Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 55. Sitzung / Seite 128

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Kurze Debatte über einen Fristsetzungsantrag

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen als Nächstes zur Kurzdebatte betreffend den Antrag des Abgeordneten Öllinger, dem Ausschuss für Arbeit und Soziales zur Berichterstattung über den Antrag 16/A ebenfalls eine Frist zu setzen, und zwar bis zum 1. März 2001. Nach Schluss der Debatte wird die Abstimmung durchgeführt werden.

Ich gehe in die Debatte ein, erteile das Wort dem Abgeordneten Öllinger und weise darauf hin, dass seine Redezeit 10 Minuten beträgt.

16.39

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Hohes Haus! Nachdem Sie, Herr Präsident, schon die Frist bis zum 1. März angesprochen haben, möchte ich gleich noch einmal darauf zurückkommen. Wie Sie vielleicht wissen, geht mit dem Schreiben der Europäischen Kommission an die Republik Österreich, das im Dezember 2000 an das Außenministerium gerichtet wurde, ein relativ mühseliger Prozess der Auseinandersetzung mit der Republik über die Einhaltung der EU-Verträge in einem Punkt in eine entscheidende Phase.

In dem Schreiben teilt die Kommission der Republik mit, dass sie innerhalb einer Frist von zwei Monaten – diese geht mit Ende Februar zu Ende, darum auch unsere Fristsetzung mit 1. März – die Republik auffordert, bis 1. März beziehungsweise Ende Februar entscheidende Schritte zu setzen, die garantieren, dass Österreich bezüglich des passiven Wahlrechts bei Arbeiterkammer- und Betriebsratswahlen für EU-, EWR- und assoziierte BürgerInnen den Vertragsverpflichtungen nachkommt.

Diese Auseinandersetzungen zwischen Österreich und der Europäischen Kommission gehen schon auf das Jahr 1997 zurück. Ein erstes Schreiben – Österreich erklärt: Ja, wir machen ohnehin etwas. Es folgte ein zweites Schreiben – Österreich erklärt: Wir hätten ohnehin etwas gemacht, aber wir waren uns nicht darüber einig, wie wir das machen sollten. Danach erging ein drittes Schreiben – Österreich erklärt: Ja, wir sind noch nicht weitergekommen.

Danach kam es zu einem Schreiben vom 20. Jänner 2000 – das ist jetzt auch schon mehr als ein Jahr alt – an die Republik. Dieses Schreiben wurde vom Bundeskanzler im Februar 2000 beantwortet, und zwar am 15. Februar. Es ist interessant, was der neue Bundeskanzler Dr. Schüssel darauf antwortete: Was die vorgesehene Änderung des Arbeiterkammergesetzes und des Arbeitsverfassungsgesetzes betrifft, wird ein Entwurf des zur legistischen Vorbereitung zuständigen Bundesministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales übermittelt.

Na ja, ich würde sagen: eine glatte Halbwahrheit, meine Damen und Herren, mit der da geantwortet wurde! Natürlich gab es diesen Entwurf des Sozialministeriums. Aber wie Kollege Feurstein sicher weiß, war zu diesem Zeitpunkt über den Entwurf schon längst entschieden. Es gab nämlich schon im Jahr 1998 eine Entscheidung im Parlament, mit der der Entwurf des Sozialministeriums wieder verworfen wurde, und zwar auf Drängen von ÖVP-Ministern in der Bundesregierung, speziell eines damaligen ÖVP-Ministers, des Herrn Fasslabend. Er wollte nicht, dass Österreich den Anforderungen der europäischen Verträge – aber, meine Damen und Herren, nicht nur Anforderungen Europas und der Europäischen Union, sondern eigentlich auch einem demokratischen Selbstverständnis – Rechnung trägt.

Ein demokratisches Selbstverständnis dieser Republik würde es doch gebieten – wir haben das anlässlich einer Debatte vor ein paar Monaten schon diskutiert; Herr Kollege Graf ist jetzt gerade nicht sichtbar –, und es würde quasi schon als selbstverständlich gelten, dass diejenigen, die hier beschäftigt sind und hier arbeiten, bei Wahlen, die im Zusammenhang mit ihrer Arbeit stehen, ihr Wahlrecht ausüben können, und zwar auch ein passives, also selbst kandidieren können.

Der Bundeskanzler übermittelt also im Jahre 2000 ein Schreiben, in dem steht, dass es da ohnehin schon einen Entwurf gebe. Er schreibt nicht dazu, dass dieser Entwurf aus dem Jahr 1998 stammt und von der ÖVP – von der ÖVP, die er selbst repräsentiert – schon längst niedergestimmt wurde. Na, was ist das, meine Damen und Herren von der Österreichischen


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