Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 77. Sitzung / Seite 71

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

keit anerkennen und akzeptieren. Toleranz ist keine Frage von politischer Annehmlichkeit, die nur von islamischen Fundamentalisten und zudem nur einseitig in Anspruch genommen werden kann.

Auf dem 8. Islamischen Gipfel der Organisation der Islamischen Konferenz in Teheran im Dezember 1997 haben 55 islamische Staatschefs den Terrorismus verurteilt und die europäischen Regierungen aufgefordert, den Terroristen kein Asyl zu gewähren. Diese Aufforderung ist ernst zu nehmen, genauso wie umgekehrt die islamischen Staaten auf ihrem Boden die terroristischen Netzwerke glaubwürdig und nachhaltig bekämpfen müssen.

Die Ereignisse vom 11. September stellen Anforderungen an uns, die wir zu bestehen haben. Unsere Demokratie muss wehrhaft sein. Eine Demokratie, die ihre Werte nicht verteidigt, ist selbstzerstörerisch und wäre kein Beitrag zu einem friedlichen Zusammenleben. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Es gilt, unter Beachtung und Wahrung unserer humanitären Errungenschaften einem Herausforderer, der genau diese Werte negiert, die Stirn zu bieten. Diese Bundesregierung wird im Bewusstsein der großen Herausforderung mit Festigkeit und Augenmaß die erforderlichen Maßnahmen setzen, um bestmöglich das zu gewährleisten, was unsere Verpflichtung ist, nämlich die Sicherheit dieses Landes und seiner Menschen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

10.56

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich danke auch der Frau Vizekanzlerin. – Die beiden Erklärungen stehen nunmehr zur Debatte.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Gusenbauer, dann Dr. Khol, dann Ing. Westenthaler, dann Dr. Van der Bellen – jeweils 15 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter Dr. Gusenbauer.

10.57

Abgeordneter Dr. Alfred Gusenbauer (SPÖ): Herr Bundeskanzler! Herr Präsident! Mitglieder der Bundesregierung! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Schock über den schrecklichen Anschlag am 11. September ist ein tief sitzender – nicht nur bei den Abgeordneten des Hohen Hauses, nicht nur in Österreich, in Europa und in den Vereinigten Staaten, sondern auf der ganzen Welt. Dieser tiefe Schock sollte nicht zu unüberlegten Reaktionen führen, sondern er sollte dazu führen, neben dem Ausdruck der Solidarität und Betroffenheit Besonnenheit an den Tag zu legen, was die künftigen Schritte betrifft. (Beifall bei der SPÖ.)

In diesem Zusammenhang finde ich es außerordentlich gut, dass es trotz aller Veranlassungen und trotz dem berechtigten Gefühl der Rache und Vergeltung, das in den Vereinigten Staaten von Amerika besteht, nicht zu einem kurzfristigen fundamentalen, militärischen Gegenschlag gekommen ist, sondern dass man sich ganz im Gegenteil bemüht, eine internationale Gesamtstrategie gegen den Terrorismus zu entwickeln – unter Einbeziehung möglichst vieler Partner in Europa, in China, in Russland und auch in der gesamten arabischen Welt. Ich finde, das ist ein bedeutend besserer Beitrag zu einer langfristigen Bekämpfung des Terrorismus als ein noch so verständlicher Gegenschlag, der aus Rachegefühl entstehen mag. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte den heutigen Tag auch dazu verwenden, mich für die gute Koordination, für die enge Absprache zu bedanken, die zwischen meiner Fraktion und dem Bundeskanzler und den Mitgliedern der Bundesregierung in den letzten Tagen bestanden hat. Ich glaube, das war für Österreich, für die Sicherheit und für unser Land wichtig, und ich stehe dazu und bedanke mich. (Beifall bei der SPÖ, den Freiheitlichen, der ÖVP und den Grünen.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn wir nun darüber diskutieren und uns überlegen, wie eine internationale Strategie gegen den Terrorismus aussehen soll, wie sie effizient sein und langfristig Sicherheit schaffen kann, so ist es, glaube ich, zunächst einmal wichtig


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite