Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 15. Sitzung / Seite 118

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17.03


Abgeordneter Dieter Brosz (Grüne): Herr Präsident! Herr Finanzminister! Herr Wirtschafts­mi­nis­ter! Ich habe mir bei der gestrigen Budgetrede – abgesehen von den mittlerweile schon mehr­­fach erwähnten, interessanten und trickreichen Berechnungen, insbesondere was das Wis­senschafts- und Bildungsbudget betroffen hat – einige Male gedacht: Ja, da kommt jetzt die Ideolo­gie doch ganz gut durch. – Darauf wurde in der Debatte ein bisschen zu wenig hinge­wiesen.

Ich habe zum Beispiel mit Interesse gelesen, dass Sie Ihre Dissertation zum Thema Senkung der Abgabenquote bis 2010 auf 40 Prozent oder auf unter 40 Prozent schreiben.

Oder: Auf Seite 6 im schriftlichen Exemplar Ihrer Budgetrede schreiben Sie, und Sie haben es hier auch tatsächlich gesagt – ich zitiere –:

„Wer Armut wirksam bekämpfen will, ... der muss unsere Unternehmen von Fesseln und Belas­tungen befreien und ein Klima schaffen, in dem sich Leistung für den Einzelnen wieder lohnt. Wir wollen daher weniger Staatseinfluss und mehr Markt.“

Ich meine, das kennt man aus der aktuellen Diskussion. Man weiß, wo das ideologisch zuzu­ord­nen ist. Aber insbesondere im Zusammenhang mit Armutsbekämpfung hat das schon eine neue Qualität. Als Gesamtausrichtung habe ich das schon öfter gehört, aber bei der Armutsbe­kämpfung ist das ungewohnt, weil wir genau wissen, wo Armut auftritt.

Wenn ich mir anschaue, wie sich etwa diese Pensionsreform insbesondere bei den Mindestpen­sionisten auswirken wird, dann muss ich sagen, wir wissen doch genau, dass dort die Armuts­falle immer mehr aufgeht.

Die Antwort, dass quasi die Unternehmen für die dann 65- oder 70-Jährigen offenbar den Aus­gleich schaffen sollen, die ist, so denke ich, schon mehr als neoliberal, oder wie immer man das bezeichnen mag. So ist diese Ideologie in meinen Augen zu werten. Daher meine ich, in den nächsten Jahren, solange Sie am Ruder sind, kann ja noch einiges an Merkwürdigem in unse­rem Land passieren.

Auf Seite 20 gibt es eine ähnliche Passage. Darin heißt es: „Hohe Steuern sind ein Zeichen des Wohlfahrtsstaates alter Prägung.“ – Und weiter: „Steuern senken heißt Freiheit schenken!“

Ich habe von Ihnen auch wörtlich gehört, dass Sie im Gesundheitssystem auch deshalb für Selbstbehalte eintreten, weil Selbstbehalte nicht der Abgabenquote unterworfen sind und sich das somit steuerlich einfach besser auswirkt.

Aber wenn man sich die Realität anschaut, dann sieht man eben, wie unterschiedlich sich Bei­trä­ge und Abgaben beziehungsweise Selbstbehalte auswirken. Selbstbehalte werden nur von je­nen bezahlt, die krank sind, die betroffen sind, während eine solidarische Finanzierung immer bedeutet, dass es eine Risikoverteilung gibt. Und von dieser halten Sie, glaube ich, in der Budgetpolitik relativ wenig.

Ich muss sagen, ich sehe das doch mit sehr gemischten Gefühlen. Ihre ersten Budgetreden ha­ben zwar mehr plakative Sätze enthalten, aber Ihre Ideologie, die jetzt durchbricht, war so deut­lich noch nie spürbar. Ich glaube, dass sich dieses Land auf einiges gefasst machen kann, wenn Sie hier noch lange Zeit fuhrwerken dürfen. (Beifall bei den Grünen. – Zwischenbe­mer­kung von Bundesminister Mag. Grasser.)

Aber kommen wir zum Bildungsbudget zurück, zu dem Sie in meinem Rücken jetzt gemeint ha­ben, dass dies schon dem Haushaltsrecht entspricht. – Es hat bestimmt niemand behauptet, dass Sie hier in den Budgetteilen falsch verbuchen. Das mag schon so sein. Dass Ihre Äuße­rung da­zu dem Haushaltsrecht entspricht, dass nämlich die Ausgaben auf über 9 Milliar­den € steigen werden, ist formal auch noch korrekt.

 


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