schengen sagte: Tirol ist offen wie ein Scheunentor, weil es für Italien nicht gerade einfach ist, die "blaue" Schengen-Außengrenze zu beherrschen. – Leider Gottes ist das eingetreten. Die Tendenz in Tirol ist auch in den letzten drei Monaten im Jahre 2000 bedenklich gewesen. Hier ein Vergleich: Wenn man die ersten drei Monate – Jänner, Februar und März – der Jahre 1998, 1999 und 2000 vergleicht, kann man folgende Entwicklung feststellen: In den ersten drei Monaten des Jahres 1998 hatten wir in Tirol 138 Aufgriffe von Illegalen, im Jänner, Februar und März 1999 waren es 599, und jetzt, im Jänner, Februar und März 2000, sind 1 274 aufgegriffene Illegale zu verzeichnen.

Meine Damen und Herren, das sind Fakten! Lieber Toni, diese Angelegenheit nehme ich als Tiroler und als Österreicher selbstverständlich sehr ernst. (Beifall bei der ÖVP.) Ich glaube daher, dass ... (Abg. Leikam: Wie viele Gendarmen?) Ich werde ein Kapperl ausleihen, damit du dich als Sicherheitssprecher der SPÖ mit diesen Dingen selbst beschäftigen kannst.

Ich glaube, dass man diesen Dingen eine besondere Priorität einräumen muss, und ich bin dir, Herr Minister, sehr dankbar dafür, dass du dieses Problem bereits in den ersten Tagen deiner Tätigkeit als Innenminister erkannt hast. Soweit ich informiert bin, bist du am 25. Februar beim bayerischen Ressortkollegen Dr. Günther Beckstein gewesen. Er war nicht immer besonders lieb zu uns, aber du bist bei ihm gewesen und hast dieses Problem mit ihm besprochen. Da ist die internationale Zusammenarbeit dringend notwendig. Wenn ich höre, dass gemeinsame, gemischte Streifen gemacht werden sollen, muss ich sagen: Das ist ein guter Ansatz. (Abg. Leikam: Ganz was Neues!)

Zum Zweiten bin ich dir dankbar dafür, dass du zum Ausdruck gebracht hast, dass das Strafausmaß im Bereich der Schlepperkriminalität angehoben werden muss. Es kann doch nicht sein, dass in Deutschland wesentlich höhere Strafen für organisierte Schleppertätigkeit und


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Schlepperkriminalität verhängt werden als bei uns. Da sind eine Harmonisierung und eine Anhebung der Strafen für Schlepperkriminalität zweifellos vonnöten.

Für diese Akzente möchte ich dir recht herzlich danken, Herr Minister! Ich ersuche darum, der Schlepperkriminalität auch weiterhin eine besondere Priorität einzuräumen, und ich möchte sagen: Mit Ernst Strasser wird auch in Tirol im Bereich der Schlepperkriminalität noch einiges geschehen, dass hier klare Akzente gesetzt werden. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

21.48

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Windholz. – Bitte.

21.48

Abgeordneter Ernest Windholz (Freiheitliche): Herr Präsident! Geschätzter Herr Minister! Der Sicherheitsbericht für das Jahr 1998 wird erst Ende April 2000 und somit leider Gottes sehr spät hier im Plenum behandelt. An solchen Berichten sind immer wieder Tendenzen ablesbar, zum Beispiel darüber, wohin sich die organisierte Kriminalität entwickelt.

Mein Vorredner hat schon – insbesondere für den Bereich Tirol – einen Zweig der organisierten Kriminalität angesprochen, in dem ständig steigende Zahlen feststellbar sind. Das ist die Verbringung von Menschen über die Grenzen, von Illegalen, die in der Heimat oft unter Vorspiegelung falscher Tatsachen all ihres Vermögens beraubt und von Schlepperorganisationen hierher in den angeblich goldenen Westen verbracht werden. Hier wird die Kriminalität in Wirklichkeit fortgeführt, wobei die Schwarzarbeit wohl das geringste Übel ist.

In diesem Sicherheitsbericht sind entsprechende Zahlen angeführt: 19 693 Illegale und eine Steigerungsrate von 49,3 Prozent. Heute weiß man, dass das im Sicherheitsbericht für das Folgejahr noch viel schlimmer ausfallen wird. Daran ist erkennbar, dass der Gesetzgeber schon längst hätte handeln müssen.

Die jetzigen Strafbestimmungen für Schlepper sind nicht angebracht. Es gibt drei Deliktsformen, zwei im Fremdengesetz und eine im Strafgesetzbuch. In diesem Sicherheitsbericht konnte nicht ausgeführt werden, wie viele Schlepper eine Verwaltungsübertretung begangen haben und wie viele nach dem Strafgesetzbuch zur Verantwortung gezogen worden sind; das war nicht möglich. Man hat das in Wirklichkeit verniedlicht, denn die Schlepperei als Verwaltungsübertretung darzustellen, ist eine völlig falsche Sicht der Dinge. Jeder Schlepper gehört mit entsprechender Strafandrohung vor ein ordentliches Gericht gestellt! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es ist auch erkennbar, dass immer wieder versucht wird, lediglich mit der Zahl von fünf Geschleppten zu agieren, denn dann fällt man in den Straftatbestand der Verwaltungsübertretung.

Es gibt auch eine Verlagerung dorthin, wo es offenkundig leichter ist, die Grenze zu überqueren. Wir haben gegenüber Ungarn – also im Burgenland – den Bundesheer-Assistenzeinsatz, der sich bestens bewährt hat. Hingegen haben wir in Niederösterreich nördlich der March leider Gottes keinen Bundesheer-Assistenzeinsatz. Wenn man sich den Bericht für das Jahr 1999 ansieht, dann sieht man, dass zum Beispiel hinsichtlich der Tschechischen Republik ein Plus von 86 Prozent gegeben ist. Hinsichtlich der Slowakei zeigt sich sogar ein Plus von 153 Prozent. Gegenüber Ungarn jedoch gibt es eine Abnahme um 15 Prozent. Das heißt, die Schlepper-Organisationen sind genauestens darüber instruiert, wo es offenkundig leichter ist, die Grenze zu überqueren. Herr Innenminister! Sie sind daher auf einem völlig richtigen Weg, wenn es bald auch in Niederösterreich zum Einsatz von Bundesheer-Angehörigen kommt. Es wird sich jetzt eine Arbeitsgruppe mit diesem Thema beschäftigen.

Die organisierte Kriminalität ist auch immer wieder im Bereich des Suchtgiftschmuggels anzutreffen. Sichergestellte Mengen, die aus dem Bericht hervorgehen, sind 1 553 Kilogramm Cannabis-Kraut, Cannabis-Harz, Heroin und Kokain. Davon konnte fast ein Drittel, nämlich 478,66 Kilogramm, die Zollverwaltung sicherstellen. Ähnlich ist es bei Tabletten. Von den insgesamt sichergestellten 117 171 Tabletten entfallen fast ein Viertel der Sicherstellung auf die Zollverwaltung.


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Herr Innenminister! In diesem Zusammenhang darf ich Sie bitten zu überdenken, ob es weiterhin dabeibleiben soll, dass die Zollverwaltung zum Schengen-Informationssystem und auch zum EKIS nur begrenzten Zugriff hat. Gemäß Schengener Abkommen gibt es meiner Ansicht nach eindeutige Regelungen; in drei Bereichen, in drei Artikeln wird die Zollverwaltung genannt. Lediglich in der nationalen Umsetzung, in der Fahndungs- und Informationsvorschrift des Bundesministeriums für Inneres, hat man sich nicht dazu durchgerungen. Der Hintergrund dazu dürfte wohl die geplante Zwangsüberstellung von über 2 000 Zollwachebeamten in das Innenministerium sein.

Herr Minister! Ich würde es sehr begrüßen, wenn Sie auch eine Klarstellung darüber treffen würden, dass diese sozialistischen Pläne ein für alle Mal vom Tisch sind. Sie würden damit den über 2 000 Beamtinnen und Beamten im Finanzressort eindeutig signalisieren, dass es sich lohnt, wenn man höchst motiviert an die Sache herantritt. Ich denke, es gibt daher sehr große Erfolge vor allem im Kampf gegen die organisierte Kriminalität.

Zum Schluss: Die angeführten Zahlen betreffend gerichtlich strafbare Handlungen – es waren fast 480 000 – lassen erahnen, wie viele Amtshandlungen von der österreichischen Exekutive Jahr für Jahr vorgenommen werden. Das bedeutet zig Millionen Amtshandlungen, die oft unter schwierigsten Bedingungen durchgeführt werden, wobei es zu Beschlagnahmen, zu Eingriffen in Vermögensrechte oder zu Freiheitsentzug kommt.

Ich darf an dieser Stelle namens der Freiheitlichen allen Exekutivbeamtinnen und -beamten, den Bundesheer-Angehörigen und allen sonstigen öffentlichen Bediensteten, die in irgendwelchen Bereichen im Interesse der Sicherheit der Republik tätig sind, höchsten Dank und Anerkennung aussprechen. Auch dann, wenn hier eine politische Partei immer wieder versucht, den Begriff der "Prügelpolizei" zu veröffentlichen und immer wieder Darstellungen zu treffen, als ob es in Österreich eine "Prügelpolizei" gäbe, weiß man: Das Gegenteil ist der Fall! Das alles ist unwahr, es gibt höchst motivierte Beamte, die sich diesen Titel bei Gott nicht verdient haben. Wenn man sich an die Demonstrationen im Februar erinnert, wird man feststellen, dass gerade das Gegenteil der Fall ist. Damals gab es leider Gottes mehr als fünfzig verletzte Polizisten.

Ich darf den Innenminister hier nochmals ersuchen, andere Organisationsformen im Interesse der Sicherheit der Republik Österreich auch in anderen Ressorts einzubinden. Das kostet den Steuerzahler keinen Schilling mehr und wird sicherlich ein noch höheres Maß an Sicherheit nach sich ziehen. Herr Minister, nehmen Sie bitte diese Anregungen mit auf den Weg! Ich hoffe, Sie können das in Bälde tatsächlich umsetzen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

21.55

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Gaál. – Bitte.

21.56

Abgeordneter Anton Gaál (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Hohes Haus! Die vorliegenden Fakten und Zahlen des Sicherheitsberichtes 1998 bestätigen wie in den Jahren zuvor einen kontinuierlichen Kriminalitätsrückgang bei gleichzeitiger Steigerung der Aufklärungsquote.

Als Wiener Abgeordneten freut es mich besonders, Herr Bundesminister, dass in Wien ein Rückgang der Vergehen und Verbrechen festzustellen ist, wie das im gesamten Bundesgebiet nicht der Fall ist. Wir haben heute schon gehört, dass es kaum ein Land und kaum eine Stadt in Europa oder in der übrigen Welt gibt, die eine ähnlich positive Sicherheitsbilanz aufweisen. Meine Damen und Herren, das ist für mich der Nachweis dafür, dass die Sicherheitspolitik unter SPÖ-Ministern in der Vergangenheit die richtigen politischen Rahmenbedingungen geschaffen sowie die hohe Lebensqualität und das notwendige subjektive Sicherheitsgefühl der Bürger gewährleistet hat.

Aber selbstverständlich ist das auch ein wichtiges Verdienst der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Sicherheitsexekutive. Sie leisteten und leisten ausgezeichnete Arbeit, wofür zu danken ist.


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Dieser Sicherheitsbericht, diese positive Sicherheitsbilanz findet unsere Zustimmung, Herr Bundesminister, und das gilt auch für den Bereich des Zivilschutzes. Ich möchte mich bei Ihnen ... (Abg. Mag. Kukacka spricht mit dem auf der Regierungsbank sitzenden Bundesminister Dr. Strasser.)  – Wenn es möglich wäre, Kollege Kukacka, ein anderes Mal mit dem Minister zu reden!

Herr Bundesminister! Ich möchte mich bei Ihnen bedanken für das sehr konstruktive Gespräch, was den Bereich Zivilschutz anlangt, und auch für Ihre Bereitschaft zur Unterstützung und zum aktiven Mittun an dem, was meiner Ansicht nach in Zukunft das größte Sicherheitsprojekt sein wird, nämlich die Kindersicherheits-Olympiade, mit der wir Tausende von Kindern und Jugendlichen ansprechen wollen. Sie haben gesagt, dass Sie bereit sind, dieses Vorhaben zu unterstützen und dafür den Ehrenschutz zu übernehmen.

Damit wollen wir auf Bezirks-, Landes- und Bundesebene Jugendliche und Kinder ansprechen und auf sehr sportliche und spielerische Art mit dem Thema Sicherheit konfrontieren. Wir wollen sie darüber informieren, dass es sich lohnt, dem Zivilschutz im Sinne eines umfassenden Bevölkerungsschutzes das Wort zu reden. Wir wollen sie auf Krisensituationen vorbereiten, damit sie diese möglichst ohne Schaden überstehen. Es geht auch darum, dass sie in der Isolationsphase – das heißt, vom Eintritt des negativen Ereignisses bis zum Wirksamwerden der organisierten Hilfe – nicht in Panik geraten, sondern besonnen überlegen und die Lage ohne Schaden überstehen.

Sie sind bereit gewesen, Ihre Zustimmung zu geben, dass wir die Jugendlichen vorbereiten, schulen und informieren. Das gilt für die Sicherheits-Olympiade, aber auch für die Selbstschutz-Informationszentren. Da rechne ich damit, dass Sie uns helfen, damit wir die notwendigen finanziellen Mittel zur Verfügung gestellt bekommen und als Zivilschutzverband im Sinne eines verlängerten Arms des Innenministeriums tätig sind, im Sinne der Sicherheit und im Sinne des Zivilschutzes als umfassenden Bevölkerungsschutzes.

Herr Bundesminister! Von diesen positiven Zivilschutz-Aktivitäten wegkommend, mache ich mir dennoch Sorgen um den künftigen sicherheitspolitischen Weg in Österreich, der gerade für den Bereich der Sicherheitsexekutive – das wurde heute schon wiederholt angesprochen – von ganz besonderer Bedeutung ist. Wenn wir hier diese erfolgreiche Arbeit fortsetzen wollen – und ich glaube, das wollen wir auch –, bedarf es natürlich weiterhin personeller und technischer Investitionen.

Das heißt, dass es notwendig ist, die Sicherheitsexekutive personell aufzustocken, damit wir auch hier, wie auch im Bereich des Sachaufwandes, Vorteile erreichen können, und ich möchte auch hier der weiteren dringenden Modernisierung im EDV-Sektor das Wort reden.

Herr Minister Schlögl, aber auch der Sicherheitssprecher der ÖVP, Kollege Kiss, haben darauf hingewiesen, dass wir mehr Exekutive auf der Straße brauchen, dass es notwendig ist, mehr Personal auf der Straße zu haben. Aber das Gegenteil, Herr Bundesminister, ist der Fall: Eine Aushöhlung der personellen Ressourcen und Sachressourcen findet statt!

Ich glaube, dass man diesen Weg nicht weiter beschreiten darf. Wir sind meilenweit von den angestrebten Zielen entfernt. Dieser unhaltbaren Situation, Herr Bundesminister, diesen gewaltsamen Personalreduktionen, die hier Platz greifen sollen – diese bedeuten ja Einsparungen von 1 000 Planstellen im Bereich Wien in den nächsten vier Jahren! –, denen kann man nicht zustimmen. Das hat negative Auswirkungen auf die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit.

Herr Bundesminister! Ich darf Sie nur ersuchen, dass Sie unsere Anregungen, unsere Vorschläge, unsere berechtigten Forderungen in Ihre sicherheitspolitischen Überlegungen miteinbeziehen, damit wir weiterhin ein sicheres Land bleiben, wo sich die Menschen – in ganz Österreich und auch bei uns in Wien – wohl und sicher fühlen! (Beifall bei der SPÖ.)


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19. Sitzung / Seite 199

22.02

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Kößl. – Bitte.

22.02

Abgeordneter Günter Kößl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Ich kann mich mit vielem von dem, was mein Vorredner gesagt hat, identifizieren. Es ist richtig, dass wir einen Sicherheitsbericht vorliegen haben, der sehr erfreulich ist, der Österreich als ein sicheres Land ausweist und der zeigt, dass Wien eine der sichersten Großstädte der Welt ist. Das heißt, dass unsere Exekutive auch im Jahr 1998 eine ausgezeichnete und herzeigbare Arbeit geleistet hat. Dafür sage ich allen Kolleginnen und Kollegen ein herzliches Dankeschön! (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Ing. Herbert L. Graf. )

Wenn wir uns mit dem Sicherheitsbericht näher auseinander setzen, dann stellen wir fest, dass wir auf der einen Seite eine sehr hohe Aufklärungsquote aufzuweisen haben, besonders im Bereich der Kriminalstatistik. Natürlich ist es auch erkennbar, dass eine rückläufige Kriminalität festzustellen ist, aber nicht in allen Bereichen. Das Ergebnis des Sicherheitsberichtes – das gebe ich ebenfalls zu – zeigt, dass die für die Sicherheit Verantwortlichen bisher auf dem richtigen Weg waren. Ich möchte von dieser Stelle aus auch die Absicht erklären, dass dieser Weg mit Innenminister Strasser fortgesetzt wird. (Präsident Dr. Fischer übernimmt den Vorsitz.)

Auf der anderen Seite zeigt dieser Sicherheitsbericht auch die zukünftigen Schwerpunkte. Einer dieser Schwerpunkte in der Sicherheitspolitik muss die Bekämpfung der organisierten Kriminalität sein, generell und im Besonderen, was die Verschiebung von entfremdeten Fahrzeugen, die organisierte Eigentumskriminalität, das Schlepperunwesen an unseren Grenzen, besonders an der Ostgrenze, betrifft. Ein besonderes Steckenpferd von mir ist das Thema Suchtgiftkriminalität, weil es mir vordringlich erscheint, dieser gefährlichen Entwicklung entgegenzuwirken.

Ich möchte nur darauf hinweisen, dass der Drogen- und Suchtgiftbereich weltweit ein enormer Wirtschaftsfaktor ist und laut Schätzungen mit Umsätzen von rund 500 Milliarden US-Dollar agiert. Das zeigt auch, dass die Drogenmafia keine Mühen und Kosten scheut, neue Märkte zu erschließen und noch mehr Menschen in ihre Abhängigkeit zu bringen. Das Grässliche an dieser ganzen Angelegenheit ist, dass es immer mehr junge Menschen sind, die in die Fänge der Drogenmafia kommen.

Als Ergebnis davon ist auch zu erkennen, dass die Erstkonsumenten immer jünger werden. Die Statistik beweist auch, dass die Zahl der Erstkonsumenten eine stark steigende Tendenz aufweist.

Ich sehe es deshalb auch als vordringliche Notwendigkeit, die einschreitende Exekutive technisch und personell so auszustatten, dass wir dieser gefährlichen gesellschaftspolitischen Entwicklung massiv entgegentreten können. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Ich möchte hier aber eines klarstellen, weil die Vorredner erklärt haben, dass wir Angst haben müssen, dass in der nächsten Zeit so viel Personal eingespart wird, und ich habe das bereits im Ausschuss erwähnt: Es ist noch nie so viel eingespart worden wie unter dem ehemaligen Innenminister Einem. Es fehlen in Niederösterreich 330 Beamte auf den Gendarmeriedienststellen und bei der Verkehrsabteilung. Diese Zahl bezieht sich auf den Stand von 1. Februar 2000. Das zeigt, dass Innenminister Strasser bereits ein schweres Erbe übernommen hat.

Ich möchte hier einen Aspekt aus dieser Statistik herausgreifen und kritisch betrachten, und zwar im Bereich der Suchtgiftkriminalität, und ich möchte Ihnen dies anhand eines Beispiels vor Augen führen: Wenn ein Drogendealer festgenommen wird und ihm 50 Drogenverkäufe nachgewiesen werden, aber bei zehn oder 20 Personen es nicht nachweisbar ist, wann und wo, und die Person feststellbar ist, dann gilt das als ein Faktor. Das ist an und für sich eine Verschönerung der Statistik. Dem, glaube ich, sollten wir in Zukunft entgegentreten, weil es wichtig ist, dass im Drogenbereich wirklich eine genaue Statistik vorliegt, und weil eine genaue Statistik die Grundlage für die zukünftige Arbeit im Drogenbereich sicherstellen soll. (Beifall bei der ÖVP.)

22.08


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19. Sitzung / Seite 200

Präsident Dr. Heinz Fischer:
Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Mainoni. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

22.08

Abgeordneter Mag. Eduard Mainoni (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Man sollte eigentlich eher "Leeres Haus!" sagen. Ich nehme an, Oppositionsarbeit ist ein karges Brot. (Ruf bei der SPÖ: Bei euch auch! – Abg. Leikam  – auf die anwesenden Abgeordneten der Freiheitlichen weisend –: Eins, zwei, drei, ... – alles leer!)  – Ja, aber ich habe Ihnen etwas zu sagen, und darum stört mich das jetzt; aber der Herr Innenminister a.D. – er ist für mich der Repräsentant der Dinge, die ich Ihnen jetzt gerne mitteilen möchte – ist ja noch da. – Ich weiß, es läuft das Spiel Österreich gegen Kroatien, in der Cafeteria geht es bunt zu, und, wie ich schon gesagt habe, die Oppositionsarbeit ist natürlich ein karges Brot. (Zwischenruf des Abg. Leikam. )

Ich möchte aber nun zum Sicherheitsbericht 1998 kommen – und dann werde ich vielleicht auf Ihre Ausführungen auch noch eingehen –: Der Sicherheitsbericht 1998 bietet eine Fülle von Zahlen, aus denen sich einiges herauslesen lässt. Es hilft aber überhaupt nichts, meine Damen und Herren, jetzt zu bejubeln und zu belobigen, dass laut Statistik die strafbaren Handlungen im Jahr 1998 zurückgegangen sind, wenn zugleich ein ganz wichtiger Effekt nicht eingetreten ist, nämlich die Erhöhung des subjektiven Sicherheitsgefühls der Bevölkerung. Das hat sich nicht gebessert, sondern es hat sich ganz im Gegenteil verschlechtert!

Dafür gibt es einige Eckdaten (Zwischenrufe der Abgeordneten Dr. Jarolim, Silhavy und Mag. Wurm )  – hören Sie bitte zu! –, zum Beispiel jene, die das Delikt Raubüberfall betreffen: Dieses ist die Beeinträchtigung der körperlichen Integrität, es ist aber auch der Verlust des Eigentums. Das ist einer der klassischen Fälle, bei denen das subjektive Sicherheitsgefühl der Bevölkerung als Indikator gilt. Im Jahre 1998 fanden, bitte, 1 835 dieser Raubüberfälle statt – fünf an jedem Tag! Das ist eine Steigerung um 12 Prozent! Insbesondere Jugendliche, vor allem aber auch – und das sollte uns zu denken geben – ältere Personen und weibliche Personen sind jene Gruppen, die am meisten gefährdet sind, Opfer von Raubüberfällen zu werden. (Abg. Mag. Wurm: Nicht nur da!)

Noch eines muss man dazusagen, und das trifft die Grünen – inzwischen ist ja nur mehr einer da, nein, zwei sind da von den Grünen, unserer Lieblingsoppositionspartei (Abg. Brosz: Was gibt’s?)  –, nämlich, dass die Fremdenkriminalität stark im Steigen ist. Ich weiß, hier wird sofort aufgeheult – ich weiß, ich weiß.

Bei den Verbrechen beträgt der Anteil der fremden Tatverdächtigen immerhin 30,7 Prozent, und beim Raub ist die Fremdenkriminalität im Jahr 1998 überhaupt gleich um 48 Prozent gestiegen.

Meine Damen und Herren! Wenn ich hier vom subjektiven Sicherheitsgefühl spreche, dann komme ich auch aktuell auf die Ausschreitungen bei den jüngsten Demonstrationen zu sprechen. Das ist das Kapitel, das sich die Damen und Herren Vertreter der Sozialdemokraten einmal genau anhören sollten. Die Gewaltbereitschaft ist beängstigend. Wie waren die Parolen? – "Widerstand! Widerstand! Haider, Schüssel an die Wand!" – Wissen Sie das? Die Besetzung der ÖVP-Zentrale, die Besetzung des Sozialministeriums: kriminelle Handlungen! Am 19. Februar, bei der angeblich so friedlichen Großdemonstration: Berufsdemonstranten aus Deutschland und Holland mit Schlagstöcken, Schuhen mit Stahlplatten und so weiter und so fort. Die Folge waren 200 Sachbeschädigungen, 500 beschädigte Ausrüstungsgegenstände und vor allem, meine Damen und Herren – da sind nämlich manche von Ihnen mitmarschiert –, 53 verletzte Beamte! – Das soll friedlich sein? Das soll eine friedliche Demonstration sein?

Meine Damen und Herren von der SPÖ! Es ist unverantwortlich, da mitzumarschieren, auch wenn Sie Ihre Kerzen dabei in der Hand tragen, wenn zugleich solche Vorfälle passieren! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenruf der Abg. Silhavy. )

Meine Damen und Herren! Sie brauchen jetzt überhaupt nicht zu sagen, Sie hätten davon nichts gewusst, denn der Artikel "Die Nervenschlacht" einige Tage vor der Großdemonstration hat


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19. Sitzung / Seite 201

gerade Sie "Kerzerlmarschierer" darüber aufgeklärt, dass aus Deutschland, aus den Benelux-Staaten und aus England laut damaligen vorläufigen und alarmierenden Erkenntnissen mehr als 1 000 Berufsdemonstranten nach Wien reisen würden. Sie haben das gewusst, und Sie sind trotzdem mitmarschiert! Sie bekommen das nächste Problem bei der 1.-Mai-Feier, und ich sage Ihnen – auch hiezu hat heute die "Kronen Zeitung" bereits berichtet (Abg. Dietachmayr: Sagen Sie das Ihren Kollegen!)  –, dass gewaltbereite Linksextreme (Abg. Dietachmayr: Sagen Sie das Ihren Kollegen!)  – Sie sind der Sozialdemokrat! – wieder mitmarschieren werden.

