Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 70. Sitzung / Seite 125

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den braven und straighten Studenten reden, sondern auch das in Ihre Überlegungen mit einbeziehen, was Universität außer reiner Wissensvermittlung und -erlernung noch ist. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

16.41

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Plank. – Bitte.

16.41

Abgeordnete Mag. Brunhilde Plank (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Hohes Haus! Herr Kollege Schender, der Sie offensichtlich gerade den Saal verlassen, persönliche Diffamierungen sind Ihre große Stärke. Ich frage mich, ob Sie zum Thema weniger zu sagen hatten. Bevor Sie nachschauen: Ich habe 14 Semester studiert, bin während des Studiums einem Beruf nachgegangen und habe zwei Kinder geboren. – Das dazu. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Universitätsbaustelle im schlechtesten Sinn, würde ich sagen, Frau Ministerin: Gebaut wird an allen Ecken und Enden. Und wer viele Baustellen gleichzeitig beginnt, läuft Gefahr, unkoordiniert vorzugehen, und räumt sich selbst Schutt in den Weg, weil er bestehende Häuser zwar einreißt, aber das ohne klare Pläne für das Neue, und baut Hürden auf für die, die in den neuen Gebäuden, wie Sie es nennen, "modern studieren und forschen" sollen. – So steht es in Ihrem Positionspapier, in dem großteils Schlagworte Reformvorschläge ersetzen, die dem Begriff "zukunftsweisende Reform" gerecht werden könnten.

Das deutlichste Signal, Frau Ministerin, haben Sie mit der überfallsartigen Einführung der Studiengebühren gesetzt. Zuerst auf Studierende mit dem Finger zeigen, sie zu Drückebergern stempeln, als Faulenzer und Faulenzerinnen an den Pranger stellen und dann diese StudentInnen in einer Nacht-und-Nebel-Aktion damit bestrafen! (Abg. Dr. Brinek: Wer hat das getan? Es ist ungeheuerlich, ständig solche Unterstellungen zu machen!)

Der freie Hochschulzugang, Frau Ministerin – das wissen Sie –, ist damit wirklich nur mehr eine Worthülse, weil Sie eine Gruppe von Studierenden damit ausschließen. Das Zitat von Bundeskanzler Schüssel aus dem Jahre 1995 ist da durchaus auch als eine Drohung zu verstehen. Er sagte damals, die Pflichtschule müsse weiterhin kostenfrei sein; ansonsten könne man sich auch im Bereich Schule überlegen, ob alle Leistungen, die angeboten werden, umsonst sein müssen. – Dazu fallen mir auch Sätze von Ihnen ein wie: Was nichts kostet, ist nichts wert.

Noch mehr Gedanken macht mir aber die Vorstellung – wenn ich jetzt schon an die mögliche weitere Entwicklung denke –, dass in Zukunft die Unis die Höhe der Studiengebühren selbst festlegen können. Ich meine, was hier nach Freiheit klingt, gefährdet in Wirklichkeit die solidarische Gesellschaft und birgt genug Sprengstoff, weil eines klar ist: Hier gibt es Leute, die von den Massen-Unis wegwollen und die noch stolz sind auf diese Forderung. Gebühren sind Regulierungsinstrumente und Lenkungsinstrumente – das ist auch klar.

Keine Rede ist in diesem Zusammenhang von Studierenden als Potential, als wertvolles, kritisches und zukunftsorientiertes Potential einer zukünftigen österreichischen Gesellschaft. Keine Rede kann dann mehr sein von freier Wahl des Studiums und des Studienortes, denn jede Uni kann auf diese Art und Weise dann sozial Schwächere ausgrenzen, von sich fern halten, kann zur Elite-Uni mutieren – aber nicht unter dem Gesichtspunkt der Qualität, sondern unter jenem der ökonomischen Potenz der Studierenden oder ihrer Eltern. Wer all dies anders interpretiert, argumentiert blauäugig.

Ich denke: Wenn sich der Staat so demonstrativ aus den Unis zurückzieht, ist klar, dass er sich aus der Verantwortung für Bildung und Forschung zurückzieht. Wo Bildung und Wissenschaft nicht mehr Kernaufgabe des Staates sind, werden sich andere Kriterien durchsetzen, und zwar rein wirtschaftliche, Frau Ministerin. Schulen und Universitäten nur betriebswirtschaftlichen Faktoren unterzuordnen, macht die Forderung nach Freiheit der Forschung und der Lehre, wie es in Ihrem Papier steht, ebenfalls zum bloßen Lippenbekenntnis.


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