Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 44. Sitzung / Seite 183

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19.30

Abgeordneter Mag. Walter Tancsits (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Zu den inhaltlichen Vorgaben der gemeinsamen Obsorge beziehungsweise der Obsorge beider Elternteile wurde im Detail schon einiges gesagt und berichtet.

Ich glaube, dass wir bei der Auseinandersetzung zwischen Regierung und Opposition von zwei verschiedenen Grundlagen ausgehen, und das ist der eigentliche Grund der Auseinandersetzung. Bei uns, so meine ich, denkt niemand daran, dass der Staat die letzte, alles regelnde Instanz sein kann, um letzten Endes auch private Konflikte zu regeln. Ich denke, dass sich der Staat dort, wo private Konflikte sind, zurückzuziehen und nur dann einzugreifen hat, wenn das Kindeswohl – wie in vielen Fällen bei Ehescheidungen – gefährdet ist, und zwar mit dem Wissen, dass man letztgültige und letztendliche Regelungen, sofern man nicht das Private total unterwandern und regeln will, nicht treffen kann.

So hat es auch, für mich sehr beeindruckend, einer der als Experten gehörten Familienrichter gesagt: Der Staat sollte bei der Frage der Sorge um die Kinder so lange wie möglich nicht eingreifen, sondern nur dann, wenn das Kindeswohl gefährdet ist. Und genau darum geht es in diesem Entwurf: dass wir aus der jetzigen Situation herauskommen, dass dann, wenn Menschen, die in einer konfliktbeladenen emotionalen Situation stehen, weil sie auseinander gehen, aber trotzdem bereit sind, das Wohl des Kindes voranzustellen und zu sagen, wir werden weiterhin gemeinsam Sorge tragen, ihnen der Staat sagen muss: Das geht nicht, das ist nicht vorgesehen.

Wir setzen in der jetzigen Gesetzessituation auf Konfliktverstärkung. Die nun vorliegende Änderung ist die Umkehr – ich hoffe, auch die Trendumkehr in den Auswirkungen und quantitativen Zahlen, wenn wir das Gesetz in ein, zwei Jahren in seinen Anwendungen evaluieren –, die Trendumkehr in Richtung Konfliktvermeidung.

Daher ist es völlig richtig, zu sagen: Auch bei einer Trennung sorgt ihr gemeinsam so wie jetzt weiterhin für das Wohl des Kindes, und nur dann, wenn das nicht möglich ist – aus welchen Gründen auch immer –, werden gegebenenfalls auch mit Richterspruch unterstützende Entscheidungen und Maßnahmen getroffen.

Wir haben diese Gesetzesvorlage, das Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz in einem sehr ausführlichen, zeitlich nicht beschränkten Hearing mit Expertinnen und Experten dargelegt. Das wurde schon erwähnt; ich unterstreiche es noch einmal, um der Legendenbildung vorzubeugen, hier werde – zur Abwechslung zum Vorwurf der Nullreform – wieder einmal "drübergefahren".

Ich glaube aber nicht – und das habe ich manches Mal in der Debatte herausgehört –, dass ein Expertenhearing von der einen oder anderen Seite sozusagen zu gewinnen ist, oder sich eine Meinung durchzusetzen hätte, sondern dabei werden uns lediglich Entscheidungshilfen geliefert. Mein Verständnis dieses Hohen Hauses ist es aber, dass wir die Entscheidungen mit Hilfe der Experten und der Expertenmeinungen zu treffen haben. Daher treffen wir heute diese Entscheidung in Richtung Konfliktvermeidung, in Richtung Hilfe in einer schwierigen Situation und in Richtung des Anliegens, das Wohl des Kindes in den Vordergrund zu stellen.

Es ist eine Chance und eine Einladung, von der ich hoffe, dass möglichst viele Eltern sie in dieser schwierigen Situation annehmen werden. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Haller. )

19.34

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Haidlmayr. – Bitte.

19.35

Abgeordnete Theresia Haidlmayr (Grüne): Herr Präsident! Herr Justizminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Haller hat es in einem ganz kurzen Nebensatz erwähnt – wahrscheinlich hat sie sich auf die Diskussion deshalb nicht weiter eingelassen, weil sie doch das schlechte Gewissen drückt, wenn es um die Zwangssterilisation von Menschen mit geistiger Behinderung oder von psychisch kranken Menschen geht.


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