Ich warne Sie jetzt schon davor: Es wäre ein großer demokratiepolitischer Fehler (Abg. Dietachmayr: Sie brauchen uns nicht zu warnen!), ein ganz großer demokratiepolitischer Fehler von Ihnen, zu glauben, dass Sie unter dem Deckmantel einer friedlichen Demonstration (Zwischenrufe bei der SPÖ – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen) Linksextreme und Anarchisten in Reih und Glied mit Ihnen marschieren lassen können! Das wird nicht der Fall sein können! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dietachmayr: Abtreten! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

22.13

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Wurm. – Bitte. (Abg. Silhavy: Zur Abwechslung wieder einmal ein kompetenter Beitrag!)

22.13

Abgeordnete Mag. Gisela Wurm (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ich weiß nicht, worauf der Vorredner mit seinem Beitrag hinauswollte. Wollte er das Versammlungs- und Demonstrationsrecht, das wir immerhin seit dem letzten Jahrhundert haben – es wurde ein bisschen nach 1848 in Österreich eingeführt –, einschränken? (Ruf bei der SPÖ – in Richtung ÖVP –: Eine Katastrophe! Und mit so etwas seid ihr eine Koalition eingegangen!)  – Hier lobe ich mir die gemäßigten und besonnenen Worte des jetzigen Innenministers, der in diesem Zusammenhang zur Mäßigung aufgerufen hat. Gott sei Dank haben Sie (in Richtung Freiheitliche) hier nichts zu sagen! (Beifall bei der SPÖ.)

Nun aber zum Sicherheitsbericht. Beim Sicherheitsbericht sind mir drei Sachen besonders aufgefallen: Erstens, die Zahl der Straftaten ist zurückgegangen, zweitens, die Aufklärungsquote ist gestiegen, und, drittens, die Kriminalität ist männlich. (Ironische Heiterkeit des Abg. Jung. ) Die Kriminalität ist ein männliches Phänomen! Das werde ich Ihnen jetzt mit Zahlen und mit Fakten belegen, und das ist die Wahrheit und nichts als die Wahrheit – ich betone das, weil Herr Khol da sitzt –:

Die Gesamtsumme der strafbaren Handlungen, die begangen wurden, teilt sich überhaupt nicht so auf, wie man es auf Grund der Geschlechterverteilung annehmen könnte. 52 Prozent der Österreicher sind Frauen, 48 Prozent sind Männer. Wie aber sieht das in der Kriminalstatistik aus? – Hören Sie zu:

79 Prozent der strafbaren Handlungen werden von männlichen Tätern begangen, 21 Prozent der strafbaren Handlungen werden von Frauen verübt. Wundern Sie sich da nicht ein bisschen? (Ruf bei der ÖVP: Und was ist die Konklusion?)

Sehen wir uns das noch genauer an! Sehen wir uns an, wie das bei den Verbrechen aufgeteilt ist! Sie wissen ja, bei Verbrechen ist auch der Raub dabei; da gibt es eine Strafandrohung von über drei Jahren. Bei den Verbrechen ergibt sich ein noch dramatischeres Bild für das männliche Geschlecht: 87 Prozent der tatverdächtigen Verbrecher sind männlich, 13 Prozent der tatverdächtigen Verbrecher sind weiblich. (Ironische Heiterkeit des Abg. Schwarzenberger. ) – Das ist überhaupt nicht zum Lachen, dass die Gewalt so männlich dominiert ist, das möchte ich Ihnen schon sagen, Herr Schwarzenberger! (Abg. Silhavy: Das ist erschreckend!)

Sehen wir uns weiters an, wie das beim Delikt Gewalt in der Familie aussieht! Da sind 90 Prozent der Täter männlich. – Gibt Ihnen das nicht zu denken? Sollten Sie nicht auf Ihre Geschlechtsgenossen einwirken und sagen, so geht das nicht? Oder müssten sich da nicht – denn Sie sagen ja immer, Frauenpolitik sei eine Querschnittmaterie (Abg. Kiss: Wer war denn ...


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19. Sitzung / Seite 202

Innenminister?) – die für Frauenagenden zuständige Frau Ministerin Sickl und Herr Minister Strasser überlegen (Zwischenruf des Abg. Kiss ), wie man dieses Aggressionspotential, das nun einmal von einem Geschlecht besonders ausgeht, ein wenig entschärfen kann? (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Noch einmal: Gewalt in der Familie ist ein Delikt, das vor allen Dingen von Männern begangen wird. Im Bereich seiner Bekämpfung gibt es ein Beispiel, das ich auch als Vorbild für das Gewaltschutzgesetz, das in Österreich im Jahre 1997 Eingang gefunden hat und das ein gutes Gesetz ist, das den Frauen, den Familien sehr hilft, nennen möchte und bei dem man sich für die Täterarbeit etwas Besonderes hat  einfallen lassen – das ist überhaupt nicht lustig, sondern sehr wirkungsvoll –:

Hier hat man den männlichen Tätern ein so genanntes soziales Training verordnet – jenen, die es freiwillig machen. Diese gewalttätigen Männer unterziehen sich einer Therapie, und der Erfolg ist, dass in Duluth, Minnesota, seit 15 Jahren kein Mord mehr passiert ist. Wenn das nicht etwas ist, über das man nachdenken sollte und dessen Nachahmung man sich vielleicht auch überlegen könnte, dann weiß ich nicht, worüber man sonst nachdenken sollte.

Jetzt komme ich auch noch – das Thema ist heute schon erwähnt worden – zu den Opfern im Straßenverkehr. Es besteht ein trauriger, ein tragischer aktueller Anlass, weil gerade an diesem Osterwochenende sehr viele Tote auf unseren Straßen zu beklagen waren.

Auch hier – es tut mir ja schon fast Leid, dass ich es wieder sagen muss – wieder dasselbe Bild: Nicht "Frau am Steuer – Ungeheuer", die Zahlen sagen etwas anderes. Die fahrlässige Körperverletzung im Straßenverkehr wird zu 73 Prozent von Männern, zu 27 Prozent von Frauen verursacht, die Toten im Straßenverkehr zu 81,7 Prozent von Männern, zu 18,3 Prozent von Frauen. Im Bereich der Gefährdung der körperlichen Sicherheit – hier geht es also um die so genannten Raser – sind die Verursacher zu nahezu 90 Prozent Männer. – Hier muss etwas getan werden, hier ist Phantasie vonnöten, um dieses Aggressionspotential zu minimieren! Es ist auch hier schon von Verkehrserziehung die Rede gewesen: Ja, Verkehrserziehung und noch einmal Verkehrserziehung und auch andere Maßnahmen mehr!

Noch eine kurze Bemerkung, weil auch mir das sehr am Herzen liegt: Man könnte sich vordergründig nahezu freuen, dass eine Deliktgruppe besonders zurückgegangen ist, nämlich um nahezu 17 Prozent, und das ist der frühere Straftatbestand des sexuellen Missbrauchs von Unmündigen. Hier sind 150 Fälle weniger zu verzeichnen. Das ist aber etwas, was mir andererseits zu denken gibt, denn in den zwei Jahren davor sind mehr Anzeigen bei der Exekutive gemacht worden. Hier handelt es sich um einen Täterkreis, der vor allen Dingen in den Familien und im engeren Bekanntenkreis zu finden ist, und hier hat eine groß angelegte Kampagne der letzten beziehungsweise vorletzten Bundesregierung geholfen zu sensibilisieren.

Ich glaube, dass hier der Weg des vormaligen Innenministers ein richtiger war. Er hat auf Grund dieser Zahlen nicht automatisch gesagt: Schön, es sind weniger Delikte begangen worden!, sondern er hat den Psychologen Professor Max Friedrich beauftragt, eine Studie durchzuführen, um diesem Phänomen auf den Grund zu gehen, damit nicht gerade den Schwächsten in unserer Gesellschaft keine Hilfe zuteil wird.

In diesem Sinne: Es gäbe noch viel zu sagen, und ich hätte auch noch einige Fragen an Sie. Wir werden aber sicher in den nächsten Monaten im Zusammenhang mit der erweiterten Gefahrenerforschung beim Sicherheitspolizeigesetz, der Verordnung, die Sie erlassen haben, und all diesen Maßnahmen, die hier im Schnellverfahren durchgebracht werden sollen, noch dazu kommen. Da werden wir sicher noch die Gelegenheit haben, darüber weiterzudiskutieren. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

22.21

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Freund. – Bitte.

22.21

Abgeordneter Karl Freund (ÖVP): Geschätzter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Der Sicherheitsbericht 1998 ist ein umfassendes und


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objektives Spiegelbild der inneren Sicherheit Österreichs. Die erhobenen Fakten sind Grundlage und Basis für die derzeitige und künftige österreichische Sicherheitspolitik. Das sind 380 Seiten an geballter Information und Übersichten. Leider ist noch immer ein durchschnittlich hohes Niveau an Gesamtkriminalität in Österreich zu verzeichnen, obwohl die Zahl der Delikte abnimmt und die Aufklärungsquote steigt. Ich stehe jedoch nicht an zu sagen: Die Sicherheitspolitik, wie sie die SPÖ-ÖVP-Koalition in den letzten Jahren zu verantworten hatte, war keine schlechte Politik. Die Sicherheitspolitik, meine Damen und Herren, ist es auch, die keine Parteigrenzen kennen darf. Es steht zu viel auf dem Spiel, als dass wir mit Sicherheit Parteipolitik machen dürfen. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine ÖVP-Kollegen Paul Kiss und Günther Platter haben sich eingehend mit dem Schlepperunwesen beschäftigt. Der ÖVP ist es ein ganz besonderes Anliegen, dass wir dieses Schlepperunwesen vermehrt bekämpfen. Kollege Platter hat in seinem Redebeitrag die Zahlen aus den Jahren 1998 und 1999 genannt, und anhand dieser konnte man feststellen, dass eine gewaltige Zunahme an Schleppertätigkeit zu verzeichnen ist. Es wird die Hauptstoßrichtung von Seiten der ÖVP werden, dass man dem verstärkt entgegenwirkt. (Beifall bei der ÖVP.)

Es kann doch nicht sein, dass Schlepper die Flüchtlinge lieber nach Österreich als nach Deutschland schleppen, weil hier die Gesetzeslage eindeutig günstiger für sie ist, weil hier weniger Strafen zu erwarten sind. Da muss es einfach zu einer Harmonisierung in Europa kommen, was die Gesetzeslage und die Gesetzesvorschläge betrifft. Ich unterstütze die Bemühungen unseres geschätzten Herrn Innenministers Strasser, der sich in Europa und insbesondere mit dem bayerischen Innenminister bereits dahin gehend verständigt hat, dass man hier eine Harmonisierung anstrebt. Ich bin überhaupt der Meinung, dass durch Innenminister Strasser die Sicherheit in diesem Bereich viel besser werden wird, als es in der Vergangenheit der Fall war. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Die internationale Zusammenarbeit wird einfach notwendig sein, um dem Schlepperunwesen verstärkt Einhalt zu gebieten.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Es gibt aber noch nicht in allen Bundesländern eine befriedigende Lösung, was die Unterbringung der Schubhäftlinge betrifft. Auch hier besteht nach wie vor großer Handlungsbedarf. Dieses Problem muss einer Lösung zugeführt werden! (Beifall bei der ÖVP.)

Ich möchte als Abgeordneter aus dem oberösterreichischen Grenzraum ganz besonders auch auf die MÜG, die Mobile Überwachungsgruppe, hinweisen, die im Rahmen der Schleierfahndung immer wieder sehr erfolgreich ist, und ich möchte mich bei ihr ganz speziell bedanken. Viele Zollvergehen, insbesondere von Bürgern aus Drittstaaten, können auf diese Weise geahndet werden, vor allem bei Aufgriffen im Rauschgift- und im Zigarettenschmuggel. Hier können wirklich schöne Erfolge verzeichnet werden. Ein herzliches Dankeschön auch in diese Richtung! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Ich danke insbesondere allen Exekutivbeamten für ihren Einsatz, und ich habe vollen Respekt vor ihren Bemühungen und auch vor ihren Erfolgen, denn sie machen das zum Wohle unserer Bürger.

Ich möchte ganz besonders auch jene Organisationen und Körperschaften erwähnen, die sich im Rahmen des freiwilligen Zivilschutzes für die Bürger unseres Landes einsetzen. Ihnen gilt ein großes Dankeschön! Ich denke hier insbesondere an die Feuerwehren und ähnliche Einrichtungen, die wir in unserem Land haben und deren Einsatz wir ganz besonders schätzen. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

22.26

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Reindl. Redezeit: 5 Minuten. – Bitte.

22.26

Abgeordneter Hermann Reindl (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Kollege Schwemlein von den Sozialdemokraten


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hat gesagt, dass dieser Sicherheitsbericht 1998 Schnee von gestern sei. Da gebe ich ihm beinahe Recht. Ich streite nicht ab, dass die hohe Aufklärungsquote zum Teil auch stimmt. Dieser Sicherheitsbericht verdient es aber trotzdem, etwas näher betrachtet zu werden.

Es ist aus ihm eindeutig herauszulesen, dass die Zahl der fremden Tatverdächtigen wieder einmal enorm gestiegen ist. Das zeigt sich bei den strafbaren Handlungen gegen Leib und Leben ebenso wie bei den Delikten gegen fremdes Vermögen, wo ausgewiesen ist, dass es da einen besonders hohen Anteil von slowakischen, polnischen, rumänischen und ungarischen Tatverdächtigen gibt. Es gibt sogar Fälle, die bis zu 100 Prozent von Ausländern verübt werden: Das ist der Raub in Juwelier- und Uhrengeschäften. Ich weiß, es sind insgesamt nur sechs Delikte, aber trotzdem muss man sie erwähnen.

Vergleichen wir aber, meine Damen und Herren, diesen Sicherheitsbericht einmal nicht nur von einem Jahr zum anderen, sondern lassen wir einen längeren Zeitraum Revue passieren: In nur zehn Jahren, von 1988 bis 1998, hat sich der Anteil fremder Tatverdächtiger verdoppelt. Fast verdoppelt hat sich auch der Anteil an Verbrechen, nämlich auf über 30 Prozent. Ein Beispiel: Waren 1987 noch rund 15 000 Fremde tatverdächtig, so waren es laut Sicherheitsbericht aus dem Jahre 1998 bereits an die 40 000 Tatverdächtige – Tendenz steigend. Das, meine Damen und Herren, ist wohl sozialdemokratische Ausländerpolitik!

Was mir ganz besonders am Herzen liegt, ist das Thema Verbrechen an unserer Jugend. Im Bereich der Verbrechen nach dem Suchtmittelgesetz gab es im Jahre 1998 16 624 angezeigte Personen, und – das entnehme ich, bitte, auch dem Sicherheitsbericht, meine Damen und Herren, das sauge ich mir nicht aus den Fingern – der organisierte Suchtgiftschmuggel wird von ausländischen kriminellen Gruppierungen dominiert: Bei der Einfuhr von Kokain dominieren Staatsangehörige der Ursprungsländer und schwarzafrikanische Tätergruppen; die illegale Einfuhr und den Vertrieb von Heroin in Österreich betreiben vorwiegend Gruppierungen von Staatsangehörigen aus der Türkei und aus Ex-Jugoslawien.

Leider taucht im Zusammenhang mit der Drogenkriminalität auch immer wieder der Name einer Organisation auf, einer NGO, die sich große Verdienste im gesamten humanitären Bereich erworben hat, nämlich der Name "Caritas". Ich darf daher aus dem "Standard" vom 22. März zitieren:

"Caritas kritisiert Innenminister." Mit Innenminister Dr. Ernst Strasser gäbe es immer wieder Gespräche, und, so Caritas-Präsident Michael Landau, dieses Gespräch ",war eines mehr‘. Landau kann dem runden Tisch zum Thema Integration, zu dem es am Montag im Innenministerium kam, nicht mehr viel abgewinnen. Er fürchtet, dass diese Treffen zur ,Beschäftigungstherapie‘ verkommen. Innenminister Ernst Strasser stehe offensichtlich ,sehr unter Druck des Koalitionspartners‘, glaubt der Caritas-Präsident."

Ich erlaube mir, in diesem Zusammenhang einige Zeitungsartikel zu zitieren. Der "Kurier" berichtete in seiner Ausgabe vom 6. März 1997 im Zusammenhang mit einer Drogenrazzia der Wiener Polizei in der U-Bahn und im Stadtpark, dass zwei mutmaßliche Drogendealer in einem Caritas-Heim einquartiert waren. Am 26. August 1999 berichtete der "Kurier" über steirische Streetworker, welche als Drogendealer verhaftet worden sind und bei der Caritas beschäftigt waren. – Die Aufzählung solcher Zeitungsberichte ließe sich noch sehr lange fortsetzen. Ich möchte hier nur sagen: Bei der Aufnahme von Fremden als Asylanten wäre die Caritas in Zukunft gut beraten, etwas kritischer zu sein.

Meine Damen und Herren! Ich möchte mich von dieser Stelle aus bei allen Einsatzkräften der Gendarmerie, der Polizei, des Bundesheeres und auch der Zollwache für ihre hervorragende Arbeit bedanken! Alle Wachekörper haben unter oft schwierigen Umständen wirklich Großartiges geleistet.

Hohes Haus! In den letzten Jahren wurden unter einem sozialdemokratischen Innenminister – ich habe nicht gesagt, dass ich Herrn Kollegen Schlögl meine – rund 190 Gendarmerieposten zusammengelegt, obwohl jedermann gewusst hat, dass in der Bevölkerung ein erhöhtes Sicherheitsbedürfnis besteht. Hohes Haus! Die sozialdemokratische Ära ist zu Ende gegangen,


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und das Postensterben hat auch aufgehört. Es war höchste Zeit dafür! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Die neue Bundesregierung wird dafür Sorge tragen, dass unser Heimatland Österreich auch in Zukunft ein sicheres Land sein wird! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

22.32

Präsident Dr. Heinz Fischer: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeordneter Dietachmayr zu Wort. – Bitte.

22.32

Abgeordneter Helmut Dietachmayr (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Zunächst einmal möchte ich eine kleine organisatorische Kritik zu dieser Diskussion über den Sicherheitsbericht anbringen. Herr Präsident! Vielleicht wäre es möglich, dafür zu sorgen, dass in Zukunft, wenn ein Minister sehr viele Beamte aus seinem Ressort mit hat, diese Herren – es handelt sich nur um Herren – auch alle einen Sitzplatz bekommen. Bis auf einen haben es jetzt alle geschafft, einen Sitzplatz zu ergattern, aber vielleicht gestattet es der Herr Minister, dass die Beamten ausnahmsweise auch einmal auf der linken Seite dieses Hauses Platz nehmen dürfen. (Zwischenruf des Abg. Kiss. ) Denn es ist wirklich nicht zumutbar, dass diese Herrschaften zweieinhalb Stunden im rechten Eck zu stehen haben! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Stoisits: Den besten Sitzplatz hat Westenthaler im Stadion!)

Meine Damen und Herren! Zur Diskussion möchte ich sagen: Ich hätte von meinem Vorredner erwartet, dass er sich wegen der Äußerungen seines Kollegen Mainoni entschuldigt, denn was sich dieser Kollege hier mit der Denunzierung der "Kerzerlträger" und von Zehntausenden friedlichen Demonstranten geleistet hat, ist wirklich ein starkes Stück! Solche Denunzierungen und Diskussionen lassen wir in diesem Haus sicherlich nicht einreißen! (Beifall bei der SPÖ.)

Kollege Mainoni von den Freiheitlichen hat sich darüber beschwert, dass das hier nicht das Hohe Haus, sondern das "Leere Haus" sei. Ich kann ihm, falls er zufällig seinen Klubobmann Westenthaler sucht, sagen, wo dieser ist: Er befindet sich im Fußballstadion beim Ländermatch! (Abg. Fischl: Das stimmt nicht! – Abg. Edlinger: Ich habe ihn gerade im Fernsehen gesehen, lieber Freund! – Abg. Auer: Wie steht es denn?)

Meine Damen und Herren! Ich möchte mich nur noch mit einem Teil des Sicherheitsberichtes beschäftigen. Auf Grund dieses Sicherheitsberichtes kann der österreichischen Exekutive ein durchaus gutes Zeugnis ausgestellt werden. Das wurde schon von einigen Vorrednern bestätigt. Ich möchte mich jetzt nur noch einem Bereich widmen, nämlich dem Kampf gegen die Suchtgiftkriminalität.

In diesem Bereich nehmen die Dealer bewusst auch den körperlich-seelischen Verfall und den Tod von Mitbürgern in Kauf. Die Suchtgiftkriminalität ist deshalb so gefährlich, weil die Süchtigen meist auch selbst kriminell werden, um ihre Sucht finanzieren zu können. Viele Einbruchdiebstähle gehen auf ihr Konto. Oft fangen sie auch selbst zu dealen an, um ihren Drogenkonsum finanzieren zu können. Sie verleiten weiters andere zur Sucht. Dadurch entsteht eine nicht mehr kontrollierbare Spirale von Sucht und Kriminalität, an welcher in Wirklichkeit verschiedene Mafiaorganisationen ein Vermögen verdienen.

Im Sicherheitsbericht ist nachzulesen, dass es allein 1998 162 Drogentote gab. Diese Zahl sollte doch zu denken geben! Auf die vermutete Zahl der Süchtigen wird im Bericht nicht näher eingegangen. Wenn man sich aber vergegenwärtigt, dass im Jahre 1998 über 16 600 Personen wegen Zuwiderhandlung gegen das Suchtmittelgesetz angezeigt wurden, dann kann man sich ungefähr vorstellen, wie groß die Dunkelziffer beziehungsweise die Zahl der Betroffenen wirklich ist.

Es ist erfreulich, dass im Jahr 1998 die Menge der sichergestellten Drogen erhöht werden konnte, dass also auch in diesem Bereich die Beamten wieder gute Arbeit geleistet haben. Eine besondere Steigerung gibt es bei der Sicherstellung von Ecstasy-Tabletten von 23 000 auf über


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100 000 Stück, wobei anzumerken ist, dass diese Drogen relativ einfach in geheimen Labors hergestellt werden können und deren Verteilung oft auch in Veranstaltungslokalen, wo sich viele Jugendliche aufhalten, erfolgt.

Auf einen Punkt möchte ich noch ganz besonders hinweisen: Ich verstehe überhaupt nicht, dass man gerade im Bereich der Sicherheit mit exzessiven Sparmaßnahmen das Budget sanieren möchte, überhaupt in Anbetracht der Tatsache, dass Drogen jetzt auch auf Tastendruck über Internet angeboten werden. In den "Oberösterreichischen Nachrichten" wird berichtet, dass über Internet einige Websites aufscheinen, wo Suchtgift angeboten wird und bestellt werden kann. In der "Kronen Zeitung" vom 29. Februar 2000 heißt es in einer Meldung:

"Vor allem weiche Drogen wie Haschisch oder ,Magic Mushrooms‘ (,Zauberpilze‘) stehen auf verschiedenen Webseiten in allen Mengen und Variationen – samt Zubehör – völlig ungeniert zum Verkauf an. Wo sich jedoch – gerade in Bezug auf die vielen Kinder und Jugendlichen unter den Internetbenützern – absolut jeder ,Surfspaß‘ aufhört, sind Begleittexte wie: ,Es ist unwahrscheinlich, dass deine Bestellung vom Zoll gestoppt wird‘, oder ,dass einem nichts passiert, wenn die Ware abgefangen wird‘."

Meine Damen und Herren! Es ist töricht, wenn man glaubt, mit Sparmaßnahmen hier eine erhöhte Sicherheit zu erreichen und vor allem im Bereich der Drogenkriminalität bessere Zahlen erwarten zu können, wie es Kollege Kiss gesagt hat. Dazu kann ich nur sagen: Sparen bei der Sicherheit ist sicherlich der falsche Weg! (Beifall bei der SPÖ.)

22.38

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Auer. Die Uhr ist auf 4 Minuten gestellt. – Bitte.

22.38

Abgeordneter Jakob Auer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir diskutieren Ende April 2000 den Sicherheitsbericht des Jahres 1998. Daher habe ich eine Bitte an den neuen Innenminister Dr. Ernst Strasser: Vielleicht wäre es möglich, den Sicherheitsbericht zu straffen, effizienter und nicht so umfangreich zu gestalten – der vorliegende hat 380 Seiten –, obwohl er ja ein hervorragendes Nachschlagewerk ist! Vielleicht wäre es im Zeitalter der Elektronik möglich, den Zeitplan entsprechend zu straffen, denn es wäre wünschenswert, wenn wir heute schon den Sicherheitsbericht des Jahres 1999 diskutieren könnten und uns effizient mit den tatsächlichen Problemen und Sorgen des vergangenen Jahres beschäftigen könnten.

Herr Ex-Bundesminister Mag. Karl Schlögl! Der jetzige Bundesminister ist sozusagen Ihr Erbe. Und ich bestätige, dass von Ihnen eine gute Sicherheitspolitik gemacht wurde. Ich meine aber, dass Dr. Ernst Strasser eine wesentlich bessere machen wird. Davon bin ich überzeugt, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Eine alte Statistik hilft uns nichts. Gefragt wäre Effizienz. Wir brauchen diesen Bericht nicht dazu, um zu wissen, dass die österreichische Exekutive hervorragende Arbeit leistet. Das ist bekannt, das beweisen die Beamten täglich. Ich bedanke mich daher bei allen und wünsche, dass uns in Zukunft möglichst wenige von den Schwierigkeiten, wie sie in den vergangenen Monaten von der Exekutive in hervorragender Weise bewältigt wurden, begleiten! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

22.40

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Bösch. Er hat das Wort.

22.40

Abgeordneter Dr. Reinhard Eugen Bösch (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Was Kollege Dietachmayr von der SPÖ in Bezug auf die Äußerungen meines Kollegen Mainoni gesagt hat, stelle ich hier gerne richtig: Wenn wir Freiheitlichen gegen die Gewaltanwendungen bei den Demonstrationen gegen die Regierung sprechen, dann meinen wir nicht das


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Demonstrationsrecht als solches, sondern dann meinen wir genau diese Gewaltanwendungen und dann meinen wir auch, dass Sie und Ihre Obleute sich hier im Hohen Haus davon etwas lauter hätten distanzieren können! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Herr Bundesminister! Wenn man den Rednern der Oppositionsparteien Glauben schenken darf, dann müssen Sie auf Ihr Ministerium aufpassen, denn nach deren Worten wird man es ziemlich bald einmal abschaffen können! Wenn ich nämlich die SPÖ-Redner höre, dann muss ich sagen: Es könnte der Eindruck entstehen, dass die SPÖ alle Probleme im Sicherheitsbereich gelöst hat. Und auch wenn ich die Redner der Grünen höre, muss ich feststellen: Es scheint sich in diesem Bereich alles glücklich zu entwickeln, und das Gesellschaftsmodell der Grünen, nämlich das multikulturelle Chaos, scheint endlich Realität zu werden.

