Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 4. Sitzung / Seite 177

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Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Gradwohl. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte.

21.15

Abgeordneter Heinz Gradwohl (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Zu meinem Vorredner und zu den Ausführungen meines Vorredners nur so viel: Kollege Öllinger, es gibt keinen sozialdemokratischen Bundesminister, der das Tragen von Nazi-Emblemen als Brauchtum ansieht (Abg. Jung: Es hat einen Minister gegeben, der war früher bei der SS! – Ruf bei den Freiheitlichen: Kabinett Kreisky I!), sondern es gibt sozialdemokratische Bundesminister, die sehr wohl dementsprechend bewusst mit der Vergangenheit umgehen. (Beifall bei der SPÖ.)

Aber ich möchte mich mit den vier Berichten aus dem Immunitätsausschuss, die heute hier im Hohen Haus zur Beschlussfassung anstehen, und mit der im Immunitätsausschuss vor vier Jahren eingeschlagenen Entscheidungspraxis beschäftigen. Dazu möchte ich kurz in Erinnerung rufen, dass wir im Jahre 1995 nach umfassender und langer Diskussion – alle, die damals im Immunitätsausschuss waren, wissen, dass bis in die frühen Morgenstunden darüber verhandelt wurde – eine Vier-Parteien-Einigung erreichen konnten, die zwei Dinge miteinander zu verbinden versuchte: zum einen, den Immunitätsschutz der Abgeordneten dieses Hauses aufrechtzuerhalten, aber zum anderen auch die Bürgerinnen und Bürger in die Lage zu versetzen, sich gegen Mandatare, die gegen die §§ 111, 113, 115 und 152 des Strafgesetzbuches verstoßen haben oder die beschuldigt werden, dagegen verstoßen zu haben, zur Wehr zu setzen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Entwicklung in den letzten Jahren gibt uns Recht, denn der Immunitätsausschuss hatte sich in den letzten Jahren seltener mit Auslieferungsbegehren zu beschäftigen. Das heißt, man könnte davon ableiten, dass sich die Abgeordneten des Hauses in ihren Äußerungen ein wenig mehr zurückhalten und dass sich damit der Ton der Abgeordneten verbessert hat. (Abg. Dr. Ofner: Ich möchte sagen, dass das Interesse an der gerichtlichen Verfolgung geringer geworden ist!) Das wäre auch eine Möglichkeit. Aber ich bleibe eher bei meiner Möglichkeit, Kollege Ofner. (Abg. Dr. Krüger: Das ist Ihr gutes Recht!) Danke vielmals.

Ich möchte mich aber in meinem Redebeitrag auch mit einem speziellen Fall auseinander setzen, und zwar mit dem Fall meines Kollegen Peter Keppelmüller. Um die Auslieferung des Kollegen Keppelmüller ist in einem Auslieferungsbegehren des Landesgerichtes für Strafsachen Wien ersucht worden. Es gibt dabei eine befremdliche Situation, eine für mich und nach der Beschlussfassung im Immunitätsausschuss für die Ausschussmitglieder insgesamt befremdliche Situation.

Mit Schreiben vom 12. November 1999, eingelangt im Hohen Haus am 18. November 1999, ist um die Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller ersucht worden. Die Frist für die Entscheidung hier im Hohen Haus läuft mit 11. Jänner 2000 ab. Kollege Keppelmüller als Beschuldigter hat jedoch eine Ladung des genannten Gerichtes, datiert mit 1. Dezember 1999, für die Hauptverhandlung, die am 31. Jänner 2000 stattfinden wird, erhalten. Das heißt, das Gericht hat sich nicht einmal die Mühe gemacht, die Bundesverfassung einzuhalten und abzuwarten (Abg. Gaugg: Kritik an der Justiz! Gibt’s sowas?), abzuwarten, Kollege Gaugg, bis der Immunitätsausschuss beraten beziehungsweise das Plenum fristgerecht entschieden hat, ob einer Auslieferung zugestimmt wird oder nicht. Diese Tatsachenfeststellung findet sich auch in einer Entschließung, die dem Bericht des Immunitätsausschusses beigedruckt ist, womit der Bundesminister für Justiz ersucht wird, die Gerichte insbesondere auf die Einhaltung des Artikels 57 B-VG aufmerksam zu machen, damit solche Dinge nicht mehr vorkommen.

Unser Klubvorsitzender Peter Kostelka hat in einem Schreiben an den Präsidenten ersucht, dies auch in der nächsten Präsidialkonferenz zu thematisieren. Ich gehe davon aus, dass die Präsidiale in diesem Fall – wie auch in dem von meinem Vorredner genannten Fall – die Regierungsmitglieder auffordern wird, die nachgeordneten Behörden darüber in Kenntnis zu setzen, wie die Immunitätspraxis zu handhaben ist.


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