Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 12. Sitzung / Seite 97

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In der Richtlinie jedoch wird pauschaliter festgehalten, dass Menschen aus bestimmten Ländern dafür nicht in Frage kommen. Und bevor da jetzt noch irgendwelche Phantasien entstehen, sei daran erinnert, was denn diese Betreuung ausmacht. Da geht es nicht irgendwie um ein existenzsicherndes Einkommen, sondern da geht es ganz simpel um ein Dach über dem Kopf, darum, jeden Tag genug zu essen und, falls notwendig, also im Krankheitsfall, eine medizi­nische Versorgung zu haben.

Unter dieses Limit kann man schon gar nicht mehr gehen, sollte man meinen. Herr Minister Strasser ist jedoch darunter gegangen und ließ sogar im Winter dutzendweise Asylwerber auf die Straße setzen!

Daher ist es natürlich nicht irrelevant, nachzufragen, welche leitenden Beamten es in diesem Ressort gibt, die weisungsgebunden agieren, und welche Politik in diesem Ressort betrieben wird. Angekündigt wurde ja bereits die Vorlage eines neuen Asylgesetz-Entwurfs – ich bin ge­spannt, wie ausführlich die Diskussion darüber sein wird, vor allem, wie lange die Begutach­tungsfrist sein wird (Bundesminister Dr. Strasser: Vier Wochen!) beziehungsweise ob das von der Tendenz her so sein wird wie bei der vergangenen Diskussion mit den NGOs, wo sich die „Diskussion“ – unter Anführungszeichen –, der „Dialog“, der immer eingefordert wird, darauf be­schränkt hat, 40 Powerpoint-Folien zu zeigen, und dann hieß es: Schluss!, und zwar noch bevor es Stellungnahmen dazu gab.

Man darf gespannt sein, was in dieser Gesetzesvorlage stehen wird und ob die Befürchtungen, die das UNHCR bereits gehegt hat, zutreffen, denn dann hätten wir einen neuen Notstand in der Asylpolitik Österreichs (Beifall bei den Grünen), wenn nämlich daran gedacht sein sollte, eine Beschleunigung der Verfahren ohne Aufstockung des Personals zu erzielen, ohne Ausbau der Möglichkeiten für Asylwerberinnen und Asylwerber, bereits in erster Instanz ihre Rechte geltend zu machen und die Möglichkeit zu haben, auch danach noch Asylgründe anzugeben.

Stellen Sie sich vor, es kommt jemand unter einem schweren Schock, unter Trauma aus einem Kriegsgebiet zu uns, oder eine Frau flieht mit ihrer Tochter, der die Genitalverstümmelung droht beziehungsweise die selbst davon betroffen ist: Wie wahrscheinlich ist es, glauben Sie, dass man in der verwirrenden Situation an der Grenze, wo man erstmals mit einer fremdsprachigen Bürokratie konfrontiert ist, über persönliche psychotisch-dramatische Erlebnisse sprechen kann?!

Nehmen Sie bitte den Gedanken mit, dass hinter jedem Bescheid ein Mensch mit seinem Leben steht! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

15.35


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die De­batte ist geschlossen.

Fortsetzung der Tagesordnung


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Ich nehme die Verhandlungen über die Punkte 1 und 2 der Tagesordnung wieder auf.

Zu Wort gemeldet ist wieder Frau Abgeordnete Mag. Weinzinger. Welch Zufall! – Bitte, Frau Abgeordnete.

15.36


Abgeordnete Mag. Brigid Weinzinger (Grüne): Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Kein Déjà-vu, sondern die nächste Debatte. Durch die Unterbrechung bin ich am Wort und möchte anknüpfen an die Ausführungen mehrerer Vorredner, an die des Herrn Bun­deskanzlers, an die der Klubobleute von ÖVP und FPÖ, die gemeint haben, die Diskussion über die Pensionsreform müsse im politischen Dialog hier im Hause geführt werden und nicht auf der Straße. – Das halte ich, ehrlich gestanden, für ein merkwürdiges Verständnis von politi­scher Partizipation. Warum bitte sollen wir mit Wählerinnen und Wählern, mit Menschen, die


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