Meine Damen und Herren! Dieser Sicherheitsbericht aus dem Jahre 1998 ist aber auch ein Resümee über eine unzureichende Sicherheitspolitik der SPÖ. Die SPÖ hat über Jahre hinweg eine unkontrollierte Zuwanderung und ein verantwortungsloses Öffnen der Grenzen geduldet, und gerade diese Politik hat zu einer Verschärfung im Sicherheitsbereich geführt. Nur infolge der massiven freiheitlichen Politik und durch die Angriffe der damaligen Opposition haben Sie diesen Irrweg erkannt und sind teilweise auch dazu übergegangen, gegenzusteuern. Sie, Herr Kollege Schlögl, haben das in den letzten Jahren als Innenminister getan, aber über weite Strecken war das zu spät!

Wenn ich hier auf einige Details des Sicherheitsberichtes eingehe – wir konnten das ja an anderer Stelle auch schon miteinander ausdiskutieren –, dann finde ich einige Zahlen, die das nachdrücklich beweisen. Über die organisierte Kriminalität ist schon von einigen Rednern gesprochen worden. Ich möchte diesen Bereich deshalb in Anbetracht der knappen Zeit nur mehr streifen.

Herr Minister! Es muss uns gerade im Rahmen der organisierten Kriminalität darum gehen, von Grund auf zu verhindern, dass sich kriminelle Organisationen hier festsetzen. In diesem Zusammenhang sind nicht nur die strafrechtlichen, sondern auch – und darauf legen wir Freiheitliche Wert – die fremdenrechtlichen und die aufenthaltsgesetzlichen Regelungen konsequent zu vollziehen, und dort, wo sie nicht greifen, sind sie zu novellieren.

Herr Bundesminister! Dass diese Konsequenz erforderlich ist, stelle ich fest, wenn ich lese, mit wem wir es hier überhaupt zu tun haben, nämlich: Mit Tätergruppierungen aus dem ehemaligen Ostblock, deren Spezialitäten im Suchtgifthandel, in der Kfz-Verschiebung, im Menschenhandel, in der Geldwäsche und in der Wirtschaftskriminalität liegen; mit Straftätergruppierungen aus den Staaten des ehemaligen Jugoslawien, die im Bereiche der Eigentumskriminalität ganz besondere Geschicklichkeit entwickelt haben; mit türkischen kriminellen Organisationen, deren Betätigungsfeld sich unter anderem auf den Suchtgift- und den Waffenhandel, die Erpressung und die Schutzgeldeintreibung erstreckt; mit asiatischen kriminellen Organisationen, die sich vor allem mit Dokumentenfälschung, Schlepperei, Schutzgelderpressung und Geldwäsche befassen.

Herr Minister! Setzen sie gerade in diesem Bereich wirkungsvolle Maßnahmen gegen diese organisierte Kriminalität, solange der Staat solchen Mächten überhaupt noch handlungsfähig gegenübertreten kann! Die Statistik zur Kriminalität von Fremden unterstreicht diese Behauptung. (Abg. Schieder: Was er da sagt, ist unfassbar!) Mein Kollege ist darauf schon eingegangen: Im Jahre 1975 betrug der Anteil von Fremden an der Gesamtkriminalität noch 9,4 Prozent, im Jahre 1998 ist er hingegen bereits auf 19,4 Prozent angewachsen! Bei den strafbaren Delikten war im Jahre 1998 bei bewaffnetem, gewerbsmäßigem und Bandendiebstahl ein Anteil von 45,8 Prozent Fremder ausgewiesen, bei manchen Varianten des Raubmordes sind es sogar 100 Prozent!

Dass die Grünen das offenbar für normal erachten und es auch nicht als erwähnenswert empfinden, kann ich verstehen. Wir Freiheitlichen wollen das allerdings nicht! Wir werden dafür sorgen, dass Sicherheit ein wesentlicher Inhalt der Politik dieser Bundesregierung bleibt, und


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Sie, Herr Bundesminister, als Träger dieser Politik werden darin unsere Unterstützung haben. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

22.45

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Schlögl. Ich erteile ihm das Wort. – Bitte.

22.45

Abgeordneter Mag. Karl Schlögl (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In der Tat findet die Diskussion über diesen Sicherheitsbericht in einer ungewöhnlichen Situation statt. Der Minister, der für diesen Sicherheitsbericht verantwortlich ist, hat diesen zeitgerecht – Herr Kollege Auer! – dem Ministerrat vorgelegt, nämlich im Oktober des vergangenen Jahres. Da dieser Sicherheitsbericht leider erst heute im Parlament behandelt wird, tritt der verantwortliche Minister nun als Oppositionsredner auf, während der Bundesminister, der dafür nicht verantwortlich ist, heute die Aufgabe hat, diesen Bericht von der Regierungsbank aus zu vertreten. (Zwischenruf des Abg. Auer. )

Trotzdem glaube ich, dass es in der heutigen Debatte gelungen ist, doch sehr viel Gemeinsames zu finden. Selbst von den Grünen ist ein klares Bekenntnis zur österreichischen Exekutive und zur Unterstützung der österreichischen Exekutive gekommen. Das ist möglicherweise ein gutes Erbe meiner Tätigkeit als Minister, weil ich immer den Grundsatz vertreten habe, dass es die Aufgabe von Politikern ist, Brücken zu bauen und nicht Brücken niederzureißen. Vielleicht ist es uns doch gelungen, gerade in diesem Bereich einiges zu erreichen! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Alle haben sich dafür ausgesprochen, dass wir alles daran setzen müssen, dass die hohen Sicherheitsstandards in Österreich auch erhalten bleiben. Ich warne davor, wenn irgendjemand in diesem Haus glaubt, dass umfassende Sicherheit nur dadurch erhalten werden kann, wenn man konsequent gegen Kriminalität und Verbrechen vorgeht. Das ist selbstverständlich wichtig und notwendig, es ist aber nur ein kleiner Teil eines umfassenden Sicherheitsbegriffes. In Wirklichkeit können wir nur dann dafür sorgen, dass in Österreich die Quote der Kriminalität und Verbrechen möglichst gering ist, wenn wir alles daran setzen, dass wir eine hohe soziale Sicherheit haben, wenn wir alles daran setzen, dass das soziale System so abgefedert ist, dass niemand in Österreich in Not leben muss, wenn wir garantieren, dass das Gesundheitssystem in Österreich, das hervorragend ist, auch in Zukunft erhalten wird.

Wir müssen die Sicherheit in vielen gesellschaftlichen Bereichen als etwas Umfassendes betrachten, ob im Umweltbereich, ob im Bereich der sozialen Absicherung wie etwa bei der Garantie der Pensionen, ob im Bereich des konsequenten Kampfs gegen Drogenkriminalität. Ich bin überzeugt davon, dass wir, wenn wir in diesem Sinn vorgehen, auch erfolgreich sein können! (Abg. Dr. Khol: Komm, setz dich zu uns, du gehörst zu uns!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben in den letzten Jahren einiges gemeinsam bewirkt. Wenn ich jetzt daran denke, dass die vergangene Bundesregierung ein Integrationspaket verabschiedet hat und dass ein neues Fremdenrecht und ein neues Asylrecht im Jahre 1997 beschlossen worden und in Kraft getreten ist, dann glaube ich, dass das wesentlich dazu beigetragen hat, dass die Frage der Zuwanderung und der Asylpolitik in Österreich jetzt mit viel weniger Emotion diskutiert wird, als das früher der Fall gewesen ist. (Abg. Dr. Khol: Das hat dir aber in der eigenen Partei nicht gut getan!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben aber auch in einer Reihe von anderen Bereichen viel bewegt. Wenn ich nur daran denke, dass wir in der Kriminalistik sehr viele neue Möglichkeiten eingeführt haben, etwa die DNA-Analyse, hinsichtlich welcher Österreich nach Großbritannien Vorreiter war und welche sehr viel für die Aufklärung von Straftaten gebracht hat, die es sonst nicht gegeben hätte, dann meine ich, dass wirklich wesentliche Beiträge geleistet wurden. (Abg. Dr. Khol: Das hättest du aber ohne uns nicht zustande gebracht!)


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Ich möchte auch noch andere Dinge wie etwa das Gewaltschutzgesetz erwähnen. Dieses Gewaltschutzgesetz ist ein in Österreich einzigartiges Gesetz, welches garantiert, dass die Opfer von häuslicher Gewalt auch tatsächlich Schutz und Hilfe bekommen. Dieses Gewaltschutzgesetz hat dazu geführt, dass die österreichische Exekutive pro Jahr in mehr als 20 000 Streitfällen in der Familie eingreift, und das hat dazu beigetragen, dass das Elend und das Leid von vielen Frauen in Österreich gemildert worden ist. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich hoffe, dass mein Nachfolger den Weg fortsetzt, den ich mit der Frauenministerin gemeinsam beschritten habe, dass nämlich die Interventionsstellen in Österreich auch weiter ausgebaut und entsprechend unterstützt werden, weil ich glaube, dass das eine sehr, sehr wichtige Einrichtung ist. Die Interventionsstellen arbeiten sehr gut mit der österreichischen Exekutive zusammen, und nur so ist garantiert, dass jene Frauen, die wirklich Schutz und Hilfe brauchen, nach der ersten Hilfe durch die Exekutive dann die entsprechende notwendige Betreuung bekommen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es hat in der heutigen Debatte auch einige Dinge gegeben, die kontroversiell sind. Ich will nicht auf alles eingehen, weil ich heute meine Aufgabe nicht ausschließlich darin sehe, den Bericht des Jahres 1998 zu verteidigen. Ich glaube aber, dass man doch zwei, drei Punkte erwähnen sollte.

Erstens: Kollege Kößl! Sie haben völlig Recht. Es hat am Beginn der neunziger Jahre eine Vielzahl von Schließungen von Gendarmerieposten gegeben. Aber, lieber Kollege Kiss, bitte keine Kindesweglegung durch die ÖVP: Auch die ÖVP hat diesen Gendarmeriepostenschließungen zugestimmt! (Beifall bei der SPÖ.)

Bundesminister außer Dienst Caspar Einem war derjenige, der in der Zeit seiner Tätigkeit als Innenminister diese Gendarmeriepostenschließungen zu Ende gebracht hat. Aber bereits während seiner Tätigkeit und dann in Fortsetzung während meiner Tätigkeit als Innenminister sind keine Gendarmerieposten mehr geschlossen worden. Das soll hier auch sehr klar gesagt werden, weil Kollege Reindl hier etwas ganz anderes behauptet hat.

Was für mich auch sehr wichtig ist – apropos ein Mann, ein Wort –, lieber Kollege Kiss, ist Folgendes: Du hast im September des vergangenen Jahres gesagt, eine der wesentlichen Bedingungen der Österreichischen Volkspartei für ihren Eintritt in eine neue Bundesregierung ist, dass 1 000 zusätzliche Planposten für das Innenministerium geschaffen werden. Ich werde dich bei der Budgetdebatte an diese wesentliche Bedingung der Österreichischen Volkspartei erinnern!

In diesem Sinne ist, glaube ich, dieser Sicherheitsbericht des Jahres 1998 ... (Abg. Dr. Khol: Das hat Edlinger verhindert! – Abg. Edlinger: Das ist falsch!) In meiner Zeit habe ich einen sehr großzügigen Finanzminister gehabt, einen Finanzminister, der gerade bezüglich der inneren Sicherheit sehr viel Verständnis für den Innenminister gehabt hat! Und ich hoffe, dass der jetzige Innenminister einen ähnlichen Finanzminister findet. – In diesem Sinne stimmen wir dem Sicherheitsbericht 1998 zu. (Beifall bei der SPÖ.)

22.52

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Miedl. – Bitte.

22.53

Abgeordneter Werner Miedl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Ex-Minister Karl Schlögl! Kindesweglegungen kann man so und so betreiben. Ich denke mir, dass uns tatsächlich ein Sicherheitsbericht vorliegt, der von beachtlichem Niveau ist und der sich mit den Sicherheitsberichten anderer westlicher europäischer Länder durchaus messen kann. Das, was uns zu denken geben soll, ist vor allem die Suchtgiftkriminalität und wie sie sich entwickelt. In diesem Zusammenhang haben wir wirklich einiges zu tun, vor allem deswegen, weil sowohl Täter als auch Opfer im Bereich der Suchtgiftkriminalität meist nicht mit der Exekutive zusammenarbeiten werden und wollen. In diesem Bereich müssen wir wirklich aufpassen! – Aber das ist nicht mein Thema heute.

Mein heutiges Thema ist ein völlig anderes: Wir hören zu Ostern und zu Pfingsten immer wieder stereotyp dieselben Meldungen über die Verkehrsunfallsentwicklung. Wir haben heuer


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19. Sitzung / Seite 210

118 Schicksale mehr als voriges Jahr zu Ostern zu beklagen. Darunter befinden sich 3 Tote und 115 Verletzte, meine Damen und Herren, und angesichts dieser Problematik sollten wir ein bisschen genauer überlegen, was wir denn da tun können und sollen.

Meine Damen und Herren! Bekanntlich stehen Häufigkeit und Schwere von Verkehrsunfällen in direktem Zusammenhang mit der Höhe der gefahrenen Geschwindigkeit. Die Kolleginnen Stoisits und Petrovic haben in ihren Reden bereits darauf hingewiesen, aber es geht mir noch etwas ab. Wir müssen uns fragen: Welcher Weg bringt uns diesbezüglich sozusagen in eine neue Dimension und in eine neue Richtung? – Wir verlassen uns nämlich nach meinem Dafürhalten dabei viel zu sehr darauf, dass die Exekutive das schon richten wird. In Wirklichkeit geht es um unfallträchtiges Fehlverhalten, und die Exekutive hätte in weiten Bereichen schon allein deshalb keine entsprechenden Möglichkeiten, weil wir zu wenig Exekutivbeamte haben, um das Problem tatsächlich in den Griff zu bekommen. Man kann doch nicht hinter jeder Kurve oder nach jeder langen Geraden, wo hohe Geschwindigkeiten gefahren werden, einen Exekutivbeamten aufstellen.

Meine Damen und Herren! Ich möchte jetzt ein paar Thesen, die ich dazu habe, erwähnen. Erstens: Die Kontrolle durch die Exekutive ist wichtig und unverzichtbar. Noch wichtiger erscheint es mir jedoch, auf eine Änderung des Verhaltens der Menschen zu setzen. (Abg. Dr. Petrovic: Der Männer!)  – Nicht nur der Männer, Frau Kollegin! Leider beginnen die Damen nämlich in der Zwischenzeit, es dem männlichen Beispiel nachzumachen! (Abg. Mag. Stoisits: Über 80 Prozent sind Männer!) Sie müssen sich die Zahlen ganz genau anschauen! Ich gebe zu, dass das männliche Verhalten im Straßenverkehr aggressiver ist als das der Frauen. Trotzdem sollten wir uns darüber Gedanken machen: Es ist für die Frau, die durch einen Verkehrsunfall zu Tode kommt, völlig belanglos, ob sie ein Mann oder eine Frau zu Tode gefahren hat. Ich glaube, darüber sind wir uns einig! (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Ich denke, wir sollten einander nicht länger auf der Straße gegenseitig umbringen! Ich meine, es ist falsch, jeden Verkehrsunfall so darzustellen, als ob er eine unausweichliche gottgewollte Katastrophe wäre; das ist in Wirklichkeit jeweils ein Verkehrsunfall zu viel. Daher frage ich Sie, meine Damen und Herren: Was tun?

Herr Innenminister Strasser hat Gott sei Dank in seinen gestrigen und vorgestrigen Aussagen zur Verkehrsunfallsentwicklung ganz deutlich darauf hingewiesen, dass er beabsichtigt, verstärkt die Autofahrerverbände, das Kuratorium für Verkehrssicherheit und auch – was nach meinem Dafürhalten sehr zielführend ist – Marketingmaßnahmen einzusetzen, um hohen Geschwindigkeiten und Unfällen sozusagen bereits im Vorfeld zu begegnen.

Meine Damen und Herren! Wir werden auf die Exekutive im Bereich der Verkehrsunfallsentwicklung nicht verzichten können. Was wir aber unbedingt brauchen, ist auch eine andere Denkweise und ein anderes Herangehen an das Problem der überhöhten Geschwindigkeiten im Zusammenhang mit Verkehrsunfällen!

Es liegt uns ein an sich positiver Sicherheitsbericht vor. In einigen Punkten müssen Änderungen durchgeführt werden. In einigen Punkten brauchen wir sozusagen die Mithilfe der Bevölkerung. Ich denke, dass wir mit den Maßnahmen, die wir ins Auge gefasst haben, wie auch mit jenen Maßnahmen, die Sie, Herr Minister, angekündigt haben, auf einem guten Weg sind. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

22.57

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Murauer. – Bitte.

22.57

Abgeordneter Walter Murauer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Der Sicherheitsbericht, der nicht mehr ganz taufrisch ist, liegt uns nun vor, und alle Parteien haben bekannt, dass Österreich ein sicheres Land ist. – So soll es auch bleiben, und mit dem neuen Bundesminister ist diese Sicherheit in unserem Land mehr als gewährleistet. (Beifall bei der ÖVP.)


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Der Sicherheitsbericht ist natürlich eine Erfolgsstory unserer Sicherheitsexekutive. Ich freue mich darüber und gratuliere uns zu dieser Exekutive! Und es darf sich natürlich auch Ex-Minister Schlögl darüber freuen, weil das in seiner Zuständigkeit lag. Und warum konnte er eine erfolgreiche Sicherheitspolitik machen? – Weil er die Unterstützung der Österreichischen Volkspartei hatte, eine Unterstützung, welche ihm leider Gottes von seiner eigenen Fraktion nicht in diesem Ausmaß gewährt wurde. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Khol: Das ist es! Ein gutes Schlusswort!)

Ich hoffe, ich habe ihm mit dieser Äußerung nicht geschadet. (Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten von ÖVP und SPÖ. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.)

Meine Damen und Herren! Er hat noch etwas Wesentliches gesagt, nämlich dass der Bereich der Sicherheit umfassend ist. Dazu sage ich: Die neue Bundesregierung ist angetreten, um Sicherheiten in allen Situationen unseres Lebens anzubieten: die Sicherung des Wohlstandes, der Sozialsysteme und der Zukunft unserer Jugend. Ein besonderer Teil dabei ist der Bereich der Sicherung vor Verbrechen und Vergehen, welcher dem Innenminister zugeordnet ist, und ich möchte sagen, dass unser Innenminister die Feuertaufe bestanden hat, als er die Gewaltbereitschaft in den Demonstrationen mit seinen Beamten und mit seinem persönlichen Engagement zu bewältigen hatte. Ich möchte nur nebenbei erwähnen, dass es 53 verletzte Beamte, 500 geschädigte Ausrüstungsgegenstände, 17 Festnahmen, 200 Sachbeschädigungen, Häuserbesetzungen und so weiter gegeben hat, was von den Linken unterstützt wurde. Dabei haben sich Grüne, Alternative, Sozialisten, Kommunisten und ihre Jugendorganisationen vereint, und das hat nicht zur Steigerung der Sicherheit unseres Landes beigetragen, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Das wurde durch den besonnenen, konsequenten und kompetenten Bundesminister Dr. Ernst Strasser bewältigt. Ich gratuliere Ihnen dazu sehr herzlich, Herr Minister. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Die Sicherheitsberichte aus dem Jahre 1999 zeigen uns schon, dass es schlechtere Aufklärungsquoten und steigende Kriminalität gibt. Die letzten Ereignisse müssen wir bei einer Sicherheitsdiskussion selbstverständlich mit in Betracht ziehen und darauf hinweisen, dass wir über die Straßenverkehrssituation – über die vielen tödlichen Verkehrsunfälle – beunruhigt sein müssen, ebenso wie über die Zunahme der organisierten Kriminalität. In diesem Zusammenhang möchte ich neben der Schlepperei auch die Wirtschaftskriminalität nennen.

Auch wenn das Verbrechen als "männlich" bezeichnet wurde, möchte ich es nicht nur den Männern zuordnen. Es ist ein allgemeines Problem. Wir müssen neben der Bekämpfung auch dafür eintreten, dass es in der Gesellschaft eine Änderung gibt, dass es eine individuelle Verantwortung gibt, dass wir nicht nach Überschriften gehen sollten – etwa: "Mit Vollgas ins 21. Jahrhundert" –, sondern dass wir mit individueller Verantwortung und solider Teilnahme an den Straßenverkehr herantreten.

Wir müssen unseren Gendarmen und Polizisten Zeit geben, damit sie auf der Straße präventiv tätig sein können. Diese Zeit müssen wir Ihnen zur Verfügung stellen, indem wir sie von bürokratischen Aufgaben, die nicht unmittelbar in ihre Zuständigkeit fallen, entsprechend entlasten.

Meine Damen und Herren! Bundesminister Strasser und die neue Regierung werden mit motivierten Beamten weiterhin für die innere Sicherheit in diesem Lande sorgen. Wir als Gesetzgeber müssen ihnen die erforderliche Zeit und gesetzliche Grundlagen zur Verfügung stellen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

23.02

Präsident Dr. Heinz Fischer: Weitere Wortmeldungen dazu liegen nicht vor. Damit schließe ich diese Debatte.

Ein Schlusswort des Berichterstatters wird nicht gewünscht.


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Wir kommen daher zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses, den vorliegenden Sicherheitsbericht in III-28 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für die Kenntnisnahme dieses Sicherheitsberichtes stimmen, um ein Zeichen. – Der Sicherheitsbericht ist mit großer Mehrheit angenommen.

Damit haben wir den 4. Punkt der Tagesordnung erledigt.

5. Punkt

Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (59 der Beilagen): Bundesgesetz über den freien Dienstleistungsverkehr und die Niederlassung von europäischen Rechtsanwälten in Österreich (EuRAG) sowie über Änderungen der Rechtsanwaltsordnung (72 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen zum 5. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wird verzichtet. Wir gehen in die Debatte ein.

Erster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Jarolim. Die Uhr ist auf 8 Minuten gestellt. – Bitte. (Abg. Dr. Jarolim: 4 Minuten!) Kürzer? – Okay. (Abg. Dr. Kostelka: Eine Minute! – Abg. Dr. Jarolim: Halbe – unter uns! – Abg. Mag. Trattner: Er hat gesagt, eine!)

23.04

Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Dem vorliegenden EuRAG liegt eine weitestgehend emotionslose Debatte im Ausschuss zugrunde. Es geht dabei um die Umsetzung einer EU-Richtlinie, nämlich der Niederlassungsrichtlinie für die Rechtsanwaltschaft. Diese Richtlinie ist umzusetzen, die Themen der Umsetzung sind an sich auch relativ stark vorgegeben. Ich kann mich daher – auch angesichts der fortgeschrittenen Zeit – sehr kurz halten.

Einige wenige Punkte möchte ich hervorstreichen. Es gab eine Zeit lang eine Diskussion darüber, ob es die interdisziplinäre Gesellschaft – sprich: zwischen Anwälten und Wirtschaftstreuhändern – geben soll oder nicht. Meine Fraktion hat sich in diesem Zusammenhang eher neutral verhalten. Als Rechtsanwalt hat man natürlich einen anderen Standpunkt. Letztlich hat sich Kollegin Fekter gegenüber der Bundeswirtschaftskammer durchgesetzt und hat erreicht, dass die interdisziplinäre Gesellschaft bis auf weiteres nicht möglich ist. Das ist uns recht, wir haben diesbezüglich keine Probleme.

Ein weiterer Punkt, der zur Diskussion angestanden ist und in dem eine mir sehr bemerkenswert erscheinende Wandlung auch bei den Abgeordneten der Freiheitlichen Partei erkennbar ist, war die Frage, inwiefern die derzeitige Dauer des Studiums und der Gesamtausbildung wünschenswert und im gesamteuropäischen Kontext vertretbar ist. Ich darf daran erinnern, dass Österreich – Studium und Rechtsanwaltsausbildung zusammen genommen – eine der längsten Ausbildungszeiten hat.

Ich wage zu behaupten, dass mit kürzeren Ausbildungszeiten auch innerhalb der Anwaltschaft ein gleicher Qualitätsstandard erreicht werden kann, wenn die Ausbildung intensiver ist. Wir sehen beispielsweise in England – dort gibt es erheblich kürzere Ausbildungszeiten –, dass innerhalb kurzer Zeit sehr hohe Wissensstandards vermittelt werden. Mir scheint die jetzige Länge der Ausbildungszeiten – wiewohl ich natürlich ein offenes Ohr habe für jedes Argument, wonach die Qualität gesichert werden muss, weil der Konsument letztlich eine gute Beratung braucht – doch etwas prohibitiv zu sein.

Daher glaube ich, dass wir in weiterer Folge darüber diskutieren sollten, Studium und Ausbildungszeit für den Anwalt entsprechend anzupassen, zu verkürzen und stärker praxisorientiert zu gestalten. Wir haben jetzt insbesondere an der Universität eine Ausbildung, die sehr theorieorientiert ist, und man beginnt eigentlich erst in der Praxis mit einer weiteren Phase, einem


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komplett neuen Stadium der Ausbildung. Das ist nicht wirklich wünschenswert und auch nicht sehr effizient.

Vielleicht noch ganz kurz Folgendes: Sinnvoll wäre eine Lösung der Frage des Urkundenregisters. Diese Frage wurde vor einem Jahr beim Notariats-Berufsrechts-Änderungsgesetz andiskutiert. Die Notare haben ein derartiges Urkundenregister. Meiner Ansicht nach sollten wir darauf hinwirken, dass es ein gemeinsames Bundes-Urkundenregister für alle Urkunden gibt und nicht für jeden Stand ein eigenes, weil Letzteres eigentlich nicht der Rechtssicherheit und auch nicht der Übersichtlichkeit dient. Wünschenswert ist ein einziges Register, in dem alle Urkunden vorzufinden sind. Diesbezüglich ist mit dem vorliegenden Gesetz – das ist allerdings auch nicht Vorgabe der Richtlinie, muss man hinzufügen, aber nichtsdestoweniger sollte man sich damit beschäftigen – nicht wirklich etwas weitergegangen.

Letztlich kommt es auch zu einer Änderung der Rechtsanwaltsordnung dahin gehend, dass bei den einzelnen Verfahrenshilfeprozessen die Abgeltung mehr nach dem Anfall der Fälle bemessen werden soll, was sicherlich ein Schritt in Richtung von mehr Kostengerechtigkeit ist.

Der Grund dafür, dass wir diesem Gesetzesvorschlag nicht zustimmen, ist folgender. Wir haben vor einem Jahr in der letzten Debatte zum Rechtsanwalts-Berufsrechts-Änderungsgesetz signalisiert – das kam damals eigentlich von beiden Regierungsparteien –, dass es ein Anliegen der Gesellschaft, ein Anliegen der Konsumenten ist, zu versuchen, in der Frage der Kosten der Rechtsanwälte zu Beginn der Vertretungstätigkeit eine ausgezeichnete Information über die Art und Weise, wie Kosten kalkuliert werden – die Kostenrechnung ist an sich eine eigene Philosophie und schon für einen Anwalt relativ schwer zu begreifen oder anzuwenden, und umso schwieriger natürlich für einen Konsumenten –, zumindest in groben Umrissen demjenigen zu geben, der sich eine Beratung andienen lassen möchte oder darauf angewiesen ist, damit er weiß, wie es läuft und womit er ungefähr rechnen kann, wenn er gewisse Leistungspakete bekommt. Darüber hinaus sollte man ihm auch Informationen nach gewissen Zeiten, etwa einem halben Jahr oder einem Jahr, über die jeweils erreichte Höhe geben. Letztlich stellt sich auch die Frage, wie man die Kostenabrechnung besser nachvollziehbar machen kann, weil das eine sehr komplexe und komplizierte Materie ist.

Damals hat der Rechtsanwaltskammertag in einem Brief mitgeteilt, dass er Möglichkeiten dafür schaffen wird, in dieser Hinsicht eine Verbesserung herbeizuführen. Es gab eine entsprechende Ausschussfeststellung, und letztlich kam es zu einer Empfehlung an einzelne Anwälte, Verbesserungen in der Information und bei der Berechnung der Kosten durchzuführen. Eine Empfehlung ist aber eine Empfehlung, und diejenigen, die sich nicht an Empfehlungen halten, werden wieder genau die gleichen Probleme verursachen, die wir vorher schon abschaffen wollten, nämlich unübersichtliche Tarifanwendung beziehungsweise keine Informationen.

Wir sind davon ausgegangenen, dass nun erneut eine Feststellung im Ausschuss getroffen wird, und haben zu Beginn eigentlich auch relative Einigkeit darüber erzielt – zumindest bei allen, die an der Diskussion teilnahmen –, dass es ein entsprechendes Bedürfnis gibt. Letztlich ist es dann nicht dazu gekommen. Ich verstehe bis heute nicht, Kollegin Fekter, warum wir das nicht gemacht haben. Sie haben zu verantworten, dass Sie es nicht wollten und dass wir das nicht tun. Das ist sicherlich keine Verbesserung des Qualitätsstandards.

Das ist für uns jedenfalls der Grund, dieser Vorlage nicht zuzustimmen, meine Damen und Herren. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

23.10

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Fekter. Ich erteile ihr das Wort.

23.10

Abgeordnete Mag. Dr. Maria Theresia Fekter (ÖVP): Sehr geehrter Herr Minister! Herr Präsident! Hohes Haus! Angesichts der vorgeschrittenen Stunde möchte ich mich auch ganz kurz fassen. Es geht beim EuRAG um berufsrechtliche Regelungen für Rechtsanwälte, die von der Berufsgruppe selbst intensiv mitgestaltet wurden und – erlauben Sie mir diese Beurteilung, ich


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bin keine Anwältin – tendenziell nicht als besonders liberal zu bezeichnen sind, sondern ein eher sehr restriktives Gesetz darstellen.

Es beinhaltet das Tätigwerden von ausländischen Anwälten in Österreich, insbesondere vor österreichischen Gerichten. Dazu bestehen zwei Möglichkeiten, entweder als dienstleistender Anwalt ohne eigene Kanzlei im Inland oder als niedergelassener Anwalt mit den dazugehörigen Vorschriften. Diese Gesetzesnovelle regelt ferner die Vergesellschaftung über die Grenzen hinweg.

Bedauerlicherweise – das hat Herr Kollege Jarolim schon erwähnt – ist es nicht zu Regelungen über interdisziplinäre Gesellschaften mit anderen freiberuflichen Gruppierungen gekommen, weil keine Einigung innerhalb dieser Berufsgruppen mit freiberuflichen Berufsordnungen erreicht werden konnte. Das hätte nämlich mit den anderen freiberuflichen Berufsordnungen zu Harmonisierungen führen müssen, aber diese sind nicht zustande gekommen. Ich hoffe, dass weiter daran gearbeitet wird.

Lassen Sie mich zum Schluss darauf hinweisen, dass der Justizausschuss bei der letzten Novelle zur Rechtsanwaltsordnung an die Rechtsanwaltskammer den Wunsch gerichtet hat – das ist in einer Ausschussbemerkung zu 1681 der Beilagen festgehalten –, die Richtlinien für Rechtsanwälte bezüglich der Informationspflicht über Honorare gegenüber ihren Kunden zu ändern. Es soll die Zulässigkeit von Honoraren unter Tarif geben, und es soll das Werbeverbot beseitigt werden.

Im Hinblick auf meinen Nachredner, der sicherlich darauf eingehen wird, möchte ich sagen, dass mir hier die Richtlinienänderung vorliegt. Sie ist am 17. 9. 1999 erfolgt. Damit hat die Rechtsanwaltskammer dem Wunsch des Justizausschusses Rechnung getragen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

23.13

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Maier. Ich erteile ihm das Wort.

23.13

Abgeordneter Mag. Johann Maier (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte gleich auf die Bemerkung meiner Vorrednerin, der Vorsitzenden des Justizausschusses Kollegin Fekter, eingehen. Sie hat gemeint – und wir haben das im Justizausschuss diskutiert –, dass das, was in einem Schreiben vom 11. März 1999, gerichtet an die Obfrau des Justizausschusses, Abgeordnete zum Nationalrat Dr. Maria Theresia Fekter steht, vom Österreichischen Rechtsanwaltskammertag umgesetzt worden wäre.

Frau Kollegin Fekter, das ist nicht richtig! Es gibt auf Seite 1 unter dem Kapitel "Artikel 9, Honorar" den Punkt c, der folgendermaßen lautet: Der Rechtsanwalt hat für den Fall, dass der Umfang seiner Tätigkeit das bei Auftragserteilung eingeschätzte Maß deutlich überschreitet, den Klienten davon zu informieren. – Zitatende.

Das ist für mich ein ganz wesentlicher Punkt! Aber genau dieser Punkt, Kollegin Fekter, findet sich in den Beschlüssen dieser Delegiertenkonferenz nicht. Über die anderen Bereiche kann man diskutieren, ob ein geänderter Beschlussvorschlag dem entspricht, was dem Justizausschuss zugesagt worden ist.

Wenn Sie sich das gefallen lassen, Frau Kollegin Fekter, dann ist das Ihre Angelegenheit als Vorsitzende des Justizausschusses. Wir, die sozialdemokratische Fraktion, werden uns das nicht gefallen lassen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, warum sage ich das? – Jetzt komme ich auf einen Fall zurück, den ich bereits im Justizausschuss dargestellt habe. Lassen Sie mich eine Geschichte erzählen. (Widerspruch bei Abgeordneten der ÖVP und der Freiheitlichen.) So viel Zeit


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muss sein, Kollege Schweitzer. (Abg. Mag. Schweitzer: Ich habe gar nichts gesagt! – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.)

Ein Salzburger Konsument kauft sich eine Wohnung in Salzburg. Es gibt zwei Miteigentümer, die ihm über ein Maklerbüro vermittelt werden. (Abg. Dr. Ofner: ... schon gehört im Ausschuss!) Das hat sehr viel damit zu tun, Kollege Pumberger. Es mag ein Arzt das nicht verstehen, aber die Juristen in diesem Hause werden es verstehen. – Kaufpreis: 3 Millionen Schilling. Das ist die Bemessungsgrundlage für das Honorar. Vereinbart wurde – nachdem der Käufer schriftlich verpflichtet worden war, einen ganz bestimmten Rechtsanwalt zu nehmen –: 2 Prozent der Kaufvertragssumme plus Umsatzsteuer und Barauslagen, in etwa 85 000 S.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe die Abrechnung aus diesem Fall. Die Abrechnung ... (Abg. Dr. Khol: Da gibt es aber ein Amtsgeheimnis!)  – Herr Kollege Khol! Ich wurde von dem betreffenden Käufer, der als Konsument zu mir in die Konsumentenberatung gekommen ist, heute ermächtigt, diesen Fall darzustellen. (Abg. Gaugg: Tragisches Einzelschicksal! Stell dir vor, jetzt ...!)  – Die Abrechnung, Kollege Gaugg – und daher gibt es die Konsumentenberatung in der Arbeiterkammer, merken Sie sich das! –, beträgt 576 000 S.

Jetzt kann man natürlich fragen – Kollege Gaugg, Sie sollten noch hier bleiben! –, wer die Verkäuferin ist, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich meine, wer sich einen derartigen Rechtsanwalt aussucht, ist entweder inkompetent oder unsensibel. Es ist Frau Bundesministerin Dr. Elisabeth Sickl. Ich empfehle ihr, dass die ausgewählten Juristen der freiheitlichen Fraktion sie darüber beraten, wie man in diesem Fall vorgeht.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bringe daher hier folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Maier, Mag. Terezija Stoisits zum Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz über den freien Dienstleistungsverkehr und die Niederlassung von europäischen Rechtsanwälten in Österreich (EuRAG) sowie über Änderungen der Rechtsanwaltsordnung (59/72 der Beilagen)

Der Nationalrat wolle beschließen:

Entschließung:

Der Nationalrat hat beschlossen:

Der Bundesminister für Justiz wird ersucht, bei der nächsten Novellierung der Rechtsanwaltsordnung und des RATG auch gesetzliche Regelungen vorzusehen, die

1. eine generelle Reform des anwaltlichen Kostenrechts (um besondere Aufklärungspflichten des Rechtsanwaltes über den zu erwartenden Honoraranspruch vorzusehen und eine bessere Information der KlientInnen zu gewährleisten),

2. ein nachdrücklicheres Verbot der quota litis und der erfolgshonorierten Prozesshonorierung durch Rechtsanwälte und Prozessfinanzierungsgesellschaften,

3. eine Einbeziehung aller RechtsanwaltsanwärterInnen und RechtsanwältInnen ab dem Beginn ihrer Tätigkeit in die Alters-, Berufsunfähigkeits- und Hinterbliebenenversorgung der Rechtsanwaltskammern mit einer ausreichenden Mindestversorgung,

4. das aktive und passive Wahlrecht für RechtsanwaltsanwärterInnen in den Rechtsanwaltskammern,


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5. die Umstellung aller Wahlen in den Rechtsanwaltskammern auf eine Briefwahl

beinhalten.

*****

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die sozialdemokratische Fraktion bekennt sich zu den freien Berufen. Die sozialdemokratische Fraktion ist aber der Auffassung, dass dieses Thema sehr differenziert betrachtet werden muss und dass die Fragen des Kostenrechts vielleicht unter Aufgabe bestehender Regelungen – wobei man um die Bemessungsgrundlage und andere Bereiche diskutiert – im Sinne der Rechtsschutz suchenden Bevölkerung einer neuen Zielsetzung beziehungsweise einer neuen, gerechteren Lösung zugeführt werden müssen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir stehen auf Seiten der Rechtsschutz suchenden Bevölkerung. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ.)

23.20

Präsident Dr. Heinz Fischer: Der Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Ofner. Ich erteile ihm das Wort. (Abg. Gaugg: Maier, den Fall zeigst du mir!)

23.21

Abgeordneter Dr. Harald Ofner (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Die Vorlage, um die es heute geht, ist eine Konsequenz aus der europäischen Einigung. Sie öffnet die Grenzen – im konkreten Fall von und nach Österreich – für Rechtsanwälte. Das hat schon Bedeutung, wenn man sich die zahlenmäßigen Gegebenheiten vor Augen hält. In Österreich gibt es, seit dem Jahre 1945 etwa gleich bleibend, im ganzen Bundesgebiet zirka 3 500 Anwälte. Allein in der Stadt München gibt es 9 000, und in der Stadt Mailand sind es, so viel ich höre, 10 000 Anwälte.

In Deutschland gibt es Anwälte, die beim Arbeits- und Sozialgericht die Kosten für einen Talar einklagen. Den soll ihnen die Bundesrepublik finanzieren, sagen sie, da sie nicht genug Geld verdienen können – weil es zu viele gibt –, um sich einen Talar kaufen zu können; aber das Gesetz verpflichtet sie, bei bestimmten Verhandlungstypen einen Talar zu tragen. – Das nur, damit man sich vor Augen hält, wie sich die Dinge abspielen.

Ich kann mir schon vorstellen, dass das ein Problem werden kann – in Ottakring, wo ich meine Kanzlei habe, nicht sofort, aber vielleicht wird man es in Salzburg, in den Grenzgebieten Oberösterreichs, in Innsbruck oder auch in Vorarlberg bald spüren. Zum Teil spürt man es dort jetzt schon.

Wesentlich in diesem Zusammenhang erscheint auch, sich vor Augen zu halten, dass der Ausbildungsgang, was Rechtsanwälte betrifft, in den einzelnen europäischen Ländern ein sehr unterschiedlicher ist. In Österreich ist er besonders lang, besonders ausführlich und besonders streng. Die Österreicher haben, glaube ich, überhaupt die längste Ausbildung, und sie beschließen sie dann noch durch eine tatsächlich ernst zu nehmende, mehrere Tage dauernde schriftliche und mündliche Prüfung, vor der man sich wirklich zu fürchten hat und auch redlich fürchtet, wenn man sie ablegt.

In diesem Zusammenhang darf ich ankündigen, dass sich Herr Abgeordneter Martin Graf noch mit dem Problem befassen wird, wie es mit der Ausbildung dann weitergehen soll, wenn jetzt alle herein dürfen, die viel weniger ausgebildet sind, und wie man dem ein notwendiges Maß an Qualitätssicherung entgegensetzen kann.

Zu Kollegen Maier, der den Beruf offenbar nur ausübt, um sich immer wieder an den Rechtsanwälten reiben zu können: Vielleicht wäre er einmal gern selbst einer geworden. Aber Sie können noch als Spätberufener anfangen, Herr Kollege, Sie können noch Jus studieren. Viel


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leicht haben Sie das ohnehin schon gemacht. Wenn Sie wollen, helfe ich Ihnen, eine Konzipientenstelle zu finden. Wenn Sie Ihre Kollisionsgefühle nicht anders unterdrücken könne, schauen Sie doch, dass Sie selbst noch Anwalt werden. Dann werden Sie vielleicht erkennen, dass das ein Beruf ist, der zwar schön, aber nicht leicht ist. Wenn ich Ihnen sage, dass ich heute um vier in der Früh aufgestanden bin, um einen Schriftsatz zu diktieren, der heute hinaus musste, und das bis sieben gemacht habe, dann werden Sie ... (Abg. Silhavy: Das ist genauso bei einer Fabrikarbeiterin, die muss auch aufstehen!)

Wie meinen Sie, liebe Frau Kollegin? (Abg. Silhavy: Es müssen viele Fabrikarbeiterinnen auch um diese Zeit aufstehen!)  – Das ist schon richtig. Aber es ist nicht darum gegangen, ob Kollege Maier Fabrikarbeiterin werden möchte, sondern ich unterstelle ihm, dass er vielleicht einmal probieren sollte, wie die Anwälte und nicht die Konsumentenschützer der Salzburger Arbeiterkammer zu sehen. Und ich bin Anwalt, nicht Fabrikarbeiterin! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Aber ich war einmal Arbeiter, zehn Jahre lang, Frau Kollegin! Ich weiß, dass es in Ihren Reihen sehr viele gibt, die mir schon immer eine solche Laufbahn neidig waren. In einer Arbeiterpartei möchte doch jeder gern einmal Arbeiter gewesen sein – aber leider sind in der SPÖ viele in ihrem ganzen Leben nur Sekretäre gewesen, und darunter leiden sie bis an ihr Lebensende. (Heiterkeit und Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Aber die Kostenfrage ist wirklich ein Problem, und sie hat mehrere Facetten. Zunächst ist es so, dass man das so leicht dahinsagt: Es muss jeder Auskunft erteilen. – Jetzt muss ich mich schon tummeln.

Der Klient kommt mit einer Aktentasche voll vergilbter Kopien. Man schaut kurz hinein und sagt, dass man sich das ansehen muss. Er sagt: Was kostet das, möglichst genau? – Aber es ist nicht möglich, ihm das zu sagen.

Das Verlangen, das der Kollege auf den Tisch legt – dass er sagt, man muss beizeiten bekannt geben, welche Weiterungen die Kostenfragen nehmen –, ist nachvollziehbar. Dazu wird man auch einen Weg finden können.

Die nächste Problematik besteht darin, dass der Tarif außerordentlich ausgewogen ist. Für geringere Streitwerte wird vom Tarif her ein Witz vorgeschrieben – das deckt die Kosten nicht einmal zu einem Bruchteil –, und in hohen Bereichen ist es so viel, dass kein vernünftiger Mensch das verlangen kann und auch nicht damit rechnen kann, dass er es wirklich bezahlt bekommt.

Die Quota litis ist in Österreich ohnehin verboten. Ob es etwas bringt, sie also streng zu verbieten? – Entweder ist etwas erlaubt, oder es ist verboten. Aber etwas streng zu verbieten, das ist, glaube ich, nicht wirklich nachvollziehbar. Heute mit einem Entschließungsantrag Dinge übers Knie brechen zu wollen, die man beraten soll und beraten wird müssen, das halte ich nicht für sinnvoll. Wir werden gegen diesen Entschließungsantrag stimmen.

Im Übrigen kann man der Vorlage nur zustimmen. Es bleibt einem gar nichts anderes übrig, ob man will oder nicht. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

23.26

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Mag. Maier zu Wort gemeldet.

Ich bitte, die Redezeit zu beachten, und ebenso: zu berichtigender und tatsächlicher Sachverhalt. (Abg. Dr. Ofner: Du sagst, du willst nicht Rechtsanwalt werden!)

23.26

Abgeordneter Mag. Johann Maier (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mein Vorredner hat behauptet, ich hätte nicht Jus


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19. Sitzung / Seite 218

studiert, beziehungsweise ich wollte Rechtsanwalt werden. (Abg. Dr. Fekter: Nein, hat er nicht! Er hat gefragt! – Weitere Zwischenrufe.)

Ich berichtige: Ich wollte nie Rechtsanwalt werden, und ich habe Jus studiert. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Kiss: Er berichtigt tatsächlich, was er nicht gesagt hat! – Ruf bei der ÖVP: ... Ohrwaschl!)

23.26

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Stoisits. – Bitte.

23.26

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Um auf das verbale Scharmützel zwischen dem Rechtsanwalt Dr. Ofner und dem Arbeiterkammer-Rechtsberater Mag. Maier einzugehen: Herr Dr. Ofner, was sagst du zu Folgendem? – Ich zitiere jetzt aus jenem Akt, den Jacky Maier hier bezüglich Frau Bundesministerin Sickl und des von ihr beauftragten Anwalts vorgelegt hat. (Zwischenruf des Abg. Dr. Ofner. ) Dort steht im Leistungsverzeichnis zur Kostennote unter anderem: Telefonat mit Anrufbeantworter 847 S. (Abg. Dr. Martin Graf: Aber netto!)

Schämst du dich als Rechtsanwalt nicht für solche – ich nenne es jetzt einmal so – schwarze Schafe? (Abg. Dr. Ofner: Nein!)  – Eben, und das ist es! (Heiterkeit.) Du schämst dich nicht, das ist das Problem! (Abg. Dr. Ofner: Aber wir begehen nicht den Fehler vieler Menschen, Menschen nicht antworten zu lassen!) Das ist das Problem des Berufsstandes.

Es ist dasselbe wie bei den Polizisten. (Abg. Dr. Ofner: Lass mich etwas sagen!) Es gibt ein paar schwarze Schafe, und alle Polizisten stellen sich im Korpsgeist wie ein Mann hinter alle, auch hinter die schwarzen Schafe. (Abg. Dr. Ofner: Du hast eine Frage an mich gestellt! – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.) Ich sage es als Nicht-Rechtsanwältin, aber als ... (Abg. Dr. Ofner: Du hast eine Frage an mich gerichtet!) Nein, ich bin jetzt am Wort. (Abg. Dr. Ofner: Ja, du hast sie gerichtet! Ich will sie beantworten!) Schämst du dich? (Abg. Dr. Ofner: Nein! – Heiterkeit.) Nein! Sie ist beantwortet.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das ist eine sehr ernsthafte Angelegenheit. (Abg. Dr. Ofner: Ich bin froh, dass du keine Anwältin bist!) Eine Kostennote, der gegenüber der Klient eine Erwartungshaltung von rund 85 000 S hatte und die dann – jetzt weiß ich den exakten Betrag nicht – auf 580 000 S ansteigt – da kann etwas nicht stimmen! Das ist augenscheinlich. (Ruf bei den Freiheitlichen: Reinhardt-Seminar, 2. Abteilung!) Dieses Beispiel des Kollegen Maier zeigt, dass irgendetwas in der ganzen Haltung, was die Rechtsanwaltstarife und Versprechungen – jetzt verweise ich noch einmal auf den hier von den Kollegen Jarolim und Maier zitierten Brief des Rechtsanwaltskammertages an Kollegin Fekter, wo sie ... (Ruf bei den Freiheitlichen: Ring wieder einmal die Hände!)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Es wird doch möglich sein, dass hier einer nach dem anderen reden kann, und schön abwechselnd. (Abg. Dr. Ofner: Sie richtet Fragen an mich, und ich soll sie nicht beantworten!)  – Bitte, Frau Abgeordnete Stoisits.

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (fortsetzend): Herr Präsident! Sie haben noch den guten Glauben, dass die Kolleginnen und vor allem die Kollegen eine Kinderstube haben. Sie haben diese nicht einmal mehr sozusagen im Verhalten gegenüber weiblichen Abgeordneten am Rednerpult. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen und der ÖVP.) Aber ich lasse mich nicht von meiner Absicht abbringen, über diese schwarzen Schafe zu reden. (Abg. Zweytick: Ach so!)

Auf den Brief an Frau Kollegin Fekter zurückkommend: Damals war dieses Schreiben des Rechtsanwaltskammertages eine wesentliche Entscheidungsgrundlage für den Konsens, den es im Justizausschuss – und ich nehme an, nachfolgend auch im Plenum – gab, als es um die Novellierung ging. Wenn sich aber ein knappes Jahr später herausstellt, dass man sich nicht einmal ansatzweise exakt an das hält, dann wird es doch berechtigt sein ... (Abg. Dr. Fekter: Stimmt nicht, Frau Kollegin! Hier, lesen Sie nach: wichtige Änderung!) Dann wird es doch be


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rechtigt sein, Frau Vorsitzende des Justizausschusses, das hier anzubringen! Ich sage es zum Schutz der Rechtsanwälte, vertreten durch ihre Funktionäre im Rechtsanwaltskammertag.

Das ist es, was hier moniert wird. Was den vorgelegten Gesetzentwurf betrifft, so kann man sich dazu, wie Kollege Ofner gesagt hat, nur die Frage stellen: Was soll man gegen einen Gesetzentwurf sagen, der praktisch nichts anderes tut, als eine EU-Richtlinie nachzuvollziehen, wenn wir ohnedies keine andere Wahl haben? (Abg. Dr. Ofner: Du stellst schon wieder eine Frage, aber du erwartest keine Antwort!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren: Ich habe nichts gegen eine Öffnung gegenüber Rechtsanwälten aus anderen EU-Staaten! Ein wenig frischer Wind in diesem Land tut vor allem den freien Berufen im Sinne der Konkurrenz, auch was die Kosten für die Kunden und Klienten anbelangt, sicherlich gut. Ich frage mich aber: Gibt es irgendeinen ersichtlichen Grund dafür, dass ein slowenischer, ein ungarischer oder ein slowakischer Rechtsanwalt anders behandelt wird als ein italienischer Rechtsanwalt – um nicht zu sagen, ein portugiesischer, der noch viel weiter weg ist? – Es gibt keinen ersichtlichen Grund, warum Österreich in einem Moment, in dem es ausschließlich eine EU-Richtlinie nachvollzieht, diese nicht vielleicht einmal in einer innerstaatlichen Regelung darüber hinaus gehend erweitern sollte. Niemand schreibt uns diesbezüglich etwas vor. Es gibt keinen Grund, das nicht zu tun und die hier existierende Mentalität einer Drei-Klassen-Gesellschaft – hier Österreich, hier EU und hier Drittstaatsangehörige – aufrechtzuerhalten. Eine Erweiterung wäre im Sinne von Liberalisierung, von mehr Markt, mehr Konkurrenz und damit auch mehr Auswahl. Meiner Ansicht nach wäre das ein Zeichen für die freien Berufe und nicht gegen die freien Berufe, meine sehr geehrten Damen und Herren! Deshalb, so muss ich leider sagen, stimme ich diesem Gesetz nicht zu.

