Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 32. Sitzung / Seite 171

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Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich danke dem Herrn Bundeskanzler.

Wir gehen jetzt in die Debatte ein. Jeder Klub hat eine Gesamtredezeit von 25 Minuten, die Einzelredezeit beträgt maximal 10 Minuten pro Redner.

Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Petrovic. – Bitte.

15.48

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Es ist schon bemerkenswert, wie unterschiedlich Fragen thematisiert werden: manche öffentlich und andere offenbar sehr still, sehr leise, sehr geheim. Herr Bundeskanzler! Wenn Sie tatsächlich Interesse an den Greenpeace-Dokumenten und an den erwähnten Informationen haben, dann empfehle ich einen Blick ins Internet, beziehungsweise sind wir Ihrem Ressort gerne behilflich, die entsprechenden Stellen im Internet ausfindig zu machen.

Für mich ist es ein wenig besorgniserregend, dass offenbar schon mit dieser Technologie der Umgang der österreichischen Bundesregierung ein offenbar nicht sehr professioneller ist.

Herr Bundeskanzler, zur stillen und zur lauten Diplomatie. – Ich halte es, gelinde gesagt, für einen gravierenden Affront gegenüber den Abgeordneten des grünen Klubs und auch gegenüber der Opposition in diesem Hause, dass Sie auch im Rahmen einer Dringlichen Anfrage zur Atompolitik keine Gelegenheit auslassen, um Falsches, Irreführendes und Vernebelndes in Sachen des Ansehens Österreichs in Europa zu verbreiten und zu versuchen, hier die Dinge umzudrehen. (Beifall bei den Grünen.)

Tatsächlich ist es so, dass gerade die europäischen Reformstaaten, die sich um einen Beitritt zur Europäischen Union bemühen und für die die Kriegsgeschichte eine besonders schmerzhafte und leidvolle war, ganz besonders sensibel im Zusammenhang mit Aussagen, die die NS-Zeit betreffen, in Bezug auf jede Verharmlosung der Rolle der SS und der Nazi-Staaten insgesamt sind. Und dass Sie hier versuchen, Dinge umzudrehen, finde ich, gelinde gesagt, ungeheuerlich, und das ist auch Ihrer nicht würdig! (Beifall bei den Grünen.)

Herr Bundeskanzler! Ich würde mir wünschen, dass etwa in Sachen der Umweltstandards, vor allem aber in Sachen einer klaren und eindeutigen Anti-AKW-Politik die Bundesregierung durchaus laut, selbstbewusst und in Kommunikation mit den Bürgerinnen und Bürgern auftritt, statt immer nur bei einem Thema, das in Wahrheit – und das wissen Sie – von der freiheitlichen Fraktion immer dazu missbraucht wurde, nationalistische Stimmungen zu schüren und eine allgemeine, undifferenzierte Anti-EU-Haltung zu wecken, laut und drohend und ultimativ aufzutreten. Das ist verkehrt, das ist falsch! (Beifall bei den Grünen.)

Herr Bundeskanzler! Ich kann mich an eine österreichische Umweltministerin erinnern; Flemming war ihr Name. – Sie haben offenbar diese Zeit nicht mehr in Erinnerung. – Diese Ministerin ist sehr laut aufgetreten, wenn es um Sachpolitik gegangen ist, im Zusammenhang etwa mit Wackersdorf. Sie hat damals durchaus auch Konflikte mit Deutschland riskiert, und das Ergebnis war ein voller Erfolg der Anti-AKW-Bewegung. Sie aber sind genau in der Sachpolitik leise und sagen dann im Nachhinein: Wir haben ja ohnehin am Soundsovielten einen Brief geschrieben und dort irgendwo geredet!

Für Sie gibt es in der Sachpolitik offenbar keinen Punkt, bei dem Sie bereit wären, an die Öffentlichkeit zu gehen. Ich bin schon dafür, dass man zunächst einmal natürlich versucht, leise, still und unter Ausnützung der Diplomatie zu agieren, aber irgendwo gibt es in der Sachpolitik einen Punkt, wo man auch vor die Bevölkerung treten und sagen muss: Die Inbetriebnahme dieses Atomkraftwerks steht bevor. Wir haben alles in unserer Macht Stehende versucht, aber es ist nicht gelungen.

Sie haben genau das Umgekehrte gemacht. Sie haben von der Regierungserklärung an ganz bewusst auch in Richtung Tschechien den außenpolitischen Konflikt in Sachen Ultimaten und so


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