Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 71. Sitzung / Seite 167

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Meine Damen und Herren! Das Briefwahlrecht ist zu diskutieren, und dazu hat sich meine Fraktion auch bekannt, aber Demokratie endet nicht bei der Briefwahl, sondern es gibt darüber hinaus weitere wesentliche Schritte, die zu tun sind.

Das, was ich in diesem Zusammenhang aber zurückweisen muss, ist, dass wir von der SPÖ gemauert haben. Es wurde auf unser Betreiben am 20. Oktober Einvernehmen über diese Liste von Gesprächsthemen erzielt, aber wir haben dann mit Staunen zur Kenntnis nehmen müssen, dass Sie uns offensichtlich in Ermangelung anderer Themen in Ihrer Klub-Klausur im Jänner über die Medien ausgerichtet haben: Jetzt wird eine Frist gesetzt.

Ich habe daraufhin unverzüglich meinen Pendants im Verfassungsausschuss ein Angebot von insgesamt zehn Ausschussterminen übermittelt, aber ich musste bedauernd zur Kenntnis nehmen, die erste Sitzung hat nicht im Februar, hat nicht im März, sondern hat erst am 16. Mai stattgefunden. Und am Ende dieser Verhandlung am 16. Mai waren wir nicht einmal in der Lage, den nächsten Termin zu vereinbaren! – Soviel zu Ihrem Engagement betreffend Demokratie-Vorlagen, Herr Kollege Kiss. Mit dieser Geschwindigkeit wird auch eine Fristerstreckung von einem Jahr nicht ausreichen, und ich ersuche Sie daher dringend, noch vor Ende dieser Tagung im Herbst einen Verhandlungsplan aufzustellen, nach dem wir diese Themen – die wichtigen Themen: wichtige Themen für Sie, aber auch für uns – abarbeiten und nach gemeinsamen Lösungen suchen.

Ein letztes Wort. – Herr Kollege Kiss! All das bedarf aber auch eines anderen Klimas und einer anderen Verfassungs- und Gesprächskultur. Oft haben wir den Eindruck, ihr wollt ja gar nicht reden – ein Verdacht, der durchaus aufkommen kann und muss, wenn es insgesamt viereinhalb Monate braucht, um einen Termin mit euch vereinbaren zu können, obwohl wir eine ganze Fülle von Terminen angeboten haben. Daher namens meiner Fraktion von meiner Seite noch einmal das Angebot: Wenn Sie Demokratie wollen, dann wagen Sie sie auch – nicht zuletzt durch das Akzeptieren von Gesprächen! (Beifall bei der SPÖ sowie der Abgeordneten Dr. Moser und Mag. Kogler. )

17.48

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Krüger. – Bitte.

17.49

Abgeordneter Dr. Michael Krüger (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es entspricht einer alten Verhandlungsweisheit, dass eine Übereinkunft umso schwerer zu erzielen ist, je mehr Themen abzuhandeln sind. Es geht im Demokratiepaket, wie mein Vorredner zu Recht angeführt hat, nicht nur um die Fragen der Briefwahl, nicht nur um die Fragen der Veränderung des Verfassungsgerichtshof-Gesetzes, um die Fragen der Veränderung – möglicherweise in Richtung Initiativrecht – der Volksanwaltschaft, sondern auch um andere Fragen. Das ist überhaupt keine Frage. Aber je mehr ich die Verhandlungen mit neuen Themen überfrachte, desto geringer ist die Chance, zu einer Übereinkunft zu kommen. Meine Damen und Herren! Wir sprechen hier nicht über Mehrheitsverhältnisse oder über eine einfache Mehrheit, sondern wir befinden uns tief im Verfassungsrecht, in dem nun einmal eine Zweidrittelmehrheit gefragt und auch erforderlich ist.

Ich möchte jetzt einen Vergleich ziehen zwischen der Art und Qualität der Reden meiner beiden Vorredner, weil ich glaube, dass dabei sehr schön die Unterschiede zwischen Regierung neu und Regierung alt zum Vorschein gekommen sind. Herr Kollege Kiss hat mit Recht darauf hingewiesen: Wenn eine Materie vernünftig zu regeln ist und es keinen wirklichen Einwand dagegen gibt, wie es nun einmal bei der Briefwahl der Fall ist, dann kann man nicht unter Hinweis auf irgendwelche Junktims die Zustimmung verweigern. Das ist "neu regieren"!

"Alt regieren" hingegen heißt: Ich bin zwar deiner Meinung, ich stimme deinem Vorhaben uneingeschränkt zu, aber ich möchte für mich etwas herausschlagen! Ich möchte zum Thema c, d und e deine Zustimmung, dann gebe ich dir auch die Zustimmung zu a, obwohl ich sie dir ohnehin geben wollte, weil ich ja deiner Meinung bin. – Meine sehr geehrten Damen und Herren!


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