Jetzt noch ein letztes Wort zum Entschließungsantrag Maier-Stoisits, zu dem Kollege Ofner angekündigt hat, dass er ihm nicht zustimmen wird. Er hat zwar ein bisschen erläutert, warum nicht, er hat aber natürlich nicht dazugesagt, dass drei von fünf Punkten in unserem heutigen Entschließungsantrag wortidentisch einem Entschließungsantrag von Kollegen Graf entnommen sind – aber nicht deshalb, weil sie von Graf sind, sondern deshalb, weil sie vernünftig sind (Abg. Dr. Martin Graf: Danke!): weil ich es für vernünftig halte, die Briefwahl bei der Rechtsanwaltskammer einzuführen, weil ich es für vernünftig halte, das aktive und passive Wahlrecht für RechtsanwaltsanwärterInnen in den Rechtsanwaltskammern einzuführen, weil wir es für vernünftig halten, dass man die RechtsanwaltsanwärterInnen in die Alters-, Berufsunfähigkeits- und Hinterbliebenenversorgung einbezieht, weil das vernünftige Vorschläge sind – selbst wenn sie damals von den Freiheitlichen gekommen sind. Dass Sie sich heute davon distanzieren, das ist wohl nicht unsere Sorge, sondern das ist Ihr Problem mit Ihrer eigenen Glaubwürdigkeit! (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Dr. Jarolim. )

23.33

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Graf. – Bitte.

23.34

Abgeordneter Dr. Martin Graf (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Hohes Haus! Frau Kollegin Stoisits ist etwas unfair in der Argumentation oder in der Fragestellung, wenn sie dann die Antwort nicht wissen will. Ich kann sie Ihnen schon sagen! Es ist auch etwas unfair, hier jetzt vor versammelter Abgeordnetenmannschaft hinsichtlich der zitierten Honorarnote so zu tun, als ob diese nicht im Ausschuss insbesondere von den vier anwesenden Anwälten in der Form, in der sie gelegt wurde, verurteilt worden wäre. Bis heute ist für mich allerdings die Frage offen – und das würde mich jetzt schön langsam interessieren –, ob der Adressat dieser Honorarnote das tatsächlich auch bezahlt hat. Ich glaube es nämlich gar nicht. Das wäre wahrscheinlich eine Voraussetzung.

Das eine ist, dass es natürlich schwarze Schafe gibt, und diese sind zu verurteilen. (Abg. Schieder: Wollen Sie sie eintreiben?)  – Nein, die sind zu verurteilen! Das werden Sie uns hoffentlich abnehmen, dass wir da eine einhellige Meinung vertreten haben. Es wurde jetzt von diesem Rednerpult aus nur so dargestellt, dass es aussah, als ob es eine solche im Ausschuss nicht gegeben hätte.


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Das andere ist, dass es bei Fehlleistungen natürlich immer auch Möglichkeiten gibt, sich dagegen zur Wehr zu setzen, sei es durch die Kostenstelle bei den Rechtsanwaltskammern, sei es durch die Konsumentenschutz-Information oder durch die Konsumentenabteilungen der Arbeiterkammer. Es gibt viele Möglichkeiten. Das Wesentliche und Interessante ist ja nur, ob in einem Rechtsstaat der Betroffene letztendlich auch zu seinem Recht kommt. Natürlich kann es Irrwege geben, die sind nie auszuschließen. Deshalb gibt es ja Instanzen. Ansonsten bräuchten wir ja keine Instanzen.

Ich glaube, es wäre auch einmal fair, zu sagen, ob das überhaupt tatsächlich schlagend geworden ist in diesem Punkt. Ich glaube, man sollte hier schon ein bisschen bei der Ehrlichkeit bleiben.

Ich möchte zu der Richtlinie, die wir da jetzt umsetzen, sagen: Alle Jahre wieder! Wir haben da natürlich ein Problem, weil es in der letzten Periode viele Vorgespräche gegeben hat und es dann zum Regierungswechsel kam und wir jetzt gezwungen sind, bis 14.3. – wir sind ohnedies schon etwas spät dran – eine EU-konforme Umsetzung für die Niederlassungsrichtlinie zu bewerkstelligen, wo wir doch bereits voriges Jahr bei der letzten Novelle gesagt haben, dass die letzte Novelle nicht ausreichend ist. Ich sage auch an dieser Stelle: Es wird auch diese Novelle zu meinem Leidwesen nicht ausreichend sein, aber das ist das absolute Minimum, das umgesetzt werden muss. Dass man sich weigert, das mitzutragen, wundert mich in diesem Zusammenhang eigentlich schon.

Ich glaube, dass auch noch einiger Bedarf besteht, bei den interdisziplinären Gesellschaften endlich eine Regelung herbeizuführen. Ich bin da aber fast sicher, dass uns der Markt überrollen wird und dass der internationale Zug, der auch bei den freien Berufen letztlich über uns drüberweht, hier eine Ordnung schaffen wird. Mir wäre es wesentlich angenehmer, wenn wir auch noch in dieser Periode zu einer Lösung kämen, die wir hier in Österreich anstrengen, ohne dass wir dazu vielleicht wiederum eine europäische Verurteilung benötigen.

Dass die Inländerdiskriminierung im Ausländerbereich – ich korrigiere: im Ausbildungsbereich – tatsächlich immer gravierender wird (Abg. Mag. Posch: Die "Inländerdiskriminierung im Ausländerbereich"?! ...!)  – Herr Kollege Posch, es ist schon spät, ich weiß, aber Sie haben es ja ohnedies verstanden! –, dass sie immer mehr fortschreitet, ... (Weiterer Zwischenruf des Abg. Mag. Posch. )  – Herr Präsident! Wenn ein Freiheitlicher einen Zwischenruf macht und permanent stört, dann sind Sie ganz wild darauf, den freiheitlichen Abgeordneten zur Räson zu bringen. Wenn hingegen von Ihrer Fraktion jemand permanent den Redner stört, dann höre ich von Ihnen nichts. Ich würde Sie doch auch bitten, einmal gleiches Recht für alle walten zu lassen und vielleicht diesbezüglich auch einmal bei den Abgeordneten der sozialistischen Fraktion einzuschreiten!

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Abgeordneter! Wenn Sie die Zwischenruforgie des Herrn Kollegen Ofner gehört haben und die zwei Sätze des Kollegen Posch, dann müssen Sie nicht nur Gleiches mit Gleichem, sondern auch Ungleiches mit Ungleichem vergleichen.

Bitte seien Sie so gut und setzen Sie Ihre Rede fort! (Abg. Dr. Ofner: Kollege Posch hat ja nicht auf die Frage des Redners geantwortet!)

Abgeordneter Dr. Martin Graf (fortsetzend): Herr Präsident! Von Kollegen Posch habe ich mehr als zwei Sätze gehört – aber das ist es nun einmal. (Weitere Zwischenrufe. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.)

Was mich allerdings wundert, ist – und das ist auch ein ziemlich einmaliger Fall –, dass auf Wunsch der Rechtsanwaltskammer mit dem § 48 die Pauschalvergütungsregelung, die bei dieser Richtlinienumsetzung an sich nicht notwendig ist, umgesetzt wird. Das enttäuscht mich an sich etwas, dass hier die Bundesrechtsanwaltskammer über die betroffene einzelne Rechtsanwaltskammer, in diesem Fall die Rechtsanwaltskammer Wien, drüberfährt. Ich glaube, die Rechtsanwälte waren immer gut beraten, hier Einigkeit zu zeigen. Wenn sie diese Einigkeit verlieren, schwächen sie ihren Berufsstand auf Dauer. Ich hätte mir gewünscht, dass wir hier eine andere Regelung herüberbringen.


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Jetzt zum Entschließungsantrag des Kollegen Maier. Es ehrt mich natürlich, dass er drei von seinen fünf Punkten aus meinem seinerzeitigen Antrag übernimmt. Es wird aber wieder einmal völlig unzulässig junktimiert, und deswegen kann ich persönlich das jetzt – mit zwei Punkten, die an sich nichts mit meinen damaligen Punkten zu tun haben – nicht mittragen. Ich kann eben leider Gottes nicht nur zu drei Fünfteln zustimmen.

Eines aber kann ich Ihnen versichern: dass gerade in diesen Bereichen, die Sie als Punkte 3, 4 und 5 hier aufgezählt haben, dieser Justizminister der altbewährten Tradition anhängen wird, dass er alle Fraktionen einladen wird, auch im Punkt interdisziplinäre Gesellschaften, im Punkt Beseitigung von Inländerdiskriminierungen, im Punkt "Wettbewerbsfähigermachung" der Kammern und des Berufsstandes unter Einbeziehung eines modernen Wahlrechtes, unter Einbeziehung vielleicht auch der notwendigen Alters-, Berufsunfähigkeits- und Hinterbliebenenversorgung für den Berufsnachwuchs, noch in dieser Periode einen Konsens auch mit den Kammern herbeizuführen. Ich bin sicher, dass das noch in dieser Legislaturperiode passieren wird!

Diesen Antrag kann ich aus Gründen, die ich schon erwähnt habe, nicht mittragen, weil es darin zwei unausgegorene Punkte gibt, die hier nur als Schnellschuss vorgebracht wurden. Die anderen drei Punkte sind gut – sie stammen auch von mir, muss ich dazusagen –, bedürfen aber auch noch einer breiten Diskussion, vielleicht auch mit den Berufsständen. Diese werden wir sicherlich anstrengen. Da sind Sie dann herzlich eingeladen, Herr Kollege Maier und Herr Kollege Jarolim, tatkräftig mitzuarbeiten, damit wir in diesen Bereichen so wie in der Vergangenheit vielleicht wieder dahin kommen, dass wir tatsächlich einen Konsens bei der Beschlussfassung erzielen. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

23.41


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19. Sitzung / Seite 222

Präsident Dr. Heinz Fischer:
Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Damit schließe ich die Debatte.

Ein Schlusswort des Berichterstatters wird nicht verlangt.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 59 der Beilagen.

Ich darf jene Damen und Herren, die diesem Gesetzentwurf zustimmen wollen, um ein diesbezügliches Zeichen ersuchen. – Das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist in zweiter Lesung mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die der Vorlage auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Der Gesetzentwurf ist auch in dritter Lesung mehrheitlich angenommen.

Wir gelangen daher zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Maier, Mag. Stoisits betreffend Novellierung der Rechtsanwaltsordnung und des RATG.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Entschließungsantrag zustimmen, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Entschließungsantrag ist abgelehnt.

Damit haben wir diesen Punkt der Tagesordnung auch behandelt.

6. Punkt

Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (31 der Beilagen): Übereinkommen auf Grund von Artikel K.3 des Vertrags über die Europäische Union über das vereinfachte Auslieferungsverfahren zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union samt Erklärungen der Republik Österreich (73 der Beilagen)


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19. Sitzung / Seite 223

Präsident Dr. Heinz Fischer:
Wir gelangen zum 6. Punkt der Tagesordnung.

Ein Wunsch auf mündliche Berichterstattung liegt nicht vor.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Heinzl. – Weitere Wortmeldungen habe ich bislang nicht. Daher bitte ich zu beachten, dass wir bald wieder eine Abstimmung haben werden.

Bitte, Herr Abgeordneter.

23.43

Abgeordneter Anton Heinzl (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! In den Medien ist oft dann von Auslieferungen die Rede, wenn es sich um sehr spektakuläre Fälle handelt, wie etwa um den langjährigen FPÖ-Nationalratsabgeordneten Rosenstingl oder auch um Herrn Rabelbauer, der seinerzeit mit der ÖVP in sehr engem Kontakt gestanden ist.

Sehr geehrte Damen und Herren! Gerade in solchen Fällen entsteht oft der Eindruck, dass die Auszuliefernden in der Regel alles versuchen, um nicht ausgeliefert zu werden. Genau das ist aber bei einer Vielzahl von Fällen in der Praxis nicht der Fall. Mitunter ist es sehr wohl im Interesse des Auszuliefernden, dass er möglichst rasch nach Österreich kommt, um hier unter ordentlichen rechtsstaatlichen Bedingungen ein faires Verfahren zu bekommen.

Dies soll natürlich nicht bedeuten, dass es in anderen Staaten der Europäischen Union kein rechtsstaatliches Verfahren gibt. Natürlich gibt es auch dort rechtsstaatliche Verfahren, aber es ist darüber hinaus auch noch ein Unterschied, ob man das Verfahren in der Nähe seiner Familie, in der Nähe seiner Verwandten und seines sozialen Umfeldes abgewickelt bekommt oder ob man irgendwo im Ausland in einer langwierigen Auslieferungshaft sitzt.

Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Als weitere große Neuerung kann angesehen werden, dass die Durchführung des Auslieferungsverfahrens und die Übergabe der gesuchten Person an den ersuchenden Staat nunmehr an kurze Fristen gebunden sind, wodurch die Dauer der Auslieferungshaft verringert werden soll. Vor allem für den letztlich Unschuldigen ist die Auslieferungshaft eine absolut verlorene, höchst unangenehme Zeit, aber selbst der potentielle Schuldige wird in der Regel froh sein, wenn er die Auslieferungszeit rasch hinter sich bekommt. (Abg. Dr. Ofner: Es kommt darauf an, wohin!)

So wird das vorliegende Übereinkommen dazu führen, dass es zu einer Verringerung der Dauer des Auslieferungsverfahrens kommt, wohl auch durch die Einführung des unmittelbaren Geschäftsweges zwischen den zuständigen Behörden.

Sehr geehrte Damen und Herren! In Anbetracht der Tatsache, dass bisher bereits sechs Mitgliedstaaten der Europäischen Union, nämlich Dänemark, Deutschland, Finnland, Portugal, Schweden und Spanien das Übereinkommen ratifiziert haben, erachte ich es für hoch an der Zeit, dass nunmehr auch Österreich dieser Verpflichtung nachkommt und damit wenigstens im guten Mittelfeld der EU-Staaten liegt.

Der flexible Rechtsrahmen, den dieses Übereinkommen nunmehr schafft, bringt Verbesserungen für alle Beteiligten. Es ist auch wichtig, hervorzuheben, dass das vorgesehene Verfahren in jedem Fall die Genehmigung durch die zuständigen Behörden des ersuchenden Staates und deren Beurteilung seiner Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit braucht. Ein Artikel garantiert auch, dass dieses Übereinkommen auch allen Staaten, die künftig Mitglied der Europäischen Union werden, zum Beitritt offen steht. Das heißt, dass auch mit den nunmehr in Verhandlung stehenden EU-Kandidaten in Zukunft Verbesserungen beim Auslieferungsverfahren, selbstverständlich erst nach dem erfolgten EU-Beitritt, möglich sein werden.

Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Ich kann im Namen meiner Fraktion mit gutem Gewissen dazu auffordern, dem Übereinkommen zuzustimmen. (Beifall bei der SPÖ.)

23.47

Präsident Dr. Heinz Fischer: Weitere Wortmeldungen dazu liegen nicht vor. Damit schließe ich die Debatte.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung, und zwar über den Antrag des Ausschusses, dem Abschluss des gegenständlichen Staatsvertrages samt Erklärungen der Republik Österreich in 31 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diese Genehmigung erteilen wollen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist fast einstimmig, aber jedenfalls mit sehr großer Mehrheit angenommen.

Wir kommen in diesem Zusammenhang auch zur Abstimmung über den Antrag des Justizausschusses, im Sinne des Artikels 49 Abs. 2 B-VG zu beschließen, dass das Übereinkommen in seiner dänischen, englischen, finnischen, französischen, griechischen, irischen, italienischen, niederländischen, portugiesischen, schwedischen und spanischen Fassung dadurch kundgemacht wird, dass diese im Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten, und zwar während der Amtsstunden, zur öffentlichen Einsichtnahme aufliegen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Antrag des Ausschusses ihre Zustimmung erteilen wollen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Dies ist gleichfalls mit sehr großer Mehrheit angenommen.

7. Punkt

Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch (StGB), BGBl. 60/1974 in der Fassung BGBl. I 153/1998, geändert wird (82/A)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen nun zum 7. Punkt der Tagesordnung.

Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Stoisits. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 7 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

23.49

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Nicht oder nicht nur der kürzlich erst veröffentlichte Bericht des Innenministeriums über die Lage des Rechtsextremismus in Österreich, der natürlich noch nicht in den Sicherheitsbericht, über den wir vorher diskutiert haben, eingearbeitet war, hat mich veranlasst, diesen Initiativantrag zu stellen, sondern in erster Linie waren es eine Fernsehsendung im ZDF und im Zusammenhang damit erschienene Presseberichte.

Dem Fernsehbericht war zu entnehmen, dass die NPD in Deutschland neuerdings eine Plattform für Rechtsextremisten bietet, die kein Betätigungsfeld in Österreich haben, weil sie in Österreich gesetzlich verbotenen Organisationen angehören und damit das, was sie tun, durch das Verbotsgesetz sanktioniert wäre. Der Lagebericht des Innenministeriums über den Rechtsextremismus nennt das, was dieser ZDF-Bericht geschildert hat, schlicht "Verbotsgesetzflüchtlinge". Neonazis, die gegen das Verbotsgesetz in Österreich verstoßen und deshalb ganz bewusst und gezielt ihre Aktivitäten nicht auf österreichischem Territorium entwickeln, verlagern das schlicht und einfach über die Grenze nach Bayern und werden dort aktiv. Das sind inzwischen Erscheinungen, die nicht nur vereinzelt sind, sondern das erfolgt – und das hat der Verfassungsschutz in Deutschland auch so ausgesprochen – gezielt, das geschieht ganz bewusst, und das wird auch ganz klar und eindeutig zielorientiert in die Wege geleitet.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Im Lagebericht des Innenministeriums wird davon eindeutig berichtet. Wir haben daraufhin beschlossen, einen Antrag einzubringen, der nichts anderes besagt, um es jetzt sehr vereinfacht auszudrücken, als dass so genannte "Verbotsgesetzflüchtlinge" ihre Tätigkeit nicht straflos auf nicht österreichischem Boden – also eben in anderen Ländern – entwickeln können sollen, sondern sie sollen, wenn sie gegen das öster


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19. Sitzung / Seite 224

reichische Verbotsgesetz verstoßen – in diesem Fall spreche ich jetzt konkret von Österreichern –, zur Verantwortung gezogen werden können.

Dafür ist die Änderung des § 64 StGB notwendig. Es ist eine ähnliche, wenn auch nicht in allen Details identische, Regelung, wie wir sie im Nationalrat erst vor kurzem für so genannte Sextouristen beschlossen haben. Wenn ich mich recht erinnere, hat es damals, ob der Verwerflichkeit dieser Taten, eine einhellige Zustimmung zu dieser Änderung gegeben.

Eine ähnliche Problematik stellt jene der "Verbotsgesetzflüchtlinge" dar. Deshalb unsere Initiative auf Änderung des § 64 StGB, um – und jetzt komme ich wieder auf den Bericht, den ich zum Zeitpunkt der Einbringung des Antrages noch gar nicht kannte – einfach Maßnahmen zu setzen. Im Stapo-Lagebericht steht, die Republik Österreich wird nun mit einem Wiederaufleben rechtsextremer Gruppierungen konfrontiert. Auch das ist ein Faktum. Dieses Problem wird zwar nicht durch eine Novellierung des § 64 aus der Welt geschafft; aber dass man einfach seine Tätigkeit aus dem benachbarten Ausland entwickelt und sich dadurch der strafrechtlichen Verfolgung entzieht, das, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist ganz bestimmt nicht im Sinne des österreichischen Verbotsgesetzes.

Deshalb dieser Initiativantrag, für den uns Grünen im Vorfeld von allen Parteien im Nationalrat Zustimmung beziehungsweise positive Resonanz signalisiert worden ist. Ich hoffe, dass der Herr Bundesminister ähnlicher Auffassung ist und dass wir uns im Justizausschuss – und ich bin hier ganz offen und auch allen Formulierungsvorschlägen von Seiten des Justizministeriums, die vielleicht im Detail präziser und auch erfolgsorientierter sind, sehr zugänglich – schon demnächst – ich gehe davon aus, in der nächsten Sitzung des Justizausschusses – diesem Problem widmen werden. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

23.54

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Niederwieser. – Bitte.

23.55

Abgeordneter DDr. Erwin Niederwieser (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Kollegin Stoisits hat schon die Intention dieses Antrages dargelegt. Die Frage ist tatsächlich: Besteht Handlungsbedarf in dieser Richtung? Der Lagebericht, der übrigens ein neuerer ist als der heute diskutierte Sicherheitsbericht, sagt ja ausdrücklich, dass Personen, die an sich in Österreich verfolgt würden, sich via Mitgliedschaft zur NPD von Deutschland aus in verbotsgesetzwidriger Weise der Verfolgung entziehen. Dass hier Handlungsbedarf besteht, ist also unbestritten.

Die Frage, ob genau diese Formulierung der geeignete Weg ist, um dieses Problem zu bewältigen, ist durchaus berechtigt. Es geht doch darum, dass wir nicht nur eine Alibihandlung setzen, sondern tatsächlich dieser Personen auch habhaft werden können.

Alarmierend ist in diesem Zusammenhang – und wir diskutieren ja durchaus über die Materie des Verbotsgesetzes – die in diesem Lagebericht ebenfalls geschilderte dramatische Zunahme der Zahl der Anzeigen nach dem Verbotsgesetz. Diese Graphik verdient wirklich Beachtung. (Der Redner hält eine im genannten Bericht abgebildete Graphik in die Höhe.) Sie zeigt nämlich, dass bis zum Jahre 1992, bis zu dem das Verbotsgesetz sehr hohe Strafen vorgesehen hatte, die Zahl aus diesem Grund nicht sehr hoch gewesen ist. Durch die Novellierung 1992 ist dann die Anzahl der Anzeigen angestiegen. Sie ist dann wieder zurückgegangen, war 1994 und 1995 auf einem Höchststand – höher, als das im vergangenen Jahr gewesen ist –, ist von 1996 bis 1998 wieder deutlich zurückgegangen und 1999 wieder drastisch angestiegen.

Man stellt sich bei einer solchen Graphik die Frage, warum ausgerechnet in den Jahren 1994, 1995 und 1999 so viele Anzeigen nach dem Verbotsgesetz aufgetreten sind. (Abg. Dr. Fekter: Wahlkampf!) Wahlkampf, sagt Kollegin Fekter, und sie hat vollkommen Recht damit. Worum ist es denn bei diesen Wahlkämpfen gegangen? – Ich zitiere hier wieder aus diesem Bericht: Es ging um rechtsextreme und fremdenfeindlich motivierte Delikte. – Sie erinnern sich sicherlich genau daran, dass diese Wahlkämpfe von der Freiheitlichen Partei zumindest mit fremden


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19. Sitzung / Seite 225

feindlichen Parolen geführt wurden. (Abg. Dr. Fekter: 1994, als es ums Budget gegangen ist? – Abg. Dr. Ofner: Außerdem steht da drinnen, dass mehr Anzeigen waren!)

Es gibt einen Zusammenhang zwischen diesen beiden Phänomenen, beziehungsweise man kann einen solchen zumindest mit Fug und Recht herstellen: Wenn auf der einen Seite eine große oder relativ große politische Partei diese Einstellung hoffähig macht, dann findet sie auch Nachahmer, die über das Ziel noch weit hinausgehen.

Blättern wir in diesem Bericht noch ein wenig weiter: Es ist das Verbotsgesetz im Verfassungsrang erwähnt. – Wir haben in diesem Hause – zwar nicht im Nationalrat, aber im Bundesrat – noch immer einen Abgeordneten sitzen, nämlich Bundesrat John Gudenus von der Freiheitlichen Partei, der immer wieder betont, dass dieses Verbotsgesetz eigentlich ein Gesetz ist, das mit seinen Auffassungen von Freiheit nicht in Übereinstimmung zu bringen ist – das wiederholt er nahezu ständig –, der dieses an sich sehr wirksame Gesetz ablehnt.

Interessant ist in diesem Bereich etwa auch, was auf Seite 10 zu lesen ist: Im Zusammenhang damit hat die Exekutive studentische Verbindungen untersucht, die im Dachverband deutscher Burschenschaften vereinigt sind. Dazu gehören auch eine Reihe von Verbindungen in Österreich. Es wurde festgestellt, dass von den insgesamt rund 30 derartigen Studentenverbindungen zwar kein militanter und offenkundiger, jedoch ein unterschwelliger und verklausulierter Rechtsextremismus ausgeht. (Abg. Aumayr: Das ist eine Unterstellung! Unterstellen Sie nicht ...!)  – Ich zitiere hier wörtlich aus dem Bericht des Innenministeriums (Abg. Aumayr: Trotzdem ist es eine Unterstellung! – Abg. Jung: Das ist genau das, was ich heute kritisiert habe, Herr Kollege!), auf dem steht: "offiziell verwertbarer Bericht" – bitte schön! (Abg. Jung: Unterstellungen ohne Beweise!)  – Bitte, das müssen Sie sich dann aber wirklich mit den Experten im Innenministerium ausmachen! Ich halte diese Feststellung für extrem präzise, für klar und für richtig. Das ist auch meine persönliche Meinung. (Beifall bei der SPÖ.)

Was sagt Ihr Noch-Obmann über die Studentenverbindungen, die im Rechtsextremismusbericht zitiert sind? – Er sagt hier wörtlich:

Ich gehöre sowohl dem Turnerbund als auch einer waffenstudentischen Korporation an. Ich habe auch keine Absicht, diese Zugehörigkeit in Frage zu stellen, da dort sehr wesentliche Erziehungs- und Bildungsarbeit geleistet wird. (Abg. Haigermoser: Das ist richtig!)  – Er spricht von Erziehungs- und Bildungsarbeit! Im Bericht lesen wir von einem unterschwelligen und verklausulierten Rechtsextremismus. (Abg. Aumayr: Das sind Unterstellungen!) Ich frage Sie: Ist das die Erziehungs- und Bildungsarbeit?(Abg. Jung: Das sind Verdächtigungen!) Das sind Verdächtigungen?

Blättern wir weiter bis Seite 24. Das ist wahrscheinlich auch eine Verdächtigung! – Ich zitiere: Am 23. November 1999 referierte der vormalige RAF- und nunmehrige Rechtsextremist Horst Mahler beim "Freiheitlichen Akademikerverband" in Wien. – Das sind auch Unterstellungen, oder wie? (Abg. Gradwohl: Aha! – Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Da geht es um das Klima, das Sie erzeugt haben! Und ich bin nicht überzeugt davon, dass Sie jetzt damit aufhören werden, denn Ihre Reaktionen hier sind doch ziemlich verräterisch! (Beifall bei der SPÖ.)

