Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 9. Sitzung / Seite 69

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

Moskau erreicht und habe mich sehr darüber beklagt, dass diese mir zugesagte oder uns angebotene Vertraulichkeit nicht eingehalten wurde. Er hat sich vielmals dafür entschuldigt und gesagt, das war eine Panne. Der Druck war enorm stark, und er konnte mich nicht mehr erreichen, um mir diese geänderte Linie der portugiesischen Präsidentschaft mitzuteilen.

So war es. Von einem "Wettlauf" kann daher überhaupt keine Rede sein. Herr Abgeordneter Pilz, klappen Sie den Krimi dieses Kapitel betreffend gleich wieder zu! Am Montag haben wir nämlich gar keinen Regierungsbildungsauftrag bekommen: weder ich noch Jörg Haider. Das ist am Donnerstag der gleichen Woche geschehen. Dafür brauchen Sie keinen Untersuchungsausschuss einzusetzen, diese Dinge sind allgemein bekannt. Hören wir auf, da Krimis von hinten nach vorne zu lesen und rückzuinterpretieren. Fragen Sie mich, ich gebe Ihnen jederzeit offen Auskunft! Da ist nichts zu verbergen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

13.38

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Schwarzböck. Die Uhr ist wunschgemäß auf 15 Minuten gestellt. – Bitte.

13.38

Abgeordneter Rudolf Schwarzböck (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Meine sehr geehrten Damen und Herren der Bundesregierung! Österreich wird seit fünf Tagen neu regiert. Die neue Bundesregierung hat die Arbeit zu einem Zeitpunkt aufgenommen, zu dem auch in der Europäischen Union – mit 1. Jänner 2000 – mit einem völlig neuen Programm, der Agenda 2000, eine neue europapolitische Periode begonnen wurde.

Erstmals konnte Österreich – nach seinem Beitritt und der Notwendigkeit, in einer laufenden Periode einzusteigen – an dieser Agenda 2000 maßgeblich mitverhandeln und sie maßgeblich mitgestalten. Ich persönlich hätte viel Sinn darin gesehen, dass jene Regierungsmitglieder, die auf europäischer Ebene an dieser Agenda maßgeblich mitgewirkt haben, auch weiter an der Umsetzung hätten arbeiten können. Ich war kein Vorreiter der neuen Regierungszusammenarbeit, seit 17. und besonders seit 21. Jänner sehe ich die Situation anders. Aber auch aus der Debatte, die wir gestern und heute erlebt haben, ist klar geworden, wie notwendig neue Verhältnisse in Österreich seit dem 3. Oktober geworden sind. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich sage nicht, dass es ausschließlich diese Form der Regierung gegeben hätte; es hat auch andere Möglichkeiten gegeben. Ich frage Sie, meine Damen und Herren von der SPÖ und meine Sozialpartner in der SPÖ – Präsident Verzetnitsch hat mir mitgeteilt, dass er zu einer Klubsitzung muss; ich werde die Diskussion mit ihm noch öfter führen müssen –, wie Sie den Regierungschefs der sozialdemokratischen Regierungen der 14 erklären, dass Sie dieses Programm nicht mittragen konnten. (Abg. Dr. Mertel: Die Basis wollte es!) Werden Sie Schröder, Eichel, Guterres, Persson, Lipponen oder anderen Sozialdemokraten erklären können, dass diese Inhalte der Grund waren, der Sie dazu gezwungen hat, die Verhandlungen mit der ÖVP abzubrechen? (Abg. Reitsamer: Der Grund war ein anderer! – Abg. Dr. Mertel: Scheinverhandlungen!)

Werden Sie einem Minister Eichel und einen Bundeskanzler Schröder erklären können, dass es für Sie unmöglich war, nach 30 Jahren mit einem sozialdemokratischen Finanzminister einen unabhängigen Fachmann in das Finanzministerium zu holen? – Ich persönlich habe mit Minister Edlinger gut und korrekt zusammengearbeitet. Ich habe ihm nicht viel vorzuwerfen; wenn, dann nur das, was zur politischen Unterschiedlichkeit, wenn man unterschiedlichen Parteien angehört, eben dazugehört.

Meine Damen und Herren! Wenn das die Gründe waren, dann sage ich Ihnen ganz offen: Wir werden nach einer Aufforderung von Präsident Verzetnitsch selbstverständlich versuchen, Präsident Chirac und Ministerpräsident Aznar zu erklären, dass Ihre Absage zu diesen Inhalten zur neuen Regierungssituation in Österreich geführt hat. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite