Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 10. Sitzung / Seite 105

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15.54


Abgeordnete Michaela Sburny (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Im Rahmen der Budgetpolitik werden immer auch die Verhältnisse zwischen Arm und Reich und auch zwischen Frauen und Männern mitverhandelt. Das Ziel der Budgetpolitik kann eine Umverteilung sein, kann ein gesellschaftlicher Ausgleich zwischen Arm und Reich sein und kann auch emanzipatorisch im Sinne der Frauen wirken. Oder: Budgetpolitik kann ungleiche Strukturen verfestigen.

Das Budgetprovisorium, das heute beschlossen werden soll, ist ja im Prinzip nur eine Fort­schreibung des Budgets von 2002. Das alleine wäre schon unerfreulich genug, was diese Um­verteilungsaspekte betrifft. Darüber hinaus wollen Sie aber so ganz nebenbei – und das war heute noch gar kein Thema – die Ermessensausgaben um 5 Prozent kürzen.

Das ist keine ganz große Summe: 90 Prozent des Budgets sind über gesetzliche und vertrag­liche Verpflichtungen gebunden. Trotzdem wäre es interessant, zu schauen, wen denn das trifft, so ganz nebenbei, ohne dass das überhaupt eine Erwähnung wert ist. Diese Ermessensaus­gaben treffen in erster Linie Initiativen, die sich mit sehr viel Engagement, mit wenig Geld und zu einem Großteil ehrenamtlich um Gruppen in der Bevölkerung oder um Teile der Bevölkerung kümmern, die vom allgemeinen Budget benachteiligt werden. Das sind Sozialinitiativen, das sind zum Beispiel auch Initiativen, die die Integration am Arbeitsmarkt wieder fördern sollen.

Unter so genannten normalen Umständen ist die Lebenssituation für diese Initiativen schon ziemlich schwierig. Sie haben immer nur ein jährliches Budget, weil Sie es nämlich nicht zusam­menbringen, ihnen zumindest ein zweijähriges Budget zu geben. Von einem längeren Budget rede ich ja schon gar nicht. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Das heißt, sie müssen jedes Jahr um die Mittel zittern, die ihnen für eine gesellschaftlich sehr notwendige Arbeit zur Verfügung stehen. Im heurigen Jahr warten sie nicht nur schon seit Monaten darauf, dass sie überhaupt Geld bekommen, weil es auf Grund dieser gesamten Unsicherheit, wie denn das alles mit den Verhandlungen ausgehen wird, eben viele Initiativen nicht geschafft haben, überhaupt eine Zusage für dieses Jahr zu bekommen, sondern sie erfah­ren jetzt – so ganz nebenbei – auch noch, dass diese Mittel, die sie vielleicht irgendwann bekommen werden, um 5 Prozent gekürzt werden. Es ist noch gar nicht klar, ob dies linear passieren wird oder ob nicht vielleicht manche Initiativen viel weniger als 5 Prozent weniger bekommen werden.

Sie sollten sich vor Augen führen, dass es nicht nur um Mittel für die allgemeine politische Arbeit geht, sondern dass es zum Beispiel auch um Personalkosten geht, die langfristig fest­gelegt sind, wo Sie sich alle miteinander bedanken würden, wenn Sie von einem Monat auf den anderen nicht wüssten, ob Sie Ihr Geld bekommen. (Beifall bei den Grünen.)

Ich möchte betreffend diese Ermessensausgaben an einem Beispiel zeigen, wie weit sich dieses Budget und auch die Kürzung der Ermessensausgaben strukturverfestigend im negati­ven Sinn auswirken. Sie haben wahrscheinlich gestern die neue Studie des Wifo gelesen, in der das Kindergeld bewertet worden ist und sich herausgestellt hat, dass zumindest jetzt in der Anfangsphase mit dem Kindergeld ein wesentliches Ziel, das Sie selber definiert haben, nicht erreicht wurde, nämlich die Erhöhung der Beschäftigungsquote der Frauen mit kleinen Kindern. Zugleich kürzen Sie eben genau bei den Ermessensausgaben Mittel für Initiativen, die die Inte­gration von Frauen auf dem Arbeitsmarkt wieder unterstützen sollen. (Abg. Steibl: Stimmt ja nicht!)

Wenn Sie es nicht glauben, sage ich Ihnen: Der Anteil der Wiedereinsteigerinnen, die vor der Geburt ihres Kindes beschäftigt waren, sank von rund 57 Prozent auf 38 Prozent. Die Erwerbs­quote der Frauen, die vor der Geburt nicht beschäftigt waren, sank von 40 Prozent auf 25 Pro­zent. Aus meiner Sicht ist das eindeutig eine Senkung der Erwerbsquote.

Das heißt, auf der einen Seite haben Sie eine Maßnahme gesetzt, die zwar schon auch positive Auswirkungen (Abg. Steibl: Das meine ich auch!) in der Erweiterung des Bezieherinnenkreises hat, aber im Hinblick auf die Beschäftigungsquote der Frauen wirkt sie sich auf der anderen


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