Lassen Sie mich zum Schluss noch auf etwas in diesem Bericht eingehen, das heute auch schon erwähnt wurde: Bundeskanzler Schüssel hat am Vormittag in seiner Rede erwähnt, dass es im Unterschied zu anderen europäischen Ländern bei uns keinerlei Übergriffe auf Asylantenheime oder Ähnliches gegeben habe oder gebe. Ab Seite 31 – das ist tragisch und kann von niemandem hier gutgeheißen werden – sind jedoch insgesamt 14 solcher Fälle von Übergriffen im Jahr 1999 aufgezeigt, dokumentiert und nachgewiesen. (Zwischenruf des Abg. Dr. Ofner. )

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit dieser Gefahr müssen wir selbst fertig werden! Aber wir werden damit nicht fertig werden, wenn wir die Augen davor verschließen – wie das der Bundeskanzler heute gemacht hat – und sagen: Das gibt es bei uns ja gar nicht! (Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn übernimmt den Vorsitz.)


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19. Sitzung / Seite 226

In der Präambel und im Regierungsprogramm sind einige interessante und wichtige Ansätze dazu enthalten, und wir würden uns wünschen, dass Sie mit derselben Energie, mit welcher Sie hier die Entstaatlichung angehen und den Zivildienst demontieren, als verantwortliche Regierungsparteien auch dieses Problem angehen! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Haigermoser. )

0.03

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Trinkl. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

0.03

Abgeordneter Mag. Dr. Josef Trinkl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Man wäre in Anbetracht der Jugend dieses Tages verlockt – wir könnten auch noch 24 Stunden aus irgendeinem Bericht zitieren –, ins Detail zu gehen, ich werde mich aber trotzdem bemühen, nur einige Anmerkungen zum gegenständlichen Antrag zu machen.

Tatsache ist, dass viele im Ausland begangene Straftaten auch heute schon von der österreichischen Gerichtsbarkeit erfasst sind, und zwar wahrscheinlich auch solche, die nach dem Verbotsgesetz zu ahnden sind, beispielsweise weil diese Taten im Inland zu Teilerfolgen geführt haben.

Ich gebe aber zu – so gesehen ist der Antrag von Frau Kollegin Stoisits sicher berechtigt –, dass es in der gegenwärtigen internationalen Situation, in der sich Österreich befindet, geboten ist, mit dem Anliegen, das hinter diesem Antrag steht, besonders sorgfältig umzugehen.

Ich möchte für die Österreichische Volkspartei festhalten: Die ÖVP verabscheut jede Art von Extremismus – egal, ob dieser von rechts oder von links kommt. Daher wäre zu prüfen, ob eine solche Bestimmung nicht nur auf einzelne Tatbestände zu beschränken, sondern auf jede Art von Extremismus ausgedehnt werden soll.

Jedenfalls wirft ein Quasi-Export von politischen Strafbestimmungen aber eine Reihe von Fragen auf, die sorgfältig zu prüfen sein werden. Vor allem ist zu fragen, ob eine Einarbeitung dieser Materie in Z 4 sinnvoll ist, denn dann würde eine Ausdehnung auch auf Staatsbürger, die nicht Österreicher sind, erfolgen, und und und. Es gibt eine Reihe von Fragen, etwa die Beweisführung et cetera. Ich möchte jetzt nicht im Detail darauf eingehen.

Wir lehnen den gegenständlichen Antrag daher nicht grundsätzlich ab. Wir meinen, dass man das Anliegen wirklich prüfen sollte. Es ist notwendig, alle Konsequenzen in Ruhe zu Ende zu denken und schlussendlich zu entscheiden, wie wir dem Anliegen, das hinter dem Antrag steht, am besten zum Erfolg verhelfen können. (Beifall bei der ÖVP.)

0.05

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ich weise den Antrag 82/A dem Justizausschuss zu.

8. Punkt

Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Doris Bures und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Mietrechtsgesetz geändert wird (90/A)

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen nun zu Punkt 8 der Tagesordnung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Das Wort erhält zunächst die Antragstellerin, Frau Abgeordnete Bures. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.


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19. Sitzung / Seite 227

0.06

Abgeordnete Doris Bures (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Wenn ich als Mieterinteressenvertreterin die Wohnrechtsdebatte verfolge, kann ich nur feststellen: Jetzt, fünf nach zwölf, ist es nach den Vorschlägen der neuen Koalition für Mieter jedenfalls fünf vor zwölf. – Ich möchte auf die Wohnrechtsdebatte der letzten Woche jetzt insgesamt ganz kurz replizieren.

Der von der Regierung vorgelegte Entwurf zur Wohnrechtsnovelle geht ausschließlich zu Lasten der Mieter und auf Kosten der Wohnungssuchenden, und davon sind vor allem junge Familien betroffen. Die öffentliche Diskussion, welche von Seiten der Sozialdemokratie und der Mieterschutzorganisationen auch in Reaktion auf diesen Koalitionsentwurf zu Lasten der Mieter, dieses soziale Mieter-Schröpfungsprogramm, geführt wurde, hat aber mittlerweile auch Erfolge gebracht, und ich glaube, dass wir darauf stolz sein können! (Abg. Mag. Firlinger: Welche Erfolge?)

Der erste Erfolg ist, dass es uns doch gelungen ist, diese Nacht- und Nebelaktion zu verhindern, in der Sie dieses Gesetz ohne Begutachtung und ohne Einbeziehung der Betroffenen, nämlich der Mieter, und ohne Einbeziehung der betroffenen Berufsgruppen durchziehen wollten. (Abg. Mag. Firlinger: Das ist frei erfunden!) Nun haben wir zumindest eine eingeschränkte Begutachtung, Herr Kollege Firlinger! Diese Gesetzesvorlage und Ihr Versuch, das in einer Nacht- und Nebelaktion durchzuziehen, sind ein weiterer Beweis Ihrer Dialogunfähigkeit, die sich ja auch durch alle anderen sozialpolitischen Themenbereiche zieht! (Beifall bei der SPÖ.)

Ich bin froh darüber, dass wir in einem öffentlichen Hearing, in welchem auch eine Auseinandersetzung mit unseren Anträgen zum Mietrechtsgesetz auf der Tagesordnung stehen wird, darauf aufmerksam machen werden können, welches Belastungspaket Sie planen!

Zweiter Punkt: Es ist uns gelungen, in der öffentlichen Diskussion mit den Interessenvertretern der Mieterinnen und Mieter das große Mietenerhöhungsprogramm zu verhindern, das Sie vorgesehen hatten. Sie hatten vorgesehen, dass Sie auch für jene Personen, die in ein Mietverhältnis eintreten, das vor 1982 begründet wurde – auch wenn Sie dann versucht haben, das zu verschleiern und zu verstecken, aber es gibt ja den entsprechenden Entwurf –, eine Verdoppelung bis Verdreifachung der Miete herbeiführen. Davon sind 200 000 Menschen in unserem Land betroffen. (Abg. Mag. Firlinger: Woher nehmen Sie das? Das ist eine Ungeheuerlichkeit!) Daher bin ich froh darüber, dass es uns gelungen ist, zu erreichen, dass das im jetzigen Entwurf nicht mehr enthalten ist. Das ist ein Erfolg der Sozialdemokratie im Vorfeld! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Aber es ist noch immer schlimm genug. Sie brauchen sich keine Sorgen zu machen, denn die Interessen der Hauseigentümer werden gewahrt! Es ist schlimm genug, was von Ihren Überlegungen geblieben ist. Sie werden Mietern in Zukunft nur mehr Mietverträge mit Ablaufdatum anbieten. – Ich weiß: Keiner von Ihnen wohnt wahrscheinlich in einem befristeten Mietverhältnis. Sie alle haben es sich mit Sicherheit gerichtet! Aber ich sage Ihnen: Ich weiß aus der Praxis, was ein Mietvertrag mit Ablaufdatum bedeutet! Für den Hauseigentümer bedeutet das, dass Bestand frei wird, wenn er will, und das bedeutet wiederum eine massive Wertsteigerung. Für die Mieter bedeutet das aber, dass sie erpressbar werden beziehungsweise zum Hauseigentümer betteln gehen müssen, dass ihr Mietvertrag verlängert wird. Das bedeutet eine Einschränkung der Rechtssicherheit für Mieter.

Sie haben versprochen, Mieten zu senken, jetzt machen Sie das Gegenteil. Wir werden morgen beim Budgetbegleitgesetz eine Reihe von Maßnahmen zu diskutieren haben, mit welchen Sie Mieten und das Wohnen schlicht und einfach teurer machen. (Abg. Haigermoser: Apropos Miete: Wie ist denn das in der Löwelstraße?) Ich nenne nur die Energieabgabe, den Strompreis – Sie wissen es genau –, aber auch die Gebührenbefreiung. Sie holen sich 50 Millionen von den Genossenschaftsmietern, Sie holen sich 100 Millionen bis 150 Millionen von den "kleinen" Häuselbauern. Das ist ein soziales Schröpfungsprogramm auf Kosten der Mieter! (Beifall bei der SPÖ.)


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19. Sitzung / Seite 228

In unserem Antrag geht es darum, sozusagen dem Zuschlagsdschungel zu Mieten – diese Zuschläge wie etwa für Waschmaschinenanschluss, Kleines-Haus-Zuschlag, Raumhöhenzuschlag, der Phantasie sind ja keine Grenzen gesetzt, führen zu Mieten von 120 S bis 130 S pro Quadratmeter! – Einhalt zu gebieten. Solche Mieten können sich junge Familien nicht leisten!

Wenn es Ihnen wirklich ernst ist, dann stimmen Sie unserem Antrag zu. Ich zweifle allerdings daran. Bei Ihnen gilt doch – wie die letzten Entscheidungen gezeigt haben –, dass Sie die Devise vertreten: Versprochen und gebrochen. Die FPÖ hat, seit sie in der Regierung ist, auch alle Wahlen verloren. Ich glaube, ich brauche Sie nicht daran zu erinnern! (Abg. Haigermoser: Hören Sie auf, die Unwahrheit zu sagen!) Ich sage: Wenn es Ihnen ernst ist, dann unterstützen Sie unseren Antrag! Das wäre nämlich tatsächlich ein Mietensenkungsprogramm. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

0.11

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Eder. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

0.11

Abgeordneter Kurt Eder (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich glaube, wir sollten versuchen, das sehr sensible Politikfeld der Wohnpolitik möglichst emotionslos zu betrachten. (Abg. Mag. Firlinger: Die Worte von Abgeordneter Bures waren aber sehr emotional!) Außerdem meine ich – ich bin schon sehr lange Wohnpolitiker –, dass Wohnpolitik auch längerfristig betrachtet werden muss. Man sollte sozusagen die Kurven nicht zu zackig und nicht zu eng fahren, denn die Leidtragenden sind diejenigen, die in den Wohnungen wohnen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Freiheitliche Partei hat vor dem 3. Oktober so großartig plakatiert: "Mieten senken", daher meine ich, dass man wirklich dazu stehen sollte, was man vorher auf Plakate schreibt. Die Menschen haben anscheinend daran geglaubt, denn sonst hätten die Freiheitlichen ja nicht so viele Stimmen bekommen. Wenn man jetzt aber Ihre Anträge liest, merkt man, was hinter Ihren wohnpolitischen Überlegungen steht, dann ist eindeutig und klar, dass sich die ÖVP völlig durchgesetzt hat. In keinem Punkt der Vorlagen, die ich bisher kenne, werden Mieten gesenkt, in keinem Bereich – vor allem auch nicht in den privaten Mietbereichen, in denen die Leute die höchsten Mieten zahlen – werden Sie die Mieten senken.

Meine sehr geehrten Damen und Herren von der FPÖ-Regierungsfraktion! Ich kann wirklich nur an Sie appellieren, den Antrag, den wir jetzt vorgelegt haben, noch einmal genau anzuschauen! Er enthält eine Reihe von Ansätzen, die sehr vernünftig sind und von der Philosophie ausgehen, dass Wohnen leistbar bleiben muss – diese Aussage kommt ja auch aus Ihren Reihen –, dass es keine unlimitierten Wohnungsmieten geben soll, eine klare Begrenzung der Mieten vorhanden sein und der Mietzins nachvollziehbar sein soll und dass vor allem auch die befristeten Mietverträge wirklich gut und neu überdacht werden sollen.

Es gibt von Ihnen einen Vorschlag, aber dieser Vorschlag führt meines Erachtens bei weitem noch nicht dazu, dass Mieten billiger werden. Wenn Sie gemäß Ihrem Vorschlag einen 25-prozentigen Abschlag von einer Basis vornehmen wollen, die nicht klar definiert ist, dann nutzen auch 25 Prozent nichts! Das ist das Problem, mit dem wir zu kämpfen haben! Darauf können wir heute zu dieser Stunde nicht mehr im Detail eingehen, aber wir werden ja Gelegenheit haben, das in der nächsten Sitzung des Bautenausschusses und im Hearing ausführlich zu diskutieren. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

0.13

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Fekter. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

0.14

Abgeordnete Mag. Dr. Maria Theresia Fekter (ÖVP): Sehr geehrter Herr Minister! Herr Präsident! Kollege Eder hat erwähnt, dass es am 23. Mai ein Expertenhearing geben wird, in welchem nur Angelegenheiten des Wohnrechts beraten werden. Daher kann ich mich kurz fassen.


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19. Sitzung / Seite 229

In den 13 Jahren der Koalition mit der SPÖ haben wir genau jene Inhalte, die sich jetzt in diesem Antrag finden, erfolgreich verhindert. Frau Kollegin Bures! Daher sage ich: Versprochen und niemals gebrochen! Wir können das nicht akzeptieren! Die Obergrenze ist nie mit uns zu diskutieren gewesen, denn einen Richtwert plus 20 Prozent als Obergrenze für Mieten im Gesetz zu verankern, ist marktstörend und außerdem preistreibend, weil damit automatisch die Obergrenze zur Anwendung kommt. (Beifall bei der ÖVP.)

Zweitens wird die Regelung betreffend die Mietzinsrücklage, die derzeit geltendes Recht ist, von Ihnen wieder herausreklamiert. Sie wollen die Vermieter für die Mieteinnahmen zuerst die Steuern zahlen lassen und sie das Geld dann noch einmal in die Haussanierung stecken lassen. Das heißt, Sie verpflichten die Vermieter, für die Mieteinnahmen Steuern an den Finanzminister abzuführen und dann noch einmal aus irgendwelchen anderen Einkunftsarten Geld zu investieren. Das ist unmöglich, das ist nicht fair, das ist nicht sachgerecht, und daher können wir dem nicht zustimmen!

Das ist halt aus ideologischer Sicht ein sehr, sehr linker Antrag. Noch einmal, Frau Kollegin Bures: Versprochen und niemals gebrochen! – So etwas können wir nicht akzeptieren! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

0.15

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Firlinger. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

0.16

Abgeordneter Mag. Reinhard Firlinger (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Ich bin grundsätzlich bereit, über alles im Sektor Mietrecht zu diskutieren! Warum auch nicht? – So gesehen bin ich froh darüber, dass zumindest Kollege Eder hier eine andere und auch moderatere Tonlage gefunden hat. Das aufgeschreckte, leicht komisch anmutende Gehabe von Frau Kollegin Bures hat meines Erachtens nichts mit Sachlichkeit zu tun. (Abg. Reitsamer: Das ist ungeheuerlich!) Vielmehr sind das Rundumschläge und nackte Polemik. (Zwischenruf der Abg. Binder. ) Ich verstehe nicht, dass Sie so etwas notwendig haben, aber das ist eben eine Geschmacksfrage! Ich goutiere das jedenfalls nicht! (Zwischenruf des Abg. Haigermoser. ) Es ist auch nicht seriös!

Wir werden, wie schon ausgeführt wurde, diese Vorlage der Koalitionsparteien im Rahmen des Expertenhearings ausführlich diskutieren können. Eine Aussage muss ich aber wirklich mit aller Entschiedenheit zurückweisen: Wir haben nichts übers Knie gebrochen, Frau Kollegin Bures! Wir haben eine ganz reguläre, aber freiwillige Ausschussbegutachtung durchgeführt! Ich weiß nicht, woher Sie solchen Unsinn immer nehmen und warum Sie solche Behauptungen in den Raum stellen, die überhaupt nicht halten. (Abg. Dr. Cap: Sind Sie Hausbesitzer?) Ihnen geht es um etwas ganz anderes: Sie wollen jede Veränderung und jede Reform, die von uns kommt, dazu nützen, die Leute draußen zu verunsichern! (Zwischenruf des Abg. Gradwohl. ) Das haben Sie mit den Hausmeistern gemacht, und das machen Sie mit Mietervereinigungen. Sie verunsichern, und die Hauptsache ist Ihnen dabei, dass Sie die Massen mobilisieren und auf die Straße gehen können! Das ist Ihre Politik! Das ist aber nicht unsere Politik! Damit haben wir nichts am Hut, Frau Kollegin! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wenn Sie wollen, dass wir wieder zu moderaten und sachlichen Tönen zurückfinden, dann müssen Sie auch konstruktive Beiträge leisten. Das, was Sie hier gebracht haben, Frau Kollegin Bures, ist allerdings kein konstruktiver Beitrag! Das hier ist eine Vorlage, die Sie in der vorigen Legislaturperiode – ich glaube, es war im Sommer – noch in letzter Minute ihrem damaligen Koalitionspartner unterzujubeln versucht haben. Es ist fast auf Punkt und Beistrich dasselbe, was Sie vor einem Jahr eingebracht haben. Das war damals indiskutabel für uns und ist es heute noch immer. Es ist das ein linkes Modell, ein regulierendes Modell, und das Wort "Markt" ist für Sie ein Fremdwort. – So kann man aber nicht Wohnpolitik machen, jedenfalls nicht mit uns! – (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich möchte damit sagen: Machen Sie Vorschläge, in denen auch das Wort "Markt" vorkommt. (Abg. Dr. Cap: Was sagen die "kleinen" Mieter!) Machen Sie die Vorschläge, die Sie seinerzeit


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19. Sitzung / Seite 230

einmal gemacht haben, die Kollege Eder auch im Zuge der Hauptdebatte übers Mietrecht unterbreitet hat. Er hat sie dann fallen gelassen. Wenn wir uns in die Richtung bewegen, dann werden wir einander vielleicht näher kommen, sonst nicht! Und wenn wir uns nicht annähern, dann werden wir einen Weg finden, wie wir das durchsetzen! – Ich danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Dr. Cap: Der Applaus ist jetzt demonstrativ schwach, denn Hausbesitzer bekommen keinen starken Applaus!)

0.19

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Letzter dazu zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Brosz. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte. (Zwischenruf des Abg. Mag. Firlinger.  – Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten der Freiheitlichen und der SPÖ.) – Herr Abgeordneter Brosz! Sie sind am Wort! – Bitte.

0.20

Abgeordneter Dieter Brosz (Grüne): Es reden aber noch so viele! Daher warte ich ein bisschen, bis die anderen fertig sind. (Zwischenrufe der Abgeordneten Haigermoser und Dr. Fekter. )

Herr Präsident! Hohes Haus! Ich würde gerne reden, aber die anderen wollen das offenbar noch nicht. Vielleicht ... (Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen und der ÖVP.) Wir haben noch genug Zeit! Das ist nicht das Problem. Es ist ja erst 20 Minuten nach Mitternacht! (Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten der Freiheitlichen und der SPÖ.) Sie könnten einmal mit dem Vorgespräch aufhören. (Zwischenruf des Abg. Haigermoser. ) Ich fange schon an! Herr Haigermoser, ich habe noch gar nicht angefangen und Sie reden schon dauernd! (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Haigermoser. ) Es ist schon gut, dass Sie warten! Seien Sie einmal ruhig, dann werde ich anfangen. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Haigermoser: Das ist die "gehaltvollste" Rede, die ich je gehört habe!)

Es wäre vielleicht sinnvoll, wenn man Zwischenrufe zu einer Rede erst dann bringt, wenn die Rede schon begonnen hat, aber nicht Zwischenrufe zur vorigen Rede macht! (Anhaltende Zwischenrufe.)

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Herr Abgeordneter Brosz! Ergreifen Sie das Wort, bitte.

Abgeordneter Dieter Brosz (fortsetzend): Der Stil in diesem Hohen Haus ist schon amüsant. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen und der ÖVP.) Ich habe noch nicht einmal angefangen, und Herr Haigermoser und Ihre Fraktion reden hin und her. Ich würde jetzt ganz gerne mit meiner Rede beginnen, dann können Sie zwischenrufen. Das ist ja unglaublich! (Zwischenruf des Abg. Mag. Firlinger.  – Gegenruf der Abg. Dr. Petrovic. )

Wir haben über ein linkes Modell gehört, das Kollegin Bures präsentiert hat. Ich möchte sagen: Das Modell, das Sie in den letzten Tagen und Wochen präsentiert haben, würde den Namen "ein rechtes Modell" sehr genau verdienen! Der Punkt in der Wohnrechtsdebatte der letzten Jahre war – und da kann man natürlich die SPÖ auch nicht von der Kritik ausnehmen –, dass sehr vieles Schritt für Schritt sozusagen eingerissen ist und daher eine diesbezügliche klare rechtliche Handhabe unmöglich war.

Kritik ist zunächst an der langsamen und schrittweisen Einschränkung der fixen Mietzinsbeschränkungen beziehungsweise fixen Mietzinsgrenzen, die in den achtziger Jahren begonnen und dann Schritt für Schritt immer wieder fortgesetzt wurde, zu üben. Das steht auch im Antrag, und diese Kritik, dass es keine genau handhabbaren Daten gibt, ist sehr wohl berechtigt. Ich gestehe Ihnen von der SPÖ in Anbetracht der Zwischenrufe, die jetzt kommen, schon zu, dass Sie an Ihrem Koalitionspartner sehr gelitten haben! Nichtsdestotrotz möchte ich sagen, dass mit diesen Einschränkungsschritten bereits 1981 begonnen wurde, als es eine Alleinregierung der SPÖ gegeben hat. Damals begann man schon, von fixen Mietzinsgrenzen wegzugehen. (Abg. Dr. Fekter: Gott sei Dank!)


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19. Sitzung / Seite 231

Ich kann mich noch gut an die Diskussionen über das Volksbegehren gegen die Wohnungsnot Anfang der neunziger Jahre erinnern. Damals wurden sehr viele Kritikpunkte geäußert, die allerdings leider Gottes sehr wenig beachtet wurden. (Abg. Mag. Firlinger: Damals waren Sie noch nicht da!) Trotzdem habe ich 1990 schon etwas mit dem Mietrecht zu tun gehabt! Ob Sie das wissen oder es Sie interessiert, ist mir nicht wirklich wesentlich!

Faktum ist: Es gab damals ein Volksbegehren und entsprechende Initiativen. Frau Bures wird das wissen, die Hausbesitzer werden es weniger wissen. Es wird wahrscheinlich eine Begründung dafür geben, warum Leute wie Herr Neudeck in der FPÖ jetzt für die Wohnsituation und für die Wohnpolitik zuständig sind, nämlich Personen, die über ihre berufliche Situation einen anderen Zugang zum Mietrecht haben als die "kleinen" Leute, die Sie hier vertreten wollen. Die Hausbesitzer und Makler werden wahrscheinlich nicht unbedingt eine Wohnungspolitik für die "kleinen" Leute machen, die Sie scheinbar aber auch vertreten wollen! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Neudeck: Meine Mieter sind sehr zufrieden!)

Zum Inhaltlichen: Der Antrag der Kollegin Bures enthält Forderungen, welche die Grünen in den vergangenen Jahren auch so aufgestellt haben. Wenn ein Modell, das die Rechte der Mieter wiederherstellt und die Möglichkeit für fixe Grenzen enthält, für Sie offenbar ein linkes Modell ist, dann möchte ich sagen: Sie haben doch einen etwas merkwürdigen Begriff der Trennung von links und rechts! Aber wir werden ja sehen, wie Ihr Begriff von rechter Politik aussieht! Das möchte ich festhalten, nachdem Sie diese Begriffe ununterbrochen in den Raum stellen!

Faktum ist, dass die Situation für die Mieter in Österreich in den letzten Jahren drastisch geworden ist. Sie können ja einmal die "kleinen" Leute, die Sie immer wieder ansprechen, fragen, wie es denn mit der Leistbarkeit des Wohnens ausschaut! Wenn Sie das Senken beziehungsweise Umschichten von Befristungsabschlägen nun lautstark als Ihre Politik bezeichnen, dann muss man sagen: Das gibt es bis jetzt auch schon im Gesetz! Die Regelung, die Sie herbeiführen, wird besagen, dass es nur mehr auf drei Jahre befristete Mietverträge geben wird, weil es sich nicht mehr auszahlt, länger zu befristen. Und ich frage mich, ob das nun eine besondere Politik und eine besondere ... (Abg. Neudeck: Sie haben keine Ahnung vom Markt, Herr Kollege!) Der Markt ist ein eigenes Kapitel in der Sozialpolitik. An den Markt glauben wir tatsächlich nur beschränkt! Wir glauben auch, dass man im Mietrecht wirklich sehr genau überlegen muss, welche Bereiche man dem Markt überlassen kann und welche man regulieren sollte. Und wenn Sie gerade im Mietrecht so tun, als wären Regulierungen etwas Abschreckendes, dann kann ich mir in etwa vorstellen, wie die Mietrechtspolitik dieser neuen Bundesregierung in den nächsten Jahren ausschauen wird! – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

0.26

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ich weise den Antrag 90/A dem Justizausschuss zu.

9. Punkt

Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Doris Bures und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Konsumentenschutzgesetz geändert wird (91/A)

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen zum Punkt 9 der Tagesordnung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Ich erteile Frau Abgeordneter Bures das Wort. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

0.27

Abgeordnete Doris Bures (SPÖ): Hohes Haus! Es ist dies de facto die Fortsetzung der Diskussion, in welcher es darum geht, für Kostensenkung zu sorgen und jenen zu helfen, die wirklich Hilfe brauchen.


