Stenographisches Protokoll

59. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

XXI. Gesetzgebungsperiode

 

Montag, 12. März 2001

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Gedruckt auf 70g chlorfrei gebleichtem Papier

Stenographisches Protokoll

59. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXI. Gesetzgebungsperiode Montag, 12. März 2001

Dauer der Sitzung

Montag, 12. März 2001: 12.01 – 12.06 Uhr

15.01 – 18.23 Uhr

*****

Inhalt

Personalien

Verhinderungen 8

Geschäftsbehandlung

Antrag der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka und Genossen, dem Finanzausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 387/A der Abgeordneten Dr. Alfred Gusenbauer und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988 geändert wird, gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung eine Frist bis 13. März 2001 zu setzen 10

Verlangen gemäß § 43 Abs. 3 der Geschäftsordnung auf Durchführung einer kurzen Debatte im Sinne des § 57a Abs. 1 GOG 10

Redner:

Mag. Brunhilde Plank 61

Dr. Peter Kostelka 63

Dr. Gottfried Feurstein 64

Reinhart Gaugg 65

Karl Öllinger 66

Ablehnung des Fristsetzungsantrages 67

Antrag der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka und Genossen, dem Ausschuss für Arbeit und Soziales zur Berichterstattung über den Antrag 391/A (E) der Abgeordneten Dr. Alfred Gusenbauer und Genossen betreffend Abschaffung der unsozial-treffsicheren Maßnahmen der Bundesregierung gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung eine Frist bis 13. März 2001 zu setzen – Ablehnung 10, 67

Antrag der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka und Genossen, dem Unterrichtsausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 86/A der Abgeordneten Dr. Dieter Antoni und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Schulunterrichtsgesetz 1986 geändert wird, gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung eine Frist bis 9. Mai 2001 zu setzen – Ablehnung 10, 67

Unterbrechungen der Sitzung 10, 54


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
59. Sitzung / Seite 2

Feststellung des Präsidenten Dr. Heinz Fischer betreffend Zulassung des Entschließungsantrages der Abgeordneten Mag. Andrea Kuntzl und Genossen betreffend Abschaffung der unsozialen Besteuerung der Unfallrenten 39

Antrag des Abgeordneten Karl Öllinger im Sinne des § 18 Abs. 3 der Geschäftsordnung auf Anwesenheit des Bundeskanzlers Dr. Wolfgang Schüssel – Ablehnung 47, 48

Wortmeldung der Abgeordneten Anna Elisabeth Achatz betreffend Anwesenheit des Bundeskanzlers Dr. Wolfgang Schüssel während der Debatte über den Dringlichen Antrag 47

Wortmeldung des Abgeordneten Dr. Michael Spindelegger betreffend beantragte Anwesenheit des Bundeskanzlers Dr. Wolfgang Schüssel 47

Feststellung des Präsidenten Dr. Werner Fasslabend betreffend Antrag auf Anwesenheit des Bundeskanzlers Dr. Wolfgang Schüssel sowie Abstimmung darüber 48

Wortmeldung des Abgeordneten Dr. Peter Kostelka im Zusammenhang mit den Ausführungen des Präsidenten Dr. Werner Fasslabend 48

Rechnungshof

Verlangen gemäß § 32e Abs. 2 der Geschäftsordnung betreffend Prüfung der Gebarung des Bundeskanzleramtes und der anderen Zentralstellen (Bundesministerien) seit 4. Februar 2000 hinsichtlich der Vollziehung aller dienst-, besoldungs- und pensionsrechtlichen Bestimmungen einschließlich des Ausschreibungsgesetzes 1989 insbesondere hinsichtlich der Personen im politischen Nahbereich (z.B. Ministerbüro) der Regierungsmitglieder (eingelangt am 9. März 2001) durch den Ständigen Unterausschuss des Rechnungshofausschusses 9

Ausschüsse

Zuweisungen 8

Dringlicher Antrag

der Abgeordneten Dr. Alexander Van der Bellen und Genossen betreffend "Bildungsoffensive jetzt!" (397/A) (E) 10

Begründung: Dr. Alexander Van der Bellen 17

Bundesministerin Elisabeth Gehrer 22

Debatte:

Dieter Brosz 25

Dr. Alfred Gusenbauer 28

Dr. Gertrude Brinek 30

Mag. Karl Schweitzer 32

Bundesministerin Elisabeth Gehrer 35, 44

Dr. Kurt Grünewald 36

Mag. Andrea Kuntzl 37

Werner Amon, MBA 39

Dr. Helene Partik-Pablé 41

Karl Öllinger (tatsächliche Berichtigung) 43

Rudolf Edlinger (tatsächliche Berichtigung) 43

Dr. Helene Partik-Pablé (Erwiderung auf eine tatsächliche Berichtigung) 43


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
59. Sitzung / Seite 3

MMag. Dr. Madeleine Petrovic 45

DDr. Erwin Niederwieser 49

Dr. Gerhart Bruckmann 50

Dr. Sylvia Papházy, MB


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
59. Sitzung / Seite 4

A 52

Karl Öllinger 53

Dr. Dieter Antoni 54, 55

Entschließungsantrag der Abgeordneten Werner Amon, MBA, Mag. Karl Schweitzer und Genossen betreffend Schaffung von Qualifikationsschwerpunkten im IT-Bereich für Junglehrer – Annahme (E 67) 35, 60

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Andrea Kuntzl und Genossen betreffend Abschaffung der unsozialen Besteuerung der Unfallrenten – Ablehnung 39, 60

Entschließungsantrag der Abgeordneten DDr. Erwin Niederwieser und Genossen betreffend notwendige Reformschritte an den österreichischen Universitäten – Ablehnung 55, 60

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Dieter Antoni und Genossen betreffend Qualitätsoffensive an Schulen und in der Erwachsenenbildung – Ablehnung 58, 60

Ablehnung des Selbständigen Entschließungsantrages (397/A) (E) 60

Eingebracht wurden

Bürgerinitiative 8

Bürgerinitiative betreffend "Sicherstellung des hohen Bildungsstandards in Österreich" (Ordnungsnummer 17)

Regierungsvorlagen 8

437: Europäische Charta der Regional- oder Minderheitensprachen samt Erklärungen

443: Abkommen zwischen der Republik Österreich und dem Königreich Nepal zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen samt Protokoll

446: Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Republik Ungarn über die Rechtsstellung von Unternehmen, die im Zusammenhang mit der Grenzabfertigung Dienstleistungen erbringen

449: Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Slowakischen Republik zur Änderung des Vertrages über die gemeinsame Staatsgrenze vom 21. Dezember 1973 in der Fassung des Notenwechsels vom 22. Dezember 1993 und vom 14. Jänner 1994 samt Anlage

479: Vertrag zwischen der Republik Österreich, der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Fürstentum Liechtenstein über die grenzüberschreitende Zusammenarbeit der Sicherheits- und Zollbehörden

Bericht 8

Vorlage 25 BA: Bericht betreffend den Budgetbericht des Bundes 2001; BM f. Finanzen

Anträge der Abgeordneten

Dr. Alexander Van der Bellen und Genossen betreffend "Bildungsoffensive jetzt!" (397/A) (E)

DDr. Erwin Niederwieser und Genossen betreffend notwendige Reformschritte an den österreichischen Universitäten (398/A) (E)

Dr. Dieter Antoni und Genossen betreffend Qualitätsoffensive an Schulen und in der Erwachsenenbildung (399/A) (E)

Dr. Eva Glawischnig und Genossen betreffend Umstellung der Stromversorgung der Bundesgebäude auf Ökostrom (400/A) (E)

Dr. Eva Glawischnig und Genossen betreffend Kontamination des österreichischen Parlaments mit gefährlichen Giftstoffen (401/A) (E)

Heidrun Silhavy und Genossen betreffend rückwirkende Abschaffung der unsozialen Ambulanzgebühren (402/A) (E)

Heidrun Silhavy und Genossen betreffend Anpassung der Pensionen zumindest mit der Inflationsrate (403/A) (E)

Mag. Ulrike Sima und Genossen betreffend ein Verbot der Verwendung von hormonell wirksamen Organozinn-Verbindungen in Alltagsprodukten sowie die Untersuchung und Sanierung von Schulen, Universitäten und anderen öffentlichen Gebäuden angesichts der Gesundheitsgefährdung durch hohe Innenraumkonzentrationen (404/A) (E)

Ing. Erwin Kaipel und Genossen betreffend die Aufrechterhaltung des Assistenzeinsatzes des Bundesheeres im Burgenland und in Niederösterreich (405/A) (E)

Manfred Lackner und Genossen zur Gerichtsgebührenbefreiung im geförderten Wohnbau (406/A) (E)

Anfragen der Abgeordneten

Ludmilla Parfuss und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Schließung von Bezirksgerichten im Bezirk Leibnitz (2073/J)

Ludmilla Parfuss und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Schließung von Bezirksgerichten im Bezirk Deutschlandsberg (2074/J)

Dr. Martin Graf und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend STASI-Kontakte von Peter Pilz (2075/J)

Mag. Karl Schweitzer und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend EKIS-Abfragen für politische Agitationszwecke durch den burgenländischen SPÖ-Funktionär, Exekutivbeamten und Vizebürgermeister von Heiligenbrunn Franz Lendl (2076/J)

Dr. Martin Graf und Genossen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend Leistungsprämien an der Akademie der bildenden Künste (2077/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Verwendung von Spendengeldern – Spendenbetrug (2078/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend 44 qualvoll verhungerte Schafe


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
59. Sitzung / Seite 5

auf dem Hof des Obmanns des niederösterreichischen Landeszuchtverbandes für Schafe und Ziegen (2079/J)

Mag. Beate Hartinger und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend BSE und MKS (Maul- und Klauenseuche) und ansteckende Krankheiten in Europa – Schutz für Österreich (2080/J)

Mag. Beate Hartinger und Genossen an den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen betreffend BSE und MKS (Maul- und Klauenseuche) und ansteckende Krankheiten in Europa – Schutz für Österreich (2081/J)

Mag. Beate Hartinger und Genossen an den Bundeskanzler betreffend BSE und MKS (Maul- und Klauenseuche) und ansteckende Krankheiten in Europa – Schutz für Österreich (2082/J)

Mag. Beate Hartinger und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend BSE und MKS (Maul- und Klauenseuche) und ansteckende Krankheiten in Europa – Schutz für Österreich (2083/J)

Mag. Beate Hartinger und Genossen an die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten betreffend BSE und MKS (Maul- und Klauenseuche) und ansteckende Krankheiten in Europa – Schutz für Österreich (2084/J)

Mag. Beate Hartinger und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend BSE und MKS (Maul- und Klauenseuche) und ansteckende Krankheiten in Europa – Schutz für Österreich (2085/J)

Wolfgang Jung und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Verletzung der Bannmeile bezüglich Sitzungen des Wiener Landtages (2086/J)

Dr. Brigitte Povysil und Genossen an den Bundeskanzler betreffend "Widerstand" durch Außenamt finanziert (2087/J)

Dr. Brigitte Povysil und Genossen an die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten betreffend "Widerstand" durch Außenamt finanziert (2088/J)

Dr. Peter Pilz und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Überwachungsverordnung (2089/J)

Dr. Peter Pilz und Genossen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Überwachungsverordnung (2090/J)

Dr. Peter Pilz und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Überwachungsverordnung (2091/J)

Otmar Brix und Genossen an die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten betreffend Reisekosten für den Besuch im Iran und andere Reisekosten (2092/J)

Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Verhinderung der Aussaat von gentechnisch manipuliertem Saatgut (2093/J)

Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Untersuchungen von Futtermitteln auf gentechnisch veränderte Bestandteile (2094/J)

Anton Heinzl und Genossen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Erhaltung der Mariazellerbahn (2095/J)


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
59. Sitzung / Seite 6

Karl Dobnigg und Genossen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend eigenartige Vorgänge in ihrem Ressort (2096/J)

Theresia Haidlmayr und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Zivildienerzuweisung Februar 2001 (2097/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend die Durchführung des EU-Programms EQUAL in Österreich (2098/J)

Karl Öllinger und Genossen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend unternehmensbezogene Förderungen (2099/J)

Karl Öllinger und Genossen an den Bundeskanzler betreffend KabinettsmitarbeiterInnen (2100/J)

Karl Öllinger und Genossen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend KabinettsmitarbeiterInnen (2101/J)

Karl Öllinger und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend KabinettsmitarbeiterInnen (2102/J)

Karl Öllinger und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend KabinettsmitarbeiterInnen (2103/J)

Karl Öllinger und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend KabinettsmitarbeiterInnen (2104/J)

Karl Öllinger und Genossen an die Bundesministerin für öffentliche Leistung und Sport betreffend KabinettsmitarbeiterInnen (2105/J)

Karl Öllinger und Genossen an den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen betreffend KabinettsmitarbeiterInnen (2106/J)

Karl Öllinger und Genossen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend KabinettsmitarbeiterInnen (2107/J)

Karl Öllinger und Genossen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend KabinettsmitarbeiterInnen (2108/J)

Dr. Michael Spindelegger und Genossen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Stand der Umsetzung von "Integra" (Bürgergeld) (2109/J)

Mag. Gisela Wurm und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Opernball-Demonstration (2110/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend "Handelshemmnisse zum Schaden von Konsumenten" (2111/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend "Handelshemmnisse zum Schaden von Konsumenten" (2112/J)

Theresia Haidlmayr und Genossen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Einstiegs-, Umstiegs- und Ausstiegshilfen für mobilitätsbehinderte Menschen an Bahnhöfen (2113/J)

Beate Schasching und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend die Möglichkeit der Schließung von Bezirksgerichten in Niederösterreich (2114/J)


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
59. Sitzung / Seite 7

Mag. Helmut Kukacka und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Schulwegsicherung durch die Exekutive (2115/J)

*****

Karl Öllinger und Genossen an die Obfrau des Untersuchungsausschusses betreffend Verletzung der Geschäftsordnung § 24 (3) VO-UA (Verfahrensordnung für parlamentarische Untersuchungsausschüsse) durch die Weitergabe vertraulicher Akten aus dem Untersuchungsausschuss (15/JPR)

Anfragebeantwortungen

der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (1703/AB zu 1779/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten DDr. Erwin Niederwieser und Genossen (1704/AB zu 1718/J)

des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen (1705/AB zu 1739/J)

der Bundesministerin für öffentliche Leistung und Sport auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen (1706/AB zu 1900/J)

der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka und Genossen (1707/AB zu 1744/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Gerhard Reheis und Genossen (1708/AB zu 1722/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka und Genossen (1709/AB zu 1774/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen (1710/AB zu 1898/J)

des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen (1711/AB zu 1732/J)

des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen (1712/AB zu 1734/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka und Genossen (1713/AB zu 1775/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Doris Bures und Genossen (1714/AB zu 1876/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen (1715/AB zu 1740/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Robert Egghart und Genossen (1716/AB zu 1714/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig und Genossen (1717/AB zu 1726/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (1718/AB zu 1789/J)

des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka und Genossen (1719/AB zu 1752/J)


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
59. Sitzung / Seite 8

Beginn der Sitzung: 12.01 Uhr

Vorsitzende: Präsident Dr. Heinz Fischer , Dritter Präsident Dr. Werner Fasslabend.

*****

Präsident Dr. Heinz Fischer: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich begrüße Sie sehr herzlich, darf Sie bitten, die Plätze einzunehmen, und eröffne die 59. Sitzung des Nationalrates, die auf Grund eines geschäftsordnungsmäßigen Verlangens nach § 46 Abs. 6 GOG einberufen wurde.

Die Amtlichen Protokolle der 57. Sitzung des Nationalrates vom 1. und 2. März sowie der 58. Sitzung vom 2. März sind in der Parlamentsdirektion aufgelegen, ohne Einspruch geblieben und gelten daher als genehmigt.

Als verhindert gemeldet für die heutige Sitzung sind folgende Kolleginnen und Kollegen: Kurt Eder, Dietachmayr, Jäger, Mag. Kubitschek, Dr. Mertel, Dipl.-Ing. Prinzhorn, Mag. Posch, Schieder, Ing. Gerhard Bauer, Dr. Baumgartner-Gabitzer, Mag. Mühlbachler und Dr. Pilz.

Einlauf und Zuweisungen

Präsident Dr. Heinz Fischer: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände und deren Zuweisungen verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 GOG auf die im Sitzungssaal verteilte schriftliche Mitteilung.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A) Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

1. Schriftliche Anfragen: 2073/J bis 2094/J.

Schriftliche Anfrage an die Obfrau des Untersuchungsausschusses: 15/JPR.

2. Anfragebeantwortungen: 1703/AB bis 1719/AB.

B) Zuweisungen:

1. Zuweisungen seit der letzten Sitzung gemäß §§ 32a Abs. 4, 80 Abs. 1, 100 Abs. 4, 100b Abs. 1 und 100c Abs. 1:

Budgetausschuss:

Bericht des Bundesministers für Finanzen betreffend den Budgetbericht des Bundes 2001 (Vorlage 25 BA);

Ausschuss für Petitionen und Bürgerinitiativen:

Bürgerinitiative Nr. 17 betreffend "Sicherstellung des hohen Bildungsstandards in Österreich".

2. Zuweisungen in dieser Sitzung:

zur Vorberatung:

Außenpolitischer Ausschuss:

Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Slowakischen Republik zur Änderung des Vertrages über die gemeinsame Staatsgrenze vom 21. Dezember 1973 in der Fassung des


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
59. Sitzung / Seite 9

Notenwechsels vom 22. Dezember 1993 und vom 14. Jänner 1994 samt Anlage (449 der Beilagen);

Finanzausschuss:

Abkommen zwischen der Republik Österreich und dem Königreich Nepal zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen samt Protokoll (443 der Beilagen);

Ausschuss für innere Angelegenheiten:

Vertrag zwischen der Republik Österreich, der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Fürstentum Liechtenstein über die grenzüberschreitende Zusammenarbeit der Sicherheits- und Zollbehörden (479 der Beilagen);

Justizausschuss:

Antrag 393/A (E) der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen betreffend die Sicherung objektiver, unabhängiger und kostenloser Konsumenteninformation,

Antrag 394/A (E) der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen betreffend Neukodifikation des zivilrechtlichen Konsumentenschutzes – "KSchG – NEU";

Ausschuss für Menschenrechte:

Europäische Charta der Regional- oder Minderheitensprachen samt Erklärungen (437 der Beilagen);

Unterrichtsausschuss:

Antrag 396/A der Abgeordneten Dieter Brosz und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Schulpflichtgesetz BGBl. Nr. 76/1985, zuletzt geändert durch das BGBl. Nr. 768/1996, geändert wird;

Verkehrsausschuss:

Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Republik Ungarn über die Rechtsstellung von Unternehmen, die im Zusammenhang mit der Grenzabfertigung Dienstleistungen erbringen (446 der Beilagen).

C) Verlangen gemäß § 32e Abs. 2 GOG:

Verlangen der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka und Genossen auf Prüfung der Gebarung des Bundeskanzleramtes und der anderen Zentralstellen (Bundesministerien) seit 4. Februar 2000 hinsichtlich der Vollziehung aller dienst-, besoldungs- und pensionsrechtlichen Bestimmungen einschließlich des Ausschreibungsgesetzes 1989 insbesondere hinsichtlich der Personen im politischen Nahebereich (z.B. Ministerbüro) der Regierungsmitglieder (eingelangt am 9. März 2001).

*****

Ankündigung eines Dringlichen Antrages

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Abgeordneter Dr. Van der Bellen hat das Verlangen gestellt, den Selbständigen Antrag 397/A (E) der Abgeordneten Dr. Van der Bellen und Genossen betreffend "Bildungsoffensive jetzt!" dringlich zu behandeln.

Im Sinne der Bestimmungen, die Sie alle kennen und die ich hier nicht referieren muss, wird dieser Dringliche Antrag um 15 Uhr zum Aufruf gelangen.


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
59. Sitzung / Seite 10

Fristsetzungsanträge

Präsident Dr. Heinz Fischer: Weiters teile ich mit, dass Herr Abgeordneter Dr. Kostelka vor Eingang in die Tagesordnung beantragt hat, dem Finanzausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 387/A der Abgeordneten Dr. Gusenbauer und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988 geändert wird, eine Frist bis zum 13. März 2001 zu setzen.

Es liegt in diesem Zusammenhang auch ein ausreichend unterstütztes Verlangen vor, über diese Fristsetzung eine Kurzdebatte durchzuführen.

Da für die heutige Sitzung die Behandlung eines Dringlichen Antrages – wie soeben bekannt gegeben – in Aussicht genommen ist, wird die Kurzdebatte nach Abschluss der Debatte zum Dringlichen Antrag durchgeführt werden und die Abstimmung im unmittelbaren Anschluss an die Debatte erfolgen.

*****

Weiters teile ich mit, dass Herr Abgeordneter Dr. Kostelka auch beantragt hat, dem Ausschuss für Arbeit und Soziales zur Berichterstattung über den Antrag 391/A (E) der Abgeordneten Dr. Gusenbauer und Genossen betreffend Abschaffung der unsozial-treffsicheren Maßnahmen der Bundesregierung ebenfalls eine Frist bis zum 13. März zu setzen.

In diesem Zusammenhang ist eine Debatte nicht vorgesehen. Die Abstimmung über diesen Fristsetzungsantrag wird nach Erledigung der Abstimmung des erstgenannten Fristsetzungsantrages erfolgen.

*****

Schließlich teile ich mit, dass Herr Abgeordneter Dr. Kostelka beantragt hat, dem Unterrichtsausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 86/A der Abgeordneten Dr. Antoni und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Schulunterrichtsgesetz 1986 geändert wird, eine Frist bis zum 9. Mai 2001 zu setzen.

Die Abstimmung über diesen Fristsetzungsantrag wird nach den beiden vorhergehenden Abstimmungen nach Beendigung der Verhandlungen über den eingangs erwähnten Fristsetzungsantrag erfolgen.

Dies sind die geschäftsordnungsmäßigen Mitteilungen, die zu machen waren.

Ich unterbreche jetzt die Sitzung bis 15 Uhr. Um 15 Uhr wird mit der Verhandlung des Selbständigen Antrages 397/A (E) mit Kollegen Van der Bellen begonnen.

Die Sitzung ist unterbrochen.

(Die Sitzung wird um 12.06 Uhr unterbrochen und um 15.01 Uhr wieder aufgenommen. )

Präsident Dr. Heinz Fischer: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wie zu Beginn der Sitzung angekündigt, nehme ich jetzt – um 15.01 Uhr – die unterbrochene Sitzung wieder auf.

Dringlicher Antrag

der Abgeordneten Dr. Alexander Van der Bellen und Genossen betreffend "Bildungsoffensive jetzt!" (397/A) (E)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir kommen zur Behandlung des Dringlichen Antrages 397/A (E) der Abgeordneten Dr. Van der Bellen, Brosz, Dr. Grünewald, Freundinnen und Freunde.


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
59. Sitzung / Seite 11

Der Antrag ist vervielfältigt und verteilt worden. Er liegt daher im Sitzungssaal auf. Eine Verlesung durch einen Schriftführer ist daher nicht notwendig.

Der Dringliche Antrag hat folgenden Wortlaut:

An den Schulen und Universitäten kocht der Zorn. Die Bundesregierung drischt Phrasen und faselt von einer Bildungsoffensive; vor Ort wissen die Betroffenen, wie die Wirklichkeit aussieht.

Schulen

Ein Lehrer aus Oberösterreich schreibt uns:

Ich bin Lehrer an einer Volksschule. An unserer Schule wurden per September 2000 fünfzehn Stunden "gekürzt". Es gibt daher heuer bei ca. 200 Kindern keine einzige Flötenstunde (im Vorjahr hatten wir vier Gruppen), kein Haltungsturnen (ist plötzlich die Vorbeugung gegen Haltungsschäden sinnlos?), kein Schulspiel (Sie werden wissen, was für Lernerfolge beim Einüben von Theaterstücken erzielt werden können – die Regierung nicht!) und es gibt auch keine Spielmusikgruppe mehr (im Vorjahr hatten wir drei große Gruppen – und Musik ist ja ohnehin nur unnötige Spielerei, oder?). Diese Stunden wurden nicht den Lehrern "genommen"! Nein, sie wurden den Kindern weggenommen! Und genau deshalb ärgert mich "meine oberste Chefin" ganz besonders! In den Medien verkündet sie, dass die Bildungsausgaben erhöht worden seien. Ich – als Lehrer an der Basis – mache mich mit diesem Satz lächerlich, denn ich muss den Eltern sagen, dass es genannte Stunden aufgrund von Kürzungen nicht mehr gibt.

Die Situation ist nicht nur in Oberösterreich so – und ab Herbst 2001 wird es noch viel schlimmer werden. Die öffentlichen Ausgaben für die Schulen sollen 2002 sinken. Die VolksschuldirektorInnen können den Müttern und Vätern, die jetzt ihre Kinder für die erste Klasse anmelden, nicht sagen, wie das Lehrangebot der Schule ab Herbst aussehen wird. Das einzige, was sicher ist: Das Angebot wird sinken. Stellen werden gekürzt, Stunden werden gestrichen. Zulasten der LehrerInnen? Ja, aber vor allem zulasten der Kinder.

Ausgaben des Bundes für "Erziehung und Unterricht" (Schulen, Akademien, HTL, usw.) 1993 – 2002

Jahr

Mrd. Euro

Änderung (in %)

in % des BIP

BIP (Mrd. Euro)

1993

4,487

2,91

154,4

1994

4,771

6,33

2,93

162,8

1995

4,903

2,77

2,89

169,6

1996

4,918

0,31

2,76

178,1

1997

4,959

0,83

2,71

182,7

1998

5,233

5,53

2,75

190,0

1999

5,460

4,34

2,77

197,1

2000

5,563

1,89

2,70

206,3

2001

5,625

1,11

2,64

213,3

2002

5,515

-1,96

2,47

223,5

Anm.: 1 Euro = 13,7603 S.

Quelle: Übersicht 20, Budgetrede BM Grasser, März 2001.

So sieht die angebliche Bildungsoffensive an den Schulen in Wirklichkeit aus:

* Im Jahrzehnt 1993-2002 sinken die Bildungsausgaben an den Schulen von 2,9 auf 2,5% des BIP.

* Im wesentlichen hat die schwarz-blaue Bundesregierung diese Entwicklung zu verantworten: von 1999, dem letzten Jahr von Rot-Schwarz, bis 2002 sinken die Bildungsausgaben von 2,8 auf 2,5 % des BIP.


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
59. Sitzung / Seite 12

* Ein Promille des BIP 2002 sind rund 224 Mio Euro bzw. 3,08 Mrd. ATS. Das bedeutet: Würde der Bund 2002 gleich viel für Bildung ausgeben wie 1993-95 (in Relation zum BIP), so müssten die Schulen 2002 um 12 Mrd. ATS mehr erhalten als von BM Gehrer und BM Grasser vorgesehen. Bezogen auf 1999 macht der Fehlbetrag 9 Mrd. ATS aus.

Deutlich wird das schwarz-blaue Bildungsdebakel auch, wenn man die Personalausgaben für LandeslehrerInnen betrachtet, die vom Bund zu tragen sind (betrifft v.a. Volks- und Hauptschulen):

1999:

37.305

Mio ATS

 

2000:

38.553

 

(+ 1.248 Mio ATS)

2001:

39.457

 

(+ 904 Mio ATS)

2002:

38.657

 

(- 800 Mio ATS)

Bei gegebenem Personalstand steigt der Personalaufwand jährlich durch den sog. Struktureffekt (Vorrückungen im Gehaltsschema u.dgl.) automatisch an. Dazu kommen allfällige generelle Gehaltserhöhungen je nach Ergebnis der Verhandlungen mit den Gewerkschaften. Vor einem Jahr hat BM Gehrer den reinen Struktureffekt mit 3 % beziffert (apa, 6.3.2000). Das war wahrscheinlich etwas zu hoch gegriffen. Rechnet man vorsichtig mit 3-4 % für Struktureffekt plus Gehaltserhöhungen zusammengenommen, so ergibt sich die bei konstantem Personalstand – ohne dass eine einzige LehrerIn zusätzlich aufgenommen worden wäre – erforderliche jährliche Erhöhung des Personalaufwands (in Mio ATS):

Erforderlich

tatsächlich

Lücke

2000

bei 3%

1.119

1.248

+129

bei 4%

1.492

1.248

-244

2001

bei 3%

1.157

904

-253

bei 4%

1.542

904

-638

2002

bei 3%

1.184

-800

-1.984

bei 4%

1.578

-800

-2.378

Welche politischen Entscheidungen von ÖVP und FPÖ stecken hinter diesen dürren Zahlen? Im Jahr 2000 hat der für LandeslehrerInnen budgetierte Personalaufwand knapp nicht mehr ausgereicht, um den Personalstand zu finanzieren. 2001 und 2002 ist die finanzielle Lücke eindeutig, mit drastischem Anstieg von 2001 auf 2002. Daher wird die Bundesregierung Dienstposten in Pflichtschulen streichen und Einkommen von LehrerInnen kürzen, um diese Budgets über die Runden zu bringen.

Im Klartext: Rechnet man grob mit 500.000 ATS Jahreskosten pro LehrerIn, so fehlt 2001 die Finanzierung von 500-1300 Lehrerstellen, und 2002 fehlt die Finanzierung von zusätzlichen (!) 3900-4700 Stellen im Pflichtschulbereich allein. Diese Zahlen sind noch unterschätzt, falls wir die Jahreskosten pro LehrerIn zu hoch angesetzt haben.

Schwarz-blaue Schulpolitik heißt daher:

1. LehrerInnen müssen in Zukunft länger unterrichten. Dadurch reichen weniger LehrerInnen aus, um den Betrieb aufrecht zu erhalten.

2. LehrerInnen müssen Gehaltseinbußen in Kauf nehmen. Trotz einer Steigerung der reinen Unterrichtszeit sinkt die Entlohnung.


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
59. Sitzung / Seite 13

3. Mehrere tausend LehrerInnenposten werden in den nächsten Jahren nicht nachbesetzt. Genaue Zahlen können nicht genannt werden, da die Regierung bislang keinerlei Detailinformationen veröffentlicht hat.

Während die Pflichtschullehrer-Gewerkschaft bei ihrer fragwürdigen Urabstimmung damit argumentierte, dass ihr Modell den Abbau von 2.900 PflichtschullehrerInnen auf Grund der Finanzausgleichsverhandlungen nicht verhindern kann, aber der zusätzliche Abbau von weiteren 2.000 PflichtschullehrerInnen auf Grund der im Budgetbegleitgesetz 2001 beschlossenen Maßnahmen verhindert werden könne, meinte Ministerin Gehrer nunmehr, dass durch dieses Modell anstatt von 2.900 "nur" 2.118 Dienstposten nicht nachbesetzt würden.

Fest steht: Wenn die Regierung die Ankündigung wahr macht, die Personalausgaben in dieser Legislaturperiode auf dem Niveau des Jahres 2000 einzufrieren, werden die von Ministerin Gehrer genannten Zahlen sicher nicht ausreichen.

4. Die Klassenschülerzahlen steigen. Während dieser Effekt zunächst in Abrede gestellt wurde, ist nunmehr davon die Rede, dass die Klassenschülerzahlen im Schnitt um einen Schüler pro Klasse steigen werden. Die Zahlen verteilen sich schon jetzt sehr unterschiedlich. In vielen berufsbildenden und allgemein bildenden höheren Schulen werden die gesetzlich vorgesehenen Klassenschülerhöchstzahlen bereits überschritten. Laut der letzten österreichischen Schulstatistik gab es mehr als 3.300 Klassen, in denen die Klassenschülerzahl über der im Gesetz genannten Höchstzahl lag. Das ist möglich, weil das Gesetz einen Passus enthält, dass zur Vermeidung von Abweisungen die Zahl um maximal 20 % überschritten werden darf. Dies wurde aber nicht zum Anlass genommen, Gegenmaßnahmen einzuleiten, sondern aus Kosten- und Bequemlichkeitsgründen zum Dauerzustand gemacht.

Eine Steigerung um einen Schüler pro Klasse darf man sich nicht so vorstellen, dass dann in jeder Klasse eine/r mehr drinnen sitzt. Diese durchschnittliche Steigerung wird sich nur durch Brachialmethoden wie Klassenzusammenlegungen erzielen lassen. Erste Fälle von Maturaklassenzusammenlegungen gab es bereits.

Solche Klassenzusammenlegungen werden auch jahrgangsübergreifend erfolgen. Allein in Niederösterreich sollen davon im nächsten Schuljahr 100 Klassen betroffen sein. Die Führung jahrgangsübergreifender Klassen kann als pädagogisches Modell durchaus sinnvoll sein. Solche Modelle funktionieren allerdings nur mit einer intensiven Betreuung. Eine zweite Lehrkraft ist unerläßlich. ÖVP und FPÖ sehen das offenbar anders.

Ländliche Kleinschulen sind durch den Sparzwang durch Schließungen bedroht. Wird die im Gesetz definierte Mindestzahl nicht erreicht, entscheidet der Landesschulrat über die Weiterführung. Wenn die erforderlichen finanziellen Mittel den Ländern nicht mehr zur Verfügung gestellt werden, führt dies zwangsläufig zu Schließungen.

Die finanziellen Vorgaben werden auch dazu führen, dass die vor allem im Fremdsprachenunterricht vorgesehenen Klassenteilungen nicht mehr möglich sein werden.

5. Am massivsten werden schulische Zusatzangebote von den Kürzungen betroffen sein. Unverbindliche Übungen wurden bereits in den letzten Jahren reduziert. Es steht zu befürchten, dass sie bald nur mehr eine Erinnerung an bessere Zeiten sein werden.

An den Pflichtschulen wird es zu Einschränkungen bei den Stützlehrerstunden für lernschwache SchülerInnen, bei den TeamlehrerInnen insbesondere im Bereich des muttersprachlichen Unterrichts, bei den Förderstunden für lernschwache oder überdurchschnittlich begabte SchülerInnen kommen.

Die schulische Integration behinderter Kinder wurde bereits in den letzten Jahren eingeschränkt. So wurde der sonderpädagogische Förderbedarf für sinnes- und körperbehinderte SchülerInnen nach der Volksschule gesetzlich zurückgenommen. Bisher war es aber meist noch möglich, zumindest reduzierte Förderungen anzubieten. Durch die Budgetkürzungen wird es diese Möglichkeiten nicht mehr geben.


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
59. Sitzung / Seite 14

Im Regierungsübereinkommen war noch von 2.000 Planstellen die Rede, die im Bereich der sprachlichen Integration eingesetzt werden sollten. Ob es diese Planstellen noch gibt und wie sie verwendet werden ist unklar.

Neue Lernformen und Projektunterricht werden unter den verschärften Bedingungen kaum mehr möglich sein.

6. Im Informationstechnologiebereich ist von einer Bildungsoffensive bzw. der propagierten Computermilliarde nichts zu sehen. Tausende InteressentInnen werden abgewiesen, weil es nicht genügend Ausbildungsplätze gibt. Die Angebotserweiterung in den letzten Jahren war marginal. Abgesehen von fehlenden räumlichen Ressourcen wird der Lehrermangel im IT-Bereich immer gravierender. Auch im Bereich der Lehreraus- und -weiterbildung bestehen gravierende Defizite. Angebote fehlen, Kurse sind meist nur mit beträchtlichen Kostenbeteiligungen zu absolvieren. Von Infrastrukturanschaffungen ist wenig zu sehen. Musterprojekte wie Laptopklassen führen zu sozialen Teilnahmebarrieren. Die Teilnahme an einer Laptopklasse erfordert Anschaffungskosten zwischen 30.000 und 45.000 S. Ein Ausgleich für Kinder aus finanziell weniger gut situierten Familien ist nicht vorgesehen.

7. Die schwarz-blaue Schulpolitik ist Teil einer unsozialen Sparpolitik, die einerseits bei Investitionen in die Zukunft unseres Landes und andererseits bei den sozial Schwächsten spart, wie z.B. den BezieherInnen von Unfallrenten.

Universitäten

Wie die Schulen werden die Universitäten in die blau-schwarze Zange genommen: erstens durch eine unzureichende budgetäre Dotierung, zweitens durch eine "Dienstrechtsreform", die den Erfordernissen der Institution nicht gerecht wird.

Ausgaben des Bundes für Universitäten, 1993 –2002

Jahr

Mio. Euro

in % des BIP

1993

1.449

0.94

1994

1.51


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
59. Sitzung / Seite 15

1

0.93

1995

1.585

0.93

1996

1.313

0.74

1997

1.184

0.65

1998

1.223

0.64

1999

1.278

0.65

2000

1.555

0.75

2001

1.633

0.77

2002

1.654

0.74

Anm.: 1 Euro = 13,7603 S

Quelle: Übersicht 20, Budgetrede BM Grasser, März 2001

Die Mittel für Lehre und Forschung an den Universitäten sind zuletzt gestiegen – verglichen mit den katastrophalen Jahren 1997-99. Kein Wunder, dass die Bundesregierung immer diese Jahre als Vergleichsgröße wählt. Aber in Relation zur Wirtschaftsleistung bzw. zum BIP sind die Ausgaben 2002 nicht höher als im Sparpaketjahr 1996. Würde der Bund 2002 relativ gleich viel für die Universitäten ausgeben wie 1993, d.h. um 0,2 % des BIP mehr, dann müssten die Universitäten um 6 Mrd. ATS mehr erhalten.

Die Erhöhungen 2000-02 betreffen im wesentlichen den Nachholbedarf im Sachaufwand (Ersatz ausgedienter PC´s u. dgl.); dramatisch ist hingegen die Entwicklung des Personalaufwands im Budgetkapitel 14:

1999:

13.264

Mio ATS

 

2000:

14.088

 

(+ 824 Mio ATS)

2001:

14.232

 

(+ 144 Mio ATS)

2002:

14.232

 

(0)

Rechnet man wiederum mit einem Struktureffekt plus Gehaltserhöhungen von 3-4 % zusammengenommen, so ergibt sich die bei konstantem Personalstand erforderliche jährliche Erhöhung des Personalaufwands (in Mio ATS):

erforderlich

Tatsächlich

Lücke

2000

bei 3%

398

824

+426

bei 4%

531

824

+293

2001

bei 3%

423

144

-279

bei 4%

564

144

-420

2002

bei 3%

427

0

-427

bei 4%

569

0

-569

Im Jahr 2000 reicht das Budget aus, um den von 1999 übernommenen Personalstand zu finanzieren. 2001/2002 dreht sich die Lage völlig: Die Bundesregierung beabsichtigt offensichtlich, Dienstposten an den Universitäten zu streichen und Einkommen des Universitätspersonals zu kürzen, um diese Budgets über die Runden zu bringen.

Die Personalkosten pro Jahr und Person sind uns nicht bekannt. Größenordnungsmäßig dürfte 2001 die Finanzierung von 500-700 Stellen fehlen, und 2002 von zusätzlichen (!) 700-900 Stellen.

Beispiel: An der Fakultät für Wirtschaftswissenschaft und Informatik der Universität Wien sind acht ordentliche Professuren vakant (daher auch die entsprechenden Assistenten- und Sekretariatsstellen). Gemäß Nachricht des Rektorats können davon eine oder maximal zwei besetzt werden, für alle anderen ist kein Geld da. In der Terminologie von BM Grasser handelt es sich nicht um "Orchideenfächer": die acht vakanten Professuren betreffen die Fachgebiete Betriebswirtschaft, Statistik und Volkswirtschaft.

Es rundet das Bild ab, wenn von 2001 auf 2002 die Universitäten vom Bund 21 Mio. Euro mehr erhalten sollen, allein der Anstieg des Aufkommens aus Studiengebühren aber mit 71 Mio. Euro budgetiert ist.

Damit nicht genug: Die Entwürfe zu einem neuen Dienstrecht sind für den wissenschaftlichen Nachwuchs demotivierend und bieten keinerlei Anreiz sich dem Risiko nachhaltiger Forschung auszusetzen. Denn durch die geplante Dienstrechtsreform wird für den Großteil aller ForscherInnen ihre wissenschaftliche Karriere nach spätestens 15 Jahren zu Ende sein, ohne wirklich reale Ausstiegsmöglichkeiten in die Wirtschaft vorzufinden. Auch den Großteil des Personals im vierjährigen Wechsel auszutauschen ist mit einem effizienten und kalkulierbaren Forschungs- und Studienbetrieb nicht zu vereinbaren. Dies bedeutet nicht nur eine existentielle Gefährdung der Betroffenen, sondern letztlich auch einen Anschlag auf die Universitäten und ihre Aufgabe Wissen zu vermehren, Wissen zu erhalten und Wissen weiterzugeben. Mangelnde Karriereperspektiven werden nicht zu großem Engagement und notwendiger Risikofreude in Forschung und Lehre führen, was wiederum eine Verschlechterung der Qualität in der Betreuung von Studierenden und der wissenschaftlichen Leistung zur Folge haben wird. Was ein solches "Hire and Fire" – Modell auch für Frauen in wissenschaftlichen Karrieren, die mehrheitlich in befristeten Dienstverhältnissen arbeiten, bedeuten wird, ist klar.


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
59. Sitzung / Seite 16

Unsere volle Solidarität gehört den Angehörigen der Universitäten, die unter solchen Rahmenbedingungen lernen, lehren und forschen sollen.

Forschung

Einhellig sind alle Parlamentsparteien der Auffassung, dass die Forschungstätigkeit in Österreich intensiviert werden und insbesondere die sog. F & E-Quote (Ausgaben für Forschung und Entwicklung in % des BIP) erhöht werden muß. Der Industrieausschuss hat im Rahmen seiner Befassung mit Technologiepolitik schon 1999 einen Zielwert von 2.5 % für die F & E-Quote beschlossen. BM Grasser hat in seiner Budgetrede vom 1. März 2001 erneut bekräftigt, "dass die österreichische Forschungsquote bis zum Jahr 2002 auf 2 % und bis zum Jahr 2005 auf 2.5 % angehoben wird."

Die Zahlen des Budgets 2002 lassen das nicht erkennen.

Die Budgetansätze für die Universitäten sind nicht verwendbar, weil diese auch die Kosten für die Lehre enthalten. Umgekehrt wird Forschung nicht nur an den Universitäten betrieben. Übersicht 25 der Anlagen zur Budgetrede gibt jedoch Aufschluss über die Ausgaben des Bundes für die Forschung 1993 – 2002:

Bundesausgaben

davon: Universitäten

In Mio. Euro

in % des BIP

in Mio. Euro

in % des BIP

1993

1.038

0.67

626

0.41

1994

1.152

0.71

659

0.41

1995

1.148

0.68

691

0.41

1996

1.118

0.63

511

0.29

1997

1.133

0.62

499

0.27

1998

1.145

0.60

528

0.28

1999

1.260

0.64

561

0.29

2000

1.230

0.60

677

0.33

2001

1.408

0.66

711

0.33

2002

1.435

0.64

719

0.32

Anm.: Der rücklagenfähige Betrag von 509 Mio. Euro im BVA 2001 für die drei Jahre 2001 – 2003 wird zu je einem Drittel den Jahren 2001 bis 2003 zugerechnet (1. Spalte der Tabelle).

Bei den Universitäten zeigt sich das gleiche Bild wie beim Gesamtbudget der Universitäten: die Forschungsdotierung 2000 – 2002 ist höher als in den Katastrophenjahren 1996 – 99, aber niedriger als 1993 – 95 (in % des BIP).

Bei den Forschungsausgaben des Bundes insgesamt (2./3. Spalte der Tabelle) lässt sich beim besten Willen nicht erkennen, worin der Beitrag des Bundes zu einer Erhöhung der F & E-Quote liegt. Die Bundes-Quote pendelt seit 1996 zwischen 0.60 und 0.66 % und ist auch 2001/2002 niedriger als 1993 – 95.

Die OECD (Science, Technology and Industry Outlook 2000) weist für Österreich 1999 eine F & E-Quote von 1.63 % des BIP aus; die Hälfte davon entfällt auf den Unternehmenssektor. Wenn die Bundesregierung nach eigenen Angaben eine F & E-Quote von 2 % für 2002 anstrebt, die Bundesquote 2002 aber mit 0.64 % exakt jener von 1999 entspricht, so hofft sie offenbar, dass der Unternehmenssektor die Differenz wettmacht; dafür müssten aber die Forschungsausgaben der Unternehmen um 50 % höher sein als 1999 (in Relation zum BIP, das entspricht zusätzlichen 12 Mrd. ATS). Die reale Basis für diese Hoffnung ist nicht bekannt.

Postscriptum: Deutschland hat eine F & E-Quote von 2.3 % (1999), Finnland 3.1 %, Schweden 3.7 %. Der OECD-Durchschnitt beträgt 2.2 %.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
59. Sitzung / Seite 17

Antrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur wird aufgefordert eine Bildungsoffensive einzuleiten und umzusetzen, die folgende Maßnahmen enthält:

1. Absenkung der Klassenschülerhöchstzahlen auf 25 Schüler pro Klasse statt der derzeit stattfindenden Erhöhung der Klassenschülerzahl.

2. Verbesserung der Integration Behinderter im Pflichtschulbereich und Ausweitung auf alle Bereiche des Schulsystems.

3. Weiterer Ausbau statt Einschränkung der sprachlichen Integration sowie des Förderunterrichts, mit dem Ziel, echte Dreisprachigkeit von Kindern mit nicht-deutscher Muttersprache (Deutsch, Muttersprache, Englisch) herzustellen.

4. Rascher Ausbau der IT-Arbeitsplätze in Schulen, Universitäten und Fachhochschulen. Sofortmaßnahmen in der LehrerInnenaus- und -weiterbildung, um dem LehrerInnenmangel in diesem Bereich entgegenzuwirken.

5. Ersatzlose Streichung der Studiengebühren genannten 'Bildungssteuer' und damit Wiedereinführung des offenen und gebührenfreien Hochschulzugangs.

6. Ausweitung des BezieherInnenkreises von und Erhöhung der Studienbeihilfen auf ein Niveau, das den Lebensunterhalt sichert und zur Verkürzung der Studienzeiten führt.

7. Erweiterung der Universitätsautonomie unter Wahrung demokratischer Strukturen und der Mitbestimmung aller Universitätsangehörigen.

8. Eine innovative Universitätsreform, die

leistungsorientierte, kontinuierliche Karrieren an den Universitäten gewährleistet, und

die mit verbindlichen Zusagen über zusätzliche Budgetmittel verknüpft ist und eine langfristige Planung ermöglicht.

9. Zusätzliche budgetäre Vorsorge für den Forschungsbereich, sodass eine schrittweise Erhöhung der F&E-Quote auf 2,5 Prozent des BIP bis 2005 tatsächlich gewährleistet wird.

In formeller Hinsicht wird die dringliche Behandlung dieses Antrages gem. § 74a iVm § 93 Abs. 2 GOG verlangt.

*****

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich darf Herrn Abgeordnetem Professor Van der Bellen als Erstantragsteller zur Begründung seines Antrages das Wort erteilen. Nach der Geschäftsordnung hat er eine Redezeit von 20 Minuten. – Bitte, Herr Kollege.

15.02

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Wir hören in den letzten Tagen und Wochen viel von Bildungsoffensive, Forschungsoffensive und so weiter. Wenn man dem Bundeskanzler gestern in der "Pressestunde" zugehört hat, hat man gemerkt: Er hat mit den Milliarden so um sich geworfen, dass einem geradezu schwindlig werden konnte. (Abg. Mag. Trattner: Heute hört er Ihnen zu! – Abg. Schwarzenberger: Er ist kompetent und kennt sich aus! – Der Redner dreht sich zur Regierungsbank um.)

Oh, Herr Bundeskanzler! Grüß Gott! (Heiterkeit.) Es tut mir Leid. Es freut mich aber, dass auch der Bundeskanzler persönlich anwesend ist. (Beifall bei der ÖVP.)


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
59. Sitzung / Seite 18

Aber, Herr Bundeskanzler, Frau Bundesministerin, machen Sie sich doch die Mühe und hören Sie sich um, welche Erfahrungen Eltern in den letzten Wochen in Wien, ja in ganz Österreich gemacht haben! Wir haben von den Erfahrungen betroffener Eltern gehört (Abg. Ing. Westenthaler: Wahlkampferfahrungen! Wien-Wahl!), die in den letzten Wochen ihre Kinder, Herr Kollege Westenthaler, in Wien, ja in ganz Österreich in die erste Klasse Volksschule einschreiben lassen wollten. Ob ein Wahlkampf in Wien die Einschreibefrist für die Volksschulen in irgendeiner Weise tangiert, Herr Westenthaler, weiß ich nicht, das ist Ihre Sache. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Diese Eltern machen folgende Erfahrungen: Sie gehen an Schulen, beispielsweise im Rahmen des "Tages der offenen Tür", und erkundigen sich, was das Angebot im Herbst sein wird. Sie fragen nach, ob es Montessori-Klassen gibt, und sie fragen: Wie ist das Angebot bei den Stützlehrern? Gibt es Fußballklassen? Gibt es Musikklassen? Gibt es Theaterklassen? Wie schaut das Stundenangebot im Bereich der Übungen und sonstigen lernrelevanten Bereiche aus? (Unruhe im Saal. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.)

Sie werden zugeben, Herr Westenthaler, dass das nicht völlig irrelevante Fragen sind, sondern dass um die Wohlfahrt und die Bildung ihrer Kinder besorgte Eltern solche Fragen stellen müssen. Es wird Ihnen aber entgangen sein, was diesen Eltern an Antwort zuteil wird. (Beifall bei den Grünen.)

Die betroffenen Lehrerinnen und Direktorinnen – im Wesentlichen sind es ja Frauen – können nur eines sagen: Wir wissen nicht, was im Herbst an unserer Schule angeboten werden kann. Wir wissen es schlicht und einfach nicht. Wir wissen nicht, ob es eine Freinet-Klasse geben wird, wir wissen nicht, ob es ein Computerfach als Freifach geben wird. Wir wissen nicht, wir wissen nicht, wir wissen nicht ...

Die betroffenen Eltern, so schreibt uns zuletzt am Freitag ein betroffener Vater, waren entsetzt, das hören zu müssen. Dieser Vater drückt sich noch viel drastischer aus, aber ich erspare es mir jetzt, diese für mich begreifliche Wortwahl, die der Würde dieses Hohen Hauses vielleicht nicht ganz angemessen wäre, hier zu wiederholen. (Abg. Ing. Westenthaler: Das müssen Sie Ihrem Kollegen Pirklhuber sagen! Der sagt immer "Schweinestall" zu Österreich!)

Ja, dem Herrn Westenthaler ist das offensichtlich völlig Wurscht, was an den Schulen passiert. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.) Es ist ihm egal. Ich frage mich ja oft: Was ist es: Ist es Ahnungslosigkeit, was die Regierungsparteien im Schulbereich bewegt? Ist es blanker Zynismus? Ist es Gleichgültigkeit? Was ist es?

Die Zwischenrufe von Herrn Westenthaler sind eindeutig zu interpretieren: Es ist alles zusammen. Alle drei Erklärungen treffen zumindest auf Sie zu. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Mag. Schweitzer: Das zeugt von Ahnungslosigkeit, dieses Papier!)

Ja, Sie finden das lustig. Wir nehmen die Sorgen der Eltern, der Lehrerinnen, der Direktorinnen und natürlich der Kinder ernst. Sie, Herr Westenthaler, finden das lustig (Abg. Mag. Trattner: Das war ja der Schweitzer, nicht der Westenthaler! – Abg. Ing. Westenthaler: Jetzt komme ich schon das vierte Mal vor bei Ihnen!) und der Herr Schweitzer vielleicht auch, aber er wird sich ja auch noch zu Wort melden können. (Abg. Ing. Westenthaler: Bis jetzt haben Sie noch nichts gesagt! Sie haben 5 Minuten geredet, aber nichts gesagt!)

Ich habe nichts gesagt, außer dass die Eltern entsetzt darüber sind, dass ihnen nicht gesagt werden kann, wie das Schulangebot im Herbst aussehen wird und warum ... (Abg. Ing. Westenthaler: Sagen Sie einmal etwas Inhaltliches! – Zwischenruf des Abg. Mag. Schweitzer. )

Das ist glatt gelogen, Herr Schweitzer! Das ist glatt gelogen! (Beifall bei den Grünen. – Zwischenrufe bei den Freiheitlichen. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen. – Abg. Ing. Westenthaler: Das ist ein klarer Ordnungsruf!)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Kollege, bitte nehmen Sie diesen Ausdruck zurück!


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
59. Sitzung / Seite 19

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen
(fortsetzend): Ich nehme diesen Ausdruck zurück. Ich weiß zwar nicht, ob es im deutschen Sprachraum oder in der deutschen Sprache ein Synonym für "bewusst die Unwahrheit sagen" gibt, aber ich nehme diesen Ausdruck mit Bedauern zurück.

Auch mir kocht der Zorn manchmal über, insbesondere dann, wenn von "Bildungsoffensive" geredet wird, aber die Zahlen im Budget eine völlig andere Sprache sprechen.

Herr Kollege Schweitzer! Sie haben vorhin einen Zwischenruf gemacht. Die Zahlen, die in unserem Dringlichen Antrag vorkommen, sind nicht frei erfunden, sie stammen ausnahmslos aus den offiziellen Daten des Finanzministeriums. (Beifall bei den Grünen.) Und Sie werden wohl imstande sein, die Übersicht 20 des Tabellenbandes zur Budgetrede nachzuschlagen, die so genannte "Funktionale Gliederung der Ausgaben des Bundes". Daraus geht ganz klar hervor, dass in Ihrer Regierungsperiode 2000 bis 2002 die Ausgaben für Bildung, Erziehung und Unterricht von 2,8 Prozent auf 2,5 Prozent des Sozialprodukts sinken und im kommenden Budgetjahr, im Jahre 2002, absolut sinken.

Sie können auch anhand dieser Daten nachvollziehen, warum die Direktorinnen und Lehrerinnen insbesondere an den Volksschulen im kommenden Herbst nicht wissen, was sie anbieten können: weil der Personalaufwand sinkt. Und es ist ganz leicht nachzuvollziehen, in welcher Größenordnung der Personalaufwand sinkt, wie viele Stellen beziehungsweise wie viele Stunden gestrichen werden müssen oder – das ist die große Alternative – um wie viel das Einkommen der LehrerInnen gekürzt werden muss, um mit dem budgetierten Personalaufwand auszukommen. (Abg. Großruck: Das ist ja abenteuerlich!)

Herr Kollege Schweitzer! Fragen Sie die LehrerInnen an den Schulen, nicht nur an den Volksschulen! Lassen Sie sich die Gehaltszettel zeigen, und Sie werden sehen, was bereits heuer passiert! Und dann erklären Sie den Betroffenen, dass es hier zu keinen budgetären Kürzungen kommt – wenn Sie sich trauen. (Beifall bei den Grünen.)

Diese Situation ist schon heuer gegeben, Herr Kollege Schweitzer, und angesichts dieser Budgetdaten kann sie sich im Jahr 2002 nur verschärfen. Es wird weitere Stundenkürzungen geben, und es wird Kürzungen der Zahl von LehrerInnenstellen geben; das ist völlig eindeutig. (Zwischenruf des Abg. Mag. Schweitzer. )

Bildungsministerin ist Frau Minister Gehrer von der ÖVP. Sie hat es in erster Linie zu verantworten, völlig richtig. Aber weil Kollege Schweitzer sich so hervortut mit seinen Zwischenrufen und weil die FPÖ bekannterweise Regierungspartei ist, schaue ich ihn die ganze Zeit an. Sie müssen das mit verantworten, was die Kollegin Gehrer und Ihr Finanzminister in diesem Fall, Minister Grasser, uns zumuten. (Beifall bei den Grünen.)

Am massivsten werden die Streichungen und Kürzungen sicherlich im Bereich der Zusatzangebote sein, im Bereich der so genannten unverbindlichen Übungen, im Bereich des Musikunterrichtes – brauchen wir nicht; Streichung! –, im Bereich des Haltungsturnens – brauchen wir nicht; Streichung! –, im Bereich des Theater-Spielens – brauchen wir nicht; Streichung! –, und so weiter und so fort.

Das ist Ihre Bildungspolitik – ganz zu schweigen von den Stunden der Stützlehrer, von den Förderstunden nicht nur für so genannte lernschwache Kinder, auch für die, die außergewöhnlich begabt sind. Was ist mit den Stunden im Bereich des so genannten muttersprachlichen Zusatzunterrichtes? – Ich kann mir schon vorstellen, dass der FPÖ das Wurscht ist. Ist das auch der ÖVP egal?

Ich komme wieder auf Wien zurück. Allein in Wien leben über 50 Prozent aller Kinder mit nichtdeutscher Muttersprache. Die brauchen einen Förderunterricht, einen Zusatzunterricht in Deutsch und in ihrer Muttersprache – nicht nur aus humanitären Gründen, würde ich behaupten. Ich weiß schon, dass mit moralischen Appellen hier relativ wenig getan werden kann. Aber schon alleine aus wirtschaftlichen Gründen, Herr Khol, ist es notwendig, diese Kinder als


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
59. Sitzung / Seite 20

Chance zu begreifen, als Chance einer echten Dreisprachigkeit: in Deutsch, Englisch und in ihrer Muttersprache. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Diese Chance wurde bisher unvollkommen wahrgenommen, und in Zukunft wird sie überhaupt nicht mehr wahrgenommen. Was in der Volksschule versäumt wird, Herr Kollege Khol, ist später sehr schwer nachzuholen. Ich weiß nicht, in welche Schule Sie gegangen sind. (Abg. Dr. Khol: Haspingerstraße!) Haspingerstraße in Innsbruck; ich in Dreiheiligen. Ich habe sehr angenehme Erinnerungen an diese Schule (Abg. Dr. Khol: Ich auch!), streng, aber gerecht. Die Kinder, die dann die Chance hatten, ins Gymnasium zu gehen, wurden sehr gefördert. Ich habe eine angenehme Erinnerung an diese Schule, im Gegensatz zum Gymnasium. Was in der Volksschule versäumt wird, Herr Kollege Khol – und ich hoffe doch, dass Sie mir da zustimmen –, kann später sehr, sehr schwer wettgemacht werden. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Wenn Sie die KlassenschülerInnenzahlen erhöhen, wenn Sie die Zusatzangebote streichen, wenn Sie bei den Förderangeboten sparen, dann fördern Sie, um es ganz plakativ auszudrücken, die Bildung einer Hilfsarbeitergeneration in zehn, 15 Jahren.

Herr Kollege Khol – ich spreche Sie stellvertretend für die ÖVP-Fraktion an –, die ÖVP-Fraktion kann sich hier nicht die Hände in Unschuld waschen. (Widerspruch bei der ÖVP.) Der Herr Bundeskanzler persönlich nimmt die Angelegenheit immerhin so ernst, dass er hier anwesend ist.

8 Prozent eines Jahrgangs, eines Altersjahrgangs, machen nach dem Ende der Schulpflicht schon jetzt keine weiterführende Ausbildung mehr. Was wird aus diesen Menschen werden? Sie reden die ganze Zeit von Wissensgesellschaft, davon, dass das Wissen veraltet und so weiter, und da sparen Sie. Das ist schon allein aus wirtschaftlichen Gründen ein Unfug, von moralischen Kategorien ganz abgesehen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich kann mich hier nur auf einzelne Ausschnitte des Bildungssektors beschränken, insbesondere die Pflichtschulen, die Universitäten und, wenn mir die Zeit bleibt, den Forschungssektor. An den Universitäten ist es etwas besser, das gebe ich zu, verglichen mit den Katastrophenjahren der späten neunziger Jahre. Das zeigen die Budgetdaten deutlich. Verglichen mit den Katastrophenjahren 1997 bis 1999 steigen die Budgetmittel der Universitäten an, und deswegen wählen Sie ja auch immer diesen Vergleich.

Aber ist das hinreichend, dass es jetzt besser ist als in den Katastrophenjahren 1997 bis 1999? Das genügt Ihnen? Haben Sie berücksichtigt, dass, verglichen mit dem Anfang der neunziger Jahre, der Anteil der Universitätsausgaben am Bruttoinlandsprodukt zurückgegangen und nicht gestiegen ist? Und wenn Sie den Personalaufwand allein anschauen: Da zeigt sich exakt das gleiche Bild wie bei den Pflichtschulen. Der Personalaufwand wird eingefroren, und das kann nur heißen – dazu genügen simple Kenntnisse der Arithmetik –, dass Stellen gestrichen und/oder Einkommen der Universitätsangehörigen gekürzt werden. Das ist Ihre offensive Universitätspolitik!

Studenten, die jetzt mit 10 000 S Studiengebühren belastet werden, Assistenten, die im Rahmen der Dienstrechtsreform mit einer existentiellen Gefährdung konfrontiert werden, und Professoren, die mit Hunderten von vakanten Stellen konfrontiert sind: Das ist Ihre Bildungs- und Wissenschaftsoffensive? Haben Sie sich umgehört an den Universitäten, Herr Kollege Trattner zum Beispiel, weil Sie mich so nachdenklich anschauen? (Abg. Mag. Trattner: Ich horche Ihnen zu!) Ist es nicht Ihre Sache, sich umzuhören? Ist es nur Ihre Sache, ein Budget zu beschließen, das den Erfordernissen der Wissenschaft nicht gerecht wird?

An "meiner" Fakultät alleine – "meiner" natürlich unter Anführungszeichen –, Wirtschaftswissenschaften und Informatik der Universität Wien, sind acht ordentliche Professuren vakant. Ein bis zwei, sagt das Rektorat, können vielleicht besetzt werden. Vielleicht! In der Terminologie von Herrn Bundesminister Grasser handelt es sich da bekanntlich nicht um "Orchideenfächer". Es handelt sich nämlich um Betriebswirtschaft, Statistik und Volkswirtschaft. Wie mag es da erst an den "Orchideenfakultäten" aussehen – immer noch in der Terminologie von Herrn Bundesminis


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
59. Sitzung / Seite 21

ter Grasser –, bei den Geisteswissenschaften beispielsweise, wenn schon die Ökonomen in dieser Form unterbesetzt und unterdotiert sind?

Abschließend zum Forschungsbereich. Herr Bundesminister Grasser hat unwidersprochen – und ich nehme an, er spricht hier für die gesamte Bundesregierung – vor zehn Tagen gesagt, dass die österreichische Forschungsquote bis nächstes Jahr auf 2 und bis 2005 auf 2,5 Prozent des BIP angehoben wird. Das schaue ich mir an! Schade, dass dieses Ziel so weit entfernt ist, denn um auch nur die 2 Prozent nächstes Jahr zu erreichen, Herr Kollege Khol, immerhin auch Universitätsprofessor (


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
59. Sitzung / Seite 22

Abg. Dr. Khol: Außer Dienst! Ohne Gage!), müssten die Forschungsausgaben des Unternehmenssektors um die Hälfte ansteigen verglichen mit den letzten Jahren.

Das ist Forschungspolitik, Wissenschaftspolitik beruhend auf dem Prinzip Hoffnung, aber realistisch ist das nicht. Es ist in keiner Weise dafür vorgesorgt und abzusehen, dass diese vom Finanzminister angepeilte so genannte Forschungsquote nächstes Jahr erreicht werden kann und erreicht werden wird. Er hat ja auch in keiner Weise dafür vorgesorgt, die gesamte Bundesregierung hat dafür nicht vorgesorgt, dass der Unternehmenssektor seine Forschungsausgaben entsprechend erhöht. In dürren Zahlen ausgedrückt: Der Unternehmenssektor müsste binnen eines Jahres mindestens 12 Milliarden Schilling mehr in Forschung investieren, mehr für Forschung ausgeben, als er es bisher getan hat. Und da frage ich Sie: Das ist realistische Forschungspolitik?

Ich messe Sie ja nur an Ihren eigenen Zielen, wobei wir alle das Ziel teilen. Es hat schon vor zwei Jahren einen, glaube ich, einstimmigen Beschluss – ich weiß nicht, ob die Freiheitlichen dafür gestimmt haben –, jedenfalls einen Beschluss des Industrieausschusses gegeben, der die entsprechende Erhöhung der Forschungsausgaben als Ziel ins Auge gefasst hat. Die Realität entspricht dem nicht. (Abg. Mag. Trattner: 7 Milliarden zusätzlich!) Die 7 Milliarden! Ich wusste ja, dass diese Zahl einmal fallen wird. Die 7 Milliarden Schilling sind heuer als Rücklage dotiert. Die sind in unseren Zahlen schon inkludiert, wobei wir uns erlaubt haben, die 7 Milliarden Schilling, die ja für drei Jahre vorgesehen sind und nicht für ein Jahr, auf die drei Jahre 2001, 2002 und 2003 anteilig aufzuteilen. In den Zahlen, die Sie vorliegen haben, sind diese sagenhaften 7 Milliarden drinnen, und trotzdem – trotzdem! – ergibt sich dieses deprimierende Bild.

Wir haben die Zahlen nicht verändert, meine Kollegen und Kolleginnen von ÖVP und FPÖ! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.) Wir verwenden ausschließlich die offiziellen Daten des Finanzministeriums. An denen wurde nichts verändert.

Und abschließend: Zu Beginn meiner Ausführungen habe ich den Zwischenruf "Wahlkampf" gehört, Wahlkampf sei speziell in Wien. (Abg. Wenitsch: An Ihrer Rede merkt man das nicht! – Heiterkeit bei den Freiheitlichen.) Na klar ist Wahlkampf, was denn sonst? Ist es illegitim, in einem Wahlkampf die zentralen Fragen zu thematisieren, denen die FPÖ nur fröhliches Gelächter widmet, nämlich Zukunftsinvestitionen, Bildung, Wissenschaft und Forschung? Halten Sie es für illegitim, das jetzt zu thematisieren?

Es ist nicht die Schuld der Grünen, dass die Eltern verzweifelt und verärgert sind. Es ist nicht die Schuld der Grünen, dass die LehrerInnen und DirektorInnen verunsichert sind und schlicht und einfach keine Auskunft geben können.

Es ist nicht die Schuld der Grünen, dass an den Universitäten der Zorn kocht, von den Studenten, von den Studierenden bis hin zu den Professoren. – Das haben Sie zu verantworten, Sie von der ÖVP und von der FPÖ! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich würde Ihnen dringend raten: Gehen Sie an die Schulen – an die Pflichtschulen und an andere –, gehen Sie an die Universitäten und reden Sie mit den Betroffenen! Erkundigen Sie sich vor Ort, wie die Situation wirklich ausschaut, und vielleicht können wir dann über eine Bildungsoffensive, eine Forschungsoffensive, eine Wissenschaftsoffensive reden, die diesen Namen tatsächlich verdient. Bisher habe ich davon in Budgetdaten nichts gesehen, und leider, muss ich sagen, habe ich, insbesondere von Seiten der FPÖ, heute nur Gelächter gehört. Das ist wirklich traurig, das ist beschämend. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Abg. Dr. Khol: Eine schwache Rede! – Abg. Ing. Westenthaler: Das war eine Sondersitzung wert!)

15.21

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zur Abgabe einer Stellungnahme zum Thema des Dringlichen Antrages gelangt die Frau Bundesministerin zu Wort.

Ich darf Sie informieren: Nach den Bestimmungen der Geschäftsordnung soll die Redezeit 20 Minuten nicht überschreiten. Nach einer Vereinbarung in der Präsidialkonferenz wird die Redezeit von Regierungsmitgliedern in den nächsten zwei Stunden 25 Minuten insgesamt nicht überschreiten. – Bitte, Frau Bundesministerin.

15.22

Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Bildung ist ein ganz wichtiger Bestandteil von Politik, und, Herr Kollege Van der Bellen, ich erachte es durchaus für richtig, dass sowohl in Wahlkampfzeiten als auch in Nicht-Wahlkampfzeiten über Bildung diskutiert wird, Bildungsangebote hinterfragt werden, Bildungsangebote im Zentrum unserer Diskussion stehen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Es ist bei der letzten Sitzung der Bildungsminister der Europäischen Union die Frage im Zentrum gestanden: Welche besonderen Akzente kann die Europäische Union im Bildungsbereich setzen? Dies wird auch ein sehr wichtiger Punkt beim Allgemeinen Rat in Stockholm sein. Ich meine nur, man sollte gerade im Bereich der Bildung alles vermeiden, was Menschen verunsichert: Schüler verunsichert, Eltern verunsichert, Lehrer verunsichert. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich meine, man sollte auch das Budget richtig lesen. Natürlich kann man Zahlenmaterial so oder so auslegen, aber wir haben 109 Milliarden Schilling für Bildung. 109 Milliarden Schilling! Das ist so viel, wie wir an Zinsen für die Schulden zu zahlen haben, und Sie werden ja nicht wollen, dass wir uns weiter verschulden, Herr Kollege Van der Bellen. (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich habe sehr genau Ihrer Rede zugehört, aber ich habe nicht gehört, dass Sie auch nur einen einzigen Weg aufgezeigt hätten, wie das zusätzliche Bildungsaufkommen bewältigt werden soll. Es ist die Aufgabe dieser Regierung, sparsam und vernünftig mit den Ressourcen umzugehen, die Gelder der Steuerzahler so einzusetzen, dass wir den größten, den optimalen Nutzen auch im Bildungsbereich haben. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich möchte Ihnen anhand eines Beispiels aufzeigen, dass das Zahlenmaterial, das Sie uns liefern, einfach nicht ganz der wirklichen Tendenz entspricht. Sie haben gesagt, der Anteil der Bildung am Bruttoinlandsprodukt sei zurückgegangen. – Wenn wir es uns aber näher anschauen, sehen wir, es ist das gesamte Budget am Bruttoinlandsprodukt gemessen zurückgegangen, weil wir weniger Schulden machen, weil wir sparsamer sind, weil wir mit den Steuergeldern verantwortlich umgehen! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! So ist es natürlich auch mit den anderen Zahlen, die in diesem Antrag genannt werden: Sie sind immer so tendenziös, so, dass sie eben nicht gerade falsch, aber auch nicht richtig sind.

Nun möchte ich zu den einzelnen Anträgen kommen, die Sie gestellt haben: Die ersten drei Anträge beziehen sich auf den Pflichtschullehrer-Bereich, meine Damen und Herren. Herr Kollege Van der Bellen, Sie haben hier davon gesprochen, wie schrecklich das sei, dass niemand wisse, was im Herbst sein werde. Besonders in Wien sei es so besonders schrecklich. In anderen Bundesländern geht es scheinbar besser – dort ist nämlich kein Wahlkampf. (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Sie haben vielleicht den Brief des Stadtschulrates nicht gelesen, der den Schulen mitgeteilt hat, dass die notwendigen Ressourcen zugeteilt werden. Sie haben auch die Werbeartikel im


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
59. Sitzung / Seite 23

"Kurier" nicht gelesen, wo drinnen gestanden ist, was alles an den Pflichtschulen Wiens angeboten werden wird. – Und ich sage Ihnen: In Wien gibt es derzeit etwa 100 000 Schüler und Schülerinnen im Pflichtschulbereich, und die werden auch in Zukunft von 10 000 Lehrern und Lehrerinnen unterrichtet. Das ist ein Verhältnis 1 : 10 – und damit sind wir europaweit Spitze! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Sie haben von Verunsicherung gesprochen. – Meine Damen und Herren! Es haben alle, die Verunsicherung weitertragen, eine ganz große Verantwortung. Ich frage Sie: Was soll man davon halten, was sollen Eltern davon halten, wenn in einem Internet-Forum, auf einer Homepage von der österreichischen Lehrerinitiative, die normalerweise den Grünen zugezählt wird, seit Jänner ein Aufruf an alle Lehrer verschickt wird, Arbeiten zu verweigern? (Abg. Dr. Stummvoll: Unglaublich! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Es wird darin den Lehrern und Lehrerinnen empfohlen: Verzicht auf Schulveranstaltungen beziehungsweise schulbezogene Veranstaltungen, wie Projektwochen, Sportwochen, Sprachwochen, Exkursionen, Wettkämpfe, Theaterbesuche, Schulaufführungen. (Abg. Dr. Stummvoll: Das ist ein Skandal!) Es heißt darin: Aussetzen von Bestellungen für Lehrmittel durch Kustoden – die zwar ein Kustodiat haben, für das sie bezahlt werden, aber die sollen das aussetzen. Es wird darin empfohlen: gezielte Krankmeldungen der Pragmatisierten auf Grund akuter Kreislaufschwäche beim Anblick des Gehaltszettels. (Rufe bei der ÖVP: Ungeheuerlich!)

Ich stelle fest, dass Bundeslehrer, denen das auch empfohlen wird, an Gymnasien, an weiterführenden Schulen, zwischen 24 000 S und 56 000 S brutto verdienen – Bundeslehrer und Bundeslehrerinnen –, und das ist wirklich ein Einkommen, für das man sich in Österreich nicht schämen muss. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Es sei noch angemerkt, dass dieses Einkommen natürlich ohne Zulagen ist bei Bundeslehrern: Gymnasium, AHS.

Und es wird empfohlen, keine Elterninformationen zu geben, kein Frühwarnsystem zu machen, keine Elternsprechtage abzuhalten. – Meine Damen und Herren! Das ist Verunsicherung, und dafür sind diejenigen verantwortlich, die das zulassen, fördern und unterstützen! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Gerade im Pflichtschulbereich werden alle notwendigen Maßnahmen erfolgen, wie Integration, zusätzliche Förderung von Kindern mit nichtdeutscher Muttersprache, Heilstättenschulen; diese sind in den Dienstpostenplänen drinnen. Es kann mir aber wirklich niemand erklären, warum zum Beispiel bis jetzt in Niederösterreich in der Volksschule auf einen Lehrer 14,3 Schüler kommen, in Wien 12,9 und im Burgenland 11,8. Das ist doch ungerecht! Wir wollen mehr Gerechtigkeit, und deswegen wird es gemeinsame Verhältniszahlen geben. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Zu Ihrem Antrag "Rascher Ausbau der IT-Arbeitsplätze in Schulen": Wir haben an Österreichs Schulen europaweit die meisten Computer. Wir haben zusätzliche Angebote geschaffen: Es werden an unseren Schulen bis 2003 nicht 20 000 Absolventen Grundkenntnisse in den neuen Technologien haben, sondern 30 000 Absolventen – wir haben vorgesorgt! –, es werden dreimal so viele Absolventen wie bisher aus den Fachhochschulen, aus den Universitäten in diesen Bereichen geschult werden. Wir haben die neuen Lehrstühle eingerichtet – für Informatik-Management, für das Informatik-Lehramt –, und die Hälfte der heuer bewilligten Studiengänge an Fachhochschulen bieten diesen Schwerpunkt an. Wir bilden die jungen Leute aus! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Weitere Punkte Ihres Antrages beziehen sich auf die Streichung der Studiengebühren, eine Ausweitung des Bezieherkreises von und eine Erhöhung der Studienbeihilfen.

Das haben wir schon gemacht! Die Zahl der Bezieher von Studienbeihilfen ist von 30 000 auf 45 000 ausgeweitet worden. Die Studienbeihilfen haben 1999 ein Budget von 1,5 Milliarden Schilling ausgemacht. Sie werden im Jahre 2002 ein Budget von 2 Milliarden haben.


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
59. Sitzung / Seite 24

Wir haben also all diese Erhöhungen bereits vorgenommen und können mit gutem Gewissen sagen: Wer studieren kann, wer dazu fähig ist, wer die Voraussetzungen dafür aufweist, der kann in Österreich studieren und bekommt jede finanzielle Unterstützung. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Zu den nächsten Punkten Ihres Antrages, zum Bereich Universität – Universitätsreform, Reform des Dienstrechtes.

Meine Damen und Herren! Wenn wir uns internationale Entwicklungen anschauen, dann sehen wir ganz klar, dass die Entwicklung überall in Richtung eines modernen, flexiblen Dienstrechtes geht, dass die Entwicklung überall in Richtung selbständiger Universitäten mit Globalbudgetierung geht. Ich verstehe wirklich nicht, warum gerade die Grünen den jungen Menschen, die jetzt studieren, jede Chance nehmen wollen, einmal wissenschaftlich zu arbeiten, indem sie nämlich verlangen, dass alle Posten fix besetzt werden. (Abg. Dr. Van der Bellen: Wer verlangt das?) Das ist doch keine Zukunftsinnovation! (Abg. Dr. Van der Bellen: Ich verlange das nicht!) Das ist doch überhaupt kein Blick in die Zukunft! (Abg. Dr. Puttinger: Genau das wollen die Grünen ja nicht!)

Wir wollen keine geschlossenen Universitätslehrerlaufbahnen! Sehr wohl aber wollen wir Dauerstellungen für Professoren, damit wir die besten Köpfe in unserem Land haben! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wir wollen keine geschlossenen Laufbahnen, aber durchgängige Karrieren ermöglichen, und zwar mit Qualitätsevaluierung. Alle sollen die Chance haben, in eine neue Aufgabe an der Hochschule einzusteigen. Aber Voraussetzung dafür ist eine genaue Evaluierung und Feststellung der Qualität. Das muss das neue Dienstrecht gewährleisten: Chancen für Junge, damit diese ebenfalls in eine wissenschaftliche Laufbahn einsteigen wollen und können. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Moderne Universität heißt: mehr selber entscheiden, mehr selber verantworten im Rahmen von Zielvereinbarungen, im Rahmen eines Globalbudgets, im Rahmen von vorgeschriebener Evaluierung und Qualitätssicherung, aber auch die Erstellung eines Datawarehouse, in dem genau festgehalten wird, welche Entwicklungen die Universitäten nehmen, wie es mit dem Personalstand aussieht.

Zu dem Beispiel, das Sie, Herr Professor Van der Bellen, von Ihrer Universität erwähnt haben: Sie wissen wahrscheinlich aus Ihrer Zeit noch sehr genau, dass bereits im Jahre 1993 ein Drittel dieser Stellen nicht besetzt waren, weil man für diesen Bereich in Hinsicht auf moderne Technologien so schwer Professoren findet. Jetzt sind schon einige Stellen besetzt. Und Sie wissen auch ganz genau, dass dafür Assistenten angestellt wurden. Das liegt in der Entscheidungsfreiheit der Universitäten, welche wir ja nicht beschneiden wollen! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

In Bezug auf den Forschungsbereich ist es eine Tatsache, dass diese Regierung als erste Regierung 7 Milliarden Schilling für die Forschung zur Verfügung stellt, und zwar aus dem Erlös von Privatisierungen. Das ist der zukunftsorientierte Weg! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Diese Bundesregierung hat sich die Sanierung des Budgets als erstes Ziel gesetzt. Jetzt kommen die wichtigen Reformen und die Schwerpunktsetzungen. (Ruf bei der SPÖ: Und die Belastungen!) Wir wollen reformieren, damit wir dieses Budgetziel erreichen.

Gleichzeitig wollen wir mit dem Erlös dieser Mühen Schwerpunkte setzen. Einer davon ist der ganz wichtige soziale und gesellschaftspolitische Schwerpunkt Kinderbetreuungsgeld (Zwischenruf des Abg. Edler ), in den wir 9 Milliarden Schilling mehr investieren. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
59. Sitzung / Seite 25

Der zweite ganz wichtige Schwerpunkt ist die Bildung, in die wir 8 Milliarden Schilling mehr investieren. Und der dritte Schwerpunkt ist die Forschung, in die wir 7 Milliarden Schilling mehr investieren.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen von der grünen Fraktion! Diese Bildungsoffensive findet statt, auch wenn sie Herr Professor Van der Bellen nicht bemerkt! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

15.35

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich danke der Frau Bundesministerin für ihre Stellungnahme zum Gegenstand des Dringlichen Antrages.

Wir gehen jetzt in die Debatte ein.

Gemäß den Bestimmungen der Geschäftsordnung hat jede Fraktion eine Gesamtredezeit von 25 Minuten. Wir haben aber folgende Vereinbarung getroffen: Eine erste Rednerrunde sieht pro Fraktion eine Redezeit mit einer Obergrenze von 10 Minuten vor, in einer zweiten Rednerrunde wird jeder Redner eine Redezeit von je 6 Minuten haben.

In diesem Sinne gelangt nun Herr Abgeordneter Brosz mit einer Redezeit von 10 Minuten zu Wort. – Bitte. (Zwischenruf des Abg. Mag. Schweitzer.  – Abg. Mag. Kukacka  – in Richtung des bereits an das Rednerpult getretenen Abg. Brosz –: Drogenexperte! – Ruf bei der ÖVP: Drogen an die Schulen!)

15.36

Abgeordneter Dieter Brosz (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Frau Bildungsministerin! Während Ihrer Rede habe ich mir gedacht: Hier im Hohen Haus können Sie das ja leicht machen: Es sitzen da Abgeordnete der Regierungsparteien, die von Beginn dieser Debatte über den Dringlichen Antrag in der Regel nichts anderes zu tun gehabt haben als hereinzuschreien und sich nicht einmal angehört haben, um was es geht. (Abg. Ing. Westenthaler: Weil es so schwach ist!) Hier in diesem Saal können Sie von Verunsicherung sprechen, die wir, die Grünen, die Opposition, angeblich ausüben, aber draußen, bei den Leuten, wird Ihnen das nicht gelingen, denn die wissen, was sich abspielt! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Vielleicht können Sie sich an ein Zitat erinnern, das von Ihnen selbst stammt. Von "NEWS" wurden Sie gefragt, wie sich denn die Einsparungen im Bildungsbereich an den Schulen auswirken werden. Sie haben geantwortet: "Ich weiß das nicht." – Wörtliches Zitat!

Jetzt frage ich Sie: Wer verunsichert denn da, wenn eine Bildungsministerin auf konkrete Fragen nicht sagen kann, wie sich die Milliarden – denn es geht hier um Milliarden Schilling –, die in ihrem Bereich fehlen, auswirken werden?

Ich werde Ihnen einmal ein paar Dinge zeigen. Schauen Sie sich das an! (Der Redner hält die Kopie eines Zeitungsartikels in die Höhe.) Das habe nicht ich geschrieben! Es stammt aus dem "Kurier": "Schüler werden wegrationalisiert." Ich kann Ihnen auch sagen, was in diesem Artikel steht: In einem Badener Gymnasium – nicht Wien, also kein Wahlkampf; nächste Gemeinderatswahl erst 2004, glaube ich, oder sogar 2005, da haben wir noch Zeit – werden Schüler "wegrationalisiert". Der Punkt ist, dass ein Gymnasium, an dem genügend Plätze zur Verfügung stehen würden, an dem es auch genügend Lehrer geben würde, zig Schüler abgewiesen hat, und zwar mit der Begründung, dass es eine Anordnung des Landes gäbe, derzufolge es "im kommenden Schuljahr nicht mehr Klassen" geben dürfe "als heuer". Laut Direktorin stünden Räume und Lehrer zur Verfügung, aber leider: Wir können nicht!

Jetzt frage ich Sie: Verunsichern wir? Wer ist dafür verantwortlich? Ist das die Opposition, oder sind das Sie mit Ihrer Politik? (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Frau Bildungsministerin! Sie haben in der vorigen Regierung doch den Ruf gehabt, dass Ihnen Bildungspolitik etwas wert ist. Am Anfang dieser Legislaturperiode haben Sie noch versucht,


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
59. Sitzung / Seite 26

gewissermaßen als Puffer zu wirken. Ich möchte nur ein paar Ihrer eigenen Zitate aus der APA bringen:

8. März 2000: Es wird keine Kürzungen und keinen Aufnahmestopp für Lehrer an Schulen und Lehrende an Universitäten geben. – Das war vor gut einem Jahr!

Am 12. Mai haben Sie wiederholt: Keine Einsparpläne bei den Lehrern.

Am 21. Juni: Es werde zu keinen Einschnitten bei den Lehrergehältern kommen.

Dann kam dieses berühmte Spiel mit dem Finanzminister.

Ich sagen Ihnen: Das ist Ihr Versagen in dieser Bundesregierung! (Beifall bei den Grünen.)

Sie haben sich die Bildungspolitik des Herrn Westenthaler, des Herrn Schweitzer und des Herrn Grasser aufoktroyieren lassen. (Abg. Ing. Westenthaler: Nehmen Sie das zurück!) Sie haben das, was jetzt passiert, einfach Stück für Stück zugelassen.

Das kann man auch schön nachvollziehen. Zwei Monate später heißt es nämlich auf einmal: Gehrer sagt, durch Strukturmaßnahmen seien höchstens 2,8 bis 3 Milliarden Schilling einsparbar. – Auf einmal geht es also! Zunächst haben Sie gesagt, diese Einsparungen würden Sie verhindern, und dann ging es doch. Grasser hat Druck gemacht, Sie haben Stück für Stück nachgegeben, leider! (Beifall bei den Grünen.)

Wenn man mit den Leuten in den Schulen redet, wenn man sich die E-Mails anschaut, bei denen Sie ja vorhin wieder von Verunsicherung gesprochen haben, dann schauen Sie sich doch an, welche konkreten Maßnahmen stattfinden! Da geht es ja nicht um Dinge, die nicht fassbar sind, sondern da geht es um Folgendes – und man kann es aus mehreren Blickwinkeln betrachten –:

Der eine Punkt ist: Bei den Lehrern an sich wird massiv eingespart. LehrerInnen werden, abgesehen davon, dass sie länger in den Klassen unterrichten müssen, zusätzlich Gehaltseinbußen in beträchtlicher Höhe zur Kenntnis nehmen müssen. Das ist eine klare Einsparmaßnahme.

Ich finde es daher besonders zynisch, wenn Kollege Schweitzer, der ja schon mehrmals erwähnt wurde – jetzt ist er hinausgegangen, na ja, wie üblich! –, laut APA behauptet, die LehrerInnen hätten ein Dienstrecht bekommen, das zahlreiche Vorteile habe. – Na super, die werden Ihnen das wirklich abnehmen, die brauchen nur auf ihren Gehaltszettel zu schauen, die brauchen nur zu schauen, wie lange sie unterrichten müssen, die brauchen nur zu schauen, wie sich ihre Rahmenbedingungen verändern, dass nämlich die Klassenschülerzahlen massiv steigen werden! Und Sie von den Regierungsparteien verhöhnen die Lehrer dann noch, Sie verhöhnen sie, indem Sie sagen: Super, danke, ihr nehmt das alles zur Kenntnis!

Wenn es dann Widerstand gibt – den man sich ja in den einzelnen Punkten anschauen kann, Maßnahmen, die man versuchen sollte zu verhindern –, dann stellen Sie, Frau Ministerin, sich nicht mehr hin und sagen, dass Sie das verteidigen, was die Lehrer wollen, nämlich adäquate Unterrichtspolitik, adäquaten Unterricht an den Schulen. Sie haben mittlerweile den Schritt in die andere Richtung gemacht: Sie stellen die Lehrer so dar, wie sie von der anderen Regierungspartei, der FPÖ, schon immer dargestellt worden sind.

Ich möchte nur an die schönen Worte des Herrn Landeshauptmannes von Kärnten erinnern, der von "parasitären Elementen" im Bildungssystem gesprochen hat. Von Ihnen als Bildungsministerin würde ich mir erwarten, dass Sie Stellung dazu nehmen, dass Sie hier wirklich dagegen auftreten, damit das nicht möglich ist. Mittlerweile geht das Arm in Arm, FPÖ/ÖVP, wunderbar! Sie hängen den Lehrern Verunsicherung um, anstatt dass Sie hier wirklich für eine qualitativ hochwertige Bildung eintreten. Das ist die Enttäuschung, die Sie verursacht haben. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
59. Sitzung / Seite 27

Und dann sagen Sie, dass wir verunsichern! Bin ich der Landesschulrat von Niederösterreich? – Ich glaube es nicht. (Ruf bei der ÖVP: Gott sei Dank!) Vielleicht haben Sie mir einen Job gegeben, ohne es mir mitzuteilen.

Der Landesschulrat von Niederösterreich gibt bekannt: Im nächsten Jahr wird es 100 Klassen geben, die jahrgangsübergreifend geführt werden – aus Einspargründen!

Wissen Sie, was das heißt? – Das ist eine Maßnahme, über die man in pädagogischer Hinsicht sicherlich nachdenken kann. In Wien gibt es das jetzt schon in Form von übergreifenden Volksschulen, aber dort gibt es jeweils eine zweite Lehrkraft – in der Regel eine zweite Lehrerin –, die dafür sorgt, dass das pädagogisch sinnvoll ablaufen kann.

Aber was machen Sie mit Ihren Maßnahmen? – Es wird diese zweiten Lehrkräfte nicht mehr geben. Es wird dritte und vierte Volksschulklassen geben, die gemeinsam unterrichtet werden, ohne entsprechende Rahmenbedingungen, ohne zusätzliche Maßnahmen. Das ist Bildungsqualität, die aus unserer Sicht eigentlich vorbei sein sollte!

Bei ländlichen Kleinschulen wird der Sparstift angesetzt. Sie sagen dazu immer: Das ist Sache der Länder! – Schauen Sie, was im Schulunterrichtsgesetz steht! Ich weiß es, ich habe es mir angeschaut, Sie werden es auch wissen. Darin steht: Wenn die erforderlichen Zahlen unterschritten werden, dann entscheidet der Landesschulrat, ob diese Schulen weiterbestehen oder nicht. – Ja, aber womit soll denn der Landesschulrat diese Schulen finanzieren, wenn das Geld weg ist? Verteilt werden kann ja wohl nur das, was zur Verteilung ansteht. Und Sie wissen genau, dass Sie diese Maßnahmen eigentlich provozieren. Es bleibt nichts anderes übrig, als dass das passiert.

Zu den Zusatzangeboten an den Schulen – ich kann das nur in einem Bild ausdrücken –: Wenn ich mit Ihnen spreche oder Ihren Sektionschefs aus dem Ministerium, die ja immer wieder bei Podiumsdiskussionsveranstaltungen auftreten, zuhöre, habe ich manchmal den Eindruck, dass es eine riesige Käseglocke über dem Minoritenplatz gibt, durch die nichts von dem, was sich in der Realität abspielt, ins Ministerium hineindringt.

Sie sagen: Alles wird aufrechterhalten, auch die unverbindlichen Übungen, der Integrationsunterricht! – Ja schauen Sie es sich doch bitte an! Gehen Sie in die Schulen, fragen Sie, schauen Sie sich an, was konkret passiert! Diese berühmten unverbindlichen Übungen gibt es ja jetzt schon in vielen Bereichen nicht mehr. Meine diesbezügliche Prognose lautet: Es wird in ein paar Jahren ein Relikt, eine Reminiszenz an eine vergangene Bildungspolitik sein, dass es so etwas überhaupt einmal gegeben hat, dass man nicht nur von Lerngegenständen sprach, sondern auch von anderen Angeboten.

All das wird Stück für Stück abgebaut, und dafür tragen Sie die Verantwortung! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Frau Bundesministerin! Sie sind immer wieder auf den Wahlkampf in der Bildungspolitik zu sprechen gekommen. Es gibt eine Partei, die auf wirklich schandhafte Weise die Bildungspolitik in einen Wahlkampf hineingezogen hat, und Sie wissen, wo diese Partei sitzt (der Redner deutet auf die rechte Seite des Saales), nämlich da drüben.

Ich erinnere Sie an die letzten Wiener Landtagswahlen. Da gab es eine Partei, die auf Plakaten, in Broschüren behauptet hat, dass Schüler in Wien gezwungen werden, seitenweise fremdsprachige Texte zu lernen. Das ist von dieser Seite gekommen. (Der Redner deutet nochmals auf die rechte Seite des Saales.) Sie wissen das. Und ich habe mir, nachdem auch jemand aus dieser Fraktion einmal unvorsichtigerweise damit gewachelt hat, dieses Buch besorgt und mir angeschaut, was darin wirklich steht.

Wissen Sie, was darin steht? (Der Redner hält ein Büchlein mit dem Titel "Lesefuchs 2" in die Höhe.)  – Neben jeder Menge anderer Texte – "Ihr Kinderlein kommet" habe ich gerade aufgeschlagen, das wird Ihnen wahrscheinlich gefallen – gibt es darin Schilderungen von Urlaubserlebnissen: "Maxi und Izzedin" treffen sich in der Türkei. Es wird erzählt, was "Guten Morgen"


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
59. Sitzung / Seite 28

auf Deutsch und auf Türkisch heißt. – Das war es, was Sie herangezogen haben! Das waren die von Ihnen erwähnten seitenlangen türkischen und serbokroatischen Texte.

Jetzt frage ich Sie: Ist das so furchtbar, wenn ein österreichisches Kind auch weiß, was "Guten Morgen" auf Türkisch oder Serbokroatisch heißt? (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Frau Bundesministerin! Wenn Sie mit dieser Fraktion weiter Bildungspolitik machen, dann haben Sie unseren Widerstand auch in Zukunft zu erwarten. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

15.46

Präsident Dr. Heinz Fischer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Dr. Gusenbauer zu Wort. Redezeit ebenfalls 10 Minuten. – Bitte. (Abg. Achatz  – in Richtung Grüne –: Widerstand! Widerstand! – Abg. Dr. Martin Graf: Wir wollen, dass unsere Kinder Englisch, Französisch, Spanisch lernen! – Abg. Ing. Westenthaler: Einmal eine Rede ohne Ordnungsruf, Herr Gusenbauer!)

15.46

Abgeordneter Dr. Alfred Gusenbauer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Frau Bundesministerin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube, es ist wichtig, dass sich heute der Nationalrat in einer Sondersitzung mit dem zentralen Thema unserer Zeit beschäftigt, nämlich mit der Zukunftssicherung. Und die Zukunftssicherung unserer Gesellschaft ist nun einmal die Bildungspolitik, sie hat daher das zentrale gesellschaftspolitische Anliegen zu sein! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Frau Bundesministerin! Über welches Bildungssystem haben Sie gesprochen, als Sie heute Ihre Darstellungen beziehungsweise Ihre Wahrnehmungen präsentiert haben? Jeden Tag wird man von Eltern mit Mängeln in unserem Bildungssystem konfrontiert. Zu mir kommen Eltern, die darauf verweisen, dass ihre Kinder keinen Platz an einer HTL bekommen. Es kommen Eltern zu mir, die mir davon berichten, das es keine Plätze an den Fachhochschulen gibt. Und ich höre täglich, dass die erforderlichen Mittel für die Ausbildung von IT-Arbeits- und -Fachkräften nicht vorhanden sind.

Das sind die Mängel, die wir gemeinsam beseitigen sollten, statt hier im Hohen Haus zu polemisieren, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Aber Sie, Frau Ministerin, haben sich offensichtlich von jener Art des Umgangs mit Bildung, wie sie von der Freiheitlichen Partei gepflogen wird, beeindrucken lassen! Herr Alt-Parteiobmann Haider hat Lehrer teilweise als "parasitäre Elemente" betrachtet, es hat eine wahre Hatz auf Lehrer gegeben – und von dieser Art der Diskussion sind Sie offensichtlich nicht unbeeindruckt geblieben. Sehr verehrte Frau Bundesministerin, von Ihnen würden wir uns erwarten, dass Sie die Anwältin der Bildung sind, aber nicht eine Handlangerin des Bildungsabbaus! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Zu den Zahlenspielen, die Sie gebracht haben, müssen wir uns doch eine zentrale Frage stellen: Die österreichische Gesellschaft wird in Zeiten des Wirtschaftswachstums immer reicher. Ist dieser Reichtum der Gesellschaft für die Zukunft gesichert, und gibt es dadurch für den Einzelnen in Zukunft mehr Chancen? Und der Hebel für allgemeinen Reichtum wie auch der Hebel für die Chancen jedes Einzelnen liegen nun einmal in der Bildung! Daher sollte eine reichere Gesellschaft mehr für Bildung ausgeben und nicht weniger, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Im Prinzip betrifft das die gesamte Palette der Bildung. Herr Professor Van der Bellen hat darauf hingewiesen, wie wichtig die Ausbildung in den Volksschulen ist und dass das, was dort versäumt wird, später nicht mehr nachzuholen ist. Es wäre dem hinzuzufügen, dass wir uns selbstverständlich nicht nur um die HTLs und höheren Schulen, sondern auch – und gerade in Anbetracht Ihrer Ausführungen über IT-Fachkräfte – um die Berufsschulen kümmern müssen.


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
59. Sitzung / Seite 29

Sehr verehrte Frau Ministerin, die Sie von der großen Initiative in diesem Bereich reden: Wie erklären Sie sich, dass von über 160 österreichischen Berufsschulen nur 30 eine Ausbildung für den so genannten europäischen Computerführerschein, sprich grundsätzliche Qualifikationen, auch was die Anwendung von EDV betrifft, anbieten? Gerade hier in der Facharbeit wird es notwendig sein, die Qualifikation und die Kenntnisse der jungen österreichischen Facharbeiter zu verbessern, wenn wir auch weiterhin international konkurrenzfähig sein wollen. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Da heute schon viel über die Lehrerinnen und Lehrer gesprochen wurde: Ich lege darauf Wert, dass unsere Kinder in einer stressfreien Umgebung die beste Ausbildung erhalten. Ich glaube nicht, dass es ein guter Beitrag ist, wenn man die Lehrer jeden Tag durch die Kürzung der Zahl von Planstellen unter Druck setzt, wenn man sie materiell unter Druck setzt, indem man den Vertragslehrern, die im Übrigen nicht nur Junge sind, sondern auch Personen bis zu einem Alter von 40 Jahren, ganz massive Gehaltskürzungen androht.

Lehrer sein ist einer der wichtigsten Dienste an unserer Gesellschaft, und ich lehne es ab, dass die Lehrerinnen und Lehrer in Österreich so unter Druck gesetzt werden, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Sie haben Ihr gesellschaftspolitisches Credo heute präsentiert: Sie haben gesagt, die Einführung des Kinderbetreuungsgeldes und das Nulldefizit haben absolute Priorität.

Wir sind der Meinung: Diesen Prioritäten darf die Bildung unserer Jugend nicht geopfert werden, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Für jedes Kleinkind, das älter als drei Jahre ist, stellt sich doch irgendwann die Frage: Wie schaut es mit den Chancen aus? Welche Bildung bekomme ich in der Volksschule? Welche höheren Schulen stehen mir zur Verfügung und zu welchen materiellen Bedingungen? Und eines ist heute schon klar: Reiche Gesellschaften werden in Zukunft nur solche sein, die einen Großteil ihrer Bevölkerung mit der höchstmöglichen Qualifikation versorgen. Das werden die reichen Gesellschaften sein!

Heute bei der Bildung zu sparen heißt an der Zukunft unseres Landes und an der Zukunft unserer Kinder zu sparen, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Das heißt, Sie leben in einem Widerspruch zwischen Ihren Lieblingswahlversprechen und dem, was für die Zukunft unseres Landes wirklich notwendig ist. (Abg. Mag. Schweitzer: Also was?) Und diesen Widerspruch lösen Sie auf, indem Sie den Druck auf die Lehrer verstärken, indem Sie die Bildungsmöglichkeiten für unsere Kinder einschränken und indem Sie die sozialen Barrieren für den Zugang zu den Universitäten erhöhen. Das, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist aber keine Auflösung des Widerspruches im Sinne der österreichischen Bevölkerung, sondern das ist parteipolitisch orientierte Regierungspolitik. Kehren Sie zurück zu einer Politik für unser Land, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Wir haben bei der ersten Lesung des Budgets einen Konsens darüber erzielt, dass Bildungspolitik absolute Priorität hat. Wir haben einen Konsens darüber erzielt, dass Forschung und Entwicklung im Zentrum zu stehen haben. Die Oppositionsparteien haben Ihnen Unterstützung dafür zugesichert, das, was Sie als Lippenbekenntnisse bekannt gegeben haben, auch in die Realität umzusetzen.

Die Budgetzahlen besagen bisher das Gegenteil. Heute, Frau Ministerin, tun Sie so, als ob Ihre Budgetzahlen eine Erfüllung der bildungspolitischen Prioritäten wären. Das ist nicht nur unglaubwürdig, sondern das verlässt den Konsens, den wir hier im Hohen Haus erzielt haben, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Bildung darf kein Lippenbekenntnis sein, und zwar gerade in diesem Hohen Haus, in dem es eine große Zahl von Akademikerinnen und Akademikern gibt, eine große Zahl von Menschen,


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
59. Sitzung / Seite 30

die in der Vergangenheit selbst eine höhere Bildung erlangt haben, weil alle arbeitenden Menschen in diesem Land mit ihren Steuergeldern diese höhere Bildung ermöglicht haben. Es wäre unsere gemeinsame Verantwortung, das Privileg, das wir alle selbstverständlich in Anspruch genommen haben, nämlich einen Gratiszugang zu höherer Bildung, auch der zukünftigen Generation zu gewähren, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Bravorufe bei der SPÖ.)

Daher mein abschließender Appell, Frau Bundesministerin: Sie haben eine Chance, das Budget geht in eine zweite Lesung, die Bildungsbudgets können verändert werden. Nehmen Sie Ihre Funktion wahr! Werden Sie zur Anwältin der Bildung und nicht zur Handlangerin des Bildungsabbaus! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

15.56

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Brinek. Redezeit: 10 Minuten. – Bitte.

15.56

Abgeordnete Dr. Gertrude Brinek (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Es ist Wahlkampf – und es wird über Bildung gesprochen.

Ist das legitim?, hat Kollege Alexander Van der Bellen gefragt. – Ja, es ist legitim! Aber es ist die Frage, auf welche Weise und in welchem Grad von Solidität darüber gesprochen wird. Ich bin der Meinung – mit Blick auf meinen Vorredner –: Altbekannte ideologische Phrasen bringen uns in diesem Zusammenhang nicht weiter! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Ich habe bisher keinen einzige konstruktiven Vorschlag gehört! – Aber zurück zum Antragsteller Van der Bellen. Ich frage ihn als Hochschullehrer: Gehört zur redlichen Diskussion, zum soliden Reden über Bildung nicht auch eine gewisse Tugendhaftigkeit, nämlich sauber und fair zu argumentieren? Ich versuche mich als Teilzeituniversitätslehrerin noch immer daran zu halten, auch hier an dieser Stelle.

Die Frau Ministerin hat Ihnen nachgewiesen, dass Sie mit Zahlen – na ja – großzügig umgehen. (Abg. Brosz  – die schriftlich vorliegende Budgetrede des Finanzministers in die Höhe haltend –: Alle Zahlen aus dem Budget!) Ich weise noch einmal auf das Beispiel, das Sie in Ihrem Antrag erwähnen, hin, nämlich den Abbau von Professorenstellen-Vakanzen an der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften der Universität Wien. (Zwischenruf des Abg. Dr. Van der Bellen. )  – Ja, Sie sagen nicht, es ist ein Abbau erfolgt, sondern die Vakanzen sind gestiegen. Wenn Sie genau recherchieren, werden Sie merken: Die Vakanzen sind abgebaut worden, und zwar von zwölf offenen Stellen auf nur mehr acht, bei insgesamt steigender Stellenzahl. (Abg. Brosz: Super! – Abg. Öllinger: Bestens!)

Bitte, Herr Professor, bleiben Sie bei der Wahrheit und argumentieren Sie sowohl im Hörsaal als auch hier solide! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Es ist Wahlkampf, dürfen wir dabei über Bildung reden? – Ich meine ja, blicke damit gewissermaßen aus diesem Haus hinüber zum Rathaus und erinnere Herrn Bürgermeister Häupl daran, dass er es war, der mit Finanzminister Grasser einen Pakt geschlossen hat (Abg. Edler: Erpresst!), einen Vertrag zur Neuregelung der Mittel, die über den Finanzausgleich fließen. (Abg. Edler: Erpressung!) Dabei waren die Schulen ein großes Paket.

Bürgermeister Häupl hat gesagt: Das können wir leisten, das ist bewältigbar! und hat seine Unterschrift darunter gesetzt. Und was macht er jetzt? – Eine eigene Unterschriftenaktion gegen sich selbst! Also solide Argumentation sehe ich darin nicht! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ein weiteres Beispiel: Der Wiener Finanzstadtrat Rieder muss nach eigenen Aussagen mit einer Wiener Bildungsmilliarde einspringen. – Wenn ich aber genau hinschaue, wofür er sie ausgibt,


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
59. Sitzung / Seite 31

wird klar, es sind lauter Bereiche, die den Pflichtschulbereich, also die Landesschulen von Wien betreffen. Das ist an sich wunderbar, dagegen habe ich nichts. Aber er sollte das nicht mit dem Bundesbudget verknüpfen! Und für Fachhochschulen kann er in Wien im Vergleich zu anderen Bundesländern allemal noch viel mehr ausgeben. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben es gehört: 109 Milliarden Schilling für Bildung! Das ist das höchste je erreichte Niveau, und das vor dem Hintergrund des von allen hier unterstützten Zieles der Schuldenbegrenzung, des Stopps der Neuverschuldung.

Ich denke, dass keine der Fraktionen, die sich am Beginn dieser Legislaturperiode darauf verständigt haben, von diesem Ziel abgerückt ist, aber Vorschläge habe ich von den Kritikern bis jetzt eigentlich keine gehört. Einen Antrag zu stellen und bloß mehr Geld zu verlangen, dazu kann ich nur sagen: Na ja, Phantasie, wo bist du? Das ist nicht wirklich ein kreatives Angebot! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich glaube, dass auch erinnerlich sein sollte, dass es der Schul-Fachmann Scholz, Stadtschulratspräsident von Wien, war, der gesagt hat – und damit spreche ich ganz besonders in Richtung der Frau Van der Bellen, die in Wien Pädagogin ist –, dass man manchmal die Lehrer vor sich selbst schützen muss und dass vor Panikmache zu warnen ist. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Ich will Herrn Scholz nicht ungerechtfertigterweise zitieren, aber ich glaube, der Umstand, dass an den Schulen keine genaue Auskunft gegeben werden kann, ist darauf zurückzuführen, dass es gerade an den Grundschulen, dass es bei der Wiener Schulleitung – und da ist der Bürgermeister und Landeshauptmann Häupl in Wirklichkeit zuständig – an diesem Informations-Input, wie man so schön sagt, mangelt. (Abg. Öllinger: Das ist in anderen Bundesländern auch so!)

Herr Bürgermeister! Schulen Sie Ihre Lehrer! Teilen Sie mit, was Sie mit dem Finanzminister unterschrieben haben! (Abg. Öllinger: Schauen Sie sich die anderen Bundesländer an!)

Ich glaube, dass den Grünen und vielleicht auch der SPÖ entgangen sein dürfte, dass wir im Zusammenhang mit Universitäten auf dem richtigen Weg sind. In ganz Europa wird über eine Universitätsreform nachgedacht, und ich habe mir in der letzten Zeit die Mühe gemacht, zu allen größeren Diskussionen über Universitätsreformen im Lande, zu denen ich eingeladen war, zu gehen. Ich habe dort auch gehört, dass die Universität Basel in einem Reformprozess begriffen ist, dass im Zuge von "New University Management" genau jene Ziele verfolgt werden, die sich für Österreich auch die österreichische Regierung ins Programm geschrieben hat.

Wenn ich mir so manche Präambel einer Dienststellenversammlung, die in Österreich verabschiedet wurde, anschaue, dann kann ich nur sagen: Damit gehe ich konform. Diese Regierung, diese Ministerin liegt mit ihrem Programm richtig.

Ich zitiere das Protokoll einer Dienststellenversammlung: So werde eine "leistungsorientierte, offene und pluralistische Universitätsstruktur gefordert, unter der Wahrung von Freiheit für Lehre und Forschung". – Zitatende. (Abg. Öllinger: Frau Kollegin Brinek! Denken Sie auch an die Schüler und Studierenden!)

Und: Weiters wird die "Weiterentwicklung zur Sicherung und Verbesserung der Qualität" und im "Hinblick auf internationale Konkurrenzfähigkeit der Universität" gewünscht.

Frau Bundesministerin! Ich muss, wenn ich den Dienststellenversammlungen folge, sagen: Wir liegen mit unserem Programm richtig!

Meine Damen und Herren! Planbare Karrieren mit "Tenure Track", Vorab-Evaluation, Chancen für Quereinstieg aus Wirtschaft und aus anderen Wissenschaftsbereichen: Das sind alles Stichworte aus Dienststellenversammlungen.

Ich kann sagen: Seit dem 15. Dezember 2000 gibt es ein Angebot zum Dialog. Ich bedanke mich an dieser Stelle dafür, dass einige Universitäten und einige Funktionäre dieses Angebot


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
59. Sitzung / Seite 32

genützt haben. Insbesondere bedanke ich mich beim Assistentinnenverband der Wirtschaftsuniversität Wien und auch bei der Universität Linz. Sie haben dieses Mitrede-, dieses Mitplanangebot ernst genommen und ein ihrer Meinung nach besseres Modell vorgestellt. Die Vertreter des Ministeriums waren zum Beispiel im Rahmen einer Podiumsdiskussion äußerst konstruktiv und haben das Angebot gemacht, die Assistentensprecherin sofort mit in die Steuerungs- und Reformgruppe zu holen. Das geschah in offener Veranstaltung; es war also nichts geplant, nichts getürkt. So stelle ich mir einen guten Dialog vor – nicht so, wie es bisher vielfach praktiziert wurde. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Universitätsreform ist ein wesentliches Anliegen, und in Verhandlungen zu gehen, bedeutet, in der Zeit der Verhandlung mit Streikdrohungen, mit Streikabsichten wirklich hinterm Berg zu halten. (Abg. Edler: Ihre Lehrer ... ÖAAB!) Wir haben noch nicht einmal eine Regierungsvorlage, noch nicht einmal eine präzise Punktuation – und trotzdem überlegen einige an den Universitäten, einige Betriebsversammlungen eine Streikmaßnahme.

Ich bin auch Gewerkschafterin und Personalvertreterin, ich leide darunter, dass mit Ersatzargumenten die Diskussion befördert werden soll. Wenn ich richtig informiert bin, gehen die Verhandlungen weiter, und ich hoffe, dass es nicht zu Aussetzungsmaßnahmen irgendwelcher Art kommt. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Verhandeln heißt nicht: Wir machen einen faulen Deal! – ich hoffe, ich werde für diese Ausdrucksweise nicht gemahnt! –, indem man sich dann über ein paar Prozente Annäherung unterhält, sondern verhandeln bedeutet, noch einmal zum Beginn zurückzukehren, bedeutet "argumentatio ad rem", also zur Sache zu kommen. Wenn jemand einen besseren Vorschlag macht, dann soll er gehört und eingebunden werden. In diesem Sinn setze ich mich und setzt sich meine Fraktion und setzen sich meine Kolleginnen und Kollegen dafür ein, dass die Argumentation auf diese Weise weiterhin den Reformprozess bestimmt.

Ich schließe an dieser Stelle mit einer schönen Aussage, die das hochrangige Mitglied des Universitätenkuratoriums, der renommierte Professor in Konstanz, Jürgen Mittelstraß, gemacht hat – ich zitiere –:

"Idealtypisch sollten sich Universitäten als selbstlernende vitale Organismen verstehen und nicht als große unbewegliche Dome und Paläste." – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

16.06

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Schweitzer. Die Uhr wird wunschgemäß auf 8 Minuten gestellt. – Bitte.

16.06

Abgeordneter Mag. Karl Schweitzer (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Frau Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn ich die politische Diskussion der letzten Wochen noch einmal Revue passieren lasse und die Figur, die Sozialdemokraten und Grüne in dieser Diskussion gemacht haben, beschreiben will, dann fällt mein Urteil folgendermaßen aus: hilflos, unseriös, teilweise aggressiv, vor allem aber ohne eigene Vorstellung. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Öllinger: Zur Sache!)

So versuchen Sie, meine Damen und Herren von den Sozialdemokraten und von den Grünen, seit Wochen die innenpolitische Diskussion zu führen! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Ironische Heiterkeit bei der SPÖ.)

Eine solche Vorgangsweise wurde von Ihnen auch in der Debatte um die Einführung des Kindergeldes praktiziert: Es wird von dieser Bundesregierung – unter freiheitlicher Federführung – ein Meilenstein in der Familien- und Frauenpolitik gesetzt, endlich werden alle Frauen, was Sie immer wollten, gleich behandelt, also auch Studentinnen, Bäuerinnen und Selbständige können jetzt in den Genuss des Kindergeldes kommen (anhaltende Zwischenrufe bei der SPÖ – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen), und noch dazu haben diese Frauen sehr viele Wahl- und Zuverdienstmöglichkeiten, aber was fällt Ihnen dazu ein? – Sie sagen bloß: Das ist


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
59. Sitzung / Seite 33

schlecht! Wir sind dagegen! Sie argumentieren deshalb so, weil Ihnen das nicht eingefallen ist. Sie zeichnen, wie auch heute, schon über einen langen Zeitraum dasselbe Bild. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Herr Professor Van der Bellen! Das, was Sie hier geboten haben, war pure Hilflosigkeit, war wirklich ohne eigene Vorstellungen. Ich kann mich nicht erinnern, dass Sie einen einzigen eigenen Vorschlag eingebracht haben. Noch dazu haben Sie, Herr Professor, was ich bei Ihnen sonst noch nie gesehen habe, äußerst aggressiv argumentiert. Äußerst aggressiv! Sie schreiben in der Begründung zu Ihrem Dringlichen Antrag:

"An den Schulen und Universitäten kocht der Zorn. Die Bundesregierung drischt Phrasen und faselt von einer Bildungsoffensive." (Abg. Riepl: Das ist richtig!)

Das ist Ihr Stil, Herr Professor! Der seriöse Herr Professor Van der Bellen schreibt vom "Faseln" und von "Phrasen".

Professor Van der Bellen führt weiter aus, das Angebot werde sinken, die Stunden werden gekürzt, die Zahl der Stellen werde gekürzt, und dies alles zu Lasten der Lehrer und zu Lasten der Kinder. (Abg. Edlinger: Ganz schrecklich!)  – Dazu darf ich Ihnen sagen, Herr Professor: mitnichten!

Herr Kollege Dr. Gusenbauer sollte gut zuhören, wenn ich einen Promi der sozialdemokratischen Bildungspolitik zitiere. Dieser Promi hat im Februar dieses Jahres geschrieben – er hat mit der Bundesregierung verhandelt und ist zu diesem Ergebnis gelangt –, dass der Weiterbestand des gut ausgestatteten Wiener Schulwesens gewährleistet ist.

Und weiters heißt es in diesem Schreiben: Ängste mancher Eltern, dass es zu einer ersatzlosen Einstellung der Nachmittagsbetreuung, der Behindertenintegration oder der Maßnahmen zur Ausländerpädagogik kommt, sind unbegründet. – Ich verbleibe mit besten Grüßen, Ihr Dr. Kurt Scholz. (Oh-Rufe bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ich glaube, Herr Kollege Gusenbauer, dass Herr Scholz etwas mehr von Bildungspolitik versteht als du (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP), und deshalb nenne ich ihn als Zeugen für die gute Bildungspolitik, die von dieser Bundesregierung gemacht wird.

Herr Professor Van der Bellen! Warum geben Sie sich für das Verbreiten von Unwahrheiten her? Ist der Grund dafür Unwissenheit, oder verbreiten Sie ganz bewusst Falschinformationen? Wir sind dankbar dafür, dass Sie uns Gelegenheit geben, die Fakten auf den Tisch zu legen.

Unter dieser Bundesregierung wurde und wird das Bildungsbudget ausgeweitet. (Abg. Öllinger: Wo?) Das wurde mehrfach gesagt! Im Jahre 2002 werden, Herr Kollege Öllinger, 8 Milliarden j , also mehr als 110 Milliarden Schilling oder ein Siebentel des Gesamtbudgets, für die Bildungspolitik in unserem Lande ausgegeben – mehr als überall anders auf der Welt! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Ironische Heiterkeit bei den Grünen.)

Herr Professor Van der Bellen, Ihre Schwarzmalerei verunsichert Lehrer, verunsichert Schüler, verunsichert Eltern und entbehrt noch dazu jeglicher Grundlage! (Neuerlicher Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Tatsache ist, Herr Professor Van der Bellen, dass keine einzige Unterrichtsstunde gekürzt wird. Zusätzlich wird durch die "Computer-Milliarde" im Bereich der Informationstechnologie ein wesentlicher, neuer Schwerpunkt gesetzt: zum einen für die Aufrüstung der Schulen, zum anderen für die Lehrerfortbildung. Im Jahre 2001 gibt es dafür 200 Millionen Schilling mehr, im Jahre 2002 sogar 300 Millionen Schilling mehr.

Nun, Herr Professor Van der Bellen, zum Märchen, die Lehrer würden in Hinkunft weniger verdienen. (Abg. Brosz: Na sicher! – Weitere Zwischenrufe bei den Grünen. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.) Diese Bundesregierung hat folgende leistungsorientierte


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
59. Sitzung / Seite 34

Komponenten eingeführt: Abgeltung für Techniker- und Ingenieurprojekte, Bezahlung der Maturavorbereitung, Bezahlung für die Teilnahme an Schulveranstaltungen, Bezahlung der Überstunden auch während der Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen. Kustodiate und Ordinariate werden jetzt extra bezahlt. – Herr Professor, damit ist Schluss mit dem Märchen, dass Lehrer in Zukunft weniger verdienen werden!

Nun zum nächsten Märchen. – Unsere Schulen sollen nicht konkurrenzfähig sein? Herr Professor, schauen wir uns den internationalen Vergleich aus! Österreich gibt 6 Prozent des Bruttoinlandsproduktes für Bildung aus und nicht, wie Sie schreiben, 2 Prozent. In Summe sind es 6 Prozent! Im OECD-Schnitt sind es 4,8 Prozent. (Abg. Brosz: Welches Jahr?)

Herr Kollege Brosz, es ist ja das Schlimme, dass einer wie du Bildungspolitik macht, dann kommt es zu solchen Unwahrheiten, die da verbreitet werden!

Im Volksschulbereich gibt Österreich 66 Prozent mehr aus, als der OECD-Durchschnitt ausmacht. – Deutschland gibt übrigens 8 Prozent weniger aus, meine Damen und Herren. – Im Hauptschul-, AHS- und BHS-Bereich liegt Österreich 55 Prozent über dem OECD-Durchschnitt, Deutschland 15 Prozent darunter.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, angesichts dessen reden Sie von Aushungerung des Bildungswesens in Österreich?! Herr Professor Van der Bellen, Sie sind unseriös wie noch nie! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Nun zum Märchen der "überfüllten Klassen". Nehmen wir die Wiener Zahlen! In der Volksschule gibt es einen Lehrer für elf Schüler, in der Hauptschule einen Lehrer für 7,8 Schüler. (Abg. Öllinger: Wo denn?) In Wien kommt in der Allgemeinen Sonderschule ein Lehrer auf 1,75 Schüler. Das ist ein Verhältnis, das seinesgleichen sucht! Das gibt es nirgendwo auf der Welt! (Abg. Öllinger: Auch in Wien!)

Meine Damen und Herren! Im Jahre 1980 hatten wir in Österreich 1,19 Millionen Schüler, auf diese sind 93 000 Lehrer gekommen. Heute haben wir weniger als 1 Million Schüler, dafür 115 000 Lehrer. Das heißt, die Schülerzahl ging um 200 000 zurück – und im gleichen Zeitraum ist die Zahl der Lehrer um 20 000 gestiegen.

Angesichts dessen sprechen Sie von Sparen, sprechen Sie von einem "Bildungsnotstand"?! Die Zahlen widerlegen Sie Punkt für Punkt, Herr Kollege Van der Bellen! Sie sind entblättert, Herr Professor! Die Seriosität ist bei Ihnen abgeblättert! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Diese Betreuungsverhältnisse werden Sie nirgendwo anders auf der Welt finden! Ich hoffe, dass ich mit diesen Fakten Ihre Wissenslücken – ich hoffe, dass es nur Wissenslücken sind und dass keine böse Absicht dahinter war – auffüllen konnte, Herr Professor Van der Bellen. Diese Bundesregierung hat trotz des Finanzdesasters, das wir (in Richtung SPÖ) von diesen Herrschaften geerbt haben, für die Bildungspolitik mehr Geld geben können. Diese Bundesregierung hat nachgedacht, wie man das Ganze innovativer machen kann: zum Beispiel mit den Budgetbegleitgesetzen für die AHS- und für die BHS-Lehrer und vor allem mit dem neuen Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz. Das ist ein Meilenstein für die Bildungspolitik! Mit diesem Modell können Lehrer endlich einmal ausschildern, was sie tatsächlich leisten. Das hat bei den Lehrern auch die entsprechende Zustimmung gefunden. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Öllinger kreuzt bei erhobenen Armen Mittel- und Zeigefinger.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren von den Grünen und von den Roten! Trotz Ihrer Antipropaganda haben 75 Prozent aller Lehrer für dieses neue, innovative Modell gestimmt. Das zeigt, dass diese Bundesregierung auf dem richtigen Weg ist, dass diese Bildungspolitik für die Zukunft hervorragend ist, dass genau das Gegenteil von dem, was Sie behaupten, der Fall ist! (Abg. Öllinger  – Mittel- und Zeigefinger kreuzend –: So, Kollege Schweitzer!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Abschließend darf ich, weil Sie sich solch große Sorgen um die Junglehrer machen, noch einen Antrag einbringen, der zusätzlich Möglichkeiten


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
59. Sitzung / Seite 35

für Junglehrer schaffen und zudem ein anderes Problem verkleinern helfen soll, nämlich im Bereich der Informationstechnologie.

Ich bringe daher folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Amon MBA, Mag. Schweitzer und Kollegen betreffend Schaffung von Qualifikationsschwerpunkten im IT-Bereich für Junglehrer

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit wird ersucht, das AMS aufzufordern, für die Weiterbildung von Junglehrern ohne Anstellung einen Qualifikationsschwerpunkt im IT-Bereich einzurichten, mit der Zielsetzung, dass diese Junglehrer nach Erwerb der Zusatzqualifikation dem IT-Ausbildungsbereich und der Wirtschaft zur Verfügung stehen.

*****

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ansätze, die es wert sind, weiterverfolgt zu werden, kommen nur von der Bundesregierung, von den Freiheitlichen und von der ÖVP. Von Ihnen, meine sehr geehrten Damen und Herren von der SPÖ und von den Grünen, vermisse ich jede Idee! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Ing. Westenthaler  – in Richtung SPÖ –: Das ist halt ein Lehrer, der sich auskennt! – Abg. Edlinger  – in Richtung des Abg. Ing. Westenthaler –: Besser hier als in der Schule!)

16.15

Präsident Dr. Heinz Fischer: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Zum Wort gelangt die Frau Bundesministerin. – Bitte.

16.15

Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Ich möchte zunächst zu den Ausführungen von zwei Vorrednern, des Herrn Kollegen Brosz und des Herrn Kollegen Dr. Gusenbauer, etwas sagen. Ich habe mich immer sehr bemüht, Bildungspolitik auf einer breiten Basis zu sehen, danach zu trachten, dass die Bildungspolitik von möglichst vielen unterstützt wird, denn ich glaube, dass wir es unserer Jugend schuldig sind, das Beste für sie zu machen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich möchte das, was Herr Kollege Brosz gesagt, mit aller Vehemenz zurückweisen. Er hat von einer "Verhöhnung der Lehrer" gesprochen. (Abg. Brosz: Genau!)  – Sehr geehrte Damen und Herren, das lasse ich mir nicht unterstellen, und das lässt sich niemand unterstellen, denn wir wissen, was unsere Lehrerinnen und Lehrer tagtäglich leisten! (Abg. Brosz: Unter welchen Bedingungen?) Wir wissen, dass die Lehrerinnen und Lehrer in den Volksschulen, in den Hauptschulen, in den Polytechnischen Schulen, in den Sonderschulen, in den Gymnasien, in den berufsbildenden Schulen beste Arbeit leisten. Dafür möchte ich ihnen herzlich danken. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Schwemlein  – Daumen und Zeigefinger reibend –: Jede Qualität hat auch ihren Preis!)

Meine Damen und Herren! Ich möchte auch mit allem Nachdruck zurückweisen, dass von uns Druck auf die Lehrerinnen und Lehrer ausgeübt wird. Was soll denn das sein, wenn man von den Schulen aus den Kindern Zettel an die Eltern mitgibt, was alles man im nächsten Jahr nicht mehr machen wird? (Abg. Edler: ÖAAB-Lehrer!) Meine Damen und Herren, das geht doch nicht! Da müssen wir in unserer Zuständigkeit – nämlich die Frau Vizebürgermeisterin Laska in Wien, die für den Pflichtschulbereich zuständig ist – dafür sorgen, dass das nicht geschieht. Das ist nämlich kein guter Weg. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Edler: ÖAAB-Lehrer! – Abg. Riepl: Das sind Ihre Parteifreunde! – Abg. Öllinger: Oh! Zensur!)


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
59. Sitzung / Seite 36

Es ist auch vom "Gratiszugang zu höherer Bildung" gesprochen worden. Da kommt wieder dieses alte Denken, diese überholte Einstellung, dass alles und jedes von der Wiege bis zur Bahre gratis sein muss. – Das können wir uns auf Dauer nicht leisten, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Öllinger: Wenn es nach Ihnen geht!)

Deshalb frage ich Sie: Wenn wir einen moderaten Studienbeitrag von 5 000 S für beste Leistung an den Universitäten von den Studierenden verlangen, wissen Sie, wie viel das im Monat ist? – Das sind im Monat 833 S und 33 Groschen. Das sind im Tag 27 S und 77 Groschen. (Anhaltende Zwischenrufe bei der SPÖ.) Für beste Bildung zahlt man im Tag weniger, als ein kleines Bier kostet. Und das ist beste Bildung wohl wert! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich meine, dass wir dieses alte Denken über Bord werfen sollten und dass wir mit neuem Denken die neuen Herausforderungen bewältigen müssen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Anhaltende Zwischenrufe bei der SPÖ.)

16.19

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner – bitte um Aufmerksamkeit! – ist Herr Professor Grünewald.

Diese Rednerrunde, die jetzt beginnt, hat eine Redezeit von je 6 Minuten pro Fraktionssprecher.

Bitte, Herr Abgeordneter.

16.19

Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesminister! Herr Bundeskanzler! Hohes Haus! Frau Minister Gehrer, Sie haben immer gewünscht, dass man sagt, es gebe keine Probleme, es gebe nur Herausforderungen. Zwei Herausforderungen waren meine Vorredner: die Frau Kollegin Brinek und der Kollege Schweitzer. (Beifall bei den Grünen.)

Es wurde hier von "Aggression" geredet und unterstellt, dass Herr Van der Bellen ein Budget nicht lesen und mit Zahlen nicht umgehen könne. (Abg. Mag. Schweitzer: Das habe ich nicht gesagt!) Frau Kollegin Brinek hat von "Domen" gesprochen (Abg. Dr. Brinek: Das war eine Aussage von Jürgen Mittelstrass!) und die Frage gestellt, ob es überhaupt legitim ist, dass wir diesen Dringlichen Antrag stellen.

Frau Kollegin Brinek! Die Wahrheit muss immer legitim sein. Im Übrigen ist hier kein Ort, wo man Dome mit Universitäten vergleichen kann, und es ist auch kein Ort, wo Abgeordnete selig gesprochen werden. (Abg. Dr. Brinek: Ich habe nur Jürgen Mittelstrass zitiert!) Sie können sich sicherlich noch erinnern: Es heißt zwar, Gehorsam ist des Christen Pflicht! – aber nicht Parteigehorsam, nämlich, dass man nur das herunterbetet, was immer vorgebetet wurde. (Beifall bei den Grünen.)

Ich werde das jetzt mit Zitaten belegen. Grasser hat in der Budgetrede gesagt: Die Mühen der Gebirge liegen hinter uns, und nun kommen die Anstrengungen der Ebene. – Wenn ich dieses Brecht-Zitat auf das Wissenschaftsbudget und auf das Bildungsbudget in Anwendung bringe, dann klingt es relativ flach (Abg. Dr. Khol: Die Ebene ist flach!), und ich frage mich: Wie lange brauchen wir noch bis zur Wüste Gobi?

