19.50
Abgeordnete Anita Fleckl (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Herren Minister! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Wir werden heute der vorliegenden Gesetzesänderung zum Kraftfahrliniengesetz unsere Zustimmung erteilen. Sie regelt die verfahrensfreie Übertragung von Konzessionen auf Nachfolgeunternehmen bei einer Umgründung. In den Grundzügen ist diese Änderung zu begrüßen, aber ich möchte hier trotzdem Bedenken anmelden, weil diese Novelle weitreichende Folgen und einen ganz aktuellen tagespolitischen Bezug hat, nämlich die Zukunft des Unternehmens Postbus AG.
Die Übertragung der Postbusse vom bisherigen Eigentümer ÖIAG an die ÖBB wurde bereits im Vorjahr fixiert. Der Zusammenschluss dieser beiden Buslinien zu einer gesamten Aktiengesellschaft, nämlich der Bahnbus AG, hat durchaus positive Aspekte. Zum einen hat das Großunternehmen Bahnbus AG laut vorliegendem Rechtsgutachten in Österreich keine marktbeherrschende Stellung, was bedeutet, dass keine unmittelbare Konkurrenz zu anderen, privaten Linienbetreibern besteht und auch deren Existenz gesichert bleibt.
Zum anderen bedeutet es die Chance, in diesem speziellen Fall neue wirtschaftspolitische Wege gehen zu können, nämlich die Chance, die Bahnbus AG als gesamte Aktiengesellschaft zu einem innovativen und lukrativen Betrieb wachsen zu lassen. Gehen Sie, sehr geehrte Damen und Herren von den Regierungsparteien, doch einmal diesen umgekehrten Weg, und machen Sie aus dem geplanten Großunternehmen ein Vorzeigeunternehmen (Abg. Wittauer: Sind wir dabei!), das wirtschaftlich so stark sein wird, um Anbieter auf dem europäischen Markt sein zu können!
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der
Regierungsbeschluss zur Teilprivatisierung zeigt jedoch wieder einmal das
Gegenteil, nämlich dass Sie auch hier wieder Ihren gewohnten Weg gehen wollen:
den Weg, einen weiteren staatlichen Betrieb zu filetieren und zu
privatisieren. 30 Prozent der Postbus AG sollen einem privaten Anbieter
geopfert werden. (Abg. Wittauer: Das verlangt die
Kartellbehörde!) Natürlich werden dies die lukrativsten 30 Prozent des
Unternehmens sein, nämlich jene Linien, die satte Gewinne erzielen und
wirtschaftlich lukrativ arbeiten. (Abg. Wittauer:
Die Kartellbehörde verlangt das ja! Das ist ja die Voraussetzung für die
Zusammenführung, Frau Abgeordnete!)
Was passiert aber mit jenen Linien, die
eine geringere Auslastung aufweisen, mit jenen Linien, die weniger Umsätze
erzielen? Was wird mit jenen 700 Gemeinden geschehen, die als einziges
öffentliches Verkehrsmittel nur noch den Postbus haben? – Auch das muss
alles angedacht werden bei einer Zustimmung zur Teilprivatisierung. – Dort
wird der Sparstift neuerlich angesetzt werden und Kurse als letzte Konsequenz
ganz einfach eingestellt werden – das ist die Realität! (Abg. Wittauer:
Dann brauch’ ich es eh nicht zu privatisieren! Doppelgleisigkeiten werden
da beseitigt!)
Betroffen sind wieder einmal die Menschen in diesen Regionen. Seit Jahren wird den ländlichen Regionen alles an Infrastruktur genommen, was sie haben: Postämter, Gendarmerieposten (Abg. Wittauer: Da müssen Sie schon mit dem Innenminister reden, nicht mit dem Verkehrsminister!), Bezirksgerichte wurden in den letzten drei Jahren ohne Ende zugesperrt, meine Herren – die Tatsachen sprechen für sich. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Welche Bezirksgerichte wurden zugesperrt? Sagen Sie mir fünf!) Wollen Sie diesen Menschen jetzt auch noch die Mobilität nehmen? (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Sie sollen mir fünf sagen! Fünf!)
Wie die letzte Volkszählung zeigt, wird durch Ihre Politik eine Abwanderung aus dem ländlichen Raum nicht mehr aufzuhalten sein. In meinem Bezirk wird ein einziges Be-