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19. Sitzung / Seite 232

Sie haben Recht: Wir haben auch in der Vergangenheit konsequent die Interessenvertretung der Mieter und Mieterinnen und Wohnungssuchenden in diesem Land hinsichtlich unserer Position zu den Immobilienmaklerprovisionen fortgesetzt. Tatsache ist, dass wir in Österreich die europaweit höchsten Maklerprovisionen haben, und zwar sowohl bei Anmietung einer Wohnung als auch beim Kauf einer Wohnung. (Zwischenruf des Abg. Dr. Ofner. )

Ich weiß, dass das bei Ihnen keine Rolle spielt! Trotzdem nenne ich die Größenordnung: Im Durchschnitt zahlt ein Wohnungssuchender in Österreich rund 24 000 S allein an Maklerprovisionen. (Zwischenruf des Abg. Neudeck. ) Im Vergleich dazu möchte ich erwähnen, dass es in Europa Staaten gibt, in denen der Mieter überhaupt keine Provision zahlt, weil der Auftraggeber der Vermieter ist, etwa in Belgien, Großbritannien, den Niederlanden, Norwegen und der Schweiz. Herr Kollege Firlinger! In der Schweiz, in Norwegen und Großbritannien kennt man das Wort "Markt", es gibt dort aber keine Maklerprovisionen, die der Mieter zahlen muss! Und in allen anderen europäischen Staaten sind die Maklerprovisionen tatsächlich wesentlich niedriger als in Österreich.

Wir kritisieren das seit Jahren und versuchen seit Jahren, das zu ändern. Da gab es natürlich auch immer Konflikte mit der ÖVP. Es ging um einen Interessenausgleich. Die ÖVP hat immer die Interessen der Hauseigentümer vertreten, die Sozialdemokratie ist immer auf Seiten der Mieter gestanden. Und die FPÖ verspricht und bricht, wie wir mittlerweile wissen. Das ist sozusagen die Linie.

Wenn Sie für eine Senkung dieser Kosten sind, dann können wir diesen Antrag diskutieren. Heute sprechen wir nur kurz darüber, aber ich meine, wir müssen uns in Zukunft im Interesse der Wohnungssuchenden mehr Zeit dafür nehmen.

Worum geht es uns? – Uns geht es darum, die hohe Provisionshöchstgrenze von drei Bruttomonatsmieten, die in der Regel auch verlangt werden, zu senken. Im Übrigen wissen wir aus Untersuchungen, dass in rund 16 Prozent Maklerprovisionen darüber hinaus verbotenerweise verlangt werden. Daher fordern wir, dass die Grenze für Maklerprovisionen auf drei Nettomonatsmieten gesenkt wird. Das würde in etwa EU-Niveau entsprechen. Auch in diesem Zusammenhang können Sie wieder den Beweis dafür antreten, ob Sie für eine Senkung der Kosten von Wohnungssuchenden sind! – Danke. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Neudeck. )

0.29

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Eder. Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

0.29

Abgeordneter Kurt Eder (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich kann der Freiheitlichen Partei heute den Vorwurf wirklich nicht ersparen, dass auf ihren Plakaten gestanden ist: Mieten senken! (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Auch die Maklergebühren sind ein Teil der Mieten und sind Wohnkosten. Daher kann ich nur an Sie appellieren, dass Sie sich an Ihre Spielregeln und an Ihre Wahlversprechen halten, denn hier besteht wirklich Handlungsbedarf!

Da meine Vorrednerin die Maklerprovisionen angesprochen hat, Herr Neudeck, möchte ich ein paar Zahlen nennen: So werden zum Beispiel in Österreich für eine Wohnung, die ein Makler vermittelt, 24 516 S verrechnet, im Vergleich dazu in Deutschland 14 364, in Finnland 8 900 und in Dänemark 6 700 – da stimmt doch irgendetwas im Staate Österreich bei den Maklerprovisionen nicht. Es wäre meiner Ansicht nach daher sehr vernünftig – da setze ich auch große Hoffnung in den neuen Justizminister, Herrn Dr. Böhmdorfer, der meines Erachtens hiefür durchaus Verständnis zeigt –, zu überprüfen und zu überlegen, ob man hier nicht wirklich Handlungsbedarf hat.

Es sollte die Zielsetzung sein, dass die Eintrittsschwellen niedriger sind, wenn schon die Mieten hoch sind. Werden den jungen Familien, die in eine Wohnung eintreten oder eine Wohnung


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19. Sitzung / Seite 233

suchen, auch noch hohe Eintrittsschwellen in Form dieser Maklerprovisionen verrechnet, dann frage ich mich, was das mit der Politik der FPÖ für die "kleinen" Leute zu tun hat. Sie haben es im Wahlkampf versprochen, aber in Ihren Vorschlägen brechen Sie nun eines nach dem anderen. (Abg. Neudeck: Da haben Sie Erfahrung! – Weitere Zwischenrufe.)

Ich verstehe, dass es jetzt schwierig ist, in einer Koalition mit der ÖVP die Wahlversprechen, die man vorher gegeben hat, einzuhalten, was man in Wirklichkeit nicht kann. Sie klammern sich jetzt aneinander und leiden unter dem, was der kleinere Koalitionspartner Sie hier ständig anschauen lässt. Ich kann Sie hier wirklich nur ersuchen, dass Sie mithelfen und einem solchen Antrag – das ist ein Antrag, der durchaus Ihre Zustimmung finden könnte – zustimmen, um endlich auch einmal in der Wohnpolitik Ihre Wahlversprechen einzuhalten, nämlich tatsächlich etwas für die "kleinen", anständigen Österreicher zu tun. Bisher haben Sie außer Belastungen nichts getan für die "kleinen", lieben, anständigen Österreicher! (Beifall bei der SPÖ.)

0.32

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächste zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Johanna Mikl-Leitner. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

0.32

Abgeordnete Mag. Johanna Mikl-Leitner (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Hohes Haus! Die beiden VorrednerInnen von der SPÖ sind schon kurz auf ihren Antrag eingegangen. Für mich ist dieser Antrag in einigen Punkten sehr kurios. Das lässt sich sehr leicht begründen, und ich möchte das in meinen Ausführungen tun.

Hinsichtlich des Antrages kann man generell sagen, dass es der SPÖ um eine Senkung der Maklergebühren für Verbraucher geht. Das ist eine Forderung, die uns allen nicht unbekannt und schon einmal erhoben worden ist und die auf den ersten Blick etwas Verlockendes hat, aber ich halte es auch für wichtig, hier auf das Maklergesetz und auf die Immobilienmaklerverordnung aus dem Jahr 1996 hinzuweisen. Darin wurde die Höchstgrenze für die Maklerprovision festgelegt, und zwar beim Kauf mit 3 Prozent des Kaufpreises sowie drei Monatsmieten bei unbefristeten Mietverträgen und zwei beziehungsweise einer Monatsmiete bei befristeten Verträgen. (Abg. Eder: ... sind 6 Prozent!) Zusätzlich wurden umfassende Aufklärungs- und Informationspflichten festgelegt, und selbstverständlich wurde dem Konsumenten zu seinem Schutz das Rücktrittsrecht eingeräumt. (Abg. Dr. Cap: Wohn-Steinzeit!)

Es ist sehr interessant, dass all diese Regelungen zu Freude bei der früheren sozialdemokratischen Bundesministerin für Gesundheit und Konsumentenschutz und zu großen Belobigungen geführt haben. Das ist heute noch in sämtlichen Broschüren nachzulesen. Aber auf einmal sollte all das unzureichend sein, müssten all diese Regelungen verändert und korrigiert werden! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Eder: Nur die Gebühren gehören gesenkt!)

Ich bin mir wirklich nicht sicher, ob es Ihnen tatsächlich um das Anliegen der Konsumenten geht, ob es Ihnen hier um Konsumentenschutz geht (Ruf bei der SPÖ: Um wen denn sonst?) oder ob es nur ein rein parteipolitisches Spielchen ist, ob es reine Effekthascherei ist, ob es reiner Populismus von Ihrer Seite ist. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren von der sozialdemokratischen Seite! Ich weiß, dass Sie nicht müde werden, die Regierung tagein, tagaus zu kritisieren. Ich weiß, dass Sie permanent Kritik üben (Abg. Dr. Cap: Wessen Geschäft ist das?)  – unfairerweise, ungerechtfertigterweise – und dass Sie der Regierung vorwerfen, den Weg der sozialpartnerschaftlichen Zusammenarbeit bereits verlassen zu haben. Aber ich stelle Ihnen nun die Frage, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen von der SPÖ (Abg. Dr. Cap: Was ist das für ein Text?): Wo ist denn Ihre Gesprächsbereitschaft? Haben Sie bereits mit der Kammer Gespräche geführt? Haben Sie bereits mit der Innung ausführliche Gespräche geführt? (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Meines Erachtens dürfte das bis dato nicht geschehen sein, denn sonst wüssten Sie, dass sowohl seitens der Kammer als auch seitens der Innung Gesprächsbereitschaft und Diskussions


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19. Sitzung / Seite 234

bereitschaft vorhanden ist. (Abg. Eder: Farnleitner hat gesagt ...!) Aber ich glaube, das Einzige, das Sie tun, ist: Sie predigen Wasser, und Sie trinken Wein! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Dr. Cap: Was für ein Text ist das?)

Als Konsumentenschutz-Sprecherin der ÖVP, des ÖVP-Klubs kann ich mir ohnedies eine Verlagerung der Provisionslast vom Käufer und Mieter hin zum Verkäufer und Vermieter vorstellen. (Abg. Dr. Cap: Sie müssen umblättern! Sie sagen das schon zum zweiten Mal!) Selbstverständlich muss man darüber ausführlich reden und ausführlich diskutieren. (Abg. Dr. Cap: Steht das im Text?) Aber (Abg. Dr. Cap: Aber!) eines muss klar sein (Abg. Dr. Cap: Das steht nicht im Text! – Abg. Mag. Schweitzer: Josef, du bist müde!): Alle Interessen müssen berücksichtigt werden, alle Interessen müssen ausgewogen berücksichtigt und ausführlich diskutiert werden. Aber ich sehe bis dato von Ihrer Seite keinerlei Ansatz, keinerlei sozialpartnerschaftlichen Ansatz. Diesen vermisse ich von Ihrer Seite gänzlich! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Dieser Antrag hat für mich noch einen sehr großen Haken. Wie Sie wissen, wird laut den vorliegenden Statistiken von vielen Maklern die Vermittlung von Wohnungen unter einem Mietpreis von 6 000 S oft nicht mehr vorgenommen, weil der Aufwand in keiner Relation zu den Einnahmen steht. Im Durchschnitt sind ungefähr 20 Besichtigungen notwendig, bis es zu einem Abschluss kommt. Da ist der Kostenaufwand für die Makler selbstverständlich um einiges höher als ihre Einnahmen.

Selbstverständlich kann man über andere Lösungen diskutieren. Selbstverständlich ist es möglich, eine Lösung zu suchen, sodass in Zukunft für jede Besichtigung eine Provision verlangt, eingefordert werden kann. Aber das ist unserer Ansicht nach keine Lösung. Es war, wie Sie wissen, von Beginn an vor allem unser Bestreben, dass nur dann bezahlt werden muss, wenn es zu einem Vertrag kommt. (Abg. Dr. Khol: Redezeit!) Das werden wir weiterhin so vertreten, und das ist meines Erachtens auch von großer Wichtigkeit. (Abg. Dr. Khol: Redezeit 3 Minuten! Unerhört!)

Kurz zum Senken der Maklergebühren: Ich glaube, wir alle wissen, dass es gerade bei einer Senkung der Maklergebühren oft darauf ankommt ... (Abg. Dr. Khol  – am Rednerpult vorbeigehend –: Hörst, wir sind um 1 Uhr in der Früh!) Entschuldigung! – Senken wir die Maklergebühren, so wird es vor allem für die kleineren Makler kaum noch möglich sein, Vermittlungen für billigere, für günstigere Wohnungen durchzuführen. Ob das sozial ist, sei dahingestellt.

Aber ich glaube, wir lösen die Probleme nicht, wenn wir einfach einen Berufsstand einseitig zerstören und einen Klassenkampf anstreben. (Abg. Mag. Posch: ... Klubobmann!) Das ist keine Lösung, so, wie es bei Ihnen in zahlreichen Publikationen zu finden ist. Es kann nicht so sein, dass die Hausbesitzer gegen die Bürger aufgehetzt werden und dass sich die Makler gegen die Kunden richten. Das kann keine Lösung sein! (Demonstrativer Beifall des Abg. Haigermoser. )

Ich fordere Sie auf, nicht gegeneinander, sondern miteinander gemeinsame Lösungen zu suchen. In diesem Sinne hoffe ich in Zukunft auf ein Miteinander und nicht auf ein Gegeneinander! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

0.40

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Neudeck. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte. (Abg. Dr. Ofner: Darfst auch eine Dreiviertelstunde reden! – Abg. Neudeck  – auf dem Weg zum Rednerpult –: Ich warte auf die Zwischenrufe!)

0.40

Abgeordneter Detlev Neudeck (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Der Antrag der Abgeordneten Bures und Eder hat nicht in erster Linie Vorteile für die Konsumenten im Auge, vielmehr soll damit einem ganzen Berufsstand die Ausübung seiner Tätigkeit erschwert beziehungsweise unmöglich gemacht werden – also Klassenkampf pur!


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19. Sitzung / Seite 235

In der Begründung wird zum wiederholten Male die falsche Behauptung aufgestellt, dass in Österreich im EU-Vergleich höhere Provisionen als in anderen Staaten zu bezahlen seien. (Zwischenruf des Abg. Eder.  – Abg. Haigermoser: Jungfernrede!) Diese Behauptung wird auch durch wiederholtes Aufstellen nicht richtiger. Wenn es sich bei dieser Untersuchung um die AK-Studie von Lehofer handelt, so, muss ich sagen, beweist diese eher das Gegenteil (Abg. Mag. Posch: Geben Sie es schriftlich ab!)  – wollen Sie es lesen? –, soweit diese Vergleiche überhaupt möglich sind. In Österreich gibt es sowohl hinsichtlich der Miethöhe als auch hinsichtlich der Mietdauer Zwangsbestimmungen, die marktverzerrend wirken und daher diese Vergleiche nicht zulassen.

Außerdem ist festzuhalten, dass in einigen EU-Staaten auch bei erfolgloser Vermittlung Aufwandsersatz verrechnet werden kann. Diese Ersatzleistungen für Inserate und Gebühren sind den österreichischen Honorarrichtlinien fremd. Ferner ist festzuhalten, dass diese Honorarrichtlinien Höchstsätze sind, die auf Grund der Marktdrehung in letzter Zeit – entgegen Ihren Behauptungen – nicht mehr verrechnet werden, jedenfalls nicht in allen Fällen.

Auch darin unterscheiden wir uns Gott sei Dank wesentlich in den Auffassungen. Ich vertraue dem Markt und dem Verhandlungsgeschick der Konsumenten mehr als der sozialdemokratischen Reglementierungswut. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Frau Abgeordnete Bures! Wollen Sie dem Konsumenten und dem Mieter Gutes tun, dann betätigen Sie sich in Wien auf dem Sektor der Gemeindemieter. Sorgen Sie für ordnungsgemäße Abrechnungen der Mieten, zum Beispiel hinsichtlich der Nutzflächen und der Kategorieeinstufungen! Senken Sie die Betriebskosten durch Einführung kostendeckender Kanal- und Abwassergebühren! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Die Gemeinde Wien lukriert als größter Hausherr Europas über die Betriebskosten bei den Kanalgebühren einen Mehrertrag von 800 Millionen Schilling. Um einen gleich hohen Betrag durch Arbeit zu erwirtschaften, müssen die österreichischen Immobilientreuhänder viele Jahre hart arbeiten. Ich bin weiters sicher, dass für Sie auch hinsichtlich der Versicherungsbeträge, die von Wiener Häusern der Gemeinde Wien grundsätzlich ohne Ausschreibung bei der Wiener Städtischen Versicherung oder deren Konzernbetrieben deponiert werden, Handlungsbedarf gegeben ist.

Zum Schluss: Ein Mietrechtsexperte hat anlässlich einer Enquete gesagt: Die jahrzehntelange sozialistische Mietenpolitik hat am österreichischen Hausbestand mehr Schaden angerichtet als zwei Weltkriege. Dem ist nichts hinzuzufügen. – Kollege Cap! Essen Sie, das stört weniger! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

0.44

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Brosz. – Bitte. (Rufe und Gegenrufe zwischen der SPÖ und den Freiheitlichen.)

0.44

Abgeordneter Dieter Brosz (Grüne): Die Diskussion (anhaltende Zwischenrufe)  – das liegt offensichtlich an gewissen atmosphärischen Störungen, wenn ich zum Rednerpult schreite, aber ich probiere es eben wieder – um die Provisionen war jetzt ein neues Meisterbeispiel der Geschichte. – Ja, ich weiß schon, aber jetzt warte ich einmal, bis es ruhiger ist, und dann schaue ich hinüber, denn sonst komme ich gar nicht zum Reden. Das ist irgendwie schwierig.

Die Geschichte um die Provisionen ist ein neues Meisterbeispiel. Sie schicken jetzt wirklich Herrn Neudeck von der FPÖ heraus, noch umbenannt als Immobilienmakler, der uns hier etwas über die Notstände der Profession der Immobilienmakler erzählt. (Abg. Dr. Jarolim: Sehr glaubhaft!) Das ist wirklich amüsant – der Immobilientreuhänder. Berufsstand: Hausbesitzer? (Abg. Neudeck: Ja!) Hausbesitzer, gut! Und Sie haben keine Hausverwaltung? – Nicht mehr, gut! Auf jeden Fall jemand, der offenbar ein relativ eindeutig besetztes Interesse am Wohngeschäft hat und der hier erzählt, welche Schwierigkeiten der Berufsstand bei einer Senkung der Provisionen haben würde. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)


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Man muss einmal feststellen: Ich habe noch gut im Kopf, wie es war, als damals diese Sechs-Monate-Befristungen eingeführt wurden. Sie haben damals an den Möglichkeiten nichts geändert. Damals wurden für auf sechs Monate befristete Mietverträge dennoch drei Monate Provision bezahlt – für sechsmonatige Mietverträge dreimonatige Provisionen! (Abg. Mag. Firlinger: Welchem Beruf gehen Sie nach? – Abg. Dr. Martin Graf: Den haben aber nur Sie gezahlt!) – Den habe nicht ich gezahlt. Da gab es zahlreiche Fälle, bei jeder Mieterorganisation.

Speziell waren es damals ausländische Mieter, die mit sechsmonatigen Mietverträgen abgespeist wurden und die immer wieder – auch weil sie auf Wohnungen angewiesen waren, um hier überhaupt weiterhin Aufenthalt zu bekommen – in ein Abhängigkeitsverhältnis geraten sind. Genau diejenigen sind dann zum Handkuss gekommen und durften für sechsmonatige Mietverträge drei Monate Provision zahlen. Diese sechsmonatigen Mietverträge gibt es Gott sei Dank zurzeit nicht mehr.

Faktum ist, dass durch das, was Sie jetzt machen – nämlich die Reduktion auf dreijährige Mietverträge, indem Sie die Abschläge nivellieren, sodass für längere Befristungen kein Anreiz mehr gegeben sein wird –, eine möglichst große Fluktuation der Wohnungen und eine möglichst große oder rasche Umwälzung – das heißt, innerhalb von drei Jahren wieder zu vermieten – besonders lukrativ wird.

In diesem Zusammenhang muss man sagen – weil Sie da immer so tun: nur die Käufer oder von den Käufern zu den Verkäufern –: Die Provisionen werden von beiden verlangt, und die Provisionen betragen nicht 3 Prozent, sondern zweimal 3 Prozent. (Abg. Mag. Schweitzer: Was schlägst du vor?) Ich denke, dass eine Reduktion auf jeden Fall angemessen ist. Über die Details kann man sicher reden.

Aber hier wurde es so dargestellt, als ginge es um das Zerstören eines Berufsstandes, wenn man, vor allem auch bei Befristungen, darüber diskutiert, wie Einschränkungen erfolgen sollen – es ist ja ein Unterschied, ob ein Mietvertrag unbefristet oder befristet abgeschlossen wird. Bei befristeten Mietverträgen genauso hohe Provisionen zu ermöglichen, ist nicht unbedingt eine sinnvolle Lösung – oder? Es wäre eine Möglichkeit, auch darüber zu diskutieren, bei den Befristungen Einschränkungen vorzunehmen. Das ist auch in diesem Antrag enthalten und wurde hier genauso in Bausch und Bogen abgelehnt. Ich denke, man kann sehr genau und sehr präzise darüber diskutieren, welche einzelnen Punkte es sein müssen.

Faktum ist, dass einerseits die Höhe immer ein Problem war und dass es andererseits auch von der Rechtssituation her problematische Geschäfte gab. Das braucht man sich nur anzuschauen. Ich möchte jetzt keine Namen nennen – das betrifft nicht Kollegen Neudeck, das kann ich hinzufügen –, aber es gab zumindest zu der Zeit, als ich in der Mieterberatung tätig war, genug Fälle, in denen Hausbesitzer über eigene Firmen, über Maklerfirmen wieder vermittelt haben, noch dazu, wenn ihre Frau zum Beispiel als Gesellschafter aufgetreten ist. Über diese Firmen wurden dann die eigenen Wohnungen über Maklerbüros vermittelt, und auch für die eigenen Wohnungen über eine Gesellschaft, an der wiederum Familienangehörige beteiligt waren, die Provisionen kassiert. Es kann wohl nicht im Interesse der Mieter sein, solche Möglichkeiten zuzulassen.

Ich denke daher, dass bei den Provisionen auf jeden Fall dringender Handlungsbedarf gegeben ist. Darüber, wie die Lösung im Detail aussehen soll, könnte man ja im Ausschuss reden. Aber wenn eine Ablehnung in Bausch und Bogen erfolgt, sehe ich nicht wirklich eine Möglichkeit, überhaupt entsprechende Diskussionen zu führen. Das finde ich sehr bedenklich! (Beifall bei den Grünen.)

0.49

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Ellmauer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

0.49

Abgeordneter Matthias Ellmauer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Mit dem Beschluss des vorliegenden Antrages


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der Abgeordneten Bures und Genossen, das Konsumentenschutzgesetz zu ändern, würde man das Gegenteil dessen erreichen, was man zu wollen vorgibt. Es wäre wieder ein großer Schritt in Richtung Regulierung des Wohnungsmarktes, wobei jedoch durch die Wohnrechtsnovelle 2000 gerade erst versucht wird, die bestehenden Hemmnisse zu mildern.

Endlich wird versucht, Vereinfachung und Klarheit ins Mietrecht zu bringen, und prompt beweist die SPÖ, wie wenig ihr daran gelegen ist. – Diese Einstellung zur Öffnung des Wohnungsmarktes kann man nur als anachronistisch bezeichnen. Man muss dem Markt Gelegenheit geben, sich zu entwickeln.

Vorrangiges Ziel sollte es sein, einen Wohnungsmarkt zu gestalten, auf dem sich Mieter und Vermieter als gleichberechtigte Partner treffen können. Dafür müssen wir geeignete Rahmenbedingungen schaffen.

Der gegenständliche Antrag unterläuft sowohl die Bestimmungen des Maklergesetzes als auch die Immobilienmaklerverordnung. Er würde zum Beispiel bei Häusern mit regulierten Mietzinsen zu bedeutenden Problemen für die Mieter in Form von Mehrkosten führen. Es kann doch nicht das Ziel sein, den Mietern höhere Kosten zu verursachen! Vielmehr müsste das Ziel eine entsprechende Kostenentlastung sein.

Meine sehr geehrten Damen und Herren von den Sozialdemokraten und Grünen! Bitte legen Sie endlich Ihren übertriebenen Hang zur Regulierung ad acta! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

0.51

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ich weise den Antrag 91/A dem Bautenausschuss zu.

10. Punkt

Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz über das Grundrecht auf Gesundheit (83/A)

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen zum 10. Punkt der Tagesordnung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Petrovic. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 7 Minuten. (Abg. Haigermoser  – in Richtung der Abg. Dr. Petrovic –: Heute hat sie kein so festes Schuhwerk an!)

0.52

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Der Antrag betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, das ein Grundrecht auf Gesundheit einführen soll, wurde vom grünen Klub schon vor längerer Zeit eingebracht. Es gab auch eine Besprechung zwischen den Fraktionen und ein Hearing hier im Haus, da wurde diesem Entwurf durchaus etwas abgewonnen, zumindest von den Gesundheits- und UmweltsprecherInnen der anderen Parteien. – Geschehen ist bisher gar nichts.

Ich orte im Bereich der Grundrechte zwei große Felder, in denen schon lange eine Weiterentwicklung angesagt wäre. Das ist einerseits der Bereich der sozialen und wirtschaftlichen Grundrechte, denn wir erkennen immer deutlicher, dass bloße Freiheitsrechte oftmals nicht ausreichen und dass der Gleichheitsgrundsatz etwa so ausgelegt wird, dass er den Staat oder die Staaten nicht wirklich verpflichtet, Gleichheit herzustellen, anzustreben und zu unterstützen. Das ist der eine große Defizitbereich.

Der andere ist der Bereich der ökologischen Grundrechte. Wir haben intern eine sehr lange Debatte darüber geführt, welcher Ansatz hier zielführend sein könnte. Es gibt auch in der


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Wissenschaft diskutierte und publizierte Meinungen, die etwa ein Grundrecht künftiger Generationen in der Verfassung verankern und in dem Sinn verhindern wollen, dass heute so gewirtschaftet, möglicherweise Raubbau getrieben wird, dass damit die Rechte kommender Generationen nachhaltig beschädigt oder beeinträchtigt werden.

Das ist ein Ansatz. Wenn man so will, ist das hier der pragmatischere, der nahe liegendere, der meiner Auffassung nach durchaus ein erster Schritt in Richtung eines noch weiter gehenden grundrechtlichen Schutzes der Umwelt und der Gesundheit von Menschen sein kann.

Das Grundrecht auf Gesundheit, wie wir es beantragt haben, enthält ein subjektives Recht jeder Person, Beeinträchtigungen abzuwehren und selbstverständlich auch an Informationen zu gelangen.

Ich lade Sie ein, sich nicht nur kurz vorzustellen, welch individuelles Leid hätte verhindert werden können, wenn es ein solches Grundrecht bereits gegeben hätte, sondern auch, welch gewaltige Kosten den Volkswirtschaften möglicherweise erspart geblieben wären, wenn der Grundrechtsschutz im Bereich der Gesundheit tatsächlich mit Durchsetzbarkeit schon eingeführt worden wäre. Ein Beispiel wäre etwa der BSE-Skandal. Im Nachhinein hat man gesagt: Ja, wir haben erkannt, dass das Verfahren zur Sterilisierung und zur Aufbereitung von Tierfutter unzulänglich war. – Es gab damals schon warnende Stimmen, die gesagt haben: Passt auf, das ist Wahnsinn, was da passiert!

Ich nehme für mich in Anspruch, dass ich bereits 1993 die ersten Anfragen dazu gestellt habe. Kritische Stimmen gab es schon damals, aber sie wurden in den Wind geschlagen, und zwar immer: ob es BSE ist, ob es viele Umweltgifte sind, Formaldehyd und Ähnliches, oder ob es auch der große Bereich der Gentechnik in Landwirtschaft und Ernährung ist.

Immer wird denjenigen, die kritische Argumente vorbringen, die Beweislast umgehängt. Man sagt: Beweist doch, dass es wirklich schädlich ist! – Aber das ist in der Regel nicht möglich, bevor ein Verfahren eingeführt wird. (Abg. Neudeck: Beweislastumkehr!) Das ist ein Vorsichtsprinzip, und ich denke, dass derjenige, der eine gefährliche Tätigkeit beginnt, der Gesellschaft den Nachweis schuldig ist, dass das, was er vorhat, nicht gefährlich ist. Alles andere führt zu Milliardenschäden.

Ich erinnere daran, dass aus den Reihen der Regierungsparteien immer wieder EU-kritische Töne und immer wieder Töne über die Misswirtschaft kommen. Na, wenn es nicht eine gewaltigere Misswirtschaft gibt, als das Geld in Skandalen anzulegen, dann weiß ich nicht!

Mit einem derartigen Grundrecht hätten KritikerInnen eine Möglichkeit, sich präventiv zur Wehr zu setzen, auch staatliche Unterlagen zu Gesicht zu bekommen, in Akten Einsicht zu nehmen und ihr Recht notfalls mit Nachdruck vor Gericht durchzusetzen. Wenn es Ihnen ernst ist mit dem Schutz der Gesundheit, wenn es Ihnen ernst ist mit einem effizienten Schutz der Umwelt und mit Kosteneffizienz in der staatlichen Verwaltung, dann lade ich Sie ein, ernsthaft über diesen Entwurf zu diskutieren. (Beifall bei den Grünen.)

0.58

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Dr. Pittermann. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 7 Minuten. – Bitte. (Abg. Mag. Schweitzer  – nachdem einige Sekunden vergangen sind –: Jetzt ist sie ja doch noch im Haus! – Abg. Dr. Pittermann: Ja, Sie werden es nicht glauben: Es ist nicht mein Geist, das bin ich als Ganze, die ich hier bin!)

0.58

Abgeordnete Dr. Elisabeth Pittermann (SPÖ): Herr Präsident! – Bundesminister gibt es keinen mehr. (Abg. Mag. Schweitzer: Jetzt, da Sie es erwähnen ...!) Hohes Haus! Ludwig Börne stellt fest, dass es tausend Krankheiten, aber nur eine Gesundheit gibt. Die WHO definiert: Gesundheit ist ein Zustand kompletten physischen, psychischen und sozialen Wohlbefindens, nicht bloß das Fehlen von Krankheit und Schwäche.


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Für jeden Menschen zählt die Gesundheit zu den wichtigsten Gütern. Daher stimmen wir der Grundintention dieses Antrages zu.

Es erhebt sich jedoch die Frage, wie weit dieser Antrag mit dem österreichischen Grundrechtskatalog und dem Rechtsschutzsystem harmoniert, sodass eine gründliche Diskussion über diese Regelungen erforderlich ist. Die sozialdemokratische Fraktion will einen breiten Katalog an wirtschaftlichen und sozialen Grundrechten verfassungsmäßig verankern, worin auch das Grundrecht auf Gesundheit enthalten ist.

Eine Gesundheitsanwaltschaft ist ein guter Ansatz, um das Recht auf Gesundheit zu wahren. Die Wichtigkeit der Erforschung von Ursachen und Wirkungen im Bereich der Umweltmedizin ist eine große Herausforderung und bedarf sicher staatlicher Mittel, denn von der Industrie wird fast alles unterdrückt, was ihren Interessen zuwider handelt – wenn ich mich nur an die Diskussion vor Beschlussfassung des Tabakgesetzes erinnere, daran, wie die Tabak-Lobby die Risken des Nikotin-Missbrauchs für die Benützer, aber auch die unfreiwillig Mitrauchenden bagatellisierte!

Es wird nicht einmal versucht, die Kausalität des Nikotinmissbrauchs – ich sage bewusst nicht "Genuss" oder "Gebrauch" – für Morbidität und Mortalität festzustellen. In keiner klinischen oder Obduktionsdiagnose wird Nikotin-Missbrauch vermerkt, ja nicht einmal auf den Krebsstatistikblättern scheint "Nikotin-Abusus" beziehungsweise "leidender Mitraucher" auf.

Anlässlich eines 1992 von Professor Gale gehaltenen Vortrages über den Gau von Tschernobyl wurde einem die Macht der Atomlobby bewusst. Bis auf einen Anstieg der Schilddrüsenkarzinom-Rate wurde von ihm jede Kausalität einer Leukämie oder anderen bösartigen Erkrankung im Zusammenhang mit Atomkraftwerken geleugnet.

Ich möchte noch einmal und wieder daran erinnern, dass mit Befolgung des Tabakgesetzes das Rauchen in den Couloirs zu untersagen ist. Das Rauchen in einem Gebäude, nicht nur den öffentlichen, verletzt die gesundheitliche Integrität anderer Menschen. Es ist nicht einzusehen, dass wir Abgeordneten mit gereizten Schleimhäuten, immer wieder durch geöffnete Fenster oder Lüftung kaltem Zug ausgesetzt und dadurch an Neuralgien leidend dieses Hohe Haus verlassen müssen. Es ist höchste Zeit, dass die Präsidialkonferenz einmal dem Gesetz entsprechend beschließt, ein Raucherkammerl zu schaffen, mit einem so starken Abzug, dass die Nichtraucher gesundheitlich nicht beeinträchtigt werden. (Beifall der Abgeordneten Dr. Keppelmüller, Pfeffer, Mag. Sima und Mag. Stoisits. ) Warum müssen etliche leiden, damit andere ihrer ungesunden Lust und Abhängigkeit frönen können? Wie kommen Nichtraucher dazu, als lustfeindlich und intolerant zu gelten, wenn sie es wagen, gegen das Rauchen Einspruch zu erheben?

Ich frage mich aber: Wie ist das Recht auf Gesundheit im Zusammenhang mit Straßen- und Schienenbau zu verstehen? Müssen jene, die heute schon Verkehr erdulden, jedes Jahr mehr Belastungen ausgesetzt sein, weil andere unbehelligt leben wollen? Sind Hochspannungsleitungen oder GSM-Masten zu verbieten, oder stellt die Versorgung mit Strom oder die Möglichkeit des Telefonierens ein höherwertiges Gut dar? (Abg. Dr. Khol: Bitte keine Vorlesung um Mitternacht!)  – Dadurch, dass ich es vorlese, geht es schneller. Wenn ich es nicht vorlese, brauche ich länger. (Abg. Dr. Jarolim: Das ist aber kürzer als Mikl-Leitner! – Heiterkeit der Rednerin.) Ich kann es ja ausprobieren: Ich brauche ungefähr doppelt so lange in der freien Rede, aber ich habe Zeit, und wir haben noch genügend Redezeit. Wir könnten es ausprobieren!

Haben Schanigärten um 20 Uhr zu schließen, weil manche ihre Ruhe haben wollen, oder haben andere das Recht, im Freien den Abend zu genießen? Wie ist bei Interessenkollision zu entscheiden, wie bei kontroversiellen Gutachten?

Gesundheit ist der größte Reichtum, sagt ein Sprichwort. Bewahren wir sie. Schützen wir die Menschen durch ein Verfassungsrecht, aber diskutieren wir vorher noch im Ausschuss nähere Details, damit die Gesundheit nicht manche bevorzugt und andere benachteiligt und durch eine Reihe von Gutachten und Gegengutachten und Verzögerungen manches, was für viele Menschen wichtig ist und ihr Wohlbefinden steigert, für diese dann aber unerschwinglich wird. –


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Danke für die Aufmerksamkeit um diese Zeit! (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

1.03

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Rasinger. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

1.03

Abgeordneter Dr. Erwin Rasinger (ÖVP): Ich werde mich zu später Stunde Ihrem Recht auf Gesundheit entsprechend kurz fassen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Der Antrag ist leider im Inhalt falsch. Er bringt nämlich nicht mehr Gesundheit, sondern, wenn man es genau durchliest, erkennt man das: neue Bürokratie, eine Anwaltschaft. Zweitens engt er das Thema Gesundheit auf Umweltmedizin ein.

Ich möchte schon wieder schließen: Ich glaube, es ist besser, die Sisyphusarbeit in der konkreten Umsetzung von Gesundheitsthemen zu leisten, wie zum Beispiel im Rahmen dessen, was sich die Regierung mit der Patientencharta vorgenommen hat. (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

1.04

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Pumberger. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

1.05

Abgeordneter Dr. Alois Pumberger (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Schon vor 35 Jahren wurde die Grundrechtskommission eingesetzt, mit dem Ziel, den Grundrechtekatalog auszuarbeiten und zu verbessern. Außer vielen langen Sitzungen, in denen viel gesprochen, aber wenig gesagt wurde, ist nicht viel herausgekommen.

Wir haben schon vor fünf, sechs Jahren denselben Antrag hier im Parlament in einer ersten Lesung diskutiert. Ich bin gerne bereit, über das Thema Grundrecht auf Gesundheit zu diskutieren, aber ich bin der Meinung, dass Grundrechte auch realistisch sein müssen, dass sie umsetzbar sein müssen. Wenn wir, wie Frau Kollegin Petrovic beabsichtigt, das Recht jeder Person wahrnehmen müssen, weil in einem Bundesverfassungsgesetz festgeschrieben sein soll, dass von einer Person jegliche Art von Beeinträchtigung ihrer Gesundheit abgewehrt werden kann, dann frage ich, wie das in der Praxis durchführbar sein soll. Man muss sich auch fragen: Wie viele beeinträchtigende Schädigungen akzeptiert die Gesellschaft? So wissen wir etwa im Zusammenhang mit dem Bau von Autobahnen ganz genau, dass viele Menschen einen Unfall erleiden werden oder durch Abgase geschädigt werden können. Schon beim Bau von Hochspannungsleitungen wissen wir, dass dort dann Strahlenemissionen auftreten, die, wie wir alle wissen, auch nicht gerade zur Gesundheit beitragen. Weitere Beispiele wären die Handy-Masten, die immer wieder diskutiert werden, alle Emissionen und Immissionen, auch die BSE-Geschichte, der Smog, der krank macht, der Lärm, der krank macht – wie sollen wir das in einem Bundesverfassungsgesetz verankern, wenn dann jeder das Recht hat, die Beeinträchtigung durch all jene Dinge, die ich soeben als Beispiele angeführt habe, abzuwehren? (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wenn man von "Recht auf Gesundheit" spricht, meine Damen und Herren, dann muss man sich auch die Frage stellen, was das bedeutet. Gesundheit, Frau Kollegin Petrovic, ist nach einer Definition das Fehlen von Krankheit. Ein Recht auf das Fehlen von Krankheit?! – Ich glaube, Frau Kollegin Petrovic hat eine Ärztephobie. Vielleicht will sie die Ärzteschaft abschaffen, wenn sie in der Form eines Bundesverfassungsgesetzes die Schaffung eines Rechtes auf das Fehlen von Krankheit bei den Menschen verlangt. Es wäre natürlich eine feine Sache, Frau Kollegin, wenn Sie das schaffen würden und wenn das in der Praxis dann realisierbar wäre! Das wäre eine super Sache!


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Oder, wie die WHO sagt und wie Frau Kollegin Pittermann schon erwähnt hat: Gesundheit ist ein Zustand vollkommenen körperlichen, seelischen und sozialen Wohlbefindens. – Wir schaffen ein Grundrecht, das jeder Mensch hat: ein Grundrecht auf seelisches Wohlbefinden, ein Grundrecht auf körperliches Wohlbefinden und ein Grundrecht auf soziales Wohlbefinden. Und wenn ich das soziale Wohlbefinden nicht empfinde, dann gehe ich zum Verfassungsgerichtshof und klage es ein!

Bei aller Liebe zur Gesundheit und bei allem Respekt vor der Gesundheit (Abg. Dr. Petrovic: Es geht hier um staatliche ...!) glaube ich, dass wir es bei dem belassen sollten, was von diesem Grundrecht ja zum Teil schon in anderen Grundrechten festgeschrieben ist, zum Beispiel im Grundrecht auf Leben oder in allen Umweltgesetzen, in denen bereits ein Teilrecht verankert ist. Wir können gerne im Justizausschuss oder auch hier im Plenum wieder einmal darüber diskutieren, aber in der Praxis werden wir da nicht weiterkommen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich sehe schon, ich ernte hier Applaus, denn es wird mit Vehemenz das Grundrecht auf Schlaf eingefordert, und in diesem Sinne beende ich meine Ausführungen. (Beifall bei den Freiheitlichen sowie des Abg. Dr. Khol. )

1.08

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Grünewald. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

1.09

Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Als Letzter dieser Ärzteschwemme – vier Ärzte haben damit dann gesprochen – möchte ich Ihnen die Frage stellen, ob die erste Lesung eigentlich dazu dient, etwas zu verstehen. – Ich bekomme keine Antwort. Ich glaube, Sie haben einiges nicht verstanden.

Dass nämlich jetzt Pumberger sagt, das Motiv dieses Antrages sei, Ärzte abzuschaffen, daher möchte man das Recht auf Gesundheit und den Schutz der Gesundheit propagieren, ist ein etwas übles Argument. Auch zu sagen, dieser Antrag konzentriere sich nur auf die Umwelt, zeugt von massivem Unverständnis. Erlauben Sie mir daher jetzt bitte, es Ihnen noch einmal kurz zu erklären – bei Ihnen würde ich zwar vielleicht eine Stunde brauchen, bis Sie es verstehen, das mag schon sein (Beifall bei den Grünen)  –, aber machen wir es einfach:

Sie verwechseln hier vielleicht etwas. Ich glaube, im Antrag soll es heißen: ein Grundrecht auf einen besseren Schutz der Gesundheit und ein Grundrecht auf eine bestmögliche Verhinderung von Krankheiten. Wenn Sie sagen, das sei Blödsinn, dann treten Sie vor Ihre Wähler hin und erklären Sie es ihnen! Ich glaube nicht, dass wir – ob wir nun Ärzte sind oder nicht – gewählt worden sind, um Krankheit einfach als Schicksal hinzunehmen. Dann würden im Parlament nämlich Handleser, Gaukler, Sterndeuter sitzen – und die könnten den Kranken besser helfen.

Sie sollten aber wissen, dass Krankheit nicht nur schicksalhaft ist, sondern in vielen Fällen ganz klare Gründe hat; in vielen anderen Fällen muss man zu einer solchen Klarheit in der Forschung noch einiges beitragen. Dort, wo Krankheit Gründe hat, sind sie aufzuzählen, und ich könnte Ihnen eine Reihe von Studien aufzählen. Da aber Gesundheitspolitik in Ihrem Regierungsprogramm eigentlich nur die Rolle spielt, dass Kranke für ihr Schicksal oder für ihr unverschuldetes Krankwerden zahlen müssen, glaube ich, dass Ihr Interesse diesbezüglich nicht ungeheuer groß ist. Sie sollten wissen, dass die Umwelt in Bezug auf Krankheiten einen essentiellen Faktor darstellt, und zwar der Förderung und Gefährdung. Das, was Frau Petrovic wollte, ist, die gefährdenden Elemente zu minimieren und ein Prüfverfahren zu installieren, das den Leuten etwas gibt, was sich "Wehrhaftigkeit" nennen kann. Wenn Sie Leute sozusagen nicht emanzipiert und dumm bleiben lassen wollen, ihnen die Möglichkeiten nehmen wollen, sich zu informieren und zu wehren, auch dann treten Sie, bitte, vor Ihren Wähler hin und sagen Sie es ihm! (Beifall bei den Grünen.)

Ich glaube, man könnte Gesetze formulieren, auf Grund derer Unbedenklichkeiten zu definieren sind und durch die auch ein Produkthaftungsgesetz Personen und Gruppen die Möglichkeit gibt,


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über eine begleitende Forschung Kausalitätsketten festzulegen, durch die Krankheit verhindert werden kann. Wenn Rasinger meint, das hätte zu viel mit Umwelt zu tun, dann wäre das ein Krankheitsbild, bei dem man die ersten freudigen Lacher von Seiten der Ärzte dann sehen würde, wenn jemand im Krankenhaus liegt, am besten im OP oder auf der Intensivstation. Ja, das sind die Kranken! Krankheiten zu verhindern oder hintanzuhalten scheint Ihnen jedoch kein ungeheures Bedürfnis zu sein.

Ich frage mich aber: Wie wollen Sie diesen Antrag ablehnen, ohne zuzuhören, ohne sich damit zu beschäftigen, ohne die Studien zu kennen? Ich sage Ihnen, ich werde dafür sorgen, dass bekannt wird, aus welchen Gründen Sie das ablehnen. Wenn Sie glauben, dass solche Gesetze nur dazu da sind, der Wirtschaft zu schaden oder der Industrie auf die Zehen zu steigen, so irren Sie sich auch darin!

Wenn Sie auf diesem Ohr taub sind, dann sage ich Ihnen etwas: Eine gesunde Wirtschaft braucht gesunde Menschen! Begreifen Sie vielleicht, dass Sie mit Kranken keine Wirtschaft betreiben können? – Kukacka schüttelt auch hier den Kopf, er begreift auch das nicht! (Zwischenruf des Abg. Mag. Kukacka. ) Ob Sie jetzt Theater spielen, bin ich mir gar nicht so sicher! – Wenn Sie aber eine Wirtschaft wollen, die quasi davon lebt, Pillen zu erzeugen, Krankenhäuser zu errichten, Atemschutzgeräte und Hörapparate zu produzieren, dann fördern Sie die Wirtschaft und vergessen Sie dieses Gesetz!

Ich zitiere hier noch einmal ein relativ geläufiges Wort. Im Buch vom "Kleinen Prinzen", das von einem Franzosen – und nicht vom Bundeskanzler – geschrieben wurde, steht ein Satz, in dem der Fuchs zum kleinen Prinzen sagt: Nur mit dem Herzen sieht man gut, das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar.

Geben Sie Ihrem Herzen einen Stoß! Suchen Sie vielleicht Ihr Herz mehr als marode Schultern! Ich kann Ihnen etwas sagen: Herzfehler sind viel seltener als Haltungsschäden. Zeigen Sie Haltung und ein Herz und stimmen Sie dem Antrag zu, und hören Sie bei der zweiten Lesung auch noch zu! – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

1.14

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ich weise den Antrag 83/A dem Verfassungsausschuss zu.

11. Punkt

Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Abfallwirtschaftsgesetz geändert wird (97/A)

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen nun zu Punkt 11 der Tagesordnung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Erster Redner ist Herr Abgeordneter Keppelmüller. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 7 Minuten. – Bitte.

1.15

Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Es ist dies die erste Lesung eines Antrages – eines Vorgriffes – betreffend ein Abfallwirtschaftsgesetz 2000, dessen Notwendigkeit ja, glaube ich, bei allen Fraktionen unbestritten ist und das hoffentlich in Kürze von der Regierung vorgelegt werden wird. Ein solcher Vorgriff ist deshalb notwendig, weil es im Wesentlichen darum geht, in Zukunft auf der Ebene der Sammler und Behandler von Abfällen auch die nicht gefährlichen Abfälle nach einem einheitlichen System zu erfassen, um sozusagen wirklich einmal eine exakte Darstellung der Gesamtabfälle zu bekommen. Wir versuchen das mit einer Lösung, die auch für die Wirtschaft, für die Unternehmen tragbar und unbürokratisch ist. Ich bin überzeugt davon, dass auch die beiden Koalitionsparteien


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hier mitgehen werden, insbesondere auch die Freiheitliche Partei mit Kollegen Schweitzer als Ausschussobmann, der konstruktiven Lösungen gegenüber immer aufgeschlossen war. Ich bin überzeugt davon, dass auch Kollege Kopf, ein Vertreter einer vernünftigen Umwelt-Wirtschaft-Beziehung, hier Einsehen haben wird.

Das ist also unser Antrag, und das ist vielleicht eine Vorleistung auf dieses Abfallwirtschaftsgesetz 2000, um uns hier auch von den Grundlagen her unbürokratisch gut auszurüsten.

Es geht aber dann im Wesentlichen um das Abfallwirtschaftsgesetz 2000, hinsichtlich dessen ich natürlich eine gewisse Säumigkeit des ehemaligen Umweltministers feststelle, weil unser Entschließungsantrag dazu schon lange zurückliegt. Ich bin aber sicher, dass auch durch den neuen Minister rasch eine entsprechende Vorlage kommen wird, und ich bin überzeugt davon, dass wir durch diese auf sachlich konstruktiver Ebene zu einer umfassenden Überarbeitung, Evaluierung und zu einem echten Abfallwirtschaftsgesetz 2000 mit einer starken Ausrichtung auf die thermische Verwertung der Abfälle kommen werden.

Ich freue mich auf die konstruktive Zusammenarbeit, Kollege Schweitzer und Kollege Kopf! (Beifall bei der SPÖ.)

1.17

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Kopf. Freiwillige Redezeitbeschränkung: nach unten offen. – Bitte.

1.17

Abgeordneter Karlheinz Kopf (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren! Lieber Kollege Keppelmüller! Ich stimme ja mit den Zielen in den Erläuterungen deiner Vorlage – Verwaltungsvereinfachung, Verbesserung der Kontrolle – absolut überein; leider wird nur dein Antrag diesen beiden Zielen nicht wirklich gerecht. Dies wird auch durch eine Studie bestätigt, die dem Umweltressort vorliegt und die zeigt, dass das Wiener Modell, auf dem das Ganze fußt, das Ziel der Kontrolle nicht zu erreichen vermag.

Zum Zweiten stecken hier auch Doppelgleisigkeiten drinnen, weil landesgesetzliche Bestimmungen davon unberührt bleiben. (Abg. Dr. Keppelmüller: Das ist ja ein Vorschlag des Umweltbundesamtes! Das müssen Sie ja wissen!)

Die Vorlage ist also nicht geeignet, diese Ziele wirklich zu erreichen.

Ich bin deshalb zuversichtlich, lieber Kollege Keppelmüller, dass die bald zu erwartende Vorlage des Umweltministeriums zum AWG 2000 diesen Zielen, die du hier genannt hast, eher gerecht werden wird als dein Vorschlag. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

1.18

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Schweitzer. – Bitte.

1.19

Abgeordneter Mag. Karl Schweitzer (Freiheitliche): Herr Präsident! Peter, ganz kurz: Auf den ersten Blick schafft dieser Antrag einen zusätzlichen Verwaltungsaufwand, etwas mehr an Rechtsunsicherheit, und vor allem wird da sowieso kommendes EU-Recht noch einmal hineingeschrieben – ist also nicht notwendig. Ich glaube, mit der kommenden EMAS-Verordnung, die in erster Linie für Entbürokratisierung sorgt, weil darin die Zusammenarbeit mit den Betrieben angestrebt wird, haben wir in nächster Zukunft etwas zu beraten, was diesen Antrag leicht entbehrlich macht. Aber die Argumente im Ausschuss können mich noch vom Gegenteil überzeugen. (Beifall bei der ÖVP.)

1.19

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Letzte zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Dr. Glawischnig. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte.


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19. Sitzung / Seite 244

1.20

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig (Grüne): Herr Präsident! Hohes Haus! Um es am Schluss dieses Abends (Ruf bei der ÖVP: Morgens!)  – dieses Morgens, danke für die Berichtigung – kurz zu machen: Wir können diesem Initiativantrag schon einiges abgewinnen, allerdings ist er uns viel zu wenig weitgehend.

Ich erneuere in diesem Zusammenhang unsere grundsätzliche Kritik an der Ausrichtung der österreichischen Abfallpolitik, daran, dass es steigende Mengen gibt, dass es eine entsorgungsorientierte und nicht eine vermeidungsorientierte Abfallpolitik gibt. Auch das Stichwort Müllverbrennung von Seiten der SPÖ hat in mir einen gewissen Widerspruch hervorgerufen, nämlich die Orientierung an einer einzigen Technologie, auch über die Deponieverordnung, et cetera.

Im Prinzip können wir dem Initiativantrag einiges abgewinnen. Wir würden das nur noch grundlegend erweitern und sind sehr neugierig auf die Vorschläge betreffend AWG 2000, wobei mich insbesondere die Position der FPÖ interessiert, die ja in der Vergangenheit ziemlich massiven Widerstand gegen diese ausschließliche Orientierung an nur einer Technologie, nämlich der Müllverbrennungstechnologie, erkennen ließ. (Abg. Haigermoser: ... Restmüllverwertung!) Ich bin gespannt darauf, wie sich das im AWG auswirken wird, vor allem auch im Hinblick auf die Position des Koalitionspartners ÖVP. (Beifall bei den Grünen.)

Also viel Vergnügen in den Verhandlungen! Wir freuen uns darauf. – Bis morgen! (Beifall bei den Grünen.)

1.21

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ich weise den Antrag 97/A dem Umweltausschuss zu.

Einlauf

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Ich gebe noch bekannt, dass in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 132/A bis 137/A eingebracht wurden.

Ferner sind die Anfragen 644/J bis 694/J eingelangt.

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Die nächste Sitzung des Nationalrates berufe ich für heute, Donnerstag, den 27. April, 9 Uhr, ein.

Die Tagesordnung ist der im Saal verteilten schriftlichen Mitteilung zu entnehmen. Die Sitzung wird mit einer Fragestunde eingeleitet.

Diese Sitzung ist geschlossen.

Schluss der Sitzung: 1.21 Uhr