Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 74. Sitzung / Seite 73

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Die FPÖ hat zehn Jahre lang dafür gekämpft – und hat ihr Versprechen gehalten. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

12.48

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Lunacek. – Bitte.

12.48

Abgeordnete Mag. Ulrike Lunacek (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Frau Ministerin! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Frau Abgeordnete Zierler, es wird einfach nicht wahrer, auch wenn Sie es noch hundertmal wiederholen, dass alle Frauen in Österreich dieses Kinderbetreuungsgeld erhalten. Einige von uns haben heute schon versucht, Ihnen klarzumachen, dass Sie hier die Unwahrheit sagen. Es stimmt einfach nicht!

Es stimmt zum Beispiel nicht – das hat meine Kollegin Petrovic schon ausgeführt –, dass jede Frau das bekommt. Wenn sie zu viel verdient, dann bekommt sie es nicht. Wenn sie es noch dazu partnerschaftlich aufteilen will und zu viel verdient, dann bekommt sie schon gar nichts. (Abg. Kiss: Was kriegt sie jetzt? Beantworten Sie die Frage! Was kriegt sie jetzt? Antworten, nicht immer nur Worthülsen!)

Sie behaupten außerdem immer, jedes Kind bekommt dieses Kinderbetreuungsgeld. Das stimmt doch auch nicht. Das wissen Sie, wenn Sie den Gesetzentwurf genau gelesen haben. Jedes Kind bekommt das Geld nicht! Wenn es zum Beispiel Zwillinge oder Drillinge gibt, dann bekommt diese Familie nur einmal 6 000 S und nicht zwei- oder dreimal.

Und was ist, wenn eine Familie innerhalb dieser drei Jahre zuerst das eine Kind bekommt, durch welches der Anspruch begründet wird, und dann ein zweites Kind? Bekommt diese Familie dann zweimal 6 000 S? – Nein, Frau Kollegin Zierler! Nein, Frau Kollegin Steibl! Nein, Herr Bundeskanzler! (Abg. Dr. Martin Graf: Ist das ein Zusatzantrag?) Sie bekommt nur einmal 6 000 S. Das heißt doch nicht, dass alle Frauen das Kindergeld bekommen. Sagen Sie doch endlich die Wahrheit! Sagen Sie, dass das nicht stimmt! Sagen Sie doch endlich, dass das, was Sie ständig sagen, einfach nicht stimmt! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Mir scheint, Sie sind da sozusagen Opfer Ihrer eigenen Propaganda geworden. Auch Klubobmann Khol hat gesagt, dass das jedes Kind bekommt, jede Frau bekommt. Herr Klubobmann! Die eigene Propaganda ist gut und schön, aber dass Sie in die Fußstapfen der Freiheitlichen treten und hier sagen: Das stimmt alles, was die sagen!, das wundert mich schon. Geben Sie doch zu, dass es nicht stimmt! Geben Sie zu, dass nicht jedes Kind und nicht jede Familie das bekommt! (Abg. Dr. Khol: Jede Familie!)

Herr Klubobmann Khol! Sie haben gesagt, jeder kann es bekommen. Ich habe Ihnen genau zugehört. Die Kann-Bestimmung heißt, da gibt es zahlreiche Ausnahmen: zum Beispiel, wenn beide zu viel verdienen. Oder wenn – und das muss doch gerade Ihnen ein Anliegen sein – Selbständige, die zu Jahresanfang noch nicht genau wissen, wie hoch ihr Einkommen zu Jahresende sein wird, zufällig noch vor Jahresende einen großen Auftrag haben. Die müssen dann alles zurückzahlen? Das ist wirklich sehr "sozial" und sehr "förderlich" für die Familien!

Der Herr Bundeskanzler hat außerdem gesagt, dass Österreich damit zum familienfreundlichsten Land Europas gemacht werde. Herr Bundeskanzler! Sie haben weiters gesagt, Sie wissen, dass es viele Formen des Zusammenlebens gebe, das müsse man in einer offenen Gesellschaft anerkennen, und dass die Familie Schutz brauche. Sie haben nicht genau gesagt, welche Familien Sie meinen. Ich nehme aber an, Sie meinen ein gewisses Familienbild, das auch in den Köpfen der ÖVP und der FPÖ so verankert ist, dass Sie es gar nicht wagen, öffentlich auch ein anderes Familienbild zu propagieren. (Zwischenruf des Abg. Gaugg. )

Heutzutage sind nämlich Familien viel mehr als Vater, Mutter und einige Kinder. Mittlerweile sagen Sie, Alleinerzieherinnen sind vielleicht auch schon Familien. Mir ist nicht ganz klar, ob Sie


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