Nochmals zu den Zahlen: Sie können es drehen und wenden, wie Sie wollen: Gemessen am Bruttoinlandsprodukt, gemessen am Nettoeinkommen des Staates sind die Ausgaben für das Wissenschaftsressort gesunken! Sie sagen zwar, alle Ausgaben seien gesunken, aber Sie haben, Frau Minister, auch gesagt, Sie setzen einen Schwerpunkt, Sie bringen einen Zukunftsaspekt in diesen Bereich. Dazu sage ich: Selbst sistierend am Bruttoinlandsprodukt wäre das mehr gewesen als das, was, wie Sie selber zugeben, die Reduktion letztlich ausmachen wird. (Beifall bei den Grünen.)


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
59. Sitzung / Seite 37

Wenn Schwerpunktsetzungen und Budgetänderungen nur mehr mit der Briefwaage zu messen sind, dann kann ich diesen Zukunftsaspekt einfach nicht mehr erkennen. (Neuerlicher Beifall bei den Grünen.)

Was ist Faktum? – Die "Technologie-Milliarden" werden seit vielen Jahren versprochen. Was ist weiters Faktum? – Sie wurden filetiert auf drei Jahre und drei Ministerien. Selbst beim "Reformdialog", zu dem Kanzler Schüssel und die Vizekanzlerin eingeladen hatten, sagte einer Ihrer Experten oder geladenen Gäste, das sei mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein, aber bei weitem zu rudimentär, um die 2,5 Prozent am Bruttoinlandsprodukt zu erreichen. – Das ist die Wahrheit!

Sie haben vor einem Jahr an den Universitäten Kürzungen vorgenommen und haben dann versucht, sie zu egalisieren, also wettzumachen, und nun verkaufen Sie uns das als "Zugewinn". Sie verkaufen uns den Transfer des klinischen Mehraufwands retour ins Ministerium, der ohnehin nur den Kliniken dient, wiederum als "Zugewinn", was er aber nicht ist.

Ich glaube auch, dass kosmetische Operationen Domäne der plastischen Chirurgie bleiben und nicht Domäne eines Finanzministers sein sollten, denn das artet zur Real-Satire aus oder zu einem Zaubertrick, bei dem der Zylinder größer wird als das darin versteckte Kaninchen. (Heiterkeit und Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Studierende und ihre Eltern wurden mit 2 Milliarden Schilling zur Kasse gebeten, aber Sie sagen: Sie bekommen ja 500 Millionen Schilling retour! – Rechnen Sie das um: Sie nehmen jedem Einzelnen und jeder Einzelnen 10 000 S ab, geben ihm oder ihr 2 500 S retour und sagen dann: Das ist unsere Vorstellung von sozialer Gerechtigkeit! – Meine nicht! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

StudentInnen aus den Entwicklungsländern werden weiter vertröstet. Bildung und Forschung haben den höchsten Stellenwert in den Schlagzeilen, vielleicht in Reden und Versprechungen. Das Personalbudget sistiert. Da frage ich Sie: Wie wollen sie Forschung mit 2,5 Prozent Steigerung machen? Forschen bei Ihnen die Computertomographen, die Photometer, die Pipetten oder sind es doch Menschen, die die Forschung tragen? Ich glaube, dass es Menschen sind.

Ein "Reformdialog" wurde von Ihnen ausgerufen, aber was wir gesehen haben, waren im besseren Sinne Dias, und von Logos war fast keine Spur. Den Nachwuchs will man fördern, man entzieht ihm aber die Perspektiven.

Zu guter Letzt – in sechs Minuten Gegenvorschläge zu bringen, Frau Kollegin Brinek, ist nun einmal schwer –: Die Universitäten sollten immer ein Ort der Auseinandersetzung sein und nicht des Vollzuges vager und völlig unwissenschaftlicher Regierungsvorlagen, was Forschung und Bildung betrifft. (Beifall bei den Grünen.)

Sie teilen die Welt in Gut und Böse ein, Ihre Kritiker bekommen böse Briefe, und zwar ziemlich geharnischte böse Briefe. Wenn das so ist, Frau Minister Gehrer, dann ist es ein Problem, für uns aber eine Herausforderung! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

16.25

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Kuntzl. – Bitte.

16.25

Abgeordnete Mag. Andrea Kuntzl (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich hatte vor wenigen Tagen als stolze Mutter eines 5-jährigen Sohnes einen aufregenden Tag: Ich bin mit meinem Kind in die Schule gegangen und habe es für die Volksschule angemeldet, und dabei habe ich natürlich die Frage gestellt, was den Kindern im nächsten Jahr in dieser Volksschule alles geboten wird. Man hat mir darauf ganz seriös die Auskunft gegeben – das sind keine Märchen, das ist keine Verunsicherungspropaganda! –: Auf Grund der Sparmaßnahmen könne man mir diese Frage leider nicht beantworten.


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
59. Sitzung / Seite 38

Frau Bundesministerin! Wenn Sie davon reden, dass Verunsicherung betrieben wird, dann muss ich sagen: Die findet tatsächlich statt, aber sie geschieht nicht durch Aussagen von Kritikern und Kritikerinnen, sondern durch die Informationen, die in ganz seriöser Weise Eltern in den Schulen gegeben werden, wenn sie danach fragen, was nächstes Jahr den Kindern geboten wird.

Frau Bundesministerin! Ich habe mich nach den Zahlen erkundigt – Sie sprechen ja davon, dass da Zahlenspielereien stattfänden –, und ich nenne Ihnen jetzt die Zahlen, und das sind Zahlen, die Sie selber bekannt geben: Im nächsten Jahr werden in Österreich 3 700 Lehrer eingespart – und das, obwohl in Ihrem Ministerium, Frau Bundesministerin, geschätzt wird, dass es nächstes Jahr um 7 000 Schüler mehr geben wird.

3 700 Lehrer weniger, 7 000 Schüler mehr – da muss es ja zu Einsparungen kommen, das müssen die Kinder spüren!

Ich habe mich auch danach erkundigt, wie man in den Schulen diese Einsparungen durchzuführen gedenkt. Die Antwort ist die – und da können Sie nichts schönreden –, dass die Nachmittagsbetreuung gefährdet ist. Das mag Sie vielleicht nicht so stören, es passt in das Bündel von Maßnahmen, die Sie setzen, um berufstätigen Frauen das Leben zu erschweren (Beifall bei der SPÖ), aber ich frage mich: Wie wird eine berufstätige Frau in Zukunft ein Schulkind betreuen und gleichzeitig ihrer Berufstätigkeit nachkommen können? Das Geld braucht sie, denn sie muss ja von etwas leben.

Frau Bundesminister! Sie kündigen eine Fremdsprachenoffensive an – die Einsparungsmaßnahmen werden aber dazu führen, dass bei den Dienstposten für die Native speakers gespart wird. Das heißt, die Fremdsprachenoffensive ist eine Luftblase, denn es fehlen die Rahmenbedingungen dafür.

Nächster Punkt – und das finde ich besonders kennzeichnend für die Kaltherzigkeit, mit der Sie den Sparstift ansetzen –: Man wird sich in den Schulen beziehungsweise in den Schulverwaltungen überlegen müssen, ob man spezielle Betreuungen für Kinder, die es besonders brauchen, einstellen muss, so zum Beispiel, ob man die Betreuung für Kinder, die monatelang im Spital verbringen müssen, wie etwa krebskranke Kinder, im nötigen Ausmaß wird weiter aufrecht erhalten können. Für diese Kinder ist das besonders wichtig, damit sie den Anschluss an das Unterrichtsgeschehen behalten, und für diese Kinder ist das auch deshalb besonders wichtig ist, damit sie einen Strohhalm haben, an dem sie sich psychisch aufrichten können. Von den Kindern nicht deutscher Muttersprache und von behinderten Kindern möchte ich erst gar nicht reden. Das sind jedenfalls alles Kinder, die besonders schwierige Lebens- und Startsituationen vorfinden.

Sie, Frau Bundesministerin, werfen anderen vor, Verunsicherung zu betreiben, und Sie sagen hier in laufender Sitzung, vor laufender Kamera, dass wir es uns im Bildungssystem nicht länger werden leisten können, dass alles von der Wiege bis zur Bahre gratis bleibt. Frau Bundesministerin, was haben Sie uns damit eigentlich angekündigt? Haben Sie uns angekündigt, dass der nächste Schritt nach der Einführung der Studiengebühren die Einführung von Schulgeld sein wird? Frau Bundesministerin, wir hören davon schon seit längerem!

Weil die Wiener Situation angesprochen wurde: Einerseits ist im Zuge des Finanzausgleichs in den Raum gestellt worden: Entweder wir einigen uns, oder es wird hier mit der Mehrheit einfach die härteste Variante beschlossen werden!, und dann hat man natürlich Verhandlungen geführt.

Was ist zum Beispiel für Wien herausgekommen? – Es war ursprünglich geplant, 1 400 Dienstposten einzusparen. Man hat darüber verhandelt, und nun werden in Wien nur mehr – noch immer viel zu viel! – 500 Lehrer eingespart werden.

Wenn Sie, Herr Schweitzer, aus dem Brief des Herrn Stadtschulratspräsidenten zitieren, dann würde ich Sie bitten, korrekt zu zitieren, denn der Stadtschulratspräsident schreibt:


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
59. Sitzung / Seite 39

Der Stadtschulrat für Wien wird alle organisatorischen Vorkehrungen treffen, den Planstellenentfall ohne tiefgreifende Einschränkungen der Bildungsqualität umzusetzen. – Zitatende.

Und warum? – Weil man in Wien das Bildungsbudget aufgestockt hat, weil mit der Wiener Bildungs-Milliarde sichergestellt werden soll, dass die Wiener Kinder unter dem Sparstift, den Sie ansetzen werden, nicht leiden sollen. (Beifall bei der SPÖ.)

Im Dringlichen Antrag der grünen Fraktion wird auch die unsoziale Sparpolitik, die Sie vornehmen, also das Sparen bei den Schwächsten, angesprochen. Neben den Studiengebühren haben Sie auch die Besteuerung der Unfallrenten beschlossen. Ich möchte daher einen Antrag betreffend Abschaffung der unsozialen Besteuerung der Unfallrenten einbringen.

Entschließungsantrag

der Abg. Mag. Kuntzl und GenossInnen betreffend Abschaffung der unsozialen Besteuerung der Unfallrenten

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung wird aufgefordert, die Regierungsvorlage: Budgetbegleitgesetz 2002 (499 d. B.) gemäß § 25 GOG-NR so abzuändern beziehungsweise zu ergänzen, dass die bereits beschlossene unsoziale Besteuerung der Unfallrenten mit 1. Jänner 2001 rückwirkend aufgehoben wird."

*****

Frau Kollegin Partik-Pablé, ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um den Schlusssatz!

Abgeordnete Mag. Andrea Kuntzl (fortsetzend): Frau Kollegin Partik-Pablé! Ich bin sehr gespannt, ob Sie jetzt diesem Antrag zustimmen werden. Sie haben bei den letzten Sitzungen im Haus derartige Anträge ... (Abg. Dr. Khol: Redezeit!)

16.32

Präsident Dr. Heinz Fischer: Die Redezeit ist abgelaufen!

(Beifall bei der SPÖ für die das Rednerpult verlassende Abg. Mag. Kuntzl. )

Der soeben eingebrachte Antrag ist ordnungsgemäß unterstützt. (Abg. Ing. Westenthaler: Gehört der Antrag zur Sache!)  – Herr Abgeordneter! Ich habe das geprüft und es verglichen mit dem Antrag (Abg. Ing. Westenthaler: Welcher?), der im Zuge des Dringlichen Antrages vor zehn Tagen zum Thema "Rücknahme der Besteuerung der Unfallrenten, Rücknahme der Verschlechterung im Bereich der Arbeitslosenversicherung, Rücknahme der Studiengebühren und Wiedereinführung der kostenlosen Mitversicherung" eingebracht wurde. Damals ist ein Entschließungsantrag eingebracht worden, zu prüfen, ob die Pensionsabfindung, die laut Bezügegesetz für Klima ausbezahlt wurde, der gesetzlichen Obergrenze entspricht. Wenn man diesen Antrag zugelassen hat, kann ich den Antrag, der auf den Passus 7 in den Erläuternden Bemerkungen Bezug nimmt, nicht zurückweisen. (Abg. Ing. Westenthaler: Danke!)

Daher stelle ich fest, dass der Antrag mit in Verhandlung steht.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Amon. – Bitte. (Abg. Mag. Schweitzer: Bei der Klima-Geschichte war das! 27 Millionen Schilling!)

16.33

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzter Herr Bundeskanzler! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! In der Pädagogik ist die


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
59. Sitzung / Seite 40

Wiederholung ein durchaus sinnvolles Mittel, und daher möchte ich zu der einen oder anderen Wiederholung greifen.

Frau Bundesgeschäftsführerin Kuntzl! Die Lehrerin, die Sie getroffen haben, als Sie mit Ihrem Kind in die Volksschule gegangen sind, und die Sie gefragt haben, was denn das Kind in den nächsten vier Jahren zu erwarten hat, und die Ihnen darauf gesagt hat: Das kann ich Ihnen nicht sagen!, ist Gott sei Dank nicht typisch für die österreichische Lehrerschaft. Das kann ich Ihnen sagen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Die österreichischen Lehrerinnen und Lehrer wissen sehr genau, was es zu unterrichten gilt, wie die Lehrpläne ausschauen, und Sie tun das in einer pädagogisch hervorragenden Art und Weise. (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Sie bekritteln, was die Bundesregierung im Zusammenhang mit den Lehrerdienststellen an den Wiener Schulen nicht alles aufführe. Es hilft nichts: Auch da ist die Wiederholung ein wirklich sinnvolles Mittel. Sie haben den Brief des Herrn Amtsführenden Präsidenten Scholz selbst zitiert, allerdings einen Absatz unter jenem Absatz, den ich Ihnen nochmals, da er heute schon gebracht wurde, zitieren darf.

Präsident Scholz schreibt in einem Brief an alle Direktorinnen und Direktoren der Wiener Schulen:

Der Weiterbestand des gut ausgestatteten Wiener Schulwesens ist gewährleistet. Ängste mancher Eltern, dass es zu einer ersatzlosen Einstellung der Nachmittagsbetreuung, der Behindertenintegration oder der Maßnahmen zur Ausländerpädagogik kommt, sind derzeit unbegründet. – Zitatende. Das schreibt der Amtsführende Präsident Scholz. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Ich darf Ihnen noch jemanden zitieren, mit dem Sie das vielleicht im Parteipräsidium hätten ausmachen können, nämlich den eigentlichen Präsidenten des Wiener Stadtschulrates, Herrn Bürgermeister Häupl, der am 17. Oktober 2000 feststellte, dass 700 Pflichtschullehrer in Wien weniger keine Reduktion des Bildungsangebotes bedeuten. – Das sagte Dr. Michael Häupl.

Meine Damen und Herren! Ich möchte auch auf das zu sprechen kommen, was Herr Professor Van der Bellen heute hier uns kundgetan hat. Herr Professor Van der Bellen, Sie unterrichten an der Wirtschaftsuniversität – jetzt vielleicht nicht mehr – Wirtschaftsfächer, und Sie erklären den Studentinnen und Studenten die Gesetzmäßigkeit des abnehmenden Grenznutzens. Das bedeutet etwa: Wenn Sie nach der Parlamentsdebatte hinausgehen und Ihre erste Zigarette rauchen, dann hat diese für Sie einen besonderen Nutzen, einen besonderen Genuss; die dritte oder die vierte Zigarette hat natürlich bei weitem nicht mehr jenen subjektiven Nutzen für Sie wie die erste Zigarette. Auf die Bildung umgelegt würde das bedeuten, dass die ersten 10 Milliarden Schilling, die in die Bildung, in das Bildungssystem investiert werden, genau den gleichen Nutzen hätten wie sozusagen die letzten 10 Milliarden Schilling, die wir in das Bildungssystem investieren. Und das ist falsch!

Wir haben zwar im heurigen Jahr das höchste Bildungsbudget – unabhängig davon, ob es die Schulen oder die Universitäten betrifft –, das wir jemals in der Geschichte Österreichs hatten, aber dennoch ist ein höheres Budget nicht automatisch mit einer höheren Qualität der Ausbildung verbunden. Doch das versuchen Sie uns ständig weiszumachen, aber das ist falsch. Sie unterrichten an der Universität das genaue Gegenteil davon! Es geht um die effiziente Nutzung des Inputs! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Sie reden in einem Ihrer Anträge von der Senkung der Klassenschülerhöchstzahl. Ich habe Ihnen das schon einmal vorgerechnet, und ich möchte es ein weiteres Mal machen. Sie verlangen in der AHS eine Senkung der Klassenschülerhöchstzahlen auf 25. Vom Jahre 1994 bis heute betrug die durchschnittliche Klassenschülerzahl in der AHS nie mehr als 25. Ich weiß natürlich, dass das nicht in allen Klassen so ist, aber wenn Sie sich die absoluten Zahlen anschauen und wissen, dass wir in Österreich – alle Schultypen zusammengenommen – 41 500 Schulklassen haben und in 33 700 Klassen weniger als 25 Schüler haben, dann werden Sie wohl


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
59. Sitzung / Seite 41

einsehen, dass dieses Thema wirklich nicht das vordringliche Thema der österreichischen Bildungspolitik ist. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wir haben eine klare Schwerpunktsetzung in der österreichischen Politik: Das ist die Investition in Bildung und Forschung, und das ist die Investition für unsere Kinder. Daher haben wir auch dieses Kindergeld eingeführt, das auch den Studentinnen zugute kommt. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Sie sagen, wir kürzen unverbindliche Übungen. – Auch dazu eine Zahl: In den Schuljahren 1995 und 1996 gab es an den AHS 1 009 unverbindliche Übungen, und im letzten Schuljahr waren es 1 311; was einer Steigerungsrate von 30 Prozent entspricht. So schauen die "Kürzungen" der Bundesregierung aus! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wenn Sie sich die Entwicklung bei den Zahlen der Schüler und Lehrer etwa im Bereich der Pflichtschulen anschauen, dann werden Sie sehen (der Redner hält ein Plakat in die Höhe), dass die Schülerzahl konstant bleibt, während die Zahl der Lehrerinnen und Lehrer bis zum letzten Jahr noch gestiegen ist. – So schauen die "Kürzungen" im Bildungsbereich aus! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich empfehle der Opposition, insbesondere den Grünen, Folgendes: Bringen Sie endlich Vorschläge, machen Sie nicht nur die Politik madig! Wenn Sie Vorschläge bringen, die konstruktiv ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um den Schlusssatz!

Abgeordneter Werner Amon, MBA (fortsetzend): Danke, Herr Präsident. – Wenn Sie Maßnahmen bringen, die sinnvoll sind, dann können wir uns ernsthaft damit auseinandersetzen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

16.39

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Partik-Pablé. Redezeit: 6 Minuten. – Bitte.

16.40

Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (Freiheitliche): Sehr geehrte Damen und Herren! Bevor Frau Abgeordnete Kuntzl wieder ihre Halbwahrheiten oder Unwahrheiten bringen konnte, hat ihr der Herr Präsident wegen Überziehung der Zeit das Wort entzogen. Deshalb möchte ich Folgendes klarstellen: Die SPÖ betreibt eine ganz scheußliche Kampagne gegen mich (Geh!-Rufe bei der SPÖ), indem sie behauptet, ich würde draußen anders argumentieren und im Parlament anders abstimmen. (Demonstrativer Beifall bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Edler: Unfallrenten!) – Danke für den Applaus, offensichtlich zu meiner Person überhaupt. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Tatsächlich ist es so, dass ich gesagt habe, dass die Unfallrentenbesteuerung in Härtefällen ab 1. Jänner 2000 zurückgenommen werden soll; meine diesbezügliche Presseaussendung kann ich Ihnen geben. Wir haben hier im Parlament einen gemeinsamen Entschließungsantrag gefasst, dem ich natürlich zugestimmt habe. Es besteht für mich überhaupt keine Veranlassung, einem SPÖ-Antrag zuzustimmen, wenn wir gemeinsam einen Antrag eingebracht haben. Nehmen Sie das doch bitte zur Kenntnis! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ihre billige Polemik lässt sich doch wirklich ganz leicht durchschauen. Nehmen Sie zur Kenntnis: Ich bin im Parlament, und auch da bin ich nicht für die Rücknahme der Besteuerung der Unfallrenten, außer in Härtefällen! (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir reden heute über Bildung. – Warum schreien Sie so? (Abg. Schwemlein: Weil Sie schreien! – Zwischenrufe bei der SPÖ. – Abg. Ing. Westenthaler: Sie müssen vom Klima ablenken!)  – Ach so, vom Klima mit seiner Abfertigung in der Höhe von 27 Millionen Schilling wollen Sie ablenken! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
59. Sitzung / Seite 42

Es ist heute von Bildung die Rede, und Bildung hat auch mit Vorbild etwas zu tun. Ich habe mir eigentlich erwartet, dass ein Grüner, nämlich Herr Pirklhuber, als Allererster bei dieser Bildungsdebatte zum Rednerpult geht und sich dafür entschuldigt, dass er gesagt hat, der "Schweinestall Österreich" gehört ausgemistet. (Zwischenruf des Abg. Dipl.-Ing. Pirklhuber. ) Herr Pirklhuber! Sie hätten hier die Gelegenheit, sich zu entschuldigen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Kommen Sie doch heraus! Entschuldigen Sie sich! Kommen Sie doch heraus! Jetzt wäre ein schöner Anlass dafür. (Abg. Schwemlein: Versuchen Sie es einmal mit dem Kopf – und nicht mit dem Bauch!) Aber Österreich beschmutzen und dann so zu tun, als hätte man nichts Böses gesagt, ist sicherlich nicht richtig. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Als diese rot-dominierte Bundesregierung vor einem ... (Zwischenrufe bei der SPÖ.)  – Na klar, Ihren Koalitionspartner können Sie nicht leugnen. Als diese rot-schwarze Bundesregierung vor einem Jahr abgewählt wurde (Ruf bei der SPÖ: Wie viel Pension haben Sie?) und unter dem sozialistischen Finanzminister Edlinger einen Riesenschuldenberg hinterlassen hat, so war das nicht (Abg. Edlinger: Das ist falsch! Jetzt gibt es Schulden wie noch nie! – Abg. Ing. Westenthaler  – in Richtung des Abg. Edlinger –: Pleiteminister!) das einzige Problem, das Sie, Herr Edlinger, hinterlassen haben, sondern Sie haben noch viele andere Probleme hinterlassen. (Zwischenruf des Abg. Riepl. )

Die sozialistische Bildungspolitik hat beispielsweise 300 000 funktionelle Analphabeten hinterlassen. Sie hat eine Berufsgruppe, nämlich die Lehrer, hinterlassen, die am größten Burn-out-Syndrom von allen Berufsgruppen leidet, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Abg. Ing. Westenthaler  – in Richtung SPÖ –: Gratuliere!) In Wien ist eine derartig kurzsichtige Wohn- und Siedlungspolitik gemacht worden, dass 100 000 Menschen am Stadtrand angesiedelt wurden, ohne die entsprechenden Schulen zur Verfügung zu stellen. (Abg. Ing. Westenthaler  – in Richtung des Abg. Edlinger –: Ein Finanzminister, der in Mathematik immer gefehlt hat!) Es gibt in Wien Gebiete, wo es ganz einfach keine AHS gibt, weil man kurzsichtig geplant hat. Kinder müssen oft 30 Kilometer weit in eine AHS fahren. Das ist die "Zukunftsplanung" in Wien, meine sehr geehrten Damen und Herren! Das müssen Sie sich auch einmal vor Augen halten! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Gaál: Bundesangelegenheit!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auf der einen Seite haben wir ein sehr teures Bildungssystem, auf der anderen Seite haben wir sehr große Defizite. Diese Bundesregierung aber bekennt sich – endlich geschieht das! – zu einer Bildungsökonomie, damit einmal durchleuchtet wird, was da eigentlich in diesem Bildungsbereich geschieht, damit einmal diskutiert wird, welchen Weg wir eigentlich gehen und wie es aussieht mit der Gleichung: Mehr Lehrer heißt automatisch bessere Bildung!

Diese Bundesregierung möchte dafür Sorge tragen, dass es ein besseres Bildungssystem und ein besseres Schulwesen gibt. Und beim Bildungssystem muss man auf Grund der begrenzten Ressourcen, die ganz einfach vorhanden sind, darüber nachdenken, wie wir es in seiner Effizienz steigern können. Und das ist doch wirklich ein sehr guter Ansatz.

Sie von den Sozialisten und Sie von den Grünen sollten eigentlich mittun, damit diese Effizienz im Bildungswesen gesteigert wird. Aber das, was Sie tun, ist, zu verunsichern. Das ist Ihnen heute schon mehrmals vorgeworfen worden. Sie haben nichts anderes vor, als jetzt vor dem Wahlkampf die Eltern zu verunsichern, die Lehrer zu verunsichern, und das Ergebnis davon soll sein, möglichst viele Wählerstimmen für sich zu lukrieren. (Zwischenruf des Abg. Schwemlein. )

Aber Sie haben schon gesehen, dass es Ihnen nicht gelingen wird. (Abg. Dr. Kostelka: Redezeit!) Ein Berufener, nämlich Stadtschulratspräsident Scholz, hat ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um den Schlusssatz, Frau Abgeordnete!

Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (fortsetzend): Stadtschulratspräsident Scholz hat selbst gesagt, es werde sich am Ausbildungssystem nichts ändern. Herr Bürgermeister Häupl hat selbst gesagt, ... (Abg. Mag. Prammer: Abdrehen!)


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
59. Sitzung / Seite 43

16.46


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
59. Sitzung / Seite 44

Präsident Dr. Heinz Fischer:
Die Einhaltung der Redezeit habe ich bei Kollegin Kuntzl streng vorgenommen. Das gilt auch jetzt! Frau Abgeordnete, danke schön. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Ich sage nur noch einen Halbsatz: Der Herr Bürgermeister ...! – Rufe bei der SPÖ: Auf Wiedersehen! – Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP für die das Rednerpult verlassende Abg. Dr. Partik-Pablé. )

Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Öllinger zu Wort gemeldet. Ich teile dem Hohen Hause mit: Wir haben vereinbart, dass keine Fraktion mehr als einmal das Wort zu einer tatsächlichen Berichtigung in dieser Debatte erhält. Ich bitte, die Bestimmungen der Geschäftsordnung einzuhalten. – Bitte.

16.46

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Hohes Haus! Frau Abgeordnete Partik-Pablé hat hier erklärt (Abg. Schwemlein: Es war schwach, furchtbar schwach!), dass sie sich für eine Aufhebung der Unfallrentenbesteuerung nur in Härtefällen eingesetzt habe. (Abg. Ing. Westenthaler: Das ist keine tatsächliche Berichtigung!)

Ich zitiere dazu eine APA-Aussendung. (Abg. Ing. Westenthaler: Ein falscher Tatsachenbestand!)

"Eine bemerkenswerte Forderung erhob die Spitzenkandidatin der FPÖ ..., Helene Partik-Pablé ...: Wenn die Bundesregierung schon überlegt, die Unfallrentenbesteuerung in Härtefällen rückgängig zu machen, sollte gleich die Aufhebung der Besteuerung rückwirkend mit 1. Jänner 2001 beschlossen werden." – Zitatende.

Frau Abgeordnete Partik-Pablé! Im Unterschied zu dem, was Sie hier erklärt haben, haben Sie sich sehr wohl für die umfassende Aufhebung der Besteuerung der Unfallrenten ausgesprochen. Das ist einer APA-Meldung zu entnehmen. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

16.48

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Edlinger zu Wort gemeldet. – Dann kommt eine persönliche Erwiderung, die auf Grund des Wortlauts der tatsächlichen Berichtigung des Kollegen Öllinger zulässig ist.

Bitte, Herr Abgeordneter Edlinger. (Abg. Ing. Westenthaler: Mehr Mathematik für Edlinger!)

16.48

Abgeordneter Rudolf Edlinger (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Frau Bundesministerin! Frau Abgeordnete Partik-Pablé hat vor wenigen Minuten hier gemeint, ich hätte den höchsten Schuldenstand hinterlassen, den es in der Geschichte unseres Landes je gegeben habe. (Abg. Ing. Westenthaler: So ist es!) – Das ist falsch!

Wahr ist vielmehr, dass der Schuldenstand des Ministers Grasser 80 Milliarden über jenem ist, den ich hinterlassen habe. (Beifall bei der SPÖ. – Ironische Heiterkeit bei den Freiheitlichen.)

1623 und 1706 sind höher. Ich glaube, das ist Mathematik. (Abg. Dr. Pumberger hält eine Rechenmaschine in die Höhe.) – Das ist die Rechenmaschine, die Ihrem Intellekt entspricht! (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Trattner: Sie sollten mehr rechnen lernen!)

Ich habe aber noch eine zweite tatsächliche Berichtigung. Frau Dr. Partik-Pablé hat soeben gesagt, am Stadtrand müssten Kinder mitunter 30 Kilometer zur nächsten AHS fahren. – Ich möchte darauf hinweisen (Abg. Ing. Westenthaler: Mehr Mathematik für Edlinger!), dass es in Wien in jedem Bezirk mindestens eine AHS gibt, und es gibt keinen Bezirk, der im Durchmesser 30 Kilometer lang ist. Das wissen Sie als Spitzenkandidatin von Wien leider nicht, Frau Partik-Pablé! (Beifall bei der SPÖ.)

16.49

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu einer persönlichen Erwiderung auf die tatsächliche Berichtigung des Kollegen Öllinger gelangt Frau Abgeordnete Dr. Partik-Pablé zu Wort. Ich bitte, die Bestimmungen der Geschäftsordnung zu beachten.

16.49

Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (Freiheitliche): Kollege Öllinger hat mich persönlich angesprochen. Daher erwidere ich auf seine Behauptung, ich wäre für die rückwirkende Aufhebung der Unfallbesteuerung gewesen, dass ich laut meinem Pressedienst gesagt habe, dass die Aufhebung der Besteuerung rückwirkend mit 1. Jänner beschlossen werden solle: in Härtefällen   – das steht eindeutig da. (Zwischenruf des Abg. Öllinger. ) Das ist meine Original-Presseaussendung, das ist doch wohl das Maßgebende, Herr Abgeordneter Öllinger! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

16.50

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt die Frau Bundesministerin. Die restliche Redezeit von der Regierungsbank aus beträgt 8 Minuten. – Bitte, Frau Bundesministerin. (Abg. Ing. Westenthaler: Mehr Mathematik für Edlinger! Mehr Mathematikstunden für Edlinger! – Gegenruf des Abg. Edlinger. )

16.50

Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer: Herr Präsident! Hohes Haus! Ich glaube, ich muss doch das, was Frau Abgeordnete Kuntzl hier gesagt hat, richtigstellen. Das Beispiel, das Sie hier gebracht haben, entsprach einer neuen Verunsicherung. Es hat niemand davon gesprochen, irgendwo irgendein Schulgeld einzuführen. Es gibt keine Diskussion darüber, und ich bitte Sie, diese Verunsicherung nicht schon wieder in die Bevölkerung zu tragen! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Ich muss auch etwas zu den Ausführungen des Herrn Kollegen Edlinger sagen. Als ehemaliger Finanzminister müsste er eigentlich wissen, dass Schulden in dieser Größenordnung von selbst steigen, steigen und steigen. Das, was wir machen, ist: Wir machen keine neuen Schulden und versuchen, die alten abzubauen. (Abg. Edlinger: Alte Schulden können Sie nicht machen!) Trotzdem steigen Ihre Schulden noch. Das ist die Schwierigkeit, vor der wir stehen! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Edler hält ein Plakat mit der Aufschrift "Gehrer möchte Schulden!" in die Höhe.)

