Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 9. Sitzung / Seite 24

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lebendige Demokratie lebt von der Balance zwischen Regierung und Opposition. Ich möchte Sie ausdrücklich zu diesem Dialog einladen. In der Diskussion der politischen Konzepte und im Wettstreit unserer Argumente entstehen, so meine ich, die besten Lösungen für unser Land. Die Kultur unserer gemeinsamen Politik wird auch daran gemessen werden, wie wir einen neuen Stil in den Debatten hier in diesem Hause einleiten. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Neu regieren heißt, dass wir uns gemeinsam – Regierung, Regierungsparteien und Oppositionsparteien – um eine politische Kultur bemühen müssen, die das Konstruktive und das Gemeinsame in der Diskussion sucht, die das Wohl des Staates vor das Wohl der Personen oder Parteien stellt (Ruf bei der SPÖ: Haha!) und die unserer Verantwortung für die Zukunft Österreichs gerecht wird. Wir sind dazu bereit! (Die Abgeordneten von ÖVP und Freiheitlichen erheben sich von ihren Plätzen und spenden stehend lang anhaltenden Beifall.)

10.15

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich danke dem Herrn Bundeskanzler für seine Ausführungen.

Diese stehen nunmehr zur Diskussion. Das heißt, wir gehen in die Debatte über die Regierungserklärung ein.

Die Gesamtredezeiten haben wir bereits vor der Regierungserklärung festgelegt. Die Einzelredezeit beträgt maximal 20 Minuten pro Redner.

Erster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Peter Kostelka. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Abg. Mag. Kukacka: Das wird jetzt schwer, Kostelka! – Heiterkeit bei der ÖVP.)

10.16

Abgeordneter Dr. Peter Kostelka (SPÖ): Sehr verehrter Herr Bundespräsident! Herr Bundeskanzler! Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Die Erwartungen in diese Regierungserklärung waren groß – die Enttäuschung ist es nicht minder! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Zwischenruf des Abg. Schwarzenberger. )

Diese Regierungserklärung lässt Konkretheit dort vermissen, wo Klarheit notwendig gewesen wäre. Sie ist widersprüchlich, sie ist nicht sonderlich seriös, und sie ist ein Zeugnis von Ratlosigkeit und Wehleidigkeit. (Abg. Haigermoser: Wo ist denn Herr Klima?)

Ich werde Ihnen das begründen: Wo immer Sie, meine Damen und Herren, Ängste in der Bevölkerung hätten nehmen können (Abg. Dr. Puttinger: Dort haben wir sie genommen!)  – im Bereich der Pensionen, bei den Selbstbehalten in den Krankenversicherungen, bei der Arbeitsmarktpolitik –, sind Sie in plakativen, oberflächlichen Erklärungen verblieben. Dort aber, wo es um Ihre Klientelpolitik geht, waren Sie sehr konkret. – Das ist die erste Enttäuschung. (Beifall bei der SPÖ.)

Die zweite Enttäuschung ist die Widersprüchlichkeit. Sie erklären, dass Sie für Treffsicherheit bei den Sozialleistungen sorgen werden. – Gut. Wir sind durchaus für eine solche Diskussion. Was mich in diesem Zusammenhang jedoch sehr nachdenklich macht, ist der Umstand, dass Sie genau wissen, wie viel das budgetär bringen wird. Die Maßnahmen sind Ihnen noch nicht bekannt, aber das Einsparungspotential von 3 Millionen Schilling, das haben Sie bereits definiert. (Abg. Auer: 3 Millionen?) Daher geht es Ihnen in diesem Zusammenhang nur um eines, meine Damen und Herren: um Sozialabbau! Dieses Wort werden Sie noch öfter hören! (Beifall bei der SPÖ.)

Ich habe auch von Widersprüchlichkeit gesprochen: Widersprüchlich ist es in meinen Augen, für Treffsicherheit bei den Sozialleistungen zu sorgen, gleichzeitig aber auch eine riesengroße Gießkanne zu nehmen und Förderungen jenen zu zahlen, die sie offensichtlich nicht brauchen – so bei der Karenz, so bei der Aufhebung der Sozialstaffel beim Mehrkinderzuschlag, aber auch beim Dienstleistungsscheck und einer Reihe von anderen Leistungen. Meine Damen und Herren! Das ist Widersprüchlichkeit, die im Grunde genommen nur eine Ursache hat, nämlich Ihre Klientelpolitik! (Beifall bei der SPÖ.)


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