Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 72. Sitzung / Seite 123

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Wir müssen auch bereit sein, eine ganz offene und ehrliche Diskussion über Schwellenwerte, über die politische Realität und über die Fragen zu führen: Schaffen wir es? Wie schaffen wir es? Noch einmal: Wir müssen alles tun, um die Gentechnikfreiheit in der österreichischen Landwirtschaft zu gewährleisten und keinen Dammbruch über die EU-Hintertür zuzulassen. Kollege Schultes! Österreich ist zwar klein, aber fein, und das soll so bleiben. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

16.13

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Glawischnig. – Bitte.

16.13

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig (Grüne): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten! Ich bin etwas befremdet über die Verharmlosung eines Problems, das man nicht unter den Tisch kehren darf. In zwei Punkten ist diese Anfragebeantwortung höchst brisant, und ich möchte das noch einmal ausführen. Der erste: Wie erklärt Bundesminister Molterer den Widerspruch, dass er uns, dem Parlament gegenüber in einer Anfragebeantwortung von nur drei kontaminierten Proben spricht und ein einen Tag später datiertes Schreiben vorliegt, nach dem auf einmal sechs kontaminierte Proben gefunden worden sein sollen?

Frau Ministerin! Ich möchte diese Sache in einer seriösen Form aufgeklärt wissen. Ich finde, es ist eine sehr heikle Situation, wenn man im Nachhinein draufkommt, das der Bundesminister möglicherweise das Parlament falsch informiert oder Proben wissentlich vertuscht hat. Ich möchte diese Sache aufgeklärt haben. Das ist eine sehr, sehr ernste Angelegenheit! (Beifall bei den Grünen.)

Zweitens: Mein Lieblingsland Kärnten – dort gibt es nicht nur Atomstrom, jetzt gibt es dort auch noch gentechnisch veränderten Mais. – Herr Zernatto freut sich. – Ich habe mich erkundigt, was mit diesen Sorten passiert ist. Das, was in Kärnten geschehen ist, widerspricht der bisherigen Gentechnikpolitik. Wir haben diese zwölf Bauern in ihrer Unwissenheit einfach im Regen stehen gelassen. Der Genmais wurde ausgepflanzt. Er wurde nicht zurückgeholt. Dieser Genmais wächst in Kärnten, und das steht im Widerspruch zur bisherigen Politik, die auch Minister Molterer bisher so formuliert hat. Er hat gesagt: Bei in Österreich nicht zugelassenen Sorten gilt kein Schwellenwert!

Wie kommt das Ministerium Haupt dazu, Sorten nicht zurückzuholen, die ganz klar illegal in Kärnten freigesetzt wurden? Wie kommt das Haupt-Ministerium dazu, sich auf den Standpunkt zu stellen: Okay, nehmen wir halt einmal einen Schwellenwert!, wenn Minister Molterer sagt: Es gibt in Österreich bei verbotenen Sorten keinen Schwellenwert, null Toleranz!? – Auch diese Frage möchte ich aufgeklärt erhalten. Das ist auch eine sehr, sehr ernste Angelegenheit. Es ist in Kärnten nicht den Gesetzen entsprechend gehandelt worden.

Drittens: die Frage der Information. – Mittlerweile herrscht in der ganzen Gentechnikpolitik eine Tendenz zur absoluten Vertuschung und Geheimniskrämerei, die unter das Deckmäntelchen "Datenschutz" gestellt wird. Ich möchte Ihnen kurz berichten: Ich persönlich bin Beteiligte in einem beim Verwaltungsgerichtshof und auch beim UVS anhängigen Verfahren. Mittlerweile sind wir bei der Vorlage an den Europäischen Gerichtshof angelangt. Es geht darum, festzustellen: Welches Recht haben KonsumentInnen, zu erfahren, dass in bestimmten Produkten und in bestimmten Lebensmitteln GVOs enthalten sind? Das wird auch Auswirkungen auf die Saatgut- und die Futtermittelfrage haben.

Ich finde es erschreckend, wenn in diesem Zusammenhang mit Datenschutz argumentiert wird. Welches Recht hat zum Beispiel eine Allergikerin, zu erfahren, ob in einem Lebensmittel – womöglich ungekennzeichnet – eine Substanz enthalten ist, die bei ihr gesundheitliche Probleme, allergische Reaktionen hervorruft? Ist das für Sie kein schützenswertes Interesse? Warum gibt es da keine Interessenabwägung? Warum schützt man automatisch immer die Firmen und die Unternehmen, die sich illegal verhalten haben, gegen die Rechtsverfahren abgeschlossen wurden, die bestraft worden sind? Warum schützt man diese Unternehmen gegen die KonsumentInnen, gegen AllergikerInnen? Das leuchtet mir nicht ein! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)


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