Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 47. Sitzung / Seite 124

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

schönste Tag seines Lebens war. Also jene, die von der "Anschluß"-Sehnsucht gepackt waren, weil sie nicht daran glaubten, dass Österreich allein lebensfähig wäre, waren es, die sich letztlich dann auch in diese Liste der Opfer eingetragen haben.

Und dann gab es noch eine dritte Gruppe, das waren die glühenden Österreich-Patrioten, derer es Gott sei Dank auch sehr viele in diesem Land gegeben hat. Ich habe noch eine historische Rundfunksendung im Ohr, in der ungefähr Folgendes zu hören ist: Schuschnigg hat, wenige Tage vor dem Einmarsch, vor der gewaltsamen Annexion, eine Versammlung einberufen, in der im Stakkato immer wieder gerufen wurde: "Rot-Weiß-Rot bis in den Tod, Rot-Weiß-Rot!"

Das ist bitte eine historische Tatsache, das können Sie nicht leugnen, auch wenn dann Zehntausende Leute auf die Straße gegangen sind und denn Einmarsch letztlich begrüßt haben. Es hat diese glühenden Patrioten gegeben, die niemals für diesen "Anschluß" eingetreten sind. Letztlich hat dieser "Anschluß" – und das wissen auch Sie – nur deshalb stattgefunden, weil Schuschnigg unmittelbar vorher, also in Freiheit, in Souveränität, eine Volksabstimmung angesetzt hat und Hitler-Deutschland vermuten musste, dass diese Abstimmung negativ ausgeht. Daher ist man dann einmarschiert.

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich komme nun zur Volksanwaltschaft. Das mag jetzt kein sehr harmonischer Übergang sein, sei mir aber gestattet.

Ich habe es begrüßt, dass die Volksanwaltschaft zu Beginn dieses Jahres eine Diskussion über die beschleunigte Abwicklung von Justizverfahren vom Zaun gebrochen hat. Wir haben natürlich eine strikte Abgrenzung zu treffen: Auf der einen Seite steht die Unabhängigkeit der Rechtsprechung, da hat die Volksanwaltschaft nichts verloren – der Volksanwalt wird mir diese Ausdrucksweise verzeihen. Aber auf der anderen Seite steht die Justizverwaltung. Wo es um Verfahrensverzögerung geht, betrifft das die Justizverwaltung, und da hat die Volksanwaltschaft durchaus etwas verloren.

Ich begrüße und beglückwünsche daher die Volksanwaltschaft, dass 20 Prozent aller Beschwerden, die bei Ihnen eingegangen sind, als berechtigt angesehen und 90 Prozent dieser berechtigten Beschwerden vom Gericht über Intervention der Volksanwaltschaft letztlich abgestellt wurden. Ich verweise auf den Wahrnehmungsbericht der Rechtsanwaltskammer, in dem davon gesprochen wird, dass Verfahren teilweise überlang dauern. Erst vor kurzer Zeit ist die Republik Österreich gleich in vier Fällen verurteilt worden, weil die Verfahren zu lange gedauert haben. Das muss abgestellt werden!

Zum Verfassungsgerichtshof, Oberste Organe ganz kurz. Wir treten dafür ein, dass es bei den so genannten Massenverfahren eine Verbesserung geben muss, damit der Verfassungsgerichtshof nicht willkürlich lahmgelegt werden kann. Es ist sicher auch noch die Befangenheit der Obersten Organe zu diskutieren, nicht anhand eines speziellen Falles, sondern generell, wie Professor Adamovich, der Präsident des Verfassungsgerichtshofes gesagt hat: Die Befangenheit der Obersten Organe ist global und wissenschaftlich zu diskutieren, weil sie sich überall ereignen kann!

Beispielsweise könnte es ein Finanzveranlagungsverfahren geben, das einen Verwandten des Finanzministers betrifft, oder ein Betriebsanlagengenehmigungsverfahren, das ein Unternehmen des Wirtschaftsministers betrifft, uns so weiter. – Dieses Problem ist in der Verfassung nicht geregelt. Es gibt keine Regelung in Hinsicht auf eine Befangenheit der Obersten Organe. Es muss eine Ministerverantwortlichkeit geben, genauso muss es aber auch eine Regelung darüber geben, was dann rechtens ist, wenn es eine Befangenheit des Ministers in einem konkreten Fall gibt. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

17.32

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Kräuter. – Bitte.

17.32

Abgeordneter Dr. Günther Kräuter (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Herr Präsident des Rechnungshofes! Herr Volksanwalt! Meine Damen und Herren! Eine Anmerkung zu


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite