Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 32. Sitzung / Seite 165

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15.24

Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Herr Präsident! Hohes Haus! Frau Abgeordnete, Sie haben zwar rund fünfmal Ihre Argumente wiederholt – von "Scherbenhaufen" und "Komplizen" haben Sie auch immer wieder gesprochen –, aber deswegen werden sie keineswegs richtiger.

Wir haben nicht nichts getan, sondern wir haben in diesem Zusammenhang beispielsweise eine Kompetenzänderung durchgeführt, die ja auch hier im Parlament diskutiert wurde: Die Anti-Atompolitik, nukleare Sicherheitsfragen ressortieren jetzt zum Umweltministerium. Und es wurde enorm viel in diesen Monaten getan. Ich bin zwar hiefür nicht zuständig, aber ich antworte Ihnen gerne, weil ich mich als Regierungschef und als früherer Außenminister natürlich auch mit der Anti-Atompolitik dieser Bundesregierung – etwas, was ja auch in unserem Regierungsprogramm enthalten ist – voll identifiziere.

Frau Abgeordnete, ich würde Sie sehr bitten, Ausdrücke wie "Komplizenschaft" im Zusammenhang mit dem Bau eines Atomkraftwerkes beziehungsweise der Atompolitik eines anderen Landes zu unterlassen, denn Österreich war immer für den Ausstieg aus der Kernenergie. Wir haben weltweit in Europa und für uns selber dafür geworben und gekämpft, und ich lasse mir und dieser Mitte-Rechts-Regierung nicht unterstellen, für etwas verantwortlich zu sein, was derzeit eine linke Regierung in der Tschechischen Republik macht! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Ruf bei der ÖVP: Bravo!)

Reden Sie, Frau Abgeordnete, mit ihren Freunden auf der linken Seite dieses Hauses, vielleicht können diese bei ihren Parteifreunden mehr erreichen! Und ich sage Ihnen noch etwas – vielleicht ist das Ihrer Aufmerksamkeit entgangen –, da Sie mich fragen, wie oft ich in Prag gewesen bin und Kontakte mit dem dortigen Regierungschef hatte: Ja wissen Sie nicht, dass genau dies die Auswirkung jener Sanktionen ist, die Sie zunächst begrüßt, für die Sie Verständnis gezeigt haben und für die Sie herumgereist sind?! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei den Grünen.)

Sprecher von Ihnen haben deutliches Verständnis für diese Sanktionen bekundet! Und jetzt gehen Sie hier heraus und werfen uns vor, nicht genügend oft in Prag gewesen zu sein, um sicherzustellen, dass österreichische Interessen nicht zu kurz kommen. – Denken Sie doch bitte an die Sanktionen gegen Österreich! Es geht dabei keinesfalls um eine "Untätigkeit" der österreichischen Regierung, wenn die bilateralen Kontakte nicht ausreichend sind. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Ironische Heiterkeit bei den Grünen.)

Sie, Herr Abgeordneter Van der Bellen, haben einmal gesagt, die Sanktionen seien virtuell, es gebe sie gar nicht. – Nach dem Transitvertrag, nach dem Thema Ökopunkte sehen Sie jetzt neuerlich, wie wichtig es ist, dass es bilaterale Kontakte in jeder Form gibt, eben und gerade auch bei schwierigen nachbarschaftlichen Problemen. Und das ist ja mein Credo die ganze Zeit. (Zwischenrufe bei den Grünen.)

Selbst wenn es um schwierigste Fragen geht, beispielsweise die Vergangenheitsbewältigung, Beneš-Dekrete, Atomkraftwerke, Migration oder Pendlerproblematik: All dies muss sich in guter Nachbarschaft ausreden lassen, aber es bedarf dazu des Kontaktes.

Da sehen Sie jetzt selbst, was Sie mit diesem Ihrem Verständnis für die Sanktionen – auch wenn das nur scheinbar der Fall gewesen sein sollte – mit angerichtet haben, Verständnis für Sanktionen, die bitte durch nichts gerechtfertigt sind und uns alle treffen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wir haben uns davon jedoch nicht beirren lassen und – natürlich im Rahmen unserer Möglichkeiten und durchaus klug, wie wir manchmal sind – auf allen Ebenen, im multilateralen Bereich und auch sonst, alles getan, was wir nur konnten.

Sie von den Grünen behaupten, es sei in der Anti-Atompolitik nichts geschehen. – Frau Abgeordnete, das nächste Mal, wenn Sie eine Dringliche Anfrage stellen, recherchieren Sie doch bitte ein wenig vorher, denn es ist wohl auch eine Verpflichtung, wenigstens punktgenau zu kritisieren. (Zwischenruf der Abg. Dr. Glawischnig. )


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