Heute hat Herr Bürgermeister Häupl in einer Aussendung gesagt: Wien wurde beim Finanzausgleich nicht ausgehungert! (Abg. Edlinger: 31 Millionen am Tag! – Abg. Ing. Westenthaler: Pleiteminister Edlinger!) Das heißt, Herr Bürgermeister Häupl, der Herr Landesschulratspräsident, hat dem Finanzausgleich zugestimmt. Er hat zugestimmt, dass man im Pflichtschullehrerbereich neue Verhältniszahlen erreicht. Er hat zugestimmt, dass diese vernünftige Maßnahme auch als gerechte Maßnahme zwischen den Bundesländern gesetzt wird. Ich habe mehrere Gespräche mit Frau Vizebürgermeisterin Laska geführt, die für die Einteilung im Pflichtschullehrerbereich zuständig ist. Wir haben ganz klar festgehalten, dass das Verhältnis 100 000 Schüler zu 10 000 Lehrer immer noch gut ist, dass alle Angebote gemacht werden können, aber dass man halt nicht mehr vier Lehrer in eine Klasse stellen kann. Das kann man eben nicht mehr machen! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich möchte noch etwas, was Sie, Frau Kuntzl, hier angeführt haben, klarstellen. (Abg. Grabner: Keine Ahnung, die Frau Ministerin!) Es ist mit Frau Vizebürgermeisterin Laska besprochen worden, dass wir die Heilstättenschulen extra berücksichtigen. Vielleicht hat sie es Ihnen nicht gesagt. Wir werden sie extra berücksichtigen. Aber die anderen Bereiche sind in allen Bundesländern gleich. Deswegen ist es auch gerecht, in allen Bundesländern dieselben Verhältniszahlen zu haben.

Wir werden im Pflichtschullehrerbereich sehr genau darauf schauen, dass die Länder in ihrer Kompetenz die richtigen Zuteilungen machen. Es werden in Zukunft auf einen Lehrer drei Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf fallen. Ich sage Ihnen etwas: Bei der Be


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
59. Sitzung / Seite 45

treuung behinderter Kinder sind wir europaweit Spitze. Da geht sich alles aus. (Zwischenruf der Abg. Haidlmayr. ) Da geht sich die Integration aus, da geht sich jede Sonderschulklasse aus, da geht sich alles aus. Und ich glaube, das müssen wir auch in diesem Zusammenhang sehen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Es ist mir auch noch ganz besonders wichtig, festzustellen, dass es mir und allen in der Regierung ein besonderes Anliegen ist, im Lehrerbereich zu beruhigen und klarzustellen, dass von den Ressourcen, die für die Gymnasien vorhanden sind, von den Ressourcen, die für die HTLs vorhanden sind, nichts wegkommt. Die Ressourcen werden pro Schüler den Schulen zugewiesen. Es kann sein, dass der Lehrer, weil er die Abschlagstunde für den Klassenvorstand nicht mehr hat, eine Stunde mehr in der Klasse steht, aber es wird den Schülern in unseren Gymnasien, in unseren berufsbildenden Schulen nichts an Ressourcen weggenommen. Und das ist wichtig! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Diese Regierung hat also ganz wichtige Schritte gesetzt: wichtige Schritte im Sanieren, wichtige Schritte im Reformieren, wichtige Schritte in der Schwerpunktsetzung. Ein Meilenstein auch für Schüler, auch für Studenten und Studentinnen ist das neue Kinderbetreuungsgeld. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Stellen Sie sich vor, für die Kinderbetreuung wird jetzt jedem ein ganzes Jahr lang 72 000 S mehr gezahlt! Stellen Sie sich vor, durch die Erhöhung der Familienbeihilfe mit 100 S pro Monat (Abg. Edlinger: Das ist falsch!) erhält ein Student im Laufe seines Lebens 26 400 S mehr an Familienbeihilfe! (Abg. Edlinger: Das Karenzgeld wird weggenommen! – Abg. Ing. Westenthaler: Der Pleiteminister Edlinger versteht das nicht!) Ich glaube, das ist ein wesentlicher Fortschritt, der unseren Familien zugute kommt. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Die Erhöhung der Familienbeihilfe, dieses Kinderbetreuungsgeld ist ein ganz wichtiger Beitrag für soziale Wärme in unserer Gesellschaft, für die Unterstützung derer, die es notwendig haben. (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Edlinger: Es haben alle notwendig! Alle haben es notwendig! Bei dieser Regierung – eh klar!)

Es ist hier so viel von Verunsicherung gesprochen worden. Herr Kollege Edlinger! Studentinnen haben es notwendig, Bäuerinnen haben es notwendig (Abg. Edlinger: Alle haben es notwendig!), Alleinerzieher haben es notwendig, Mütter mit drei und vier Kindern haben es notwendig. Wir geben es jenen, die es notwendig haben, und das tun wir gerne, sehr gerne. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

In meinem ersten Debattenbeitrag dazu habe ich angesprochen, welche Verunsicherung im Internet betrieben wird, welche Verunsicherung an die Lehrer, an die Eltern weitergetragen wird. Meine Kolleginnen und Kollegen von der grünen Fraktion: Ich habe von Ihnen keine klare Distanzierung von diesen Aufrufen gehört. Da wird aufgerufen: Keine Beratungszeit für Schüler und Schülerinnen!, da wird aufgerufen: Boykott der Frühwarngespräche! (Abg. Dr. Stummvoll: Unerhört!) Wollen Sie wirklich, und zwar auf dem Rücken der Schüler und Schülerinnen, die Lehrer zum Boykott aufrufen?! – Ich erwarte mir, meine Damen und Herren von der grünen Fraktion, eine klare Distanzierung von diesen Aufrufen zur Verunsicherung. (Anhaltender Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

16.57

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Petrovic. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

16.58

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Ich danke für diesen Vorschussapplaus der Regierungsparteien. – Frau Bundesministerin! Herr Bundeskanzler! Herr Präsident! Hohes Haus! Frau Bundesministerin, Sie befürchten Verunsicherung durch die Oppositionsparteien. (Abg. Dr. Martin Graf: Distanzieren Sie sich!) Frau Bundesministerin! Ich habe so fest auf Sie vertraut (Abg. Dr. Khol: Entschuldigen Sie sich!), als Sie damals gesagt haben: Ich bin gegen Studiengebühren! (Abg. Dr. Khol: Wo bleibt die Entschuldigung? – Abg. Ing. Westenthaler: Entschuldigen Sie sich!) Ich habe mir gedacht, nie wird diese Bundesministerin diesen Stand


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
59. Sitzung / Seite 46

punkt aufgeben. (Abg. Auer: Entschuldigen Sie sich!) Ich muss sagen, ich war durch Sie persönlich und Ihren Umfaller sehr verunsichert. Ich hoffe und wünsche mir, dass es in Bezug auf das Schulgeld den österreichischen Schulen, den Schülerinnen und Schülern und ihren Eltern nicht auch so gehen wird wie mir mit Ihrem Umfaller bei den Studiengebühren. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Khol: Wo bleibt die Entschuldigung?)

Frau Bundesministerin! Sie haben einen Vergleich angestellt, den ich angesichts dieser Debatte nicht sehr passend finde. (Abg. Ing. Westenthaler: Die Entschuldigung fehlt noch!) Wenn Sie davon sprechen, dass diese Studiengebühren so viel wie ein kleines Bier am Tag seien, dann denke ich mir, Sie bringen sehr viel Unernst in diese Debatte, denn Sie wissen – Sie bekommen dieselbe Zuschriften und E-Mails wie wir auch –, dass sehr viele österreichische Familien und junge Leute um eine gute Ausbildung ringen und dass das für viele harte Opfer bedeutet. Daher ist der Vergleich mit einem kleinen Bier Ihrer nicht würdig! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Kollegin Brinek hat in ihren Ausführungen wissenschaftliche Redlichkeit verlangt. – Nun, ich meine: Ja, das sind wir der Bevölkerung und das sind wir, glaube ich, auch uns selbst schuldig. Aber, Frau Brinek, wenn der Personalaufwand an den Schulen eingefroren wird – und wir wissen, dass es in diesem Land Gott sei Dank Lohnanpassungen, Gehaltsanpassungen gibt – und wenn wir davon ausgehen, dass in bestehende Dienstverträge nicht eingegriffen wird, dann ergibt sich eine ganz logische Rechnung: Entweder müssen die Gehälter der einzelnen Personen – der Lehrerinnen und Lehrer – abgesenkt werden, oder es muss beim Personal insgesamt gekürzt werden. Anders geht das nicht! (Präsident Dr. Fasslabend übernimmt den Vorsitz.)

Und um diese wissenschaftliche Redlichkeit, die die Schülerinnen und Schüler, die Lehrerinnen und Lehrer betrifft, ersuche ich tatsächlich! (Abg. Dr. Brinek: Frühpensionierungsmodell!)

Frau Abgeordnete Brinek! Die Zahlen sprechen auch eine klare Sprache. Herr Abgeordneter Amon hat zwar erklärt, wir hätten kontinuierliche Personalsteigerungen, aber da scheint wieder eine ganz falsche Statistik vorzuliegen (die Rednerin blättert in Budgetunterlagen)  – da steht aber wieder der Name Grasser drauf –, denn hier steht über den Personalstand betreffend die LandeslehrerInnen: 1993: 76 894, 2002: 73 765. – Also, Frau Abgeordnete Brinek, bitte mehr Redlichkeit in der Debatte! Das ist eine Absenkung! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Abg. Dr. Brinek begibt sich zum Rednerpult und hält der Rednerin die Graphik entgegen, die Abg. Amon während seiner Rede vorgewiesen hat.)  – Das ist eine Absenkung!

Meine Damen und Herren! Es war immer wieder davon die Rede, die Opposition sei Alternativen schuldig geblieben. – Nun, ich ersuche Sie noch einmal: Lesen Sie unseren Antrag! Darin ist die Rede von einer Intensivierung der Bildung, von einer Senkung der KlassenschülerInnen-Zahl, da ist die Rede von mehr Integration, und es wird eine Vertiefung des Sprachunterrichtes gefordert – auch in der Muttersprache von Kindern mit nichtdeutscher Muttersprache. Darin ist eigentlich eine vollkommene Bildungsoffensive umrissen. Also wo, meine Damen und Herren, fehlen Ihnen die Alternativen?

Die Grünen haben Alternativen präsentiert für den Bereich der Schule und für den Bereich der Individuen, der Menschen in diesem Land – und zwar mit ihrer Grundsicherung. Diese Konzepte sind machbar, sind umsetzbar – nur: Sie wollen sie nicht diskutieren, und das finden wir schade. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Ein Letztes: Ich kann nicht aus der Sicht einer Lehrerin sprechen, aber aus der Sicht einer Mutter von schulpflichtigen Kindern. Und das, was mir da immer von der Regierungsbank aus gesagt wird – es werde immer mehr an allem –, das kann ich wirklich beim besten Willen nicht bestätigen! Es gibt in der Volksschule meiner Tochter – eine ganz normale öffentliche Volksschule, eine sehr gute Schule in Wien XII – für meine Tochter mittlerweile kein Sachkunde-Buch mehr und auch kein Deutsch-Buch. Es ist nicht da. Die Eltern kopieren irgendwelches Zettelwerk, und die Kinder laufen mit losen Blattsammlungen herum. Der Vorschul-Unterricht wurde dramatisch eingeschränkt, und der war wichtig: gerade für Kinder aus


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
59. Sitzung / Seite 47

finanziell schwachen Familien und für MigrantInnen-Familien. – All das ist nicht mehr da, das ist weg!

Und meine größere Tochter – sie geht in eine normale öffentliche Mittelschule in Wien XV – ist gestern auf Schul-Schikurs gefahren, aber bei sechs Klassen gab es nicht einmal mehr pro Klasse zwei Lehrerinnen oder Lehrer, die mitfahren dürfen – und das, obwohl auch Kinder mit chronischen Krankheiten mit dabei sind: DiabetikerInnen, AsthmatikerInnen. Und ich verstehe manche Aufrufe, denn ich würde als Betreuungsperson diese übergroße Verantwortung bei einer derart geringen Betreuerzahl einfach nicht mehr übernehmen können.

Ein Allerletztes, und das betrifft die Situation der Frauen. Sie kennen die Debatte an der WU, Sie kennen den Anteil der Professorinnen an den Hochschulen: nicht einmal 5 Prozent. – Wenn wir in diesem Tempo weitermachen oder sogar – was Sie offenbar vorhaben – das Tempo drosseln, dann brauchen wir noch 200 Jahre bis zur Gleichstellung.

Dieses Einfrieren von Personalkosten führt natürlich dazu, dass es in überproportionalem Ausmaß Frauen trifft, die mit befristeten Dienstverträgen, mit Vertretungsverträgen betraut werden. Auch aus diesem Grund lehnen wir dieses falsche Sparpaket im Bereich der Bildung strikt ab! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

17.05

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Zur Geschäftsbehandlung hat sich Herr Abgeordneter Öllinger zu Wort gemeldet. – Bitte.

17.05

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Wir haben uns wirklich sehr darüber gefreut, dass der Bundeskanzler an der Debatte teilgenommen hat, aber wir hätten eigentlich erwartet, dass er an der gesamten Debatte teilnimmt und nicht nur dann, wenn das Fernsehen überträgt.

Ich stelle deshalb den Antrag auf Anwesenheit des Bundeskanzlers, weil diese Debatte über die Bildungspolitik wirklich wichtig ist. (Abg. Edlinger: Das Fernsehen ist ja weg! Das Interesse hat er geheuchelt vor dem Fernsehen! Das musst du verstehen! – Weitere Rufe und Gegenrufe zwischen allen Fraktionen. – Unruhe im Saal.)

17.05

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Zur Geschäftsbehandlung: Frau Abgeordnete Achatz. – Bitte.

17.06

Abgeordnete Anna Elisabeth Achatz (Freiheitliche) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Der Herr Bundeskanzler war lange Zeit, während weiter Teile der Debatte anwesend, und ich bin der Meinung, dass es der Geschäftsordnung vollkommen entspricht, wenn die Frau Bundesministerin weiterhin während der Debatte anwesend ist. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenrufe.)

17.06

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe in dem Augenblick, in dem ich den Saal betreten habe, um Herrn Kollegen Fischer abzulösen, einige Worte mit dem Herrn Bundeskanzler gewechselt. Ich habe seinen Ausführungen entnommen, dass er die Absicht hat, später wieder zu kommen. Ich kann nicht sagen, was er in der Zwischenzeit tut, ich kann nur sagen, dass er grundsätzlich sehr viel Zeit hier verbringt und dass es jedem Regierungsmitglied auch gestattet ist, selbstverständlich einige Minuten draußen zu sein – abgesehen davon, dass er natürlich auch das Recht hat, sich zu entfernen, weil er eine Anfrage oder einen Antrag vom zuständigen Regierungsmitglied behandelt weiß.

Es hat sich zu diesem Geschäftsbehandlungspunkt jetzt noch Herr Abgeordneter Spindelegger zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Zwischenrufe bei allen Fraktionen. – Unruhe im Saal.)


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
59. Sitzung / Seite 48

17.07

Abgeordneter Dr. Michael Spindelegger (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Hohes Haus! Dieser Dringliche Antrag der grünen Fraktion richtet sich an Frau Bundesministerin Gehrer, und sie war während dieser Debatte durchgehend anwesend.

Ich glaube, wir sollten es auch aus grundsätzlichen Erwägungen nicht einreißen lassen, dass dann, wenn ein anderes Regierungsmitglied an dieser Debatte teilnimmt, wir dieses sofort verpflichten, die gesamte Zeit hier anwesend zu sein. Ich glaube, es muss nach der Geschäftsordnung der Grundsatz gelten, dass das betroffene Regierungsmitglied auf der Regierungsbank anwesend zu sein hat und dass nicht andere jetzt durch Anträge sofort wieder herbeigeholt werden müssen.

Aus Sicht der ÖVP-Fraktion dient dieser Antrag nur dazu, die Debatte aufzuhalten, und wir lehnen ihn ab. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

17.08

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Meine Damen und Herren! Uns liegt ein Antrag vor, bei dem ich als Vorsitzender zwar davon ausgehe, dass er von der Geschäftsordnung her möglich ist, aber ich glaube nicht, dass es dem Usus entspricht – ich sage in aller Deutlichkeit, dass es nicht dem Usus entspricht –, dass ein nicht zuständiges Regierungsmitglied fünf Minuten nachdem es den Sitzungssaal verlassen hat, und obwohl ich Ihnen mitteile, dass es eine Äußerung gemacht hat, aus der ich schließen kann, dass es die Absicht hat, wieder zurückzukommen, herbeigeschafft werden soll.

Ich lasse gerne über den Antrag abstimmen, wenn Sie das wollen (Ja-Rufe bei den Grünen und der SPÖ), aber ich stelle ganz bewusst die Frage, ob wir damit nicht den Usus des Hauses auf eine Art und Weise missbrauchen, dass der Eindruck entsteht, es wird hier partout ein Mitglied der Bundesregierung herbeigeschafft. – Ich stelle die Frage! (Lebhafte Zwischenrufe bei der SPÖ und den Grünen. – Gegenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Zur Geschäftsbehandlung: Bitte, Herr Abgeordneter Kostelka.

17.09

Abgeordneter Dr. Peter Kostelka (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Ich beantworte Ihnen die Frage gerne. Die Geschäftsordnung gibt vor, dass Sie als Vorsitzender dieses Hauses geschäftsordnungsmäßige Anträge unverzüglich zur Abstimmung zu bringen haben und dass es darüber hinaus die Angelegenheit des Hauses ist, darüber zu befinden, ob ein Mitglied der Bundesregierung anwesend zu sein hat oder nicht. (Abg. Dr. Khol: Zur Geschäftsbehandlung!)

Ich erkenne in Ihrer Handlungsweise nur einen Sinn: so lange zu reden, bis Ihre Fraktion und die Fraktion der FPÖ ausreichend im Saal vertreten ist.

Herr Präsident! Ich mache Sie als Letztes auch auf Folgendes aufmerksam: Wenn Sie jetzt Herrn Abgeordnetem Khol das Wort erteilen, dann gehen Sie einmal mehr entgegen dem Usus dieses Hauses vor, denn vereinbart ist, dass von jeder Fraktion nur einer reden kann, und Sie wollen offensichtlich Ihre Fraktion bevorteilen. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Abg. Dr. Khol zieht seine Wortmeldung zur Geschäftsbehandlung zurück.)

17.10

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Herr Abgeordneter Kostelka! Bei allem Wissen und allem Können, das ich Ihnen zugestehe: Die Absicht, Gedanken zu lesen, stelle ich bei Ihnen zum ersten Mal fest, das muss ich in aller Deutlichkeit sagen. (Allgemeine Heiterkeit.)

Zweitens möchte ich sagen: Es gibt in der Präsidiale ein Einvernehmen darüber, dass so viel Zeit in Anspruch genommen wird, dass es nicht eine Abstimmung auf die Sekunde ist, sondern es soll durchaus ein Vorgang sein, bei dem selbstverständlich die Abgeordneten die Möglichkeit haben, kurze Pausen entsprechend zu beenden, um wieder rechtzeitig im Saal zu sein.

Da Sie offensichtlich den Antrag aufrechterhalten, lasse ich gerne darüber abstimmen.


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
59. Sitzung / Seite 49

Ich komme damit zur Abstimmung über den Antrag des Herrn Abgeordneten Öllinger mit dem Ersuchen, den Herrn Bundeskanzler in den Sitzungssaal zurückzurufen.

Wer für diesen Antrag ist, den ersuche ich um ein Zeichen. – Ich stelle fest, das ist die Minderheit und damit abgelehnt. (Abg. Ing. Westenthaler: Leider die Minderheit! – Abg. Dr. Khol: Wieder verloren! Den ganzen Tag verloren, und jetzt die Abstimmung verloren! Die SPÖ hat keine Strategie!)

Wir setzen damit die Debatte fort.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Niederwieser. – Bitte. (Abg. Ing. Westenthaler  – in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Dr. Niederwieser –: Dabei hat er sich extra eine neue Krawatte gekauft für das Fernsehen!)

17.12

Abgeordneter DDr. Erwin Niederwieser (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Vorab eine persönliche Bemerkung an Sie, Herr Präsident: Eigentlich sollten Sie es nicht nötig haben, selbst zu filibustern. Wenn der Klub nicht imstande ist, die Leute herzubringen, dann ist das seine Schuld und dann müssen die beiden Klubobleute für Abhilfe sorgen. Aber dass Sie sich dafür hergeben, diese Rolle zu übernehmen, das hat mich doch ein wenig erstaunt. (Beifall bei der SPÖ.)

Kollege Westenthaler ist heute nur einmal ein wenig in Schwierigkeiten geraten. Das war in Bezug auf Frau Partik-Pablé – die jetzt auch nicht mehr da ist, wahrscheinlich weil der Wiener Wahlkampf stattfindet –, die dazu genötigt hätte werden sollen, in einer Abstimmung das zu sagen und so abzustimmen, wie sie auch tatsächlich denkt. (Abg. Wenitsch: ... Können Sie sich nicht mehr erinnern?)

Da wurden Sie unruhig, ob dieser Antrag überhaupt zugelassen werden darf, Kollege Westenthaler. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Das wäre Ihnen unangenehm gewesen, wenn Ihre Spitzenkandidatin hier Farbe bekennen hätte müssen, wie es überhaupt dieser Regierung unangenehm ist, wenn sie Farbe bekennen muss! Das ist ja das Markenzeichen dieser Regierung: dass sie den Leuten das Geld aus der Tasche zieht und dafür nicht einmal die Verantwortung übernehmen will! (Beifall bei der SPÖ.)

Was sagen Sie denn? – Sie sagen: Ja, der Herr Häupl hat ja auch zugestimmt! Und die Lehrer sind ja auch einverstanden! – Es fehlt nur noch, dass Sie sagen, die Lehrer hätten es sich gewünscht, weniger zu werden. Das wäre der nächste Schritt. (Abg. Dr. Puttinger: 13 Prozent weniger Schüler!)

Der Wiener Bürgermeister hat sich so wie andere Landeshauptleute unter dem Diktat, dass das andernfalls eben ohne seine Zustimmung im Parlament mit Mehrheit beschlossen würde, zur Unterschrift unter den Finanzausgleich bewegen lassen. Und Sie wissen genau, dass die Stadt Wien unter sozialdemokratischer Führung alles unternimmt, um die Härten, die dieser Finanzausgleich und dieses Regierungsdiktat für die Bildung bringen, abzumildern. (Zwischenruf des Abg. Dr. Ofner . – Abg. Dr. Martin Graf: Und deswegen hat man die Bank-Austria-Stiftung gemacht, weil man "alles unternimmt"?!)

Die Frau Bundesministerin wundert sich, weshalb die Menschen diese Reformen nicht akzeptieren und warum Frau Kuntzl hier am Rednerpult gefragt hat: Droht jetzt etwa auch noch eine Vergebührung des Schulbesuches?, nachdem Sie, Frau Ministerin, erklärt haben, dass eben alles etwas kostet und wir müssten uns abgewöhnen, zu denken, dass vom Kindergarten bis zur Erwachsenenbildung alles kostenlos sein soll. Das sei die falsche, das sei die alte Philosophie, das haben Sie hier gesagt, Frau Bundesministerin!

Wenn wir uns dann die Frage stellen, wann die Schulen dran sind, und wenn Sie dazu darauf verweisen, das ganz dezidiert ausgeschlossen zu haben, dann erinnere ich Sie, Frau Ministerin – und schade, dass der Herr Bundeskanzler, der die Studiengebühren auch ausgeschlossen


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
59. Sitzung / Seite 50

hat, nicht mehr hier sitzt –, daran, dass Sie auch die Studiengebühren einmal dezidiert ausgeschlossen haben – und dann sind sie doch gekommen!

Das ist das Problem, das Sie bei all diesen Reformdiskussionen haben: Die Menschen haben den Eindruck, dass Sie etwas anderes sagen, als Sie dann tun! – Das ist der Grund, warum diese Reformdiskussion nicht weitergeht und warum hier große Skepsis herrscht. (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn eine Universität dann befindet, wir schauen uns das jetzt genau an und wir möchten hinsichtlich des Dienstrechts die Mitglieder befragen, dann bezeichnen Sie dieses Vorgehen als einer Demokratie, einer Universität unwürdig!

Was sagt Ihnen denn Professor Call – beileibe kein Altlinker oder Berufsdemonstrant, sondern Vorsitzender des Dienststellenausschusses in Innsbruck, also wirklich ein Konservativer in seiner politischen Einstellung –? Er schreibt am Samstag: "Diese Wortwahl brandmarkt die Frau Bundesministerin als extrem demokratieverachtend." – Das sagt Ihr Parteifreund dazu, wie Sie mit den Universitäten umgehen! (Zwischenruf des Abg. Dr. Ofner. )

Da sollten Sie einmal anfangen, nachzudenken, statt weiterhin zu behaupten, dass wir die Universitäten und die Schulen aufwiegeln – als ob diese nicht selbst in der Lage wären, zu analysieren und festzustellen, dass Lehrer eingespart werden, dass das Budget in der Wissenschaft und in der Forschung de facto nicht gesteigert wird, dass die Investitionen, die Sie vor zwei Jahren gestrichen haben, nicht aufgeholt werden, dass rund 7 000 bis 8 000 Studienplätze an den Fachhochschulen fehlen und dass rund 5 000 Plätze für Schülerinnen und Schüler an den berufsbildenden höheren Schulen fehlen!

Was sagen Sie im Herbst diesen Jugendlichen und diesen Kindern? Wo sollen diese hingehen? – Sie sagen ihnen, was nichts kostet, sei nichts wert. Und die Krone setzt dieser Aussage der Finanzminister in einem Interview auf, das in der ÖH-Zeitung "Scope" nachzulesen ist: 10 000 S im Jahr sind geradezu eine Lächerlichkeit. – Zitatende.

Das ist die Einstellung dieser Regierung dazu, wenn Menschen sich schwer tun, bei zwei, drei Kindern nicht nur 5 000 S pro Semester, sondern 15 000 S aufzubringen, wenn sie sich im heurigen Herbst schwer tun werden, die Fahrtkosten zu bezahlen, wenn sie sich schwer tun, darüber hinaus alle Materialien, die man für einen Studierenden braucht, aufzubringen.

Und sie zahlen ja jetzt schon dafür, Frau Bundesministerin! – Sie selbst haben gesagt: Wir haben auch das Budget insgesamt verringert, daher ist auch klar, dass der Anteil der Forschung und der Wissenschaft etwas geringer wird. – Ja, und das ist meine abschließende Feststellung: Die Menschen haben noch nie so wenige Leistungen vom Staat erhalten wie jetzt, aber sie haben für diesen Staat auch noch nie so viel gezahlt wie jetzt! Wir haben die höchste Steuer- und Abgabenquote in unserer Geschichte! Das ist die Bilanz dieser Regierung nach 13 Monaten! (Beifall bei der SPÖ.)

17.19

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Bruckmann. – Bitte.

17.19

Abgeordneter Dr. Gerhart Bruckmann (ÖVP): Frau Bundesminister! Herr Staatssekretär! Herr Präsident! Hohes Haus! Tante Jolesch soll vor einer Wahl, vielleicht war es eine Wiener Gemeinderatswahl, einmal gesagt haben: Ich wünsche jeder Partei den höchstmöglichen Zugewinn. (Zwischenruf der Abg. Dr. Petrovic. ) – Sie sind auch nicht die Tante Jolesch! (Abg. Dr. Petrovic: Nein, wirklich nicht! – Heiterkeit.)

Offenbar huldigen die Oppositionsparteien diesem Prinzip, was das Budget betrifft. Wenn man die Reden der letzten Monate Revue passieren lässt, dann sieht man, es erschöpfen sich alle Ausführungen von oppositionellen Sprechern in der Forderung, dass jeder Ansatz in jedem Budget wesentlich höher sein sollte, als im Budget vorgesehen ist – das sind die einzigen konstrukti


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
59. Sitzung / Seite 51

ven Vorschläge, die wir bisher gehört haben –, außer bei der Landesverteidigung, denn unsere Sicherheit braucht uns offensichtlich nichts wert zu sein. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Hohes Haus! Grundsätzlich gibt es zwei Arten von Politik: die eine, die, nur um nirgendwo anzuecken, möglichst alles unverändert lässt und daher eine Budgetpolitik nach dem Gießkannenprinzip vornimmt: Überall ein paar Tröpfchen mehr!, und eine andere Art der Politik, jene, die entschlossene Strukturmaßnahmen setzt, bei denen es dann aber zwangsläufig zu Verschiebungen der Budgetansätze a) zwischen den Ressorts und b) innerhalb der Ressorts kommen muss.

Diesbezüglich ist das Verhalten der Oppositionsparteien ein sehr durchsichtiges. Bezüglich aller gekürzter Budgetposten oder gleich bleibender Budgetposten erhebt sich ein großes Geschrei, denn jeder Budgetposten sollte ja wesentlich erhöht werden. Aber bezüglich der positiven Aspekte von Akzentverschiebungen gibt es entweder ein Madigmachen oder aber die Forderung, dass dies bei weitem nicht genug sei. Dies gilt insbesondere für das Kinderbetreuungsgeld – eine ganz wesentliche Weichenstellung in unsere Zukunft zugunsten der sozial Schwachen in unserem Lande.

Wenn Herr Abgeordneter Gusenbauer, den ich jetzt nicht mehr im Saal sehe – offenbar interessiert auch ihn, nachdem das Fernsehen abgedreht ist, die weitere Debatte nicht mehr –, betont hat, dass das, was in der Volksschule versäumt wurde, später im Leben nicht mehr nachholbar ist, dann möchte ich sogar noch einen Schritt weitergehen. Hohes Haus! Was in den ersten drei Lebensjahren versäumt wurde, ist im späteren Leben nicht mehr nachzuholen! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Diesbezüglich stellt das Kinderbetreuungsgeld einen ganz wesentlichen Schritt nicht nur in Richtung einer konstruktiven Sozialpolitik, sondern auch einer konstruktiven Bildungspolitik dar.

In dem Dringlichen Antrag, der heute unserer Sondersitzung zugrunde liegt, wird so getan, als wäre Österreich von einem Rückfall in den Analphabetismus bedroht. Dabei wird in den meisten der neun Punkte – ich habe sie hier vor mir – eigentlich nur genau das gefordert, was ohnehin vorgesehen ist oder was ohnehin der Fall ist.

Ich greife beispielhaft heraus: Punkt 2: Verbesserung der Integration Behinderter im Pflichtschulbereich und so weiter. – Hohes Haus! Österreich liegt an der Spitze Europas, und innerhalb von fünf Jahren wurden die diesbezüglichen Zahlen verdoppelt. – Punkt 4: Rascher Ausbau der IT-Arbeitsplätze in Schulen, Universitäten und Fachhochschulen. – Genau darüber, dass das der Fall ist, hat die Frau Bundesministerin bereits referiert.

Punkt 5: Ersatzlose Streichung der Studiengebühren. – Ich freue mich, dass Frau Kollegin Kuntzl noch hier ist, der ich nunmehr auf das antworten kann, was Sie mir geantwortet hatte. Sie hatte sehr zurückhaltend, was ich durchaus anerkennen möchte, darauf hingewiesen, dass es kein Wunder sei, wenn Gerhart Bruckmanns Sohn für Studiengebühren sei, denn "der Papa wird’s schon richten".

Ich repetiere, was mein Sohn mir gesagt hat. Er hat gesagt: Ich sehe nicht ein, dass die gesamten Kosten des mir zugute kommenden Universitätsbetriebes aus Steuergeldern der werktätigen Bevölkerung bezahlt werden sollen.

Dabei stoße ich auf eine wirklich merkwürdige Interpretation sozialdemokratischer Ideologie, denn offenbar sind Sie von der SPÖ für eine totale Umverteilung von den Werktätigen hin zum Bildungsbürgertum, und zwar auch in all jenen Fällen, in denen es der Papa sehr wohl richten kann! Ich komme da nicht mehr ganz mit.

Hohes Haus! Der nunmehr seitens der Bundesregierung und seitens Frau Bundesminister Gehrer vorgesehene Weg ist wesentlich gerechter, nämlich ab Herbst zunächst einen kleinen Beitrag zu den Kosten des Studienbetriebes von jenen, die vom Studium ja persönlich profitieren, zu fordern, dies aber selbstverständlich kompensiert durch ein gegenüber heute ausge


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
59. Sitzung / Seite 52

bautes Stipendiensystem. Damit kann überall dort, wo es der Papa richten kann und der Sohn nicht bedürftig ist, sehr wohl ein Beitrag eingefordert werden.

Ich sehe, dass mein Lämpchen noch nicht leuchtet, sodass ich doch noch einen Gedanken hinzufügen kann. Punkt 8 ist für mich besonders verräterisch, der ich seinerzeit die Gründungsphase der Klagenfurter Universität mitgemacht habe, als die erste Welle der 68er dort Versorgungsposten suchte.

Hauptinteresse dieser Gruppe war es, möglichst rasch unkündbar gestellt zu werden. Dies galt nicht nur für Klagenfurt, sondern das war auch das Bestreben im gesamten übrigen Hochschulbereich seit der ersten Universitätsreform. Das Ergebnis ist, dass viele Institute, auch in Fächern mit rückläufiger Hörerzahl, heute mit definitiv gestellten Mittelbauangehörigen verstopft sind, die sich ja nicht mehr anzustrengen brauchen, weil sie ja schon unkündbar gestellt sind, sodass noch so brillante jüngere Nachwuchskräfte auf Jahrzehnte hinaus keine Chance auf eine wissenschaftliche Laufbahn haben. – Hohes Haus! In diesem Punkt 8 schimmert diese leistungshemmende Denkweise der Alt-68er durch. (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Ironische Heiterkeit des Abg. Öllinger. )

Hohes Haus! Ich fasse zusammen: Diese Regierung hat Schluss gemacht mit dem Weiterwursteln und der Gießkannenpolitik. Sie setzt Prioritäten, sie macht Politik, und sie wird sich von diesem Politikmachen durch noch so viele Dringliche Anträge dieser Art nicht abbringen lassen! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

17.26

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Papházy. – Bitte.

17.26

Abgeordnete Dr. Sylvia Papházy, MBA (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist gut, dass diese Sondersitzung heute stattfindet, und es ist gut, dass die Sondersitzung noch vor den Budgetverhandlungen die dringend notwendige Klarheit schafft.

Investieren in Wissen zahlt die besten Zinsen, sagt ein alter Spruch, und gerade deswegen investiert die Regierungskoalition verstärkt in Bildung, verstärkt in Wissenschaft und Forschung. Unser Bildungssprecher Mag. Karl Schweitzer hat ebenso wie die Frau Bundesminister bereits darauf hingewiesen.

Die Opposition schürt die Ängste von Eltern und Kindern, um vom Versagen der sozialdemokratischen Wissenschaftspolitik und Bildungspolitik abzulenken. Dass diese auf den Unis weder sozial noch erfolgreich war, das hat diese Regierung bei ihrem Amtsantritt bemerkt. Zwei Stichworte: 50 Prozent Studienabbrecher und 43 Prozent keine einzige Prüfung im letzten Studienjahr.

Die Regierung hat auf diese Missstände sofort reagiert. Die Universitäten werden sich im Rahmen der Vollrechtsfähigkeit dem Wettbewerb stellen müssen, Privatunis und Fachhochschulen treten in direkte Konkurrenz zu den Universitäten, und die angesprochenen Studiengebühren werden direkt den Universitäten zugute kommen.

Studiengebühren sind sozial gerecht, wir haben das von der Frau Bundesminister am Beispiel "kleines Bier" gehört: weniger als der Preis für ein kleines Bier täglich, weniger als die Kosten für einen Kindergartenplatz für den Gegenwert einer hochqualifizierten Ausbildung. Die tatsächlichen Kosten belaufen sich ja pro Studienplatz pro Jahr je nach Studium auf 120 000 S bis 240 000 S, und es wäre nicht sozial gerecht, von Studierenden keine Beiträge einzufordern, sondern Lehrlinge zur Mitfinanzierung anzuhalten. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Die Bundesregierung hat vorgesorgt. Die Studiengebühren werden sozial abgefedert, die Studienbeihilfen verbessert und die Zuverdienstgrenzen neu


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
59. Sitzung / Seite 53

geregelt. Es ist sichergestellt, dass auch in Zukunft jeder studieren kann, der studieren möchte. (Widerspruch der Abg. Sophie Bauer. ) Diese Regierung schafft die Rahmenbedingungen dafür, und diese Regierung schafft auch zusätzliche Angebote, um den modernen Anforderungen auf dem Arbeitsmarkt gerecht zu werden, Stichwort: IT-Ausbildung, Stichwort: Fachhochschulen. Im Jahr 2005 soll bereits ein Drittel der Studienanfänger ihr Studium an Fachhochschulen beginnen.

Die Sozialdemokraten haben gerade im Bildungsbereich immer sehr schöne Sonntagsreden gehalten, aber in Wahrheit unsozial agiert. Unsozial war es zum Beispiel, den Schuldenberg von 2 200 Milliarden Schilling der Jugend zu übergeben, unsozial war es, den Studierenden die Freifahrt zu gewähren (Abg. Sophie Bauer: Sie schaffen sie ab!), sie ihnen aber dann im Wintersemester 1996/1997 wieder wegzunehmen. Frau Dr. Helene Partik-Pablé hat darauf hingewiesen, und zu meiner großen Freude wurde sie dabei gerade von einer Studentengruppe sehr unterstützt, nämlich von den sozialdemokratischen Studierenden. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es ist in meinen Augen unfassbar, dass Rot und Grün für die Pragmatisierung der Universitätslehrer kämpfen und dadurch jungen, ambitionierten Universitätsabsolventen die Chance auf eine wissenschaftliche Karriere verbauen. Es ist auch unfassbar, dass diese Universitätslehrer gegen ihre Studenten, gegen ihren wissenschaftlichen Nachwuchs streiken wollen, und zwar gegen ein noch nicht bekanntes Dienstrecht, gegen ein Dienstrecht, das nur vorübergehend bis zur vollständigen Autonomie in Kraft sein soll.

In diesen Tagen hat die Regierungskoalition auch FPÖ-Forderungen erfüllt. Das Kinderbetreuungsgeld wird Wirklichkeit. Gerade für Studentinnen bringt das soziale Gerechtigkeit. Studentinnen werden nicht mehr in die Armutsfalle geraten, sondern können auch mit Kind studieren. Und Landesparteiobmann Dr. Hans Achatz hat heute in der oberösterreichischen Landesregierung einen Antrag eingebracht betreffend einen Bildungsscheck für alle, sozial gestaffelt, 60 000 S für alle unter 30-Jährigen, unabhängig von der Qualifikation, unabhängig von der Ausbildung. – Sehr geehrte Damen und Herren, das ist für mich sozial gerecht! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Diese Regierung schafft die Rahmenbedingungen dafür, dass jeder Österreicher, jede Österreicherin die Bildung, die Ausbildung bekommen kann, die den Talenten und Wünschen entspricht. Ziel der Regierung ist es, den Kindern und Jugendlichen ein saniertes Österreich voller Zukunftschancen zu übergeben. Diese Bundesregierung unter Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel und Vizekanzlerin Dr. Susanne Riess-Passer wird dieses Ziel zum Wohle der Österreicherinnen und Österreicher erreichen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

17.31

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Öllinger. – Bitte.

17.32

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Staatssekretär! Es fällt irgendwie schwer, am Ende einer Debatte zu versuchen, auf die Argumente der Regierungsparteien nochmals zu replizieren (Heiterkeit bei der ÖVP), vor allem dann, wenn sich diese Argumente als Glaubensbekenntnisse herausgestellt haben.

Meine Damen und Herren! Sie glauben wirklich, dass nicht weniger ausgegeben wird für die Bildung. Da nützt es nichts, wenn wir Ihnen die Fakten präsentieren. Da nützt es nichts, wenn wir Ihnen präsentieren, wie es tatsächlich an den Schulen zugeht. Sie glauben ganz einfach, dass das nicht so ist. Das ist schön für Sie – aber mit Realität hat das nichts zu tun. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Das ist pure Verweigerung, meine Damen und Herren, eine Verweigerung, die ausgerechnet Sie immer wieder den Oppositionsparteien vorwerfen. Ja, ich gebe es zu, wir wollen mehr tun für die Bildung, und das sagen wir jetzt und heute, aber wir haben das auch schon vor zwei oder drei Jahren gesagt.


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
59. Sitzung / Seite 54

Was haben Sie dagegen einzuwenden, meine Damen und Herren, dass die Klassenschülerhöchstzahl auf ein pädagogisch und didaktisch sinnvolles Maß reduziert wird? (Zwischenruf der Abg. Dr. Brinek. ) Natürlich gibt es nicht in allen Klassen 36 SchülerInnen, Frau Kollegin Brinek, aber es gibt solche Klassen, und es gibt sogar Klassen im Bereich der HTLs, der HAKs, wo man über diese 36, über die maximal erlaubte Schülerzahl hinausgegangen ist. Auch das gibt es, Frau Kollegin Brinek.

Aber Sie nehmen es nicht zur Kenntnis! Sie verweisen auf irgendwelche statistische Größen. Das ist besonders das Faible des Kollegen Amon, auf irgendwelche errechnete statistische Größen zu verweisen, die mit dem, was sich in den Schulen wirklich abspielt, aber überhaupt nichts zu tun haben. (Beifall bei den Grünen.)

Ja waren Sie in den letzten Wochen oder Monaten, Herr Kollege Amon, einmal in der Schule? (Zwischenruf des Abg. Amon. )

Und jetzt komme ich zu Ihrem Entschließungsantrag. Das ist ja ein Ausbund an Logik und Vernunft von Seiten der Regierungsparteien. Da wird der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit aufgefordert, das AMS aufzufordern, für die Weiterbildung von Junglehrern ohne Anstellung einen Qualifikationsschwerpunkt im Informationstechnologiebereich einzurichten, mit der Zielsetzung, dass diese Junglehrer nach Erwerb der Zusatzqualifikation dem IT-Ausbildungsbereich und der Wirtschaft zur Verfügung stehen.

Herr Kollege Amon! Zweierlei gilt es dazu zu bemerken: Diese Lehrer mit dieser Zusatzausbildung brauchen wir nur an den Schulen, nur an Schulen! Da gibt es derzeit zu wenig. Da gibt es einen eklatanten Mangel. – Punkt eins. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Punkt zwei, Herr Kollege Amon: Was ist denn mit den pädagogischen Instituten, die in den meisten Bundesländern unter ÖVP-Verwaltung stehen? Sind die nicht imstande, den Lehrern diese Zusatzqualifikationen zu vermitteln? Warum ausweichen auf das AMS? Wir haben pädagogische Institute, und Sie wissen genauso gut wie ich, dass der Sparkurs der Bundesregierung in den letzten Jahren, unabhängig davon, ob die pädagogischen Institute schwarz oder rot verwaltet werden, auch diese erreicht hat und dass dort überall gespart werden soll – auf Kosten der Bildung und auf Kosten der Zukunft! Und da, Herr Kollege Amon, machen wir sicher nicht mit, bei diesem bequemen Abwälzen und Auslagern! (Beifall bei den Grünen.)

Anders herum: Die Frau Bundesministerin beziehungsweise die Bundesregierung nimmt aus der Arbeitslosenversicherung 250 Millionen Schilling für Zwecke des Stipendiensystems. Ja mit welcher Legitimation, Herr Kollege Amon? (Abg. Großruck: Mit der Legitimation des Parlaments!) Mit welcher Legitimation würde ich in Ihre Tasche hineingreifen, um mir mein Leben zu finanzieren? (Abg. Dr. Puttinger: Erfüllung eines Gesetzes!) Das hat nichts mit Arbeitslosigkeit zu tun!

Sie sollten, wenn Sie die Bildung ernst nehmen, ihr auch den entsprechenden Stellenwert geben, Herr Kollege Amon! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

17.36

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Antoni. – Bitte.

17.36

Abgeordneter Dr. Dieter Antoni (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Herr Staatssekretär! Ich bringe noch zwei Entschließungsanträge ein, einen vom Kollegen Niederwieser, der den Nationalrat ersucht, beschließen zu wollen, den freien und offenen Zugang zur Hochschule sicherzustellen, Universitätsreformen und Reformen im Bereich des Dienstrechtes so zu gestalten, dass positive Auswirkungen auf die Qualität der Studienangebote sichergestellt werden.

Der zweite Entschließungsantrag ist von mir, der ... (Ein Beamter auf dem Präsidium erleidet einen Schwächeanfall und bricht zusammen. – Die anwesenden Ärzte unter den Abgeordneten eilen zu ihm, um erste Hilfe zu leisten. – Rufe bei der SPÖ: Sitzung unterbrechen! Unterbre


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
59. Sitzung / Seite 55

chen! – Abg. Ing. Westenthaler: Die ist ja unterbrochen! – Abg. Murauer: Da ist doch jetzt kein Platz für Formalismen, bitte!)

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Die Sitzung ist bis auf weiteres unterbrochen.

(Die Sitzung wird um 17.38 Uhr unterbrochen und um 17.45 Uhr wieder aufgenommen. )

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf.

Ich bitte Herrn Abgeordneten Dr. Antoni, mit seinen Ausführungen fortzusetzen.

Abgeordneter Dr. Dieter Antoni (fortsetzend): Hohes Haus! Ich möchte, ehe ich mit meiner Rede fortsetze, der Hoffnung Ausdruck geben, dass unserem Kollegen nicht allzu viel passiert ist und dass er sich möglichst rasch von diesem Vorfall wieder erholt. (Allgemeiner Beifall.)

Ich möchte nur noch meinen Entschließungsantrag zu Ende vorstellen und dann schließen.

Wir beantragen, der Nationalrat möge eine Qualitätsoffensive beschließen, durch eine Reform und Verbesserung der LehrerInnenaus- und -fortbildung sowie durch ein flexibleres LehrerInnendienst- und -besoldungsrecht, durch zusätzliche Bildungsangebote insbesondere im berufsbildenden Schulwesen und genügend Ausbildungsplätze für unsere Lehrlinge. Schließlich möge der Nationalrat für die rasche Umsetzung der "Computer-Milliarde" mit den bereits genannten Sondermaßnahmen und für die Bereitstellung einer "Erwachsenenbildungs-Milliarde" sorgen, um zu informieren, um Collegs für Berufstätige sicherzustellen und das gebührenfreie Nachholen von Bildungsabschlüssen aller Art zu ermöglichen.

Ich bedanke mich. (Beifall bei der SPÖ.)

17.47

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Ich gebe bekannt, dass die in ihren Kernpunkten erläuterten Anträge betreffend Qualitätsoffensive an Schulen und in der Erwachsenenbildung einerseits und betreffend notwendige Reformschritte an den österreichischen Universitäten andererseits auch schriftlich überreicht wurden, genügend unterstützt sind und in einem ausreichenden inhaltlichen Zusammenhang stehen. Die beiden Anträge stehen damit auch mit zur Abstimmung.

Ich habe angeordnet, dass beide Anträge im Hinblick auf den Umfang beziehungsweise auf die Komplexität gemäß § 53 Abs. 4 GOG verteilt werden.

Im Übrigen werden beide Anträge auch dem Stenographischen Protokoll beigedruckt werden.

Die Anträge haben folgenden Wortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten DDr. Niederwieser und GenossInnen betreffend notwendige Reformschritte an den österreichischen Universitäten, eingebracht im Zuge der Debatte über den dringlichen Antrag betreffend "Bildungsoffensive jetzt" (in der Sitzung vom 12.03.2001)

Die Wissenschafts- und Forschungspolitik der gegenwärtigen Bundesregierung hat bereits zu zahlreichen Protesten an den Universitäten und aus dem Kreis der Studierenden geführt. Die überfallsartige Einführung der Studiengebühren stellte offensichtlich den ersten Schritt zur Einschränkung bzw. Abschaffung des offenen Universitätszugangs in Österreich dar. Weitere Hürden sind im Zuge der von der Bundesregierung geplanten "Vollrechtsfähigkeit" der Universitäten zu erwarten. Dazu kommt die große Verunsicherung der UniversitätslehrerInnen durch die unausgegorenen Vorschläge betreffend ein neues Dienstrecht. Die bisher bekanntgegebenen Vorstellungen betreffend die Organisationsreform der Universitäten bedeuten das Ende der demokratischen Mitbestimmung aller Universitätsangehöriger.


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
59. Sitzung / Seite 56

Seit der am 15.12.2000 im Bildungsministerium erfolgten Präsentation der "Eckpunkte zur Weiterentwicklung des Universitätsbereichs" verstärkt sich die Kritik an der chaotischen Wissenschaftspolitik dieser Bundesregierung durch die Universitätsangehörigen und die Studierenden in Österreich. Vorläufiger Höhepunkt des Widerstandes der betroffenen Universitätsangehörigen wird der 15.03.2001 sein, an dem in ganz Österreich Protestversammlungen abgehalten werden. Trotzdem ist das Bildungsministerium bis heute nicht bereit, den Schlagworten vom 15.12.2000 konkret ausformulierte Vorstellungen folgen zu lassen. Das hat zu einer massiven Verunsicherung sowohl hinsichtlich der dienstrechtlichen Fragen als auch des künftigen Organisationsrechts an den Universitäten geführt. Große Teile des Mittelbaus werden durch die angekündigten Dienstrechtsänderungen in ihrer beruflichen Existenz bedroht. Auch die Ausgliederung der Universitäten soll offensichtlich ohne breite Diskussion mit den davon betroffenen Gruppen durchgepeitscht werden. Noch dazu sollen diese Reformen ohne Evaluierung des UG 1993 erfolgen.

Es ist unbestreitbar, dass Probleme im universitären Bereich existieren, die einer dringenden Lösung bedürfen. Dazu zählen unter anderem die überdurchschnittlich langen Studienzeiten in Österreich, das Fehlen von ausreichenden Studienangeboten für Berufstätige, die fehlende Abstimmung des Lehrangebots, der oft fehlende Arbeitsmarktbezug bei den Studienplänen,

Evaluierungsverfahren ohne Konsequenzen, unzureichende Investitionsmittel, unzureichende Mittel für den Ausbau der Fachhochschulen usw. Über weitere Schritte der Universitätsreform kann aber nur dann sinnvoll diskutiert werden, wenn ein konkreter Bezug zwischen den vorgeschlagenen Reformen und den dadurch zu lösenden Problemen hergestellt wird. Dies ist bei den bisher bekanntgewordenen Vorstellungen der Bildungsministerin nirgends der Fall. Welche Probleme durch welche Reformschritte gelöst werden sollen bleibt im Schlagwortkatalog des Bildungsministerium völlig im Dunkeln.

Dazu kommt die Tendenz, Fragen der Universitätsreform ausschließlich aus einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise zu sehen. Offensichtlich soll ein möglichst hoher "Output" an akademisch gebildeten Arbeitskräften für die Wirtschaft in möglichst kurzer Zeit und zu möglichst geringen Kosten produziert werden. Dieser Ansatz ist völlig unzureichend und geht an der gesellschaftlichen Bedeutung von Bildung vorbei. Universitäten haben in Lehre und Forschung eine gesamtgesellschaftliche Verantwortung und können daher nicht wie gewinnorientierte Unternehmen organisiert und geführt werden.

Die organisationsrechtlichen Vorstellungen der Bildungsministerin einschließlich der Einführung von "Globalbudgets" lassen das definitive Ende des freien Hochschulzuganges in Österreich befürchten. Die Universitäten werden "Globalbudgets" nur dann akzeptieren, wenn die damit zu finanzierenden Studienplätze – wie bereits im Fachhochschulsektor – streng kontingentiert werden. Das würde das Ende der seit den siebziger Jahren in Österreich erfolgten Bildungsexpansion bedeuten. Die Bundesregierung strebt den Umbau des freien und demokratischen Universitätssystems Österreichs in Bildungseinrichtungen für gesellschaftliche Eliten an, die durch Studiengebühren und Aufnahmeprüfungen dafür sorgen werden, dass der Anteil von Kindern aus Klein- und Mittelverdienerfamilien begrenzt bleibt.

Verschärft werden die Probleme im Universitätsbereich durch die außerordentlich restriktive Budgetpolitik, die sämtliche gesellschafts- und bildungspolitische Ziele dem Mythos "Null-Defizit" opfert. Laut Übersicht 20/2 der Beilagen zur Budgetrede des Finanzministers werden die Ausgaben für Forschung und Entwicklung von 2.937 Millionen Euro (2001) auf 2.451 Millionen Euro (2002) sinken. Die mehrfach angekündigten zusätzlichen 7 Milliarden ATS für Forschung und Entwicklung sind immer noch nicht in konkreten Einzelprojekten realisiert. Entgegen der Ankündigung der Bildungsministerin in den Verhandlungen über den Bundesvoranschlag 2000 wurden auch die damals um zwei Drittel gekürzten Investitionsmittel für die Universitäten bis heute nicht kompensiert.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
59. Sitzung / Seite 57

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert, eine Weiterentwicklung des universitären Bereichs in Österreich nach folgenden Grundsätzen vorzunehmen:

Der freie und offene Hochschulzugang ist auch weiterhin zu gewährleisten. Studiengebühren sind abzuschaffen, Ansätze einer Studienplatzkontingentierung sind zurückzunehmen.

Organisatorische Reformen der Universitäten dürfen zu keiner Einschränkung der Qualität der demokratischen Mitbestimmung aller Universitätsangehöriger führen.

Die Reformen müssen positive Auswirkungen auf die Qualität des Studienangebots (zB erhöhte Lehrkapazitäten für die Betreuung der Studierenden, Studierbarkeit in der gesetzlichen Studiendauer, verbesserte Vereinbarkeit von Studium und Beruf) haben.

In allen wissenschaftlichen und organisatorischen Führungsbereichen muss es zu einer Erhöhung der Frauenquoten kommen.

Aufgrund der gesamtstaatlichen Verantwortung und der überwiegenden Steuerfinanzierung der österreichischen Universitäten müssen sowohl auf parlamentarischer Ebene wie auf Regierungsebene entscheidende Steuerungsmöglichkeiten auch weiterhin gegeben sein.

Reformen im Bereich des Dienstrechts dürfen nicht zu einer Verunsicherung der Universitätsangehörigen und zu einer Vergeudung des Humankapitals der österreichischen Universitäten führen.

Ein reformiertes Dienstrecht soll zu einem international konkurrenzfähigen Laufbahnmodell für Neuaufnahmen führen (z. B. vermehrter Einsatz von Doktoratsstipendien und befristeten wissenschaftlichen MitarbeiterInnenstellen bis zum Erwerb des Doktorats; ab dem Doktorat ein Modell kontinuierlicher Qualifikation und Evaluation).

Evaluierung des UOG 1993 als Grundlage der Reformdebatte.

Einbindung aller Betroffenen im Rahmen einer breiten Diskussion statt Durchpeitschen von gravierenden Dienstrechts- und Organisationsreformen.

Kein Einfrieren des Pesonalaufwands und dadurch bedingte Stellenkürzungen an den Universitäten.

Erarbeitung eines Hochschulrahmenkonzeptes für den gesamten postsekundären Sektor im Hinblick auf Standorte, Finanzierung, Organisation und Studienangebote.

Rasche Festlegung und Absicherung der Forschungsmittel für die nächsten fünf Jahre, um eine längerfristige Projektplanung zu ermöglichen.

Sonderdotierung für Fachhochschul-Studiengänge im Sozial- und IKT-Bereich, damit die seit Jahren vorliegenden Anträge genehmigt und die Projekte noch heuer begonnen werden können.

Anerkennung des Fachhochschulabschlusses als Abschluss auf Hochschulniveau im öffentlichen Dienst.

Zusätzliche Investitionsmittel für die Universitäten in der Höhe der im Budget 2000 gestrichenen Summe.

Umwandlung der prekären Dienstverhältnisse im Bereich der Universitäten unter Berücksichtigung der ExistenzlektorInnen.

Umsetzung des e-Europe-Programmes in Schulen, Universitäten und im Bereich der Erwachsenenbildung.


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
59. Sitzung / Seite 58

Förderung des Bildungssparens (für Zwecke der Erwachsenenbildung) nach dem Modell des Bausparens.

Bereitstellung ausreichender budgetärer Mittel, um die Forschungsquote am BIP auf
2,5 % zu erhöhen.

*****

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Antoni und GenossInnen betreffend Qualitätsoffensive an Schulen und in der Erwachsenenbildung, eingebracht im Zuge der Debatte über den Dringlichen Antrag betreffend "Bildungsoffensive jetzt" (eingebracht in der Sitzung vom 12.03.2001)

Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel stellte in seiner Regierungserklärung am 9. Februar 2000 unter dem Titel "Neu regieren heißt: Bildung als Rohstoff des 21. Jahrhunderts zum Mittelpunkt machen" fest:

"Ein Staat, der in brain-power investiert, sichert die Lebens- und Arbeitschancen der Menschen und stärkt die Wirtschaft. Wir werden uns deshalb mit aller Kraft der Sicherung der Qualität und der Weiterentwicklung der Bildungsangebote widmen."....... "Die Bedeutung des lebensbegleitenden Lernens für die berufliche Sicherheit und Weiterentwicklung wird immer wichtiger, deshalb wollen wir mit einer umfassenden Regierungsoffensive den Erwachsenen- und Weiterbildungsbereich fördern und innovative Formen der Weiterbildung gerade in neuen Berufsfeldern unterstützen."

Die FP-/VP-Regierung hat seit ihrem Amtsantritt entgegen ihren Versprechungen in Bildung zu investieren, mit einer "Rasenmäher-Methode" quer über alle Bildungsbereiche gekürzt. Der Bildungsabbau wird auch im Budget 2002 fortgesetzt. Standen 1999 noch 7,847 Mrd. Euro oder 4 % des BIP für Bildung zur Verfügung, werden es im Jahr 2002 nur mehr 3,56 % sein – das ist eine Reduktion um 11 %.

Das Unterrichtsbudget weist für 2002 lediglich eine geringe Erhöhung von 5,626 Mrd. Euro auf 5,634 Mrd. Euro (plus 0,14 %) auf. Darin enthalten sind bereits die jährlich um 2,5 % steigenden Strukturkosten beim LehrerInnen-Personal und die ausverhandelte 0,8 %ige Erhöhung der Gehälter. Allein um das derzeitige Niveau aufrechtzuerhalten, bedarf es einer mehr als 4 %igen jährlichen Steigerung des Bildungsbudgets. Damit ist aber noch kein einziger zusätzlicher Schulplatz geschaffen bzw. können Qualitätsverbesserungen umgesetzt werden.

Die international anerkannte Qualität des österreichischen Bildungssystems ist damit gefährdet!

Durch die Maßnahmen der FP-/VP-Regierung droht bis zum Ende der Legislaturperiode ein Abbau von insgesamt rund 7.000 LehrerInnen in allen Schultypen. Betroffen sind vor allem die jungen VertragslehrerInnen sowie SchülerInnen, berufstätige Eltern, Alleinerziehende; die LehramtskandidatInnen erhalten überhaupt keine Chance mehr in den Beruf einzusteigen. Insgesamt kommt es zu einem massiven Qualitätsverlust im österreichischen Schulwesen, die Chancengerechtigkeit, das Recht auf Ausbildung bleibt auf der Strecke.

Es drohen eine Erhöhung der KlassenschülerInnen-Zahlen und eine Reduktion der Integrationsklassen, davon sind Kinder mit nichtdeutscher Muttersprache, Kinder mit Behinderungen oder Kinder mit spezifischem Förderbedarf betroffen. Weiters wird es kaum mehr ein Angebot an unverbindlichen Übungen und Freigegenstände, wie z. B. Informatik-, Musik- und Sportunterricht geben. Die Angebote von ganztägigen Schulformen bzw. Schulen mit Nachmittagsbetreuung müssen gekürzt werden, davon betroffen sind vor allem die berufstätigen Eltern und die Alleinerziehenden. Moderne pädagogische Lehrformen, wie Projektunterricht, Team teaching, fächerübergreifender Unterricht werden erschwert.


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
59. Sitzung / Seite 59

Das Budget leistet keinen Beitrag zum dringend notwendigen Ausbau des berufsbildenden, mittleren und höheren Schulwesens, insbesondere zur Ausbildung von Informations- und Technologieexperten. Der notwendige Einsatz von moderenen Informations- und Kommunikationstechnologien erfolgt zu spät und zu langsam. Das Budget für die Erwachsenenbildung, also für das lebens- und berufsbegleitende Lernen, ist 2002 auf der völlig unzureichenden Höhe von 10,805 Mio. Euro eingefroren. Im Vergleich zum Budgeterfolg 2000 ist das eine Kürzung um 17 %! Bereits für das Jahr 2001 wurde die Förderung der Erwachsenenbildung um 15 % gekürzt und das, obwohl der Rechnungshof und die OECD die zu geringen Mittel für die Erwachsenenbildung kritisiert und eine deutliche Erhöhung empfohlen haben.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert, durch folgende Maßnahmen sicherzustellen, daß das breitgefächerte umfangreiche Bildungsangebot an allen österreichischen Schulen und den Institutionen der Erwachsenenbildung aufrechterhalten und weiter ausgebaut werden kann, damit die Chancengerechtigkeit und das Recht auf Bildung und Ausbildung für alle weiterhin gewährleistet ist:

Gebührenfreier Zugang zu allen Schulen sowie zu den Institutionen der Erwachsenenbildung.

Erhöhung der SchülerInnen- und Heimbehilfen für die sozial und regional Benachteiligten.

Ausbau der SchülerInnen-Mitbestimmung.

Qualitätsoffensive durch

grundlegende Reform und Verbesserung der LehrerInnen-Aus- und Fortbildung, insbesondere im Fremdsprachen- und IT-Bereich sowie in der Didaktik;

flexibles und praxisgerechtes LehrerInnen-Dienst- und Besoldungsrecht;

Sicherstellung der erforderlichen LehrerInnen-Planstellen für alle Schulen;

Bereitstellung der erforderlichen Schul- und Unterrichtsräumlichkeiten mit moderner informationstechnologischer Ausstattung sowie der Schulplätze;

optimale Nutzung dieser Schulraumressourcen, Labors, Werkstätten usw. durch Kooperationsverträge zwischen verschiedenen Schulerhaltern;

besondere Fördermaßnahmen für Kinder mit Lernschwächen, mit Behinderungen und sonderpädagogischem Förderbedarf sowie für Kinder mit nichtdeutscher Muttersprache;

generelle Sicherstellung der Nachmittagsbetreuung von SchülerInnen;

schrittweise Senkung der KlassenschülerInnen-Höchstzahlen;

verstärkte Flexibilität und Kooperation zwischen verschiedenen Schularten.

Sicherung der Standorte von Kleinschulen in ländlichen Regionen.

Rasche Umsetzung der "Computer-Milliarde".

Sonder-Maßnahmenpaket zur Ausbildung von Experten in Informations- und Kommunikationsberufen: 5.000 zusätzliche Ausbildungsplätze in Informatiklehrgängen und Kollegs, weitere 5.000 Schulplätze in den berufsbildenden Schulen für die Erstausbildung.


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
59. Sitzung / Seite 60

Zusätzliche Ausbildungsangebote als Alternative zum dualen Bereich für jene Jugendlichen, die keinen Lehrplatz finden.

Ausreichendes Angebot von Schulplätzen in den berufsbildenden mittleren und höheren Schulen.

Bereitstellung einer Milliarde Schilling für die Weiterbildung sowie zur Unterstützung des berufsbegleitenden Lernens.

Umfassendes Informationssystem über alle Weiterbildungsangebote.

Ausbau der Schulen für Berufstätige zu "Kollegs für Berufstätige" als multifunktionale Bildungszentren.

Gebührenfreies Nachholen von Bildungsabschlüssen, wie z. B. Hauptschulabschluß, Fachschulabschluß, Berufsreifeprüfung.

Ausbau einer flexiblen "Bildungskarenzzeit" für alle ArbeitnehmerInnen und insbesondere für Frauen, die nach der Kinderbetreuung wieder in den Beruf einsteigen wollen.

*****

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist damit geschlossen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Selbständigen Antrag 397/A (E) der Abgeordneten Van der Bellen und Genossen betreffend "Bildungsoffensive jetzt!".

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Antrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Amon, Mag. Schweitzer und Genossen betreffend Schaffung von Qualifikationsschwerpunkten im IT-Bereich für Junglehrer.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Ich stelle fest: Das ist die Mehrheit und damit angenommen. (E 67.)

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Kuntzl und Genossen betreffend Abschaffung der unsozialen Besteuerung der Unfallrenten.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Ich stelle fest: Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten DDr. Niederwieser und Genossen betreffend notwendige Reformschritte an den österreichischen Universitäten.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Ich stelle fest: Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Antoni und Genossen betreffend Qualitätsoffensive an Schulen und in der Erwachsenenbildung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist ebenfalls die Minderheit und damit abgelehnt.


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
59. Sitzung / Seite 61

Kurze Debatte über einen Fristsetzungsantrag

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Wir kommen nun zur kurzen Debatte über den Antrag des Herrn Abgeordneten Dr. Kostelka, dem Finanzausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 387/A der Abgeordneten Dr. Gusenbauer und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988 geändert wird, eine Frist bis 13. März 2001 zu setzen.

Nach Schluss dieser Debatte wird die Abstimmung über den gegenständlichen Fristsetzungsantrag stattfinden.

Wir gehen in die Debatte ein.

Ich mache darauf aufmerksam, dass gemäß § 57 Abs. 1 der Geschäftsordnung kein Redner länger als 5 Minuten sprechen darf, wobei der Erstredner zur Begründung über eine Redezeit von 10 Minuten verfügt. Stellungnahmen von Mitgliedern der Bundesregierung oder von zu Wort gemeldeten Staatssekretären sollen nicht länger als 10 Minuten dauern.

Das Wort erhält zunächst die Antragstellerin, Frau Abgeordnete Mag. Plank. – Bitte.

17.50

Abgeordnete Mag. Brunhilde Plank (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Kolleginnen und Kollegen! Frau Partik-Pablé zieht es offensichtlich vor, heute die Abstimmung nicht aktiv mitzumachen. Sie hat sich allerdings heute hier ohnehin schon sehr eindeutig deklariert. – Frau Partik-Pablé! Hier läuft keine üble Kampagne gegen Sie, aber Ihre Glaubwürdigkeit als Politikerin steht auf dem Prüfstand. (Beifall bei der SPÖ.)

Sie haben heute hier deutlich gemacht, Sie wollen nie gesagt haben, dass Sie für eine Rücknahme der Unfallrentenbesteuerung seien. Sie sind gegen die rückwirkende Aufhebung der unsozialen und ungerechten Unfallrentenbesteuerung. Sie sind also für ungerechte und unsoziale Politik. (Beifall bei der SPÖ.) Frau Partik-Pablé! Sie machen eine Kampagne gegen sozial Schwache. Sie nehmen UnfallrentnerInnen ihr Recht.

"Die moderne Regierung hat es notwendig, den verunfallten und behinderten Menschen Geld wegzunehmen, um die Schuldenlöcher zu stopfen. Ich bin selbst betroffen. Ich habe bei einem Verschubunfall beide Beine verloren und bin zu 100 Prozent Invalide. Ich frage mich, ob das die neue soziale Treffsicherheit der Regierung ist", schreibt Herr Baumgartner aus Tauplitz.

Mit dem haben wir uns auseinander zu setzen, meine Damen und Herren. Ich kenne Herrn Baumgartner, er kommt aus meiner Nachbargemeinde. Ich weiß um seine Lebenssituation. Wir haben uns ernsthaft mit den Schicksalen dieser Menschen auseinander zu setzen. Es geht nicht um ein kleines Pingpongspiel mit Blinden und Gelähmten, wie das manchmal dargestellt wird.

Ich habe im November aus dem Brief eines Herrn Schürrer zitiert, der von "Krüppelsteuer" sprach. Er sagte:

"Ich bin selbst Betroffener, da ich seit 27 Jahren Invalide bin. Kurz mein Leidensweg: mit 33 Jahren Arbeitsunfall, 14 Monate durchgehend Krankenhausaufenthalt, insgesamt vier Jahre, 30 Operationen, vier Jahre Rollstuhl, danach Bewältigung von nur kurzen Wegstrecken mit Hilfe von Krücken, weiterhin starke Schmerzen trotz medikamentöser Behandlung, schwere psychische Schäden."

Damals, als ich diesen Abschnitt zitierte, kam ein Zwischenruf aus den Reihen der ÖVP, das sei ein tragischer Einzelfall. – Nein, das ist es nicht. Das ist die Situation von vielen der Betroffenen. Und Sie wussten das alle ganz genau, und Sie wissen das alle ganz genau. Damals glaubten Sie offensichtlich noch mit Ihrem Motto "Speed kills" – speed kills people, oder was? – durchzukommen. Zynische Kommentare im Wissen um Ihre Macht kamen: Macht kommt von machen! Aber macht unsoziale, ungerechte, Menschen und ihre Schicksale verachtende Politik wirklich schon Macht?


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
59. Sitzung / Seite 62

Ein Mann aus Tirol lässt mich wissen: "Seit 1957 bin ich durch einen Arbeitsunfall 60 Prozent Invalide, denn ich verlor meine rechte Hand. Ich war also in meinem ganzen Arbeitsleben auf eine Hand angewiesen."

Dieser Mann war damals 15 Jahre alt. Er erhielt dafür 2 043 S Unfallrente – 2 043 S für den Verlust einer Hand! Stellen Sie sich die Lebenssituation dieses Mannes vor! Fast noch als Kind hat er die Hand verloren. Als Ersatz für seine Schädigung, als Schmerzensgeld für seine Operationen und sein Leiden, als Abgeltung für die Minderung seiner Lebensqualität, als Ausgleich erhielt er pro Monat 2 043 S als Versicherungsleistung.

Und dann entdeckt ein Sozialforscher "Überversorgung"! Ein Finanzminister handelt im FPÖ-Reflex auf Verdacht von Sozialschmarotzertum und riecht Geld. Er dient ja dem Fetisch Nulldefizit – Geld für das Budget, woher immer es kommen mag.

Für diesen Mann heißt die Unfallrentenbesteuerung: in Zukunft nur mehr 868 S für seine Beeinträchtigung. 868 S statt 2 043 S! (Zwischenruf des Abg. Gaugg. )  – Herr Kollege Gaugg, 868 S statt 2 043 S für eine Hand, die der Mann seit 40 Jahren nicht mehr hat! Darum geht es. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.) Er hat trotz dieser Beeinträchtigung sein Leben lang gearbeitet, und er hat als Schadensgutmachung Geld aus einer Versicherungsleistung bezogen, Herr Kollege Gaugg. Darum geht es.

Und dreist sprechen die Bundesregierung und die Abgeordneten der Regierungsparteien dann noch von sozial treffsicher. Das stimmt, Sie treffen sicher, nämlich die Schwachen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.) Sie treffen diese Betroffenen ja zusätzlich auch noch mit vielen anderen Ihrer Maßnahmen: Ambulanzgebühren, erhöhte Rezeptgebühren; ein Tag im Krankenhaus kostet für so einen Menschen wesentlich mehr als noch vor kurzem. Ich sage: Pech gehabt, kleiner Mann! Wer wollte denn eigentlich irgendwann für diesen viel gepriesenen kleinen Mann Politik machen? Wer wollte das eigentlich einmal?

Der Mann aus Tirol sagt: "Das ist die jetzige Politikerrungenschaft: Strafe kassieren dafür, dass man sein Leben lang schon vom Schicksal bestraft worden ist." – Mit 15 Jahren hat dieser Mann seine Hand verloren!

Wie reagieren Sie darauf, dass Leuten, die 10 000 S Pension und eine Unfallrente von 3 000 S erhalten, ihre Unfallrente nun mit 24 Prozent besteuert wird? Wie reagieren Sie auf die Situation von Menschen, die 15 000 S Pension und 3 000 S Unfallrente erhalten und deren Unfallrente jetzt mit 32 Prozent besteuert wird? Wie reagieren Sie auf die Situation von Menschen, die 30 000 S brutto Pension und 5 000 S Unfallrente haben und deren Unfallrente jetzt mit 56,5 Prozent besteuert wird? Wie reagieren Sie denn auf diese Zahlen, meine Damen und Herren? 56 Prozent!

So reagieren Sie: Bundeskanzler Schüssel schweigt wie immer, weil er sich mit Lappalien ja nicht abgibt. Der Herr Bundeskanzler ist Bundeskanzler für alle Österreicher. Ich frage mich: Was hat er den demonstrierenden UnfallrentnerInnen am 1. März gesagt? Hat er ihnen gesagt, ihr Protest sei unzulässig, wie er es bei den Gewerkschaftern machte? (Zwischenruf des Abg. Wattaul. )

Der Herr Finanzminister sagt: Am Budgetziel ist nicht zu rütteln! – Vorzugsschüler? Für wen? Wofür? Und gegen wen, Herr Kollege? Gegen wen? – Ich sage es Ihnen: gegen Menschen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Herr Klubobmann Khol sagt: Repariert darf auf keinen Fall auf Kosten des Budgets werden!, auch wenn er noch am Faschingssonntag dem Robin Hood aus Kärnten Gehorchen signalisiert hat. Herr Klubobmann Westenthaler sagt wie immer: Polemik! Herr Sozialsprecher Feurstein sagt, die Unfallrentner wären gut beraten, einzusehen, dass sie ihr Scherflein beitragen müssen. – Herr Abgeordneter Feurstein! Ein Drittel bis zur Hälfte an Einkommen zu verlieren – ich sage Ihnen: Das ist kein Scherflein, das ist ein großes Opfer! (Beifall bei der SPÖ.)


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
59. Sitzung / Seite 63

Frau Kollegin Brinek redet von "kleinen Einbußen". Was für sie und für mich vielleicht klein ist, ist für einen Pensionisten mit 15 000 S groß. Sie alle wissen: 60 Prozent der Unfallrentner sind Pensionisten. Das Durchschnittseinkommen beträgt 15 000 S, die durchschnittliche Höhe der Unfallrenten 3 000 S. Für diese Leute ist die Einbuße nicht klein.

Minister Bartenstein ließ Betroffene wissen, sie seien falsch informiert. – Zynisches Abkanzeln von Menschen von der Regierungsbank aus. Und das "einfache Parteimitglied" lässt Briefe schreiben, die Unfallrentner mögen über den Zaun der eigenen Egozentrik blicken. – Es ist ja auch vermessen egozentrisch, existenzsichernd leben zu wollen. Es ist ja auch vermessen egozentrisch, sein Recht auf Leistung aus einer Versicherung zu fordern. Und es geht um eine Versicherungsleistung, es geht um Recht, nicht um Almosen, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Sie alle – und auch Frau Partik-Pablé als Behindertensprecherin der FPÖ – bringen die Menschen um ihre Rechte. Herr Lackner aus Innsbruck sagt dazu – ich zitiere –:

"Das sind keine Opfer mehr, das sind Raubzüge gegen die Einkommen der Pensionisten und Unfallrentner. Noch nie hat es in Österreich gegen eine Gruppe der Bevölkerung derartige Maßnahmen gegeben."

Argumentieren Sie jetzt nicht wieder mit dem Abfedern von Härtefällen. Wenn Sie zugehört haben, wissen Sie: Alles sind Härtefälle. Wer noch einen Funken Gewissen in sich spüren darf – angesprochen sind alle Abgeordneten von den Regierungsparteien –, der muss dem heutigen Fristsetzungsantrag unserer Partei ganz einfach zustimmen. Das ist er den Menschen schuldig! Den Menschen  nicht mir. (Lebhafter Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

18.00

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Bevor ich dem nächsten Redner, Herrn Abgeordnetem Dr. Kostelka, das Wort erteile, möchte ich mitteilen, dass es dem Kollegen Dr. Hajek den Umständen entsprechend bereits wieder zufriedenstellend geht. (Allgemeiner Beifall.)

Ich bitte jetzt Herrn Abgeordneten Dr. Kostelka ans Rednerpult.

18.01

Abgeordneter Dr. Peter Kostelka (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Dieser Koalition ist zuerst die soziale Gesinnung und dann das soziale Gewissen abhanden gekommen. (Ruf bei der ÖVP: Und dann die Sozialisten!) Meine Damen und Herren, 110 000 Menschen sind von Ihrer Maßnahme der Besteuerung von Unfallrenten betroffen! Und das ist wahrlich kein Personenkreis, dem es über die Maßen gut geht. Ein Durchschnittseinkommen von 14 000 S ist zu konstatieren, und in diesen 14 000 S sind 3 000 S Unfallrente enthalten. Davon nehmen Sie diesem Personenkreis rund ein Drittel. Zwischen 1 000 und 12 000 S im Monat werden diesen in Wirklichkeit nicht begüterten Personen weggenommen. Die einzige Rechtfertigung, die Sie in diesem Zusammenhang haben, ist das Feigenblatt, dass Sie behaupten, von den auf diese Art und Weise lukrierten 2 Milliarden Schilling geben Sie 1 Milliarde Schilling wiederum an die Behinderten zurück.

Meine Damen und Herren! Das dekuvriert Sie in hohem Maße selbst. Behindertenpolitik gibt es bei Ihnen nur dann, wenn sich das die Behinderten selbst zahlen. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Das ist eine so eigenartige – um kein härteres Wort zu gebrauchen, das der Herr Präsident sanktionieren könnte –, das ist eine so problematische Verhaltensweise, dass ich das nur klassifizieren kann mit dem Hinweis: Sie leben in der Geisteswelt einer Almosengesellschaft! Nicht Solidarität ist Ihr Ziel, sondern die Ärmsten der Armen haben sich die Sozialpolitik selbst zu finanzieren. Wenn sich bei Ihnen schon soziales Gewissen mit sechs Monaten Verspätung rührt, wie bei Dr. Haider und Dr. Partik-Pablé, dann wird das sofort in brutaler Weise abgestellt.

Meine Damen und Herren! Selbst wenn Frau Dr. Partik-Pablé es noch fünfmal, noch zehnmal, noch hundertmal sagt, die APA-Meldung "OTS034" vom 3. März dieses Jahres, 10.59 Uhr,


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
59. Sitzung / Seite 64

enthält klar ihr Bekenntnis, dass die Aufhebung der Besteuerung rückwirkend mit 1. Jänner 2001 beschlossen werden sollte. Das hat sie vor neun Tagen gesagt. – Heute ist offensichtlich die FPÖ-Wahlmaschinerie über sie hinweggefahren. Frau Dr. Partik-Pablé hat nicht einmal den Mut, sich zu ihrer eigenen Stellungnahme vom 3. März zu bekennen. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Ihr einziges Credo heute ist ein Härtefonds, ein Härtefonds, von dem Sie wissen, dass er eines mit Sicherheit nicht zu leisten imstande ist, nämlich die wirklich soziale Ungerechtigkeit zu beseitigen! Diese Maßnahme, die Besteuerung von Unfallrenten, ist unsozial, ist existenzgefährdend, ist in höchstem Maße unfair und auch verfassungswidrig. Wir haben einen Antrag beim Verfassungsgerichtshof eingebracht, und dieser Antrag wird in sechs, in acht, in zwölf Monaten zu einer Aufhebung dieses Gesetzes führen. – Sie haben die Chance, heute und hier durch Ihr Verhalten als Politiker eine politische Lösung zu erreichen, indem Sie die Aufhebung jetzt beschließen.

Meine Damen und Herren! Tun Sie dies, zeigen Sie Reste von sozialem Gewissen und stimmen Sie unserem Fristsetzungsantrag zu! Das wäre nur konsequent im Sinne dessen, was Ihre Wahllokomotive in Wien, Dr. Partik-Pablé, eindeutig gesagt hat. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

18.06

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Feurstein. – Bitte.

18.06

Abgeordneter Dr. Gottfried Feurstein (ÖVP): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! (Zwischenruf bei der SPÖ.) Nein, Frau Abgeordnete Plank, es geht nicht darum, dass wir ein Pingpongspiel veranstalten. Wir nehmen auch nicht solche Worte in den Mund wie "Speed kills people". (Abg. Schwemlein: Setzen Sie die Handlungen, nicht die Worte!) Ich empfinde es als unerhört, dass Sie in diesem Zusammenhang solche Formulierungen verwenden, auch wenn sie englisch ausgesprochen worden sind. – So geht es nicht! Ich habe auch nicht von einem "Scherflein" gesprochen, Frau Abgeordnete Plank. Aber Sie tun so, meine Damen und Herren von der SPÖ, als wäre die Besteuerung der Unfallrenten von der ÖVP/FPÖ-Regierung erfunden worden. Sie tun so!

Ich muss noch einmal eine Aussage von Minister Lacina aus der Regierungsvorlage zur Einkommensteuergesetz-Novelle 1988 zitieren. Er schreibt da, und zwar mit Ihrer Billigung, meine Damen und Herren von der SPÖ, das kann ich Ihnen nicht ersparen. (Abg. Gradwohl: Herr Dr. Feurstein, ist es jemals umgesetzt worden? Ihnen ist es vorbehalten gewesen, das umzusetzen!) Mit Ihrer Billigung wurde damals von Finanzminister Lacina geschrieben:

Die generelle Steuerfreiheit der Bezüge aus einer gesetzlichen Unfallversorgung wird dahin gehend eingeschränkt, als sie Einkommensersätze darstellen. – Zitatende.

"Einkommensersätze darstellen", meine Damen und Herren! Die Besteuerung der Unfallrente wurde damals eingeführt, von Ihnen vorgeschlagen, von Ihrem Finanzminister angeregt und vorgeschlagen und damals auch mit Ihrer Zustimmung beschlossen. (Abg. Schwemlein: Sie haben ja das Recht, klüger zu sein! Schwaches Argument! – Abg. Verzetnitsch: Lesen Sie Ihren eigenen Antrag!)

Aber ich frage Sie, meine Damen und Herren, ist das sozial gerecht – wir haben verschiedene Sozialleistungen für Behinderte, wir haben eine Invaliditätspension, wir haben eine Unfallrente –, ist das sozial gerecht: Personen mit genau der gleichen Behinderung, mit genau den gleichen Anwartschaften auf eine Pension, auf eine Sozialleistung (Abg. Mag. Plank: Versicherungsleistung!), aber die eine Person hatte einen Arbeitsunfall, die andere Person einen Freizeitunfall, und beide bekommen eine Invaliditätspension in gleicher Höhe. Die Invaliditätspension wird besteuert – ich sage es so, wie es Finanzminister Lacina gesagt hat: Es ist ein "Einkommensersatz"! –, die Unfallrente wird nicht besteuert. Ist das sozial gerecht? Ich frage Sie: Ist das sozial gerecht? (Abg. Verzetnitsch: Sie reden wider besseres Wissen!)


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
59. Sitzung / Seite 65

Warum waren Sie bisher nie bereit, das Problem Unfallrente einmal generell zu durchleuchten und neu zu gestalten? Nie waren Sie dazu bereit! Ich frage Sie weiters, meine Damen und Herren, ist das sozial gerecht: zwei Behinderte, beide sind berufsunfähig (Abg. Verzetnitsch: Was sind die Fakten für die Bemessung?), einer von Geburt an, der andere durch einen Arbeitsunfall. Der von Geburt an Behinderte bekommt mit Ausnahme von Pflegegeld und Familienbeihilfe null Sozialleistung, der andere bekommt eine Invaliditätspension und eine Unfallrente. Sollte das nicht geändert werden? – Jawohl, das muss geändert werden!

Wenn jemand von Ihnen, von der SPÖ, hierher kommen und sagen kann: Diese Dinge sind sozial gerecht!, dann können wir über diese Dinge reden. Wir reden nämlich über soziale Härten! (Abg. Schwemlein: Sie reden über Äpfel und Birnen!)

Sie wissen genau: Wir haben einen Antrag eingebracht, und dieser Antrag wird bereits in einer Arbeitsgruppe behandelt, die von der Bundesregierung eingesetzt worden ist. (Ironische Heiterkeit und Zwischenrufe bei der SPÖ.) Ich sage Ihnen: Die Ergebnisse werden vorliegen, noch bevor Ihr Antrag in Behandlung genommen werden kann, weil Sie von der SPÖ nämlich ständig Sitzungen des Sozialausschusses verhindern. Wir haben angesucht, Herr Klubobmann Kostelka, um Termine für Sozialausschusssitzungen. Sie waren bisher nicht bereit, auch nur einer Sitzung zuzustimmen. (Abg. Dr. Kostelka: Sie haben unsere abgelehnt! Das ist wirklich Realitätsverlust!) Das ist Ihre Haltung. Wir können nicht über Sozialprobleme im Sozialausschuss verhandeln.

Wir werden die sozialen Härten der Unfallrenten-Besteuerung behandeln und dies einer Lösung zuführen. Aber Ihren Antrag brauchen wir in diesem Zusammenhang nicht. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

18.11

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Gaugg. – Bitte. (Abg. Edler: Gaugg, jetzt zeig einmal Mut! – Abg. Gaugg  – auf dem Weg zum Rednerpult –: Mut habe ich immer, Edler, im Gegensatz zu dir!)

18.11

Abgeordneter Reinhart Gaugg (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren! Das Unsozialste, was eine Partei nur machen kann, ist das Hinterlassen von riesigen Schuldenbergen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.) Es ist einmal eine unverrückbare Tatsache, dass Sie von der SPÖ jahrelang, jahrzehntelang nicht in der Lage waren, für einen ordnungsgemäßen Haushalt zu sorgen.

Wenn Abgeordnete von der SPÖ hier herausgehen und unter Krokodilstränen erklären, wie tragisch es wäre, wenn ein 15-Jähriger eine Hand verliert und dafür 2 043 S bekommt (Abg. Gradwohl: Bekommen hat!), dann sollten Sie einmal darüber nachdenken, ob diese 2 043 S nicht von Haus aus ein Almosen sind, ein Almosen, für das Sie Verantwortung tragen, denn Sie und Ihre Sozialpolitik haben dazu beigetragen, dass in unserem Land 1 Million Menschen an der Armutsgrenze lebt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Andererseits haben Sie Bereiche geschaffen wie die ÖBB und Ähnliche, wo geradezu paradiesische Zustände herrschen. (Abg. Edler: Sagst du etwas gegen die Eisenbahner?)  – Nach wie vor, lieber Freund Edler! (Abg. Gradwohl: 2 043 S bekommen hat! Jetzt bekommt er 800 S durch Ihre Politik!) Moment, zuhören ist auch eine Eigenschaft, Herr Kollege, lassen Sie mich Ihnen einmal meine Äußerungen zu Ende präsentieren, Sie werden sich wundern! (Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ. – Präsident Dr. Fasslabend gibt das Glockenzeichen.)

Sie von der SPÖ beklagen unter Krokodilstränen die Ambulanzgebühr von 150 S als dramatischen Einschnitt in die Lebensqualität eines Menschen – verschweigen aber, dass es schon unter Ihrer Ära Selbstbehalte bei den ÖBB-Bediensteten, bei den Selbständigen, bei den Bauern gegeben hat. (Abg. Edler: Sagst du schon wieder etwas gegen die Eisenbahner?) Nein, ich spreche für die Eisenbahner. Wo war denn der Aufschrei des Herrn Abgeordneten Edler, als es darum gegangen ist, allen ÖBB-Bediensteten 10 Prozent Eigenleistung abzuverlangen? Wo war er denn da? – Großes Schweigen des Herrn Edler!


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
59. Sitzung / Seite 66

Wo war denn die SPÖ, die ach so mächtige, einst so große? Für Zahnspangen für ihre Kinder müssen die Eltern bis zu 30 000 S hinblättern, weil die Kassen das nicht zahlen! Wo ist denn Ihr Aufschrei gegen den Hauptverband, der für viele Kassen in Österreich geradezu ein Feindbild darstellt, mit seinem Präsidenten an der Spitze, der zwar nach wie vor ein fürstliches Salär erhält, aber nicht bereit war, auch nur einen Beitrag zur Sanierung des Haushaltes der Sozialversicherungen zu leisten? (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.) Das ist wirklich abenteuerlich, was Sie sagen.

Ich würde der SPÖ empfehlen – ich höre bei jeder Maßnahme, die diese Regierung trifft: Verfassungsgerichtshof! Verwaltungsgerichtshof! –: Ziehen Sie Ihre Abgeordneten zurück! Legen Sie Gesetzentwürfe gleich dem Verfassungsgerichtshof vor, Sie würden dem Steuerzahler dadurch viel Geld ersparen! Das ist ohnehin Ihre einzige Tätigkeit als Oppositionspartei in den letzten Monaten. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Noch eines in Ihre Richtung: Sie treten immer dann auf den Plan, wenn es zu spät ist! Die Unfallrenten-Besteuerung bedarf einer dringenden finanziellen Reparatur, wie Sie wissen. Das hat diese Regierungspartei auch zum Ausdruck gebracht, und zwar mit einem Antrag, wonach Härtefälle geprüft werden müssen. Und darunter fällt mit Sicherheit dieses eine von Kollegin Plank erwähnte Beispiel. Es kann natürlich nicht angehen, dass jene Menschen übertrieben zur Steuerabgabe gebeten werden, aber – und da bin ich beim Kollegen Feurstein – warum setzen Sie sich nicht für Invaliditätspensionen ein?

Wir gehen darüber hinaus noch so weit, dass wir sagen, wir werden eine rückwirkende Zurücknahme prüfen. Dazu brauchen wir mit Sicherheit nicht die Bestemmhaltung der SPÖ. Ich darf vielleicht daran erinnern, dass Sie Pensionen nicht erhöht haben, dass Sie das Taschengeld für Pfleglinge halbiert haben und Ähnliches mehr. Also tun Sie nicht so, als ob alles, was von Ihnen beschlossen wurde, paradiesische Zustände geschaffen hätte und nunmehr Maßnahmen getroffen würden, die die Menschen treffen!

Sie von der SPÖ brauchen eine Spielwiese, da Ihnen die politische Basis fehlt. Ich kann Ihnen sagen: Es wird dieser Regierung beziehungsweise den Abgeordneten der Regierungskoalition sicherlich gelingen, eine Lösung für die Menschen dieses Landes zu schaffen, damit es zu Besserstellungen kommt – und nicht zu Schlechterstellungen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

18.16

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Öllinger. – Bitte.

18.16

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Hohes Haus! Ich passe ja bei den Reden des Abgeordneten Gaugg immer genau auf, so wie auch bei jenen des Kollegen Feurstein. Manchmal trifft Kollege Gaugg den Punkt. Er sagt schon manchmal etwas Richtiges, nur: Kollege Gaugg, heute hast du dich in einen ordentlichen Wirbel hineingeredet! In einen ordentlichen Wirbel! (Beifall bei den Grünen.)

Es ist völlig legitim, die Frage zu stellen: Warum erhält jemand, dem die Hand fehlt, nur eine Unfallrente von 2 500 S? Aber, Kollege Gaugg, dann dem Betroffenen von den 2 500 S auch noch 1 700 S wegzunehmen, dazu gehört schon ein ordentliches Stück Unverfrorenheit seitens der Regierungsparteien! Da gibt es nichts mehr zu rechtfertigen! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Ich will gar nicht darüber nachdenken, ob nicht der Gedanke des Kollegen Gaugg an und für sich etwas Sinnvolles wäre, denn ich weiß, was – wenn ich nachdenken würde – dabei herauskommt. Jener Kollege, der leider nach seinem schweren Unfall bisher nur 2 500 S erhalten hat, würde unter Umständen 10 000 S Unfallrente erhalten, ginge es nur nach der Schwere des Unfalls. Aber ich bin mir sicher: Dann käme sofort Kollege Feurstein oder Kollege Gaugg oder zumindest Kollege Westenthaler und spräche von den "exorbitanten Verschwendungen" im Bereich der Unfallversicherung, wenn man für eine fehlende Hand schon 10 000 S Unfallrente erhält. Sie würden verlangen, das doch ordentlich zu besteuern. Ist es nicht so? Ist das nicht die


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
59. Sitzung / Seite 67

"Logik" der Regierungsparteien in der Debatte um die Unfallrenten immer gewesen? Sie stellen sich hierher und kritisieren, dass die Unfallrentner teilweise Leistungen erhalten, die in einem Missverhältnis zu ihrem sonstigen Einkommen stehen.

Meine Damen und Herren! Kollegin Plank hat Ihnen ein Beispiel genannt, ich bringe ein anderes Beispiel; ich kenne ja das Beispiel der Kollegin Plank schon. Ein anderes Beispiel: Unfallrentner, Tirol, Alterspension 11 300 S, Unfallpension 22 000 S. Diesem Unfallrentner wird zum ersten Mal von seinen 33 000 S etwas besteuert; die Pension wurde bisher nicht besteuert, Kollege Feurstein. Der Abzug von seinen gesamten Pensionsleistungen beträgt 8 900 S monatlich. Und dieser Unfallrentner interpretiert das natürlich so, dass ihm diese rund 9 000 S von seiner Unfallrente oder von seiner Pension, wie Sie es lieber haben wollen, abgezogen werden. Wie soll er es auch anders interpretieren? 11 000 S war die Pension, 20 000 S die Unfallrente, und er sagt, von seiner Pension bleiben ihm jetzt 2 000 S übrig.

Und da sagen Sie, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien: Wir werden Härten vermeiden!? Das ist eine Härte, und der Herr, den Frau Kollegin Plank als Beispiel angeführt hat, ist auch eine Härte, aber sie unterscheiden sich fundamental! Und gerade weil Sie, Herr Kollege Feurstein, von der Angleichung und der ähnlichen Systematik bei Invalidenrenten, bei Unfallrenten reden, sage ich Ihnen Folgendes: Sie wissen genau, jede private Unfallrente eines privaten Versicherungsunternehmens – auch wenn sie hundertmal besteuert werden müsste – wird nicht besteuert!

Sie wissen genau, Herr Kollege Feurstein: Jede Unfallrente nach dem Heeresversorgungsgesetz wird nicht besteuert! Da stehen Sie zur Ausnahme! Sie wissen genau, dass das verfassungswidrig ist. Trotzdem: Wenn es darum geht, irgendwo 2 Milliarden Schilling einzukassieren, scheren Sie sich um nichts! Sie scheren sich absolut nicht darum, ob das sozial gerecht, unverständlich, ob das unbarmherzig ist – Sie machen es, weil Sie denken, irgendjemand muss das zahlen.

Ich stelle abschließend noch einmal die Frage, Herr Kollege Feurstein, Herr Kollege Gaugg: Warum müssen die Unfallrentner für ein Budgetdefizit zahlen? Warum zahlt nicht der Herr Bartenstein, warum zahlt nicht der Herr Prinzhorn, um nur zwei Beispiele von jenen zu nennen, die wahrlich mehr Einkommen haben als die von mir zitierten Unfallrentner? (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

18.21

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen nunmehr zur Abstimmung über den Antrag, dem Finanzausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 387/A der Abgeordneten Dr. Gusenbauer und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988 geändert wird, eine Frist bis 13. März 2001 zu setzen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Fristsetzungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Ich stelle fest, das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Abstimmung über zwei weitere Fristsetzungsanträge

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Antrag, dem Ausschuss für Arbeit und Soziales zur Berichterstattung über den Antrag 391/A (E) der Abgeordneten Dr. Gusenbauer und Genossen betreffend Abschaffung der unsozial-treffsicheren Maßnahmen der Bundesregierung eine Frist bis 13. März 2001 zu setzen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Fristsetzungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Ich stelle fest, es ist die Minderheit und damit abgelehnt.


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
59. Sitzung / Seite 68

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag, dem Unterrichtsausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 86/A der Abgeordneten Dr. Antoni und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Schulunterrichtsgesetz 1986 geändert wird, eine Frist bis 9. Mai 2001 zu setzen.

Ich bitte alle, die dafür sind, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Einlauf

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Ich gebe noch bekannt, dass in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 397/A bis 406/A eingebracht wurden.

Ferner sind die Anfragen 2095/J bis 2115/J eingelangt.

*****

Die nächste Sitzung des Nationalrates, die für Dienstag, den 27. März 2001, 10 Uhr in Aussicht genommen ist, wird auf schriftlichem Wege einberufen werden.

Diese Sitzung ist geschlossen.

Schluss der Sitzung: 18.23 Uhr