Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 40. Sitzung / Seite 68

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Jacques Delors hat in diesem Zusammenhang einmal richtig gesagt: Nichts geht ge­gen die Menschen und nichts bleibt ohne die Institutionen! – Er hat, wie immer, Recht behalten. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

12.01

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Bösch. Glei­che Redezeit: 8 Minuten. – Bitte.

 


12.01

Abgeordneter Dr. Reinhard Eugen Bösch (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine Da­men und Herren auf der Regierungsbank! Herr Vizekanzler! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Der österreichischen Nationalrat beschließt heute mit der Ratifizierung der Beitrittsverträge zweifellos einen Jahrhundertschritt, den unsere Republik hier mit­machen kann. Es ist ein einmaliger Schritt, ein Schritt, der auch keinen historischen Prä­zedenzfall findet; Herr Kollege Gusenbauer hat das richtig dargestellt.

Meine Damen und Herren! Dieser Jahrhundertschritt soll andeuten, dass das Jahr­hundert der Weltkriege zu Ende ist und wir vielleicht – und wir hoffen es alle – in ein Jahrhundert des Friedens eintreten, und dem soll auch die Zustimmung von uns Frei­heitlichen hier dienen. Wir müssen uns aber auch im Klaren sein darüber, dass die Grund­lage des Friedens die Gerechtigkeit ist und dass die Gerechtigkeit unteilbar ist und dass auch die historische Gerechtigkeit unteilbar ist. Klubobmann Herbert Scheibner ist darauf, so meine ich, eindrücklich eingegangen und hat klar betont, dass wir auch die Verantwortung für dieses zu Ende gehende furchtbare Jahrhundert der Welt­kriege übernehmen müssen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wir Österreicher beziehungsweise gerade diese viel gescholtene schwarz-blaue Bun­desregierung hat diese Verantwortung nicht nur anerkannt, sie hat sie auch gelebt und umgesetzt. Ich erinnere Sie an die vielen Gesetze zur Entschädigung und zur Resti­tution, und genau das erwarten wir auch von anderen: dass sie mit ihrer Vergangen­heit ehrlich umgehen und dass die Gerechtigkeit für alle gleich sein soll! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wenn Sie, Herr Kollege Van der Bellen, die Zeit der Vertreibung und die Verbrechen die dabei begangen worden sind mit der heutigen Zuwanderungs- und Flüchtlings­po­litik vergleichen, dann, glaube ich, verirren Sie sich ein wenig in Ihrem grünen Garten. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Mandak: Das hat er nicht getan!)

Er hat es getan, ich habe ihm genau zugehört und weise das zurück. Ich finde das un­passend! (Abg. Mandak: Aufpassen!)

Meine Damen und Herren! Wir sollten aber an diesem Tag keine Euphorie aufkommen lassen, sondern wir sollten diesen Tag – und das ist mir auch ganz besonders wichtig – mit Nüchternheit und mit Hausverstand begehen. (Abg. Wattaul: So ist es!) Wir sollten klar erkennen, dass – und da hat Herr Kollege Molterer Recht – die Erweiterung der Euro­päischen Union für uns und für viele andere eigentlich jetzt erst beginnt, dass das nur die formalen Grundschritte sind, um sie beginnen zu lassen. Jetzt stehen die Herausforderungen, die diese Erweiterung bringen wird, eigentlich erst in ihrer vollen Dimension vor uns, und jetzt erst wird die Politik in ihrer Gesamtheit gefordert sein.

Deshalb bin ich, meine Damen und Herren, auch sehr froh, dass gerade wir Frei­heitlichen in den Monaten der Verhandlungen, die hinter uns liegen, immer auch die letz­te Karte gespielt haben und immer auch die Interessen Österreichs in den Vor­dergrund gerückt haben und damit klar geworden ist, dass wir echt und ehrlich ver­handeln wollen, damit auch den Beitrittkandidaten, aber auch den anderen Mitglieds­ländern der Union klar wird, dass die Republik Österreich Lebensinteressen hat, dass


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